Vorwort
Es ist gut zu wissen, dass die Gedanken, die wir über uns selbst denken nicht so weit reichen wie die, die über uns gedacht werden und unsere Vollendung nicht aus unserem Bemühen kommt. Am Ende werden wir glücklich darüber sein, dass unser Wert sich nicht an unseren Leistungen misst, sondern daran, ob unser Leben und unsere Liebe gesegnet waren.
Liebe macht nicht blind, sondern sehend.
Simon
Zum wiederholten Male hatte man ihm gesagt nicht alleine in die Berge zu reiten und zum wiederholten Male ignorierte er diese Anweisung und verschwand im Nebel. Er fühlte sich missmutig und unwohl, wie jeden Tag, seit sie in dieses Land gekommen waren. Und das Gefühl der Unrichtigkeit machte sich in dem kleinen Stück Seele breit, das man auch Gewissen nennt und das unbenutzt und ungebraucht ein einsames Dasein tief in ihm fristete.
Der Nebel schluckte den Hufschlag seines großen, schwarzen Pferdes und sogar die Hunde schienen lautlos an seiner Seite zu schweben. Hier und da die Köpfe hebend und in den Nebel lauschend die Lefzen hochziehend, um den Blick auf eine Reihe schneeweißer, todbringender Zähne frei zu geben. Er liebte diese Hunde. Sie waren seine Begleiter, seine Vertrauten. Treu, verlässlich und tödlich und er zog ihre Gesellschaft der Seinesgleichen vor.
Er wusste, dass er niemals den Erwartungen seines Vaters und seines gesamten Volkes entsprechen würde und dennoch spielte er mit, wie er immer mitspielte. Obwohl seine Gedanken, seine Wünsche und seine Sehnsüchte eine völlig andere Sprache sprachen als die, die man ihn gelehrt hatte. Und diesen Zwiespalt versteckte er gekonnt hinter seiner schwarzen Rüstung und unbewegten, grünen Augen.
Er kam gut voran, der Nebel wurde dünner, lichtete sich und zog in weißen Fetzen an ihm vorbei, wie ein zerrissener Vorhang bewegt von einer leichten Brise. Er gab den Blick frei auf einen sanft abfallenden Hang dem zögerliche Sonnenstrahlen mit goldenem Pinsel Farbe einhauchten.
Sie war spät dran und beschleunigte ihren Schritt über das sanfte Grün des Hügels, den Korb mit den frischen Kräutern fest in Händen haltend. Die Hähne im Dorf hatten längst gekräht und die ersten Sonnenstrahlen des jungen Tages ließen ihr rotes Haar aufleuchten.
Es war verboten in die Berge zu gehen und seit ihr Dorf von kriegerischen Fremden besetzt wurde auch nicht ganz ungefährlich, nahmen sie sich doch was sie kriegen konnten, da das Recht des Stärkeren eindeutig auf ihrer Seite stand.
Trotzig schob sie ihr Kinn vor. Sie würde keinesfalls auf die frischen Kräuter verzichten, Fremde hin oder her. Sie war geschickt genug den neugierigen Blicken der Fremden zu entgehen. Sie schüttelte ihr Haar um plötzlich in der Bewegung zu erstarren. Ein mächtiger Schrecken fuhr ihr in die Glieder und ließ ihr Herz in einem wilden Stakkato der Angst schlagen
Was sich dort aus den Nebelbänken näherte musste ein Untier sein und sicher nicht von dieser Welt. „Heilige Danu, große Mutter, hilf mir!“ flüsterte sie, als die Gestalt Formen annahm und zwei kalt blickende Augenpaare sie lauernd und fixierend ansahen. Bestien! Große, schwarze knurrende Bestien auf der Suche nach Beute.
Aufgeschreckt aus seinem Tagtraum zügelte er sein Pferd, als er die Gestalt auf dem Hügel entdeckte, nur einen Steinwurf von ihm entfernt. Das lange, rote Haar fiel in wilden Locken bis zu ihrer Hüfte und ängstlich hielt sie einen Korb vor ihrer Brust, als wollte sie damit seine Hunde abwehren, die wenige Meter vor ihm die Gestalt bereits warnend anknurrten.
Texte: Alle Rechte liegen bei dem Autor
Tag der Veröffentlichung: 25.01.2010
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