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Last Fight


Ein Tag wie jeder andere auch. Ich sitze in meinem Zimmer, wie ich es immer tue, wenn mir nichts besseres einfällt. Höre meine (für andere Mädchen vermutlich gestörte) Musik, die hauptsächlich von Krieg und Tod handelt. ("I will stand right by your side, I have made it through the fight. Now I'm comin' home, now I'm comin' home...)
Ich hänge meinen Gedanken nach, die eigentlich jeden Tag die Gleichen sind. Trotzdem kommen sie jeden Tag erneut in meinen Kopf. So als wollten sie, dass ich endlich eine Lösung dafür finde und sie beruhigt verschwinden können. Ich habe diese Gedanken seit vier Jahren. Also sollten sie sich nicht allzu viel Hoffnung machen, bald aus meinem Kopf ausbrechen zu können.
Weil ich genau das gleiche Gefühl habe, versuche ich sie so gut wie möglich zu verscheuchen. Doch Tag für Tag wird es schwerer, das merke ich.
Trotzdem lehne ich mich zurück und versuche einfach, der Musik zu folgen. Den Bass zu spüren. Die Texte zu verstehen. Manchmal weiß ich auch nicht genau, wieso ich diese Art von Musik so mag. Vermutlich, weil die Texte meine Situation so gut beschreiben. Irgendwie befinde ich mich ja auch in einem Krieg. Ich versuche, mein Herz mit meinem Kopf zu vereinen. Mit allerr Gewalt.

Wobei wir wieder beim Thema Krieg wären.

Ich richte mich auf und sehe aus dem Fenster. In den Blättern rauscht der kühle Wind. Wiesehr ich mir doch wünsche, dass er einfach meine Sorgen mit sich fortträgt. "Aber das wäre natürlich viel zu einfach.", denke ich mir und versuche, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Ich sehe den Garten der Nachbarn und sehe ihre zwei Kinder fröhlich lachen und spielen. "Ach, was war das noch für eine Zeit, in der ich unbeschwert lachen konnte. Auf nichts achten musste, denn das machten Mama und Papa.", sage ich in Gedanken zu mir und muss zugeben, dass ich mir diese Zeit irgendwie zurückwünsche.
In dem Moment zünde ich mir eine Zigarette an. Und weiß, dass ich nicht an die Vergangenheit denken sollte. Denn es hat sich zu viel verändert. Die Zeit, als ich versprach, niemals zu rauchen, ist vergangen. Schon seit einigen Jahren. Als Papa mich in den Arm nahm, als ich weinte. Wie ich hoffte, immer klein zu bleiben und diese Welt aus meiner Sicht sehen zu können. Alles vorbei. Vergangenheit. Die kalte Realität hat mich mittlerweile eingeholt. Jetzt bin ich 15 Jahre alt. Und frage mich, ob ich in diesem Alter solche Gedanken habe sollte. Weil ich irgendwie nicht auf die Antwort komme, die ich haben will, rede ich mir einfach ein, dass das bestimmt viele Leute in meinem Alter haben.
Nachdem ich meine Zigarette aus dem Fenster geworfen habe, beschließe ich, ein Lied mit dem Titel "This war is ours" anzuhören und dabei zu tanzen. Ein schnelles, aggresives, aber wahres Lied. Während ich durch's Zimmer tanze und singe, fühle ich mich merkwürdig frei. Als ob ich alleine auf der Welt wäre. Jeden Gegner schon besiegt habe und meinen Triumph jetzt mit Tanzen feiere.
Nach genau 4:18 Minuten ist dieser Traum auch schon wieder zu Ende. Die Boxen meiner Anlage verstummen. Ich stehe in meinem Zimmer; sehe keine toten Körper mehr, die ich gerade erschossen und erstochen habe. "Einen gewissen Anreiz hat es ja...", denke ich, " so eine Macht zu haben. Einfach jemandem das Leben zu nehmen, der es aus meiner Sicht verdient hat."
Manchmal habe ich wirklich das Gefühl, ich drehe durch. Liegt vielleicht an der Musik ... "Neee!", sage ich laut und lächle. Dann mache ich die Musik wieder an und denke an alle Menschen, für die ich diesen Text mal geschrieben habe. Den Text über Hass, Blutrache und Tod. "Irgendwann werde ich es wahr machen, das schwöre ich.", sagt meine innere Stimmt. Ich nicke unmerklich und spüre undgewohnte Freude und kann es kaum erwarten...

-10 Jahre später-

Ich sitze in einem Flugzeug, in dem normalerweise Berühmtheiten fliegen. Ich habe ein Glas Sekt in der einen Hand, in der anderen eine Zigarette. Obwohl man hier nicht rauchen darf, tue ich es trotzdem. Denn ich kenne keine Regeln mehr. Ich spiele mein eigenes Spiel. Demnach hat es auch eigene Regeln. Meine Regeln. Gegenüber von mir sitzt ein gut gekleideter Herr. Er sieht vornehm und reich aus. Und das ist er wahrscheinlich auch. Wir reden nicht, und werden es auch nicht tun.
Plötzlich reicht er mir einen Koffer. Ich sehe ihn scharf an. In meinem Blick muss wohl etwas wie: "Enttäuschen Sie mich ja nicht.", liegen, denn er sieht nichtmehr so selbstsicher aus wie gerade eben noch. Ich lächle, denn ich mag es, wie die Leute mich respektieren. Wie ich mit ihnen spiele. Wie ich sie in der Hand habe.
Ich drücke meine Zigarette und nehme ihm den Koffer aus der Hand. Er lehnt sich tief in seinen Sitz, als ob er Angst hätte. Ich beachte ihn gar nicht, denn solche Reaktionen bin ich schon gewohnt.
Ich öffne vorsichtig den Koffer und begutachte seinen Inhalt. Ich spüre, wie der Mann einen Blick auf mich wirft. Er sieht zufrieden aus. Ebenso ich. Ich nehme es vorsichtig aus dem Koffer, halte es in der Hand und ziele damit.
Plötzlich fängt der Mann an: "Was ist mit der Bezahlung, Miss?". Ich sehe ihn fragend an. Meine Lippen formen noch die Worte: "Wie bitte?!", aber das bekommt er schon nichtmehr mit. Denn er wird nie wieder so etwas fragen. "Gern geschehen.", denke ich und stecke es wieder in den Koffer zurück und lasse ihn in meiner Tasche verschwinden.

...

Ich steige aus dem Flugzeug und atme die kalte Nachtluft ein. Es ist Winter und ich ziehe meinen schwarzen Mantel noch etwas weiter zu.

Ich steige in das schwarze, edle Auto, das bereits auf mich wartet. Ich sage dem Fahrer mein Ziel und, dass er sich beeilen soll.

...

Dort angekommen, bin ich erstaunt. Ich sage leise: "Tief bist du gesunken, mein Lieber.". Ich betrachte das runtergekommene Haus und fange vor Ekel an zu zittern. Die Treppe sieht alt und versifft aus, trotzdem gehe ich sie hinauf. Ich habe schließlich meinen letzten Auftrag zu erfüllen. Den wohl wichtigsten für mich.
Ich mache mir nicht die Mühe, leise zu sein und öffne die Türe, gehe hinein und hole den Fahrstuhl. Er fährt runter und ich merke, wie ich anfange, zu lächeln. Ich spüre große Lust und Freude. "Mein letztes Ziel.", denke ich stolz und drücke die 5.

...

Nun stehe ich vor seinem Apartment. Ich klopfe und er öffnet vorsichtig die Türe, nur einen Spalt breit, um zu sehen, wer draußen steht. Als er mich erkennt, reißt er die Augen auf und will die Türe so schnell wie möglich wieder schließen. Einen Sekundenbruchteil zu spät. Ich trete mit voller Wucht gegen die alte Holztüre und sehe, wie sie aus den Schanieren fliegt, direkt auf ihn. Ich trete ein und hebe die Türe von ihm. Mit einem engelsgleichen Lächeln sehe ich, wie stark er aus der Nase blutet. Ich brauche nicht viel reden, denn er weiß, was ich will: seinen Tod. Also ziehe ich die Waffe aus meiner Tasche und richte sie auf seinen Kopf. Unfähig, sich zu bewegen, sage ich nur: "Das hast du nicht erwartet oder? Dass wir uns einmal wieder sehen.". Bevor er etwas antworten kann, jage ich ihm eine Kugel in den Kopf. Denn ich könnte sein Drecksgerede nicht ertragen. Kurz darauf noch eine in sein Herz.
Ich nehme mir einen Stuhl aus seiner Küche und setze mich neben seinen toten Körper. "Ich will ihn noch bluten sehen, wie er mich hat bluten lassen", sage ich mir innerlich.

...

Ich steige voller Stolz in mein Flugzeug zurück, setze mich auf meinen Platz und fange an zu singen: "I will stand right by your side. I have made it through the fight. Now I'm comin' home. I'M COMIN' HOME!"

(Wie damals, als das alles noch ein Wunsch war.)

Impressum

Texte: Anna
Bildmaterialien: Anna
Lektorat: Anna
Übersetzung: Anna
Tag der Veröffentlichung: 12.01.2013

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