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Erwartungen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Oftmals hat man einfach zu viele Erwartungen.

An seine Mitmenschen und an sich selbst.

Die Welt ist nicht perfekt, das war sie nie.

 

Manche von uns stehen auf Listen.

Auf pechschwarzen oder auf blutroten.

Spitze Federn und deren vier

 

Sie haben nicht den Teufel an die Wand gemalt, sie haben ihn herausgefordert und dies teuflisch gut. Ganz klar verstanden sich alle insgesamt eher als antiklerikal. Wie auch sonst könnten sie kirchliche Unzulänglichkeiten in Karikaturen darstellen, und dies allgemein verständlich. Die vier Musketiere mussten provozieren, mussten im Weg stehen, denn das war schließlich ihr Job. Als sie sich mit gewissen Karikaturen beschäftigen, provozierten sie Al-Kaida.

So einfach ist es nicht, denke ich und zeichne weiter mit Worten.

Aber die Ereignisse lassen mir keine Ruhe, ich lese nochmals die Aussagen von Stéphane Charbonnier, der sich niemals weder den Mund noch den Stift verbieten ließ:

 

"Auch der Herausgeber und Redaktionsleiter von „Charlie Hebdo“ gehört zu den Opfern des Anschlags. Stéphane Charbonnier hat immer auf die Pressefreiheit gepocht und erklärt, sich „niemals“ einer radikalen Minderheit zeugen zu wollen. „Wir veröffentlichen Karikaturen über jeden und alles. Aber wenn es um den Islam geht, werden wir stets am schärfsten angegriffen“, schimpfte Charbonnier und erklärte einmal: „Ich habe keine Kinder, keine Frau, kein Auto, keinen Kredit. Es ist vielleicht ein wenig schwülstig, was ich jetzt sage, aber ich ziehe es vor, aufrecht zu sterben als auf Knien zu leben.“ Charbonnier wurde auch persönlich bedroht und hatte einen Leibwächter. Auch er soll unter den Toten sein."

 

(Nachwort zu o. g. Artikel: Es soll wohl heißen BEUGEN zu wollen.)

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Wir schreiben den siebten Januar 2015 als die Antwort aus Kalaschnikows und einem Raketenwerfer kommen und Stéphane Charbonnier "aufrecht" stehend sterben lassen.

 

Nun stelle ich persönlich mir die Frage, ob ich meinen Job nicht wechseln sollte. Meine Zunge ist nicht ganz so scharf und Politik interessiert meine Leser nicht wirklich, oder zumindest nicht nur. Meine Themen sind natürlicher Art: Sex, genauer gesagt BDSM und die Legalisierung gewisser Drogen. Auch hier muss man darauf Acht geben, was gesagt und was nicht gesagt werden darf. Als Schreiberling hat man es ohnehin nicht leicht, es gibt so viele von uns. Vor einiger Zeit fing ich daher damit an, mich mit den oben genannten Themen auseinanderzusetzen. Schließlich hänge ich an meinem Leben. Und heute bin ich so weit, mich mit dem künftigen Leben als Busfahrerin in Berlin anzufreunden. Dabei werde ich auf die ausgesuchte Auswahl meiner zukünftig zurückzulegenden Strecken exakt achten und Bezirke wie Neukölln, Kreuzberg oder auch Moabit zu Fuß zu meiden wissen. Vorsichtshalber.

 

Kaum jemand (es sei denn ein potentieller Selbstmörder) steht morgens mit der Idee auf: "Heute ist ein schöner Tag zum Sterben" und erlebt dennoch nicht den Abend.

Mark Twain sagte einst:

"Immer wenn man die Meinung der Mehrheit teilt, ist es Zeit, sich zu besinnen."

Ich habe nicht recherchiert, in welchem Zusammenhang er dies sagte, aber es entspricht heutzutage mehr denn jemals zuvor der Wahrheit. Hat "Pegida" nach dem Anschlag auf "Charlie Hebdo" an Fahrt aufgenommen? Wir leben in angespannten Zeiten, soviel steht fest. Ist dies ein ebenso Menschenverachtender Versuch einen Keil zwischen uns zu treiben? Wo genau ist die Grenze zwischen Rechts und Links zu ziehen? Es ist zum verrückt werden, gerade vor drei Tagen habe ich eindeutig meine Beziehung aufs Spiel gesetzt, indem ich die Petition gegen diese, nun sagen wir: Randgruppe unterschrieben habe. Mittlerweile sind hierdurch mehr als 314 000 Unterschriften geleistet worden. Mein Schatz teilt meine Meinung absolut nicht. Heute sehe auch ich das wieder etwas anders und daran kann auch die Aussage diverser Muslimischer Verbände nichts ändern:

 

"Berlin - Muslimische Verbände in Deutschland haben den Angriff von mutmaßlichen Islamisten auf die französische Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" umgehend scharf verurteilt - und wollen nun ein Zeichen gegen den Terror setzen. Zusammen mit anderen muslimischen und säkularen Migrantenverbänden plane man eine Kundgebung - gegen den Terror, für die Freiheit, so Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga zu SPIEGEL ONLINE. "Wir müssen jetzt mehr Demokratie wagen und uns Schulter an Schulter alle zusammen für unsere freiheitlichen Werte stark machen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Demagogen und Extremisten - von welcher Seite auch immer - Vorteil aus diesem Attentat ziehen."

 

In New York wurden die Sicherheitsmaßnahmen auf der Stelle hochgefahren. Was aber ist mit anderen Metropolen, zum Beispiel der Stadt, in der ich lebe - was ist mit Berlin?

Vorhin saß ich mit einer Freundin am Fehrbelliner Platz im "Parkcafé". Mein Blick ist derzeit noch geschärfter als sonst und so entging mir nicht der dunkelhaarige Typ unbekannter Herkunft, der bei Nieselregen mit einer Sonnenbrille angetan vorgab, lediglich seinen Kaffee trinken zu wollen. Plötzlich zieht er sein Handy heraus und tippt irgendwelche Befehle an einen Komplizen, oder eine Komplizin, ein. Umgehend habe ich die Vermutung eines Terroranschlags meiner Freundin mitgeteilt, die sogleich die Polizei rufen wollte. Wir konnten nicht klar erkennen, ob auch andere Mitmenschen diese verdächtige Person beobachten und unterließen die Benachrichtigung der Ordnungshüter, die schließlich genug zu tun haben.

Und zudem: Man bedenke die ganzen Umstände. Jeder denkt an sich und so ist letztendlich an alle und alles gedacht. Wir verließen vorsichtshalber das Lokal unmittelbar vor dem Verdächtigen. Morgen werde ich nachsehen, ob das Café noch vorhanden ist.

 

Auch wenn ich künftig einen BVG-Bus durch die Stadt kutschiere, bliebe ich dabei: Ich werde mir die Freiheit nehmen, weiterhin Satire zu schreiben, da es Themen gibt, denen man sich nur so und nicht anders nähern kann. Dies werde ich tun, und wenn es das Letzte ist, was ich mache.

Ich werde den Teufel an die Wand malen und ihm die Flügel eines Engels verpassen, das machen schließlich viele so, völlig egal, ob gerade eben Weihnachten war und das neue Jahr erst begonnen hat, oder ob der Osterhase bereits an die Türen klopft. Weiterhin werde ich dennoch an das Gute in jedem einzelnen von uns Menschen glauben und mich anstrengen, ab und an zu lächeln. Selbstverständlich werde ich weiterhin beobachten und berichten - auch darüber, wer wann und bei welcher Gelegenheit zurück lächelt.

 

 

Freiheit bedeutet Menschlichkeit.

Lasst uns bunte Menschen sein, das sind Werte, die es wert sind.

 

"Frieden muss fließen und kein Blut", schreibt eine junge Frau in ihr Heft.

Wieder und immer wieder, wie ein Gebet.

 

 

 

Nachschlag

"Unsere Politik ist wo immer das geht unsere Politik nicht Politik zu nennen.

Wir sind daher froh und finden es dankenswert, daß unsere Feinde Politik eng einschränken wollen

und daß sie Literatur und Kunst und Allgemeinbildung als integrierbar kampflos uns überlassen."

 

http://www.erichfried.de/erleichterung.htm

 

 

Lempert: „Die große Mehrheit der Deutschen steht nicht hinter Pegidas fremdenfeindlichen und islamophoben Einstellungen – das wollen wir sichtbar machen.“

 

 Laura Bowden: "Terrorists aren't Muslims; they're evil and have no morals. That's not what Islam is about; I should know, because I go to school with Muslims, and some of my good friends are Muslims."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen

 

 

 

 

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/charlie-hebdo-in-paris-nachruf-auf-die-getoeteten-karikaturisten-a-1011827.html

 

http://www.derwesten.de/politik/zehntausende-protestieren-nach-attentat-in-paris-ich-bin-charlie-id10212545.html

 

http://www.bild.de/politik/inland/pegida/online-petition-39214544.bild.html

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 08.01.2015

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für die Helden der freien Meinungsäußerung, einst, jetzt und in Zukunft.

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