Kapitel 4 - Das Schwert aus Drachenstahl
Obwohl die Bleibe von Gnav recht niedrig war, konnte Ryo ohne Probleme aufrecht stehen. Etwas neugierig sah er sich um. Er hatte noch nie das Haus eines Zwerges betreten. Auch die kleine Sophie sah sich interessiert um.
"Wow. Das ist hier hübscher als ich dachte", meinte Sophie.
Gnav räusperte sich deutlich hörbar und sah Sophie an.
"Was hast du denn erwartet? Das es hier total unordentlich aussieht?", fragte er sie.
"Ja", antwortete Sophie ohne zu zögern.
Doch anstatt verärgert darüber zu sein, lachte Gnav kurz auf.
"Die Kleine gefällt mir. Sagt immer was sie denkt. Wie heißt du Mädchen?"
"Meinen Name ist Sophie. Die Hexe ist übrigens Kohana und der Drache trägt den Namen Ryo."
"Da du jetzt unsere Namen kennst, können wir doch endlich mit dem Schmieden anfangen. Wir sind etwas in Eile", meinte Ryo.
Gnav wandte sich den jungen Drachen zu.
"Du hast noch viel zu lernen junger Drache. Wenn man es beim Schmieden zu eilig hat, kann etwas schief gehen und dann war die ganze Arbeit umsonst.Das willst du doch nicht?"
"Nein natürlich nicht. Entschuldigung", nuschelte Ryo.
"Gut, dann lass uns nach hinten in die Schmieden gehen. Ihr Mädchen bleibt lieber hier. Die Schmiede ist nichts für euch", meinte Gnav und verschwand mit Ryo hinter einer schweren Eisentür.
Sophie seufzte leise und ließ sich auf einen Stuhl sinken.
"Alles ok?", fragte Kohana leicht besorgt.
"Ja alles ok. Ich hätte nur gerne zugesehen", antwortete Sophie der jungen Hexe.
"Ach so. Sophie kann ich dich mal etwas fragen?"
"Sicher doch. Schießlos."
"Es ist reine Neugier, aber warum ist Ryo bei dir. Ich habe gehört, dass Drachen Menschen beschützen die in Gefahr sind oder zu denen sie eine tiefe Bindung haben."
"Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht warum Ryo bei mir ist. Aber so lange ich mich erinnern kann, war er immer bei mir. Als ich das erste Mal meine Augen öffnete, war er das erste was ich gesehen habe", sagte das Mädchen mit den haselnussbraunen Haaren und strich sich eine Haarsträhne zurück.
Mit einem schwachen Lächeln sah Kohana sie an.
"Obwohl ihr euch anscheinend oft streitet und du ihn ärgerst, er bedeutet dir wohl sehr viel", meinte Kohana
"Ja tut er. Er ist wie ein großer Bruder für mich. Aber wehe du sagst ihm das."
Sophies Gesicht war leicht rot geworden. Wie es aussah, war es ihr etwas peinlich, zuzugeben was Ryo ihr wirklich bedeutete.
"Keine Sorge. Von mir wird er nichts erfahren."
Noch eine ganze Weile saßen die beiden Mädchen da und redeten einfach nur. Sophie wollte von Kohana viel vom Leben außerhalb von Mense erfahren. Da schwang die schwere Eisentür auf und Ryo kam ins Zimmer. Er schwitzte leicht und hatte deshalb sein Oberteil ausgezogen. Dieser Anblick trieb Kohana eine leicht verlegene Röte ins Gesicht. Sie musste zugeben, dass Ryo wirklich gut gebaut war.
"Seit ihr schon fertig?", fragte Sophie Ryo.
"Ja sind wir. Gnav macht gerade noch etwas den Feinschlief. Wenn er kommt sagt ihm, dass ich draußen bin und mich wasche", erwiderte er und war auch schon nach draußen verschwunden.
Er hatte das Zimmer gerade verlassen, als Gnav erschien. Auch er war leicht verschwitzt und sein Gesicht war mit Ruß bedeckt. In seiner rechten Hand hielt er das gerade geschmiedete Schwert, welches in einer Schwertscheide aus braunen Leder steckte.
"Ist das das Schwert?", fragte Kohana.
"Natürlich. Was sollte es denn sonst sein", meinte der Zwerg.
"Ich möchte er mal in die Hand nehmen", sagte Sophie.
"Das geht nicht. Das Schwert ist viel zu schwer für dich. Wo ist der Drache?"
"Och manno. Ryo ist draußen und wäscht sich."
Gnav nickte und ging nach draußen. Kohana und Sophie folgten ihm.
"Hey Drache. Hier dein Schwert", sagte Gnav und reichte Ryo, der mittlerweile wieder sein Oberteil trug, das Schwert.
Ryo nahm es und zog es langsam aus seiner Scheide. Das Schwert schimmerte in der Sonne und man konnte deutlich sehen, wie scharf es war. Der Griff des Schwertes war reich verziert und am Griffende war ein Drachenkopf.
"Du musst vorsichtig sein junger Drache. Schwerter aus Drachenstahl sind anders als normale Schwerter. Gib es mir und ich zeige dir, was ich meine", meinte Gnav und streckte die Hand nach dem Schwert aus.
Ryo reichte es ihm und sah den Zwerg an. Dieser nahm es und sah sich etwas um. Sein Blick fiel auf einen alten Amboss, der dort rumstand. Gnav ging zu ihm, hob das Schwert weit über seinen Kopf und ließ es dann auf den Amboss niedersausen. Das Schwert glitt durch den Stahl wie durch Butter. Staunend standen Ryo, Sophie und Kohana daneben.
"Das ist ja unglaublich", entfuhr es Ryo.
"Deshalb habe ich dir gesagt, du musst vorsichtig sein. Du kannst damit ohne Probleme jeden deiner Gegner töten", sagte Gnav und gab Ryo das Schwert zurück.
"Werden dann viele Gefahren auf uns lauern?", fragte Sophie.
"Ja einige. Banditen, Mörder und Trolle. Alles sehr finstere Zeitgenossen."
"Ich verstehe aber nicht ganz, warum du ein Schwert brauchst Ryo. Du bist doch ein Drache. Du kannst dich mit deinen Drachenkräften verteidigen", meinte Kohana und sah den Drachen an.
"Du hast es doch gerade gesagt. Ich kann mich beschützen, aber nicht Sophie und das ist immerhin meine Aufgabe", entgegnete Ryo und nahm sein neues Schwert wieder an sich.
Sophie gähnte herzhaft und rieb sich etwas die Augen.
"Bist du müde Sophie", fragte Ryo und bekam ein schwaches nicken als Antwort.
"Ihr könnt heute nach hier bleiben, wenn ihr wollt", meinte Gnav.
"Hab vielen Dank."
Vorsichtig nahm Ryo Sophie hoch, die schon fast eingeschlafen war, und trug sie wieder rein. Eng kuschelte sich das Mädchen an ihn. Es war wirklich ein langer Weg für sie gewesen. Ryo konnte verstehen, dass sie müde war. Als er sie in das Bett legte, welches ihm Gnav gezeigt hatte, hielt ihn Sophie fest. Wie es aussah, wollte sie nicht, dass er ging. Leicht lächelte Ryo und legte sich vorsichtig neben sie. Kurz darauf schlief auch er tief und fest.
Tag der Veröffentlichung: 25.10.2009
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