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Die Geschichte der Spülmaschine

Es war einmal eine Spülmaschine. Sie stand in einer kleinen Küche, die Mimi und Opa gehörte.

Die Spülmaschine langweilte sich, sie war leergeräumt und sonntäglich sauber.

Der Kühlschrank in der Ecke summte vor sich hin. Der hatte es gut, er war immer damit beschäftigt, die ihm anvertrauten Lebensmittel zu kühlen. Für ihn gab es keine Pause.

Die Spülmaschine seufzte. Da ging die Küchentür auf und Mimi brachte das gebrauchte Frühstücksgeschirr in die Küche. Sie klappte die Spülmaschine auf und stellte Tassen, Untertassen, Frühstücksteller und Bestecke hinein. Dann ging sie wieder hinaus.

Die Tassen waren eine eingebildete Gesellschaft, sie hielten sich für überaus wichtig und ließen niemanden neben sich gelten.

Eine übermütige Bande waren die Teelöffel, sie klapperten vergnügt in ihrem Besteckkorb. Doch sofort beschwerten sich die nervösen Tassen über diesen Radau. „Wir sind doch nicht auf dem Rummelplatz, kann man denn nicht einmal am Sonntag seine Ruhe haben?“ Die Teelöffel stießen sich gegenseitig an und kicherten.

Die Frühstücksteller neben dem Besteckkorb dufteten nach Marmelade und Honig, und waren mit sich und der Welt zufrieden. Sie hatten nichts zur Unterhaltung beizutragen. Allmählich wurde es still und alles döste vor sich hin.

Das änderte sich schlagartig nach dem Mittagsmahl. Gläser, Teller, Schüsseln, Gabeln, Messer und Suppenlöffel bevölkerten nun das Innere der Maschine. Es klapperte und schepperte, bis alles eingeordnet war.

Die Tassen hatten erneut Grund sich zu ärgern. „Du liebe Güte, hier geht es ja zu, wie auf einer belebten Straßenkreuzung. Nun von Tellern kann man wohl nichts anderes erwarten. Kein Benehmen, keine Bildung. Puh, dieser unerträgliche Geruch,“ die Tassen hielten sich die Henkel zu.: „Übrigens, wir sind zuerst hier gewesen, also Ruhe im Bau!“ Die Teller ließen sich nicht einschüchtern und sagten: „Von uns isst der Mensch was ihm schmeckt, und wenn die Reste der Mahlzeit an uns kleben und duften, so zeigt das nur, wie unentbehrlich wir sind.“ „Und wir erst, und wir erst,“ klapperten die Bestecke.: „Mit uns nimmt der Mensch seine Nahrung von den Tellern auf, und so sind wir mindestens ebenso wichtig.“ Die Tassen waren empört: „Aus uns trinken die Menschen ihren Kaffee oder Tee, das riecht nicht, das duftet wundervoll.“ „Nun, ich rieche nichts wundervolles,“ sagte die umfangreiche Kartoffelschüssel: „Nur weil sie hier im oberen Regal stehen, gehören sie noch lange nicht zur High Society!“

„Oooh,“ rief da vorlaut ein Eierlöffel, „Ich habe die „High Society „im Kino gesehen.“ Das schlug wie eine Silvesterrakete ein, und den Tassen blieb die Luft weg.

„Du Winzling willst im Filmtheater gewesen sein?“ Ließ sich da die Obstschale hören, sie stand sonst mit Obst gefüllt auf dem Couchtisch, und hatte den besten Platz vor dem Fernseher inne. Sie glaubte die Welt zu kennen, und alles über sie zu wissen, weil sie täglich in die Röhre sah. „Gerade weil ich so klein bin, hat man mich in der Westentasche mitgenommen, um mich in der Pause als Eislöffel zu benutzen,“ trumpfte der Kleine auf: „Weiß überhaupt jemand von euch, was High Society bedeutet?“ Die Obstschale zuckte nur mit ihrem verzierten Rand und hüllte sich in vornehmes Schweigen. Die Tassen räusperten sich, um zu vertuschen, dass sie es nicht wussten. „Ich will es euch sagen,“ fuhr der kleine Kinogänger fort: „Die High Society, nennt man Menschen, die sehr reich sind, Steinreich, sagt man auch. Sie haben so viel Geld, dass sie alle Tassen und Teller dieser Welt kaufen können, und weil sie das können, fühlen sich einige über andere Menschen erhaben und tragen ihre Nasen sehr hoch. Aber, Gott sei Dank, nicht alle.“ Die Tassen wussten nicht so recht, was sie dazu sagen sollten, denn es überstieg ihren Tassenverstand, doch versuchten sie nun, ihre Henkel höher zu tragen, was die anderen jedoch nicht beachteten.

Bevor noch jemand etwas sagen konnte, ging die Klappe auf und das Abendbrotgeschirr wanderte herein. Nun duftete es zusätzlich nach Fisch und Käse, die Tassen vielen reihenweise in Ohnmacht.: „Was zuviel ist, ist zuviel,“ jappsten sie.: „Nimmt dieser Zustand denn nie ein Ende?“

Es herrschte jetzt ein Gedränge wie in einer überfüllten U-Bahn. Die Spülmaschine bekam den Schluckauf und sehnte sich nach Wasser und Spülmittel.

„Oh je,“ rief da die Hausfrau, „die Spülmaschine ist bis auf den letzten Platz besetzt, ich muss das Spülprogramm einschalten.“

Sie tat Reinigungspulver in das dafür vorgesehene Kästchen, klappte die Tür der Maschine zu, stellte das Programm ein, drehte den Wasserhahn auf und drückte auf die Starttaste. Ein Schwall eiskalten Wassers ergoss sich über das Geschirr, dass die Tassen von einer Ohnmacht in die andere fielen. Die Sprüharme drehten sich und spülten die Speisereste hinweg. Dann trat die Pumpe in Aktion. Sie pumpte das Spülwasser ins Abflussrohr. Nun sprang die Heizung an, neues frisches Wasser, floss herein, und die Heizung erwärmte es auf fünfzig Grad- Sparprogramm. Dann mit einem Klack, klappte der Deckel des Kästchens mit dem Reinigungsmittel auf, und im nu badete die ganze Gesellschaft in einem Schaumbad. Die Gabeln reckten ihre Zinken dem warmen Wasser entgegen, die Teelöffel planschten und spritzten sich gegenseitig nass. Das war nun eine allgemeine Wonne. Nach dem Schaumbad, kam noch ein Spülgang und spülte den letzten Schaum hinweg. Zum Schluss trat wieder die Heizung in Aktion und trocknete das Geschirr, bis es glänzte und blitzte. Damit war das Programm der Spülmaschine beendet

Jetzt hatten es alle eilig aus der Maschine heraus zu kommen. Doch das geht nicht automatisch, das muss der Mensch machen. Die Tassen drängelten und schubsten sich, und zeigten damit keine feine Lebensart. Die Hausfrau kam und räumte das Geschirr heraus. Die Tassen, Untertassen und Frühstücksteller wanderten in den Esszimmerschrank, die großen Teller und Schüsseln in den Küchenschrank, die Gläser in die Vitrine und die Bestecke in ihre Schubladen. Die Tassen fanden im Schrank nichts, was sie hätte ärgern können, und das war ihnen nun auch nicht recht.

So freuten sie sich schon wieder auf die Spülmaschine, dann würden sie es aber den Tellern und Teelöffeln zeigen, wer zur High-Society gehörte. Für alle Fälle, hielten sie die Henkel sehr hoch.

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Tag der Veröffentlichung: 19.04.2013

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