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Geschenkt auf Zeit
Jeder Gedanke ist nur ein inniges Gebet
Bitte, lass ihn nicht leiden.



Soll ich nun jeden Morgen
bangen
warten
hoffen?
Der Tag wächst über die Felder, er erwacht jeden Morgen neu.
Die Vögel zwitschern und singen, doch mein Herz ist traurig und die Gedanken wandern zu ihm hin.
Wo mag er sein?
Angestrengt versuche ich unter den vielen Vogellauten eine andere Stimme, ein Rufen nach mir zu hören.
Ich höre nichts, bilde es mir nur ein.
Akzeptieren
was ist
doch es ist schwer
mein Herz
schmerzt
Dich nicht mehr zu sehen, zu fühlen.
Jetzt schon? Keine Hoffnung mehr haben?
Schon denke ich zurück an jeden der Gedanken die ich oft hatte wenn er morgens zu mir auf die Bettkante kroch.
Noch feucht das Fell mit leuchtenden Augen.
Guten Morgen, Du mit zartem Laut.
Meine Finger, die automatisch streicheln, zärtlich und behutsam über den dünnen Rücken, unter dem schwarzen Fell kann man das Rückrad spüren.
Kein Gramm hat er zugenommen, seitdem ich ihn hatte.
Er nahm einfach nicht zu, egal wie viel er fraß.
Ein langer Blick aus grüngelben Augen, dann sie nur noch ein Schlitz wenn ich ihm zärtlich und langsam über die Kehle strich.
So ein zarter Bub, aber ein Großer.
Nie so ganz gesund mit seinem chronischen Lungenschaden, ja und oft dachte ich, wenn du gehst, dann
hast du bei mir ein gutes, viel längeres Leben gehabt als es dir alle prophezeiten.
Alle hatten dir keine Chance gegeben auf ein langes Leben.
Nun haben meine Hände kein weiches schwarzes Fell in das sie sich vergraben können.
Jeden Morgen, Tag für Tag an dem du mir deine Zuneigung schenktest.
Wo bist du,
was ist dir geschehen? Welches Schicksal hat dich getroffen?
Ich kann nicht weinen, noch hoffe ich…
Hoffe auf ein Wiedersehen und weiß doch, es wird
nicht geschehen.
Waren das Jäger die ich gestern Mittag auf der gegenüberliegenden Straße sah?
Die mit den Hunden, die die Beute jagen, es spart die Kugeln die sonst in der Stille des Morgens knallen.
Es ist entsetzlich, furchtbar, allein die Vorstellung schnürt mir schon den Hals zu.
Ich vermisse dich und dein Leuchten, denn geleuchtet hast du
von innen heraus, du.
Die Wiesen stehen meterhoch, blühen, Butter und Kornblumenblau glühen im Morgenrot das über die Felder streicht.
Wo blühst du?
Bitte schenk mir noch ein wenig Zeit mit dir, betete ich gar so manchen Morgen.
Doch mein Ruf verhallt
ungehört
ich hätte gerne eine greifbare Stelle gehabt
an der ich
um dich weinen kann.
Doch Er da oben
fragt nicht danach was wir uns wünschen.
Ich kann nur eines
Beten
Lieber Gott, nimm ihn zu dir,
aber lass ihn nicht leiden.
Du warst mir nur
geschenkt
auf Zeit.



Teilbar oder nicht
Nur die Zeit heilt die Wunden, die das Leben in uns schlägt.

Kann man Kummer teilen?
Teilen wie ein Ei in zwei bequeme Hälften und andere bekommen etwas davon ab, damit die Hälften kleiner und leichter verdaulicher werden?
Kann man Freude teilen
Sehnsucht, Verdammnis, Schmerz, Unglück, Leid – eine Krankheit?
Es ist vergleichbar mit dem Bild eines Menschen der mitten im triefenden Regen steht, patschenass wird und du siehst es, spürst aber selbst keinen einzelnen Regentropfen auf der Haut.
Es ist schwer diese Frage zu beantworten, ich persönlich würde nach Lage der Dinge sagen nein.
Dass - was man fühlt, kann man, so gut man es mit Worten, Blicken und Gesten ausdrücken kann, mitteilen. Doch ob es der andere begreift, nachvollziehen, mitfühlen kann - bleibt jedem nach seiner eigenen Gefühlsstärke – Empathie – Mitgefühl, Mitleidsfähigkeit vorbehalten.
All diese Attribute des Mitleids und Mitfühlens sind jedoch rasend schnell wieder unter dem Alltagsstress, den Alltagseigenensorgen, den eigenen Interessen wieder schnell von der Bildfläche verschwunden, man wendet sich anderen, wichtigeren, eigenen Dingen zu, das ist keine Frage der Oberflächlichkeit sondern Selbstschutz um dem Schmerz anderer nicht zu großen Raum zu geben.

Schildere anderen Menschen ein Unglück, eine Krankheit, einen Verlust der dich getroffen hat und du wirst in den meisten Fällen mitleidige Blicke entdecken können, aber auch Blicke die wegsehen weil das Leid anderer dem anderen peinlich, oft sogar unangenehm ist.
Man möchte gerne dass es aufhört, dass andere leiden.
Oft können wir selbst mit dem eigenen Schmerz schlecht umgehen, wie sollten wir es dann mit dem anderer können?
Selbst habe ich es Hunderte von Malen erlebt selbst wegzusehen weil es weh tut, andere leiden zu sehen.
Bei einer Beerdigung, beispielsweise, dann wenn ein Mensch gestorben ist.
Man kann nicht helfen, möchte es gerne, aber die Möglichkeiten Hilfe anzubieten sind so begrenzt, dass sie nur in tätiger Hilfe zuteil werden können.
Derjenige der die Hilfe brauchen könnte ist oft unfähig sie anzunehmen, er verkriecht sich in seinen Schmerz, braucht die Abgeschiedenheit um diesen ertragen, verarbeiten, tragen zu können.
Geteiltes Leid, ist halbes Leid, ein schöner Spruch, er stimmt nicht, wie viele Sprüche, die zwar tröstend wirken sollen, aber den Kern des Ganzen nicht treffen.
Man kann keine Tränen teilen, man kann sie nur zeigen indem die Tränenflüssigkeit deine Augen verlässt, über deine Wangen rinnt, sich im Mundwinkel versteckt und dann verrinnt. Das äußere Zeichen von Schmerz und Leid.
Und doch gibt es Menschen die können auch im tiefsten Schmerz nicht weinen.
Nur die Zeit heilt die Wunden, die das Leben in uns schlägt.
Manchmal sehr langsam.

© Angelface


Impressum

Texte: und Gedanken bei Angelface
Bildmaterialien: Angelface
Tag der Veröffentlichung: 08.06.2012

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Widmung:
meine Gedanken an ihn werden bleiben du warst mir geschenkt auf Zeit

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