Wann
und wenn, dann wie
ich nehme irgendwann meinen Hut sagt sie - und gehe...
dann, wenn die Dunkelheit das letzte Licht überschattet.
Der Sturm wütet um das Haus und in die Ferne fliegen meine Gedanken.
So ist es nicht mehr schön.
Mit Druck auf dem Herzen und traurigem Gesicht fahre ich zurück und denke, nein, wenn es so ist, ist es echt nicht mehr schön.
Mensch du da oben, wenn du einst selbst Mensch warst, lass sie doch gehen.
Im August dieses Jahres wird sie neunzig. Doch es ist nicht nur das Alter, es ist die Krankheit und das üble Befinden.
Das Herz schafft es nicht mehr, dieses Leben.
Wie lange wird sie es noch schaffen dieses Leben voller Leere?
Ich würde es ihr gönnen, würde sie heute Nacht die Augen zuschließen und friedlich entschlafen, einfach nicht mehr aufwachen, so, die letzten Lebenszüge erleben wie es jetzt ist.
Jetzt in dieser Sekunde, diesem Augenblick, dem letzten Klaren.
Bitte, bitte nicht noch schlimmer, es reicht an Leid und Schmerzen.
Das Leben wird so mühsam und zur Quälerei.
Nichts mehr sehen, wenig Hören, alles noch klar und deutlich wahrnehmen und es nicht mehr leben können dieses Leben, das vordem so reichlich mit Inhalten bestückt war.
Das Liebste hat er ihr genommen, die Möglichkeit zu malen und zu lesen, warum nur, ja, - warum?
Es tut weh einem solchen Leben im Halbdunkel zuzuschauen.
Mir, ihr, jedem.
Was hat er davon wenn er sich dies von oben herab anschaut?
Keine Kraft mehr, auf andere angewiesen zu sein, sich nur noch quälen.
Nur noch warten – auf wen, auf was?
Die Sonne auf dem Gesicht wärmt nicht mehr, schenkt nur noch lichten Schein im Halbdunkel dann und wann.
Pflegen, nein - pflegen will sie sich nicht lassen, von keinem.
Ich kann sie verstehen, meine Augen bleiben trocken. Sie hat das Recht selbst zu entscheiden.
Lieber brennt sie täglich ihr Essen an. Kleine Unfälle sind längst an der Tagesordnung, die lässt sie sich nicht nehmen.
Da ist sie bös, streng und stur.
Ein Leben lang war ich autark, hab alles selbst gemacht, es gepackt dieses Leben, das nie besonders einfach war, aber, ich habe es gerne gelebt dieses Leben, doch nun, mag ich es nicht mehr, es tut mir weh, sagt sie.
Nochmals ein Umzug in ein anderes Leben?
Kommt nicht in Frage, sagt sie,
... niemals.
Es kommt mit Nachdruck und sie meint was sie sagt.
Ich fahre fort, ich fahre heim, in mein Leben, das nichts mit dem Ihren zu tun hat.
Ungern fahre ich hin und schau es mir an, ihr Leben, das so schwierig ist.
Wieder ein - Warum -
Weil sie selbst es nicht will, dass ich sie so sehe...
Und mir tut mir weh in diese halbtoten Augen zu schauen, in die Hilflosigkeit eines anderen, der mir so nah und doch so fern ist, wie einem ein anderer Mensch nur sein kann.
Kann ich noch etwas tun?
Helfen?
Nein – nichts, nur nicht wegsehen, da sein - sollte sie mich rufen.
Warum ist das alles so, dieses Leben, so nicht gewollt, sicher auch nicht verdient.
Denn wer verdient sich das schon.
Das große Warum drängt sich mir auf.
Das ist doch klar, man selbst sieht keinen Sinn mehr darin.
Auch sie _ schon lange nicht mehr.
Sie hat längst ihren Frieden gemacht, mit dem da oben, wartet,
bis er sie holt.
Alles ist längst verteilt was an Erinnerungen an sie bleiben soll.
In den letzten lichten Augenblicken, das war, als sie die Kraniche noch am Himmel sah..
Wie lange lässt er uns noch zuschauen?
Wenn er sie holt, dann hoffe ich im Schlaf, in glücklichen Träumen auf ein anderes Leben,
eines, an das sie immer glaubte, dass ihr Trost gab.
Und ich hoffe, ich werde nicht so egoistisch sein und weinen, sondern froh für sie sein, dass er es ihr schenkte.
Aber jetzt darf ich weinen….
und jedes Wort mehr, wäre jetzt zuviel...
© Angelface
Texte: by Angelface
Text und Gedanken
Tag der Veröffentlichung: 01.03.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
ich reise für dich wenn die Dunkelheit das letzte Licht überschattet...
für Mami