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Am 9. Mai ist Muttertag

hallo liebe Mami
ich hoffe, dir geht es heute genau so gut wie an jedem Tag des Jahres.
Wie Du siehst, schreibe ich gerade an meinen Gedanken zum Muttertag, wenn ich zu dir komme, werde ich dir den Text vorlesen.

Es regnet und ist kalt, nicht gerade ein Ausflugstag.
Ich frage mich immer, jedes Jahr neu.
Warum kümmert man sich an diesem einen Tag so hingebungsvoll, wenn es das ganze Jahr über fehlt.

Vor sich in der Kälte hinschlotternde Blumenverkäufer stehen an jeder Ecke am Straßenrand. An jeder Tankstelle blühen überteuerte Sträuße in Wasserkübeln trübselig vor sich hin und warten auf das schlechte Gewissen hunderter Kinder.
Es ist mal wieder Muttertag und damit eines der besten Geschäftemacher aller Zeiten mit dem schlechten Gewissen.

Mein Respekt gehört all jenen, die auch am Muttertag zu ihrer Jahres – Haltung der Mutter gegenüber stehen.
So viel Liebe, Freundschaft und Zugewandtheit, so viele Gedanken und ehrliche Aufmerksamkeit wie das ganze Jahr über der Mutter gelten, sollte ihr auch am Muttertag gehören - aber auch keinen Deut mehr.
Alles andere ist der blanke Hohn in meinen Augen.

Wenn ich mitbekomme welcher oft künstliche Aufwand betrieben wird um die Mutter NUR an diesem Tag zu
„e h r e n „ stellen sich mir die Haare auf den Zähnen.

Ich verweigere mich, und zu meinem großen Glück - meine Familie auch.
Wir telefonieren wenn das Wetter schlecht ist. Was nicht heißt, dass wir uns nicht mögen.
Wir sehen uns weil wir uns mögen.
Im letzten Jahr waren wir zu einem kleinen Ausflug auf der Amöneburg, einer kleinen alten Trutzburg in Hessen, ca 10 Kilometer unweit von ihrem Ort, mehr wollte ich ihr kräftemäßig nicht zumuten, aber da wollte meine Mutter gerne zum Kaffeetrinken hin, doch als wir sahen, was sich dort abspielte, flohen wir nach einer Stunde, es war grässlich anzusehen. Lauter halbe Mutterleichen, bunt geschminkt und aufgemotzt, mal mit Hut oder nicht, die von ihren KINDERN durch die Gegend gekarrt wurden. Wir waren von den visuellen Eindrücken total erledigt und schworen uns: nie wieder!

Meine Mutter las mir heute Morgen am Telefon aus ihrem Hörbuch über Frau Schürmann und deren Tochter Alexandra vor und schüttelte sich gemeinsam mit mir über deren Glorifizierung einer ( glücklich – harmonischen ) Mutter-Tochter Beziehung.
Okay, es sollte ja die Verkaufszahlen heben, da spricht man wohl nur Gutes hinein, auch wenn die Lügen bis hoch zur Decke hallen.

Wir beide beschlossen gemeinsam mit meinem Besuch bei ihr zu warten bis das Wetter wieder besser wird, man wieder außen sitzen kann und den Kaffee auf der Terrasse genießen kann, im Sonnenschein sehen die Blümchen auch nicht so trübselig hängebäckig aus.

Während wir uns schildern was wir uns heute gegenseitig vom Kochtopf auf den Tisch bringen, sind wir ehrlich zueinander, das kann wohl nicht jeder von sich behaupten.

Was wir füreinander empfinden - uns verbindet wird sich wahrscheinlich, nein, ganz sicher nicht im Austausch von Kuchenstückchen, Törtchen und Sahnehäubchen auf dem Kaffee vermitteln lassen.

Wir lachen am Telefon miteinander, es ist mir und ihr eine Freude.
Als ich höre, dass ihre beste Freundin, die 20 Jahre jünger ist, heute die Familie zum Kaffeeklatsch einläd, die Mutter anschließend zum Abendbrot auf die Burg gebeten hat um dort im Kreise der Familie den Ehrentag der Mutter zu begehen, dabei in stilvoller Umgebung mit zusammengebissenen Zähnen unzählige Familiengeschichten erträgt, graust es uns gemeinsam, denn wir erinnern uns auch noch an andere Zeiten.

Zeiten, als meine Schwiegermutter und der Vater noch lebte und auf diese und ähnliche Veranstaltungen den allergrößten Wert legte, obwohl es Zeiten gab in denen sie wochenlang nicht mal mehr miteinander sprachen..
Da wurde dann in angemessener Kleidung ein wundervoll harmonischer Familiennachmittag zusammen vollbracht,
Kuchenschlachten zu denen jedes einzelne weibliche Familienmitglied beizutragen hatte, wechselten sich mit dem fürstlichen Abendbrot ab, zu dem sich die gesamte Familie einfand.
Vatter, Bruder, Schwestern, Brüder, der Onkel und die betagte Tante, alle waren sie da. Kind und Enkelkinder, soweit vorhanden nicht zu vergessen.
Die Mutter als Ehrenmitglied thronte dazwischen Denn sie wurde ja geehrt.
Mal fand die Feier in irgendeinem Lokal statt, mal auch zuhause, je nachdem wie es die jeweilige Örtlichkeit zuließ.
Mir und Mami, wie ich sie nenne, war dies immer ein absoluter Horror und wir schworen uns schon damals, wenn ich je alleine leben würde, würden Wir uns das nie mehr antun.

Der Muttertag als Zwangsneurose - man hat ihn zu feiern, den Rest des Jahres kann sie eigentlich bleiben wo der Pfeffer wächst und im Grunde soll sie die Schnauze halten und sich aus unserem Leben heraushalten!
Das denken doch viele, wenn sie nicht in Harmonie verbunden sind, doch kaum einer, gibt es zu.
In Großfamilien rücken Familien eng zusammen, sie kennen es nicht anders als das gesamte Leben gemeinsam zu verbringen.
Vater, Mutter, Schwester, Brüder, Tante, Onkel, Kinder und Enkel, dazwischen, die Katze und vielleicht der Hund. Sie haben sich zu vertragen, und oft wachsen sie auch tatsächlich zusammen. Bleiben ein Leben lang Freund.

In der heutigen Zeit leben die Eltern fast alle woanders als die Kinder. Manchmal leben die Großeltern in der Nähe und werden als Sittingpartner noch mit in das alltägliche Leben mit eingebunden.
Manchmal geht es gut, manchmal rauft man sich zusammen, weil es einfach vernünftig ist, manchmal mag man sich tatsächlich auch.

Doch man sucht sich die Familie nicht aus und manchmal entzweit man sich auch.
Weil man unterschiedliche Ansichten hat,
sich die Kinder nicht so entwickeln, wie es den Eltern vorschwebt,
weil die Eltern engstirnig und stur sind und auf ihren Ansichten und ihrer Dominanz den Kindern gegenüber beharren.
Dann gibt es leichte Disharmonien.
Manchmal auch Zerwürfnisse,
manchmal spricht man nicht mal mehr miteinander.
Manchmal entzweien sich Bruder und Schwester, Tante und Onkel
Vater und Tochter
Mutter und Tochter und letzteres ist
sehr oft der Fall.

Aber dann kommt der Muttertag und am Muttertag guckt die Nachbarschaft neugierig übern Zaun -
ob auch wirklich von der Tochter, dem Sohn - schön brav die Mutter eingeladen wird.

Da wird nun die alte Dame eingepackt, ob sie es nun will oder nicht und mit zusammengebissenen Zähnen gefeiert, vorgeführt, freundlich begrüßt und hofiert - „ magst noch a’ Tasserl Kaffee liebe Mama?“ - und im Grunde wartet das Töchterlein vielleicht in ihrem Gedankenkämmerlein dass der Tag hoffentlich bald zu Ende sein wird.

Nee, ich denke, so muss das nicht sein.

Da ist mir ein anständiges ehrliches Schweigen lieber.
Meiner lieben Mutter zum Muttertag gewidmet und ich denke, nein - ich bin mir sicher:
dieses Schreiben wäre sehr ihr Fall.
 Sie schätzt Ehrlichkeit sehr. Obwohl ihr selbst Heuchelei nicht fremd ist. Da wo sie es für angebracht hält.
Es muss schließlich nicht jeder alles wissen.

Ich denke, heute wird es von überall her Muttertagsgrüße regnen

 ehrliche und unehrliche
Gedanken die meist die Töchter bewegen die ihre Mutter besser kennen als so mancher Sohn, der nur vorbei komt um seine Wäsche waschen zu lassen...


die liebe Mutter
die gute Mutter
die immer und überall bereite Mutter
die Mutter als Opferlamm der Familie die sich aufopfert für alles und jeden und immer und überall zurücksteht.
Doch ich sehe die Mutter an sich auch als Menschen mit all den Schwächen und Fehlern, die jeder Mensch hat. Als Mutter wirst du nicht geboren, sondern gemacht, du musst es dir erarbeiten eine gute Mutter zu sein. Nicht jeder schafft es und das ist keine Schande, Nicht jeder eignet sich zum Muttertier, diesem Opferbild wollte ich mal ein wenig die Farbe aus dem Gesicht nehmen und all den Buben und Mädels die glauben ihre Mütter glorifizieren zu müssen , nur weil sie  auch Mütter sind.
Mütter sind auch nur Menschen, das ist meine Erkenntnis und ich bin Mutter und keine Heilige.

 

© Angelface

 

Impressum

Texte: Text bei Angelface
Tag der Veröffentlichung: 09.05.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
meiner geliebten Mutter zum Muttertag ich weiß, du würdest diesen Text mögen, so wie du mich magst

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