Ein letztes Zeichen
Ein Morgen Ende September
Um 7.00 ging heute am Morgen die Sonne auf. Ein wenig düster und noch ziemlich müde kam sie hinter den Hügeln empor gekrochen. Dicke Regenwolken und leichter Nebel hüllten sie ein.
Später als sonst, weil jetzt ja alles schon später kommt. Es wird Herbst, man spürt ihn in den Knochen.
Im Laub, an den Bäumen, im dichten Morgennebel hockt er am Boden und zeigt sich in diesem Jahr in anderen Farben als letztes Jahr.
Oder bilde ich mir dies bloß ein?
Trüber und blasser sind sie, unsere Sommerfarben, wie ausgewaschen, denke ich, nicht so loderndfarben, nicht so bunt.
Die Bäume hängen dicht voller roter giftiger Vogelbeeren, ein Zeichen für einen harten Winter, den wir bekommen werden.
Die Wiesen sind abgeerntet, Strohballen stehen wie die Zinnsoldaten in einer Reihe mit Planen abgedeckt, Elstern und Krähen picken darauf.
Ein wenig habe ich dieses Jahr den wunderschönen bunten Altweibersommer des letzten Jahres vermisst, die satten Farben in Rot, Gelb und Grün, die Spinnennetze die am Morgen so silbrig in der Morgensonne aufglüh’n.
Ach ja, seufz, ... das macht ganz melancholisch wenn etwas fehlt, was sonst immer selbstverständlich war.
10° sind es nur noch am Boden, ganz schön kalt für die Pflanzen, die noch blühen wollen.
Und die Tomaten? Okay, ich kann sie längst nicht mehr sehen, zu viele waren es, die ich dieses Jahr ernten konnte und immer noch hängen dicke grüne Bälle wie Trauben an den Stängeln.
Ich hätte eine 5 köpfige Familie locker damit durchfüttern können.
Jetzt hängt mir die selbstgemachte Tomatensuppe, ach so köstlich – doch viel zu viel, buchstäblich zum Halse heraus. Dabei esse ich sie sonst ganz gerne.
Ein wenig geschlagene Sahne dazu als Häubchen in die Mitte des Tellers und geröstetes Weissbrot dazu, Lecker.
Ich schau in die Ferne, draußen weit unten rauscht leise die Autobahn.
Schschschsch.........
Im Gebüsch neben dem Haus raschelt es leise. Haben es sich die Flughunde dort gemütlich gemacht? Sich zum Tag in die Zweige gehangen, den Tag sich zur Nacht gemacht?
Sie sind nachtaktiv und Nachts höre ich ihre Flügel rauschen.
Vor ein paar Tagen hatte mir Merlin, mein Rabenkater eines der Jungen mit nach Hause gebracht.
Da lag es nun auf meinem Balkon mitten am Tag mit den zarten Schwingen.
Weit breitete ich sie aus. So filigran und durchsichtig, so schön waren sie neben dem zierlichen Körper. Es sah aus, als würde der kleine Kerl nur schlafen.
Ich konnte keinerlei Verletzung an ihm feststellen., vielleicht hatte er sich ja auch nur verflogen und fand nicht mehr heim? Aber er war wohl tot, denn er rührte sich nicht mehr.
Noch nie hatte ich so ein Tier aus der Nähe gesehen. Und in der Nacht, da hört man sie nur.
Meine Nachbarin hatte letztes Jahr einen ganzen Herdenschwarm von ihnen unter ihrem Dachgebälk nisten. Da die Tiere unter Naturschutz stehen, holte sie sich einen Spezialisten. Doch der beruhigte sie, die Tierchen stellen nichts Böses an.
Erst als die Waschbären kamen, wurden sie wieder vertrieben, heute stehen die Nester unter dem Dach wieder leer.
Bestimmt sind sie es, die jetzt bei mir im Gebüsch neben dem Hause wohnen. Und Nachts, bei geöffnetem Fenster - da höre ich sie und ihr heimliches Rauschen.
Die Tagesgeräusche werden lauter, die Vögel sind da. Fräulein Buntmeise zwitschert ihrem Gefährten zu und schaukelt in den Bäumen. Jedes Mal wenn sie anfliegt, fliegt gleich ein buntes Blatt mit vom Baum. Wenn sie so weitermacht wird der Baum bald kahl sein und dürre Äste werden in den Himmel ragen. Dann wird auch kein Schutz mehr für sie und die anderen da sein und wenn dann der Regen und die Kälte kommt, werden sie frieren.
Aber all das wissen sie selber und erzählen es sich zwitschernd zwischen ihren Flügen.
Wann kommen die Kraniche über’s Haus - auf ihrem Weg nach dem Süden?
Ich blicke zum Himmel und kann noch nichts entdecken, weiß aber genau, es kann nicht mehr lange dauern.
Sie haben ein untrügliches Gefühl in sich wann sie aufbrechen sollen um die Reise zu schaffen.
Jedes Jahr um diese Zeit verfolge ich mit großen Augen und weit geöffnetem Herzen ihren Flug...
Wenn sie kommen mit ihrem lauten Krah..krah...
dann ziehen sie über’s Haus, sammeln sich zu neuen Formationen, verweilen und man meint, sie würden uns grüßen, ehe sie weiterziehen...
mit einem Letzten Winken...
leise Flügelschläge...
ein erhabener Augenblick von solcher Schönheit, dass es mir jedes Mal von Neuem die Tränen in die Augen treibt.
Es sind so wunderschöne Tiere..
Alles steht still und schaut.
Ein letztes Zeichen...
Jetzt kommt er, der Winter.
Und mit ihm die Kälte, die Stille, der Frost.
Und mittendrin ich, die ich leise und still Abschied vom Sommer nehme.
Kommt er oder geht er
Bleibt er oder weht er
Die bunten Blätter vom Dach
Der Herbstwind
Macht sie wach
Sie flattern von den Bäumen
Wenn sie vom Winter träumen
Während die Sonne ihre Kraft verliert
Die Farben blasser werden
Das Herbstlied erklingt
Warte ich
Dass es auf andere Weise
In mir singt
ein letztes Zeichen...
by Angelface
mein Beitrag zum Weltnichtrauchertag 2010
Texte: Text und Bild by Angelface
Tag der Veröffentlichung: 30.09.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
mir und dir
dir und mir
in leiser Melancholie