Männer lieben ihre Eisenbahn
oder ihr Tennis
oder den Fußball
oder...oder...oder...
Vor den Ostertagen
kann man nicht immer nur Gedichte oder über den Frühling schreiben,
manchmal müssen es auch ungewöhnliche Geschichten sein.
Modelleisenbahnbörse Spur – 0 in Buseck.
Wir wissen doch alle, dass ein Hobby ganz schön faszinieren kann...
Auch in kleinen Orten ist an manchen Tagen viel los.
„Ach komm, schreib doch mal was drüber, du warst doch auch dabei, hieß es.
Gar nicht so leicht, wenn man vom technischen Ablauf her von Eisenbahnausstellungen nicht so viel Ahnung hat.
Aber meine Eindrücke davon, die will ich gerne wiedergeben.
Männer und ihr Hobby.
Mit großen staunenden Kinderaugen stehen sie davor.
Nein, nicht die Kinder, die Männer, die wieder zu Kindern werden sobald sie ihr Hobby so dicht vor Augen haben.
Ich bin immer wieder von Neuem erstaunt wenn ich dies feststelle.
Eigentlich dachte ich, sie kennen dies doch schon.
Jedes Jahr dieselbe Ausstellung, manchmal in einer anderen Stadt, in einem anderen Land, aber immer dieselben Waggons, dieselben Gleise, Bäume und Landschaften, Brückenlandschaften, Bahnanlagen, mit und ohne Tunnels und neue Loks die angeboten und dargeboten werden, denkt man, - und doch scheint es jedes Mal etwas anderes zu sein. Überall tutet und rattert es, kleine Lichter leuchten an den Loks und fahrenden Waggons, es bewegt sich viel in der Halle, nicht nur die hereinströmenden Menschen.
Schon früh am Morgen füllt sich die Halle und Neugierige jeden Alters strömen herein.
Von überall kommen sie her. Aus ganz Deutschland und anderen europäischen Ländern.
Keinen noch so langen Weg scheuen sie.
Kein Wunder, wo gibt es schon sonst noch Fahrzeuge aus den 30issiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Ich glaube nur hier in dieser Ausstellung.
Ich höre die fremden Sprachen, die Dialekte und wundere mich nicht, denn viele Gesichter kenne ich noch vom letzten und vorletzten Jahr.
Ich selbst werde auch freundlich begrüßt und man scheint sich zu freuen ein bekanntes Gesicht zu sehen.
Kompetente Beratung kann ich nicht bieten, aber ein freundlich lächelndes Gesicht.
Dann stehe ich mir 15 Stunden lang die Beine in den Bauch. Denn dieses Jahr habe ich einen Krusch und Flohmarkttisch der den vom vorigen Jahr um ein Vielfaches an Länge und Größe überbietet. Er formt ein riesengroßes U und ich muss mich sputen, um überall gleichzeitig zu sein.
Tausend Tüten habe ich anzubieten in denen sich mir unbekanntes, manchmal mir unbegreifliches Kleines verbirgt das ich weder identifizieren noch erklären kann. Der Kunde und Interessierte vor dem Tisch aber scheint ganz genau zu wissen was dieses kleine glitzernde Kleinteil aus Messing, Metall oder Plastik für eine Bedeutung im Zusammenbau hat.
Er will es unbedingt haben und braucht es so dringend wie die Schale das Eidotter. Mit begeistertem Gesicht taucht er fast kopfüber ein in die dicht gefüllten Kästen.
Da ist es ihm völlig egal was es kostet und er zückt den Geldbeutel der mit Fünfzigern und Hunderten wohl bestückt ist.
Zwar ist es mir unbegreiflich wie Plastikteile mehr als Centstücke kosten können aber ich muss weder alles begreifen noch alles wissen, sondern nur abkassieren.
Und dann stehe ich mit erstaunten Augen vor einer Baureihe die für mich nur böhmische Dörfer sind. Alles ist in kleinen und großen Plastiktüten verpackt, aber er scheint ganz genau zu wissen was da drin ist. Der weit über Achtzigjährige alte Herr mit Hut, der extra aus Dortmund angereist ist, obwohl er nicht mehr allzu gut zu Fuße ist. Er steht mit leicht entrücktem Silberblick davor und freut sich wie ein kleines Kind. Er sammelt seit über zwanzig Jahren erzählt er mir und findet jedes Jahr etwas was sein Herz erfreut.
Er trippelt und trappelt auf dem Platz wie ein kleiner Junge der aufs Klo muss, kratzt sich begeistert die Nase und weiß sich gar nicht mehr einzukriegen. Ich kann nur staunen wie sich einer dermaßen begeistern kann, es ist doch nur Plastik und sieht mehr oder minder aus wie Müll. Aber für ihn ist es eine kleine Kostbarkeit. Er packt alles aus, schichtet es gleich auf dem Platz übereinander und zeigt mir wie es aussieht wenn er es zusammengebaut hat. Damit blockiert er zwar den nächsten Gästen die Aussicht auf die bestückten Kartons und Waggons aber ich mag ihm seine offensichtliche Freude nicht verderben.
Daneben sind einzelne runde Gleise übereinandergeschichtet, die sind schon leicht verwittert und mit Farbe bekleckert, sogar ein paar Schienen fehlen, ein Preisschild verkündet Fünfzig Euro das Stück und er verdreht verzückt die Augen wie preiswert sie sind. Bitte packen sie mir die auch mit ein, verkündet er mir.
Als er schließlich geht, ist sein Geldbeutel um Hunderte leichter und meine Kasse um einige Scheinchen reicher, was mich nur kopfschüttelnd zurücklässt.
Durch den Eingang drängt sich durch die Menge eine mir wohlbekannte Gestalt. Es ist ein Mann in Knickerbockern der mir schon in den vergangenen Jahren auffiel. Mit Rucksack und Plastiktüten bestückt, die nun noch leer, aber sicher bald voll sind, steht er mit begierigen Augen an den Ständen und nimmt nichts anderes mehr wahr als die bunten Waggons. Autos, Schienen, Bäume, Landschaften und Figuren die auf den Tischen stehen mustert er mit Blicken und so abgerissen wie er äußerlich erscheint, so sehr wie er sein Geld für die Fahrkarte spart, für den Einkauf scheint er genug im Plastikbeutel dabei zu haben, denn am späten Nachmittag sehe ich ihn immer noch zwischen den Tischen umherwandern, den Rucksack nun so voll, kaum dass er die Einkaufe noch schleppen kann.
Kinder traben an Papas Arm herein, für sie habe ich, da in einigen Tagen das Osterfest mit seinen bunten Farben hereinbricht, ein quietschgelbes Entchen mit Regenschirm aufgebaut. Das spricht mit dir wenn du es am Händchen kitzelst, links quakt es, rechts ertönt ein Schlager, welch eine hirnrissig hübsche Idee. Dazu gibt es Autos in Plastik gratis, die Jugend ist schließlich der Kunde von morgen.
Papa hat die Mama mitgebracht, die guckt sich zwischenzeitlich den hübschen Schmuckstand an, dort wird per Hand gezeigt, wie man aus Silber, Holz, Perlen und Glas wunderhübsche Ketten und Armbänder auf Draht und Gummi aufzieht und zusammenbastelt.
Da lacht wenigstens einmal am Tag über Glitzerndes das Frauenherz wenn sie nach über sechs Stunden ihre Füßchen nicht mehr tragen...
dann gibt es Tische mit alten Fotos von Maschinen die es längst nicht mehr gibt, wunderhübsche Karten aus Blech mit Lokomotivmotiven, Ausschnitte von Ausstellungen früherer Zeiten, Bauanleitungen, Zeichnungen, Bücher und Informationsmaterial, Kataloge, alte Zeitungsausschnitte vergilbt und gar nicht mehr wahr.
Ganze Tische sind vollgedrängt mit Ersatzteilen, Rädern verschiedener Größen, kleinen Männchen die sitzen, stehen und auf Bänken liegen. Ganze Tischlandschaften voll mit selbstgebastelten Bäumen aus Silberdraht und Plastik. „Wozu werden die denn gebraucht“ frage ich, als auch ich einmal zwischen den Tischen umherwandere. Verwundert werde ich angeguckt, wie ich so etwas nur fragen kann.
Obwohl es einem fast so vorkommt, als wäre es eine reine Werbeveranstaltung, so ist es doch gleichzeitig neueste Information was es an Altem Neuem so auf dem Markt gibt und außerdem ist es eine solide Verkaufsaktion. Die Händler wollen natürlich verkaufen.
Das ist der Sinn einer solchen Ausstellung. Und natürlich ist in erster Linie die Kommunikation und das Treffen miteinander wichtig, man trifft sich, begrüßt sich, kennt sich, freut sich.
Nicht umsonst ist dies die größte Modelleisenbahnbörse die zum 3. Mal in Buseck stattfindet, die in ganz Deutschland bekannt ist und in unserem kleinen Ort mit ihren aufgebauten Anlagen und Eisenbahnen für Aufmerksamkeit sorgt. – Fans kommen dort voll auf ihre Kosten.
Rund 78 Aussteller am Samstag und 60 Aussteller am Sonntag stellen die Spur – 0 – im Maßstab 1:45 her, die doppelt so groß wie die in den Schaufensterläden sind, ... und wer sammelt, kann dort all die Kleinode erwerben die es sonst weder in Katalogen noch in den wenigen einschlägigen Geschäften gibt.
Daneben gibt es einen Stand an dem steht „ aus Neu mach Alt“. In langer Kleinarbeit kann man bewundern wie von zwei Luxemburgern mit der Airbrushpistole das Verwittern und Altern von Fahrzeugen demonstriert wird. Rund drei Stunden brauchen sie für einen Waggon bis Bremsspuren und Rostspuren auf alten Beschriftungen angebracht sind. Eine lange Schlange hat sich davor aufgereiht und alle wollen sehen wie das geht, ich bin mir sicher, kaum zuhause angekommen, wird es nachgemacht.
Alles in Allem war die Ausstellung ein voller Erfolg wie jedes Jahr und ich bin mir sicher, im nächsten Jahr, wenn im März die nächste Ausstellung in diesen wunderschönen Räumen beginnt, werden sich die Besucher wieder hier treffen, die Interessierten sich wieder hier austauschen und wieder hier kaufen auch wenn ihre Hallen zuhause längst wohl und wahrscheinlich zum bersten angefüllt sind.
Männer lieben ihre Eisenbahn.....
das Kind im Manne ist sein Hobby
man sollte es ihn nur ausleben lassen....
dann ist er recht friedlich....
Texte: Text & Bilder @ Angelface
Tag der Veröffentlichung: 07.04.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
allen die ein Hobby pflegen