Ein Stückchen Weg...
Alles kann, nichts muss, Möglichkeiten....
Jeder Weg hat einen Anfang, muss er immer ein Ziel und ein Ende haben...?
Auf unseren Wegen begegnen wir Menschen, laufen vielleicht ein Stückweit zu Zweit und trennen uns dann wieder, wenn wir nicht beschließen aus irgendwelchen Gründen zusammenzubleiben...
Nachbarschaften können verbinden, sogar zu Freunden werden, müssen es nicht zwangsläufig, können es aber....
„ Hast du mal eine Tasse voll, mir ist der Zucker eben ausgegangen“....
Irgendwie hält man zusammen, gegen den Rest der Welt.
Ich schaue aus dem Fenster und ein wenig Trauer erfasst mich...
Acht Jahre lang kannte ich sie....
Meine Nachbarin.....
Und nun zieht sie weg....
Allein das Gefühl „ unter dir wohnt noch jemand“ , ist die Gewissheit „ wenn etwas wäre, dann könntest du, könnte man....“
Vier Hunde auf dem Hof, direkt unter deinem Fenster und jeden Morgen der freundliche Blick zu ihnen,
ein freundliches schwanzwedeln und ein fröhliches“ Blaff, kommst du schmusen“, das hat etwas besonderes im Bewusstsein....
Abends wenn der Wind die Vorhänge ins Zimmer wirft, weht gleichzeitig ein grauer Schatten mit durch die Tür, er flitzt zum Katzennapf und bedient sich mal schnell....
dann spielt er ein viertel Stündchen mit meinen Vierbeinern im Wohn und Schlafzimmer und saust dann eilig wieder durch den Flur, „ heim muss, will ich“.....
Diese wunderschöne graue Langhaarkatze, die uns so oft beglückte...
heute, hörte ich, er ist weg, in den Wirren und dem Chaos des Umzugs entlaufen, er wollte wohl zurück in die alte Wohnung, ob er die und mich wieder findet, über 6 Km quer über die Landstraßen und durch den ihm unbekannten Wald?
Tasso sucht....
Mikesch wo bist du???
..... ich hab dir ein Bett auf dem Balkon gebaut, für den Fall, dass ich dich nicht gleich sehe, dort ist es zumindest trocken, wenn auch nicht warm, melde dich, miaue...wie du es immer getan hast..
Merlin hat nach anfänglichem Zögern, dem Drum herum streifen auf dem Hof und gemeinschaftlichem Gräser auf der Wiese zählen, gemeinsam die Zeitung am Straßenrand lesen - irgendwann Freundschaft mit ihm geschlossen, obwohl ich erst dachte, „ na, - auch ein Kater, wird das gut gehen“?
Aber die Katzen scheren sich nicht um deine Meinung, sie suchen sich die Freunde da, wo sie es wollen, richtig, sie tun gut daran, nur sie können wissen, wer zu ihnen passt!....
Selbst meinen schwarzen Kasimir, der sonst so zurückhaltend ist - sah ich oft auf dem Hof. Zu seiner Rechten links in der Ecke Sascha den Schwarzen, über das grüne hohe Gatter sprang Mikesch der Graue, es gab ein freundlich respektvolles Begrüßungsküsschen und ab ging es gemeinsam in die Wiese ....
Lange lagen sie dort oft in der Nachmittagsonne und verschliefen gemeinsam die Tage..
Oder der schwarze Scheue kam abends , saß vor der Balkontür und miaute um Einlass......er bekam ihn natürlich...
Auch das nicht mehr.....
Was werden meine Katzen sagen, wenn sie die fröhlichen Gesellen, mit denen sie durch die Wiese tobten, nicht mehr sehen und riechen können....
Eben noch hatte ich eine anklagende Stimme in meinem Rücken,
aus dem Katzenkorb kam ein ärgerliches Stimmchen
" was machst du mit mir“?.....als ich Mikesch, - den grauen Kater im Körbchen im Wagen in das neue Haus kutschierte.
Den schwarzen Sascha mit den schönen glutvollen Augen hatte meine Nachbarin schon vor Stunden dort abgeliefert, da saß er dann ganz verstört, kopfschüttelnd, was das denn sollte....
Heute Nacht müssen sie alleine in einem Zimmer bleiben, eine Strafe für Katzen, die es gewohnt sind raus und rein zu flitzen, wann und so oft sie es wollen und die Nächte oft im Draußen verbringen....
Unter den Sternen, dem Vollmond, zwischen Büschen und Gräsern...
Gemeinschaft mit Reh, Hase und Igel...
Auch das erst einmal, vorbei für sie.
Erst wird sich eingewöhnt und dann, " schaun wir mal, was weiter wird“...
Mikesch, der wunderschöne Rassekater mit dem eigenwilligen Gemüt - der uns abhanden gekommen ist...
Kater, Kater, wo bist du nur? Wir machen uns Sorgen.
Unten im Wohnzimmer, im neuen Haus mit den schönen neuen Holzböden mümmelt indessen Meister Hase im Hasenkäfig zwischen warmen Heuballen vor sich hin, an der Wand stehen die Piepmätze und kreischen in ihrem Käfig auf der Stange empört „ was sollen wir hier, ist sonst keiner da?“
So ein Umzug mit vielen Tieren ist eine Herausforderung, vor allem dann, wenn man damit alleine ist....
Vieles muss bedacht werden, keiner soll Schaden dabei erleiden...
Und Stress ist es für die Tiere immer, auch wenn sie gerne beim einpacken helfen....
So ein Abschied spielt sich im Kopf ab,
es spielt sich immer alles im Kopf ab, dann, ehe es in die Realität transportiert wird...
wahrscheinlich, ja fast sicher wird man sich bald aus den Augen verlieren, die Beteuerung,“ es ist ja nicht weit weg“, wird sich im neuen Alltag verflüchtigen, vielleicht noch ein Anruf oder zwei „ wie hast du dich eingelebt „ und irgendwann baut man sich ein anderes, neues Leben auf, das ist normal...
Erinnerungen bleiben...
An den Sommer im Hof und auf dem Balkon, Gespräche unterm Gartenschirm, Grillabende, Spaziergänge mit den Hunden, dreckige Hosen wenn sie an einem hochsprangen, natürlich immer dann, wenn man gerade „ was Gutes an hatte“, die Fahrt zum Tierfriedhof, wo man die, die man verlor, gemeinsam bettete,
Späte Nachtgänge im Schnee, blinkende Taschenlampen damit man den Weg zurückfand, der abendliche Blick zum Himmel, man sah den Flug der Kraniche am Himmel im November gegen Süden ziehen, im Frühling wiederkommen - Gemeinsamkeiten, die man hatte, und wenn es nur ein Blick am Gartenzaun war........“ hast du mal Zeit eben?“
Für eine Zeit....
Nichts bleibt, alles fließt, verändert sich...
Wie soll ich Merlin, Kasimir und Mimi erklären wo ihre vierbeinigen Freunde sind?
Dass sie nun alleine an den Gräsern schnuppern werden, kein Hund mehr hinter ihnen herjagt. Sie kein gemeinsames Schläfchen mehr unter den Büschen halten werden?
Katzen kann man nichts erklären, sie werden es merken, sie eine Weile vermissen, sie vielleicht sogar suchen....
Ich werde abends, bevor ich ins Bett gehe, aus dem Fenster schaun, kein Licht brennt mehr auf der Treppe, kein Bellen vor der Tür, kein Gute Nacht Gruß von Tür zu Tür....
es wird einfach anders sein...
Umzugstag.....
Heute morgen erwachte ich, völlig zerzaust mit wirren Gedanken im Kopf, ging auf den noch mondbeschienenen Balkon und überlegte mir, was kann ich ihr nur mitgeben, eine kleine Erinnerung
an mich und die lange Zeit hier...
13 Jahre wohnte sie hier......
der Wind, gut, der weht auch woanders....
den wird sie mitnehmen, auch wenn er dort ein anderer ist...
nun nicht mehr oben auf sondern mittendrin, durch Häuser und Dächer abgeflacht....
die Landschaft?
die wird sie wohl in Erinnerung behalten, irgendwie....eine Zeitlang....lange genug hatte sie diese vor dem Fenster gesehen....
aber vielleicht die Morgenbilder, die hier so einmalig schön sind..
als hätte Petrus mitgedacht, der Bauer gemerkt sie zieht weg - haben beide ihr ein Morgengeschenk gemacht........
die Kühe, die vordem immer weit weg auf anderen Wiesen waren, die hat er uns direkt vors Fenster gestellt, jetzt fehlte nur noch, dass ein Kälbchen frisch geboren wird....
der Morgen geht langsam rotgolden auf.....
während die Kühe friedlich grasen....
und ich gehe hinaus und knipse ihr den Himmel - den sie so, wohl niemehr so sehen wird...
Irgendwie traurig wenn man bedenkt was man alles in dieser Zeit mitgemacht hat...
Man sah, wie man sich gleichzeitig veränderte und nun verändert man sich voneinander weg.
Möglichkeiten, die man hatte, nutzte oder nicht nutzte, Gemeinsamkeiten, Abschied, ja, den hat man immer gemeinsam.....
Und vielleicht fragt man sich ja, „ was wird aus dem Anderen?“ während der Tag über den Hügeln aufgeht.....
so gebe ich dir als letztes Wort einen Gedanken mit...
wie flüssiges Gold breitet jeder Abend seine Schönheit vor dir aus,
nimm ihn mit und erinnre dich an ihn....
D a n a c h.......
Belastungen
Als meine Nachbarin Bille auszog, war sie mit den Umzugsmännern allein. Selbst nicht ganz gesund,
kam eine Welle der Belastung auf sie zu. Hunde, Katzen, Vögel und ein Hase zogen mit um. Jeder Umzug ist eine gravierende Veränderung, bringt Mensch und Tier erst einmal durcheinander und fordert alle physische und psychische Kraft. Alles was dir bisher vertraut war, ist plötzlich von einem Tag auf den anderen weg und du stehst vor einem totalen Neuaufbau.
Wieso hilfst du, du kennst sie doch kaum
, werde ich gefragt.
Dies nicht nur einmal und von mehreren Menschen.
Die Frage erschüttert mich, denn sie zeigt mir nur allzu deutlich, wie egoistisch, ichbezogen und egozentrisch die Menschen geworden sind.
Muss man einen Menschen wirklich " kennen" , um ihm zu helfen? – ist meine Gegenfrage und ich sehe in ungläubige, sehr verständnislose Gesichter.
Als einer älteren alleinstehenden Dame mit Hund und Katze das Haus über dem Kopf abbrannte, habe ich sie ganz spontan für eine Weile in meinem Haushalt aufgenommen,
so lange
, bis sie selbst wieder für sich sorgen konnte. Der Brandherd war ein defekter Wasserkocher der implodierte während sie im Schwimmbad war. Ein Glück, hatte sie eine Hundeklappe, durch die sich Hund und Katze ins Freie retten konnten. Das Haus brannte völlig aus. Das sind kurz und bündig erzählt die faktischen Tatsachen.
Nein, ich kannte sie nicht. Ich wusste nur, dass sie in meiner verlängerten Straße wohnte.
Mir wurde erzählt, dass sie schon Dreißig Jahre hier wohnte, wir kamen nur bei Spaziergängen zu einem flüchtigen Gruß von Straßenseite zu Straßenseite.
Als ich sie später einmal beim gemeinsamen Frühstück fragte, warum sie nicht einer der unmittelbaren Nachbarn aufgenommen hatte, sagte sie mir, sie hätte nachgefragt und wäre mit verlegenen Antworten und niedergeschlagenen Augen mit:“ man hätte keinen Platz“, abgespeist worden..
Das ist jetzt über zwei Jahre her.
Heute ist das Haus wieder aufgestockt und aufgebaut worden, ist entzückend eingerichtet, leuchtet in voller Pracht vor sich hin.
aber auch sie fragte mich das.
" Denk bitte mal darüber nach, was du eben gesagt hast" ,
ging mir dabei durch den Kopf..
Vielleicht versetze ich mich nur in ihre Lage, sowohl in die der Nachbarin, als auch in die der älteren Dame.
Vielleicht versetze ich mich instinktiv aus dem Bauch unbewusst in die Lage der Frauen, die im Krieg hier in Deutschland damals und heute überall in der Welt ausgebombt wurden und werden.
Die mit Nichts anderem in der Hand als weinenden verwirrten Kindern an der Seite plötzlich auf der Straße standen und stehen.
Allein, mit Tieren, für die man die Verantwortung trägt, mitten im Chaos, verwirrt und im ersten Moment ohne vernünftigen Plan wie es weitergeht.
Wer da nicht hilft, hat kein Herz und kein Mitgefühl.
Mir stockt der Gedanke im Hirn und ich überlege, ob die Menschen, die mich das fragen selbst je einmal in ihrem Leben in der Not waren, andere um Hilfe bitten zu müssen. Ob sie in ablehnende Gesichter blicken mussten und ein Nein entgegengeknallt bekamen.
Ein Nein der Gedankenlosigkeit und des Desinteresses.
Heutzutage spenden die Menschen in Deutschland und anderswo.
Bei Wohltätigkeitsveranstaltungen leuchten die Namen im Fernsehen eingeblendet am unteren Bildrand in Laufzeilen:
Zehn Euro für den Tierschutz, Hundert Euro für die Armen in Afrika oder Afghanistan
Aber wenn ein Mensch in unmittelbarer Nähe, sofort und gleich, unbürokratisch und schnell Hilfe braucht, aktive Hilfe, ohne lange zu überlegen benötigt wird, was geschieht dann?
....... Wenn dann ein Nein kommt , ein:“ Nein, ich hab keine Zeit, keinen Platz, zuviel zu tun, ich halt mich da raus, das geht mich nichts an“, dann fasse ich es oft nicht.
Hilft man wirklich nur dann, wenn man eine Spendenquittung zum Absetzen bekommt, oder wenn man als Helfer danach in einem kurzen und lobenden Bericht in der Zeitung erscheint?
Wo bleibt da die ( Mit) - Menschlichkeit?
Vielleicht wird die ja geweckt, wenn man sich selbst in der Lage der betreffenden Person versetzt und denkt: “ das bist du und du brauchst diese Hilfe, die du jetzt dem anderen versagst.“
Dass das Leben aber nicht mit einem Umzug beendet ist, sondern im Gegenteil jetzt erst anfängt, soll die Fortsetzung
der Geschichte zeigen....
In dem Ort, den sich meine Nachbarin als zukünftigen Lebensort ausgesucht hat, traumt und steht der alte Ortskern in dem sie nun wohnt, unter Denkmalschutz. Das heißt, er darf weder abgerissen noch baulich verändert werden.
Als ich beim Einzug mithalf und auf die Hunde aufpasste war ich mit ihnen im Garten, der unmittelbar an das Haus angrenzt. Er ist lang geschnitten, besteht nur aus einer verwilderten Rasenfläche, wird an einem Ende von einem hohen grünen scheunenmäßigen Eingangstor umschlossen, am anderen Ende von einem wunderschönen alten Mauerdurchbruch der sehr verfallen ist, sicher aber wunderbar aussehen wird, wenn man im Frühling Rosen an ihm empor ranken lässt..
Die gegenüberliegende Seite vom Haus ist eine meterhohe Mauer. Alte riesengroße Quadersteine liegen verträumt schon seit 1914 darin und schlafen zwischen Moos und wildem Gras einen langen Dornröschenschlaf. Ein Teil davon ist eingestürzt, und liegt davor im Inneren des Gartens, sodass es einen Durchschlupf für die Hunde bieten würde. Ein Sprung darüber und sie würden sich auf der Hauptstraße, die sich quer durch den Ort zieht, befinden.
Mein erster Gedanke war, erst mal einzäunen, damit nicht die Gefahr besteht, dass sie abhauen. Aber das darf man nicht, das sagte uns gleich der Ortsvorsteher, der sofort nachsah, wer hier einzog. " Die Mauer, die müssen sie wieder aufbauen, wenn sie das Grundstück hundesicher machen wollen" waren die ersten Worte, die er uns vor die Füße warf.
Da überlegte ich mir, wie ziehen wir um Gottes Willen alleine als Frau mit unseren geringen Kräften diese Quadersteine in die Höhe. Dass es unmöglich war dies alleine zu bewältigen, merkten wir schon, als wir kleinere Steine lose auf die Mauer übereinander schichteten. Ich fragte einen Bekannten, von dem ich wusste, dass er das auch beruflich macht und bat um Rat oder seine Mithilfe.
" Keine Zeit, ich hab viel zuviel zu tun" sagte er mir.
" Wie bitte" fragte ich, Du siehst ruhig zu, dass sich eine Frau alleine damit abquält Kisten zu schleppen, Schränke anzudübeln und aufzubauen, aber nun, da ich dich bitte, uns zu helfen, weil wir unmöglich eine ganze Mauer allein hochziehen können, versagst du uns deine Hilfe, das kann doch wohl nicht sein".
Ich frage mich: muss man wirklich erst auf Knien kriechen, bitte, bitte machen oder sich gar prostituieren um die Hilfsbereitschaft eine Mannes zu wecken, wenn schon das Geld nicht lockt? Das glaube ich jetzt nicht.
Langer Rede kurzer Sinn,
wir besorgten vier 40 kg schwere Zementsäcke aus dem nächsten Baumarkt und er half, nachdem ich zum ersten Mal in meinem Leben Mörtel dazu angerührt hatte.
Er tat es, er tat es um meinetwillen, weil ich so schön bitten konnte, vielleicht auch weil ich blond bin und er ein Auge auf mich geworfen hat, was ich schon an sich schlimm finde, wenn man seine eigene Attraktivität dazu benutzen und in die Waagschale werfen muss um andere zu etwas zu überreden, was eigentlich selbstverständlich sein sollte.
Aber ich fühlte mich nicht gut dabei.
Heute steht die Mauer, klobig wie eine kleine Trutzburg sieht sie mich an, und während die Hunde fröhlich im Garten herumtoben ist sie für mich ein Mahnmal dessen geworden, was man alles für ein wenig Hilfe tun muss.
Im Sommer werde ich bunte Blumen auf ihr pflanzen, als wäre es ein Grab unter dem meine Illusionen liegen.
Dichter Schnee
Jetzt aber ist erst einmal dicker Winter bei uns hier oben eingekehrt.
Ich meine nicht diese paar grauweißen Zentimeter auf den Gehsteigen von denen die Städter erzählen,
.......nicht die aufgeworfenen Schneereste, die man schnell mal beiseite schiebt, den Matsch auf den Straßen, durch die die Autos fahren. Plitsch, platsch....
Ich spreche von weiten unberührten Flächen, von Wegen, die man sich freischaufeln muss um auf ihnen zu gehen. So etwas kennen die Städter gar nicht.
20, 30 Zentimeter, wie viel passt auf eine Schippe - die man wegschaufeln muss, um nur zum Mülleiner zu laufen. Die Katzen gehen freiwillig nicht mehr nach Draußen, ein Zeichen für mich, dass sie im Schnee versinken würden. Schneemänner kann man bauen.
Merlin wagt sich einmal, stakst durch den hohen Schnee, rutscht auf der Katzenleiter, die dick verschneit und vereist an der Hauswand nach oben führt, aus und dreht schimpfend wieder um.
„ Nein, Mami, das ist selbst mir zuviel.“ Er rutscht mal spaßeshalber ein wenig auf dem Dach herum, aber es ist spiegelglatt und mordsgefährlich. Im Nu ist er mit nass puderigen Hosen wieder drin und schüttelt sich.“ Mama, ich setz mich lieber ans Fenster“.
Gestern Abend wunderte ich mich, dass noch ein zusätzliches Auto im Hof stand, hörte Stimmen und den Satz „ ach du meine Güte, ich kann ja nicht mehr fahren, alles dicht“. Der Gast blieb. Wir warten auf die Schneefräse.
Und wieder schneit es dichte Flocken, alles bleibt liegen und ich habe den Satz von Bille im Ohr. „ Bin ich froh, dass ich von da oben weg bin.“
Es ist wunderbar zum spazieren gehen, der Blick von innen aus dem Fenster, aus der warmen Höhle bei Kerzenschimmer und Glühwein - wunderbar ist’s diese Märchenlandschaft anzuschauen, so viel Schnee, aber zum Fahren ist es ein Graus.
Vorletztes Jahr blieb ich einmal im Straßengraben stecken, die Feuerwehr musste mich wieder herausziehen, seitdem bleibe ich bei so hohem Schnee zuhause und setze keinen Fuß in mein fahrbares Unterteil. Haben wir auch genug Vorräte, reicht das Katzenfutter?
Auf der Terrasse schaufle ich mir erst einmal den Weg zum Vogelhäuschen frei. Alles ist dick vereist.
Sie kommen nicht mehr ans Futter heran, weil im Schneetreiben alles, was an Futter am Boden lag, zugedeckt wurde. Sie warten schon ringsherum auf den Ästen.....Piep, piep....Kleine Häubchen werden erwartungsvoll aufgestellt....Futter, Futter, höre ich.....
Im Nachthemd in Stiefeln stapfe ich durch die Schneewehen. Die Schaufel kratzt in der Stille.
Ich denke an die Mauer, die wir im fremden Garten aufgebaut haben. Ein Glück steht sie.
Ich denke aber auch an Mikesch, der vielleicht immer noch draußen umher irrt.
Sein Unterstand auf meiner Terrasse ist dick mit Schnee bedeckt. Sind da nicht Katzenspuren bis an die Tür? War er etwa doch Nachts da? Ich räume die Stelle rundherum vom Einschlupf frei, fege mit der Schippe. Abends leuchte ich an die Hundert Mal mit der Taschenlampe umher, rufe.....
Aber keine Spur liegt im frisch gefallenen Schnee.
Beim gestrigen Spaziergang den Berg herunter hörte ich, dass ein Kater vor 2 Tagen gesichtet wurde, der es der Beschreibung nach, sein könnte. Meine Hoffnung steigt wieder. Flammt erneut auf.
In meinem Rücken zanken sich die Katzen. Merlin jagt Mimi durch die Wohnung. Er ist unausgelastet, ärgert sich, dass er nicht raus kann.
Immer wieder versucht er es, kehrt reumütig zurück.
Und dann versucht er es doch , vom geöffneten Schlafzimmerfenster aus, sehe ich nur noch wackelnde Hosen, er dreht sich nicht mal um, schlägt sich in die Schneebüsche und sucht wahrscheinlich seinen Freund.
ich sehe nur noch seinen Schatten....
Dieses ewige ans Fenster gehen und hinausschauen ob nicht doch irgendwo ein grauer Schatten auftaucht, geht mir tierisch auf die Nerven. Mikesch ist mein letzter Gedanke am Abend, mein erster am Morgen, wenn ich nicht auch noch nachts an die Balkontür laufe, die Taschenlampe nehme, damit hinausleuchte, ist da eine Spur vor ihr?
Ich schnappe mir meine Stiefel, die Mütze, den Mantel, stecke meine Finger in die Fäustlinge und gehe die Schafe besuchen.
Ein wenig traurig stehen sie in den Schneepfützen herum.
Die trockenen Brötchen nehmen sie gerne an. Dann wird am mageren Heu herumgeknabbert.
Ich verlasse den Hof und laufe zum Grillplatz, in der Hoffnung, dort könnte er sein. Ob er sich vielleicht dort verkrochen hat, weil ich ihn oben, hinter der geschlossenen Tür, nicht hörte?
Dort gibt es Unterschlupf, sogar alte Decken auf den abgestellten Gartenmöbeln.
Aber ich sehe nichts. Nur die Spuren der Rehe im Unterholz . All mein Rufen ist vergebens. Enttäuscht wandere ich wieder nach Hause, blind für all die Schneeschönheit um mich herum.
..... Genauso blind wie sie, die ihn auch, wenn auch an einem anderen Ort sucht.
Ich werde nicht ruhig werden, bis wir ihn, so oder so, gefunden haben.
Schneebilder vom Steinerberg
zeigen.........
eben Schnee in Hessen wie jedes Jahr......
wir sind's gewohnt.....
@ Angelface
Texte: Alle Texte liegen bei der Autorin
Tag der Veröffentlichung: 11.11.2008
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
für Sybill zum Abschied