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Heute ist Freitag, der große Tag der Kleinanzeigen.
Normalerweise bleiben meine Augen ja erst an den politischen Nachrichten hängen.
Ins rote Kästchen gerückt, fein umrandet sind sie dazu da, den Leser zu informieren, was es so an Neuem in der Welt gibt.
Eine Tageszeitung ist was Feines, man kann sich die Glotze sparen und weiß dennoch alles, was in der Welt vor sich geht.

Nachdem Fischer nun zum Xten Mal wieder den Status des „ ich bin nunmal der Beliebteste im Land “ erreicht hat, wandern meine Augen auf die gängigen aktuellen Dorfnachrichten.
Interessant, was es am Wochenende alles gibt.
Da werden die Inlineskater aufgefordert, den samstäglichen Rundlauf zu starten, Kirmes ist am See in der Nähe, ein neues Heimatmuseum hat eröffnet und bittet um viele Besucherzahlen.
Alle Flohmarkttermine sind aufgelistet und vieles mehr steht da, was mich überhaupt nicht interessiert.

Nachdem ich die Zeitung eher flüchtig nach Wohnungssuchenden und Bietenden durchgesehen hatte, bleibt mein Blick erst auf den kulturellen Anzeigen haften, findet nichts, was mich im Moment interessiert, und bleibt dann auf den Anzeigen hängen, die ich noch nicht kenne.

Natürlich weiß ich, dass das Internet voll ist von Partnerschaftssuchenden. Auf jeder Seite schreit es einem ja entgegen.
Wo lernen sich sonst die Menschen kennen?
Normalerweise doch im Urlaub, im Firmenbetrieb, in der Kneipe, im Supermarkt an der Ecke, im Schwimmbad oder an anderen öffentlichen Orten.
Auch mal im Kino oder Theater. Selbst auf der Straße ist es möglich, dass er sie - oder sie ihn trifft.
Das Glück, Schicksal oder der Zufall schlägt überall zu, oder lässt es eben bleiben.



Doch dass die Tageszeitung nun einen Großteil ihrer Werbung auch darauf ausdehnt, das war mir bisher unbekannt.

Es ist doch wirklich erstaunlich, wie viele Menschen den Wunsch haben, sich etwas zu gönnen, was sonst unerfüllbar erscheint. Sie suchen den Idealpartner.
Groß soll er sein, schlank wünscht er sich die unbekannte Sie, sie haben feste Vorstellungen im Kopf.

Artikulieren können sie sich auch, sieh an, es scheint eine regelrechte Volkssportkrankheit zu sein, die in den Tageszeitungen wie eine Seuche ausbricht.

Eher amüsiert streift mein Blick die eine oder andere Anzeige, die besagt, dass es durchaus auch in hessischen Gemeinden - außer den üblichen 0190ziger Nummern, die Haufenweise vertreten sind, genügend braungetönte Lolitas um die 16 gibt.

Auch jede Menge betagter Hausfrauen, die Gespielen suchen, dabei allerhöchste Diskretion versprechen und , ........och Gottchen, eine feurige schwarzhaarige Domina, die ihre Dienste anbietet. " Ich bin schon etwas älter und ein wenig fett, kann aber noch gut draufschlagen" , heißt es.
Wer möcht 'denn das?

Eine ganze Seite steht davon voll, nie hätte ich gedacht, dass sich so ein Interesse an diesem Thema entwickelt, die Welt muss doch tatsächlich voller einsamer, nach Liebe hungernder Singles sein.

Oder haben da doch nur unbefriedigte Hausfrauen oder gelangweilte Ehemänner das Bedürfnis und die Absicht sich dort gründlich auszutoben?

Dann bleibt mein Blick an

„ von Privat an Privat“ hängen.

Juiii, was steht denn da?…“ Sie sucht ihn“ und „ Er sucht Sie“ – wie schön, da suchen sich welche.

Und wozu? Da lese ich doch gerne mal rein, denn ich hab Zeit. Es macht eine Menge Spaß darin herumzustöbern, auf der Spalte war ich ja noch nie!!!
Bestimmt hab ich was Aufsehenderregendes verpaßt.
Na, schaun wir mal rein...

Ach du meine Güte!
Mit welchen Formulierungen sich die armen Einsamen da anpreisen.
Obwohl, Ideenreichtum beweisen sie...

Ich bin Poet, möchtest du mit mir dichten, kuscheln und mich warm halten, mir ist so kalt ohne dich - steht da....
mit passendem Bild



oder
Ich habe vier Kinder, möchtest du sie mit mir großziehen, ich schenk dir dafür mein Haus....

Mit einem Herzenswunsch meldet sich einer:
„ hallo, hier bin ich, (D) ein Mann in den allerbesten Jahren“ , und in Klammern gesetzt ( über Ende 50) ich suche liebe Schmusekatze für Schmusekater. Ich beiße und kratze nicht, nur bei Dunkelheit, bin zahm und lammfromm, bringe auch Haus und Hof mit, bitte nimm mich, habe Auto".

In einer anderen Zeile sucht ein Tattergreis – nur ein klein wenig über die 90, ( das steht da, ehrlich ) eine
( Dame ) um die 20.
Da fragt sich der Leser natürlich unwillkürlich, was will er mit der?
Er muss wohl sehr einsam sein, oder vielleicht sucht er jemanden, der mit ihm zusammen eine lange Reise startet, auf denen langweilt sich Mann Ende 50 und mehr, denn die jungen Dinger in Frankreich, China, Indien und Absurdistan werden wohl kaum auf ihn fliegen, außer, er klimpert mit so viel Kleingeld in der Jackentasche, dass er ein halbes Hotel damit frei halten kann.
Lassen wir ihm also seine Freude, vielleicht wird er ja fündig.
Allerdings schreibt er noch dazu, er hätte eine große Enttäuschung hinter sich, deshalb sucht er eine
„ unkomplizierte“.
Aha, - daher der Wunsch nach einer knapp 20 jährigen, ob die allerdings alle so unkompliziert sind, wie er sie sich vorstellt, wäre die nächste Frage…

„ Warm und gutherzig“ schildern sich die Mannen mit soviel Vorzügen, dass man sie hier nicht alle aufzählen könnte, ohne das Zeitungsblatt zu sprengen.
Warum suchen sie eigentlich einen Rock, frage ich mich, wenn sie so aus der Rolle eines gewöhnlichen Erdenbürgers fallen, hat die etwa noch keiner entdeckt? Die Welt ist doch voll von Röcken, die alleine herumwedeln.





Aber nicht nur Männerhosen suchen, auch Berockte strecken ihre hungrigen Fingerchen nach einem passenden Gefährten aus.
Den Einen will man zum Spielen, den Anderen zum Spazieren gehen und wandern, mit dem dritten will man ins Kino..... u.s.w.
Alle aber haben sie eines gemeinsam
Sie suchen .....
Sie suchen eine gemeinsame Zukunft, - wie die wohl aussehen mag?
Ob man die gerade in einer Zeitung findet?
Wer weiß!

Bei den Männern jedenfalls fiel mir eines auf....
Bei all den hervorstechenden Eigenschaften wie
„ gutes Aussehen fast wie Di Caprio“ ( ist der nicht erst Ende 20, oder 30?), könnte man fast meinen, platzt die Zeitung vor muskulösen und gut aussehenden Supermännern, die sämtlich ohne Fehl und Tadel sind, fast aus allen Nähten.

Wenn ich allerdings lese“ NR, NT, über 59 jähriger – internationaler Kaufmann - etwas konservativ - aber noch verhr., dabei viel auf Reisen - sucht Frau für sexuelle Frivolitäten“, dann bleibt mehr als nur ein leises Schmunzeln auf meiner Oberlippe haften.

Wie wärs? Sollte ich vielleicht an die Chiffreabteilung schreiben, um zu sehen, wer oder was was dahinter steckt?

Auch Frau will schließlich mal ab und zu was zum Totlachen haben.
Fazit: Man sollte viel öfter in die Kleinanzeigen schauen, da gibt’s viel zum Schmunzeln..


P.S.
Natürlich war es eine alte Zeitung, Fischer ist längst nicht mehr der Beliebteste, weil er nichts mehr zu sagen hat und auch sonst hat sich einiges geändert, als zu dem Zeitpunkt, als die Geschichte entstanden ist.
Aber auch in den heutigen Zeitungen finde ich Werbung, Werbung und nochmal Werbung...
Für Singles, Hausfrauen, zum Einkaufen und Suchende....Arbeitssuchende, Partnersuchende...ach eben für Jeden der sucht, das Passende.

Impressum

Texte: Alle Texte by Angelface die Zeitungsanzeigen wurden dem Giessener Anzeiger entnommen
Tag der Veröffentlichung: 08.10.2008

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für alle Suchenden, ich weiß jetzt, wo man findet.

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