"Run"
-Prolog-
Ich rannte. Ich rannte so schnell ich konnte um mein Leben, doch ich wusste, es war vergeblich. Sie würden uns alle kriegen! Ich war die kleinste von uns 14 Superminisoldaten, was zwar nicht unbedingt hieß, dass ich die schwächste war, aber ich war eben die jüngste. Die anderen hatten weit mehr Erfahrung. Der Wind blies mir kalt um die Ohren, als ich barfuß durch den tiefen Schnee rannte. Heftiger Atem links und rechts neben mir.Ich war nicht allein.
Wir rannten durch den Schnee.
Ich stolperte und hörte das knurrende Geräusch der Maschinen, auf denen sie uns folgten, weil sie noch lange nicht schnell genug waren um uns einzuholen.
Zack führte uns an, und brachte uns alle zum Anhalten, gab uns Anweisungen, schickte uns immer zu zweit los. Max und Tinga, Ben und Syl, Krit, Zane und Brin, Jayce, Nicky und mich.
Eva hatte es nicht geschafft. Sie hatten sie erschossen ohne dabei mit der Wimper zu zucken. genau wie Jack, denn das Zittern beinahe umgebracht hatte woraufhin sie ihn einkassiert hatten.
Ich war halb erfroren und aus einer Wunde an meinem Arm lief Blut. Zack sah mich an und Sorge spiegelte sich in ihnen wieder. Ich war klein. Sehr klein für meine 9 Jahre. Er war 12, genau wie die meisten Anderen. Ich hatte eine Zwillingsschwester, Nicky. und sie war genau das Gegenteil von mir: mutig diszipliniert und durchsetzungsfähig.
Als sie Zacks Gesichtsausdruck bemerkte, packte sie mich an der Schulter. "Wir schaffen das schon Kleine, alles wird gut!" Und dann liefen wir weiter.
"when the Night"
-1-
"Bestellung an Tisch 17! Ruby, Beweg deinen hübschen Arsch!" Genervt hob ich den Kopf und warf meinem Boss einen vernichtenden Blick zu. Sein Name war Anthony und er ließ nur hübsche Mädchen in seinem "Club" arbeiten, was er sehr oft betonte. Er hatte mich einmal angefasst, woraufhin ich ihm beinahe die Nase gebrochen hatte, aber er konnte es sich nicht leisten, mich oder Nicky zu feuern.
Dieser Abklatsch einer friedlicheren Welt, der nur von 20:00 bis 06:00 Uhr geöffnet hatte, war weder ein Stripclub noch eine Bar. Aber sie hatte ein bisschen was von beidem. Nicky und ich tanzten hier manchmal an der Stange, aber niemals privat. Wir brauchten das Geld zwar, aber wir hatten auch unseren Stolz und als Nutten wollten wir nun wirklich nicht bekannt werden.
Seit dem großen Knall 2009, kurz nachdem wir aus Manticore geflohen waren, ging es mit Amerikas Wirtschaft den Bach herunter. Es galt "treten oder getreten werden", ganz einfach und im Treten waren wir beide nicht schlecht. Wir hatten schon so manche Kerle krankenhausreif geschlagen, die sich an uns vergreifen wollten. Und genau deswegen waren wir wichtig für Anthony.
"Ich komme schon!" rief ich locker und ließ mir mal wieder nichts anmerken. Nicky war noch nicht aufgetaucht, deswegen musste ich ihre Arbeit übernehmen. Es war schon kurz vor halb zehn und ich war fast alleine mit zwei anderen, "ganz normalen" Mädels. Wo blieb sie nur? Sie hatte da vor kurzem einen Kerl kennengelernt, mit dem sie sich blendend verstand und der anscheinend echt was für sie übrig hatte.
Von uns beiden war ich definitiv die Vorsichtigere. Ich ließ die Männer regelmäßig abblitzen. Keiner traf auch nur ansatzweise meinen Geschmack. Bei Nicky war das anders. Sie flirtete für ihr Leben gern und wechselte ihren Lover so oft wie ich meine Kleider. Mich störte es nicht, so lange sie den Kerl nicht mit zu uns nach Hause brachte. Wir wohnten in einer verlassenen Wohnung über einem Kino und wir wollten auf keinen Fall dort ausziehen.
Der DJ legte eben eine neue Platte mit "fetziger" Musik auf, da hörte ich sie kommen. Eine Gruppe von 5 bis 10 Männern, alle in relativ guten Klamotten, und gepflegten Aussehen. Sie machten ziemlich viel Lärm, was darauf hinwies, dass sie Aufmerksamkeit brauchten wie Motten das Licht. Reiche Bubis! Wie ich sie verabscheute. Sie glaubten sie seien was Besseres nur weil sie nicht in Rattenlöchern hausen mussten wie der Großteil der amerikanischen Bevölkerung... Mit ihnen wurde der Club nun doch voller als an den meisten Abenden, was auch daran liegen konnte, dass es Freitagabend war.
Ich ließ mir meine Abscheu nicht anmerken und lief zu ihnen an den Tisch. „Guten Abend. Was kann ich Ihnen bringen?" fragte ich höflich, jedoch ohne ein Lächeln auf den Lippen. "Wow also da gibt es einiges Schätzchen." sagte ein Mann mit pechschwarzem Haar, das er glatt nach hinten gegeelt hatte. Widerlich! Ich hielt meinen kleinen Schreibblock in der Hand, nahm ihre Bestellungen auf und ignorierte ihre anzüglichen Bemerkungen.
Mal wieder ärgerte es mich, dass Nicky sich bei der Uniformwahl durchgesetzt hatte. Ich stand nicht besonders auf Strass Steinchen und knappe Röcke, die nur das Nötigste verhüllten. Außerdem gingen mir High Heels gewaltig auf die Nerven. Doch bei den Kunden kam das gut an und Sex sells.
Kurz nachdem ich die Kunden bedient und ihnen geschickt ausgewichen war, wie sie versuchten meinen Arsch zu begrapschen, kam Nicky die Treppe herunter, gefolgt von einem gutaussehenden Mann, ich schätzte ihn Anfang 20. Er war blond, groß und muskulös, athletische Figur. Wirklich nicht schlecht. Aber da war etwas in der Art, wie sie ihn ansah. So sah sie nicht ihre Lover an. und der Blick, mit dem er sie fixierte war besitzergreifen und beschützend. Wie ein Bruder.
"Na Schätzchen, hast du nach Dienstschluss noch was vor, oder willst du dir jetzt gleich was dazu verdienen?" riss mich plötzlich eine männliche Stimme zurück in die Realität und ich spürte die Wärme einer Hand auf meinem Hintern.
Ich spürte förmlich wie die Luft anfing zu knistern, die Musik setzte aus und alle starrten uns an, jeder der Stammgäste wusste, dass man von mir besser die Finger ließ und ich war fassungslos über die Geste dieses Typen.
Ich spürte den Zorn tief in mir drin den kalten Hass der auf mich übergriff und meine Bewegungen kontrollierte.
<Ganz ruhig. Nicht ausrasten!> sagte ich mir selbst und zischte dann: "Nehmen Sie ihre Hand da weg Sir. Sofort." Meine Stimme war eiskalt und scharf wie eine Messerklinge, aber anscheinend hatte er genug Selbstvertrauen um davon auszugehen, dass sie keine Frau ihm entziehen konnte. "Komm schon. Nur ein kleiner Tanz, Mäuschen!" Das war genug. Blitzschnell schnellte meine linke Faust nach vorn und traf ihn mitten im Gesicht, während ich gleichzeitig meinen Fuß in seinen Unterleib rammte. Das alles ging sehr schnell von Statten, ohne dass das Tablett in meiner rechten Hand umkippte und er absolut keine Zeit hatte um zu reagieren. Er ging zu Boden und ich sah ihn vor Wut zitternd an. Ich hatte noch all meine Kraft zurückgenommen, denn er war ein Mensch und er hatte mich nicht töten wollen. Denn sonst wäre er jetzt menschliches Gemüse. Warum war ich heute so aggressiv?
Ich spürte Nickys Hand auf meiner Schulter. "Komm schon Kleine. Wir sind hier fertig für heute." Ich drehte mich zu ihr um. „Das nervt!" zischte ich und sie grinste. „Hab ich gesehen." Ihr Freund stand direkt hinter ihr und starrte mich fasziniert an. Ich schüttelte ihre Hand ab und lief am verzweifelten Anthony die Treppe herunter in die Umkleidekabine der Kellnerinnen.
Wütend knallte ich die Tür hinter mir zu, doch meine Schwester folgte mir trotzdem. "Komm schon Ruby, beruhige dich, als ob das das Erste Mal war, dass du angefasst wirst." Sie sah mich ein wenig spöttisch an. Ich war ziemlich wütend und versuchte mühsam meine Gefühle unter Kontrolle zu halten. „Ich hab keinen Bock mehr Nicky! Jeden Abend der Selbe Scheiß" Sie lächelte und legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. Ich hatte eine abwehrende Reaktion erwartet. Und wich ein Stück von ihr zurück. „Wir hauen ab, Süße. Heute Nacht verschwinden wir aus Chicago!" Ich zog eine Augenbraue hoch. Sie war Diejenige gewesen, die immer hatte hier bleiben wollen. „Warte Mal! Wieso auf einmal? Was ist mit deinem neuen Freund? Schiebst du ihm einfach ab? Oder gibt er dir womöglich die Chance, abzuhauen?"
"Das ist ne lange Geschichte, kleine Schwester. Zieh dich um, wir gehen sofort." Misstrauisch zog die die Stirn in Falten. „Und wenn ich nicht gehen will?" Das war die typische Reaktion auf ihre dummen Ideen, ich lehnte es immer zuerst ab, denn meistens hatte es einen Haken.
„Dann werde ich dich zwingen müssen, Schwesterchen." sagte sie spaßhaft, woraufhin ich automatisch die Arme vor der Brust verschränkte. „Als ob du das könntest.“ Sie seufzte und warf mir meine Tasche zu, in der meine Kleider waren. „Tu es einfach." „Ist das ein Befehl, Ma'am?" Meine Stimme triefte nur so vor Spott. Heute Abend war ich einfach nicht in Form.
*Flashback*
"Das ist ein Befehl X5-601, gehorche!" Wütend starrte ich den hochgewachsenen Mann an, zu meinen Füßen lag eine Pistole. Ich konnte sie nehmen und damit auf sie schießen. Die Männer die uns gefangen hielten und uns zu braven kleinen Soldaten machen wollten. Doch heute Nacht würde das alles vorbei sein. Ich streckte meine Hand aus und da knallte plötzlich ein Schuss durch den Flur.
*Flashback Ende*
"Ruby! Bitte tu es einfach." Sagte Nicky ruhig. Ich warf einen Blick auf die Narbe an meinem Arm. Eine feine Linie, entstanden durch die Kugel, die mich hätte töten sollen. Zack hatte mich aus der Schusslinie gezogen, weil ich zu lange gezögert hatte. Sein Blick ging mir heute noch durch Mark und Bein wenn ich daran dachte. So wütend und besorgt.
Eva war meine Freundin gewesen. Ihr Tod war mir sehr nahe gegangen.
Ich streifte meinen Rock ab, ohne ein weiteres Wort und ersetzte ihn durch meine schwarze, bequeme Jeans, das Pailletten bestickte Top durch ein schwarzes Shirt, zog meine Lederjacke und meine kniehohen Stiefel an und war auch schon fertig. Und das in nur wenigen Sekunden. Sie lächelte zufrieden. „Das ist meine kleine Schwester." Ich verdrehte die Augen. „Spar dir das. verschwinden wir.“ Als wir wieder in die Bar kamen, lief im Fernsehen gerade eine Fußballsendung, die plötzlich unterbrochen wurde. „Dies ist ein Streaming -freedom Video..." Ertönte die Stimme des Typen, der als Eyes Only bekannt war. Er deckte regelmäßig Skandale auf, etc. Es interessierte mich nicht, also ignorierte ich es. Doch plötzlich hörte ich, dass er etwas über X5 sagte und dass wir enttarnt waren. Lydecker war auf dem Weg zu uns! Ein Schauer lief mir den Rücken herunter, wusste Nicky davon? Sie sah genau so überrascht aus wie ich.
Alle Menschen in der Bar sahen sich das Video an und auf einmal war es, als würden sie uns alle anstarren. So schnell wie es ging verschwanden wir über die Treppe und verließen den Club.
Ich warf einen letzten Blick über meine Schulter... wie sie in ihren abgewetzten Klamotten da saßen, Die Blicke leer und trostlos, gierig und teuflisch, traurig und mutlos. Diese Menschen waren nur noch ein schwacher Abklatsch dessen, was sie einmal gewesen waren. Sie suchten Hoffnung, wo sie niemals welche finden würden.
"you’re the Doc, Babe"
-3-
Ein weiteres Kapitel in meinem Leben lag nun hinter mir, nicht dass ich es vermissen würde... ich hasste diesen Club und die Menschen die mir jeden Tag auf die Brüste und die Beine und den Arsch starrten. Aber das würde sich niemals ändern.
Ich war nun mal eine fast perfekte Killermaschine. Schnell, Stark, Schön, intelligent und absolut tödlich.
Die Anfälle waren das Einzige, das uns ausbremste. Das Zittern war unglaublich unangenehm. Aber Nicky und ich hatten deswegen als Hauptnahrungsmittel Milch, die wir jeden Tag tranken. Sie war gesund und stärkte uns. Die Tabletten waren Mangelware, aber durch kleine Einbrüche hier und da bekamen wir immer was wir brauchten.
"Okay, wohin jetzt?" Hörte ich plötzlich die Stimme meiner Schwester, doch die Frage ging nicht an mich. "Erst Mal raus aus der Stadt und aus der Nähe der Drohnen. Sie können unsere Gesichter aufzeichnen... und er hat mich und sie gesehen!" Die Stimme von Nickys neuem Freund war sehr angenehm und kam mir irgendwie bekannt vor... Als kannte ich ihn. Er schien mich nicht zu beachten, ich stand noch immer in der Nähe der Tür zum Club, während die beiden schon ein Stück weiter gegangen waren. Sie unterhielten sich leise und ich war mir nicht mal sicher, ob ich das mit anhören sollte. „Sie haben nur Kinderfotos von uns. Die Technologie ist noch nicht so weit, dass sie das ausbauen." sagte meine Zwillingsschwester gerade ein wenig hitzig aber das war Fassade ich hörte genau ihre Unsicherheit und Verzweiflung in ihrer Stimme. „Nicky, Lydecker weiß, wie ich aussehe! Und Max! Er wird unsere Gesichter durch jedes Überwachungsprogramm dieses Landes jagen. Und wenn ihr dabei zufälligerweise mit drauf seid, wird er wissen wen er suchen muss. Wir müssen so schnell wie möglich verschwinden."
Mir stockte der Atem! Lydecker? Max? „Was zum Teufel...?" entfuhr es mir, als ich erkannte, wer der blonde gutaussehende Mann da vor mir war. Die beiden drehten sich ernst zu mir um.
„Zack!" entfuhr es mir. „Du konntest deine Zunge schon damals nur schlecht unter Kontrolle halten Ruby." spottete er leise, mit einem neckischen Grinsen auf dem Gesicht. „Oh mein Gott!" hauchte ich und dann lief ich zu ihm und umarmte ihn stürmisch. Er erwiderte meine Umarmung und ich spürte genau wie sehr er mich vermisst hatte. Genau wie ich ihn. Erst als Nicky sich räusperte ließen wir voneinander ab. „Du hast mir gefehlt. Wo warst du solange?" fragte ich lächelnd. „Hier und da." kam die knappe Antwort. „Du hast mir auch gefehlt Kleine. Um dich hatte ich die größte Angst." Ich hob eine Augenbraue.
Er hatte Angst um mich gehabt? Natürlich, er kannte mich ja nur als das verschreckte kleine Mädchen, das ein bisschen zu klein geraten und bei der Flucht aus Manticore angeschossen worden war.
„Ich bin nicht mehr klein, Zack." meinte ich ruhig, aber ich spürte die Hitze in mir wie ein Feuer. Es war beleidigend, dass er mich immer noch als das kleine Mädchen sah, das er gerettet hatte. „Naja aber besonders groß bist du auch nicht, da könnten die 8cm Absätze deiner schicken Stiefel auch nichts dran ändern!" flachste er und wich meinem Schlag geschickt aus.
„Okay ihr zwei das reicht jetzt. Wir haben hier immer noch ein Problem. Ich schlage vor wir holen erst einmal die Sachen aus unserer Wohnung und dann..." Sie brach plötzlich ab, irgendetwas hatte sie gehört. Ich sah mich verwirrt um und merkte dann, dass etwas nicht stimmte. Nur die leise Musik aus dem Club war zu hören, obwohl es auf den Straßen Chicagos eigentlich nie ganz ruhig war.
„Wir gehen! jetzt!" sagte Zack bestimmt und lief los.
Anscheinend war Nicky schon mit ihm in unserer Wohnung gewesen, denn den Weg kannte er perfekt. Als wir ankamen, packten wir alles was wir hatten in zwei mittelgroße Rucksäcke und machten uns auf den Weg zum Busbahnhof. Zack erzählte uns er habe ein Haus in Kanada gefunden, in dem wir uns alle verstecken konnten, bis wir außer Gefahr waren.
Alles ging gut, doch wir mussten sehr vorsichtig sein. Wir entdeckten häufig mehrere Soldaten, die Häuser durchsuchten und mal wieder hilflose Menschen quälten. Ich sah in ihren Augen wie sehr es Nicky schmerzte, ihnen nicht helfen zu können. Aber sie suchten nach uns. Im Auftrag Lydeckers. Sie wurden praktisch dafür bezahlt Menschen weh zu tun und Familien zu zerstören. Nur um an Informationen zu kommen. Das war so eine linke Nummer! Am liebsten würde ich Lydeckers Gesicht mit meinem Lieblingsdolch, den ich immer bei mir trug, ein kleines bisschen bearbeiten.
Ich sah mich um. Chicago war einmal eine sehr schöne Stadt gewesen. Vor langer Zeit... vor dem großen Knall.
Zack wurde langsamer und ich wäre fast in ihn rein gerannt. „Beweg dich!" zischte ich, doch er wirbelte mich herum und presste mich plötzlich an eine Wand. Aus Reflex schlug ich ihn weg, nur um kurz darauf noch fester gegen die kalte Mauer gepresst zu werden. „Hör auf!" befahl er hart und ich gab nach. Der Tonfall gefiel mit zwar nicht und machte mich noch aggressiver, aber er hatte seine Gründe. Etwas stimmte nicht. Nicky kniete in einiger Entfernung auf dem Boden und untersuchte etwas.
Und da war auch noch so ein metallisches Surren. Eine Drohne! Ich fluchte innerlich. Was genau ging da eigentlich gerade schief? Ich fixierte meinen Blick auf meine Schwester und erkannte vage das, was sie gerade untersuchte. Ein Mädchen. besser gesagt ein totes Mädchen. Eine Leiche... sie hatte langes dunkles Haar und war nicht viel älter als 10 Jahre alt, schätzte ich.
Die Todesursache konnte ich nicht genau an ihrem Körper feststellen. Da war einfach so viel Blut an ihrem Kleid.
Ich sah zu Nicky, doch ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, denn sie hatte mir den Rücken gekehrt. Sie hatte dem Mädchen die weit aufgerissenen Augen geschlossen.
Plötzlich traf ein Scheinwerfer genau auf sie. Sie hatten uns gefunden!
Ein paar Soldaten griffen Nicky ohne Vorwarnung an. Vielleicht weil sie die Leiche gefunden hatte, die sie nicht beseitigen wollten... oder weil sie zur Sperrstunde noch unterwegs war. Wie auch immer. Beides waren verdammt gute Gründe sie entweder zu verprügeln und dann ins Gefängnis zu stecken oder sie direkt tot zu prügeln wie sie es mit dem Mädchen gemacht hatten.
Allerdings hatten sie nicht damit gerechnet wie stark meine Schwester war. Sie schaltete die ersten beiden Aus, ohne auch nur aufzustehen. Ihre Kampftechniken waren einfach perfekt. Sie hatte mir einiges beigebracht aber von uns beiden war eindeutig sie die Begabtere gewesen. Lydeckers Liebling.
Zack ließ mich los und wir kamen ihr zu Hilfe, als plötzlich die Drohne direkt vor uns auftauchte. Instinktiv warf ich mir Rückwärts, was in einem Flickflack überging und ließ so die Drohne keine Sekunde lang mein Gesicht aufzeichnen, während sie Zack angriff. Schweres Geschütz rasselte laut durch die Gasse. Zack konnte gar nicht schnell genug ausweichen. Seine Reflexe schienen nicht so ausgeprägt zu sein wie meine.
Eine Kugel traf ihn an der Schulter und schmetterte ihn durch die Gegend. Ich hörte, bzw. sah es, noch während meines Fluges und stoppte unverzüglich. Während die Drohne immer näher auf ihn zu schwebte, sprang ich hoch, erwischte sie im Flug und zerschmetterte mit meinem Messer den Kamerasensor. „Und wie gut kannst du blind schießen?" hauchte ich in die Lautsprecher. "Ruby!" stöhnte Zack und mit ein paar gekonnten Stößen zerlegte ich die Drohen in ihre Einzelteile.
Dann lief ich so schnell ich konnte zu ihm, während er versuchte sich aufzurichten, womit er eher mäßigen Erfolg hatte. "Bist du okay?" fragte ich und er nickte. "Klar. Wo ist Nicky?" Ich hob den Kopf und sah, dass meine Schwester gerade den letzten der Soldaten fertig machte. Ihre Frustration und Nickys unbändige Wut über den Tod des Mädchens konnte ich am eigenen Körper spüren. "Sie kommt zurecht." Ich betrachtete die Wunde fachmännisch. "Das ist nicht der richtige Zeitpunkt um Doktor zu spielen, Rub." sagte Zack grinsend.
*Flashback*
"Das ist eine Mission, X5-601. Du verteidigst, du greifst nicht an! Gib deinen Kameraden Rückendeckung! Wenn sie verwundet werden kümmerst du dich darum!" Lydeckers Stimme war immer Teil meiner Alpträume gewesen...
Wir rannten durch den tiefen Wald, griffen unsere Gegner, die "Todeskandidaten" an, töteten sie brutal. Wir Jagden und wir töteten sie. Blut färbte den Schnee rot an der Stelle, an denen wir sie zurückließen.
Ich war aus unserer Einheit gewissermaßen der Sani. Ich half den Anderen und versorgte ihre Wunden, falls sie denn mal welche hatten. Lydecker fand, dass das die beste Position für mich war. Ich war klein und schwächer als die Anderen. Und ich hatte Herz. War weniger skrupellos.
*Flashback ende*
"Wir müssen hier so schnell wie möglich weg. Lydecker hat eine Killerdrohe auf mich angesetzt!" sagte Zack hektisch und ich gab ihm eine Ohrfeige. "Sei doch endlich mal still." Ein wenig verdutzt starrte er mich an, verzog jedoch das Gesicht vor Schmerz als ich mir die Wunde näher ansah. "Kaliber 30. Nicht schlecht für eine "Drohne"... das sind ja richtige kleine Biester." murmelte ich während ich mit meinem Messer Zacks Jacke zerschnitt, die Wunde freilegte, reinigte und schließlich verband.
"Du wirst eine ganze Weile kein Baseball mehr spielen können." sagte ich ernst, woraufhin er anfing zu lachen, aber gleich darauf aufstöhnte. Nicky kam und macht sich ein Bild von der Situation. Als sie registrierte, dass sie nichts mehr tun konnte, stützte sie Zacks gesunde Schulter und ich stützte seine Seite und wir liefen weiter.
„gone baby gone“
-4-
Die Reise nach Kanada war sehr beschwerlich und nicht gerade sehr einfach. Einerseits weil wir drei einfach zu auffällig waren um mit dem Bus zu reisen und uns deswegen ein Auto klauen mussten. Außerdem war Zacks Wunde sehr gefährlich und er wurde zusehends schwächer. Wenn ich nicht bald an gute Medikamente kam, würde er ernsthafte bleibende Schäden davontragen.
„Wie geht es Max?“ fragte ich Zack. Wir waren etwa 2 Stunden von der kanadischen Grenze entfernt und ich war furchtbar gelangweilt... Er knurrte irgendetwas Unverständliches, woraufhin ich neugierig wurde. Obwohl ich den Wagen fuhr und Nicky mit Zack auf dem Rücksitz saß, drehte ich mich zu den beiden um, Nicky sah verschlafen aus. Sie war müde, ich topfit.
„Ihr geht es gut. Aber sie wollte nicht mitkommen.“ Meinte Zack leise und mit zusammengebissenen Zähnen. Zuerst nahm ich an es sei wegen der Schmerzen, aber irgendetwas in seiner Haltung erinnerte mich an Nicky, wenn sie mir etwas verschwieg. Nicky stieß ihn leicht in die gesunde Seite.
„Zack, wenn sie so guckt, hat sie dich bereits durchschaut. Erzähl ihr, was du mir erzählt hast!“ er seufzte resigniert und wich meinem Blick aus. Es war also definitiv nichts Gutes.
„Sie lebt in Seattle. Sie arbeitet dort bei einem Fahrradkurier und hat ein paar Freunde. Außerdem hilft sie diesem Eyes Only Typen bei seinen Ermittlungen. Hey guck‘ auf die Straße!“ zischte er, als ich beinahe in den Graben gefahren war.
Es schneite draußen und das machte die Straßen gefährlich. Und ich wollte nicht an einer Unterkühlung sterben, obwohl wir Schnee gewohnt waren… Halt! Zurück zu Max! Sie und der Typ von Eyes Only?
„`tschuldige.“ Murmelte ich. „Wie macht sie das? Lydecker ist uns doch auf den Fersen! Du hast gesagt er kennt ihr Gesicht!“ Zack nickte mit schmerzverzerrtem Gesicht. Und Ich spürte, dass da noch ein anderer Schmerz war. Einer, voller Liebe. Bruderliebe?
„Einmal musste ich sie regelrecht aus der Stadt „befreien“… und wir waren schon auf dem Weg nach Kanada… aber dann musste der Eyes Only Typ ins Krankenhaus…. Und sie hat alles stehen und liegen gelassen und ist zu ihm zurück…“ „Warte! Willst du damit sagen, die beiden haben was miteinander?“ fragte ich empört und ich wusste nicht genau woher diese Empörung kam.
„Leute ich finde, dass ist ganz alleine ihre Sache. Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt.“ Warf Nicky plötzlich ein. „Ja natürlich, da spricht jemand aus Erfahrung.“ Spottete ich und ich spürte förmlich wie sich ihr Gesicht wütend verzog. „Wenigstens weiß ich, was das für ein Gefühl ist X5-601!“ zischte sie und ihre Worte kamen hart und kalt wie Peitschenhiebe auf mich zu. Nur wenn sie wütend war, nannte sie mich bei dem Namen, den mir Manticore gegeben hatte.
Ich spürte wie eine Mauer fiel. Eine Mauer zwischen ihr und mir zwischen mir und jedem anderen Menschen auf der Welt. Es berührte mich nicht was sie sagte. Ihrer Meinung nach war ich gefühllos und eiskalt nicht fähig zu lieben. Bei mir hatte Manticore Spuren hinterlassen… nicht nur in Form der Narbe auf meinem Arm, sondern auch auf meiner Seele. „Gefühle sind was für Schwächlinge.“ Sagte ich ruhig und gelassen. Doch Nicky spürte genau, was gerade passiert war. Sie bereute. Ich spürte es bevor sie ihr Gesicht wieder entspannte und eine Hand auf meine Schulter legte.
„Es tut mir leid Ruby.“ Flüsterte sie. „Ich weiß.“ Sagte ich ungerührt und blieb gelassen etwas in mir drin schrie vor Schmerz auf, als ich so eiskalt zu ihr war. Ihre Entschuldigung nicht akzeptierte… Sie bestrafte.
Zack hatte die Auseinandersetzung zwischen uns natürlich mitbekommen… aber ob er sich der Auswirkungen gefasst war? Bis diese verdammte Mauer zwischen mir und der Welt wieder verschwand würde es lange dauern. Ganz tief in mir drinnen wusste ich, dass diese Mauer schlecht für mich war und schlecht für Nicky. Es machte ihr zu schaffen, dass ich mich vor ihr verschloss.
Wir machten eine Rast in einer Stadt kurz vor der Kanadischen Grenze. Ich mietete ein Hotelzimmer von uns dreien sah ich noch am wenigsten angeschlagen aus. Während Nicky loszog um zu essen und zu trinken zu besorgen und möglicherweise ein wenig Geld, stahl ich für Zack einen Pullover, dem ich ihn im Auto anzog um ihn so unauffällig durch die Hotelhalle zu bringen.
Als wir dann oben waren, ließ ich ihm eine Wanne mit warmem Wasser ein. Ich musste die Wunde dringend auswaschen und noch einmal untersuchen.
Ich kam gerade aus dem Bad als es klingelte und der Page mit dem Whiskey kam. Er zwinkerte mir schelmisch zu, als er Zacks nackten Rücken sah und ich verstand die Anspielung. Ich setzte ein etwas dümmliches Grinsen auf und gab ihm etwas Trinkgeld, dann drehte ich mich zu Zack um. Er war verdammt gut gebaut. Ich stand auf Muskeln. Aber die Mauer war noch da. Ich sah ihn und mein Körper reagierte instinktiv, weil er sich angezogen fühlte, aber ich verbat jeglichen Kontakt.
„Ist das Alkohol?“ fragte er überrascht, als er sich zu mir umdrehte. Ich grinste und streifte meine Jacke ab. „Gut geraten. Geh ins Bad und zieh dich aus.“ Er schmunzelte leicht über den Befehlston in meiner Stimme und machte einen Schritt auf mich zu. „Und was wenn nicht?“ Er kam ganz dicht zu mir und ich spürte die Hitze seines Körpers. „Ich könnte dich zwingen Zack. Aber das würde sehr, sehr wehtun.“ Hauchte ich lächelnd. Er grinste und ging ins Bad.
Die Behandlung lief sehr gründlich ab. Durch das warme Wasser und das Licht der Lampe konnte ich alle Kugelsplitter entfernen und die Wunde komplett reinigen. Das würde helfen damit sie schneller heilte. Ich schickte ihn danach ins Bett und am nächsten Morgen würde er schon viel besser aussehen. Nicky war gekommen als Zack bereits geschlafen hatte. Sie versuchte erst gar nicht mit mir zu reden.
Nach einer Weile, als wir einfach nur da gesessen hatten, ich auf der kleinen Coach, sie im Sessel, stand sie auf und beobachtete Zack beim Schlafen. „Er sieht aus, als habe er keine Schmerzen.“ Murmelte sie leise.
„Das ist der Alkohol. Ich habe die Wunde komplett reinigen können. In einer Woche ist er wieder topfit.“ Sie nickte anerkennend. „Du siehst nicht gut aus.“ Stellte ich fest. Sie lachte leise auf. „Danke für das Kompliment!“ Ich schüttelte den Kopf. „Du hast lange nicht geschlafen. Du machst dir Sorgen um Zack.“ Sie hob den Kopf und sah mich direkt an. Ihre Augen waren blutunterlaufen und Augenringe umrandeten ihre Smaragdfarbenen Augen. Sie sah wirklich schlimm aus. Und sie litt. Das spürte ich deutlich.
„Was ist los? Du hast doch etwas.“ „lass mich in Ruhe, Ruby. Kümmer dich um deinen eigenen Kram!“ Wehrte sie ab und wich meinem Blick aus. „Okay, das werde ich. Aber jetzt geh schlafen. Wir klären das Morgen.“ Sie warf mir einen giftigen Blick zu. Das tat sie sonst nur, wenn sie wirklich verzweifelt war. Sie schlief zusammengerollt in dem kleinen Sessel ein, obwohl ich ihr die, wesentlich bequemere Coach angeboten hatte. Als ich mir sicher war, dass sie eingeschlafen war, trug ich sie zu Zack in das große Doppelbett. Wie automatisch kuschelten sie sich aneinander. Als ob sie die Nähe des Anderen unbewusst suchten. Das war irgendwie faszinierend. Sie würden ein schönes Paar abgeben. Aber nicht in diesem Leben.
(...)
„Was ist mit Tinga?“ fragte Nicky aufgeregt. Ich betrat das kleine Zimmer mit frischem Brot in der Hand und etwas Kaffee, ich hatte nicht geschlafen. Zack und Nicky standen sich gegenüber. Und sie redete auf ihn ein.
„Hey, was ist los?“ fragte ich und sofort drehten sie sich zu mir um. „Wo warst du… ach warte spielt keine Rolle du kannst praktisch schon in Kanada gewesen sein, du schläfst ja nicht.“ Sagte Nicky ruhig. Das war nicht böse gemeint, eher als Scherz aber keiner lachte. „Tinga hat mich angerufen.“ Erklärte Zack, während ich das Brot auf den kleinen Tisch stellte, ebenso wie den Kaffee, von dem sich Nicky gleich eine Tasse nahm. Als er merkte, dass ich noch absolut nichts wusste erklärte er mir kurz, dass er und Max sie vor Lydecker gerettet hatten, als er sie aus Versehen verraten hatte, ebenso wie Zane.
„Ich kam zu euch um euch zu warnen und zu uns zu holen, Ruby. Aber es hat sich was geändert. Tinga rief mich an. Sie sagte dass ihr Sohn und ihr Mann eine Suchanzeige nach ihr aufgegeben haben.“ Mir klappte die Kinnlade herunter. „Das ist nicht dein ernst! Sie hat eine Familie!“ Zack nickte verdrießlich. Ich untersuchte seinen Verband und die Wunde, während er weitererzählte. Irgendwann ließ ich mich in den kleinen Sessel fallen.
„Das glaub ich einfach nicht. Max hat ne Affäre mit dem Eyes Only Typen, Tinga eine Familie, was kommst als Nächstes? Das Krit und Syl als die neuen Bonnie und Clyde durchs Land ziehen?“ Er sah mich ernst an. „Nicht ganz.“ „Erzähl mir alles.“ Sagte ich ruhig. Er verschwieg mir einiges, das merkte ich. „Zane ist verschwunden. Spurlos. Ich vermute er ist untergetaucht, aber er ruft mich nicht an. Brin ist von Lydecker gefangen genommen worden. Und Bei Krit und Syl ist alles okay… Aber Ben ist tot.“
*Flashback*
„Die blaue Lady ist gut, Ruby. Sie wird uns retten ich schwöre es dir! Wir werden hier raus kommen und dann heiraten wir.“ Ich lachte leise auf, er meinte es wirklich ernst! Er nahm mein Gesicht in seine Hände. Hier draußen wehte ein frischer Wind, auf dem Dach unserer Kaserne. Hierher gingen wir, wenn wir ungestört sein wollten. Ben war neben Nicky einer der wichtigsten Menschen für mich. „Wieso glaubst du, dass wir hier je raus kommen Ben?“ flüsterte ich ernsthaft. Er streichelte meine Wange. „Hoffnung, Glaube, Disziplin. Wir schaffen es Ruby.“ Ich liebte die Art wie er meinen Namen aussprach. Ich weiß nicht genau wie es passiert war. Wir waren praktisch zusammen aufgewachsen und irgendwann hatte es Klick gemacht. Er war ein toller Geschichtenerzähler und wir verbrachten sehr viel Zeit heimlich miteinander. "Ich liebe dich Ruby. Und ich will für immer mit Dir zusammen sein!"
*Flashback ende*
Das zwischen uns war etwas Besonderes gewesen. So wie ihn hatte ich nie einen anderen Jungen angesehen. Der Gedanke daran, dass er am Leben war, hatte mich all die Jahre lang aufrecht gehalten. Jeder Kerl der mich anmachte… jedesmal hatte ich Bens Gesicht vor meinem inneren Auge gesehen.
Mir wurde schwindelig...
Ich sah Zack in die Augen. „Wiederhol das.“ Sagte ich leise. Er seufzte und kam zu mir, umfasste meine Schultern. „Er ist tot, Ruby. Er war wahnsinnig. Hat grundlos gemordet... Irgendetwas stimmte in seinem Hirn nicht.“ Ich schüttelte seine Hände ab und stieß ihn weg. „Nein! Das kann nicht sein! Nicht Ben!“ Es fühlte sich schlecht an. All die Erinnerungen an den Jungen den ich geliebt hatte, wenn man das mit 9 Jahren schon Liebe bezeichnen konnte… Aber etwas war da gewesen! Und sie hatten es alle gesehen. Nicky sah mitgenommen aus. „Wusstest du das?“ fragte ich sie wütend. „Nein. Ich schwöre es Ruby.“
Ich fuhr mir durch die langen offenen Haare und versuchte zu begreifen wie das sich gerade anfühlte, als hätte mir jemand mit einem Messer ein Stück aus dem Herzen geschnitten.
„Ruby, bitte hör mir zu. Wenn Tinga zurück nach Portland zu ihrer Familie geht dann könnte sie gewaltige Schwierigkeiten bekommen. Lydecker wird schon auf sie warten.“ „und was schlägst du vor, Zack? Sollen wir eben mal nach Portland fliegen? Hast du vergessen, dass bis vor 7 Stunden noch Kugelsplitter einer Drohne in deiner Schulter steckten?“ „Du hast sie alle rausgeholt! Mir geht es verdammt gut Ruby!“ Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass Ben tot war. „Tinga wird Ärger bekommen. Ich weiß es genau. Lydecker ist hinter ihr her. Und auch nach ihrem Sohn.“
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„Was heißt das, die Drohne wurde in Chicago fündig, aber ausgeschaltet? Sie war dafür konstruiert, einen X5 auszuschalten!“ zischte die neue Direktorin von Manticore in den Telefonhörer. „Ja tun Sie das! Schicken Sie mir alles rüber Lydecker! Ich will über alles informiert werden!“ Dann legte sie den Hörer auf freisprechen. Kurz darauf erschien auf dem Bildschirm über ihrem Kopf die Kamerafahrt der Drohne. „Sie hat ihn also gefunden.“ Sagte sie ruhig als vor ihr das Gesicht eines jungen blonden Mannes auftauchte. „Ja aber schauen sie mal da links, am Bildschirmrand. Da ist ein Schatten.“ Sagte Lydecker ruhig. „Er war nicht allein. Haben wir ein Bild von der Person?“ „Nein. Sie bewegt sich zu schnell. Die Reflexe sind extrem ausgeprägt, ich würde sagen ein weiterer X5.“ „Sie?“ fragte die Frau neugierig. Lydecker bestätigte das. „Ja, Ma’am. Sie zerstört die Kameralinse, aber die Funkgeräte haben noch etwas aufgeschnappt. Ich lasse es abspielen.“ Sie hörte ihn ein paar Knöpfe drücken. Ein knistern und dann eine weibliche Stimme. Leise, aber bestimmt: „Und wie gut kannst du blind schießen?" eine Pause und dann fiel der Bildschirm aus. „Ruby!“ hörte man den blonden Mann rufen. „Volltreffer.“ Murmelte die Frau grinsend.
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„five of fourteen“
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Wir hatten uns auf den Weg nach Portland gemacht, nachdem ich Zack und Nicky praktisch gezwungen hatte sich noch einen Tag auszuruhen. Die beiden waren völlig geschafft. Während die beiden schliefen verübte ich ein paar gezielte Einbrüche bei reichen Leuten um an das Geld für den Flug zu kommen. Ich bekam mehr als genug. Und dann saßen wir an Bord eines Billigfliegers nach Portland. Wir würden gegen Abend eintreffen…
Es war gar nicht so einfach Tingas Wohnung zu finden, denn sie lag zwischen vielen Anderen in einer heruntergekommenen Umgebung. Als wir eintrafen bemerkten wir schon, dass etwas nicht stimmte. Überall waren bewaffnete Soldaten. „Es ist das Haus da drüben.“ Sagte Zack leise und zeigte auf ein bestimmtes Fenster. „Du willst doch nicht…“ setzte ich an und stöhnte genervt auf. „Natürlich willst du, Zack! Du hast echt ein Faible für extravagante Auftritte!“ Er lachte nur auf.
„Und wenn deine Nähte reißen? Mach mir nicht meine Arbeit kaputt!“ Er grinste und boxte mir leicht in die Seite. „Ich schaff das schon und wenn was passiert flickst du mich einfach nochmal zusammen.“ „Als ob ich nichts Besseres zu tun habe.“ Knurrte ich, aber dann war er auch schon verschwunden, er lief zur Häuserseite und schoss seinen Enterhaken auf das andere Gebäude. Seine Winkelberechnung musste genau stimmen, nicht dass er gegen die Wand prallte.
Plötzlich hörten wir Schüsse aus eben diesem Treppenhaus. Zack zögerte nun nicht weiter und machte sich auf den Weg. Nicky und ich wechselten einen Blick, und dann sprangen wir auf das Dach des anderen Gebäudes. Sie lief sofort zur Tür und sicherte sie, während ich das gesamte Dach schnell checkte.
Ich sah die schweren Hummer der Soldaten und wie sie Stellung bezogen. Das würde nicht leicht werden. Und dann auf einmal sah ich eine schlanke schwarz gekleidete Gestalt, die sich elegant und flink zugleich bewegte. Außerdem bellte sie befehle. Kein Zweifel, das war ein X5!
Ich zoomte näher und sah mir ihr Gesicht genau an. „Brin!“ entfuhr es mir.
Es war als habe sie mich gehört, denn sie hob den Kopf und sah in meine Richtung. Zack hatte gesagt sie sei von Lydecker gefangen genommen worden. Das bedeutete sie hatten sie umprogrammiert! So ein Mist. Schnell bewegte ich mich über das Dach zu meiner Schwester und klärte sie in wenigen Sätzen auf. „Das ist wirklich bedauerlich… Du weißt, dass wir sie töten müssen?“ sagte meine große Schwester ruhig. Ich sah sie überrascht an. „Meinst du echt?“ Sie seufzte leicht auf und entsicherte ihre MP5.
„Sie ist darauf programmiert uns zu jagen Rub. Und genau das wird sie tun wenn sie uns erkennt. Wenn sie uns angreift. Zögern wir nicht.“ Sie sah mich ernst an und ich wusste dass das ein Befehl war.
Nicky konnte unerbittlich sein und sie meinte es wirklich ernst. Dabei war Brin ihre Freundin gewesen. Wir hörten laute Schritte und Schüsse die das Treppenhaus herauf kamen. Dann flog die Tür auf und Zack stürzte heraus, in enger Umklammerung mit einem Soldaten.
„Ich hab gesagt das war ne dumme Idee.“ Zischte ich packte den Mann, riss ihn von Zack los und beförderte ihn durch die Luft, sodass er vom Dach stürzte. Ich sah ihm nicht mal nach.
In dem Moment kamen Max, Tinga und ein Mann mit einem Kind auf dem Arm auf das Dach. Ich erkannte meine beiden Schwestern sofort. Zack sah mich dankbar an und scheuchte die anderen zur Eile. „Das nenn‘ ich mal ein Familientreffen.“ Sagte Max grinsend, während sie mir die Hand gab. „Nicky?“ fragte sie ich schüttelte den Kopf. „Ruby“ Sie nickte anerkennend, woraufhin sie von Nicky in den Arm genommen wurde. „Ich bin Nicky. Hi Max!“ "Ich hätte es merken müssen... Diese kühle Art!" sie zwinkerte mir zu. "Aber ihr zwei seht euch überhaupt nicht ähnlich... Sicher, dass ihr Schwestern seid?" Nicky boxte ihr in die Seite und grinste. "ohja! Wir sind zwar zweieiige Zwillinge und sehen uns nicht ähnlich, aber zwischen uns ist ein Band... das tiefer geht als Freundschaft."
Ich nickte Tinga zu und lief dann zu Zack, der bereits ein paar Seile fertig machte um den Mann und das Kind vom Dach herunterzulassen.
„Wir nehmen die Schnellverbindung.“ Erklärte er, während Max sich ein Seil um den Bauch band und es sicherte. „Ich sichere ihn. Tinga du nimmst das Kind. Ich komme dann nach, wie ich hergekommen bin.“ Zack sah Nicky und mich an. „Nicky, du gehst mit Max, Ruby du kommst mit mir wir sichern unten.“ Alles klar. Sagten wir gleichzeitig und gesagt getan. „Schon mal berg gestiegen?“ fragte Max Tingas Mann. „Nein.“ Erwiderte der unruhig. „Ist ganz leicht.“ Sagte sie und sah mich mit einem seltsamen Blick an. Sie dachte wohl ich merkte es nicht… da war so etwas wie Schuld in dem Blick. Aber warum sollte sie sich gegenüber mir schuldig fühlen? „Wir treffen uns am Sammelpunkt!“ sagte sie in meine Richtung und Zack und ich nickten gleichzeitig.
Und dann ließen wir uns fallen.
Es war ein atemberaubendes Gefühl zwischen Himmel und Erde zu schweben, nur gehalten durch ein dünnes Seil am Bauch. Tinga folgte uns mit ihrem Sohn, gesichert von Nicky und dann kam ihr Mann, gesichert von Max. Als wir alle sicher auf der Erde standen waren nur noch Nicky und Max oben auf dem Dach. Wir rannten los.
Der Sammelpunkt war ein Apartment in einem Hochhaus in Seattle. Als ich hinter Zack eintrat erwartete uns bereits ein junges Mann mit einer Brille, der im Rollstuhl saß. Misstrauisch sah ich ihn an. „Willkommen in meinem bescheidenen Heim.“ Sagte er ruhig und ich hörte den leichten Sarkasmus in seiner Stimme.
Ich sah Zack fragend an. „Ruby, das ist Logan. Ein Freund von Max.“ Ich hob eine Braue, zuerst verstand ich gar nichts. „Hi Ruby. Tinga, Tingas Mann.“ Sagte er freundlich. Ich blieb an der Tür stehen, die Arme vor der Brust verschränkt. Ich traute ihm nicht. Zack sah mich nachdenklich an. „Seid ihr hungrig oder durstig?“ fragte er weiterhin freundlich, doch alle schienen irgendwie zu erschöpft zu sein um zu antworten. Ich blicke in die Runde und sah Logan dann an. „Nein, danke.“ Ich versuchte freundlich zu bleiben.
Zack nickte mir zu und ich spürte seine Abneigung gegen Logan und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Sie sind Eyes Only!“ Er sah ertappt aus und murmelte ein „schuldig“ Ich schloss die Tür hinter mir und verwarf den Gedanken, gleich wieder zu verschwinden.
Es dauerte nicht lange, da tauchten Max und Nicky auf und ich spürte, dass irgendetwas passiert sein musste. Nicky sah müde aus, abgespannt. Und als habe sie ein Geheimnis, dass sie nicht aussprechen durfte… was sie belastete. Wir saßen alle in dem großen Wohnzimmer, als sie herein kamen.
Tingas Sohn spielte mit kleinen Autos, wobei ihm Sein Vater zusah. Er wirkte traumatisiert. Tinga versuchte ihm nahe zu sein doch er wies sie zurück.
„Wir sind heute Abend auf eine alte Freundin getroffen.“ Sagte Max plötzlich leise und Nicky sah zu Boden. „Brin.“ „Das ist unsere Schuld, wir haben versprochen sie zu holen.“ Murmelte Zack mit wütendem Gesicht.
„Sie war sehr stark. Sie haben sie NOCH stärker gemacht!“ Flüsterte Nicky unruhig und erst das war der Moment indem ich aufhörte. Ich sah sie überrascht an. „Ihr habt gegen sie gekämpft?“ „Und verloren.“ Flüsterte Max leise. „Sie hat uns gehen lassen.“ „Das glaub ich einfach nicht!“ sagte ich wütend und stand auf, woraufhin der kleine Junge erschrocken zu mir rüber sah. Ich seufzte entschuldigend und setzte mich. Ich sah meine Zwillingsschwester an. „Ihr wart zu zweit und sie hat euch fertig gemacht?“ Sie nickte bedauernd.
„Wir müssen reden.“ Sagte ich ernst, denn ich spürte genau, dass sie mir noch etwas verheimlichte. Während ich aufstand und mit Nicky ins Nebenzimmer ging, hörte ich Logan mit Max reden. Ich warf einen Blick über die Schulter und fing Zack schmerzhaften Blick auf. Er war eifersüchtig.
„Ruby, bitte! Ich kann jetzt nicht mit dir darüber reden.“ Ich hob eine Augenbraue. „Ich hab dich noch nicht mal was gefragt!“ „Ich weiß.“ Murmelte sie und senkte den Blick. „Aber ich weiß auch, dass du es sofort merkst, wenn etwas nicht stimmt! Und hier stimmt definitiv etwas nicht!“ Ich schüttelte den Kopf und ging zum Fenster. Draußen regnete es in Strömen. Regen. Es hatte geregnet, als ich Ben das Letzte Mal gesehen hatte.
*Flashback*
Ich stand an einer dunklen Straßenecke und starte hinaus auf die Straße. Ganze Sturzbäche kamen vom Himmel… es regnete nun schon seit Tagen. Ich dachte zurück an die Nachricht, die ich erhalten hatte. „Es war nicht leicht dich zu finden. Donnerstag 21:oo Uhr Bridgeport Ecke Bosley Park. Ich muss dich sehen. B.“ Ich hatte sofort gewusst dass diese Nachricht, die jemand Anthony gegeben hatte, von Ben sein musste. Das war genau sein Stil. Und jetzt stand ich hier. Noch war ich relativ trocken, aber dieses alte Gebäude bot nur dürftig Schutz. Und dann war er plötzlich da. Er stand auf der anderen Straßenseite und sah sich suchend um. Ich trat aus der dunklen Ecke und sofort peitschte mir der Wind durchs Haar und ins Gesicht. Ich ignorierte es. Er war da. Es war zwar sehr dunkel aber ich spürte das Lächeln auf seinen Lippen. Und dann war er auch schon da.
„Ruby.“ Hauchte er und er sah genau so aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte, nur viel älter. Und noch abgekämpfter. „Ben!“ Mein Gesicht glühte vor Freude. Hatte ich vor wenigen Minuten noch Angst gehabt, dass er mich nicht erkannte, war nun alles wie weggeblasen. Alle Sorgen waren auf einmal weg. All die Momente die wir zusammen verbracht hatten waren wieder da. Wir umarmten uns. „Ich hab dich vermisst!“ flüsterte er dicht an meinem Ohr. „Und ich dich! Es ist so schön dich zu sehen!“ Ich genoss seine Nähe und der Regen machte mir nichts aus. Absolut nichts!
*Flashback ende*
Eine Träne lief mir die Wange herunter als ich mich an diesen Moment erinnerte. Damals hatte ich noch gedacht alles könnte gut werden zwischen uns. Dass wir ein gemeinsames Leben haben könnten. Ben und Nicky und ich… Meine Schwester legte mir eine Hand auf die Schulter.
„Was ist los, Ruby?“ fragte sie sanft, und ich wischte mir die Träne weg. „Nichts.“ Erwiderte ich. „Erzähl mir bitte, was los ist.“ Ich drehte mich zu ihr und diesmal wich sie mir nicht aus.
„Ich denke du solltest mit Max reden Ruby. Über Ben.“ Ich hob eine Augenbraue. Hatten die beiden etwa geredet auf dem Weg hierher? Natürlich hatten sie das. Und Nicky hatte ihr sicher erzählt, dass Ben bei uns gewesen war. Dass er und ich eine „Affäre“ gehabt hatten… Aber das war doch eigentlich nichts Ungewöhnliches! Sie hatten damals alle mitbekommen, was zwischen X5-601 und X5-493 abgelaufen war. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, also ging sie zu Max. „Sag es ihr.“ Sagte sie leise, um Tinga, ihren Mann und das Kind nicht zu stören. Logan sah fragend hoch, er hatte sich gerade mit Max unterhalten.
Zack stand blitzschnell auf und stand neben Nicky. „Das halte ich für keine gute Idee.“ Sagte er ernst. Ich betrat den Raum. „Wieso nicht? Was ist los? Nicky!“ fragte ich verwirrt. Max stand auf und kam zu mir. „Da gibt es etwas, was ich dir sagen muss.“ Ich hob eine Braue. „Und das wäre…?“
Sie sah erst zu Nicky, dann zu Zack und während der vorsichtig sein Gewicht auf das vordere Bein verlagerte, begann sie zu sprechen.
„Ich habe Ben getötet.“ Sie sagte es so leicht, als habe sie eine Fliege zerquetscht. Ich wusste zuerst nicht wie ich reagieren sollte. „Ja na klar.“ Murmelte ich in der Hoffnung, sie habe einen Scherz gemacht, doch sie blieb todernst.
Ich blieb ganz ruhig. Und Nicky sah besorgt aus. In mir drin tobte es. Der Blick in Max‘ braune Augen tat mir weh. Und ich sah in ihnen wie es abgelaufen war. Sie hielt ihn im Arm, brach ihm das Genick.
„Ben war ein Mörder. Er hat grundlos getötet. Ich weiß, das ist keine Entschuldigung Ruby… aber er hat Unschuldige getötet.“ Sagte sie gerade, doch ihre Worte kamen irgendwie nicht bei mir an. „Ruby?“ fragte Nicky unruhig und berührte meinen Arm und dann passierte es. All die Momente zwischen Ben und mir zogen an meinem inneren Auge vorbei. Sein Lachen, wie er meine Hand hielt, die Umarmung im strömenden Regen und der Kuss… und dann explodierte ich.
Zuerst spürte ich wie mir heiß wurde und schloss die Augen und als ich sie wieder öffnete waren sie voller Tränen. „Bitte sag mir bitte, dass das nur ein Scherz ist! Er hat mir versprochen er kommt zurück.“ Die Worte kamen wie von selbst und als ich sie ausgesprochen hatte und in Max Augen sah, das bedauern in ihnen… aber keine Reue. Und dann verlor ich die Kontrolle über meinen Körper. Blitzschnell schnellte ich vor, packte sie am Hals. Ich spürte weder Nickys Hand, die mich versuchte wegzureißen, noch spürte ich Zack, der die Arme um meinen Körper geschlungen hatte.
Ich ließ nicht los und ich drückte immer fester zu. Meine andere Hand fuhr zu meinem Dolch und ich zog ihn hervor. Sie blockte ihn ab...Ich spürte wie Max sich zu wehren begann, hörte wie sie ein „Es tut mir Leid!“ röchelte und dann schleuderte ich sie durch die Wohnung.
Eine derartige kraft hatte ich noch nie in meinem Körper gespürt, sie war beinahe unmenschlich. Max durchschlug zwei der komischen Wände, aus denen diese Wohnung gemacht war und blieb schließlich liegen.genau wie mein messer das in hohem Bogen durch den Raum genau in die andere Richtung flog und auf dem Boden liegen blieb.
Irgendwo weinte ein Kind. Und dann sah ich Tingas Gesicht und ich schlug auch sie weg. Zack warf mich zu Boden.
Nicky packte mein Gesicht und sah mich eindringlich an. „Ruby! Sieh mich an, verdammt nochmal!“ Ich hörte sie nicht. Sie schlug mich. Zweimal dreimal. Und dann klatschte plötzlich ein Schwall kaltes Wasser auf mein Gesicht. Das kam von Logan. Und langsam beruhigte ich mich.
Jetzt nachdem die Wut ausgebrannt war, war da nur noch Leere in meinem Körper. Schmerzende Leere. Das Letzte was ich sah waren meine eigenen Tränen, die mir die Sicht versperrten.
„thinking of you“
-6-
Die Zeit nach Bens Tod und meinem Wutausbruch war eine der Schwersten für mich. Ich hatte Logans Wohnung sofort verlassen und war ziellos durch die Straßen gelaufen. Ich spürte dass Nicky mir folgte, doch ich ignorierte sie. Der Regen prasselte herab und klebte mir die Haare ins Gesicht. Ich rannte bis mir die Lunge wehtat. Ich hatte zwar eine größere Ausdauer als die meisten anderen, aber irgendwann ging es nicht mehr.
Irgendwann brachte Nicky mich in ein Hotelzimmer und steckte mich in die Badewanne. Ich reagierte nicht, ließ sie einfach machen. Ich fühlte mich ausgelaugt und völlig neben der Spur. Sie brachte mich sogar ins Bett und blieb neben mir liegen. Sie sagte nichts, beobachtete mich einfach nur.
„Ich verschwinde.“ Sagte ich und richtete mich auf. „Wohin denn? Wir haben gerade erst die anderen gefunden…. Zack, Tinga, Max…“ „Ich will nichts mehr mit ihnen zu tun haben Nicky.” „Ist das jetzt nur wegen der Sachen mit Ben?” „Nein, ist es nicht! Ich will nicht mehr! Sieh‘ uns doch mal an! Wir benehmen uns wie normale Menschen, tun so als würden wir dazu gehören! Aber das können wir nicht! Denn wir sind anders! Wir sind keine Menschen wir sind ein Abklatsch von ihnen. Nicht in der Lage, glücklich zu werden.“ Sie sah mich an und stand auf. „Ich weiß, dass wir nicht normal sind, Ruby! Aber das heißt nicht dass wir aufhören sollen uns wie Menschen zu benehmen! Wir können wenigstens versuchen uns anzupassen.“ „Wir versuchen seit 10 Jahren uns anzupassen! Manticore findet uns trotzdem immer wieder. Wir ziehen uns nuttig an und tanzen in einer Bar lassen uns anglotzen von hässlichen dummen Gestalten.“ Ich ging zu dem Stuhl, auf dem meine Lederjacke lag und zog sie an. Darunter lag mein Dolch. Ich nahm ihn in die Hand und ließ ihn durch meine Finger gleiten. „Damit ist Schluss. Ich verschwinde Nicky.“ Ich sah sie nicht an doch ich spürte genau, dass sie mich musterte, als ob sie durch mich durchgucken wollte. Und mich so zum Bleiben zu zwingen.
„Du kannst doch nicht einfach so gehen Ruby! Lass mich wenigstens mitkommen!“ „Nein.“ Sagte ich ruhig. „Du solltest bei Zack bleiben. Ich glaube fast das Zwischen euch was laufen könnte… wenn er nicht so verrückt nach Max wäre.“ Blitzschnell kam sie zu mir und drehte mich um. „Du redest Blödsinn, kleine Schwester! Ich komme mit! Du wirst nirgendswo alleine hingehen!“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein!“ Sie sah mich stur an. Doch ich war sturer und ging einfach. Sie packte mich an der Schulter, blitzschnell wirbelte ich herum und packte sie am Hals doch sie war stärker und stieß mich gegen die Wand. Es war ein Stilles Ringen.
Ich wusste, sie war stärker als ich und sie wusste das auch. Doch die Wut in mir drin machte mich stärker wenn ich an Ben dachte und all die Erinnerungen hochkamen fühlte ich wie ihre Kräfte nachließen und meine stärker wurden… „Lass mich gehen Nicky. Bitte!“ sagte ich leise und dann gab sie nach. Sie ließ mich los und trat ein Stück zurück. „Ich kann dich nicht aufhalten. Geh, Ruby. Aber versprich mir, dass du wiederkommst!“ Deja vú… genau das hatte ich zu Ben gesagt… aber ich würde halten was ich versprach. „Ich verspreche es.“ Und dann ging ich.
Es vergingen Wochen, in denen ich mich als Kopfgeldjägerin durch die großen Städte schlug. Meine Fähigkeiten wurden immer besser, ich trainierte härter und das sprach sich herum. Ich bekam viele Aufträge. Meistens musste ich so genannte „Kleinkriminelle“ einfangen und der Polizei übergeben,, manchmal brach ich in schwer gesicherte Wohnungen oder Tresore ein und stahl für meine Auftraggeber. Kurz gesagt ich war eine richtige Verbrecherin geworden. Bis dann die Mordaufträge kamen. Zuerst war ich hin und hergerissen und wollte die Verbrecher einfach nur stellen… Doch dann griff mich einer an. Und ich verteidigte mich. Ich hatte vor ihn K.O. zu schlagen, doch das war ein verdammt harter Brocken, und er hatte Freunde. Als sie mich kräftig zusammengeschlagen hatten, rastete ich aus. Ich tötete alle drei mit meinem Dolch, denn eine andere Waffe hatte ich nicht dabei.
Und nach diesem Vorfall war mir relativ egal, was genau mein Auftrag war. Wenn ich etwas Stehlen sollte, tat ich es, wenn die Bezahlung stimmte, wenn ich jemanden vermöbeln sollte, oder einfach nur den Bodyguard spielen. Und selbst wenn ich töten musste, tat ich es. In nur wenigen Wochen hatte ich so viel Geld zusammen dass ich mir ein eigenes Apartment leisten konnte. Aber ich tat es nicht. Ich bunkerte mein Geld. Für den Notfall. Und für Nicky.
Ich nahm gerade ein Schaumbad in einem sehr luxseriösen Hotelzimmer, als mein Handy klingelte. Auf meiner Mailbox war eine Nachricht hinterlassen worden, sie war von Nicky.
„Hey Ruby, wenn du das hier hörst bin ich bereits schwer bewaffnet auf dem Weg nach Manticore… Zusammen mit Max, Zack, Krit und Syl. Das ist eine lange Geschichte kleine Schwester ich weiß genau wie dumm du gerade aus de Wäsche gucken musst“ Ein nervöses Lachen. Sie konnte ja nicht wissen dass ich komplett nackt war und somit keine Wäsche trug, aus der ich dumm gucken konnte, aber ich war wirklich sehr baff im Moment. „Jedenfalls ist Lydecker jetzt auf unserer Seite und hat uns entscheidende Informationen geliefert. Er und Logan, Max‘ Kumpel überwachen die ganze Operation. Es geht gleich los… ich wollte nur, dass du bescheid weißt. Vielleicht willst du ja herkommen und ein bisschen mitmischen. Ich würde mich freuen, dass weißt du. Wir sind außerhalb von Seattle.“ Sie gab noch die genauen Koordinaten durch und machte dann eine Pause. „Und falls wir uns nicht mehr sehen wollte ich dir sagen dass es mir Leid tut, das unser Leben so verlaufen ist. Das wollte ich nicht. Ich vermisse dich Ruby. Bye.“
Ich klappte das Handy zusammen und stand sofort auf. Es gab nichts zu überlegen. Ich ignorierte, dass ich das komplette Badezimmer unter Wasser setzte, während ich mir ein Handtuch umband und zum Spiegel hechtete. Dort stand meine Tablettendose, mein Körper fing wieder an zu krampfen und ich musste bei Kräften sein, wenn ich Manticore mit zerstören wollte.
Ich zog mir in Rekordzeit meine Unterwäsche an, schlüpfte in meine schwarze Jeans, das schwarze Top, den Pistolenhalfter, band mir mein Messer an den Oberschenkel, schminkte mich ein wenig, föhnte meine Haare und streifte meine Lederjacke an. Ein letzter Blick in den Spiegel, ich sah ziemlich professionell aus, wie immer wenn ich einen Auftrag hatte, und dann schnappte ich mir meine Motorradschlüssel und mein Handy und machte mich dann auf den Weg zu den Koordinaten, die mir Nicky gegeben hatte.
Als ich ankam waren genau 20 Minuten seit Nickys Anruf vergangen. Ich fand die so genannte Zentrale in einem Minivan auf Anhieb und auch Logan der darin an einem Computer saß und Anweisungen gab. Auf mehreren Bildschirmen erkannte ich die verschiedenen Gänge Manticores auf denen Gestalten umher huschten. „Logan, ist das Labor besetzt?“ hörte ich Zacks tiefe Bassstimme. „Eine Wache direkt davor sonst ist niemand da drin. Ihr könnt reingehen.“ erwiderte Logan ruhig. „Max, du kommst mit mir, Nicky sicher die Tür.“ Hörte ich Zack sagen und dann sah man auf dem Bildschirm wie er den verdutzten Wachmann am Kragen packte und entwaffnete und dann einfach an Nicky weitergab, die ihm mit einem gezielten Schlag ausschaltete. Ich hatte die ganze Zeit alles aus der Entfernung betrachtet, doch jetzt betrat ich den Van und nahm die Gebäudepläne in die Hand. Mein Gehirn speicherte die verschiedenen Wege sofort ab. „Hey was machen Sie…“ Ich hatte Logan erschreckt, er fuhr herum doch die Pistole an meiner Schläfe gehörte nicht ihm sondern Lydecker.
„ganz ruhig und keine falsche Bewegung Schätzchen.“ Sagte er ruhig, doch ich zuckte nur unbeeindruckt mit den Schultern und entwaffnete ihn blitzschnell, innerhalb weniger Sekunden hatte ich ihn an die Wand gepresst und Logan richtete nu seine Waffe auf mich. „Nehmen Sie die Waffe runter Logan. Ich will Sie nicht töten.“ Ich hatte ihn nicht einmal angesehen. „Was ist los, Logan? Was ist passiert?“ hörte ich Max‘ besorgte Stimme aus seinen Kopfhörern. „Wir haben Besuch bekommen.“ Sagte Logan trocken und senkte die Waffe. „Es ist Ruby.“ „Ruby!“ murmelte Max. Ich hörte die Schuld in ihrer Stimme. Sie machte sich immer noch Vorwürfe wegen Bens Tod. Gut so. „Ruby! Sie soll her kommen, Max!“ hörte ich Nickys aufgeregte Stimme. „Was?“ „Sie kann uns helfen! Wir brauchen Sie!“ „Nein DU brauchst sie, Nicky! Oder zumindest denkst du das!“ Natürlich hatte ich den Wortwechsel zwischen den beiden mit angehört. „Hört auf zu Streiten! Max wir haben was zu erledigen, Nicky konzentriere dich auf deine Aufgabe! Logan gib Ruby eine Waffe und schick sie zu Syl und Krit. Die beiden können sicher Hilfe gebrauchen!“ „Das werde ich Zack, wenn sie Lydecker loslassen sollte.“ Murmelte Logan und ich spürte seinen Blick in meinem Nacken. Bis jetzt hatte ich mich Lydecker noch gar nicht gewidmet… zu sehr hatte ich meine Schwester zugehört. „Ruby!“ hörte ich nun Zack etwas lauter werden. „Lass ihn los er gehört zu uns.“ Ich ignorierte ihn.
„Colonel Lydecker. Wie schön sie wiederzusehen… Und ich hatte schon befürchtet ich würde niemals die Gelegenheit bekommen um ihnen zu sagen wie Dankbar ich ihnen dafür bin, dass sie mich zu einer Killermaschine gemacht haben.“ Er verengte die Augen. „Sie sind keine Killermaschine Ruby. Sie sind ein Mensch! Benehmen Sie sich auch wie einer!“ Ich lachte leise auf. „Sie wissen gar nichts über mich!“ Ich hatte meinen Dolch gezogen und hielt ihn ihm an die Kehle. „Es wäre sehr leicht sie zu töten… Donald. Und sie für all die Qualen büßen zu lassen die ich erlitten habe.“ „Ruby, tun Sie das nicht!“ bat er leise. „Ihre Schwester wird ihre Hilfe brauchen. Sie sollten sich auf den Weg machen!“ Ich lächelte kalt und ließ von ihm ab. „Heute ist ihr Glückstag.“
Logan gab mir eine Mp5 und ein Funkgerät, mit dem ich mit den anderen kommunizieren konnte.
„Viel Glück.“ Sagte er leise, doch ich beachtete ihn nicht wirklich. Ich konnte seine Angst vor mir spüren. Schließlich war er dabei gewesen wie ich Max beinahe umgebracht hatte.
Und er liebte Max. „Ich brauche kein Glück.“ Ich warf Lydecker noch einen letzten Blick zu bevor ich in der Dunkelheit verschwand. „Das nächste Mal töte ich Sie vielleicht.“
Die Nacht war lau nur eine frische Brise wehte durch die Bäume, während ich so schnell ich konnte mir einen Weg durch sie bahnte. Schon bald hatte ich die Anlage erreicht. „Nicky? Wo bist du?“ fragte ich, während ich, die Erinnerungen die in mir hochstiegen im Keim erstickte und auf den Zaun zu rannte. „Du sollst nicht herkommen. Syl und Krit brauchen Unterstützung, Ruby!“ Ich spürte wie ich wütend wurde. „Die beiden kommen schon klar Nicky. Wo bist du?“ „Ruby, geh zu Syl und Krit!“ sagte nun Zack streng. „Zack…“ „Das ist ein Befehl, X5-601!“ ließ er mich nicht wiedersprechen. „Okay. Aber wenn Nicky was passiert Zack schwöre ich dir…“ „Ruby.“ Unterbrach mich Max. „Lass es sein.“ Ich war kurz vorm explodieren und alle konnten es spüren. „Halt dich da raus Max, mit dir bin ich noch nicht fertig.“ Zischte ich mühsam hervor. Sie schwieg. „Ruby! Wir können deine Hilfe gebrauchen Aber das was zwischen dir und Max ist nicht. Klärt das Morgen! Hast du mich verstanden, kleine Schwester?“ Ihre Stimme war hart geworden, ich wusste, widersprechen machte keinen Sinn, also hab ich mich geschlagen.
Ich fand Syl und Krit leicht. Die beiden hatten natürlich alles mitbekommen. „Hey Rub.“ Lächelte Syl, wenn auch zurückhaltend, Krit streichelte mir spielerisch den Kopf. „Schön dich wiederzusehen.“ Und dann konzentrierten wir uns ganz auf unsere Aufgabe. Ein paar Minuten nachdem Krit Logan bescheid gab, dass alles okay war, meldete Nicky feindliche Aktivitäten vor dem Labor. „Wir sind aufgeflogen!“ zischte sie während sie einem Soldaten ihre Faust zwischen die Augen rammte, dass spürte ich. „Los, raus da! Nicky, Zack, Max! Macht euch da raus und jagt die Bude hoch!“ kam der Befehl von Logan. „Roger.“ Bestätigte Zack. „Oh Mann.“ Hörten wir alle plötzlich Lydecker durch unsere Kopfhörer murmeln. „Was?“ fragten Nicky ich und Max gleichzeitig. „Da ist ein X5 auf dem Weg zu euch. Max. Es ist Brin.“ „Wo genau ist sie?“ Lydecker gab ihr die Position durch. „Nein wir müssen hier raus!“ zischte Zack wütend. „Das dauert nicht lange. Geht ihr schon vor!“ murmelte Max und war auch schon verschwunden. Zack und Nicky liefen weiter.
Während wir Richtung Ausgang liefen trafen wir plötzlich auf eine bis an die Zähne bewaffnete Kampfeinheit Manticores. Krit und Syl gingen zuerst in Deckung, während ich dem Kugelhagel geschickt auswich. Das war eine meine Lieblingsübungen. Kugeln auszuweichen. Allerdings waren es sehr viele. Ich spürte einen stechenden Schmerz in der linken Schulter und während ich noch durch die Luft wirbelte, getroffen von dem Rückschlag, entdeckte ich den Schützen. Und kaum hatte ich die Wand hinter mir berührt, nahm ich auch schon alle meine Kraft zusammen und sprang in einer eleganten Bewegung vorwärts. Wich zwei weiteren Kugeln auf, zog meinen Dolch und schnitt ihm leise die Kehle durch. Zwei weitere Sekunden später fielen zwei weitere Soldaten tot um und Blut tränkte den Korridor.
Syl und Krit erledigten die letzten beiden. Als wir fertig waren standen die beiden da und sahen mich mit Trauer im Blick an. „Was?“ fragte ich, schwer atmend Syl zuckte nur mit den Schultern und erstattete Logan Bericht, während Krit zu mir kam. „Es tut mir Leid, was mit Ben passiert ist. Er war mein Freund und er hat mir von euch beiden erzählt.“ Ich schluckte und atmete tief ein während ich die Erinnerungen zu verdrängen versuchte. „Ist schon okay. Lass uns nicht jetzt darüber reden, Krit!“ Er nickte und deutete auf meinen Arm. „Das sieht nicht gut aus.“ Ich zuckte nur mit den Schultern. Ich spürte den Schmerz nicht wirklich. Es fühlte sich taub an also ignorierte ich es.
Wir setzten unseren Weg fort. Wir hörten, dass auch Zack und Nicky auf weiteren Widerstand gestoßen waren und obwohl ich genau wusste, dass meine Schwester eine sehr gute Kämpferin war, hatte ich ein sehr ungutes Gefühl in der Magengegend. Das Gefühl, dass irgendetwas schief gehen würde…
Wir waren bereits im Wald, als wir hörten dass man X7 losgeschickt hatte um uns zu töten. Sie waren schneller und besser als wir. Modifizierter. Von der Sekunde an, als sie hinter uns auftauchten trennten wir uns und rannten so schnell wir konnten, denn Lydecker hatte uns den Tipp gegeben, nicht mit ihnen zu kämpfen. Ich hörte sie kommen und lenkte sie von Syl und Krit ab. „Ruby!“ zischte Syl wütend. „Geht! Abhängen können wir sie nicht!“ erwiderte ich und blieb stehen. Krit packte mich an der Schulter. „Das ist nicht das, was Ben gewollt hätte!“ Er sah mir wütend in die Augen. „Soll ich ihn von dir grüßen?“ fragte ich und lächelte kalt, während ich ihn wegstieß und in die Richtung lief, in der ich sie vermutete. „Ruby!“ hörte ich plötzlich Nickys Stimme. „Wo zum Geier läufst du hin?“ „ich bin gleich da.“ Wehrte ich ab. Sie wollte ich da nicht mit reinziehen. Doch ich hörte es, sie kehrte um. Lief in meine Richtung. „Einen Scheiß wirst du. Du dummes Mädchen! Du kannst sie nicht besiegen, sie sind zu stark Ruby!“ ich ignorierte ihre Warnungen und plötzlich stand da einer vor mir. Ich stoppte. Das war ja noch ein Kind! So wie wir damals…
Noch bevor ich reagieren konnte hatte der Junge mich an der Schulter gepackt und quer durch die Luft direkt an einen Baum befördert. Ein wenig überrascht stand ich auf. „Ihr wollt spielen? Na dann los!“ Es wurde ein erbitterter und sehr harter Kampf. Einer der härtesten, den ich in meinem Leben ausgetragen hatte.
Am Ende Blutete ich aus einer Wunde an meiner Lippe, hatte mehrere angebrochene Rippen und Knochen... die beiden X7 hatten gebrochene Rippen und etliche tiefe Messerstiche abbekommen. Ich war mit meinen Kräften am Ende, kurz vor der Besinnungslosigkeit. Zwischen meinen Fingern hielt ich meinen Dolch, der mit Blut getränkt war.
Einer von ihnen zog eine Waffe. Ich versuchte auszuweichen, doch ich war nicht schnell genug. Zwei Schüsse hallten durch den Wald. Die eine Kugel traf mich irgendwo in der Bauchgegend… Die andere in der Brust… Ich verlor Blut und um mich herum wurde es kälter, schwärzer.Bevor ich realisierte, dass mindestens eine der Kugeln tödlich gewesen sein musste, knickten meine Beine weg und ich knallte hart auf den kalten Waldboden.Die Dunkelheit griff von allen Seiten nach mir und ich erkannte dass es zu spät für mich war...
Das war das Ende.
Ich sah wie durch einen schwarzen Nebel, wie der andere plötzlich durch die Luft flog, während sein Kumpel die Waffe auf meinen Kopf richtete. Und dann war da plötzlich Nicky. Mit einem so kräftigen Schlag, dass dem X7 fast der Schädel platzte schlug sie ihn vor mir weg, während die KJugel, die für meinen Schädel bestimmt war neben mir in einem Ast eischlug und Erde aufspritzte...
Der X5 flog weg und sie interessierte es nicht, sie kniete neben mir nieder und untersuchte mich vorsichtig. Ich glaubte Tränen in ihren Augenwinkeln zu erkennen. Ich hörte Stimmen aus ihrem Kopfhörer. Zack und Max. Die beiden hatten anscheinend Probleme... aber Syl und krit hatten es geschafft.
„Ruby! Was machst du nur für Sachen!“ hörte ich die Stimme meiner Schwester seltsam verzerrt zu mir durchdringen und hielt mit Mühe meine AUgen offen. Sie zerriss mein Top um sich die Wunde anzusehen. Ich bekam es kaum noch mit, alles um mich herum war plötzlich so dunkel und es wurde kälter…
Ich starb und ich spürte es.
Dann sah ich zwei weitere X7 auftauchen. Mit schweren Waffen. Meine Augen weiteten sich vor Schreck, mein Mund öffnete sich zu einer stummen Warnung, einem Hilfeschrei, für mich war es zu spät… Ich hörte einen sehrlauten Knall und dann war plötzlich alles voller Blut, dass mir die Sicht versperrte... Mein letzter Gedanke galt Nicky.
„Sterben ist leicht… Leben ist schwerer.“
-7-
Ich war tot. Mein Herz war stehengeblieben und während ich auf dem kalten Waldboden lag und mein Herz aufhörte zu schlagen, Flog mein Leben in Bildern vor meinem inneren Auge vorbei.
...Manticore
...Meine Ausbildung zur perfekten Soldatin…
...Ben, wie er meine Hand hielt als ich meinen ersten epileptischen Anfall hatte.
...Nicky, wie sie mich immer in Schutz nahm.
...Die Nacht vor unserem Ausbruch als Ben und cih auf dem Dach der Kaserne saßen und Händchen hielten.
...Er sagte er liebt mich. Wir würden für immer zusammen sein. Dann der Ausbruch. Unsere Trennung…
...Jahre später unser Wiedersehen.
...Wir küssten uns, liebten uns.
...Er ging wieder… versprach wiederzukommen aber tat es nie.
Bald würde ich ihn sehen. Dieser Gedanke kam mir, bevor jemand das Licht einschaltete.
War ich schon tot? Sah so die Hölle aus? Oder der Himmel? Ich war verwirrt und dann hörte ich einen Schuss und dann kamen die Stimmen. Menschenstimmen.
Ich war nicht tot. Ich spürte einen heftigen Elektroschock und höllische Schmerzen im gesamten Körper.
Augenblicklich öffnete ich die Augen. Das gleißende Licht stammte von einer Operationslampe. Die Stimmen von Ärzten und der Schuss? Mein Verstand arbeitete auf Hochtouren, obwohl mein Körper nur noch schlafen wollte.
Ein Operationssaal. Manticore. Ärzte mit Mundschutz. Maschinen. krankenbett. Überall Blut. Meins?
Ich sah Max in einem Bett neben mir liegen. Ihre Augen waren geschlossen und auf ihrem Bauch lag… Zack. Und er hatte eine Pistole in der Hand. Blut breitete sich auf dem weißen Laken aus.
Ich brauchte eine Weile um zu erkennen, dass er tot war. Ich schloss die Augen, das konnte doch nur ein Alptraum sein!
„Oh mein Gott.“ Sagte eine Frauenstimme geschockt.
„Beeilen Sie sich. Entfernen Sie sein Herz und geben Sie es X5-452!“
„Sie kommt zu sich!“ hörte ich eine Männerstimme erleichtert sagen. Näher als die Frauenstimme. Das leise Klack Klack von High Heels… die Frau kam näher.
„Sehr gut. Checken Sie ihren Strichcode. Ich will wissen, welche von ihnen sie ist.“
„Ja Ma’am.“ Ich spürte Hände an meinem Kopf. Sie taten mir weh ich wollte mich wehren, aber ich wusste nicht, wie man sich bewegt. Hatte keine Kontrolle über meinen Körper. „X5-601.“ Bei dieser Nummer zuckte ich zusammen und öffnete ruckartig die Augen. Mein Atem ging schneller… Ich wollte nicht leben! Wollte nicht hier sein. Wenn das ein Alptraum war, dann war er verdammt realistisch.
„Sie ist wieder da.“ Sagte der Mann triumphierend, so als habe er soeben den Jackpott geknackt. Ich sah sein Gesicht, oder zumindest einen Teil davon. Die Augen. Sie waren grau und müde, aber der Triumph in ihnen verlieh ihnen Glanz.
“Sie ist so hübsch.“ Sagte er ergriffen. „Seien Sie vorsichtig Doktor, Sie ist eine Killerin. ich habe gesehen, wie sie die Soldaten ausgeschaltet hat auf ihrem kleinen Rachefeldzug mit ihren beiden Komplizen die leider entkommen sind...“ Ich versuchte mich aufzurichten, als die Frau direkt neben mein Bett trat. Sie war gertenschlank und trug einen teuren Blazer, ihre Haare waren modisch kurzgeschnitten und wasserstoffblond. „Willkommen zurück in Manticore, X5-601.“ Sagte sie, wenn ich gekonnt hätte, hätte ich die Augen verdreht oder geflucht... aber dann knipste jemand das Licht aus.
Meine ersten Wochen in Manticore verbrachte ich unter Teilnarkose. Meine Verletzungen waren so schwer, dass sie nur sehr langsam heilten. Und ich durfte mich nicht bewegen, da Knochen richtig zusammenwachsen mussten und mein Herz nicht geschädigt werde durfte.
Die Chefin Manticores, Dr. Renfro, die Frau dessen Stimme ich so oft gehört hatte, kam jeden Tag zu mir und redete mit mir. Doch ich gab eine Antwort. Sie wusste zwar wer ich war, aber eigentlich wusste sie nichts.
Gleich am ersten Tag als ich wieder bei Bewusstsein war hatte sie mir erzählt, dass Nicky es nicht geschafft hatte. Und von da an war es, als ob eine Wand zwischen mir und der Realität entstanden war.
Als ich dann wieder so weit genesen war, dass ich kämpfen konnte wurde ich sofort wieder in den Unterricht gesteckt. Aber egal wer mich ansprach, ob es der Ausbilder oder ein anderer X war… ich reagierte nicht. Ich führte Befehle aus, mehr nicht. Ich ertrug Schläge vom Ausbilder und machte meine Mitgefangenen fertig wenn ich kämpfen musste denn es war, als ob diese Wand mich stärker gemacht hatte, ich war kein Durchschnitt.
Und das war auch der Grund, warum die weißhaarige Dr. Renfro mich weiter besuchen kam.
Ich hatte selbst schon vergessen, wie meine Stimme klang… bis zu einem Tag… es waren mehrere Monate vergangen, ich war im Hof und trainierte gerade mit einem Partner, als ich plötzlich eine bekannte Stimme hörte.
„Sir, X5-452 meldet sich zum Training.“ Augenblicklich hielt in ich der Bewegung inne. Sie stand direkt hinter mir, vor dem Ausbilder. Sie hatte mich noch nicht erkannt.
„Sie werden gegen X5-601 antreten.“ Augenblicklich drehte ich mich um. Sie sah mich an. Genauso geschockt, wie ich wütend. Sie hatte hüftlange glatte Haare und sah ungepflegt aus, aber im Grunde war sie noch die Selbe.
Der gleiche Arrogant/überhebliche Blick, die Wut in ihren Augen und die Erkenntnis... die Schuld, als sie mich erkannte.
Ich spürte wie ich wütend wurde und wie meine Augenfarbe sich veränderte. Es war als hätte sich die Dunkelheit plötzlich wieder um mich gelegt wie in jener Nacht als ich starb…
„Ruby...“ hauchte sie erschrocken.Ihr Blick war verwirrt... verwundert, anscheinend konnte sie die Dunkelheit in meinen Augen sehen.
„Max.“ Ein Kreis bildete sich um uns. Jeder der Anwesenden Soldaten wusste wie leidenschaftlich ich kämpfte. Aber eine so heftige Reaktion hatten sie bei mir noch nie gesehen.
„kämpft!“ befahl der Ausbilder. „Nein!“ murmelte Max unsicher, während ich leicht geduckt meine Kampfstellung einnahm. Jetzt würde Sie büßen. „Ruby! Bitte tu das nicht! Wir sind Schwestern!“ sagte sie fast flehend. Ich verzog spöttisch den Mund. „Ich hatte in meinem Leben nur eine einzige Schwester.“ Beim Klang meiner Stimme sahen mich ausnahmslos alle an… sie war höher als ich erwartet hatte. Max schluckte hart. Die Schuldgefühle plagten sie immer noch. „Ich will dir nicht wehtun!“ sagte sie nun. Ich lächelte böse. „Das kannst du gar nicht, Maxie.“ Höhnte ich leise, aber todernst. Bei der Erwähnung ihres Kosenamens, den Zack ihr gegeben hatte, wurde sie noch verbitterter.
„Du hast es so gewollt.“ Und dann griff sie an. Schnell und effektiv, und sie traf mich auch ein paar Mal, aber ich steckte das locker weg. Ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, sie wirkte verwirrt.
„War das schon alles?“ Sie griff wieder an, doch diesmal wich ich aus, demonstrierte ihr, dass ich überlegen war… und dann sprang ich hoch und verpasste ihr einen Kinnhaken, der sie zu Boden schickte. Ich hatte eine gewaltige Kraft in ihn gelegt. Das erinnerte mich an den Schlag, den Nicky dem X7 gegeben hatte, der mich töten wollte.
Nicky! meine Schwester war tot! Die Wut in mir wurde von dem Schmerz noch gesteigert und als Max sich aufrichtete, um mich erneut anzugreifen,machte ich einen Rad schlag, bei dem Ich sie direkt am Kopf erwischte, und während sie noch aufgrund des Rückschlags durch die Luft flog, sprang ich auch schon erneut hoch und verpasste ihr einen Seitenkick, der sie 5 Meter weit wegschleuderte.
Ein Raunen ging durch die Menge der Zuschauer und sogar mein Ausbilder sah überrascht aus. Ich stand schwer atmend in der Mitte des Kreises, aus dem ich Max beinahe schon professionell entfernt hatte. Sie richtete sich mühsam auf. Ihre Lippe war aufgeplatzt, ihr Blick traurig. Sie sah mich fragend an. „DAS war für Ben.“
Ich warf ihr noch einen tödlichen Blick zu, während ich zurück in die Kaserne ging. Alle machten mir Platz. Für heute hatte ich genug. Ich wusste, diese Aktion würde mir Ärger einbringen… aber ich hatte ja sowieso vor nicht mehr lange hier zu bleiben, von daher interessierte es mich nicht.
Sollten Sie mir doch Nadeln in die Arme stecken, mein Gehirn an Maschinen anschließen… ich würde sie dennoch alle töten, wenn ich nur die Gelegenheit dazu bekam. Der Hass in mir wurde mit jeder Sekunde größer. Sie würden sich noch wünschen sie hätten mich sterben lassen!
„First day on a brand new planet“
-8-
"Wie geht es X5-452 heute?” fragte Dr. Renfro einen Arzt. Er sah verstört aus. „Es war vielleicht keine so gute Idee, sie zu Colonel Shepards Bataillon zu schicken. „Warum nicht?“ fragte sie streng. „Sie hat ihren ersten Kampf verloren.“ Die Frau sah überrascht aus. „Wie das? Sie hat doch so hervorragende Werte! Und sie war die Beste in Shiffers Bataillon!“ Der Arzte nickte nervös und zupfte sich an dem weißen Kittel herum. „Das weiß ich und ich war schließlich derjenige der erlaubt hat, dass sie wechselt… Aber da habe ich auch nicht gewusst, dass Shepard sie gegen X5-601 kämpfen lassen würde.“ „X5-601? Das durfte er nicht! Die beiden haben eine Vorgeschichte! Wenn sie sich verbünden…“ Der Arzt lachte auf. „Glauben Sie mir, Ma’am DAS wird sicher nicht passieren.“ Die Frau sah nun sehr verblüfft aus. „Lassen Sie Colonel Shepard selbst erzählen.“ Meinte der Arzt und rief den Colonel, der kurz darauf eintrat.
Nachdem der salutiert hatte und aufgefordert wurde zu erzählen, sagte er: „Da die beiden X5 so hervorragende Werte haben, habe ich mir die Freiheit genommen um zu testen wer stärker ist, Ma’am.“ Die Frau tippelte aufgeregt mit den langen Fingernägeln auf ihren verchromten Schreibtisch. „Und weiter?“ Die beiden Männer wechselten einen Blick bevor der Colonel weiterredete. „Ich will nicht sagen, dass X5-452 keine Chance hatte, aber genau so hat es ausgesehen. Sie wurde von X5-601 fachmännisch und sehr brutal ausgeschaltet.“ Die Frau hob erstaunt eine Braue. „Sie hatte keine Chance.“ „X5-601 hat auch einen Namen, Ma’am!“ warf der Doktor ein. „Tatsächlich?“ „Und sie hat auch geredet, Ma’am.“ Fügte der Colonel hinzu. „Wie ist ihr Name? Und was hat sie gesagt?“ Jetzt war sie neugierig. „X5-452 nannte Sie „Ruby“ und Sie schienen sich zu hassen. Zumindest hasste 601, 452… Es schien wie eine Racheaktion. Und X5-601 erwähnte einen „Ben“… und dann war da noch etwas…“ Die Frau und der Arzt sahen den Colonel fragend an.“ „Die Augen von X5-601… sie verfärbten sich schwarz, als sie wütend wurde.“
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Wie erwartet durfte ich am nächsten Morgen nicht zum Training in den Hof sondern wurde von zwei Wachmännern abgeholt und zu Dr. Elizabeth Renfro gebracht. An diesem Tag realisierte ich wie sie hieß. Das war ein Fortschritt. Ich spürte allmählich, dass ich zurück in die Realität kam.
„Guten Morgen X5-601 oder soll ich Ruby sagen?“ sagte sie freundlich, aber ich erkannte hinter der Freundlichkeit die Aufmerksamkeit, sie wollte mich in eine Falle locken. Natürlich hatte man ihr alle Einzelheiten des Kampfes berichtet. Auch das ich geredet hatte. Ich bewegte mich keinen Zentimeter und beobachtete sie ruhig. „Wissen Sie, Soldat ich hatte schon befürchtet, ihr Fall sei hoffnungslos aber dann kommt plötzlich dieser andere X5… Ihre Schwester Max. und alle Selbstbeherrschung ist hin.“ Ich spürte die Wut in mir hochkochen. Und ich rang um meine Selbstbeherrschung. Sie hatte Max meine Schwester genannt. Ignorieren. Nur nicht reden. Sie hatte einen Weg gefunden um mich zu knacken. Zumindest dachte sie das. Aber ich würde nicht ausrasten. Nicht noch einmal! und ich spürte die Mauer zwischen mir und der Realität wieder. Ich wurde lockerer.
„Warum haben Sie Max nicht getötet, Ruby? Sie haben jeden Grund dazu!“ Sagte Dr. Renfro ernst und musterte meine Reaktion. Sie versuchte auf mich einzugehen. Aber eigentlich wusste sie nichts. „Erst die Sache mit Ben und dann der Tod ihrer Zwillingsschwester…“ Sie seufzte leise und ich ignorierte es. Sie war eine sehr gute Schauspielerin. Aber ich durchschaute sie und blieb eiskalt und unbeteiligt.
(...)
"Twin Brother"
Als ich in der Einzelzelle saß dachte ich über das nach, was die Direktorin, Dr. Renfro alles gesagt hatte. Nickys Tod hatte mich sehr mitgenommen und sie wusste das. Ich war froh, dass sie nichts über Ben wusste…
Stundenlang saß ich in der Zelle ohne eine Beschäftigung, das war ziemlich öde, deswegen fing ich an Dehnübungen zu machen. Eine Stunde bevor das Licht ausgeschaltet wurde, wurde meine Tür geöffnet. Ich hing gerade kopfüber an einer Stange an der Decke, mit dem Hinterkopf zur Tür, als ein Soldat hereinkam. „Ihr habt eine halbe Stunde.“ Sagte die Wache ernst und ich schloss die Augen. Die Tür wurde geschlossen aber der Soldat war noch hier. Er schien nicht wegzugehen und was hatte der Satz der Wache damit zu tun?
Langsam ließ ich mich herunter und drehte mich um. Der Soldat stand lässig mit verschränkten Armen vor der Brust neben der Tür direkt im Schatten, angelehnt an die kalte Mauer und musterte mich von oben bis unten. „Du bist also 601… So gefährlich siehst du gar nicht aus.“
Ich trat einen Schritt vor. Seine Stimme kam mir seltsam bekannt vor… „Hör mal. Das hier ist etwas dass ich tun muss… Das wir beide tun müssen.“ Korrigierte er sich selbst locker und in geschäftlichen Ton. Ich schwieg noch immer. „Okay man hat mich gewarnt… dass du sehr still sein sollst aber glaub mir Baby, ich bringe dich zum Schreien!“ sagte er arrogant und trat ein Stück auf mich zu, ich machte mich bereit um ihm einen Kinnhaken zu verpassen, Doch in dem Moment als ich sein Gesicht sah, bekam ich fast einen Herzinfarkt.
Das war Ben! Mein Ben… zwar sah er älter aus und dass Haar war kürzer geschnitten, aber das war Ben!
Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Er zog eine Braue hoch. „Ich weiß, dass ich umwerfend bin, aber hey… so was wie ein geist bin ich nicht..." Er zeigte an seinemperfekt durchtrainiertem Body herunter. "Das hier gehört für eine halbe Stunde dir!“ Doch unter seiner herablassenden Art spürte ich, dass er über meine Reaktion erschrocken und verwundert war.
Ich wich zurück, er folgte. „Hey keine Angst!“ Ich schüttelte den Kopf. „Du…“ stotterte ich. „Du kannst ja doch sprechen… Ich wusste doch, dass Dr. Renfro nur Bullshit erzählt…“ ich schüttelte erneut den Kopf. „Wer bist du?“ fragte ich mit zitternder Stimme. Er rollte mit den Augen. „X5-494… aber ich werde von meinen Freunden „Alec“ genannt.“ Er zuckte desinteressiert mit den Schultern. „Aber du kannst nicht…“ „Was kann ich nicht? Oh komm schon! Sag nicht du hältst mich auch für meinen verkorksten Zwillingsbruder, für den ich in der Klapse untersucht werden musste?“ Ich schluckte und fuhr mir mit der Hand durch das lange Haar. „Ich glaub das einfach nicht.“ flüsterte ich „…sein Bruder! Du bist Bens Bruder?“ Er nickte genervt. „Und wenn schon. Wir haben etwas zu erledigen. Zieh dich aus!“ Jetzt erst realisierte ich, was er von mir wollte und fragte: „Was genau hast du vor?“ „Wir beide sind Zuchtpartner… Da du und deine anderen X5 Verräter ja das Genlabor in die Luft gejagt habt, müssen wir nun so eine neue X-Serie zeugen.“ Ich hob spöttisch eine Augenbraue. „DU willst mich wohl verarschen.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein. Also was ist? Ziehst du dich jetzt aus oder soll ich das erledigen?“ Ich musste über so viel Dreistigkeit grinsen.
Er sah nicht nur aus wie Ben, er benahm sich auch so! Er zog sich das Shirt über den Kopf sodass man seine Bauchmuskeln erkennen konnte. Er hatte auch den selben Körper wie Ben… Ich musterte ihn kurz und stieß ihn dann auf meine Pritsche.
„Hör mal Süßer…. Ich will dir nicht wehtun…“ Er grinste in freudiger Erwartung, während ich mich seinem Gesicht näherte. „Du siehst ihm wirklich sehr, sehr ähnlich… Alec… Ich frage mich, ob…“ Ich ließ die Frage unbeantwortet, während unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. „Ob, was?“ fragte er während er mir auf die Lippen starrte. Und dann küsste ich ihn.
Ich weiß nicht genau, was in mich fuhr, aber ich wollte wissen, ob er so gut küsste wie Ben. Die Wahrheit war, er küsste besser… oder ich interpretierte zu viel hinein…
Ich war wie ausgehungert und er brannte darauf, mit mir zu schlafen. Ich war wie im Rausch und konnte einfach nicht von seinen Lippen ablassen, Seine Hand strich durch mein Haar, während er seinen harten Körper gegen meinen presste. Es war, als ob in mir ein Feuer entfacht worden wäre… mit nur einem einzigen Kuss!
Ein Poltern auf dem Flur und das Öffnen der Zelle riss mich aus der Trance. Der Wärter starrte uns an.
Ich war als das „eiskalte Biest“ bekannt… Leidenschaft sah aber anders aus…. in etwa so, wie ich an Alec geklammert war. Die Münder aufeinander gepresst, seine linke Hand in meinem Haar vergraben, seine Rechte an meinem Po…
Der Wärter atmete schwer aus und ich ließ augenblicklich von Alec ab. Er schien wie benommen. „Dr. Renfro verlangt nach dri X5-494!“ nuschelte der Mann, während ich von dem X5 aufstand und mein T-Shirt zurechtrückte. Alec sagte kein Wort, er starrte mich nur verwundert an und es war als wäre jegliche Arroganz aus seinem Wesen hinweggefegt worden… Mit nur einem einzigen Kuss!
Doch schon bevor er meine Zelle verließ wurde er wieder der Alte, und zwar als der Wärter ihm auf die Schulter klopfte, dann drehte er sich zu mir um und sagte: „Heute habe ich dich zum Sprechen gebracht… Morgen Ruby wirst du schreien!“ Ich verenge meine Augen zu kleinen Schlitzen und hätte ihm am liebsten eine geknallt für seine Überheblichkeit. Aber er sah aus wie Ben und den würde ich niemals schlagen!
"killing for fun"
Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich hatte einen Manticore Soldaten geküsst! Nein nicht nur geküsst… rumgemacht hatte ich mit ihm! Gut, zu meiner Verteidigung muss ich sagen… Er sah genau so aus wie Ben! Wie eine verdammte Kopie! Uns so verdammt heiß! Nicky und ich hatten uns nie wirklich ähnlich gesehen und außer der Haarfarbe und der Tatsache, dass wir beide aus einem Labor stammten, hatten wir nicht viel gemeinsam! Aber die beiden Jungs glichen sich wie ein Ei dem Anderen! Warum hatten sie Ben und Alec getrennt? Vielleicht genau deswegen?
In dieser Nacht drückte ich kein Auge zu. Ich lag einfach nur da und dachte darüber nach, wie ich von hier verschwinden konnte. Eine weitere Konfrontation mit Alec musste ich unbedingt verhindern. Dieser Mann verwirrte mich, Und er verwirrte meinen Körper... Er machte mich schwächer. Seinetwegen hatte ich wieder gesprochen! Seinetwegen und wegen Max!
Mitten in der Nacht, ich nahm an es war kurz nach Mitternacht, hörte ich wieder Schritte auf dem Flur. Schwere Schritte. Das konnte nur bedeuten dass die Männer die Kamen schwer bewaffnet und gepanzert waren. Wollten die zu mir? Eigentlich blieb nur ich übrig, meine Zelle lag ganz am Ende des Ganges… und die Schritte näherten sich fortwährend. Ich lag ganz ruhig da und konzentrierte mich auf alle Geräusche, die sie machten. Im Geist zählte ich 4 Männer. Und dann noch leichtere Schritte… die einer Frau. Dr. Renfro?
Kurz bevor die Tür geöffnet wurde, schloss ich die Augen. Und dann fiel plötzlich Licht in meine Zelle. Ich spürte es auf meinen Augenlidern. „Aufstehen X5-601!“ befahl eine weibliche Stimme barsch.
Ich kannte sie, aber es war nicht Dr. Renfro. Während ich noch in Gedanken nachdachte wem die Stimme gehörte, kam die Frau rein. „Du schläfst nicht Ruby. Also steh auf! Dr. Renfro erwartet dich Sofort.“
Ich öffnete die Augen. Es war Brin! Als ich sie erkannte überkam mich wieder diese Wut. Sie war eine Verräterin. „Du hast noch nie viel geschlafen… wie Max und Eva… und Jack.“
Ich wäre ihr am liebsten an den Hals gesprungen, stattdessen richtete ich mich gefährlich langsam auf. Ich sah sie nicht an. „Was ist? Wirst du gerade wütend Rub? Guck nicht weg, ich will deine schwarzen Augen auch sehen!“ Rub? Wer gab ihr das Recht, meinen Spitznamen auszusprechen? Und was meinte sie mit schwarzen Augen? Ich blieb gelassen und ignorierte sie, während ich mein T-Shirt nahm. Zwar brauchte ich es nicht, da ich ein Tanktop trug, aber sicher war sicher. Brin riss es mir aus der Hand und feuerte es in eine Ecke und zwang mich so, sie anzusehen. „Komm schon! Nur einmal Ruby!“ grinste sie und ich erkannte die Falle. Ich konnte es mir nicht verkneifen, sie spöttisch anzulächeln und vor ihr aus der Zelle zu gehen. Sofort richteten die Männer ihre Waffen auf meine Brust. Als hätten sie auch nur den hauch einer Chance gegen mich. Ich hätte sie töten können bevor sie auch nur zuckten. Aber ich war neugierig. Was wollte Dr. Renfro mitten in der Nacht von mir?
Ich hob die Hände und Brin, die anscheinend keine Lust mehr hatte mich zu provozieren, legte mir Handschnellen an. Und dann gingen wir. Aber anstatt zum Hauptkomplex zu gehen brachten sie mich in eine andere Kaserne. Und dann blieben wir vor einer anderen Zelle stehen.
Und als sie geöffnet wurde, stand da plötzlich Max. Ich hatte so etwas in der Art erwartet trotzdem war ich überrascht sie zu sehen. Zwei Soldaten packten mich an den Oberarmen und zogen mich ein Stück zurück. Anscheinend hatte man sie gewarnt, ich könne ausflippen. Ich schnaubte spöttisch. Wie gesagt, als hätten sie eine Chance!
Max‘ Blick war weich, als sie Brin sah, und traurig. „Brin…“ „Halt die Klappe, Max!“ befahl die sofort und legte ihr sofort die Handschellen an. Und dann sah Max mich und erstarrte. Sie hatte eine kleine Wunde an der Lippe. Mein Verdienst. „Ruby.“ Hauchte sie und ich nickte ihr spöttisch zu.
Der weitere Weg dauerte nur noch ein paar Minuten durch mehrere Gänge, ich prägte ihn mir ganz genau ein, dann wurden wir durch eine Sicherheitstür in eine kleine Halle geführt und waren anscheinend am Ziel.
Auf einer Art Balkon stand Dr. Renfro und beobachtete jede unserer Bewegungen. Wir wurden zwei Meter voneinander entfernt aufgestellt, jeder hatte zwei Wachleute hinter sich aber ich spürte dass noch mehr da waren.
„Guten Abend Ladies.“ Begann sie mit weicher, fast schon einladender Stimme. Brin stieg eine Treppe hinauf und stellte sich rechts neben sie. Eine sehr deutliche Geste. „Ich hoffe sie haben gut geschlafen?“ Ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen. Mich ließ das kalt.
„Ja vor allem weil wir nicht schlafen.“ Sagte Max ungerührt und Dr. Renfro lachte leise. „Schwestern durch und durch.“ Ich zuckte bei diesen Worten zusammen. Und starrte auf einen Punkt zu meinen Füßen um nicht wieder auszurasten. Ich spürte Max‘ Blick auf mir. Besorgt.
„Was ist denn los X5-601? Fühlen Sie sich nicht wohl?“ Ich ignorierte diese Bemerkung „Was wollen Sie, Renfro?“ fragte Max wütend. „Ich wollte Ihnen beiden etwas zeigen. Aber versprechen Sie mir, nicht auszurasten.“ Sagte sie und warf mir einen bedeutsamen Blick zu. Ich hatte mich wieder unter Kontrolle und lächelte arrogant. „Ich fass das als ein Ja auf, 601.“ Lächelte sie gespielt gutmütig.
„Was auch immer.“ Sagte ich ruhig und betrachtete ihre Miene, als ich zum ersten Mal in ihrer Gegenwart sprach. Beinahe hätte sie das überhört! Sie starrte mich einen Moment vollkommen überrumpelt an und lächelte dann.
„Sie können ja doch sprechen… Schade und ich hatte so gute Verhörmethoden im Sinn…“
Ich lächelte sie weiterhin spöttisch an, diese Frau war einfach unausstehlich ich freute mich richtig darauf, sie zu töten... Jetzt zuckte sie mit den Schultern und drückte mit ihren fein manikürten Fingernägeln auf einen Knopf, woraufhin eine Tür aufging und Ben, nein Alec hereinkam. „Alec...“ murmelte Max überrascht. „Hey Maxie…“ Ich spürte förmlich körperlich, wie sie sich versteifte. „Ruby.“ Ich sah ihn nicht einmal an, als er meinen Namen sagte, aber ich spürte sein Überhebliches Grinsen. Der würde sich noch wundern. „X5-494 Kennt Ihr ja bereits.“ Sagte sie spöttisch, während Max an ihren Handschellen zerrte, umso näher Alec kam.
„Was soll das hier werden? So ne Art Familientreffen? Warum hab ich keine Einladung bekommen, die ich hätte absagen können?“ keifte sie und ich musste grinsen. Max‘ Humor war schon immer ne Spur zu groß für die meisten Außenstehenden gewesen. „Nicht ganz, 452…" Sie drückte auf einen weiteren Knopf, woraufhin eine Wand hinauffuhr hinter der eine Glasscheibe zu sehen war und ein Operationssaal. Auf dem Tisch war eine bis zur Unkenntlichkeit entstellte Person festgeschnallt. Unzählige Schläuche hingen in den verschiedensten Körperöffnungen...
„Zack!“ Max keuchte auf, doch es war meine Stimme, die seinen Namen rief. Sein Anblick tat mir weh, so war ich es nicht gewohnt ihn vor mir zu sehen. Er war doch mein großer Bruder, der mich beschützte und mich zu Seite warf wenn Kugeln auf mich zuflogen! Nicky hatte diesen Mann geliebt! Und da lag er... schwach, entstellt und überall war Blut! Und ich spürte den Schmerz zurückkehren der Schmerz des Verlustes. Ich ignorierte die Wachen, die versuchten mich festzuhalten und lief an die Scheibe, genau wie Max. Sein rechtes Auge, dass Einzige was man von seinem Gesicht sehen konnte, dass man sehen konnte, war geschlossen. Er wirkte beinahe friedlich.
Und dann kamen die Erinnerungen an meinen (beinahe) Tod hoch. Max wie sie da tot lag und Zack, mit dem Kopf auf ihrem Bauch, eine Waffe fiel zu Boden. Dr. Renfros geschocktes Gesicht.
Und dann vermisste ich ihn. Den großen Bruder, den besten Freund. Und dieses Gefühl tat so unheimlich weh. Ich merkte nicht einmal wie ich meine Handschellen sprengten, als ich meine Hände zu Fäusten ballte und gegen die Scheibe schlug. „Nein!“ zischte ich. „Das glaub ich einfach nicht!“ Sie erschafften uns, manipulierten uns, drillten uns und dann töteten sie uns und dann… Dann manipulierten sie an unseren Leichen herum?
Ich spürte Brin auf mich zukommen und drehte mich blitzschnell um. Alle starrten sie mich an. Die Wachen, die sich um Max gescharrt hatten… Max, die geschockt und todtraurig aussah, Alec… sein Blick war fasziniert und amüsiert und Dr. Renfro. Sie sah zufrieden aus. Und dann war da noch Brin. Sie sah aus als würde sie Zack nicht im Mindesten interessieren.
Meine Augen schossen förmlich Blitze als ich sie ansah. „Er hat auch dir mehr als einmal das Leben gerettet! Schon vergessen, Schwester?“ fauchte ich gefährlich leise. Sie sah unbeteiligt aus, als sie ruhig antwortete. „Er war ein Dummkopf. Wir hätten niemals abhauen sollen.“ „Ach ja? So wie Jayce? Sie ist schwanger und doch noch vor Manticore geflohen, Brin! Oder wie du? Sie haben dich einer Gehirnwäsche unterzogen und nun bist du ihr kleines Hündchen!?“ „Besser das… als ein unkontrollierbares Monster zu sein… Wie du Ruby!“ Das hatte gesessen. Ich starrte sie an und versuchte mit allerletzter Kraft meine Wut zurückzuhalten. Aber sie war noch nicht fertig. Jetzt kam sie so richtig in Fahrt.
„Sieh, was euch das gebracht hat: Ein Leben auf der Flucht plus eine Tote Zwillingsschwester. Ist es das was du wolltest?“ Wenn Blicke töten könnten, würde sie bereits tausendmal gestorben sein. „Oder nein warte. Da gab es doch auch noch eine Geschichte. Die unglaubliche Liebesgeschichte Von Ruby und Ben.“
Ihre Stimme wurde plötzlich zuckersüß. Und ich stellte mir vor wie es sich anfühlen würde, ihr die Kehle durchzuschneiden. ich sehnte mich in diesem moment nach meinem Dolch, wenn ich ihn hätte würde sie nicht ein Wort noch sagen können.
„Das hat schon in Manticore angefangen… Ach bitte guck nicht so verbittert! Wir haben es alle mitbekommen!“ „Brin! Sei Still!“ sagte Max wütend woraufhin Brin sich halb zu ihr umdrehte. Sie ließ mich nicht aus den Augen.
Ich war eine tickende Zeitbombe. „Was ist denn Max? hast du Schuldgefühle? Schließlich warst du es, die dem bösen Ben das Genick brach!“
Und dann ging alles ganz schnell. Mit einer einzigen fließenden Bewegung war ich direkt vor Brin, packte sie am hals und zerrte sie in die Luft, sie versuchte sich gegen meine Kraft zu stemmen, schaffte es aber nicht. Ihr Widerstand verpuffte einfach. Ich spürte meine Augen sich verfärben und umfasste ihr Genick mit meiner anderen Hand. Es wäre so leicht sie jetzt zu töten. Das alles ging so schnell, dass keiner der Wachen reagieren konnte und jetzt war es schon zu spät.
„Ich bin ein Monster, ja? Denkst du Ben war auch eines?“ „Nein der war ein Psychopath!“ keuchte sie, immer noch hart bleibend. Ich warf einen Blick zu Max, dann zu Alec.
„Ruby tu das nicht!“ bat Max ruhig. „Sie töten dich!“ Ich lachte leise auf. „Kenn ich schon!“ Sie hob eine Braue. „Nicht nur du warst klinisch tot Max. Ich brauchte nur kein neues Herz… Frag mich nicht warum sie mich zurück geholt haben… Aber das war ein Fehler!“ Ich sah hoch zu Dr. Renfro die erst befehle bellte und als sie meinen Blick spürte, erstarrte. Meine Augen waren immer noch pechschwarz wie die Nacht.
„Haben sie das gehört? Das war ein verdammter Fehler! Sie hätten mich sterben lassen sollen!“ „Beruhigen Sie sich Ruby.“ Sagte sie ruhig und in diplomatischem Ton, aber ich bemerkte, dass sie Angst hatte… Und dass sie den Wachen Zeichen gab.
„Ruby! Brin ist immer noch ein Teil deiner Vergangenheit!“ versuchte Max es wieder. Ich spürte wie ich meiner alten "Schwester" langsam aber sicher das Genick bracht. Mein Druck auf ihre Kehle wurde fester, sie schnappte nach Luft. „...und du findest, dass ich sie deswegen am Leben lassen sollte? Weil wir zusammen aufgewachsen sind? Was macht dich eigentlich so sicher, dass ich dich nicht genau so töten will?“ Sie schluckte hart. „Nichts. Aber ich denke wir sind quit. Du hast mir ein ganz schönes Ding verpasst.“ Ich lächelte eiskalt. „Das ist nichts im Vergleich zu dem, was ich mit Brin anstellen werde, wenn ich hier raus bin.“
Prompt versuchte die, sich zu befreien. Mit zwei Handgriffen renkte ich ihr die Schulter aus und brach ihr den linken Arm. Sie schrie vor Schmerzen auf und Dr. Renfro zuckte, als ob sie etwas Dummes unternehmen wollte.
Und dann kam plötzlich ein Anruf und sie wurde kalkweiß im Gesicht. „Was ist los?“ fragte Alec, der das sofort bemerkte. Dr. Renfro wandte sich an Max. „Ihr Freund… Eyes Only hat uns aufgespürt und die Koordinaten von Manticore öffentlich bekannt gegeben. Max hob erstaunt eine Braue. Renfro nahm ein Funkgerät aus der Tasche. „Hier ist Dr. Renfro ich gebe die Erlaubnis zur Eliminierung aller Soldaten. Tanken sie den Helikopter ich werde in wenigen Minuten da sein.“
Sie klappte das Handy zu und ich sah sie verwirrt an. Nein wir alle sahen sie verwirrt an, dann gab sie den Wachen um Max ein Zeichen. Und plötzlich rammte einer ihr eine Spritze in den Nacken. Ich riss überrascht die Augen auf. Im selben Moment tauchten aus verschiedenen Ecken Wachleute auf. Schwer bewaffnet und gepanzert und Sie alle zielten auf mich. Was hatten die vor? Blitzschnell hielt ich Brin als lebendes Schutzschild vor mich.
Dr. Renfro sah mich bedauernd an. „Schade, dass sie so ausrasten mussten…601. Sie sind mindestens genau so interessant wie..."Max". 452 hat eine sehr interessante Genstruktur.“ Sie sah zu Max, die gerade zusammenbrach. Dann sah sie mich wieder an. „Sie haben wir nie wirklich untersuchen können.“ Jetzt sah sie deprimiert aus. „Sie wären der Hauptgewinn gewesen Ruby. Aber der Trostpreiß ist auch nicht schlecht! Gut dass sie sie nicht getötet haben.“ Die Soldaten trugen Max zu Dr. Renfro und hinter ihr durch eine Tür hinaus. Alec warf mir einen nachdenklichen Blick zu und dann stand ich alleine mit Brin in der kleinen Halle mit dem Rücken zur Wand.
„Sie wissen, dass ich sie jetzt eliminieren lassen muss.“ Sagte die Manticore Chefin ernst woraufhin ich spöttisch lächelte. „Sie hatten bereits eine Chance… Dr. Renfro. Und die werden sie noch bitter bereuen.“ „Das Einzige was ich bereue, ist dass ich Alec nicht schon früher in ihre Zelle gesteckt habe… Das hätte uns dieses Desaster erspart.“ Ich sah Alec an. Er wirkte unschlüssig, was seine Rolle bei diesem ganzen Theater gewesen sein sollte.
Ich war nicht sicher, was sie mit Max vorhatten, aber ich spürte, dass ich ein schlechtes Gewissen haben würde, wenn ich ihr jetzt nicht half. Die Sache mit Ben war für mich erledigt. Ich hatte ihr eine Lektion erteilt. Aber ich konnte sie jetzt nicht Manticore überlassen.
Und sterben war für mich keine Option. Ich zählte 20 Männer plus Brin. Aber die wollte ich nicht so kurz und schmerzlos töten. Sie würde leiden für ihren Verrat. Kurz bevor Dr. Renfro und Alec den Raum verließen, sah ich wie Alec etwas fallen ließ. Etwas Silbernes, dass das Licht der Scheinwerfer reflektierte. Es war mein Dolch! Wie zum Teufel kam der Junge an meinen Dolch? Er warf mir einen vielsagenden Blick zu und ging dann.
Ich lächelte die Soldaten, die mir am nächsten standen an, dann zwinkerte ich ihm zu und bevor er seine Waffe abfeuern konnte, sprang ich in Richtung Dolch und riss Brin dabei mit.
Ich hörte Knochen Brechen, als sie aufgrund meines festen Griffes um ihr Genick, verdreht auf dem Boden landete. Als ich den metallenen Griff des Dolches in meiner Hand spürte seufzte ich erleichtert auf. "Okay. Dann lasst uns ein bisschen spielen."
Meine Stimme war übermütig und ich spürte das Adrenalin mit voller Wucht zurückkommen.
Was in den nächsten 10 Minuten geschah möchte ich nicht weiter ausführen. Ich war nicht stolz darauf. Ich muss aber dazu sagen dass das meiste Blut von Brin stammte. Die meisten Wachleute hatten das Glück durch einen Genickbruch getötet zu werden… wie auch immer.
Ich lief so schnell ich konnte durch die Gänge, hinter Dr. Renfro und Max her.
Als ich sie erreichte, waren sie kurz davor, in den Helikopter zu steigen... Max war wach und wehrte sich mit Händen und Füßen, aber Alec war verschwunden. Einer der Wachleute schien Max nun endlich in der perfekten Position zu haben um die Spritze geben zu können, da traf ihn meine Faust seitlich am Kopf, zerschmetterte den Helm und schickte den Mann sofort ins Reich der Träume. Vielleicht würde er nie aufwachen… aber mir war das egal.
Renfro starrte mich geschockt an und griff nach ihrer Pistole und einer Spritze. Ich lächelte sie an und ihr ängstlicher Gesichtsausdruck sprach Bände... Ich musste furchtbar aussehen. Über und über mit Blut besudelt die langen blonden Haare hingen strähnig um mein Gesicht.
Und dann hielt sie die Spritze an Max‘ Nacken und ohne eine Vorwarnung rammte sie diese der in den Hals. Max schrie auf vor Schmerz und fast zeitgleich mit Dr. Renfro, die daraufhin noch einen Schuss abgab. Ich betrachtete nachdenklich die Kugel, die mein Herz nur um wenige Zentimeter verfehlt hatte... und in meiner Schulter stecken geblieben war.
Dr. Renfro starrte mich fassungslos an.
Ihre Hände zitterten, als sie nach dem Dolch griff, der in ihrem Bauch steckte. Ich sah sie ruhig an. „Sie haben mich gerettet… als ich sterben wollte… und jetzt haben sie versucht mich zu töten… obwohl ich noch eine Aufgabe habe... und zwar Manticore endgültig zu zerstören.“ Jetzt lächelte ich und all die Wut kam hoch und meine Augen wurden schwarz. "Sie... sind außer Kontrolle X5-601!" keuchte sie und spuckte Blut.
„Was haben Sie Max gegeben?“ fragte ich böse und kam auf sie zu. „Ich sage Ihnen gar nichts!“ höhnte sie, während sie weiter Blut spuckte. Vermutlich hatte ich ihre Lunge gtroffen. Nein sogar ziemlich genau. Ich mochte es wenn Menschen Blut spuckten, es machte sie noch hilfloser als sie es sowieso schon waren.
Ich kniete mich neben ihr nieder und betrachtete die Spritze argwöhnisch. „Sagen Sie es mir lieber. Oder wollen Sie ihre letzten Minuten, die sie noch zu leben haben in Qualen verbringen, Dr. Renfro? Ich müsste dazu nur ein bisschen an dem Griff meines Dolches drehen.“
Ich tat es und sie stöhnte gequält auf. Max, die alles mit angesehen hatte, sich aber nicht bewegen konnte griff plötzlich nach meinem Arm. Schwach und mit wenig Widerstand. „Hör auf damit!“ Flüsterte sie und ich konnte sehen, das ihr diese einfachen Worte Schmerzen bereiteten, doch ich ignorierte sie komplett.
Nachdem Dr. Renfro noch einmal verzweifelt aufgestöhnt hatte und beinahe in Ohnmacht gefallen war, aus der ich sie mit einer Ohrfeige wieder zurückholte, sagte sie: „Es ist … ein Virus. Wenn sie Körperkontakt zu einem Menschen hat wird sie ihn töten!“
Max erbleichte. „Warum?“ Das wäre auch meine nächste Frage gewesen. Sie lächelte teuflisch. „Fragen Sie Alec!“ Und dann starb sie.
Ich zuckte mit den Schultern und stützte Max auf meine Schulter. „Warum tust du das?“ fragte sie benommen, als sie realisierte, dass ich sie mitnehmen würde. „Ich habe gesehen was Zack für dich getan hat… Es soll nicht umsonst gewesen ein… Es ist immerhin sein Herz, dass da in deiner Brust schlägt.“
Und dann verlor sie das Bewusstsein. Auf dem Weg nach draußen bemerkte ich, dass sämtliche Insassen befreit worden waren. Sie alle waren in höchster Panik auf dem Weg nach draußen, deswegen fiel unsere Flucht auch nicht auf.
Texte: Die Geschichte basiert auf der von James Cameron produzierten Science Fiction Serie "Dark Angel".
Hinweis: Die Serie stammt aus dem jahr 2000. Gelegentlich übernehme ich Szenen aus der Serie.
Tag der Veröffentlichung: 21.09.2009
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