Seit langem war dies das erste freie Wochenende für Hitomi. Natürlich hatten sich ihre Freundinnen die Gelegenheit nicht nehmen lassen, sie mit zum Feiern zu schleppen.
Doch warum auch nicht? Hitomi war seit mehreren Monaten endlich mal wieder in der Heimat. Und bevor der Job sie wieder voll und ganz in Beschlag nahm, wollte die junge Frau einfach mal den Kopf frei bekommen.
Das ganze Vorhaben hatte schon mit einer sehr amüsanten Vorbereitung begonnen. Alle hatten sich bei Greta eingefunden und für die Party fertig gemacht. Natürlich war dabei schon das ein oder anderen Glas geleert wurden. Fertig gestylt und mit bester Laune hatten sich die vier Freundinnen in das Nachtleben von Wien gestürzt.
Hitomi überließ ihren Freundinnen die Auswahl des richtigen Clubs. Sie kannten sich inzwischen viel besser im Nachtleben der Stadt aus. Sie landeten in einem der angesagtesten Nachtclubs. Scheinbar mussten ihre Freundinnen öfters hier sein, denn der Türsteher begrüßte Greta, Anne und Melissa herzlich mit einer Umarmung. Ihnen allen wünschte er viel Spaß.
„Den werden wir garantiert haben“, strahlte Greta, nahm Hitomi an die Hand und zog sie mit sich in Richtung der hämmernden Bässe. Die Tanzfläche war gut gefüllt und die Musik war ein cooler Mix aus aktuellen Charts und Elektrobeats. Auf jeden Fall konnte man gut dazu tanzen und deswegen waren sie hier.
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht kam Greta mit vier Gläsern zu ihren Freundinnen getanzt und reicht jeder eines.
„Also Mädels, lassen wir es heute krachen.“ Ebenfalls freudestrahlend stießen die Frauen an. „So schnell bekommen wir Hitomi wahrscheinlich nicht wieder zu sehen“, ergänzte Melissa und nippte an ihrem Drink.
„Ich kann doch auch nichts dafür, dass mich mein Job die meiste Zeit von euch fernhält,“ stöhnte Hitomi gespielt theatralisch. „Und außerdem will ich heute Abend nicht an meinem Job denken. Los, zeigt mir was man hier so anstellen kann“, fügte Hitomi hinzu und zeigte mit ihrem Glas in Richtung Tanzfläche.
Das ließen sich die anderen nicht zwei Mal sagen und begaben sich mitten unter die tanzwütige Masse. Die Drinks zeigten bereit eine leichte Wirkung. Hitomi fühlte sich befreit von der täglichen Last und gab sich der Musik hin.
Ihre langen blonden Haare schwangen bei jeder Drehung um sie herum und streiften dabei ihre nackten Oberarme. Anne hatte ihre eines ihrer Kleider geliehen. Es war ein einfaches schwarzes Kleid mit Spagettiträgern. Nichts Besonderes, aber für eine rauschende Partynacht sehr gut geeignet. Beim Make up hatte sie vielleicht etwas übertrieben mit den dunklen Augen und den knallroten Lippenstift. Aber auch das war egal, schließlich würde sie in nächster Zeit nicht wieder in diesen Club gehen.
Zwischen den einzelnen Songs schrie Greta ihrer Freundin etwas zu laut direkt ins Ohr. „Das wird mir hier allmählich zu voll. Lasst uns woanders hingehen.“
Hitomi ging davon aus, dass sie den Club wechseln wollte. Dabei gefiel es ihr hier sehr gut. Die Musik war genau nach ihrem Geschmack. Doch statt in Richtung Ausgang zu gehen, führe Greta die kleine Gruppe direkt auf einen abgesperrten Bereich zu. Durch eine Kordel und zwei wachsam dreinblickende Herren war dieser Bereich vom übrigen Club abgetrennt.
Mit einem umwerfenden Lächeln trat Greta auf einen der Männer zu. Sie hatte schon immer eine ganz besondere Wirkung auf Männer gehabt. Mit ihrem gut trainierten und dennoch kurvenreichen Körper hatte sie schon die Hälfte der Männer um den Finger gewickelt, bevor sie überhaupt den Mund aufgemacht hatte. Spielerisch griff sie sich in ihre braunen Locken und beugte sich leicht vor, um dem Mann etwas ins Ohr zu sagen.
Ein amüsiertes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Mannes. Lächelnd schüttelte er den Kopf und entfernte die Kordel. Mit einer Handbewegung wies er die Frauen an durchzugehen.
„Viel Spaß Lady’s“
„Danke, den werden wir haben“, antwortete Greta und gab ihm einen Kuss auf die Wange, bevor sie ihren Freundinnen folgte.
„Wie machst du das nur immer? Ich meine, ich habe es inzwischen ein paar Mal miterlebt und kann es immer noch nicht fassen, wie du es schaffst wirklich jedem Mann um den Finger zu wickeln“, sagte Hitomi überrascht.
„Das war nun wirklich nicht schwer. Greta ist öfter hier und kennt wahrscheinlich jeden der Security-Männer beim Namen,“ erklärte Anne und legte Hitomi den Arm um den Hals.
Das erklärte so einiges. Nicht jeder gelangte so einfach in den VIP-Bereich eines Clubs. Der war meistens den besonderen Gästen vorbehalten. Hier gab es mehrere Nischen mit Sofas und Glastischen. Der VIP-Bereich war gut besucht, sodass den vieren nur ein Tisch ganz hinten übrigblieb. Aber das war ihnen egal. Sie waren nicht zum Sitzen hierhergekommen sondern zum Feiern.
Die nächste Runde Drinks spendierte Melissa. Erneut stießen die Frauen auf den Abend an. Durch das Tanzen und die angestaute Luft lief Hitomi der Schweiß ihrem Rücken hinab. Der kalte Drink war da die reinste Wohltat. Mit einem zufriedenen Seufzer stellte sie das Glas ab und schaute sich etwas genauer um.
Die Einrichtung war um einiges luxuriöser, als im normalen Bereich. Die Sofas waren sehr wahrscheinlich mit echtem Leder bespannt. An der Decke hingen mehrere Kronleuchter aus Kristall in dem sich die bunten Lichter fingen. Es war ein faszinierender Anblick.
„Also ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich verschwinde auf der Tanzfläche. Wer begleitet mich?“
Natürlich standen alle Frauen sofort auf. Der VIP-Bereich hatte seine eigene Tanzfläche. Hier war es nicht weniger voll, als auf der anderen, doch die Leute waren wesentlich besser gekleidet. Zwischen als den schicken Menschen fühlte sich Hitomi kurzzeitig etwas fehl am Platz in ihrem einfachen Kleid und den Riemchensandaletten.
Doch eigentlich war es egal, ob sie nun Designerkleider trug, wie die meisten hier, oder nur ein ganz einfaches vom H&M. Nach dieser Nacht würden sie gleich durchgeschwitzt sein.
„Na los, Hitomi, zeig mal was du drauf hast.“, rief Greta und stürzte sich ins Vergnügen. Hitomi ließ sich von der Musik mitreißen. Sie drehte und bewegte sich zum Rhythmus der Beats. Die vergaß alles um sich herum und genoss einfach diese unbeschwerte Nacht.
Plötzlich spürte sie eine Hand an ihrer Hüpfe und war sofort in Alarmbereitschaft. Beinahe wäre sie in übliche Verhaltensmuster verfallen, als ihr gerade noch reichzeitig einfiel wo sie sich gerade befand.
„Dich sehe ich zum ersten Mal hier“, raunte ihr eine tiefe Stimme ins Ohr. Hitomi drehte sich um, um zu sehen, wer sich an sie ran machte. Der Mann war groß und gut gebaut, hatte wilde dunkle Haare, die ihm in die Augen fielen. Es waren seine Augen, die Hitomi in ihren Bann zogen. Durch das flackernde Licht konnte sie es nicht genau erkennen, aber sie glaube das seine grünen Augen direkt auf sie fixiert waren.
„Ich bin auch zum ersten Mal hier“, antwortete Hitomi kokett und bewegte sich weiter zum Rhythmus der Musik. Der Mann tat es ihr gleich und legte ihr erneut die Hand die Hüfte. „Na na, nicht frech werden“, ermahnte Hitomi ihn und zog augenzwinkernd seine Hand weg.
Das schreckte ihn aber nicht ab. Er tanzte weiter mit ihr und stellte sich dabei sogar recht gut an. Er passte sich ihr an und achtete auf jede ihrer Bewegungen. Die ganze Zeit über spürte sie seinen Blick auf sich. Ein leichtes Prickeln überzog ihre Haut.
Nach einer Weile verspürte Hitomi einen wahnsinnigen Durst und machte Anstalten die Tanzfläche zu verlassen. „Du willst doch nicht etwa gehen?“, fragte sie der Mann und griff nach ihrer Hand. „Nein, ich brauch nur dringend etwas zu trinken“, antwortete Hitomi und ging weiter in Richtung ihres Tisches. Ihre Gläser war verschwunden und von ihren Freundinnen war keine in der Nähe.
Mit einem Seufzer ergab sich Hitomi der Situation und wollte gerade zur Bar gehen, als ihr von hinten ein neues Glas gereicht wurde.
„Ich hoffe das trifft deinen Geschmack.“ Unsicher nahm Hitomi das Glas an und drehte sich zu ihrem Begleiter um. Er hatte ebenfalls ein Glas in der Hand und hob es ihr entgegen.
Mit einem Schulterzucken prostete Hitomi ihm zu und nahm einen Schluck von der kühlen Flüssigkeit. Der Drink was um einiges stärker und schien ihr direkt in den Kopf zu steigen.
„Was ist das?“
„Wiskey on the rocks. Ich hoffe er schmeckt dir.“
Hitomi nahm einen zweiten Schluck und spürte wie die bernsteinfarbene Flüssigkeit ihr brennend den Hals hinab lief. „Ich bin für gewöhnlich kein Wiskey-Trinker“, antwortete sie und stellte das Glas auf ihrem Tisch ab. Sie wollte zurück auf die Tanzfläche, ob nun allein oder mit ihrem Gönner.
Er folgte ihr sofort und griff wieder nach ihrer Hand und zog sie nah an sich heran. Seine Hand lag auf ihrem Rücken und drückte Hitomi an sich. Er tanzte mit ihr, als würden sie sich schon eine Ewigkeit kennen und das nicht zum ersten Mal machen.
Die ganze Zeit über lag sein Blick ausschließlich auf ihr. Herausfordernd legte Hitomi den Kopf schief und schaute zu ihm auf. Ein schiefes Lächeln spielte um seine Lippen, als er den Finger unter ihr Kinn legte.
War es eine gute Idee, sich darauf einzulassen? Hitomi wusste es nicht. Sie wollte sich die Nacht nicht verderben lassen. Der Typ sah gut aus und schien ernsthaft an ihr interessiert zu sein. Also, warum sollte sie nicht einmal etwas riskieren?
Herausfordernd zog Hitomi die Augenbraue hoch. Das Lächeln des Mannes wurde breiten, als er sich zu ihr hinabbeugte und seine Lippe auf ihre legte. Zunächst noch zurückhaltend fuhr er mit der Zungenspitze über ihre vollen Lippen.
Als sie sich ihm bereitwillig öffnete, drang seine Zunge in ihren Mund ein und begann sie zu verschlingen. Der Kuss wurde intensiver. Und dieser Mann konnte küssen. Ob sie es gewollte hatte oder nicht, Hitomi gab sich voll und ganz seinem Kuss hin.
Ihr Begleiter drückte sie dabei an sich und bewegte sich weiter zur Musik. Als er sich kurz von ihr löste, war Hitomi völlig atemlos. Ihr Herz hämmerte wie wild und drohte ihr aus der Brust zu springen. So war sie noch von keinem Mann geküsst worden.
Der Alkohol schien sein Übriges zu tun. Hitomi schwirrte der Kopf und ihre Beine drohten weich zu werden. Sie legte ihre Arme um seinen Nacken und zog ihn zu sich hinab. Dieses Mal wollte sie ihm zeigen, dass sie ihm in Nichts nachstand. Er ließ sich auf ihr Spiel ein und hieß sie willkommen.
„Wie wäre es, wenn wir uns etwas zurückziehen?“, fragte sie der Mann, als er sich das nächste Mal von ihr löste.
War das wirklich eine gute Idee, fragte sich Hitomi. Normalerweise ließ sie sich nicht so einfach auf einen Mann ein. Bei ihm fiel es ihr jedoch schwer nein zu sagen.
Verunsichert nickte sie und ließ sich von ihm von der Tanzfläche führen. Er steuerte zielstrebig eine Tür hinter der Bar an. Mit einem kurzen Nicken wandte er sich an den Barkeeper, bevor er die Tür aufstieß und Hitomi mit sich zog.
Statt des erwarteten Treppenhauses befanden sich die beiden in einem weiteren schick eingerichteten Zimmer. Es befanden sich mehrere Sitzmöglichkeiten, einer eigene Bar und Musikanlage darin.
Als die Tür ins Schloss fiel, würde Hitomi an diese gedrückt und ein weiterer leidenschaftlicher Kuss wurde ihr geschenkt. Sie fuhr mit den Fingern durch sein dunkles Haar und zog leicht daran. Ein wohliges Stöhnen war zu hören. Genüsslich erkundeten seine Hände ihren Körper.
„Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Hier kommt keiner rein“, raunte der Mann und ließ seine Hände zu ihren Oberschenkeln wandern.
Hitomi stieß einen überraschten Schrei aus, als er sie hochhob. Automatisch schlang sie die Beine um seine Hüfte. Doch er drückte sie weiterhin gegen die Tür, wodurch sie überhaupt keinen zusätzlich halt brauchte. Sie packte ihn an den Schultern, damit er kurz innehielt.
„Ich hoffe du hast etwas dabei, sonst können wir das gleich abbrechen.“, sagte Hitomi außer Atem.
„Ich habe Kondome dabei. Ich bin bei solchen Sachen vorsichtig“, antwortete er und strich Hitomi eine Strähne aus dem Gesicht.
Seine Hand wanderte ihren Hals hinab, bevor er die Linie mit seinem Mund nach fuhr. Hitomi legte den Kopf nach vorne und hielt sich an ihm fest. Seine Küsse trieben sie in den Wahnsinn.
Er war an ihrer Halsbeuge angekommen und verweilte dort eine Weile. Mit den Händen schob er ihre dünnen Träger beiseite, wodurch ihr das Kleid hinter rutschte. Zum Vorschein kam ein schwarzer Schalten-BH.
Er schaute sie sich anerkennend an, bevor er wieder ihren Hals mit Küssen bedeckte. Mit einer Hand umfasste er ihre linke Brust und begann sie zu kneten.
„Oh mein Gott2 stieß Hitomi aus und ließ den Kopf nach hinten fallen. Sie beuge sich ihm entgegen, soweit es ihr möglich war. Mit einem schiefen Lächeln glitt sein Finger unter dem linken Träger ihres BH und schon ihn beiseite.
Kurze Zeit später folge der rechte Träger. Hitomies Nerven waren bereits jetzt zum Zerreißen angespannt. Sie hatte das Gefühl überall von ihm berührt zu werden. Seine Hände wanderten von ihren Brüsten ihre Taille hinab. Seine Finger stricken sacht über ihre Schenkel bevor er ihren Po packe und fest druckte. Wodurch das letzte bisschen Luft zwischen ihnen erstickt wurde.
„Du bist wunderschön“, flüsterte er als sein Mund ihr Dekolleté hinab wanderte. Mit der Zunge umkreiste er ihre Knospe und nahm sie schließlich genüsslich in den Mund. Erneut entfuhr Hitomi ein Schrei.
Sie stand in Flammen und war diesem Mann vollkommen ausgeliefert. Er schien genau zu wissen was er tat und stimulierte jede einzelne ihrer Nervenzelle.
Einen kurzen Moment hielt er inne und schaute Hitomi direkt in die Augen. Er umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. Mit der Hüfte presste er Hitomi gegen die Tür, wobei sie deutlich die Beule in seiner Hose spüren konnte.
Als würde er auf ihre Zustimmung warten, ließ er sie beide in dieser Position verharren.
Ein glückliches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Es war Antwort genug für ihn. Er küsste sie, eroberte erneut ihren Mund, während seine Hände ihren Po packten. Mit einem Ruck löste er sich von der Tür und trug Hitomi zu einen der Sofas.
Sachte legte er sie darauf ab. Er stemmte die Arme rechts und links von ihr in die Polster und positionierte sein Knie zwischen ihren Beinen.
Als er sich erhob, hatte Hitomi Gelegenheit ihn genauer zu betrachten. Er sah wirklich gut aus und hatte etwas Verwegenes an sich. Doch da war noch mehr, aber sie konnte es nicht genau in Worte fassen.
„Für meinen Geschmack hast du noch viel zu viel an.“, meinte die junge Frau und streckte die Hand nach dem Hemd ihres Liebhabers aus. Sie selbst war bereits halb nackt.
Wieder erschien das schiefe Lächeln auf seinem Gesicht. Als würde es ihm Spaß machen, öffnete er jeden Knopf extrem langsam. So viel Geduld konnte Hitomi nicht mehr aufbringen. Sie zerrte an dem Hemd bis die verbliebenen Knöpfe nachgaben.
Sein Oberkörper war gut trainiert. Die Muskeln seiner Brust waren fest und auch seine Bauchmuskeln zeichneten sich leicht ab. Genüsslich fuhr Hitomi mit den Händen seine Bauch nach bis sie seine Brust erreichte.
Ungeduldig streifte er das Hemd von seinen Schultern und warf es in eine Ecke.
Hitomi zog ihn zurück zu sich und küsste ihn. Er wanderte ihren Hals hinab und widmete sich erneut ihren Brüsten. Als sie den Rücken durchbog, nutze er die Gelegenheit und öffnete den Schluss ihres BHs.
Meine Hände umschlossen ihre Brüste, während seine Daumen über ihre inzwischen harten Knospen strichen.
„Ja“, stöhnte sie und lief den Kopf nach hinten fallen.
Ihr ganzer Körper brach in Schweiß aus und wollte endlich Erlösung finden. Sie spürte wie seine Hand unter ihr Kleid wandert. Um ihm zu helfen, hob Hitomi den Po an, als er ihr das Höschen auszog. Der raue Stoff seine Jeans kratzte an der Innenseite ihre Schenkel. Sachte wiege er die Hüfte und brachte sich in Position.
Sie schlang die Arme um seinen Hals und bedeckte diesen mit heißen Küssen. Sie könnte spüren, wie er den Kopf seiner Jeans öffnete und sie hinab schob. Mit den Beinen trat er das lästige Kleidungsstück bei Seite und ließ sie wieder auf ihr sinken.
Er küsste sie innig und mt einen Stoß dran er in sie ein. Hitomi raubte es den Atem. Er füllte sie voll und ganz aus. Als er begann sich langsam in ihr zu bewegen, beugte sie sich jeden seiner Stöße entgegen.
Mit den Fingern fuhr Hitomi über seine breiten Schultern und hielt sich an ihm fest. Das Tempo wurde schneller und mit jedem Stoß kam sie der Erlösung näher. Ihr Herz schlug wie wild.
Eine Welle der Leidenschaft brach über ihr zusammen. Er gab ein lautes Stöhnen von sich als auch er zum Höhepunkt kam.
Keuchend brach er über ihr zusammen. Sie waren beide völlig außer Atem. Um sie nicht zu erdrücken schlang er die Arme um Hitomi und rollte sich mit ihr auf die Seite.
„Das war der Wahnsinn“, keuchte er und drückte sie fest an sich. „Ich kann mich nicht beschweren“, antwortete Hitomi und strich ihm einige Strähnen aus den Augen.
Der Alkohol und ihre Leidenschaft hatten Hitomi so erschöpft, dass sie kaum noch die Augen offenhalten konnte. Sie wollte sie nur einen Moment schließen, um sich zu beruhigen und wieder Herr ihrer Sinne zu werden. Allerdings klappe dies nicht ganz.
Sie war tatsächlich eingeschlafen. Hitomi war völlig überrascht aufgeschreckt, als sie gemerkt hatte, wie jemand sie an sich drückt. Als sie nach kurzem Überlegen realisierte, wo sie sich befand, hatte sich Hitomi vorsichtig aus der Umarmung gelöst, ohne ihren Liebhaber dabei zu wecken.
Ihr Kleid hing nur noch auf ihrer Hüfte. Etwas panisch schaute sie sich nach ihrer Unterwäsche um. Ihren BH fand sie als erstes, zog ihn an und richtete Ihr Kleid. Ihr Slip lag in der anderen Ecke.
Wie spät es inzwischen war, wusste Hitomi nicht, da im ganzen Raum keine einzige Uhr angebracht war. Ihre Freundinnen suchten sicher schon nach ihr.
Ohne einen weiteren Blick auf den schlafenden Mann zu werfen, verließ Hitomi den Raum und drang in den Lärm des immer noch gut besuchten Clubs ein.
„Da bist du ja. Wir wollten schon einen Suchtrupp nach dir losschicken.“, erklang Gretas Stimme. Sie legte den Arm um Hitomis Schultern und führe ihre Freundin, zurück zu ihrer Nische im VIP-Bereich.
„Wir dachten schon du wärst auf der Toilette eingeschlafen.“; scherzte Melissa, als die beiden Frauen sich setzten.
„Sehr witzig“, brummte Hitomi und setzte sich so, dass sie möglichst nicht zu sehen war. „Wie spät ist es eigentlich?“
„Was denn, bist du schon müde? Bist es offensichtlich nicht mehr gewohnt, lange wach zu bleiben“, grinste Anne und zwinkerte Hitomi amüsiert zu. Gleichzeitig schaute sie auf die Uhr. Um die Uhrzeit abzulesen, drehte sie das Handgelenk in alle möglichen Richtungen.
„Es ist fast fünf. Ich denke für heute reicht es. Die guten Kerle sind eh alle schon vergriffen.“, antwortete Anne und streckte die Arme in die Höhe.
Greta und Melissa tranken ihre Drinks aus und griffen nach ihren Taschen, als Zeichen, dass sie bereit für den Aufbruch waren.
Um sich nicht ein weiteres Mal zu verlieren, hielten sich die vier Frauen an den Händen und stolperten aus dem VIP-Bereich hinaus in den kühlen Morgen.
Sebastian betrachtete sich aufmerksam in dem mannhohen Spiegel. Heute war für seine Familie ein wichtiger Tag. Alle Augen würden auf sie gerichtet sein. Da war es unabdinglich akkurat hergerichtet zu sein und keinen Fehler zu begehen.
Seine kurzen dunklen Haare waren feinsäuberlich nach hinten gekämmt. Auch die widerspenstigste Strähne hatte er irgendwann unter Kontrolle gebracht. Seine Uniform saß perfekt. Die wenigen Orden an seiner rechten Brust steckten in einer perfekten Reihe nebeneinander und glänzten im sanften Sonnenlicht, das durch die großen Fenster schien.
Die Spuren der letzten Nacht hatte er zum Glück aus seinem Gesicht vertreiben können. Zu seinem Leidwesen war er allein auf dem Sofa des Hinterraumes im Club aufgewacht. Seine überaus hübsche Begleitung musste sich irgendwann aus seiner Umarmung geschält haben, als er geschlafen hatte. Dabei hatte er sie extra fest an seine Brust gedrückt, damit sie ihm nicht entkommen konnte.
Tja, leider war dieser Versucht gescheitert. Noch immer schwirrte sie ihm im Kopf herum. Dabei war sie nicht die erste Frau, die er mit sich genommen hatte. Aber etwas an ihrem Blick und die herausfordernde Art, die sie an den Tag gelegt hatte, hatten Sebastians Interesse geweckt.
Doch leider kannte er weder ihren Namen noch hatte er ihre Handynummer. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sie in nächster Zeit ein zweites Mal treffen würde, waren dementsprechend gering. Schon allein aus dem Grund, dass er in den kommenden Wochen von seinem Amt in Anspruch genommen werden würde.
Heute stand die Willkommensfeier seiner Schwester an. In wenigen Minuten würde der Empfang beginnen.
Sebastians Eltern traten in den Vorbereitungsraum, der sich direkt hinter dem Empfangssaal befand. Sie sahen beide herrschaftlich. Sein Vater in der traditionellen Uniform mit den zahlreichen Orden, ähnlich derer, die Sebastian trug. Und seine Mutter mit dem cremefarbenen langen Kleid, der Schärpe in den Farben der Landesfahne, rot und gold, und dem zierlichen Diadem, das in ihren aufgesteckten Haaren funkelte.
„Sebastian, schön, dass du dich bereits eingefunden hast.“, begrüßte ihn seine Mutter herzlich. Er trat ihr entgegen und schloss sie in die Arme, wobei er ihr einen Kuss auf die Wange hauchte.
„Ich hätte nicht erwartet, dich hier pünktlich anzutreffen.“, kommentierte sein Vater die Begrüßung, wich dabei aber keinen Schritt von seiner Frau zurück.
Sebastian richtete sich wieder zu voller Größe auf und richtete einen herausfordernden Blick auf seinen Vater. Es war nicht der richtige Zeitpunkt für eine erneute Auseinandersetzung mit seinem Vater. Aber die nächste würde sicher nicht lange auf sich warten lassen.
Gerade als Sebastian doch noch etwas erwidern wollte, erklangen die Fanfaren mit der Nationalhymne des Landes. Alle drei richteten sich gerade auf. Sebastians Mutter hakte sich bei ihrem Mann unter und beide traten an die Doppelflügeltür, die in den Empfangssaal führte.
Keine Minute später, wurde die Tür von zwei Dienern geöffnet, die während der ganzen Zeit schweigend an dieser gestanden hatten.
Aus dem Saal erklang die kräftige Stimme des Hofmeisters. „Begrüßen Sie nun ihre Majestäten König Richard und Königin Isabell.“ Kaum waren ihre Namen genannt worden, traten Sebastians Eltern in den Empfangssaal, wo sie von den geladenen Gästen mit Applaus und Knicksen begrüßt worden.
„Und nun begrüßen Sie seine königliche Hoheit, Kronprinz Sebastian.“
Sebastian drückte die Schultern durch und nahm Haltung an. Selbstsicher und mit einem leichten Lächeln mit Gesicht trat auch er in den Empfangssaal und trat an die rechte Seite seiner Mutter. Seine Position war ein Schritt hinter seinen Eltern.
Sie standen auf einem leicht erhöhten Podest. Hinter ihnen befanden sich vier herrschaftliche Sessel, mit Blattgold und rotem Samt bezogen. Sie Sessel seiner Eltern waren größer und standen noch einmal zusätzlich auf einer kleineren Erhöhung.
Dadurch war wirklich für jeden auf den ersten Blick erkennbar, welche Position der anwesenden Königshäuptern jeder innehatte.
Sebastian ließ den Blick unauffällig über die geladenen Gäste streifen. Die meisten der Anwesenden waren ihm bekannt. Es waren immer die gleichen geladenen Gäste, die an derlei Veranstaltungen teilnahmen. Nur die gehobenen Persönlichkeiten des Landes, Botschafter von anderen Ländern und weitere Personen, die für das Königshaus von Bedeutung waren, hatten sich im Empfangssaal eingefunden.
Es würde also wieder eine dieser langweiligen Veranstaltungen werden, denen Sebastian nur zu gerne entkommen wäre. Allein die Tatsache, dass es ein wichtiger Tag für seine Schwester war, hatte dafür gesorgt, dass Sebastian sich pünktlich aus dem Bett gequält hatte. Für kaum einen anderen hätte er diese Strapazen, nach der letzten Nacht, auf sich genommen.
Ein weiteres Mal erklangen die Fanfaren und alle Blicke wandten sich nach links zu der großen Flügeltür, die in den Empfangssaal führte. Der Weg durch den die geladenen Gäste vor gut einer halben Stunde getreten waren.
Die große Flügeltür wurde von zwei weiteren Dienern geöffnet und dahinter kam, nach und nach, eine kleine Gruppe zum Vorschein.
„Begrüßen wir herzlich Prinzessin Charlotte.“
Mit einem strahlenden Lächeln, das mit ihren Juwelen um die Wette funkelte, schritt Charlotte grazil in den Empfangssaal und zog alle Blicke auf sich. Die trug ein himmelblaues bodenlanges Kleid mit einem weiten Rock, der bei jedem ihrer Schritte mitschwang. Wie die Königin verlief über Charlottes Brust die Schärpe in den Farben des Landes. Ihre schwarzen Haare waren teilweise hochgesteckt, wobei sich einzelnen Locken um ihre Schultern wanden.
Seine Schwester hatte einen fulminanten Auftritt. Jetzt stahl sich sogar ein wirkliches Lächeln in Sebastians Gesicht. Achtlos schweifte sein Blick zu den Begleitern seiner Schwester. Es waren zwei ihrer Hofdamen, die ebenfalls in eleganten Kleidern steckten, aber bei Weitem nicht so herausgepustet waren, wie Charlotte. Und dann folgten noch vier weitere Personen aus dem Begleitschutz der Prinzessin.
Es handelte sich um die üblichen gut gebauten Männer mit ausdruckloser Miene, gutsitzenden Anzügen deren wachsamer Blick die ganze Zeit durch den Saal wanderten. Schon als die den Empfangssaal noch nicht einmal richtig betreten hatten.
Erst als Charlotte ihren Weg durch den Saal fortsetzte und anschließend auf ihre Eltern zukam, entdeckte Sebastian eine weitere Frau in der Entourage seiner Schwester. Und er glaube seinen Augen nicht zu trauen.
Die scheinbare Leibwächterin seiner Schwester schien die Frau zu sein, mit der Sebastian sich letzte Nacht im Club vergnügt hatte und die ihm entkommen war.
Sie nahm am rechten Rand des Saals Aufstellung, wo sich bereits weitere Leibwächter und Diener aufgestellt hatten. Sein Blick verfolgte unauffällig jeden ihrer Schritte. Sie trug heute ein wesentlich dezenteres Make up, wenn sie denn überhaupt welches trug. Ihre langen blonden Haare waren zu einem strengen Knoten in ihrem Nacken gebunden. Und anstelle des freizügigen schwarzen Kleides, steckte sie in einem maßgeschneiderten Anzug des Königshauses, den alle Leibwächter trugen.
Sie schaute kein einziges Mal in Richtung des Podestes, sondern schaute die ganze Zeit zu Charlotte.
Sebastians Schwester war am Podest angekommen und sank in einen tiefen Knicks.
Der König trat einen Schritt nach vorne und ergriff mit seiner kräftigen Stimme das Wort.
„Es ist uns eine große Freude Prinzessin Charlotte wieder im Palast Willkommen heißen zu können. Es erfüllt uns mit großem Stolz, dass sie ihre Ausbildung an der Mädchenschule für gehobenen Töchtern in München erfolgreich abgeschlossen hat und in nächster Zeit neue Aufgaben für das Königshaus übernehmen wird.“
Applaus ertönte im Saal.
Mit einem glücklichen Lächeln erhob sich Charlotte und ergriff die ausgestreckte Hand ihres Vaters, der sie auf dem Podest willkommen hieß. Sowohl der König, als auch die Königin schlossen ihre Tochter in eine herzliche Umarmung, bevor sie links vom König ihren Platz einnahm.
Für ihren Bruder blieb da nur ein kurzer Blick hinter den Rücken ihrer Eltern übrig. Sie würden später die nötige Zeit finden, um sich wichtig begrüßen zu können.
„Die Feierlichkeiten werden im Schlossgarten stattfinden. Ich bitte Sie sich draußen einzufinden, während wir uns einen Moment mit unserer Tochter unterhalten.“
Die großen Glastüren an der rechten Seite des Empfangssaal wurden von den Dienern geöffnet und gemächlich traten die Gäste auf die große Terrasse, von der aus es in den Schlossgarten ging.
Kaum setzten sich die geladenen Gäste in Bewegung richtete sich erneut Sebastians Blick auf die Leibwächterin seiner Schwester. Sie hatte sich von den anderen Leibwächtern getrennt und ging nun zu der Tür hinter dem Postest zu. Sie öffnet eine der Flügeltüren und trat in dem Vorbereitungsraum.
Da Charlotte ihre Eltern in ein Gespräch verwickelt hatte, trat Sebastian von dem Podest hinunter und bahnte sich seinen Weg zum Vorbereitungsraum. Kaum hatte er den Raum betreten, signalisierte er den Dienern mit einem Kopfnicken, dass sie den Raum verlassen sollen und schloss die Tür hinter ihnen.
Hitomi ging schon einmal voraus in den Vorbereitungsraum, in den in wenigen Minuten sicherlich auch ihre Schutzbefohlene und deren Eltern folgen würden. Es war lächerlich hier die Sicherheit zu überprüfen, aber es gehörte nun einmal zu ihrem Job und der war ihr sehr wichtig.
Im Palast sollte der Königsfamilie keine Gefahr drohen. Dennoch konnte man nie vorsichtig genug sein.
Während ihr aufmerksamer Blick durch den großen Raum schweifte, huschte er auch kurz an einem großen Spiegel vorbei, der an einer der Wände zwischen zwei großen Fenstern angebracht war.
Schnell prüfte Hitomi noch einmal ihr Erscheinungsbild. Zum Glück war es ihr gelungen mit reichlich Concealer ihre Augenringe zu kaschieren. Die Nacht war verdammt kurz gewesen, was man ihr vor wenigen Stunden noch überaus deutlich hatte ansehen können.
Inzwischen war sie wieder voll bei sich und konnte ihre Aufgabe pflichtbewusst wahrnehmen. Ihre Haare, die sie zu einem strengen Knoten geschlungen hatte, saßen akkurat. Ein einzelnes Härchen stand ab. Und trotzdem strich sie vorsichthalber noch einmal mit der flachen Hand darüber.
Hitomi hörte schnelle Schritte hinter sich und wie die Tür ins Schloss fiel. Augenblicklich wandte sie sich vom Spiegel ab und nahm wieder Haltung ein.
„Das ist wirklich eine unerwartete Überraschung.“
Anders konnte Hitomi es auch nicht sagen. Ihre Augen weiteren sich für eine Sekunde vor Schreck, bevor sie wieder die neutrale unbeteiligte Maske aufsetzte. Ihr gegenüber stand niemand anderes als der gutaussehende Mann, den sie letzte Nacht auf dem Sofa im Nachtclub schlafend zurückgelassen hatte.
Und, um dem ganzen im wahrsten Sinne des Wortes die Krone aufzusetzen, handelte es sich bei ihm ganz offensichtlich um den Kronprinzen höchst persönlich.
Hitomis Mund wurde staubtrocken. Ihr Herz schien aus seinem gewohnten Rhythmus zu geraten, als der Prinz mit großen Schritten den Raum durchquerte und auf sie zukam.
„Dem kann ich nicht widersprechen.“ Antwortete Hitomi sachlich distanziert, als Sebastian vor ihr stehen blieb. Sie reckte das Kinn und musste zu ihm aufschauen. Letzte Nacht war das nicht zwingend von Nöten gewesen, da sie höhere Absätze getragen hatte.
Bei genauer Betrachtung seines Gesichtes, verstand Hitomi, warum sie ihn nicht bereits im Empfangssaal erkannt hatte. Seine dunklen Haare hingen ihm nicht mehr verwegen im Gesicht, sondern waren nach hinten gekämmt. Auch seine Augen wirkten bei Tageslicht vollkommen anders.
Sie waren nicht wie von Hitomi vermutet grün, sondern vielmehr blau mit vereinzelten grünen Sprenkeln darin.
Ganz zu Schweigen von seiner vollkommen anderen Kleidung. In seiner Uniform war sein ganzes Austreten nicht mit dem von letzter Nacht zu vergleichen.
Es machte beinahe den Eindruck, als wären der Mann im Club und der Kronprinz zwei verschiedene Menschen.
„Du bist heute ziemlich unterkühlt. Ich habe dich eigentlich anders in Erinnerung.“, riss Sebastian Hitomi aus ihren Überlegungen. Er trat sogar noch einen weiteren Schritt auf sie zu, um sie aus der Reserve zu locken.
„Das war eine vollkommen andere Situation. Da wusste ich noch nicht wer Ihr seid.“
„Soll das heißen, wenn du gewusst hättest wer ich bin, wäre die letzte Nacht gar nicht zustande gekommen?“ Sebastian zog überrascht die linke Augenbraue hoch.
„Diese Frage stellt sich gar nicht mehr.“, erwiderte Hitomi und schaute Sebastian direkt in die Augen. Er war ihr inzwischen gefährlich nahe gekommen, sodass Hitomi nicht mehr die Möglichkeit blieb den Abstand zwischen ihnen wieder zu vergrößern, denn hinter ihr befand sie die Wand.
Sie konnte seine Wärme spüren, was ihr die Ereignisse der letzten Nacht sehr lebendig in Erinnerung rief. So gern sie es allein auf den Alkohol geschoben hätte, das konnte sie nicht. Sie hatte ihn gewollt und dabei alle Regeln über Bord geworfen.
„Mich würde die Antwort dennoch interessieren.“, drängte Sebastian weiter.
Hitomi atmete aus und strafte die Schultern, bevor sie dem Kronprinzen antwortete. „Ich bin nicht dumm. Jeder kennt die Geschichten aus den schönen Märchenbüchern. Der Prinz muss die Prinzessin heiraten und ich bin definitiv keine Prinzessin.“
Ihre Antwort schien Sebastian zu überraschen, denn er brauchte einen Moment bevor ihm eine passende Antwort einfiel. Gerade als er ansetzen wollte, war das Drücken der alten Türklinke zu hören.
Zum Glück traten Charlotte und das Königspaar in den Raum. Hitomi entfernte sich von Sebastian und nahm ihre Position neben er Tür ein, als der Schatten, der immer diskret im Hintergrund Wache hielt.
Nun leider hielt Charlotte von dieser Position im Hintergrund nicht viel und fiel Hitomi stattdessen freudestrahlend um den Hals.
„Hitomi, ist das schön dich endlich wiederzusehen“, lachte Charlotte und nahm Hitomi in eine mehr als herzliche Umarmung, die diese zunächst nur zaghaft erwiderte. Doch niemand konnte dem Charm der Prinzessin widerstehen, weshalb Hitomi ebenfalls die Arme um Charlotte schloss und sie endlich richtig begrüßte.
„Es freut mich auch dich wiederzusehen. Ich hoffe die Heimreise war angenehm.“, flüsterte Hitomi Charlotte ins Ohr, damit die anderen ihr kurzes Gespräch nicht belauschen konnten.
„Die Heimfahrt war ok, nur etwas langweilig ohne dich.“ Charlotte zwinkerte Hitomi vielsagend zu, als sie sich von ihr löste und wieder den vorgeschriebenen Abstand zwischen sich und der Leibwächterin brachte.
„Frau Kirsch, es freut mich Sie endlich persönlich im Palast willkommen zu heißen. Wir sind Ihnen überaus dankbar, dass Sie für das Wohlergehen unserer Tochter gesorgt haben, während sie ihre Schule beendet hat.“, ergriff der König das Wort und stellte sich vor Hitomi auf.
Sofort deutete Hitomi einen Knicks an, wie es den Angestellten des Palastes vorgeschrieben war.
„Es ist mir eine Ehre, eure Majestät. Vielen Dank, dass Sie mir Ihr Vertrauen zuteilwerden lassen, indem ich die Position der persönlichen Leibwächterin von Prinzessin Charlotte übernehmen darf.“
„Das Wohlergehen unserer Tochter liegt uns sehr am Herzen, müssen Sie wissen. Sie haben alle Anforderungen erfüllt, als wir auf der Suche nach einem passenden Leibwächter für Charlotte waren.“, ergriff die Königin das Wort und trat an die Seite ihrer Tochter.
„Es hat dafür gesorgt, dass wir uns weniger Sorgen während ihrer Zeit in München gemacht haben.“
„Ach Mutter, jetzt übertreib bitte nicht.“, stöhnte Charlotte auf und verdrehte die Augen. Eine typische Reaktion für eine junge Frau in Charlottes Alter.
„Ich habe die mir übertragende Aufgabe mit großer Sorgfalt und Gewissen angenommen. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich auch weiterhin für den Schutz der Prinzessin sorgen darf.“ Hitomi hatte insgeheim nicht damit gerechnet, dass sie auch weiterhin für das Königshaus arbeiten würde. Sie war vor etwa einem halben Jahr zunächst nur für die Zeit in München eingestellt worden. Sobald die Prinzessin wieder in Wien weilen würde, wären ihre Dienste nicht mehr zwingend notwendig gewesen.
„Ich hatte es als eine meiner Bedingungen gefordert, dass du weiterhin an meiner Seite bleibst.“, gestand Charlotte und nickte Hitomi aufmunternd zu. „Ich vertraue dir und absolutes Vertrauen zwischen Leibwächter und Schutzbefohlenen ist unabdingbar.“
Die beiden Frauen wussten, dass weitaus mehr hinter dem Wunsch der Prinzessin stand, Hitomi als ihre Leibwächterin zu behalten, doch das sollte unter ihnen bleiben.
„Davon einmal abgesehen, ist es wesentlich angenehmer eine Frau als Leibwächterin zu haben, als ständig von diesen Männern in schwarz mit ihrem ernsten Blick begleitet zu werden. Ihr könnt sagen was ihr wollte, aber unauffällig ist das niemals.“
„Meine Schwester weiß genau, welche Argumente sie vorbringen muss, um das zu bekommen was sie will.“, ergriff Sebastian das Wort. Sofort leuchteten Charlottes Augen auf und ein glückliches Lächeln erhellte ihr Gesicht.
„Ich habe dich so vermisst.“, schrie Charlotte fröhlich auf und fiel Sebastian um den Hals, der seine Schwester in eine innige Umarmung schloss.
„Ich habe dich auch vermisst, meine Kleine. Haben sie in München eine richtige Dame aus dir gemacht oder steckt in all diesem blauen Stoff irgendwo noch meine Schwester?“
„Ich werde dir schon noch zeigen, dass ich noch genau die gleiche Schwester bin, wie vor München.“ Herausfordernd boxte Charlotte gegen Sebastians rechte Schulter und löste sich aus der Umarmung.
„Sebastian, also wirklich.“, ermahnte die Königin ihren Sohn.
„Du solltest dir lieber eine Scheibe von deiner Schwester abschneiden. Sie legt bei Weitem mehr Ernst und Bestreben für ihre Position an den Tag, als du zu meist.“
Hitomi verfolgte schweigend das Wortgefecht zwischen dem Herrscherpaar und ihren Kindern. Aus dem Gesicht des Kronprinzen war augenblicklich sämtliche Freude über das Wiedersehen mit seiner Schwester verschwunden. An deren Stelle war ein ernster Blick und ein verkniffener Mund getreten.
Es musste offensichtlich öfters zu Spannungen zwischen Vater und Sohn kommen. An die Öffentlichkeit drang von derlei Meinungsverschiedenheiten nie etwas. Auch Charlotte hatte bisher nichts in der Richtung erwähnt.
Die Zeit im Palast würde offensichtlich einige Überraschungen und Veränderungen für Hitomi bereithalten.
„Hast du deine Zimmer schon gesehen.“, wechselte die Prinzessin geschickt das Thema und griff nach Hitomis Hand.
„Nein, dazu bin ich noch nicht gekommen.“
„Du musst sie dir unbedingt ansehen, sie sehen herrlich aus.“ Bevor Charlotte in weitere Schwärmereien verfallen konnte, mischte sich erneut der König ein.
„Dafür ist jetzt keine Zeit. Die Gäste erwarten unsere Anwesenheit. Wir haben sie schon viel zu lange auf uns warten lassen.“
Etwas enttäuscht ließ Charlotte die Hände sinken und trat an die Seite ihrer Eltern.
„Frau Kirsch, ich denke ihrer Anwesenheit wird ebenfalls draußen erwartet. Gehen Sie bitte vor, während wir uns noch einen kleinen Moment frisch machen.“
Ohne weitere Zeit zu verschwenden, knickste Hitomi vor dem Königspaar, warf einen kurzen Seitenblick auf Charlotte und verließ mit schnellen Schritten den Vorbereitungsraum. Die angespannte Stimmung war überaus unangenehm gewesen. Hitomi hoffte, dass sie nicht ein weiteres Mal in einen offensichtlich offenen Streit zwischen König und Kronprinz geraten würde.
Denn genau das waren diese vier Personen im Vorbereitungsraum.
Sie waren die Herrscher und ihre Nachfolger. Als etwas anderes durfte Hitomi sie nicht sehen. Es war ihr verboten engeren Kontakt zu ihnen zu pflegen. Es durfte nichts über die Grenzen ihres Aufgabenbereichs hinaus gehen.
Das hieß, dass Hitomi die letzte Nacht vergessen musste. Sebastian war der Kronprinz und nichts weiter. Es würde zu ihren Aufgaben gehören für sein Wohlergehen zu sorgen. Allerdings nur soweit es um den Schutz seines Lebens ging. Alles weitere war untersagt.
Hitomis Verhältnis zu Charlotte könnte sich in Zukunft ebenfalls ändern. In München waren die beiden Frauen zu einer Art Freundinnen und Vertrauten geworden. In der unbeobachteten Welt der Mädchenschule war dies kein Problem gewesen. Hitomi hatte Charlotte überall hinbegleitet und an ihrem Leben teilgehabt.
In Wien würde das nicht mehr der Fall sein. Die meiste Zeit würde sich Charlotte im Palast aufhalten und die andere Zeit, meist bei öffentlichen Auftritten, würde Hitomi zu der großen Gruppe der Leibwächter gehören, die die Königsfamilie schützen.
Hitomi atmete einmal tief durch und zog ihre Jacke zurecht. Mit einem letzten prüfenden Blick durch den Empfangssaal trat die junge Frau durch die geöffneten Glastüren ins Freie.
Die geladenen Gäste hatte sich auf der Terrasse und im weitläufigen Garten verteilt. Meistens standen sie in kleinen Gruppen zusammen, unterhielten sich oder stießen gemeinsam mit einem Glas an.
Alles machte einen ruhigen und sicheren Eindruck. Eine kleine gemütliche Gartenparty mit den wichtigsten Persönlichkeiten des Landers. Vollkommen unbedenklich. Bei diesem Gedanken musste Hitomi kurz auflachen.
Solche Veranstaltungen waren nie unbedenklich, selbst dann nicht, wenn sie auf dem Palastgelände stattfanden. Selbst der bestgesichersten Ort könnte einem Anschlag zum Opfer fallen. Leider gab es dafür genügend Beweise aus der Vergangenheit.
Um kein unnötiges Aufsehen zu erregen, trat Hitomi zu den anderen Leibwächtern, die sich am Rand des Gartens aufgestellt hatten.
Ihren ersten Arbeitstag im Palast hatte sich Hitomi eigentlich etwas anders vorgestellt. Eine gewohnte Aufgabe zu übernehmen, würde ihr dabei helfen, über die Ereignisse der letzten halben Stunde in Ruhe nachdenken zu können.
Unauffällig wanderte ihr Blick über die zahlreichen Gäste in ihren schicken Kleidern und Anzügen, die sich überall verteilt hatten.
Einige schlenderten entspannt durch die große Gartenanlage und unterhielten sich. Andere suchten den Schatten auf und genossen die kühlen Getränke, die ihnen von aufmerksamen Dienern gereicht worden.
Hitomi selbst stand zusammen mit ihren Kollegen in der prallen Mittagssonne, die erbarmungslos auf sie hinab schien. Eigentlich liebte Hitomi solche Tage. Allerdings begann sie, in ihrem maßgeschneiderten neuen Anzug, zu schwitzen. Natürlich ließ sie sich nichts anmerken, doch besonders angenehm fühlte es sich nicht an.
Aus Richtung des Palastest kamen weitere Männer, in schwarzen Anzügen, in die Garten getreten. Ihnen folgte nur wenigen Schritten dahinter das Königspaar. Von der kleinen Gruppe von Leibwächtern löste sich eine der Männer und kam zielstrebig auf Hitomi zu.
Sein Auftreten war tadellos. Das langsam ergrauende Haar hatte er kurz geschnitten und ein gut getrimmter Bart zog sich über seine Wangen und Mundpartie.
Der Mann blieb direkt vor Hitomi stehen und musterte sie aufmerksam.
„Frau Krisch, es freut mich sie endlich persönlich sprechen zu können. Bisher hatten wir nur telefonisch Kontakt zueinander.“
Hitomi ergriff die ihr angebotene Hand und schüttelte diese. Der Händedruck des Mannes war kräftig, aber nicht zu fest.
„Aber wo sind meine guten Manieren. Ich bin Frank Walthers.“
Jetzt begriff Hitomi endlich mit wem sie es zu tun hatte. Frank Walther war der Sicherheitschef des Palastes und somit ihr Chef. Bisher hatte sie nur ein Foto auf der Personalseite des Palastes gesehen. Dieses Foto musste jedoch schon älter sein, denn darauf waren die Haare des Sicherheitschef noch wesentlich dunkler und er trug keinen Bart.
„Es freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen.“, antwortete Hitomi freundlich und verstärkte etwas ihren Händedruck.
„Hatten Sie bereits die Gelegenheit sich einen Überblick über alles zu verschaffen?“, erkundigte sich Frank Walthers weiter, während er sich neben Hitomi in die Reihe der Leibwächter stellte.
Es war eine Angewohnheit aller Leibwächter, die diesen Job schon längere Zeit machten. Sie mochten es nicht mit dem Rücken zu Menschengruppen zu stehen. So hatten sie keine Möglichkeit das Geschehen im Auge zu behalten.
Hitomi war dies in Fleisch und Blut übergegangen, sodass sie es, auch wenn sie privat unterwegs war, kaum unterdrücken konnte.
„Leider noch nicht.“, gab Hitomi ehrlich zu und ließ die Hand ihres Chefs los. „Der Zeitplan heute Morgen war so eng getaktet, dass keine Zeit blieb, um die einzelnen Bereiche in Augenschein zu nehmen.
„Das hatte ich mir schon gedacht. An Tagen wie diesen sind alle in höchster Alarmbereitschaft. Obwohl die Veranstaltung auf dem Palastgelände stattfindet und sämtliche Gäste im Vorfeld geprüft wurden, bleibt dennoch die Anspannung erhalten. Besonders wenn man sich die jüngsten Entwicklungen anschaut.“
Bisher war Hitomi allein für die Sicherheit von Charlotte verantwortlich gewesen. In München war die Anspannung bei Weitem nicht so spürbar greifbar gewesen, wie in Wien. Das Volk musste sich immer noch an die neu aufgebaute Monarchie gewöhnen, obwohl bereits die zweite Generation am Regieren war. Dennoch musste es vor knapp siebzig Jahren ein gewaltiger Einschnitt gewesen sein, als die stark geschwächte Demokratie von der Monarchie abgelöst wurde. Nicht jeder war damit einverstanden gewesen und lehnte sie auch heute noch ab. Obwohl sich in den letzten Jahren gezeigt hat, dass es zu deutlichen Verbesserungen und Stabilisation geführt hatte.
„Heute wird sich keine Gelegenheit mehr bieten, um Ihnen alle Abläufe, Räumlichkeiten und Regeln zu zeigen oder zu erklären. Das wissen wir beide.“, nahm Herr Walthers das Gespräch wieder auf.
„Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu.“ Ein amüsiertes Lächeln erschien auf dem markanten Gesicht des Sicherheitschefs.
„Ich schlage vor, wir treffen und morgen um elf Uhr in der Sicherheitszentrale. Von dort aus kann ich Ihnen am besten einen genauen Überblick geben. Falls bis dahin irgendwelche Fragen aufkommen sollten, wenden Sie sich einfach an einen der anderen Leibwächter. Auch wenn sie nicht so aussehen, die meisten von ihnen sind recht freundlich.“
Hitomi musste lachen. Dank des Zwinkerns war klar, dass ihr Chef einen Spaß gemacht hatte. Er war ihr jetzt schon sympathisch. Hitomis anfängliche Bedenken am Morgen wurden nach und nach kleiner. Offensichtlich würde sich an ihrem bisherigen Arbeitsverhältnis nicht so viel ändern, wie sie befürchtet hatte.
„Sie müssen mich jetzt entschuldigen. Die Pflicht ruft.“ Ohne Hitomis Antwort abzuwarten, entfernte sich Frank Walthers mit großen Schritten von der jungen Frau und nahm seine Position in der Nähe des Königspaares wieder ein.
Inzwischen waren auch Charlotte und ihr Bruder aus dem Palast gekommen und mischten sich unter die Gäste. Aus Gewohnheit wanderte Hitomis Blick immer wieder zur Prinzessin. Charlotte wirkte ausgelassen und lachte viel. Auch wenn ihre Schutzbefohlene es niemals zugeben würde, wusste Hitomi, dass sie ihre Familie vermisst hatte. Die wenigen Anrufe und Nachrichten, die sie von ihren Eltern erhalten hatte, waren nur ein schwacher Trost für die junge Prinzessin gewesen. Nur wenn sich Charlotte unbeobachtet gefühlt hatte, hatte sie ihren Gefühlen freien Lauf gelassen. Hitomi hatte ihr die dafür nötige Privatsphäre gegeben, obwohl sie Charlotte gerne getröstet hätte.
Zumindest im Moment schien die Welt der Prinzessin aber in Ordnung zu sein.
Am Abend nach einem schnellen Abendbrot, bekam Hitomi ihr Zimmer zugewiesen. Sie war erschöpft und von dem ewigen Stillstehen taten ihr der Rücken und die Füße weh. Der Haushofmeister ging in schnellen Schritten vor Hitomi her. Da blieb der jungen Frau kaum Zeit, um einen kurzen Blick auf die zahlreichen Gemälde, Vorhänge und Blumengestecke zu werfen, die sich in den langen Gängen aufreihten.
Unerwartet blieb der Haushofmeister vor einer Tür stehen und drückte die Klinke, sodass die Tür leicht aufsprang.
„Dies wird in Zukunft Ihr Zimmer sein. Es befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den Gemächern der Prinzessin. Herr Walthers hatte das so angeordnet, obwohl es nicht üblich ist, dass sich das Wachpersonal im Wohntrakt der Königsfamilie aufhält.“
Der Unmut über diese Sonderregelung war dem Mann deutlich anzusehen. Da konnte er noch so gut versuchen es sich nicht anmerken zu lassen. Hitomi hatte einen Blick für die Emotionen anderer und versuchte dies für sich zu nutzen.
„Vielen Dank, dass Sie mir den Weg gezeigt haben. Ich werde mit dem Rest alleine klarkommen.“
Mit einem letzten herablassenden Blick entfernte sich der Haushofmeister mit dem gleichen schnellen Schritt, den er auch zuvor an den Tag gelegt hatte.
Hitomi schaute dem Mann einen kurzen Moment hinterher und zuckte dann mit den Schultern.
Mit dem sehnlichen Wunsch endlich aus ihren Schuhen herauszukommen, betrat Hitomi ihr Zimmer und es raubte ihr beinahe die Sprache.
Sie stand nicht, wie erwartet, in einem einfachen möblierten Zimmer, sondern vielmehr in einer kleinen Wohnung innerhalb des Palastes. Hitomi stand in einem sehr schick eingerichteten Wohnbereich mit Sofa, Tisch einem Sekretär und kleinen Schränken. Von hier ab führten drei Türen in weitere Zimmer. Die erste Tür führte in ein geräumiges Badezimmer.
Gerade als Hitomi die weiteren Zimmer in Augenschein nehmen wollte, flog die Doppeltür zu ihrer Rechten auf und Charlotte kam ihr entgegengesprungen.
„Und was sagst du? Gefällt es dir?“
Hitomi schaute Charlotte mit offenem Mund an, während die Prinzessin durch den Wohnraum tänzelte und es sich anschließend in einem bauschigen blauen Kleid auf dem Sofa gemütlich machte.
„Dein Zimmer befindet sich direkt neben meinem. Durch die Tür können wir jederzeit in die Räumlichkeiten des jeweils anderen kommen. Ich habe meine Eltern und Frank darum gebeten, dass du in meiner Nähe untergerbacht wirst.“, plapperte Charlotte weiter.
„Das ist wirklich eine Überraschung.“, schafft es Hitomi nach einer gefühlten Ewigkeit endlich zu antworten. Erstaunt setzt sie sich zu Charlotte aufs Sofa und ließ ihren Blick durch ihr neues Zuhause schweifen.
„So wird sich nicht viel ändern zu unserer Zeit in Wien. Ich hoffe du bist damit einverstanden.“, fügt Charlotte auf einmal verunsichert hinzu.
„Natürlich bin ich damit einverstanden.“, lächelt Hitomi und nimmt die Prinzessin in den Arm. „Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass ich so luxuriös untergebracht werde.“
„Man bin ich erleichtert. Für einen kurzen Moment habe ich Angst bekommen, dass es dir nicht gefällt.“, seufzt Charlotte und legt sich theatralisch die Hand an die Stirn.“
„Vielleicht wirst du diese Entscheidung früher oder später noch bereuen.“, stichelte Hitomi und beide Frauen finden schallend an zu lachen.
Hitomi hatte eine ziemlich unruhige Nacht hinter sich. Sie musste sich erst an das neue Bett und die noch vollkommen neue Matratze gewöhnen. Leider hatte sie dieses Problem immer wieder. Auch in der ersten Woche in München hatte sie jede Nacht nur wenige Stunden geschlafen, wenn überhaupt. Die meiste Zeit hatte sie sich hin und her gewälzt, um eine Position zu finden, die halbwegs bequem war.
Um sechs Uhr am Morgen hatte es Hitomi nicht länger ausgehalten. Unausgeruht hatte sie sich aus dem Bett gerollt und war in ihr neues Badezimmer getorkelt. Ihre samte Nacken- und Schulterpartie war komplett verspannt, weshalb sich die junge Frau nur mit großen Schmerzen gerade hinstellen konnte.
Nachdem etwas kaltes Wasser in Hitomis Gesicht gelandet war, fühlte sie sich schon wacher.
Ihre langen blonden Haare band sie zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammen.
Obwohl ihr alles weh tat, schlüpfte Hitomi in ihre Sportleggings, Shirt und Turnschuhe. Ihre übliche Morgenroutine sollte ihr Umzug in den Palast nicht stören. Solange es ihr Tagesablauf zu ließ, begann jeder Tag mit einer langen Runde Jogging.
Der Palast lag noch im tiefen Schlummer, weshalb sich Hitomi durch einen Nebeneingang aus dem Gebäude stahl, natürlich nicht ohne vorher mindestens zwei ihrer Kollegen begrüßt zu haben. Von beiden Männern hatte sie einen skeptischen Blick kassiert. Doch das störte Hitomi kein bisschen. Solche Blicke war sie bereits gewohnt.
Der Morgen war angenehm kühl. Das leise Zwitschern der Vögel war zu hören und tauchte alles in eine entspannte Atmosphäre.
Hitomi schaute sich einmal um und entschied sich spontan für den breiten Weg durch eine Allee aus Ahornbäumen. Es musste ein prachtvoller Anblick sein, wenn sich die Blätter im Herbst in ein sattes rot wandelten.
Mit einem sanften Lächeln auf dem Gesicht verfiel Hitomi langsam in einen schneller werdenden Laufschritt bis sie ihr übliche Tempo erreichte. Die Welt um sich herum blendete sie größtenteils aus. Natürlich blieb sie dennoch aufmerksam, aber diese eine Stunde am Morgen gehörte allein ihr und die wollte sie genießen. Besonders, weil heute ein wichtiger Tag für sie war.
Darüber konnte sie sich aber später noch Gedanken machen.
Keine Menschenseele außer Hitomi war unterwegs. Auch kein Gärtner oder andere Palastangestellte entdeckte die junge Frau auf ihrem Weg. Wenn sie es nicht besser wüsste, hätte man meinen können, der Palast und das Palastgelände wäre schon seit Jahren verlassen. Bevor die Monarchie wieder eingeführt wurden war, hatte der Palast als Museum gedient. Der Glanz der habsburger Dynastie, die über Jahrhunderte im Palast gelebt hatte, war lange Zeit erhalten worden. Bis zu jenem Tag, als die immer schwächer werdende Demokratie von der Monarchie abgelöst wurde. Obwohl inzwischen die zweite Generation der Goldbergs an der Macht war, hielten sich die stetigen Unruhen weiterhin. Ein Grund dafür, dass Hitomi als persönliche Leibwächterin für Charlotte angeheuert wurde. Bisher hatte es soweit wir keine Zwischenfälle gegeben. Wie sich dies in Wien ändern würde, würde Hitomi mit der Zeit sehen müssen.
Ein kurzer Blick auf ihre Armbanduhr, zeigte Hitomi, dass es langsam an der Zeit war zurück in Richtung Palast zu laufen. Auf ihrer bisherigen Strecke war Hitomi an mehreren Abzweigungen vorbeigelaufen. Wenige Meter vor ihr, war wieder eine solche. Kurzerhand bog Hitomi in den wesentlich schmaleren Weg ein und setzte ihre Laufstrecke fort. Ihre Vermutung, dass sie über diesen Weg zurück in Richtung Palast gelangte, war richtig.
Der Weg war bei Weitem nicht so ebenmäßig wie die Ahornallee, sodass Hitomi wesentlich mehr auf die Begebenheit des Bodens achten musste, um nicht aus dem Schritt zu geraten.
Dadurch entging ihr zunächst auch, dass sich in einiger Entfernung vor ihr ein weiterer Läufer befand. Als Hitomi ihn entdeckte, weckte er selbstverständlich ihr Interesse. Der erste Mensch, der ihr außerhalb des Palastes begegnete.
Wieder eine der Angewohnheiten, die jeder Leibwächter entwickelte. Jede noch so kleine Abweichung oder Veränderung weckte Augenblicklich ihr Interesse.
Der Läufer vor Hitomi war definitiv ein Mann. Er trug eine lockere knielange Sporthose, die seine durchtrainierten Waden zeigten und ein Kapuzenshirt ohne Ärmel. Die Kapuze hatte sich der Mann über den Kopf gezogen. Ein weiteres Merkmal, dass Hitomis Aufmerksamkeit erregte.
Die Bewegungen des Mannes waren geschmeidig und gleichmäßig, was vermuten ließ, dass er regelmäßig lief. Aller Wahrscheinlichkeit nach, handelte es sich um einen weiteren Kollegen, den Hitomi noch nicht kannte.
Da ihr die Zeit davonlief und sie gerne zum Abschluss ihrer Laufrunden einen kleinen Sprint einlegte, beschleunigte Hitomi ihre Schritte und kam dem Mann immer näher.
Als sie fast auf gleicher Höhe waren, machte die junge Frau einen Bogen und zog rechts an dem Mann vorbei. Aus dem Augenwinkel heraus versuchte Hitomi einen Blick auf das Gesicht des Läufers zu erhaschen. Doch er hate sich die Kapuze so tief ins Gesicht gezogen, dass rein gar nichts zu erkennen war.
Innerlich zuckte Hitomi mit den Schultern und ließ den Mann schnell hinter sich.
Zwischen den zahlreichen Bäumen, mit ihren dichten grünen Blättern, tauchte der Palast wieder auf, sodass Hitomi beinahe am Ziel war. Als sich die Bäume lichteten, um dem großen Platz vor dem Palast Raum zu geben, verlangsamte Hitomi ihren Schritt bis sie endgültig zum Stehen kam.
Der Schweiß rann ihr den Rücken und die Schläfe hinab. Die unangenehmen Verspannungen in ihrem Nacken und Schultern waren so gut wie verschwunden. Zufrieden stemmte Hitomi die Hände in die Hüfte und atmete mehrere Male tief durch.
Hinter sich konnte sie die näherkommenden Schritte des anderen Läufers hören. Gerade als sie sich zu ihm umdrehen wollte, hörte sie eine ihr inzwischen vertraute Stimme, die ihr eine Gänsehaus verursachte.
Die morgendliche Stille war genau das war er gebaucht hatte. Der gestrige Tag hatte sämtliche Höhen und Tiefen vereint, die man innerhalb von vierundzwanzig Stunden ertragen konnte.
Bevor das geschäftige Treiben im Palast und auf dem Gelände begann, nutze Sebastian die Zeit, um den Kopf frei zubekommen. Und das gelang ihm meistens am besten, bei einer ausgiebigen Laufrunde, bis ihm die Muskeln brannten und die Ohren klingelten, weil die Musik in seinen Kopfhörern dröhnte.
Er hatte sich bewusst für einen der abgeschiedenen Wege entschieden, als er seine Runde gestartet hatte. Die Kapuze seines grauen Shirts hatte er sich tief ins Gesicht gezogen, um so noch mehr die Außenwelt von sich fernzuhalten.
Seine Aufmerksamkeit richtete sich erst wieder auf den Weg unmittelbaren Weg vor sich, als jemand an ihm vorbeirannte. Zuerst dachte Sebastian es wäre irgendein Notfall und die Frau würde vor irgendetwas davonlaufen, so schnell wie sie an ihm vorbei war.
Sicherheitshalbe warf der Kronprinz einen Blick über die Schulter, doch da war nichts, weshalb der seinen Blick sofort wieder nach vorne richtete.
Der lange blonde Pferdeschwanz bewegte sich rhythmisch zu den kraftvollen Schritten der Frau, die sich immer weiter von Sebastian entfernte.
Ein erkennendes Lächeln stahl sich in sein Gesicht und der linke Mundwinkel zuckte nach oben. Es gab nicht viele Frauen im Palast, die zu so früher Stunde auf waren. Die wenigen kannte Sebastian und keine von ihnen hatte lange blonde Haare.
Automatisch beschleunigte Sebastian seine Schritte, um den Anschluss nicht zu verlieren. Bis er sie erreichte, genoss er die nette Aussicht, die sie ihm bot. Die Leggings und das enge Sportshirt betonten ideal ihre Kurven. Ihr Körper war muskulös, aber immer noch fraulich, wovon sich Sebastian bereits einen Eindruck hatte machen können.
Später beim Frühstück würde sich Sebastian unbedingt bei seiner Schwester bedanken müssen. Während ihres kurzen Gespräches nach dem Empfang hatte Charlotte ihm erzählt, dass sie ihre Eltern so lange dazu genötigt hatte, bis sie ihr Einverständnis gegeben hatten, dass ihre Leibwächterin bei ihr bleiben durfte. Seine Schwester war schon immer sehr überzeugend gewesen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Das war teilweise zu Sebastians Vorteil, als auch zu seinem Nachteil gewesen.
In diesem Fall war es auf jeden Fall für ihn von Vorteil gewesen.
„Einen besseren Start in den Tag hätte ich mir kaum wünschen können.“, begrüßte Sebastian die Leibwächterin seiner Schwester, als er wenige Schritte hinter ihr zum Stehen kam. Ruckartig wandte sich Hitomi zu ihm um, wobei ihr Pferdeschwanz um ihren Kopf flog und sich das Sonnenlicht darin verfing. Ihre blauen Augen weiteren sich, als sie ihn erkannte. Die anfängliche Überraschung verschwand allerdings schnell aus ihrem Gesicht.
Herausfordernd trat Sebastian näher an Hitomi heran und schlang die Arme um ihre schmale Taille, wobei eine seiner Hände nur knapp oberhalb ihres Pos zum Liegen kam.
„Na wenigstens hatte dann einer von und beiden einen guten Start.“, konterte Hitomi und schaute herausfordernd zu Sebastian auf. Er beugte sich leicht zu ihr herunter und verfolgte Aufmerksam jede kleine Regung in ihrem Gesicht.
Sie zog die Augenbraue hoch und lehnte sich nach hinten, um den Abstand zwischen ihren Gesichtern wieder zu vergrößern.
„Freust du dich etwa nicht mich zu sehen?“
„Ich habe gar nicht damit gerechnet, Euch überhaupt so früh am Morgen zu sehen.“
Ihre direkte Art gefiel Sebastian. Sie nahm kein Blatt vor dem Mund, obwohl sie inzwischen wusste, wer er war und welche Position er bekleidete. Es reizte ihn sie aus der Reserve zu locken und zu sehen, wie sie reagierte.
Kurzerhand erhöhte Sebastian den Druck seiner Hände auf ihren Rücken und drückte sie an sich.
„Wenn du willst, kann ich dafür sorgen, dass er für dich auch gut wird.“
In ihren Augen sprühten Funken, als sie sich zornig verengte. Energisch drückte Hitomi Sebastians Arme nach unten, sodass er sie aus seiner Umarmung entlassen musste. Sofort machte sie zwei Schritte zurück.
„Hört sofort auf damit. Ich habe Euch gestern bereits gesagt, dass die Sache im Club eine einmalige Geschichte war. Ich werde meinen Job nicht wegen einer Laune von Euch riskieren. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?“
Nun war es an Sebastian verärgert drein zu blicken. „Du bereust also unsere gemeinsame Nacht.“, stellte Sebastian fest. Obwohl es nicht sein erster One-Night-Stand gewesen ist, verärgerte ihn Hitomis Verhalten. Natürlich hatte er die meisten Frauen danach kein weiteres Mal gesehen, von vielen wusste er noch nicht einmal den Namen. Bisher hatte aber auch noch keine der Frauen sein Interesse auf diese Art und Weise geweckt.
„So würde ich es nicht sagen.“, ergriff Hitomi das Wort und riss Sebastian damit aus seinen Gedanken. Der aufflammende Zorn war aus ihren Augen verschwunden. „Es wird allerdings kein zweites Mal passieren. Dieser Job ist mir wichtig und ich werde ihn nicht für Euch riskieren.“
„Dann werde ich dich wohl davon überzeugen müssen, dass du einen großen Fehler machst.“, antwortete Sebastian und verschränkte die Arme vor der Brust, wodurch sich seine muskulösen Arme anspannten.
„Das wird Euch nicht gelingen.“
Mit diesen Worten wandte sich Hitomi von Sebastian ab und ging in Richtung des Nebeneinganges, den er ebenfalls genommen hatte.
„Das werden wir noch sehen.“, murmelte der Kronprinz und beobachtete Hitomi, bis sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte. Die Herausforderung, die sie darstellte, nahm Sebastian gerne an, denn er war noch nicht bereit dazu sie gehen zu lassen. Oh nein, er hatte noch lange nicht genug von ihr.
Die Stelle, an der Sebastians Hand auf ihrem Rücken gelegen hatte, prickelte noch immer verräterisch. Obwohl Hitomi inzwischen geduscht hatte und in ihre Arbeitskleidung geschlüpft war.
In ihrem Schrank hatten sich vier weitere Hosenanzüge befunden, sodass sie sich einen neuen Anzug gegriffen hatte und nicht wieder in den verschwitzen vom Vortag steigen musste. Ihren Pferdeschwanz hatte Hitomi gelöst und im Nacken zu einem einfachen strengen Zopf gebunden. Nach einem letzten prüfenden Blick verließ sich zum zweiten Mal an diesem Tag ihr Zimmer und begab sich in Richtung des Bedienstetengangs. Neben den großen, schön hergerichteten Hauptgängen, verliefen parallel die Gänge der Dienstboten. Die wurden hauptsächlich dazu genutzt, um möglichst schnell zu den Zimmern der Königsfamilie zu gelangen, wenn Sie nach einem Diener riefen. Gleichzeitig waren diese verborgenen Gänge ideale Fluchtwege, sollte es zu einem Angriff oder ähnlichen kommen. Durch eine in der Wand gut verborgene Tür, die durch einen versteckten Hebel geöffnet werden könnte, gelangte Hitomi in die wenig einladenden und eher zweckdienlichen Gänge.
Ihre Schritte halten dumpf von den engen Wänden wieder. Bevor Hitomi nach Charlotte schaute, wollte sie sich kurz über die aktuelle Lage informieren. Während ihrer gestrigen Ankunft im Palast hatte man sie in der Sicherheitszentrale über die wichtigsten Abläufe für den Tag informiert.
Bis zu ihrem Treffen mit Herrn Walther waren es noch einige Stunden. Trotzdem wollte Hitomi immer gut informiert sein. Um eine funktionierende Kommunikation zwischen den einzelnen Leibwächtern zu gewährleisten, erhielt jede von ihnen ein Mikrophon am Rever und einen Stecker fürs Ohr. Beides Holte sich Hitomi in der Kommunikationsabteilung ab.
„Irgendwelche besonderen Vorgänge?“, fragte Hitomi, als sie ihre Technik überreicht bekam und anbrachte. Die Frau mit den dunklen Haaren schüttelte erschöpft den Kopf.
„Nein, in der Nacht war alles ruhig. Nichts was uns Sorgen bereiten könnte.“ Die Frau drückte ein paar Knöpfe und flüsterte anschließend in ihr Mikro. „Können Sie mich hören?“
„Laut und deutlich.“, antwortete Hitomi mit einem Lächeln im Gesicht.
„Sie sind die Neue, oder? Die persönliche Leibwächterin unserer kleinen Prinzessin.“
„Als so klein würde ich sie nicht bezeichnen, denn das mag sie nicht. Aber ja ich bin Hitomi Kirsch, die Neue, wie sie es so nett formuliert haben.“ Meinte Hitomi und hielt der Frau die Hand hin. Nach einem kurzen Zögern ergriff diese Hitomis Hand mit einem festen Händedruck.
„Willkommen im Palast, Kleines. Ich bin Tina, die Stimme in deinem Ohr. Hier wird einiges anders laufen als bisher, also mach dich auf einiges gefasst.“
Hitomi musste über Tinas Ausdrucksweise schmunzeln. „Dann lass ich mich mal überraschen. Ich wäre den Vormittag bei der Prinzessin sein, bis zu meinem Treffen mit unserem Chef. Falls etwas sein sollte, informier mich bitte.“
„Du wirst dir schon bald wünschen nicht ständig meine Stimme im Ohr zu haben.“ Endlich lächelte auch Tina und verabschiedete Hitomi mit einem Tippen auf ihre Ohren.
Wenn man diesen Job machen wollte, mussten man sich einen gewissen Grad an Ironie erhalten. Anders konnte man diese ständige Anspannung nicht aushalten. Mit neuem Schwing ging Hitomi den Gang zurück und blieb vor Charlotts Zimmertür stehen. Statt die Verbindungstür zwischen ihren Zimmern und denen der Prinzessin zu nehmen, wollte Hitomi so oft wie möglich den offiziellen Weg zur Prinzessin nutzen. Es musste niemand wissen wie eng die Beziehung zwischen Charlotte und Hitomi war. Und im Notfall konnte die Verbindungstür ihnen von großem Nutzen sein. Also konnte es nicht schaden, die Wege zu nutzen, die allen Angestellten zur Verfügung standen.
Mit einem möglichst neutralen Lächeln hob Hitomi die rechte Hand, während sie die linke auf den Rücken legte. Dies war die vorgeschriebene Haltung, die jeder Angestellte beim Betreten eines Raumes einnehmen musste. Selbstbewusst klopfte Hitomi drei Mal an, bevor sie die Klinke drückte und die Räumlichkeiten der Prinzessin betrat.
„Guten Morgen Prinzessin Charlotte. Ich hoffe Ihr habt gut geschlafen.“, trällerte Hitomi und ging in Richtung des Schlafzimmers. Aus der angelehnten Tür war nur ein leises Grummeln zu hören, das Hitomi bereits sehr vertrat war. Mit wirren Haaren und noch schlaftrunkenden Augen trat Charlotte aus ihrem Schlafzimmer und blieb in der Tür stehen.
„Wie kann man am frühen Morgen nur so vor Energie sprühen?“
Es ist ein wunderschöner Morgen, die Sonne scheint, die Vögel singen und der Palast heißt euch willkommen.“, antwortete Hitomi und konnte sich nur mit Müh und Not ein amüsiertes Lächeln verkneifen.
„Wie lange bist du schon auf?“, fragte Charlotte immer noch leicht mürrisch und schlürfte zum Sofa. Hitomi warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
„Seit knapp zwei Stunden.“
„Das ist doch der absolute Horror.“, stöhnte Charlotte. „Ich meine, ich habe die Schule beendet und bin endlich wieder im Palast. Da muss es doch möglich sein, dass ich ein paar Tage ausschlafen kann, ohne irgendwelche Verpflichtungen zu haben.“
„Du kannst sicher ein paar freie Tage haben, ich aber nicht.“, meinte Hitomi und setzte sich zu ihrer Schutzbefohlenen aufs Sofa. „Ich werde ab jetzt noch mehr Verpflichtungen haben, als vorher. Und damit ich überhaupt noch etwas Zeit für mich habe, muss ich so früh aufstehen. Den meistens Teil des Tages nimmst du mich schließlich in Beschlag.“
Empört schlug Charlotte halbherzig mit einem Kissen nach Hitomi. „Willst du mir jetzt etwas die Schuld in die Schuhe schieben?“
„Ich offenbare die nur die Tatsachen.“ Hitomi wusste, dass die Prinzessin ein Morgenmuffel war und machte sich immer wieder einen Spaß daraus sie zu necken. Das konnten sie nur, wenn sie unter sich waren, weshalb Hitomi diese Gelegenheit in vollen Zügen ausnutze.
Große blaue Augen schauten zu Hitomi auf und versuchten sie zu erweichen. Als Hitomi in Charlottes Augen schaute, musste sie wieder an den herausfordernden Blick von Sebastian denken, als sie ihm heute Morgen begegnet war. Es waren nicht nur seine Hände knapp oberhalb ihres Pos gewesen, die ihr ein Prickeln auf der Haut verursacht haben. Es waren seine blauen Augen gewesen mit den funkelnden grünen Sprenkeln darin, die sie ihn seinen Bann gezogen hatten. Sie hatten förmlich geglüht, als er sie an seinen durchtrainierten Oberkörper gedrückt hatte. Und dass er wirklich muskulös war, wusste sie nur allzu genau.
Hitomi versuchte die Gedanken an den Kronprinzen abzuschütteln. „Dein Bruder ist auch schon seit ein paar Stunden auf den Beinen.“, argumentierte Hitomi weiter und musste einem zweiten Kissen ausweichen.
„Lass mich raten und bis ihm auf deiner morgendlichen Joggingrunde begegnet. Sebastian geht auch immer Laufen, wenn er einen schweren Tag hinter sich hat. Meistens passiert es nach einer erneuten Auseinandersetzung mit unserem Vater.“, sagte Charlotte und setzte sich auf. „Es tut mir leid, dass du das gestern miterleben musstest. Ich hatte eigentlich gehofft, dass die beiden sich zumindest für einen Tag beherrschen könnten.“
Scheinbar kamen der König und sein Erbe nicht sonderlich gut miteinander aus. Und das Schlimme daran war, dass Charlotte sich deswegen schlecht fühlte. Bisher hatte Hitomi nichts davon mitbekommen, also fragte sie auch nicht weiter nach.
„In jeder Familie gibt es mal Streitigkeiten. Selbst in meiner ist nicht immer alles rosarot. Mach dir keine Sorgen, ich habe gehört, junge Männer im Alter deines Bruders begehren gerne gegen ihre Eltern auf. Das wird sich mit der Zeit wieder legen.“ Hitomi zwinkerte der Prinzessin aufmunternd zu.
Ein schüchternes Lächeln erschien auf dem bildschönen Gesicht der jungen Frau. Allmählich erwachten ihre Lebensgeister und waren bereit für den ersten richtigen Tag zurück in Wien.
„Na schön, dann wollen wir mal. Da ich ab sofort keine Schuluniform mehr tragen muss, kann ich endlich wieder das tragen wonach mir der Sinn steht.“ Mit Schwung stand Charlotte vom Sofa auf und verschwand in ihrem Schlafzimmer.
„Na dann bin ich aber gespannt.“ Mit gemächlichen Schritten folgte Hitomi Charlotte und fand sich schon bald in einem riesigen Zimmer wieder, das allein für die Kleider der Prinzessin vorgesehen war. Zielsicher öffnete Charlotte Schubladen und Schränke und griff sich verschiedenste Kleidungsstücke heraus.
„Ich weiß nicht wie du bei diesen Massen an Kleidern den Überblick behältst.“
„Jahrelange Übung. Ich hatte schon immer ein Ankleidezimmer. Dieses hier habe ich genau nach meinen Vorstellungen eingerichtet. Wenn du einmal das System erkannt hast, wirst du dich auch spielend leicht darin zurechtfinden.“, antwortete Charlotte.
In der Zwischenzeit waren zwei Kammerzofen in das Ankleidezimmer gekommen und halfen Charlotte dabei sich anzukleiden und für den Tag zurecht zu machen. Hitomi überließ den beiden Zofen die Arbeit und trat zurück in den Wohnraum. Die Leibwächterin schritt den Raum mit gewissenhaftem Blick ab. Sie schaute hinter Ecken, Möbeln und Vorhängen nach. Eine Kenntnis der Raumaufteilung konnte nicht schaden.
Von hier aus gelangte man durch die Verbindungstür in Hitomis Zimmer. Prüfend öffnete Hitomi die Tür die Klinke und die Tür gaben keinerlei Geräusch von sich, was sehr gut war.
Wenige Minuten später stellte sich Charlotte neben die blonde Frau und verkündete feierlich. „Es ist Zeit fürs Frühstück. Es ist die wichtigste Mahlzeit des Tages, wie du mir immer wieder gesagt hast, also wollen wir uns auf den Weg machen?“
„Ich sehe es ist einiges von deiner Schulbildung hängen geblieben.“
Charlotte stupste Hitomi leicht mit dem Ellenbogen an. „Lass uns gehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass du auch noch nichts gegessen hast.“
„So ein schöner Tag und so ein finsteres Gesicht. Schwesterchen, was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“. Sebastian konnte sich ein amüsiertes Lächeln nicht verkneifen, während er seinen Kaffee trank.
Er saß wie jeden Morgen beim Frühstück, mit dem kleinen Unterschied, dass ihm ab heute wieder Charlotte gegenüber saß. Von ihrem gestrigen Strahlen über ihre Rückkehr nach Wien war allerdings nichts mehr zu erkennen. Seine Schwester blickte weiterhin finster drein und machte einen Schmollmund. Die neckende Frage quittierte sie lediglich mit einer hochgezogenen Augenbraue.
„Gut, vielleicht bist du bei einem anderen Thema gesprächiger.“, setzte Sebastian ein zweites Mal an. Für Gewöhnlich nutze er das einsame Frühstück, um sich über aktuelle Ereignisse in der Welt zu informieren. Dies hatte er heute eigentlich auf später verschieben wollen, da ihm Charlotte Gesellschaft leistete. Nur hatte er nicht damit rechnen können, dass sie so schlecht gelaunt sein würde. Normalerweise war sie am Frühstückstisch das blühende Leben und erzählte ihrem Bruder von ihren Plänen für den Tag. Oder auch die neusten Klatsch- und Tratschgeschichten unter ihren Freundinnen. Sie war manchmal ein typisches Mädchen ihres Alters.
„Wo hast du denn deine hübsche Begleiterin gelassen?“
Charlotte seufzte laut auf und ließ vollends den Kopf hängen. „Genau das ist doch das Problem.“, stieß seine Schwester aus, lehnte sich zurück in ihren Stuhl und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wie meinst du das?“, hakte Sebastian nach. Er stellte seine Tasse ab und lehnte sich nach vorne. Seine Schwester lag ihm am Herzen, bedeutend mehr als andere Mitglieder seiner Familie. Wenn es seiner Schwester schlecht ging, wollte er etwas dagegen unternehmen, schließlich verdiente dieses Mädchen nur das Beste, nachdem sie von ihren Eltern bisher immer nur hin und her geschoben wurde. Alles natürlich unter dem Vorwand nur die beste Ausbildung für ihre geliebte Tochter zu ermöglichen. Nur schenkte Sebastian diesem Vorwand keinen Glauben. Er hatte selbst miterleben müssen, wie wenig Zeit seine Eltern für ihn gehabt haben. Er wurde erst wirklich interessant für sie, als es an der Zeit war, dass er nach und nach Aufgaben im Auftrag der Krone übernahm und immer mehr in seiner Funktion als Thronfolger in die Öffentlichkeit gedrängt wurde.
„Spucks aus, Charlotte.“
„Ich wollte zusammen mit Hitomi zum Frühstück kommen. Doch wir wurden an der Tür vom Kammerdiener aufgehalten. Er hat es ausdrücklich untersagt, dass mich meine Leibwächterin zum Zwecke des Frühstückes hierher begleiten dürfe. Sollte ich allerdings um meine Sicherheit besorgt sein, hätte sie mich natürlich begleiten dürfen. Aber nur ausschließlich dann.“
Das war es also, was seiner Schwester den ersten Morgen zurück in Wien verdorben hatte.
„Es scheint wirklich für alles eine Regelung zu geben.“, meinte Sebastian abschätzig und nahm seine Kaffeetasse wieder in die Hand, um irgendetwas in der Hand zu haben. Diese ganzen unnötigen Regeln störten ihn ebenfalls. Sie schränkten ihn in seiner Freiheit ein und führten ihn immer wieder vor Augen, dass er niemals wirklich Herr über sein eigenes Leben sein würde. Darum versuchte er so oft wie möglich dem strengen Hofzeremoniell zu entkommen und tauchte im Nachtleben der Stadt unter. Zumindest für ein paar wenige Stunden konnte er so die unerträgliche Last und Erwartungen seines Amtes von sich werfen.
„Ich verstehe einfach nicht, wo das Problem ist. In München saß Hitomi immer bei mir und meinen Freundinnen im Internat und in der Schule. Niemand störte sich daran. Vielmehr bereicherte sie jedes unserer Gespräche und zeigte uns teilweise andere Sichtweisen auf. Mit ihr wurde es einfach nie langweilig. Hitomi schaffte es sogar mir die schlimmsten Ängste vor den unzähligen Abschlussprüfungen zu nehmen. Das hat sonst keiner geschafft.“ Erzählte Charlotte und strich sich eine nervige Strähne ihrer schwarzen Haare aus dem Gesicht.
„Das hier ist eine Welt für sich.“, antwortete der Kronprinz. „Davon einmal abgesehen, bin ich etwas enttäuscht.“ Charlotte schaute irritiert auf.
„Ich habe dir auch ganz viel Erfolg für deine Abschlussprüfungen gewünscht und dir Mut zugesprochen. Scheinbar war das vollkommen umsonst, wenn es nur deine hübsche Leibwächterin geschafft hat, dir deine Angst zu nehmen.“
Ein leichtes Zucken umspielte den Mund der Prinzessin. Scheinbar hatte Sebastian sein Ziel erreicht. Die trüben Gedanken seiner Schwester zu verbreiten.
„Es macht einfach einen enormen Unterschied, ob man persönlich mit jemanden spricht oder nur übers Handy. Trotzdem war mir dein Zuspruch wichtig. Davon einmal abgesehen, ist es deine Pflicht mich zu unterstützen. Wozu sind große Brüder sonst da?“
Das Strahlen kehrte in Charlottes blaue Augen zurück. Gleichzeitig griff sie endlich nach ihrem Croissant, das für gewöhnlich keine zehn Minuten überlebte. „Lass es dir schmecken. Du kannst noch früh genug zu deiner Leibwächterin zurück, wenn du sie so sehr vermisst.“ Den letzten Satz murmelte Sebastian mehr in seinen Kaffee, als das er ihn an Charlotte richtete.
Zwar war er heute Morgen schon in den Genuss ihrer Gesellschaft gekommen, trotzdem hätte auch Sebastian sich sehr über die Gesellschaft dieser Frau gefreut. Sie ging ihm unter die Haut, weil sie ihn nicht an sich heranließ. Obwohl er sich sicher war, auch ein gewisses Interesse in ihren schönen Augen erkennen zu können. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie nach ihrer sehr prickelnden Nacht einfach so unbeteiligt in seiner Nähe sein konnte.
Sebastian spürte ein Kribbeln in sich. Seine Hand, die nur knapp oberhalb ihres Pos gelegen hatte, fing an zu jucken. Er konnte sogar noch spüren, wie die Spitzen ihrer langen blonden Haare über seinen Handrücken gestrichen hatten, als sie zu ihn hatte ausschauen müssen. Sie wieder so nah bei sich zu spüren, war in diesen Moment der Himmel auf Erden für ihn gewesen. Und hätte sie sich nicht so schnell aus seiner Umarmung befreit, hätte er sich die Gelegenheit auf keinen Fall nehmen lassen ihre vollen Lippen in Beschlag zu nehmen. Doch leider war ihm dieses Vergnügen nicht vergönnt gewesen.
So leicht würde sie ihm bei ihrem nächsten Aufeinandertreffen nicht entkommen. Dafür würde Sebastian schon sorgen. Um das Kribbeln in seiner Hand zu vertreiben, schloss und öffnete er seine Finger mehrere Male unterhalb des Tisches, sodass es den neugierigen Blicken seiner Schwester verborgen blieb.
Sie beide wussten zwar sehr viel über den anderen, doch mit seinen Liebschaften und Gelüsten wollte Sebastian seine Schwester nicht behelligen. Schon gar nicht, wenn es sich dabei um ihre persönliche Leibwächterin handelte.
Es hatte einiges an Überredungskunst benötigt, um Charlotte zu beruhigen. Die Prinzessin hatte sich unendlich darüber aufgeregt, dass der Kammerdiener Hitomi den Zugang zum Speisezimmer verwehrte. Bevor die Situation eskalierte, hatte Hitomi Charlotte sanft am Arm gegriffen und sich mit ihr ein paar Schritte vom Kammerdiener entfernt.
Hitomi hatte ihr gesagt, dass es nicht schlimm war und sie beide gewusst haben, dass sich in Wien einiges ändern würde. Sie würden nicht wie vorher zusammen frühstücken können. Doch das bedeutete nicht, dass sie überhaupt keine Zeit mehr miteinander verbringen würden.
Nachdem sich Charlotte einigermaßen beruhigt hatte, war die Prinzessin mit finsterem Blick in den Speisesaal gegangen und Hitomi in die Aufenthaltsräume der Angestellten. Im Speiseraum hatte sie alles vorgefunden, was zu einem guten Frühstück gehörte. Ausgestaltet mit einer dampfenden Tasse Kaffee, einer Schüssel mit Müsli und etwas Obst hatte es sich Hitomi gemütlich gemacht und die aktuellen Nachrichten auf ihrem Smartphone verfolgt.
Nach der zweiten Tasse Kaffee war immer noch ausreichend Zeit bis zu ihrem Treffen mit Frank Walters, aber sie wollte nicht länger hier herumsitzen und machte sich allmählich auf den Weg in Richtung Überwachungszentrale. Möglicherweise konnte sie sich so schon einen groben Überblick über die Aufgaben und Verteilung der einzelnen Bereiche verschaffen.
Die Überwachungszentrale befand sich im Untergeschoss der Palastanlage. Sie hatte ihre eigene Stromversorgung, die sofort übernahm, sollte es einmal zu einem Stromausfall kommen. Es durfte im Ernstfall zu keinen Verzögerungen oder Unterbrechungen kommen. In kritischen Situationen konnte jede Sekunde zählen und über Erfolg und Niederlage der Angreifer entscheiden.
Die eigentliche Zentrale befand sich in einem hermetisch abgeschlossenen Raum, der keinerlei Fenster aufwies. Lediglich durch eine dicke Stahltür, die nur durch die Eingabe eines Zugangscodes und dem Scannen der Ausweiskarte geöffnet werden konnte, gelangte man in und aus der Stahlkammer. So wurde der Raum von dem Sicherheitspersonal liebevoll genannt.
Hitomi hielt sich am Rand des Sicherheitskomplexes auf und verschaffte sich einen Überblick. Es herrschte eine hochkonzentrierte und teilweise recht angespannte Stimmung vor. Es wurde nur wenig gesprochen und wenn doch, dann meistens im Flüsterton.
Immer wieder richtete sich ein kurzer Blick auf Hitomi. Sie war nun einmal die Neue im Palast und im Team, da war es ganz normal, dass sie alle mit skeptischem Blick musterten.
Von ihrem Vorgesetzten war weit und breit nichts zu sehen, sodass Hitomi ihren Weg durch die Überwachungszentrale fortsetzte. An der einen Seite des großen Komplexes befanden sich mehrere kleinere Büros, die durch Glaswände abgetrennt waren. Eines der Glasbüros hatte milchige Scheiben und Hitomi konnte dahinter schemenhafte Gestalten herumlaufen sehen. Offensichtlich waren die Büros so ausgestattet, dass bei Bedarf die Blickdichte der Glaswände verändert werden konnte. Von den darin geführten Gesprächen drang auf jeden Fall kein Laut nach außen.
Plötzlich ging die Tür auf und zwei ernst dreinblickende Männer verließen das Büro.
„Halten Sie weiterhin die Augen offen und informieren mich umgehend, wenn es neue Entwicklungen ging. Auch wenn es sich im Moment noch um reine Indizien handelt, möchte ich die ungern auf die leichte Schulter nehmen.“
Der andere Mann nickte nur zustimmend und entfernte sich mit schnellen Schritten von Hitomis Vorgesetzten. Dessen Blick wanderte durch die Überwachungszentrale und blieb an Hitomi hängen. Seine Überraschung ließ sich Herr Walter nur kurz anmerken und kam auf die junge Frau zu.
„Frau Krisch, Sie sind früh dran.“ Zur Begrüßung reichte er ihr die Hand und schloss seine kräftigen Finger um Hitomis Hand.
„Die Prinzessin befindet sich derzeit beim Frühstück. Dabei benötigt sie meinem Schutz nicht. Da ich selbst bereits fertig bin, dachte ich mir, ich nutze die Zeit schon einmal, um mir einen eigenen Eindruck zu verschaffen.“ Frank Walter nickte, als verstünde er genau, was Hitomi damit sagen wollte, ohne es direkt auszusprechen. Ihr Chef arbeitete schon seit Jahren im Palast und war sicherlich schon zahlreichen ähnlichen Situationen begegnet.
„Nun, dann würde ich sagen, nutzen wir die Zeit. Man kann nie wissen, wann wir wieder in Anspruch genommen werden. Folgen Sie mir bitte.“ Zunächst zeigte Frank Walter seiner neuen Angestellten die einzelnen Bereiche. Der große Raum war in mehrere Stationen unterteilt, die jeweils für einen geplanten Auftritt oder Termin der Königsfamilie vorgesehen waren. Es ging dabei um die Beschaffenheit des Geländes, den Weg zum Veranstaltungsort, vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen und benötigtes Personal und Fluchtwege. Alles im Allen arbeitete jede Station für sich, um den größtmöglichen Schutz der gekrönten Häupter zu garantieren. Dies umfasste auch geladene Gäste aus anderen Monarchien der Welt.
An einer dieser Stationen blieb Hitomis Chef stehen und begab sich an den großen Tisch, der einen Grundriss abbildete.
„In knapp zwei Wochen wird Prinzessin Charlotte ihren ersten öffentlichen Auftritt nach ihrer Rückkehr in Wien absolvieren. Sie werden in den nächsten Tagen also viel Zeit hier verbringen.“, begann Frank Walter zu erklären. „Sie werden keine Sekunden von der Seite der Prinzessin weichen. Dafür müssen Sie sich die Beschaffenheit des Geländes einprägen, um im Notfall so schnell wie möglich die Flucht ergreifen zu können.“
Hitomi schaute sich den Grundriss genau an. Es handelte sich dabei um die Oper von Wien. Dem Gebäude an sich und den Platz davor. An den Wänden der Station waren weitere Pläne der Anlage zu sehen, worauf Fluchtwege, Zugänge und angedachte Stellplätze für das Sicherheitspersonal verzeichnet waren.
„Ich verstehe. Um was für eine Veranstaltung handelt es sich?“ Augenblicklich erhielt Hitomi eine schwarze Mappe, in der alle wichtigen Informationen enthalten waren. „Schauen Sie sich alles genau. Bei Fragen wenden Sie sich an das Team oder mich. Meine Nummer ist bereits in Ihrem Diensthandy abgespeichert. Und scheuen Sie sich nicht diese zu wählen.“
„Das werde ich nicht“, antwortete Hitomi und überflog die ersten Seiten der zusammengestellten Informationen in der Mappe.
„Haben Sie ihre Ausweiskarte dabei?“
Sofort zog Hitomi ihre Karte aus der Innenseite ihres Jacketts. Um diese nicht zu verlieren, war sie durch eine Klemme mit einem Gummiband an der Jacke gefestigt. Sollte einer dieser Ausweise in die falschen Hände geraten, hätte diese Zugang zu allen wichtigen Bereichen des Palastes.
„Da Sie die persönliche Leibwächterin der Prinzessin sind, haben sie auch Zugang zur Stahlkammer. Neben der Hauptzentrale unseres Überwachungssystems befindet sich darin auch ein Schutzraum für die königliche Familie. Sollte es zu einem Angriff auf den Palast kommen, ist es ihre erste und wichtigste Aufgabe Prinzessin Charlotte auf dem schnellsten Wege hierher zu bringen.“
Vor der massiven Stahltür blieb der Sicherheitschef stehen und schaute Hitomi direkt in die Augen. „Diese Aufgabe hat immer höchste Priorität, vor allem anderen.“ Herr Walter betonte dabei jedes einzelne Wort. Hitomi nickte und nahm automatisch eine noch aufrechtere Haltung an.
„Der Zugangscode zur Stahlkammer befindet sich in der schwarzen Mappe, die ich Ihnen gegeben habe. Prägen Sie sich diesen ein und verbrennen die Karte anschließend. Jeder Leibwächter hat einen eigenen Zugangscode passend zu seinem Ausweis, um zu verhindern, dass dieser an Dritte weitergegeben wird.“
Hitomis Chef wandte ihr den Rücken zu und versperrte mit seinem breiten Rücken die Sicht auf das Tastenfeld. Nachdem er seinen Ausweis und die entsprechende Zahlenkombination eingegeben hatte, erklang ein zischendes Geräusch und die Stahltür öffnete sich.
Hinter der Tür herrschte ein geschäftiges Treiben. Eine komplette Wand war mit zahlreichen Monitoren gefüllt, auf denen die verschiedensten Kameraeinstellungen zu sehen waren, innerhalb und außerhalb des Palastes. Am Terminal saßen drei Männer mit Headsets und überwachten sämtliche Geschehnisse auf dem Gelände.
Augenblicklich musste Hitomi an ihre morgendliche Begegnung mit Sebastian denken. Wie groß war wohl die Wahrscheinlichkeit, dass sie von hier aus, gesehen worden waren. Nach Hitomis erster Einschätzung leider sehr hoch. Sie konnte nur hoffen, dass daraus keine große Sache gemacht wurde und sich niemand verquatschte. Gerüchte verbreiteten sich schnell, besonders wenn sie im Zusammenhang mit einem Mitglied der Königsfamilie standen. Ein weiteres ähnliches Zusammentreffen mit dem Kronprinzen könnte Hitomis Anstellung gefährden.
Wie groß die Gefahr für ihren Job wirklich war, wurde der jungen Frau erst in diesem Moment richtig bewusst, als sie die unzähligen Kameras registrierte, die auf dem gesamten Gelände verteil waren.
„Von hier aus können wir jeden Winkel des Palastes überwachen und sofort handeln oder eingreifen, wenn es nötig ist.“
Es waren auch die Aufnahmen von Gängen und großen Sälen zu sehen. Hitomis Blick wanderte über die einzelnen Ausnahmen und versuchte sich zu merken, wo die Kameras angebracht waren. Dabei fiel ihr jedoch auch etwas Interessantes auf.
„Was ist mit den privaten Räumen der Königsfamilie?“
Frank Walter konnte sich ein kurzes Schmunzeln nicht verkneifen, bevor er Hitomi antwortete. „Die Privatsphäre ihrer Majestäten und deren Gäste geht natürlich vor. Trotzdem sind auch in ihren Räumlichkeiten Kameras angebracht. Diese werden jedoch nur im äußersten Notfall aktiviert. Um die Aufzeichnungen zu sichten, benötigt man eine gesonderte Genehmigung, die nur an eine sehr begrenzte Anzahl an Mitarbeitern vergeben wird. Es ist ein ungemeiner Vertrauensbeweis, diese Genehmigung zu erhalten. Es erfordert ein hohes Maß an Vertrauen und Pflichtbewusstsein.“
„Und wie erhält man diese Genehmigung?“, hakte Hitomi weiter. Sie konnte verstehen, dass die Privatsphäre der Familie geschützt werden musste. Dennoch stellte es auch ein gewisses Sicherheitsrisiko dar. Ihre eigene Privatsphäre war Hitomi hoch und heilig, weshalb sie es sehr schätze zu wissen, dass ihre Räumlichkeiten nicht einfach eingesehen werden konnten.
„Ich alleine bestimme, wer die Genehmigung erhält die Aufnahmen der privaten Gemächer zu sichten. Natürlich nur in Absprache mit seiner Majestät. Aus diesem Grund wissen nur wir, wer zu diesem ausgewählten Kreis gehört.“
„Die Sicherheit steht immer an aller erstes Stelle.“, schlussfolgerte Hitomi.
„Natürlich. Bitte folgen Sie mir.“
Hitomi konnte nur schwerlich den Blick von den Monitoren abwendet, da sie bisher nur einen Bruchteil der vielen Kameraeinstellung zuordnen konnte. Im hinteren Bereich der Stahlkammer befand sich eine weitere Tür, die ebenfalls nur durch die Eingabe des Codes geöffnet werden konnte.
Dahinter befand sich ein gemütlich eingerichteter Raum, von dem weitere Räume abgingen, deren Türen jedoch geschlossen waren.
„Wenn Sie mit Prinzessin Charlotte hierherkommen, sind dies die Räumlichkeiten für ihre Majestäten. Sie müssen nicht unbedingt die genauen Vorgänge im Palast mitbekommen, wenn es zu einem Angriff kommen sollte. Die Räume sind so ausgestattet, dass sich mehrere Personen mindestens eine Woche dahin aufhalten können. Durch die separate Stromversorgung der Stahlkammer werden auch diese Räume versorgt. Zudem sind diese doppelt geschützt, durch die Stahltüren und die gut ausgebildeten Personenschützer, die sich darin befinden.“
Im Zentrum des Schutzraumes befand sich eine Sitzgruppe, bestehend aus drei beigefarbenen Sofas, in deren Mitte sich ein flacher Glastisch befand. Der Sicherheitschef nahm auf einem des Sofas Platz und deutete Hitomi sich ihm gegenüber zu setzen. Hitomi folgte der Anweisung, setzte sich auf die Kante des Sofas und überschlug die Beine. Die Mappe mit den Unterlagen legte sie neben sich und richtete ihre blauen Augen auf ihren Vorgesetzen.
„Ihnen ist sicherlich bereits klar, dass sich die Verhältnisse im Vergleich zu München stark verändern werden. Ich habe ihre Arbeit in München verfolgt und war bisher sehr zufrieden damit. Allerdings wird es ab sofort nicht mehr so ungezwungen zwischen Ihnen und der Prinzessin sein, wie vorher. Daran wird sich auch die Prinzessin gewöhnen müssen. Der König und die Königin erwarten, dass sich die Leibwächter in Hintergrund halten und nur dann eingreifen, wenn es notwendig ist. Eine engere Verbindung zwischen Leibwächter und Schutzbefohlenen ist nicht gewünscht, da dies das Urteilsvermögen beeinflussen kann.“
„Ich verstehe.“, antwortete Hitomi. Allerdings war sie sich sehr wohl bewusst, dass diese Regeln zunächst nur schwerlich einzuhalten waren. Charlotte und sie verband ein enges Verhältnis, dass sich in den wenigen Monaten an der Privatschule in München aufgebaut hat. Es würde sich nur sehr schwer unterdrücken lassen, die gewohnte Vertrautheit zwischen den beiden jungen Frauen zu unterbinden. Wie schwer dieses Vorhanden sein würde, hatte sich bereits heute Morgen gezeigt.
Hitomi würde mit Charlotte sprechen müssen und konnte nur hoffen, dass die Prinzessin es zumindest in Ansätzen verstehen würde und sich in Zukunft entsprechend verhalten würde.
„Ich weiß, dass die Prinzessin sehr viel von Ihnen hält und Ihnen vertraut. Dieses Vertrauen ist notwendig für diesen Job und kann zum Erfolg ihrer Aufgaben beitragen. Allerdings kann es sich auch zum Hindernis entwickeln. In diesem Falle werde ich mich gezwungen sehen einzugreifen.“, fuhr Herr Walter mit seinen Schilderungen fort.
„Ich werde die an mich gestellten Erwartungen zu Ihrer vollen Zufriedenheit erfüllen und mein Leben für den Schutz der Prinzessin und er königlichen Familie riskieren. Sie können sich voll und ganz auf mich verlassen.“ Versicherte Hitomi und legte sich bekräftigend die rechte Hand auf die Brust. Sie hatte sich bewusst für diesen Job entschieden und würde auf keinen Fall riskieren diesen wieder zu verlieren. Dafür hatte sie viel zu hart gearbeitet.
„Das freut mich zu hören, schließlich habe ich Sie für diese Position vorgeschlagen.“ Die Überraschung war Hitomi scheinbar deutlich anzusehen, denn ein breites Lächeln breitete sich auf dem markanten Gesicht ihres Chefs aus. Wesentlich entspannter lehnte sich Frank Walter zurück und legte einen Arm auf die breite Rückenlehne.
„Frau Kirsch, Sie erfüllen alle nötigen Voraussetzungen. Zudem sind Sie noch jung und haben dadurch den Vorteil, für eine Freundin der Prinzessin gehalten zu werden und nicht sofort als Leibwächterin erkannt zu werden. Natürlich nur, wenn Sie nicht in unserer typischen Uniform unterwegs sind. Der König und die Königin waren zunächst skeptisch gewesen auf Grund ihres jungen Alters, dennoch konnte ich sie überzeugen. Bisher haben Sie mich nicht enttäuscht. Bitte tun Sie das auch in Zukunft nicht.“
Hitomi wusste nicht was sie sagen sollte. Ihr war nicht bekannt gewesen, dass der Sicherheitschef so großen Einfluss auf ihre Einstellung genommen hat. Sie wollte Ihn auf keinen Fall enttäuschen und das in sie gesetzte Vertrauen zunichtemachen.
„Sie können sich voll und ganz auf mich verlassen.“
„Ich habe nichts anderes erwartet. Da dies nun geklärt ist, werde ich Ihnen noch die anderen Räumlichkeiten zeigen. Dazu gehören die Trainingshalle, die Waffenkammer und der Fuhrpark.“
Tag der Veröffentlichung: 29.09.2019
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