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Prolog

Am Himmel zogen sich finstere Wolken zusammen. Dunkle Ungetüme die sich aufbauten und bedrohlich den Blick auf die hell leuchtenden Sterne verdecken wollten. Das Geschenk, welches sie in sich trugen, würde nicht jedem Gefallen. Die Feuchte drang jetzt schon durch jeder Faser seiner Kleidung und die Luft roch nachdem was bald über ihn hereinbrechen würde.

Das alles spielte keine Rolle und das schon seid sehr lange Jahren nicht mehr. Wenn er frührer die Angst vor solchen Wolken spürte, war er sich immer sicher, das Gott erzürnt war. Hete wusste er, dass es ganz normal war, dass es ein einfaches Physikalisches Gesetzt dahinter steckte. Auch machte er sich keine Sorgen mehr darum, dass er sich eine Erkältung oder schlimmeres einfangen konnte. Zu seinen Lebzeiten, starb ein geringer Prozentanteil an den Folgen einer Lungenentzündung, aber auch nur weil keiner genau wusste, was man denn nun hatte? Zu seiner Zeit wurde alles über einen Kamm geschert und man war meisten einfach Krank oder hatte Schwindsucht.

Shion kniete auf dem harten Boden und seine Hose nahm bereits die Farbe des Erdreiches an. Seit Anbruch der Nacht verharrte er hier und starrte auf das, aus Gestein bestehende, Denkmal und las sich jeden Namen endlos mal durch. Die ersten Namen kannte er noch gut. Hatte er ja einige Jahre mit ihnen gelebt, aber umso älter die Zeit wurde umso weniger kannte er die Menschen. Der Wind strich durch seine blonden Haare und spielte mit ihnen. Streifte seine Wangen und ließ nicht zu dass nur eine Träne den Weg hinab fand.

Er hätte hier auch liegen müssen, oder wenn er genau drüber nachdachte, eher nicht. Sie hätten ihm einen Pflog durchs Herz getrieben und hinterher angezündet. In Schande wäre er dann im Moor beigesetzt worden, ohne schöne und nette Worte eines Priesters. Nicht dass er wert draufgelegt hätte und seine Eltern hätten vergessen, dass sie jemals einen Sohn gehabt hätten. Der Gedanke als Moorleiche irgendwo zu vermodern, ließ ihn Schaudern. Nein da gefiel ihm eindeutig sein jetziges Leben – STOPP – sein jetziges untotes Leben viel besser. Der Wind zerrte an Shion, als würde er ihm sagen wollen, es wird Zeit zu gehen und einen kurzen Blick in den Himmel, zeigte ihm deutlich, dass er sich doch besser auf den Weg machen sollte. Kein Stern schaffte es mehr sein Licht durch die dicke schwarze Macht am Himmel zu schicken und der Geschmack nach Regen nahm von Sekunde zu Sekunde zu.

Klar hätte er auch bleiben können, es machte ihm ja nichts mehr, wenn er völlig durchnässte, aber Shion mochte es nicht wenn die Kleider an seiner Haut klebten. Außerdem wurde er wartetet und seine Familie sollte man nicht warten lassen, besonders nicht diesen Haufen.

Shion huschte ein Lächeln übers Gesicht wenn er an die Chaoten dachte.

Es ist hier geschehen, überkam es ihn. In dieser Stadt, was frührer ein kleines unbedeutendes Dorf gewesen ist, welches nicht mal einen Namen hatte und von allen immer nur Unser Dorf genannt wurde. In einer ziemlich finsteren Nacht, nach seiner aller ersten Sauferei mit seinen beiden großen Brüdern. Die Erinnerungen an die Ereignisse aus jener Zeit waren immer noch frisch und er konnte sie jederzeit herbei rufen, wenn er denn wollte. Wer vergaß schon den Teil seines untoten Leben, wie er überhaupt Untot wurde.

Wenn Shion ehrlich sein würde, hatte er einen verdammt guten Grund hier zu sein. Er suchte nach dem Vampir, der ihn damals verwandelte und schutzlos zurückgelassen hatte. Er wollte sich für diesen Gefallen bedanken und noch mehr wollte er ihm den Kopf mit seinen eigenen Händen abreißen.

Hinter ihm erhellte ein Blitzschlag den schwarzen Wolkenvorhang, gefolgt von einem lauten Ohrenbetäubenden Donner. Er fühlte das vibrieren in der Luft und er bekam langsam Hunger. Bevor er sich auf die Suche nach seinem Erschaffe machte, musste er unbedingt was Essen. Wieder Blitzte es und Donner grollte hinterher. Der Regen, der schon in der Luft gehangen hatte, bevor die dunkeln Wolken den Himmel verdeckt hatten, begann einzusetzen.

Shion schlug den Kragen seiner Jacke hoch und folgte dem schmalen Weg der ihn vom Friedhof führte.

Kapitel 1

 

„Hey… lebst du noch?“

Der fremde Mann, der die Frechheit besaß ihn anzusprechen, stupste ihn unsanft mit der Schuhspitze an. Shions Sinne kehrten langsam aus dem Nichts, in dem sie sich befunden hatten zurück und augenblicklich wünschte er sich, dass sie wieder verschwanden.

Bevor Shion den Versuch unternahm die Auge zu öffnen, schoss ein stechender Schmerz seinen Rücken rauf und setzte ein Hämmern in seinem Kopf in Gang, bei dem würde jeder Trommler neidisch werden. Gerne hätte er sich bewegt, aber schon die Augen zu öffnen erwies als das schwierigste Unterfangen überhaupt. Das grelle Sonnenlicht brannte in seine Augen, als hätte ihm jemand Zwiebelsaft hinein getröpfelt. Er kniff sie wieder zusammen. Shion versuchte sich zu erinnern was passiert ist und besonders wo er eigentlich war?

Mit absoluter Sicherheit konnte er sagen, dass er auf irgendeiner Wiese lag aber wieso und wie er hierher gekommen ist, konnte er beim besten Willen nicht sagen. Das letzte was er noch wusste war, dass seine beiden Brüder ihn mitgenommen hatten in die Dorfkneipe. Es floss viel Bier, das total eklig geschmeckt hatte.

„Na komm. Du kannst hier nicht liegen bleiben.“ Shion hörte Stoffrascheln, jemand kniete sich neben ihn nieder. Packte nach seinen Armen, zog ihn in eine sitzende Position und er merkte wie ihn der fremde Mann, wie ein Sack Kartoffeln über die Schulter warf. „Wenn ich dich hier liegen lasse, stirbst du mir sonst noch.“

Dieser Satz hätte ihn vielleicht ängstigen sollen, aber er spürte außer seinem schmerzenden Körper nichts. Seine Arme fühlten sich an, als hätte er die ganze Nacht schwere Kisten getragen und seine Beine, die spürte er gar nicht. Sie hingen beinahe leblos von den Schultern des Mannes, der ihn barmherzig durch die Gegend schleppte. Sein Gesicht brannte, das hatte aber nichts damit zu tun, das ihn alle im Dorf kannte und er wohl die nächsten Wochen das Gesprächsthema sein würde. Nein, es brannte als hätte ihm jedem das Gesicht angezündet, nur das er nicht in Panik verfallen konnte, weil er sich kein bisschen bewegen geschweigende irgendwas von sich geben konnte.

Der Mann trug ihn durch das Dorf und er hörte wie die Dorfbewohner die Luft anhielten und hinter vorgehaltener Hand miteinander anfingen zu tuscheln. Sich zu wundern, wie er verstehen konnte, was sie sagten, dazu hatte er keine Zeit. Durch das Schaukeln begann sich sein Magen umzudrehen und nicht nur das. Je länger sie unterwegs waren umso schlechter schien es ihm zu gehen. Seine Arme begannen taubt zu werden, ihm blieb nur das brennen auf seiner Haut und die stechenden Kopfschmerzen die immer schlimmer wurden.

„Halt noch etwas durch“, hörte die fremde Stimme sagen und Shion versuchte sich auf den Mann zukonzentrieren. Die Stimme war tief, wirkte barsch und er wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Fremder, gar keine Lust hatte ihm zu helfen. Er roch nach Zigaretten, Erde und nach etwas was Shion für Eisen hielt. Von dem Geruch bekam er Hunger und sein Magen zog sich krampfhaft zusammen. Sein Kiefer knirschte und schmerzte zudem. Was war nur los?

Seinen Brüdern war es nie so ergangen, wenn sie die Nacht durchgemacht hatten. Sie klagten immer nur über Kopfweh und das sich die Welt drehte.

Shion vergaß den Mann, der ihn immer noch wie ein Sack Kartoffeln durch sein Dorf schleppte und versuchte sich noch mal an gestern Abend zu erinnern. Steve und Ryan haben ihn mitgeschleppt. Sie waren der Meinung gewesen, das es an der Zeit war, dass er endlich Erwachsen werden sollte. Schließlich war er schon fünfzehn Jahre alt und bisher hatte er nur mal seine Schwestern nackt gesehen und auch das war nur ein dummer Zufall gewesen.

Genau, sie hatten gewartete bis ihre Eltern im Bett verschwunden sind und waren dann heimlich in die Dorfkneipe geschlichen. Einen Ort, den Shion von alleine wohl nicht aufgesucht hätte. Die Kneipe war voller Qualm gewesen und man hatte nichts sehen können, aber seine Brüder schien das nicht zu stören. Sie hatten ihn reingezerrt, sich über seinen Hustenanfall lustig gemacht und ihm dann sein erste Bier bestellt.

Shions Kehle brannte, bei der Erinnerung und sein Magen zog sich noch enger zusammen. Ein leises Knurren drang aus seinem inneren und erschrocken unternahm er wieder den Versuch die Augen zu öffnen. Ein Fehler. Das Licht war wie Feuer und er schloss sie schnell wieder. Aber jetzt wusste er jedenfalls wo sie waren. Der Mann steuerte auf das Hotel zu. Das wird Gerede geben, was ja sowieso schon gab. Shion konnte sie deutlich hören, wie sie sich den Mund zerrissen und ihr Entsetzten dem nächst besten mitteilen mussten.

Shion versuchte es auszublenden und versuchte weiter den gestrigen Abend zusammen zubekommen. Nach dem ersten Bier, das echt zum fürchten geschmeckt hatte, er konnte es gar nicht beschreiben, aber freiwillig würde es nicht wieder trinken, hatten ihm seine Brüder noch ein zweites und ein drittes bestellt. Er hatte es brav getrunken und seine beiden Brüder hatten in der zwischen Zeit sogar Frauen aufgetan. Die eine war sogar ganz süß gewesen. Shion erinnerte sich an die kleinen Augen, die weiße Haut… Das ist das letzte woran er sich erinnerte.

 

„Ich hätte gerne ein Zimmer, der junge Mann hier, muss seinen Rausch ausschlafen.“ Shion hörte wie ein Schlüssel vom Haken genommen und über den Tresen geschoben wurde. Die kurze Erklärung wo denn das Zimmer sei, folgte sofort aber Shion hörte einen komischen Unterton und er roch Schweiß – Angst.

Mit einem geknurrten Danke, stieg der Mann mit ihm die Treppe hinauf, die unter ihrem gemeinsamen Gewicht ziemlich ins Stöhnen geriet. Shion hegte die Hoffnung, dass sie nicht ausgerechnet jetzt zusammenbrechen wird. Der Holzboden knackte beängstigend, als der Fremde den Flur entlang ging und das Zimmer ansteuerte, welches man ihnen zugewiesen hatte.

Quietschend öffnete sich die alte Holztür und seine Nackenhaare stellten sich dabei auf. Es klang als würde irgendwo ein kleines Kind schreien. Da er sich schon die ganze Zeit wie so ein Sack Kartoffeln gefühlt hatte, wunder es ihn nicht, das er genau wie so einer auf das Bett fallen gelassen wurde.

„Warte noch mit dem Öffnen der Augen.“ Shion hatte jetzt nicht vorgehabt sie öffnen. Nicht wo sie brannten wie Feuer, aber erstaunt stellte er fest, das sein Gesicht nicht mehr brannte und er sich im allgemein besser fühlte. Das Gefühl in seinen Armen und Beinen kehrten langsam zurück nur das grausame kneifen in seinem Magen wurde schlimmer und auch sein Kiefer schmerzte immer noch.

„Wo ist dein Erschaffer?“ Die Gardinen wurden geschlossen, es wurde dunkler in dem Zimmer und er schaffte es ein Auge zu öffnen. Innerlich hatte er sich drauf eingestellt, dass wieder dieses fürchterliche brennen auftreten würde, aber nichts geschah. Shion öffnete auch noch das andere Auge. Zum ersten Mal seid er geweckt worden ist, konnte er seinen Retter oder was auch immer sehen.

Der Mann war groß mit einer schwarzen Haarpracht. Dunkle blauen Augen ruhten auf und schienen auf irgendwas zu warten. Das Gesicht wirkte hart, die Wangenknochen stachen scharf hervor, das Kinn war spitz und von einem Drei-Tage-Bart überwuchert.

„Ich habe dich was gefragt, Kleiner.“ Shion erinnerte sich, er hatte ihn tatsächlich was gefragt, aber was ist ein Erschaffer? Meint er seinen Vater?

„Mein Vater ist auf unserem Hof“, krächzte seine Stimme. Erschrocken fasste er sich an den Hals, der sich anfühlte als hätte Schmirgelpapier gegessen. Der Fremde schien mit seiner Antwort nicht zufrieden zu sein.

„Ich rede nicht von deinem Vater. Ich meine deinen Erschaffer. Wer hat dich verwandelt?“

„Verwandelt?“ Der Fremde, der gerade einen Blick durch den Vorhang geworfen hatte, wandte sich ihm wieder zu. In dessen Augen funkelte etwas und dann kam ein Fluch über seine Lippen.

„Warum immer ich.“ Der Mann wirkte noch zerknirschter, wenn das überhaupt ging. Wütend trat dieser vom Fenster weg, krempelte sich den Ärmel seines Hemdes hoch und tat dann etwas was Shion schockiert und zugleich seinen Magen aufheulen ließ.

Der Fremde, von dem er immer noch nicht den Namen wusste, biss sich ins Handgelenk und ihm stieg wieder dieser Eisengeruch, den er vorhin schon an ihm wahrgenommen hatte, in die Nase. Sein Magen knurrte und Shion konnte nur auf das Blut sehen, welches aus dem Handgelenk floss.

„Trink…“

„Was?“ Fassungslos starrte er den Mann vor sich an. In den blauen Augen konnte er klar erkennen, dass dieser keinen Witz machte und es sein bitterer ernst war. Der Geruch des Blutes begann ihn zu Hypnotisieren und etwas drückte sich durch sein Zahnfleisch, etwas Spitzes und Scharfes.

„Wenn du nicht trinkst wirst du sterben.“ Bevor Shion sich entscheiden konnte, sah er zu wie die Wunde begann sich zu schließen. Erst da Begriff er was vor ihm stand. Er hatte schon von ihnen gehört, aber so richtig dran geglaubt hatte er nicht. Bis jetzt. Eine Panik wie er sie noch nie zufuhr erlebt hatte, brach in ihm aus und er sprang vom Bett.

„Dann eben nicht“. Die Wunde schloss sich vollständig und nicht mal eine Narbe blieb zurück. Shions Magen rebelliert und zwang in die Knie. Er hatte so einen Hunger und er könnte Töten dafür – Was dachte er da eben? Shion verdrängte den Gedanken sehr schnell und wandte sich dem Mann zu.

„Was bist du?“

„Ich bin der einzige der dir das Leben retten kann.“ Der Mann wirkte reichlich unbeeindruckt. Er griff in die oberste Tasche seiner Jacke und zog eine Zigarre raus. Aus seiner Hosentasche fischte er Streichhölzer. „Na ja, Leben ist hier wohl nicht mehr das richtige Wort. Bei Sonnenuntergang wirst du Tot sein.“

„Lassen sie ihre komischen Witze.“ Der Qualm der Zigarre biss in seiner Nase und er bekam einen leichten Hustenanfall, bei dem er Blut ausspuckte. Das Lächeln auf dem Gesicht des Fremden wirkte grausam und amüsiert zu gleich. Als habe er große Freude daran, ihn so zu sehen.

„Das ist kein Witz. Du befindest dich in der Wandlung“

„In der Wandlung? Zu was?“ Der Mann lachte und stand auf. Zog kräftig noch mal an der Zigarre die zwischen seinen Lippen hing und trat dann auf ihn zu. Shion wusste nicht was er tun sollte. Dieser Kerl war doch vollkommen irre oder? Er konnte es immer noch riechen, das Blut, welches auf den Holzboden getropft ist. Sein Magen kniff und sein Kiefer schien regelrecht zu bersten

„Solltest du es dir überlegen. Ich wohne in der verlassenen Scheune außerhalb des Dorfes. Dort wo der Wald beginnt“ Shion verfolgte seine Bewegung mit den Augen. Der Fremde, dessen Statur umwerfend war, wenn er da so an sich dachte. Sein schmaler Körper war ein Witz gegen die breiten und starken Schultern, des Mannes der ihn hierher getragen hatte. Die Augen glühten in einem rot, das Shion unfähig machte sich zu bewegen.

Die Tür öffnete sich wieder mit dem Schrei eines Kindes und fiel anschließend ebenso wieder ins Schloss. Er war alleine und wusste nicht was eben geschehen ist. Wer war dieser Mann oder besser was war dieser Mann. Das Bild von der sich schließende Wunde ließ ihn nicht mehr los. Aus seiner Kehle drang abermals ein Laut, den er so nie gehört hatte. Dieses Knurren und wieder dieses Druckgefühl in seinem Kiefer. Das herausbrechen dieser spitzen und scharfen Dinger. Der Hunger, der Geruch von dem Blut. Shions Kopf schaltete sich ab und er tat nur das was ihm sein Instinkt riet. Mit einem einzigen Satz sprang er über das Bett und stürzte sich auf die kleine Pfütze aus Blut.

Seine Zunge tauchte hinein und es war als würden all seine Sinne explodieren. Die Schmerzen in seinem Magen hörten auf, sein Kiefer fühlte sich befreite, als die rote Flüssigkeit das Zahnfleisch umspülte. Seine Augen weiteten sich und er sah ein Bild. Es war der Mann der ihn gerettet hatte, wie er vor einem goldenen Tor mit dunklen schwarzen Schwingen stand. Seine Augen leuchten rot und bedrohlich, auf der Stirn glühte schwach Zeichen, aber Angst verspürte er nicht.

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Tag der Veröffentlichung: 21.09.2017

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