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die Prinzessin und der Vagabund


Es begab sich aber zu jener Zeit,als Vagabunden und Taugenichte ihr Unwesen trieben,dass sich die Prinzessin mit ihrem Kutscher auf den Weg in die Stadt machte.Sie liebte es,vorne bei ihm zu sitzen und den Wind in ihren Haaren zu spüren.Ihr werter Herr Vater,der König,sagte zwar stets,dass sich dies für eine junge Dame nicht gezieme.Ihr war es einfach zu langweilig,in der Kutsche zu sitzen und nichts zu sehen.Nun waren sie auf dem grossen Stadthausplatz angelangt.Sie verabschiedete sich vom Kutscher und schlenderte durch das Treiben,es war Markt heute.Auf unzähligen Tischen boten Händler ihre Waren an.Dort drüben zum Beispiel erblickte man ein Blumenmeer.Bei diesem Händler hatte die Prinzessin schon oft bunte Blumen gekauft.Oder auf der anderen Seite duftete es nach frischen Brezeln.Hier konnte unsere Prinzessin nicht widerstehen.Mit der warmen Brezel in der Hand gelangte sie schliesslich zum Springbrunnen.Dort war eine aufgebrachte Menschenmenge zu sehen.Es fand ein Wettkampf statt,bei dem sich junge Männer beweisen konnten.Da gab es eine aufgebaute,schmale Hängebrücke,die es zu überqueren galt.An einem anderen Posten musste man mit Pfeil und Bogen auf eine entfernte,markierte Stelle auf einem Holzstamm zielen.Die Prinzessin suchte sich einen Ort,von wo aus sie am besten zusehen konnte.Nun kam schon der nächste Wettstreiter an die Reihe.Er kletterte über die Hängebrücke und verlor das Gleichgewicht.Schon wieder war er am Boden...
Einer nach dem anderen versuchte sein Glück.Immerhin war auch der Preis nicht zu verachten.Bestanden die Männer nämlich den Parcour,gewann jeder mehrere Hektare eigenes Land,um es zu bebauen oder anzupflanzen.Die Wirtschaftslage war zu jener Zeit nicht gerade vom Wohlstand geprägt,so dass es den jungen Männern eine willkommene Gelegenheitwar,um sich noch etwas dazu zu verdienen.Nun war bereits wieder der Nächste an der Reihe.Er stand auf der wankenden Brücke,und bewegte sich einen Schritt nach dem anderen vorwärts.Die Prinzessin schaute fasziniert zu.Es schien ihm zu gelingen,hatte er doch die Hälfte schon hinter sich.Auf einmal trafen sich ihre Blicke.Der Mann vergass,weiterzugehen,verlor das Gleichgewîcht und konnte sich im letzten Moment noch auffangen.Die Menschenmenge johlte...
Nach erfolgreich beendetem Parcour schritt er auf die Prinzessin zu."Fast verlor ich das Gleichgewicht,ab solcher Anmut,my lady,"sprach er und verbeugte sich.Eine feine Röte überzog ihr Gesicht."Ich gratuliere Ihnen zu ihrem Gewinn,"sprach sie.Sie wollte weitergehen,doch er versperrte ihr den Weg."Kommen Sie und feiern Sie mit mir,"sagte er.Die Prinzessin zierte sich und erwiderte,dass sie noch Dinge zu erledigen habe,doch er liess sich nicht abwimmeln.Schliesslich liess sie sich von ihm überzeugen,mit ihm ein Glas Wein trinken zu gehen.Aus einem Glas wurden zwei,und noch eins mehr,und bei jedem Glas mehr fand die Prinzessin die Komplimente des jungen Mannes schöner....Die Zeit schien wie im Flug zu vergehen und auf einmal begann es zu dämmern."Ach Du meine Güte",sprach unsere leicht "angesäuselte" Prinzessin,"ich muss zurück, mein Kutscher wartet auf mich,"kicherte sie.Der Mann sagte aber:"Erst müssen wir uns duzen,holde Schönheit."Er hob sein Glas und küsste die Prinzessin frontal auf den Mund,welche wiederum nicht wusste,ob ihr dies nun gefallen sollte oder nicht.Jedenfalls eilte sie nun schleunigst davon.Der Kutscher wartete schon eine ziemlich lange Zeit,hatte aber Order,nicht ohne Prinzessin zum Schloss zurückzukehren.Mokiert hob er eine Augenbraue,als er eine nicht mehr ganz geraden Weges gehende Prinzessin,dieseltsamerweise etwas nach Wein roch antraf,,als sie zu ihm auf den Kutscherbock stieg und dümlich vor sich hin kicherte...
"Vielleicht wäre es besser,Sie würden sich direkt in ihr Schlafgemach verziehen,wenn wir zurück sind,wenn ich mir die Empfehlung erlauben darf,my lady,"sagte er.Der kühle Wind trug dazu bei,dass die Prinzessin langsam wieder einen klaren Kopf kriegte.Als sie beim Schloss angelangten,steuerte sie geradewegs auf ihr Gemach zu,in der Hoffnung,niemandem mehr zu begegnen.Sie wies die Zofe an,ihr ein Bad einzulassen und eine kurze Zeit später lag sie in warm zugedeckt in ihrem Himmelbett.Bevor sie einschlief,musste sie noch einmal an den jungen,Fremden denken...

Am nächsten morgen klopfte es heftig an die Tür.Die Zofe trat ins Zimmer und sagte."Ihr gnädiger Vater wünscht Sie zu sprechen."Sie half der Prinzessin beim ankleiden und begleitete sie dann in den Speisesaal,wo der König bereits auf seine Tochter wartete."Guten morgen,meine Schöne",empfing er sie."Lass uns zusammen frühstücken."Der Prinzessin brummte eigentlich der Schädel,aber sie liess sich nichts anmerken."Es ist spät geworden,gestern,"erwiderte der König."Deine Mutter und ich haben uns Sorgen gemacht.Was ist geschehen?"Ich habe die Zeit vergessen,als ich beim Parcour zugesehen hab,und zudem werde ich bald achtzehn jahre alt,"trotzte sie.Der Vater schwieg und gemeinsam beendeten sie das Frühstück.Es war auch der letzte Tag,den die Prinzessin noch zuhause im Schloss verweilte,denn morgen wurde sie vom Kutscher wieder in die "Jungfrauenschule" in die benachbarte Stadt gefahren,wo sie ihr Studium abschliessen wollte.Diese Schule lernte wohlerzogene,junge Damen,sich zu benehmen und führte sie in die Kunst der Tänze und Bälle ein,die man zu Hofe pflegte.
Nun ruhte sich unsere Prinzessin heuteetwas aus.Am nachmittag sattelte sie ihr Pferd und wollte noch ein letztes mal einen Ausritt machen.Sie ritt über das weite Feld bis hin zu dem kleinen See,der herrlich im Sonnenlicht glitzerte."Guten Tag,"hörte sie eine Stimme sagen,als sie vom Pferd abstieg.Sie kannte die Person nicht,die sie ansprach."Gestatten Sie,ich habe sie beim Parcour gesehen,"sagte die junge Frau."Sie waren doch auch auf dem Markt gestern.Ich bin die Cousine des Gewinners."Nun wurde unsere Prinzessin hellhörig.Die beiden jungen Frauen unterhielten sich immer angeregter und die Prinzessin fand heraus,woher Maria,so hiess die Cousine,kam.Auch erfuhr sie,dass Peter,der Cousin,in ihrer Nähe bei einem befreundeten Bauern im Stall übernachten konnte,da er keine eigene Bleibe hatte.Schliesslich war es zeit,zum Schloss zurückzureiten.

Der Kutscher wartete einmal mehr darauf,die Prinzessin zur Schule zu geleiten.Er lud ihr Gepäck ein,und wartete darauf,bis sie sich von ihrem Vater und der Mutter verabschiedet hatte.Endlich fuhren sie ab.
Als sie eine geraume Zeit später bei der Schule ankamen,wurde die Prinzessin bereits von einigen jungen Damen erwartet.Schnatternd und kichernd zogen sie sich in ihre Zîmmer zurück,wo sie einander viel zu erzählen hatten.Der Unterricht begann um vierzehn uhr,so dass noch genügend zeit war,ihre Habseligkeiten einzuräumen und mittag zu essen.

So nach und nach kehrte der normale "Schultrott" wieder ein.Jeden Tag sassen die jungen Frauen in der Schulstube und lernten,wie man sich zu benehmen hatte.Die Zeit verging,ohne dass man es gross bemerkte.Eines nachts aber wurden die jungen Frauen jäh aus dem Schlaf gerissen.Es gab ein Riesengekreische,welches schon fast an Hysterie grenzte.Unsere Prinzessin erblickte aus dem Fenster und sah,wie ein Reiter seinem Pferd dieSporen gab und davonritt.Am nächsten Morgen beim Frühstück redete man von nichts anderem mehr als vom gespenstischen Reiter.Schliesslich löste sich die Gemeinschaft auf,da jede in ihr Klassenzimmer musste.
Abermals kam es in der nächsten Nacht zu einem Vorfall.Die Prinzessin lag in tiefem Schlaf,als es mitten in der Nacht an ihr Fenster klopfte.Sie erschrak und trat hinzu,um zu sehen,was los war.Diesmal war es aber still,doch da! ein Schatten,an der Mauer.Sie öffnete das Fenster und blickte hinab."Still",sagte eine Stimme leise,"komm hinunter,ich muss mit Dir reden".Wo hatte die Prinzessin diese Stimme schon mal gehört?Sie zog sich einen Schal über und verliess leise das Zimmer.Sie schlich durch den Flur und trat hinaus in die kühle Nacht.Dort wartete Peter,den sie auf dem Markt kennengelernt hatte,auf sie."Ich mussste jeden Tag an Dich denken,"sagte er."Meine Cousine sagte mir,wo ich Dich finde".Peter packte die Prinzessin am Handgelenk und zog sie mit sich.Sie liess es einfach geschehen und beide verschwanden still und leise in der Dunkelheit.Irgendwann hielten sie an und gelangten zu einem Teich,der sich in einem kleinen Wald befand.Ab und zu raschelte es im Laub,als sich eine Kröte nach einer Mücke umsah.Peter zog die Prinzessin zu sich und blickte ihr tief in die Augen.Sie schauderte ein wenig.Er küsste sie einfach und zog sie mit sich zu Boden...

Irgendwann erwachten die beiden,als die Sonne durchs Dickicht schien.Die Prinzessin erschrak,ihre Haare waren zerzaust und musste sie doch längstens wieder in die "Jungfrauenschule" zurück.Sie verabschiedete sich von Peter und eilte davon.

"Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht,des nachts das Gebäude zu verlassen?"fragte der Schuldirektor.Er rückte sich seine Brille zurecht und sah siezornig an.Der Prinzessin kam nichts geistreiches in den Sinn.Der Direktor warnte sie davor,bei weiteren Vorkommnissen ihren Herrn Vater,den König,zu benachrichtigen.
Jede Nacht dachte sie an Peter.Einmal sehnte sie sich so fest nach ihm,dass sie ans Fenster trat,um es zu öffnen und hinabzusteigen.Es gelang ihr,runter ins freie zu klettern.Sie schaute sich nach allen Seiten um,ob sie von niemandem gesehen wurde,und rannte,so schnell sie konnte,davon.Atemlos erreichte sie den Ort,an den Peter sie geführt hatte.Sie setzte sich an dieselbe Stelle,an der sie in Peters Armen lag.Plötzlich richtete sie sich auf und folgte dem Weg,den sie glaubte,gehen zu müssen,um Peter zu finden.Sie lief durch die Nacht.Die Sterne funkelten um die Wette und plötzlich erreichte sie eine kleine Häuseransammlung.In welchem Haus wohl Peter weilte...?Sie erinnerte sich,dass Maria ihr erzählte,dass er bei einem Bauern schlafen konnte.Dort drüben schien ein Bauernhof zu sein.Sie schlich sich leise zum vermeintlichen Haus und plötzlich begannen,Hunde zu bellen.Das Gebell kam immer näher und näher.Unsere Prinzessin bekam es mit der angst zu tun,sie suchte ein geeignetes Versteck,doch sie stand mitten auf dem Feld und wusste weder ein,noch aus.Auf einmal gingen einige Lichter in verschiedenen Häusern an,das kleine Dörfchen wurde mitten in der Nacht zum leben erweckt.Ganz vorne bewegte sich sogar ein Licht auf sie zu.Die bellenden Hunde hatten die Menschen geweckt und nun kam sogar jemand.Die Prinzessin hatte keine Möglichkeit mehr,zu flüchten.Sie wurde von den kläffenden Hunden umringt.Ihr Herz begann zu rasen.Das kleine Licht kam immer näher,so nah,dass sie erkannte,dass es eine Laterne war.Und bei genauem hinsehen erkannte sie.....,ja es war Peter."Du meine Güte,was machst Du denn da?"fragte er sieund im selben Augenblick zog er sie in seine Arme und küsste sie.Er beruhigte die Hunde und sperrte sie ein.Sie waren nämlich ausgebüchst,als sie die Prinzessin witterten.Langsam wurde es heller.Peter schloss die Tür einer Scheune auf,und führte die Prinzessin hinein."Das ist mein Reich,hier wohne ich,"sagte er.Sie schlang ihre Arme um ihn,und plötzlich lagen sie zusammen auf einem Heuhaufen."Ich will nie mehr von Dir weggehen,"sagte sie.
So kam es,dass am nächsten morgen keine Prinzessin zur Schule ging.Nein,sie genoss es,den ganzen Tag mit Peter zusammen Schafe zu hüten..

Indessen hatte der Schuldirektor den König benachrichtigt,dass seine Tochter nicht in der Schule erschienen sei und auch sonst nirgendwo aufzufinden wäre.Diese Botschaft führte eine ziemliche Aufruhr bei königlichem Hause herbei.Der Kutscher zog mehrer male seine Augenbraue hoch und schüttelte immer wieder den Kopf.

Die Prinzessin,welche übrigens Dorothea hiess,verbrachte nun schon eine ganze Woche bei ihrem Peter.Eines abends,als sie zusammen den Sternenhimmel betrachteten,kniete er sich vor sie hin,und fragte:"Dorothea,willst Du mich heiraten?"Überglücklich fielen sie sich in die Arme und küssten sich leidenschaftlich.So kam es,dass die beiden innerhalb der nächsten Tage ein verheiratetes Ehepaar waren.Die Schule und das königliche Gehabe bei Hofe war vergessen...

Eines Tages aber kam ein Reitergefolge ins malerische Dörfchen.Es wurde von Prinz Sebastian angeführt.Prinz Sebastian galt als Nachfolger des Königs,sollte er doch die Prinzessin ehelichen.Nun wurde er gesandt,sie zu suchen.Peter erkannte die Reiter aus der Ferne und eilte zu Dorothea,um ihr zu erzählen,was er gesehen hatte.Dorothea wollte mit Peter zum Gefolge,um sich ihm entgegenzustellen."Was macht ihr hier zu schaffen?"fragte sie den Ritter Sebastian."Ich bin gekommen,euch heimzuholen und euch zu retten",sagte dieser."Hier gibt es nichts und niemanden zu retten,"beteuerte Dorothea.Der Sebastian aber gab sich nicht geschlagen."Ich habe Order,euch sicher und unversehrt heimzubringen."
Da nahm Dorothea den Peter bei der Hand und sagte,dass es gut sei,und dass sie mitkämen.Der Peter wurde auf ein Ross gesetzt und so ritt die ganze Truppe von dannen,dem Schloss entgegen.
Der König wartete schon sehnsüchtig und gleichzeitig auch wutentbrannt über seine Tochter.Einen ganzen Monat lang hatte er sich geängstigt,wo sie wohl sei und ob sie überhaupt noch lebte.Nun kam die Gefolgschaft angeritten und der König rannte auf Dorothea zu,die eben vom Pferd stieg.Er verpasste ihr eine schallende Ohrfeige und nahm sie sogleich in seine Arme.Tränen rannen ihm über die Wangen.Er sah furchtbar aus,hatte er nächtelang nicht geschlafen.Schliesslich erblickte er Peter."Vater,dies ist mein Mann,Peter",hörte er Dorothea sagen.Dann wurde es nacht um ihn.

Drei Stunden später standen alle um des Königs Bett.Der Arzt verordnete absolute Bettruhe und keine Aufregungen mehr.Der König begann sich langsam wieder zu fassen.Im kleinen Saloon unterhielt sich Dorotheas Mutter,die Konigin,angeregt mit ihrem Schwiegersohn in spe...,so schlecht gefiel ihr dieser Jüngling eigentlich gar nicht,dachte sie bei sich.Die nächsten Tage verbrachten Dorothea und Peter auf dem Schloss.Dem König ging es zusehends besser,die Schule war vergessen und wenn sie nicht gestorben sind,so leben sie noch heute.

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Tag der Veröffentlichung: 09.11.2011

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