Cover

Wie aus dem Nichts, war sie da

"Du kriegst doch eh nichts hin. Sehe es doch endlich ein. Du magst Träume haben. Hah! Vergiss es. Na Lauf. Lauf. Hier will dich doch keiner haben. Was wollen wir mit einer, die nichts auf die Reihe bekommt? Sag's mir. Na fällt uns nichts mehr ein? Scheiße wenn man Erwachsen ist, aber nichts hinkriegt, oder? Blödes Gefühl was?"

Wendy sitzt am Tisch in der Küche und trinkt Beruhigungstee, den Mutti extra für sie mitgebracht hat. Mutivationslos rührt sie im Tee rum, die Augen auf den Tisch gerichtet. Auf dem Tisch liegt das Wochenendblatt mit seinen ganzen Anzeigen, die man normal wegwirft. "Halt. So geht es nicht", denkt sie sich. Es bringt sie dazu dieses Schmierblat an sich zu reisen und zu durchstöbern. Bei dem Wohnungsteil bleibt sie hängen. Was es alles für Möglichkeiten gibt zu wohnen. Die einen schlafen mit mehreren unter einem Dach, die nächsten in einer Zweizimmerwohnung und den nächsten ist es immer noch zu klein. Da wundert man sich nicht, dass ein Teil auf der Straße endet. Mama hatte mir geraten mir verschiedene Wohnmöglichkeiten an zu schauen. Es sollte nicht zu teuer sein, da ich noch kein Einkommen habe. Fazit: Ich habe kein eigenes Dach über dem Kopf, geschweige denn einen Beruf, dem ich nachgehe. So verbringe ich die Tage im sogenannten Hotel Mama. Wobei ganz praktisch ist es ja schon. Ach nein. Wie ein Detektiv durchblättere ich die Zeitung, doch nach was ich mich orientieren muss weiß ich nicht. Ich fahre mit dem Finger über die Zeilen. Es geht trotzdem nicht voran. Schluss jetzt. Ene mene mu und raus bist du. In der Sommergasse 18 wird am Donnerstag , den 20 Oktober ein Besichtigungstermin angeboten. So gefunden. Da gehe ich einfach mal hin, bis dahin sind noch zwei Wochen. Den Termin notiere ich auf einem Zettel und Hefte es ans Schwarze Brett in der Küche. Es steht außerdem auf dem Brett dass eingekauft werden muss, ein Zettel vom Arbeitsamt und der Termin zum neuen Kinofilm mit Robert Patterson. Den Einkaufszettel reißt sie sich vom Brett. Da Mama alles macht kann ich doch den Einkauf tätigen. Den Einkaufskorb gepackt, die Herbstgaderobe angezogen, begibt sich Wendy zum nächsten Supermarkt. Auf den weg dahin sieht sie die Menschen mit ihren Hunden und Eheleuten, Freunden, Kindern oder Kinderwagen durch die Straßen und Parks ziehen. Einige sehen ganz glücklich aus, anderen ist an zu sehen wie verärgert oder hilflos sie sind. Sie spiegelt sich mit dem, was sie sieht und ihre Ängste und Träume dringen wieder in ihr Bewusstsein ein.

Am Supermarkt angekommen trifft sie auf bekannte Gesichter. Unter anderem den dicken Sebastian aus der neunten Klasse. Was der jetzt wohl macht? Oh Mist er schaut zu ihr. "Hallo Sebastian, was machst du denn hier?" "Nach was sieht's denn wohl aus?" "Nach Einkaufen?" "Richtig." "Kaufst du für eine Party ein?" "Ne muss meine Verlobte ernähren. Sie ist gerade im vierten Monat und hat Hunger für drei." "So, so Verlobte. Kenn ich die Glückliche?" "Es ist Rose aus der Sparkasse, die ich leite." "Du leitest eine eigene Fiale?" "Ja und du?" "Ich. Ja wie soll ich sagen. Ich mache Gelegenheitsjobs um mich aus zu probieren." Sie nicken sich zu und gehen weiter die Gänge entlang. Bald ein halbes Jahr und drei Jahre ohne Schule und solche Freaks schaffen es an die Spitze Im Beruf. Ist das peinlich. Bei diesem Einkauf hole ich nur noch die nötigsten Besorgungen und meide jegliches Gespräch. Als ich fertig bin verlasse ich den Laden und schlendere auf den Weg nach Hause. Ist das eben peinlich gewesen. Seit über zwei bis drei Jahren aus der Schule und muss behaupten das ich mit Nebenjobs über die Runden komme, und selbst das ist gelogen. Zuhause lege ich den Einkauf in die Küche und Räume alles aus. Wieder sitze ich alleine in der Küche am Essenstisch und grübel. Ich schaue mir die Anzeigen am Küchenbrett an. Wieso hängen die denn da? Klar wegen mir um was zu finden, doch warum? Ich bin doch sowieso zu doof, zu tollpatschig, einfach zu ungeeignet dafür. Der Hass darüber ist deutlich zu spüren. Ich bin ein Nichtskönner, ein Versager.

Ein Haus. Ich betrete es und kann mein Glück kaum fassen. Ist das meine eigene Wohnung. Nur für mich? Ein Mann steht neben mir und führt mich durch die Räume. Er sagt so etwas wie, die Räume sollten saniert und aufgearbeitet werden. Nach der Führung geht er. Wie als sei er aus der Existenz in Luft übergegangen. Ich betrachte alles und dann sehe ich einen Riss in der Decke. Er breitet sich aus. Es geht auf die Wände und Türen über. Auf einmal fängt es zu bröckeln an. Sie werden größer. Jetzt fallen sie alle herab. Ich stehe wie angewurzelt da und glaube nicht was geschieht. Die Brocken werden größer und begraben mich. Ich kriege keinen Ton heraus. Es ist vorbei. Schweiß gebadet erwacht Wendy aus ihrem Albtraum. Um sie herum ist ihr Schlafzimmer. Alles ist wie immer. Wendy hüpft aus dem Bett und rennt durchs ganze Haus. Ihre Mutter wird davon auch wach. Sie begegnen sich im Wohnzimmer. Dort war ihre Mutter vor dem Fernseher eingeschlafen bzw. Jetzt wach. "Wendy was ist denn los? Es ist noch früh am Morgen." "Ich dachte es wäre etwas umgefallen und wollte nachsehen. Nacht." Ihre Mutter schaut sie verdutzt an. Wieder im Zimmer angekommen schaut Wendy sich um und kontrolliert die Wände nach Rissen. Nichts bis auf Stellen wo die Tapete abblättert. Ich bin verrückt. Das Schlafen glückt ihr jedoch schnell. Entspannt wacht Wendy eines Morgens auf. Trotz der zugezogenen Gardinen sieht sie dass es schon Tag sein muss. Wie jeden Morgen geht sie nach dem waschen in die Küche. Nach dem Gutenmorgentee schaut sie aufs schwarze Brett. Babysitten, Gassi gehen. Der König der Löwen tritt im Staatstheater auf und ein Besichtigungstermin. Besichtigungstermin! Schitt das ist heute. Oh no. In 15 Minuten wird die Wohnung zur Besichtigung geöffnet. So ein Mist, wie komme ich denn da hin? Ich habe kein Auto, geschweige denn einen Führerschein. Und Geld für den Bus oder Taxi, Never. Da bleibt wohl nur der Drahtesel oder meine zwei gesunden Füße. Fahrrad wäre schneller. Als sie das Rad aufgestöbert hat und das Schloss geöffnet habe, die nächste Panne. Ein Platten. Also wird das Problem mit einer Luftpumpe behoben. Jetzt wird kräftig in die Pedale getreten. Nach etwa der Hälfte des Weges, zumindest meint sie zu wissen wo sie hin muss, kippt sie seitlich vom Rad. Sie kann sich mit dem Fuß stützen und fängt an sich zu beruhigen. Was ist das denn gewesen? Wendy begutachtet das Rad. Schon wieder Platt. Sie stellt das Rad am Seitenrand ab und sprintet weiter. Nach mehreren Metern Strecke kommt sie an ihr Ziel. Gerade verlässt ein Pärchen das Haus. Mutlos nähert sie sich dem Haus. Ein Mann steht im Türrahmen. Er sieht mir nicht fremd aus. Doch wo her ich ihn kenne weiß ich nicht. "Guten Tag. Ich wollte mir die Wohnung ansehen." "Verkauft." Sagt er und schließt die Tür ab. Er geht an Wendy vorbei. Wendy kann es nicht fassen, doch es ist so. Der Typ lässt sie einfach links liegen und kehrt ihr den Rücken zu. Als er nicht mehr zusehen ist, verlässt Wendy den Eingang des Hauses und somit das Grundstück.

Sie kommt an die Stelle, wo sie ihr Rad zurückgelassen hat. So gut es geht mit zwei Platten Rädern, neben sich her. Sie geht in den Park, der zu ihrer rechten erscheint. An einer Treppe, die an einen See ist bleibt sie stehen und setzt sich. Wieder nichts. Wieder hast du nichts erreicht. Wie lange soll ich noch Frust erleben? Es scheint so und das ist noch viel schlimmer, als würde es keinen Funken Hoffnung darauf geben dass es sich nicht mehr ändern wird. "Hey. Du siehst aus als könntest du Gesellschaft gebrauchen. Darf ich?" Da von Wendy keine Reaktion zu erwarten ist setzt sich der Mann neben sie. Lange, lange sehr lange schweigen sie und schauen auf den See. So als hofften sie zu der Jahreszeit noch viele Tiere hier zu sehen. " Ich finde es frisch. Ich weiß nicht wie es dir geht aber ich würde mich lieber in oder an etwas warmes setzen. Willst du dich mir anschließen? Stummer Vogel." "Ich weiß nicht" "Haben sie ein Zuhause?" "Ja." "Aber?" "Ach es ist alles so kompliziert in meinem Leben. Es ist, ich wurde." "Darf ich sie zu einem warmen Getränk einladen?" Sie nickt zögernd. "Das Rad, also ich habe zwei Platten." "Wir nehmen es mit." Ängstlich läuft sie mit dem Rad neben ihm her. Als sie durch den Park sind erreichen sie die Stadt. Nach einer weiteren Strecke Fußmarsch erscheint vor ihnen ein Platz mit vielen Buden. Am hinteren Platz bleibt er stehen. "Wir sind da." "Wohnst du im Wohnwagen? Wo sind wir hier?" " Das ist ein Rummelplatz. Und ja hier wohne ich. Auch nicht allein. Ist das ein Problem für dich?" "Ich weiß nicht. Es ist nur, ich hatte nicht mit so etwas gerechnet. Ich denke es ist hier besser als wenn ich wieder als Versager nach Hause gehe." Er klopft an die Tür des Wagons. Eine Frau, vielleicht seine Mutter öffnet die Tür.

Als ich zum eintreten aufgefordert werde, fällt mir auf dass dieser Wagen mit Kerzen, Tüchern ausgestattet ist und ein Duft von Ölen und Räucherstäbchen zieht durch den Wagen. Eine Katze kommt auf mich zu und lässt ihren Schwanz um meine Beine tänzeln. "Du bist?" "Wendy. Ich hoffe ich store nicht. Er, oh ich weiß deinen Namen gar nicht, hat mich eingeladen." "So Nickolass hat dich eingeladen?" "Ja." "Jetzt Jagd ihr doch nicht schon vornherein Angst ein. Komm, hm ich weiß jetzt nicht wie du heißt aber willst du dich setzen? Ich mache uns dann was zu trinken." Ängstlich setzt sich Wendy auf eine Bank. Die Frau kommt zu ihr und bleibt bei ihr stehen. "Es tut mir leid wenn du Angst vor mir hast. Das wollte ich nicht. Ich bin die Mutter von Nickolass. Ich habe keine Probleme damit wenn du hier bist. Glaub mir dieser Aufenthalt hier wird dir gut tun. Es wird vielleicht dein Leben verändern." Nickolass kommt mit gut duftenden Getränken auf die beiden zu. "Ich habe eine spezielle Kräuternischung nach Hausrezept aufgebrüht. Du solltest ihn ohne Süßungsmittel oder ähnlichen zu dir nehmen. Erst dann entfaltet er seine größte Wirkung." "Ich lasse euch zwei mal alleine, danke für den Tee. Hoffentlich hast du dich beim zubereiten gebessert." "Ich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 09.02.2013
ISBN: 978-3-7309-1071-9

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /