Job bei einer Firma, an die der telefonische Kundendienst, sprich das Call Center, für eine Billig-Airline ausgelagert wurde.
Kurze Beschreibung der Dinge, die die anfänglich durchaus vorhandene Motivation erheblich schrumpfen ließen:
unsere Ausbilder aus einer anderen Niederlassung erzählten uns, dass uns außer der unbezahlten Mittagspause von 30 Minuten jeweils vor und nach der Mittagspause 15 Minuten bezahlte Bildschirmpause zuständen. Erstens wurden diese in unserer Niederlassung auf 10 Minuten verkürzt, zweitens musste die Zeit nachgearbeitet werden. Außerdem konnten diese 10 Minuten auch verweigert werden, wenn mal viel Arbeit anfiel. Auf Nachfragen, wie sich das denn mit den Bildschirmpausen vertrage, die, wie uns in einer Schulung erklärt wurde, nötig seien, um die Augen nicht zu schädigen, bekamen wir zu hören, es gebe ja auch noch andere Berufe, die gesundheitsschädlich sind und wir seien nicht die einzigen. Dazu möchte ich noch anmerken, dass die Firma immer voller Stolz betonte, wir seien ja ein umweltverträgliches „paperless office“. Sprich, man schaute immer, wenn man an seinem Platz war, auf den Bildschirm, da man keine Anfragen in Papierform bearbeitete. Auch Faxe wurden in den Computer eingescannt.
Es wurde ein sehr geringes Gehalt gezahlt. Dies konnte man jedoch aufbessern, indem man die Quantität seiner Arbeit steigerte. Sprich, ab einer bestimmten Anzahl bearbeiteter Anrufe/Emails am Tag, gab es für diesen Tag 10,00 ¤ extra. Die Folge: es wurden natürlich vornehmlich die schnell zu bearbeitenden Sachen rausgepickt. Emails mit komplizierteren Anfragen blieben liegen oder wurden auch -unkorrekterweise- einfach mit einem Standarttext beantwortet. Bei Anrufen kam es durchaus vor, dass technische Probleme vorgetäuscht und einfach aufgelegt wurde. Dies auch aus dem Grund, weil man ein doch eher unangenehmes Gespräch mit seinem Teamleiter hatte, wenn das persönliche Arbeitsvolumen niedrig war. Diese Teamleiter hatten von den Prozessen und Abläufen so wenig Ahnung, dass man ihnen auch nicht erklären konnte, warum man eben mal länger mit einer Anfrage zu tun hatte und deshalb im Ganzen an einem bestimmten Tag zahlenmäßig weniger geschafft hat. Durch die geringe Bezahlung und auch sonstige Geringschätzung seitens des Arbeitgebers fühlte sich keiner motiviert, bei den Kunden einen guten Eindruck zu hinterlassen. Und für ein sehr niedriges Gehalt und unsichere Arbeitsplatzverhältnisse, leistet man da halt lieber schlechten Service und hat wenigstens seine Ruhe.
Leute (in der Probezeit) wurden innerhalb weniger Minuten vor versammelter Mannschaft entlassen. Jemand von der Personalabteilung kam ins Großraumbüro und teilte den Betroffenen vor allen anderen mit, sie sollten bitte ihre Sachen packen. Oft ging dem eine nette Ausbeutung voraus: den Leuten wurde erzählt, wenn sie in einer Woche mindestens soundsoviele Emails am Tag bearbeiten würden, könnten sie bleiben. Viele schafften es, verzichteten auf sämtliche Pausen, kamen früher und gingen später, ohne die zusätzliche Zeit aufzuschreiben, und wurden trotzdem entlassen.
Mehrere Abteilungen wurden ins Ausland verlegt, obwohl noch wenige Tage vorher den
Leuten in den entsprechenden Abteilungen versichert wurde, sie würden am Ort bleiben.
Das Call Center befand sich ziemlich abgelegen und war für die meisten nur in einer
Fahrtzeit von über 1,5 Stunden (einfach) zu erreichen, am Wochenende musste man noch mehr einplanen. Es wurde uns versichert, der Arbeitsplatz würde an einen verkehrsgünstigeren Ort verlegt werden (innerhalb ungefähr eines Jahres). Nach Ablauf des Jahres wurde uns, allerdings erst auf Nachfrage, mitgeteilt, das Call Center bleibe, wo es sei.
Die Teamleiter und Coaches, die die Anrufe in regelmäßigen Abständen bewerteten, hatten oft wenig bis keine Ahnung von den Prozessen. Sie zählten nur bestimmte Floskeln und Wörter, die uns von irgendwem (wahrscheinlich jemand, der nie selbst am Telefon gesessen hat) aufgebrummt worden waren. Angeblich hatte man ausgerechnet, dass diese Floskeln einen Anruf verkürzen würden. Man kam sich dadurch sowieso schon entmündigt vor. Allerdings durfte man sich auch noch für solche Sachen rechtfertigen: man hatte nicht oft genug „bitte“ und „danke“ gesagt, nicht oft genug den Namen des Kunden oder seinen eigenen wiederholt etc. Alles Dinge, die nur stumpfes Zählen sind und in keiner Weise den Inhalt des konkreten Gesprächs berücksichtigen. Als ich bei so einen Coaching einen Satz mit „ich denke...“ anfing, bekam ich die Antwort „du bist nicht zum Denken da, sondern dazu, zu machen, was man dir sagt!“
Als die Auftraggeberfirma einmal mit jedem einzelnen von uns ein Gespräch darüber führen wollte, wie wir uns denn auf der Arbeit fühlten und was man unserer Ansicht nach verbessern könnte, wurde das von unserem Arbeitgeber verhindert. Ein Kollege, der sich einmal in einer Email direkt an einen Verantwortlichen der Auftraggeberfirma gewandt hatte, weil er von unseren Chefs keinerlei Rückmeldung zu seinem Problem bekam, wurde entlassen.
An Tagen, an denen wenige Anrufe kamen und auch kaum Emails zu bearbeiten waren,
wurden von Teamleitern sogenannte „test calls“ gemacht: sie riefen mit dem Handy im Call Center an, sagten etwas in der Art wie „doing test call“ und legten wieder auf. Dadurch wurde die Statistik für den Auftraggeber gefälscht: mehr Anrufe und kürzere durchschnittliche Anrufdauer.
Kollegen wurden entlassen bzw. Kollegen, die gekündigt hatten, nicht ersetzt. Dadurch wurde der Stress für den Rest immer größer und kaum mehr zu bewältigen, ganz abgesehen davon, dass eine Arbeit im Call Center sowieso stressig ist. Es war z.B. ganz normal, dass immer mal wieder Leute aufstanden und heulend aufs Klo rannten. Dazu kam die unsichere Situation, da man ja immer nur befristete Verträge bekam. Als bei dem ersten von der Gesetzeslage her keine befristete Verlängerung mehr möglich war, wurde ihm mitgeteilt, dass sein Vertrag ja auslaufe und leider nicht mehr verlängert würde.
Zeitarbeit, konkret eine Firma, bei der man das „Fire“ schon im Namen lesen kann, obwohl es offiziell für etwas anderes steht.
Diesmal war die eigentliche Arbeit in Ordnung, wir Zeitarbeiter wurden im Arbeitsalltag wie die direkt Angestellten behandelt und bekamen auch die gleichen Vergünstigungen beim Erwerb von Produkten der Einsatzfirma.
Es geht eher darum, wie sich die Zeitarbeitsfirma verhalten hat:
zuerst das Gute: bei Vorstellungsgespräch war alles sehr locker und eine nette Atmosphäre. Dann kam nach ein paar Wochen der Anruf: sie hätten etwas für mich, Montag -Freitag, keine Schichtarbeit, Bezahlung durchaus in Ordnung, allerdings nur für 6 Monate. Da ich mich aus der Arbeitslosigkeit heraus beworben hatte, hatte ich natürlich noch andere Bewerbungen laufen. Auf eine hatte ich eine Zusage, bei der der Vertrag etwas längerfristig angelegt wäre: erst 2 Jahre und dann, wenn alle zufrieden sind, unbefristet. Außerdem nicht über Zeitarbeit, sondern direkt bei der Firma. Allerdings konnte ich dort nicht zeitnah anfangen, sondern erst in ein oder zwei Monaten, und es wäre Schichtarbeit. Trotzdem hätte ich es vorgezogen zu warten. Dies sagte ich auch meiner zuständigen Personalberaterin bei der Zeitarbeitsfirma. Daraufhin bot sie mir einen unbefristeten Vertrag an. Wenn der Einsatz in 6 Monaten zu Ende wäre, würde sich schon etwas Neues für mich finden lassen. Und selbst wenn ein bisschen Zeit vergehen würde, bräuchte mich das nicht zu kümmern, das ich ja mein Gehalt von der Zeitarbeitsfirma weiter bekäme. Von Anfang an ein unbefristeter Vertrag mit festen Arbeitszeiten von Montag bis Freitag hörte sich sehr gut an und so sagte ich zu. Es klappte auch alles sehr gut, ich wurde über alles Wichtige informiert und meine Personalberaterin war immer für mich erreichbar.
Bis eben diese Personalberaterin in eine andere Niederlassung versetzt wurde. Ich bekam den Verdacht, dass sich auch die Firmenpolitik der Zeitarbeitsfirma änderte. Denn ein Kollege von der selben Zeitarbeitsfirma -in der selben Firma wie ich eingesetzt- bei dem der Vertrag auslief, erzählte mir, er hätte das Angebot bekommen, einen neuen Vertrag zu machen. Selbe Arbeit, aber leider weniger Gehalt! Außerdem war mein neuer Personalberater selten zu erreichen und rief auch nicht zeitnah zurück. Vor allem als mein Einsatz mehrmals um mehrere Wochen verlängert wurde, hätte ich mir eine weniger kurzfristige Information gewünscht. Irgendwann fragte ich direkt bei der Personalabteilung der Kundenfirma nach, die mir mitteilte, an welchem Datum mein Einsatz definitiv enden würde. Gut, wusste ich Bescheid. Machte aber ja nichts, da ich einen unbefristeten Vertrag hatte. Dachte ich zumindest! Ich ging auf einige von der Zeitarbeitsfirma vorgeschlagene Vorstellungsgespräche und hatte schließlich meinen letzten Tag bei der Kundefirma. Da ich von der Zeitarbeitsfirma nichts mehr gehört hatte, meldete ich mich bei meinem Personalberater, um einen Termin mit ihm auszumachen, damit wir mal besprechen könnten, wie es jetzt weitergeht. Ein paar Tage später tanzte ich also dort an. Er ließ mich erst lang und breit erzählen, welche Art von Arbeit ich mir denn vorstellen könnte, bis mir ein ebenfalls dabei sitzender Typ (wie sich herausstellte von der Personalabteilung), die Kündigung überreichte. Warum lassen die mich dann noch erzählen, was ich arbeiten möchte und welche Kenntnisse ich habe?! Anscheinend geht das bei Zeitarbeitsfirmen recht einfach, auch unbefristete Verträge zu kündigen. Ich fand das eine sehr miese Nummer! Ich wurde mit dem Vertrag geködert, obwohl ich etwas wirklich Langfristiges in Aussicht hatte, nur damit die Zeitarbeitsfirma ein paar Monate mit mir Profit machen konnte. Was mit den Menschen danach passiert, ist denen total egal. Ein normaler Mensch sollte doch wenigstens ein bisschen Verantwortung und Gewissen haben und nicht jemandem für ein paar Monate eigenen Profit die Möglichkeit nehmen, der Arbeitslosigkeit langfristig zu entkommen! Aber vielleicht sind gerade bestimmte Leute schon so skrupellos, dass man so etwas von ihnen nicht erwarten kann. Leider war diejenige, die mich eingestellt hatte, ja nicht mehr da, sonst hätte ich sie schon an unser Gespräch erinnert! Obwohl die anderen, auch ohne Kenntnis von unserem Gespräch, meiner Meinung nach, einen unbefristeten Vertrag nicht innerhalb von so kurzer Zeit hätten kündigen dürfen. Immerhin war seit meinem letzten Einsatztag weniger als eine Woche vergangen! Außerdem müssen die sich auch denken können, dass der unbefristete Vertrag schon seinen Grund hat. Aber gut, die Fire-Firma ist bei mir unten durch, so wie ich generell Zeitarbeitsfirmen misstraue und, falls ich mal wieder in den unschönen „Genuss“ des Arbeitssuchend-Seins komme , alles tun werde, um eine erneute Anstellung über Zeitarbeit zu vermeiden.
Texte: Andeliya
Tag der Veröffentlichung: 03.09.2012
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