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März 2011
Noch gut einen Monat Gnadenfrist, d.h. Arbeitslosengeld I, dann ist es damit leider vorbei und Hartz IV, auch ALG 2 genannt, steht an. Vom Geld her kriege ich dann sogar ein bisschen mehr, als mein ALG I ist, da 60% von wenig Gehalt eben nicht gerade viel ausmacht. Momentan bin ich allerdings trotzdem gestresst, weil ich mir alles mögliche denke, was dazu führen kann, dass sich die Bewilligung hinauszögert. Alle möglichen Probleme kommen mir in den Sinn, obwohl ich noch nicht beim Jobcenter war. Vielleicht Erzählungen von Freunden, die man so im Hinterkopf hat. Die Arbeitssuche in dem knappen Jahr meiner Arbeitslosigkeit hat mich sehr ernüchtert. Ich hatte schon viele Jobs, im In- und Ausland, habe Fremdsprachenkenntnisse und ein Studium. Ok, Geisteswissenschaften, aber immerhin zeigt das doch, dass man intellektuell kein Trottel ist. Möchte man zumindest meinen. Schnell wird einem jedoch klar, dass kaum jemand ein geisteswissenschaftliches Studium in irgendeiner Form würdigt. Im Gegenteil, oft bin ich schon froh, wenn mein Gesprächspartner so tolerant ist, mich deshalb nicht dumm anzuquatschen. Tja, die Ansprüche sinken. Die Hoffnung auch. Die Vorstellungsgespräche haben mich ausgelaugt, ich habe keine Lust mehr, meinen Lebenslauf immer und immer wieder herunterzubeten beim Betteln um einen Job. Auch meine „3 guten und 3 schlechten Eigenschaften“ hängen mir zum Hals heraus. Ich komme mir vor, wie eine, die immer wieder auszieht, sich zu unterwerfen, nur um eine Arbeitsstelle zu bekommen. Dabei verlange ich nicht viel. Gut, man sollte bei Vollzeit genug zum Leben verdienen, wobei ich mit recht wenig auskomme. Und man sollte gut behandelt werden, oder zumindest nicht zu schlecht. Und kein Call Center! Hab ich jahrelang gemacht, geht nicht mehr. Oder ich mache es noch ein paar Monate und bekomme einen Nervenzusammenbruch oder etwas in der Art. Will ich nicht. Noch interessiere ich mich für meine Gesundheit. Zeitarbeitsfirmen versuche ich ebenfalls zu meiden. Oft erlebt, sowohl persönlich als auch indirekt (Erzählungen von Freunden): eine recht annehmbare Stelle ist in einem Jobportal ausgeschrieben, freudig bewirbt man sich. Der Anruf der Zeitarbeitsfirma kommt auch sehr bald. Ist man dann dort, wird einem eröffnet, dass die ausgeschriebene Stelle leider schon weg/ von der Kundenfirma zurückgezogen/ erstmal zurückgestellt ist. Oder etwas in der Art. Die Gründe sind da austauschbar. Dann bekommt man etwas anderes „gaaaaaaaanz Spannendes“ angeboten, bei dem die Bezahlung und Konditionen jeder Beschreibung spotten. (Beispiel: 6 ¤ brutto die Stunde bei Schichtarbeit und 2 Fremdsprachen fließend und abgeschlossener Ausbildung). Spannend ist wahrscheinlich eher, wie die Bewerber reagieren- von einem einfachen „nein danke“ über einfach mit offenem Mund dastehen bis hin zu „sind Sie noch ganz dicht?!“ ist alles drin. So am Vorabend von Hartz möchte ich denjenigen, die sich über die „Schmarotzer“ aufregen, an die ihre Steuergelder verschwendet werden, etwas mitgeben: warum denkt ihr nicht mit dem gleich heftigen Engagement an all die Schweinereien und Mauscheleien, für die eure Steuern sonst ausgegeben werden? Hat man es geschafft, all eure Aufmerksamkeit und Wut auf die zu lenken, die sich kaum wehren können, um von wesentlich Schlimmerem abzulenken?

März 2011
Schaue mal wieder meine Arbeitszeugnisse an und frage mich, wem es eigentlich im Endeffekt nutzt, dass nichts Negatives drinstehen darf. Doch wohl kaum dem Bewerber. Denn der kann meist nicht richtig erkennen, ob das Zeugnis gut oder schlecht ist. Ich recherchiere im Internet, finde aber nicht immer genau die Formulierung, die in meinem Zeugnis steht. Nach den Recherchen habe ich manchmal eine eins und eine vier im selben Satz. Vielleicht wäre es doch besser, es müsste im Zeugnis klipp und klar stehen, was der Arbeitgeber von einem hält.
Habe eine Aussage einer netten jungen Frau gehört, die einem Hartz IV Empfänger „rät“(arg euphemistisch ausgedrückt), er solle doch wegen einer Arbeitsstelle gut 500 km weg ziehen. Dass er seine Tochter, die bei ihrer Mutter lebt, dann nur noch in den Schulferien sehen kann, sei egal, Hauptsache er kann ihr finanziell was bieten. Mir bleibt der Mund offen stehen. Ich hoffe nur, dass noch nicht die Mehrheit der Leute so denkt!
Zum Nachdenken: Die Leute, die verlangen, man solle doch alle seine Lieben verlassen um eines Jobs willen sind oft die, die keine 2 Schritte ohne ihren Lebensabschnittsgefährten gehen und selbst also schon gleich gar nicht von ihm wegziehen würden.

April 2011
So, weil Ende des Monats mein ALG1 Anspruch erlischt, habe ich heute schon mal telefonisch den Hartz Antrag gestellt. Fürchte, ich bin leicht über dem Vermögensfreibetrag, werde in den nächsten Tagen noch etwas Geld loswerden für Sachen, die ich sowieso brauche. Denn soviel drüber bin ich nicht, nach 2 Tagen Selbstfinanzierung könnte ich dann gleich wieder hin. Finde heraus, dass der Freibetrag im Vergleich zu dem, der in einer Broschüre angegeben ist, die schon ein paar Jahre alt ist, halbiert wurde. Warum? Wird alles immer billiger? Wäre ja schön, habe aber nichts davon gemerkt. Bin dankbar für die Grundsicherung, die man hier in Deutschland hat und finde den Betrag auch ausreichend. Vor allem wenn ich bedenke, was man so im Ausland, wo ich ja lange gearbeitet habe, bekommt, nämlich nach einiger Zeit Arbeitslosigkeit ungefähr 0. Da sollten notorische Nörgler auch mal drüber nachdenken. Und darüber, dass man viele Konsumartikel, die einem die Werbung unentbehrlich machen will, gar nicht braucht. Auf der anderen Seite entwickle ich Gedanken, die fast philosophisch sind. Sind die Menschen gut? Oder eher egozentrisch und gierig. Na ja, es gibt wohl solche und solche. Leider nutzen einige, bzw. sehr viele, wenn man die Stellenanzeigen anschaut, nach meinem Empfinden, die Tatsache aus, dass man als Hartzer jeden „zumutbaren“ Job annehmen muss. Warum sonst brummen Minijobs (3 Minijobs statt eine Vollzeitstelle), Zeitarbeit und Niedriglohnjobs? Ich hoffe in altmodischer Art auf eine Stelle in einem kleinen Unternehmen, wo der Chef noch selbst mitarbeitet und -ganz wichtig- ein Mensch ist, seine Mitarbeiter also menschlich behandelt. Aber solche Angebote gibt es leider nicht viele. In großen Unternehmen trifft man fast nur auf Roboter oder Zombies, die gehirngewaschen Statistiken anbeten und diese durchdrücken, auf Kosten der Mitarbeiter wenn nötig, zum Wohle der großen Wohltäter, der Aktionäre. Und zu ihrem eigenen Vorteil natürlich, denn so behalten sie ihr Pöstchen. Habe mir vorhin jedenfalls Stellenanzeigen angeschaut und mir ist fast wirklich körperlich schlecht.

April 2011:
So, nun kamen die Stellenanzeigen aus der gedruckten Zeitung dran. Ich bin kurz davor, die Zeitung in kleine Schnipsel zu zerreißen, zu bespucken und drauf rumzutrampeln. Was ich da teilweise gelesen habe, ist eine Unverschämtheit, es werden z.B Praktikanten gesucht, die schon mehrere Praktika absolviert haben und sich auskennen. Will da in gieriger, assozialer Art einfach keine normale Stelle vergeben werden, weil man sie ja auch mit kostenlosem Material besetzen kann, das noch dazu schon alles kann? Ich kenne Praktikum ja mehr als Mittel zum Lernen. Dumm nur, dass viele sowas mit sich machen lassen. Wenn keiner mehr bereit wäre, für lau zu arbeiten und sich derart verarschen zu lassen, müssten die zwangsläufig jemanden bezahlen. Dann gab es Call Center Stellen satt. „Spannend, abwechslungsreich, für kommunikationsstarke Persönlichkeiten.“ Wohl eher für Masochisten, die darauf stehen, sich 8 Stunden lang im Zweiminutentakt von irgendwelchen Vollpfosten anschreien zu lassen. Unterbrochen von Ausnahmen, da auch noch menschliche Leute anrufen, zugegeben. Aber wer sowas als „zumutbaren Job“ tituliert, sollte gezwungen werden, den selbst mal ein Jahr lang zu machen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es in der Call Center Branche von Jahr zu Jahr schlimmer zugeht. Ansonsten ist viel Müll da, kaum ordentliche Stellen, der Tenor der meisten Anzeigen wäre zu beschreiben mit „suche eierlegende Wollmilchsau, die sich für unterirdische Bezahlung kaputt arbeitet und behandeln lässt, wie Scheiße.“ Die Stellen für Personen, die sich für die andere Seite (Management, Outsourcingberater, etc.) interessieren, lassen sich nach meinem Empfinden so übersetzen: „wenn Sie sich an Statistiken bis zum Exzess aufgeilen können und in der Lage sind, die Pseudoergebnisse sowie ein großes Repertoire an nichtssagenden Äußerungen großfressig durch die Gegend zu posaunen, wenn Sie sich zudem nur für sich selbst und ihren eigenen Status interessieren und Ihnen Ihre Mitmenschen breit am Arsch vorbeigehen, sollten wir uns kennenlernen.“
Zum Nachdenken: Die Assozialen sind nicht die Bezieher von Hartz IV, sondern die Firmen, die die Menschen derart ausnutzen und sich dabei noch fett einen grinsen.

April 2011
Habe gerade wieder ein Vorstellungsgespräch bei einer Zeitarbeitsfirma hinter mir. Positiv: keine dummen Frage wie „3 gute und 3 schlechte Eigenschaften“ oder „wo sehen Sie sich in 5 Jahren“. Negativ: durfte erst ewig was zu mir und meinem Lebenslauf erzählen, um dann mitgeteilt zu bekommen, dass ich vom Profil her doch nicht auf die Stelle passe, an die sie gedacht hatten. Können die nicht lesen? Steht doch alles in meinem Lebenslauf! Na ja, bin jetzt bei denen in der Kartei und „sie melden sich, wenn sie etwas haben.“ Schön. Wie gehabt. Hatte auch eine Email in meinem Postfach von einer Online Stellenbörse „Regeln für die Online Bewerbung“. Frage mich, ob es gar nicht mehr darauf ankommt, was jemand kann, sondern nur noch, ob er auch die ständig neuen Regeln bei der Bewerbung befolgt. Einige haben wohl gar kein Interesse daran, dass die Leute Stellen finden, denn dann wären die 1000 Ratgeber für alles, was mit Bewerbungen zu tun hat, ja für die Tonne. Habe den Eindruck, es kommt wesentlich mehr darauf an, wie man sich verkaufen kann, als darauf, was man wirklich draufhat. Mehr Schein als Sein sozusagen. Jetzt weiß ich, wie es dazu kommen konnte, dass auf vielen Posten Flachpfeifen sitzen.
Habe heute meine Unterlagen für den Hartzantrag bekommen. Vor ein paar Tagen hab ich im Jobcenter angerufen und das Ganze telefonisch auf den Weg gebracht. Die Mitarbeiterin am Telefon war sehr nett, im Gegensatz zu dem, was man manchmal hört. Jetzt muss ich demnächst den ausgefüllten Antrag dort vorbeibringen oder schicken. Ist ziemlich ausführlich, wie alles, was mit Bürokratie zu tun hat, Hauptantrag und einiges an Anlagen. Na ja

April 2011
Gestern kam eine Email, die meine Stimmung erheblich verbessert hat: ich habe ein Vorstellungsgespräch für einen Sekretärinnenjob, der sich echt ok anhört. Ich werde jetzt etwas Excel und Powerpoint anschauen und auffrischen, kann ja nicht schaden, wenn man da bisschen was weiß. Bis jetzt liegen meine Computerkenntnisse, zumindest die, mit denen man punkten kann, im Argen. Ist halt so, wenn man vor allem mit firmeninternen Programmen gearbeitet hat und kein Computermensch ist, sprich, sich Kenntnisse aus Excel Kursen nicht jahrelang merkt, weil man Programme nur dann verwendet, wenn man sie braucht. Dass man sich in die firmeninternen Programme auch immer einarbeiten musste, und das recht zügig, honorieren die meisten roboterisierten Personaler nicht. Die schaffens oft nur, ein „ja“ oder „nein“ auf ihrem tollen Fragebogen anzukreuzen. Auch da wurden wahrscheinlich Prozesse optimiert zum Nachteil der Menschen und zum Wohle der den Hals nicht voll genug bekommenden Zombies. Aber ich hoffe auf mein Vorstellungsgespräch und werde mich da gründlich drauf vorbereiten. Eine Chance auf einen Job, der einen nicht schon von der Stellenanzeige her ankotzt, bekommt man nicht so oft. Von wegen dem Hartz Antrag hat sich eine neue Komplikation ergeben, warte jetzt auf ein korrigiertes Dokument. Werd ich das jemals hinter mir haben?

April 2011
So, habe gerade meinen Hartz Antrag abgegeben. Hatte wahnsinniges Glück, es waren nur 3 Leute vor mir. Hatte ja schon Horrorbilder von endlosen Schlangen im Kopf, so dass man gar nicht mehr weiß, wo wer jetzt ansteht. Meine Sachbearbeiterin war auch sehr nett und hat mir geholfen, einige Sachen auszufüllen, bei denen ich doch erhebliche Schwierigkeiten hatte. Jetzt heißt es warten, ob alles problemlos bewilligt wird. Hab mir ein Buch über Buchführung gekauft und will mir das mal durchlesen. Ebenso habe ich mit meinen Experimenten mit Excel angefangen und schon ein paar Tabellen und Graphiken gemacht. Natürlich mit Hilfe eines computerversierten Freundes. Bin wirklich froh, dass er mir hilft!

April 2011
War heute bei meinem ersten Gespräch mit meiner Sachbearbeiterin (Jobberaterin) im Jobcenter. Die Frau schien auf den ersten Blick nett. Weniger erfreulich war, dass bei Berufsfelder, in denen gesucht wird, meine eigentliche Ausbildung, sprich mein Studium, nicht mehr mit berücksichtigt wird. Außerdem wurde mir mitgeteilt, dass ich offiziell als jemand ohne Ausbildung gelte. Super! Magisterstudium abgeschlossen und dann wird man geführt als Ausbildungslose. Na ja. Musste mir ja schon anhören, dass mein Studium ein Luxusstudium ist, das eh zu nichts nütze ist, außer zur persönlichen Belustigung. Warum eigentlich? Geht es nur noch darum, sich raffgierig die Taschen vollzustopfen? Und werden deshalb nur noch gut vorbereitete Handlanger der Gierigen gesucht, die unreflektiert das machen, was ihnen gesagt wird und zur Belohnung (und um ihnen den Mund zu stopfen) ihr schönes Auto/ Haus/Markenklamotten bekommen oder halten können? Hoffentlich ist die Antwort nicht schon uneingeschränkt ja! Die gute Nachricht heute ist, dass mein Antrag auf Hartz IV offiziell bewilligt wurde und ich das schriftlich im Postkasten hatte. Nach weniger als einer Woche nach Abgabe des Antrags. Wow, bin positiv überrascht.

April 2011
So, habe jetzt telefonisch meinen tollen Kurs festgemacht, in den ich vom Jobcenter aus muss. Ein Bewerberseminar, 2 Wochen lang, jeden Tag 8 Stunden. Wozu soll ich das noch brauchen? Bewerbertraining hab ich in und nach der Uni bis zum Exzess gemacht. Und warum beschleicht mich ein nicht mal allzu leiser Verdacht, dass sich eine ganz schöne Masse an schlauen Geschäftemachern auf das Geschäft mit der Arbeitslosigkeit stürzt? Und für sinnloses Gebrabbel Geld vom Jobcenter kassiert? Na ja, bin immer noch niedergedrückt, weil ich trotz Studium als ohne Ausbildung gelte, mit anderen Worten, Leute wie ich müssen jeden Deppenjob annehmen und Ausbeuter wie Zeitarbeitsfirmen oder andere Aasgeier kreisen schon und wetzen Messer und Gabel. Wieder jemand zum Abschuss freigegeben für ein Leben in einem unterbezahlten Drecksjob, wieder jemand, der zum Wohle der Anleger verheizt wird. Entwickle Abwehrstrategien, wie ich eine Ausbeutung verhindern kann. Kein Wunder! Habe mit anderen Hartzern und Ex-Hartzern gesprochen, es gibt einiges, was man tun kann und ich werde alle Mittel ausschöpfen, damit nicht auf mir rumgetrampelt wird wie auf einem alten Teppich, den man wegwirft, wenn er sich in seine Einzelteile auflöst. Wenn sich keiner wehrt, wird die Ausbeutung immer weiter gehen! Vielleicht sollten einige ehrenwerte Mitbürger, die Hartzer als Schmarotzer bezeichnen, mal darüber nachdenken. Und darüber, wer die wirklichen Schmarotzer sind.

April 2011
Hatte heute mein Vorstellungsgespräch für einen Sekretärinnenposten. Wir saßen so zu siebt oder acht um einen Tisch. War eigentlich recht gemütlich. Trotzdem habe ich kein gutes Gefühl. Aber wer weiß? Letztes Mal hatte ich ein sehr gutes Gefühl und wurde nicht genommen, vielleicht klappts jetzt mit dem schlechten Gefühl? Es wird aber eine Weile dauern, bis ich eine Mitteilung bekomme. Also weiter suchen, weiter warten, und immer weiter...

April 2011
Habe heute meinen Pass für Hartzer beantragt und bekommen. Ging sehr schnell, da ich glücklicherweise per Internet vorher einen Termin gemacht habe. Eigentlich hätte ich ihn erst ab Mai bekommen dürfen. Es gibt dort nämlich kein Feld für „gültig ab“, sondern nur für „gültig bis“. Da ich aber ab nächste Woche schon mein tolles Bewerberseminar (ganztägig) mache, könnte ich erst wieder ab 10. Mai oder so aufs Bürgeramt und würde sozusagen die ersten Tage vom Mai verlieren. Die nette Sachbearbeiterin hat ihn mir dann schon heute ausgestellt. Dafür werde ich ihn auch erst ab Mai verwenden. Schön, dass es noch freundliche Menschen gibt! Der Pass ist ganz gut, freier oder ermäßigter Eintritt in viele Museen, Theater usw. und eine nicht unerhebliche Ermäßigung, falls ich mir ein Monatsticket für die Öffentlichen kaufe. Habe die erste Seite von der BLÖD-Zeitung von gestern gesehen. Schlagzeile kann man übersetzen mit „wir hetzen gegen Hartzer“. Man wird pauschal dargestellt als fauler Nichtsnutz aus bildungsfernen Schichten, der sich vor jeder Arbeit drückt.. Würde den Reporter, der das geschrieben hat, gerne mal treffen. Am besten mit dem Schuh unter die Gürtellinie!

April 2011
Gestern hat also meine Eingliederungsmaßnahme in Form eines Bewerberseminars angefangen. Ich muss sagen, ich war anfangs positiv überrascht. Der Kursleiter schien recht cool und behandelte uns wie Menschen. Außerdem hat er der Behauptung meiner Sachbearbeiterin aus dem Jobcenter widersprochen, die da meinte, mein Lebenslauf sei zu lang. Die Personaler interessieren sich ihrer Meinung nach nicht dafür, welche Aufgaben man genau in seinen vergangenen Jobs hatte, ich solle doch einfach nur den Firmennamen und die Berufsbezeichnung schreiben. So was Doofes hatte ich vorher ja noch nicht gehört! Aber wie gesagt, der Kursleiter hat uns das Gegenteil erzählt, immer schön reinschreiben, was man alles gemacht hat. Hab dadurch noch mehr den Eindruck, die Sachbearbeiterin hat mich von Anfang an aufgegeben und will mich gar nicht in was Vernünftiges vermitteln. Was auch gut tut, ist die Tatsache, dass alle meine Kurs-Leidensgenossen es eine Unverschämtheit finden, dass meine Sachbearbeiterin einfach mein Studium unter den Tisch fallen lässt und mich als „ungelernt“ bezeichnet. Finde es auch richtig wohltuend, wenn einem nach Unterrichtsschluss ein „schöner Feierabend“ gewünscht wird. Das hab ich schon so lange nicht mehr gehört. Und noch etwas hat sich heute getan: hab von einer Freundin von einem recht guten Job erfahren. Hab da gleich die Teamleiterin angerufen und von ihr die Kontaktdaten für die Bewerbung per Email bekommen. Hoffentlich klappt da was!
Wegen dem Sekretärinnenposten hab ich dann doch recht schnell eine Absage bekommen, ist aber nicht so schlimm, denn ich hatte sowieso damit gerechnet und hab ja jetzt wieder was, das neue Hoffnungen weckt.

Mai 2011
Seit 3 Tagen bin ich also offiziell Hartzerin. Das Bewerberseminar ist weiterhin erträglich, wir machen viele Pausen und oft früher Schluss. Ich frage mich nur, warum z.B. Leute über 60, die schon mehrere solcher Seminare mitgemacht haben, nochmal da reingesteckt werden. Wahrscheinlich aus keinem besonderen Grund außer der ungewöhnlichen Denkfähigkeit, dem gesunden Menschenverstand und der unglaublichen Motivation einiger Jobberater, wirklich etwas Sinnvolles für die Arbeitssuchenden zu tun. Haha. Bei dem Job, den mir meine Freundin empfohlen hat, hab ich mich beworben, sowohl per Email als auch nochmal schriftlich, habe aber leider noch nichts gehört. Ansonsten widme ich mich meinen 10 monatlichen Pflichtbewerbungen, zu denen leider weder Initiativ- noch Bewerbungen zählen, zu denen es keine Stellenanzeige gibt. Also die vielversprechendsten Sachen (die, die man über Freunde bekommt) werden ausgeklammert. Sogar der Kursleiter des Bewerberseminars war ziemlich platt, als ich ihm das erzählt hab. Na ja, somit such ich mir allen möglichen Schnickschnack, auf den ich mich bewerben kann. Wenn ich das hinter mir habe, kann ich mich dann um die wirklich ernst gemeinten Bewerbungen kümmern. Ob solche Vorgaben sinnvoll sind? Eher kaum, aber erzähl meiner Jobberaterin was von Sinn und Unsinn! Das hätte wohl wirklich keinen Sinn.

Mai 2011
Heute hat sich mein Kursleiter etwas richtung Miesling und Pedant gewandelt. Erzählt mir erst, eine Bewerbung auf eine Stelle, wo ein „sozialwissenschaftliches Studium“ verlangt wird, wäre eine Fehlbewerbung. Auf meinen Hinweis, dass mein Studium zu den Gesellschafts- und Sozialwissenschaften zählt, antwortet er, nein, Sozialwissenschaften meint nur Soziologie. Außerdem wäre ich für Sekretariatssachen zu blöd (nicht direkt, sondern durch die Blume). Als ich ihm dann mitteile, dass ich schon mehrere Vorstellungsgespräche für Sekretariatsstellen hatte, fällt er aus allen Wolken. Na ja. Fühlt sich nicht schön an, wenn man so schräg angeredet wird. Aber ich war nicht die einzige, ein anderer „Insasse“ des Kurse „hat sich wohl mal wieder überschätzt“ usw. Vielleicht ist unser Kursleiter ja selbst mit sich unzufrieden? Oder er nimmt mir übel, dass ich sowohl Zeitarbeitsfirmen als auch bornierte Personaler in keinem guten Licht sehe und mit meiner Meinung nicht gerade hinter dem Berg halte? Er war nämlich vor seiner Tätigkeit als Kursleiter (für Kurse, zu denen die Teilnehmer wunderschönen null Bock mitbringen und nur erscheinen, weil es ihnen vom Jobcenter befohlen wurde) Personaler bei einer Zeitarbeitsfirma und findet Zeitarbeitsfirmen ja ach so vorteilhaft. Warum ist er dann nicht dort geblieben?! Und redet stattdessen vor Leuten, die keine Lust haben, zuzuhören? Ist ja nicht gerade ein Aufstieg. Na ja, ein Schmankerl gabs für mich. Er meinte mir erklären zu müssen -nachdem ich eine Definitionsfrage über Kundenservice nicht zu seiner Zufriedenheit beantwortet habe- dass ich beim Assessment Center, das eine Firma für die Bewerber zum Kundenbetreuer durchführt, durchgefallen wäre. Was er nicht weiß ist, dass ich genau das Assessment Center schon mal vor Jahren gemacht habe -und NICHT durchgefallen bin. Hab ich ihm aber nicht gesagt, sondern innerlich gegrölt vor Lachen. Tja, Alleswisser sind die Leute wohl nicht. Q.E.D.

Mai 2011
So, seit heute bin ich wieder offiziell arbeitslos -also in der Statistik-, da mein Bewerberseminar zu Ende ist. Bin froh drum! Was habe ich also mitgenommen? Einige Anregungen, vor allem durch eine selbstständige Beraterin, die mir angeboten hat, meinen Lebenslauf mit mir zu überarbeiten und die mir Mut gemacht hat, mich nicht auf die Call Center Schiene drängen zu lassen. Sie hat mir mitgegeben, dass ich mehr kann, als mich von Kunden anmotzen zu lassen. Tja, ansonsten habe ich für mich herausgefunden, dass man die Sachen doch so angehen soll, wie man selbst es für richtig hält, denn bei den Bewerbungsberatern sagt der eine Hüh, der andere Hott. Man muss einfach Glück haben, dass dem Menschen, der die Bewerbung bekommt, der Stil und die Aufmachung auch gefallen. Was mich nervt ist, dass zu viel Wert auf die Verpackung (in dem Fall die Bewerbung) und weniger auf den Inhalt (die Person mit ihren Qualifikationen) gelegt wird. Mir liegt es außerdem nicht, mich als jemand anderes darzustellen als ich bin, und verbiegen will ich mich schon gleich gar nicht. Wenn ein Unternehmen und ich nicht zusammenpassen, sollten wir es eben lassen. Oder soll ich mich, falls ich eine Stelle durch Lügen bekomme, jahrelang 40 Stunden die Woche verstellen? Das kann ja wohl nicht gesund sein. Das mit den 10 Bewerbungen pro Monat bekomme ich wohl hin. Läuft bis jetzt ok. 6 hab ich schon für Mai. Ich mach das einfach wie viele meiner Hartz Kollegen mir geraten haben: schnell das Pflichtding mit Wischiwaschi Bewerbungen hinter sich bringen, dann kann man sich den richtigen Bewerbungen widmen, die man auch für sinnvoll hält. Und sich Zeit dafür nehmen, da man ja den Pflichtteil nicht mehr im Hinterkopf hat. Habe mir vorgenommen, jede Woche mindestens 3 zu schreiben, dann komm ich gut hin. Habe leider immer noch nichts von dem Job, den mir meine Freundin verklickert hat, gehört. Sie wollte da nochmal nachhaken. Wär sehr cool, wenn das klappen würde! Oder wenn die Stelle in der Firma eines Bekannten endlich besetzt würde, auf die ich mich schon vor längerem beworben habe. Ich denke, Arbeit ist schon da, nur wollen viele Firmen so viel wie möglich einsparen, was das Personal betrifft. Schade! Dafür ist aber anscheinend überall Geld im Überfluss für nervtötende Werbung vorhanden. Aber die Sonne scheint und ich hab wieder Zeit für die Sachen, die ich für sinnvoll halte!

Mai 2011
Irgendwie frage ich mich, wie sies geschafft haben, dass die „kleinen Leute“ gegenseitig auf sich rumhacken. Ich meine, wer wenig verdient tritt den Hartzer. Warum erkennt keiner, wer die wirklichen Schmarotzer sind? Nämlich die Firmen, die sich das ganze System zu Nutze machen, um Billiglohnsklaven zu beschäftigen. Zwar gehören sich die Leute heutzutage offiziell noch selbst, aber ansonsten... Man verdient oft gerade genug zum Überleben und auch früher mussten die Sklaven Essen, Kleidung und ein Dach über dem Kopf bekommen. Na ja, heute versklaven sich viele selber, für irgendwelche Sachen, von denen die Werbung behauptet, dass man sie unbedingt braucht. Und um öffentlich gut dazustehen, da immer wieder rumposaunt wird, jede Arbeit ist besser, als keine Arbeit. Um sich erhaben fühlen zu können über diejenigen, die noch weniger haben. Aber: wenn sich jeder weigern würde, unter einem annehmbaren Mindestlohn zu arbeiten, könnten es sich die Firmen nicht mehr leisten, Leute zum Wohle irgendwelcher übergeordneten anonymen Instanzen (Shareholder etc.) zu verheizen. Warum ist nie jemand da, der irgendwie verantwortlich ist? Man hört immer nur „das wurde von...so entschieden“. Und wenn man damit Schluss machen und bessere Bedingungen haben möchte, darf man sich nicht einfach duckmäuserisch ausbeuten lassen! Die einfachen Arbeiter und Angestellten sind doch in der Überzahl! Statt Floriansprinzip wäre mal füreinander Einstehen angesagt! Aber heute gelten im Arbeitsleben andere Regeln: keiner -auch nicht die Manager- bleibt mehr lange bei einer Firma, kann sich mit ihr auch nicht anfreunden und innerlich geht sie ihm sonstwo vorbei, was bedeutet, dass jeder, so lange er kann, sein Schärflein ins Trockene bringt. Er weiß ja, dass er nach ein paar Jahren wieder weg vom Fenster ist. Also ist es ihm egal, wenn die Firma auf lange Sicht den Bach runtergeht. Und bei der nächsten Firma läufts genau so. Mir kommt es so vor, als gäbe es fast nur noch Ellenbogen und Scheuklappen. Dazu passt die neue Bologna Ausbildung (zumindest von dem her, was man von einigen frustrierten Studenten so hört): nur noch Bulimielernen, kein kritisches Denken oder sich wissenschaftlich mit Themen auseinandersetzen, nur noch das reinpressen und wieder auskotzen, was einem gesagt wird. Dann ist man bereit fürs Berufsleben. Na bravo! Es geht den Herren und Damen Anlegern wohl auch nicht um Nachhaltigkeit und Langfristigkeit,sondern nur darum, sich möglichst schnell alle Taschen vollzustopfen und dann das Schiff rechtzeitig vor dem Sinken zu verlassen, rauf aufs nächste, das dann bis zum Untergang ausgeraubt wird.

Juni 2011
So, nun habe ich diese Woche schon zum zweiten Mal gaanz tolle Jobvorschläge vom Jobcenter bekommen. Vor ein paar Tagen 5 und heute schon wieder 4. Was ist los?! Kriegt meine Sachbearbeitertrulla eins aufs Dach, weil sie zu wenig macht? Mir egal, aber warum lässt sie das an mir aus? Bei einigen Jobangeboten erfülle ich nicht mal die Bedingungen, andere sind indiskutabel gelegen. Soll ich jeden Tag erstmal 2 Stunden zu meinem Arbeitsplatz fahren oder was? Wenn das überhaupt reicht, denn die vage Lagebeschreibung hört sich völlig nach jwd an, sprich, erstmal hier mit der U-bahn zum Zug, dann mit der DB raus aufs Land und dort einen Bus. Und auf der Rückfahrt das gleiche. Ist ja kein Problem, vor allem, weil die Bahn im Winter wegen Kälte, im Sommer wegen Hitze und dazwischen wegen was auch immer nicht (richtig) funktioniert. Und die Wahrscheinlichkeit, dass eines der 3 Dinge streikt oder sonstwie nicht richtig läuft, ist doch sehr hoch! Die Jobberater sollten einem nur Sachen anbieten dürfen, die sie notfalls selbst machen würden. Warum spart man nicht die ein? Na ja, ich hoffe, ich werde nicht eingeladen und wenn doch schaffe ich es schon, dass die mich nicht nehmen. Irgendwie (Fragen nach Betriebsrat, Kita, Urlaub, Sonderurlaub bei Hochzeit, etc.). Ein anderes Angebot war auch der Hammer, da stand schon mal, dass Überstunden, Rufbereitschaft und Schichtarbeit eine Selbstverständlichkeit sind. Schön, für ca. 1000 Euro netto doch immer gern! Was denken die sich? Wann macht mal jemand Schluss mit der Sklaventreiberei? Und warum schickt mir das Jobcenter Stellenangebote von privaten Arbeitsvermittlern?! Sind die zu blöd, ihren Job selbst zu machen? Wahrscheinlich müssen die halt „Sozialbetrüger“ jagen und sich dann dafür in der BLÖD-Zeitung besingen lassen!

Juni 2011
So, heute hat sich wieder ein Vorstellungsgespräch ergeben. Als Teamleiterin in einem Call Center, mal wieder über eine Jobagentur. Warum bleibt das Geld immer auf „Zwischenstationen“ hängen? Teamleiter im Call Center ist ja jetzt nichts so arg Spezialisiertes. Na ja, ich schaus mir mal an, vielleicht ist es ja ganz ok. Hatte letzte Woche auch 2 Gespräche, die wollten mir beide längst schon Bescheid gesagt haben, aber natürlich nichts. Hab langsam die Schnauze voll! Vom Bewerber wird was weiß ich noch alles erwartet, und die Lordschaften Arbeitgeber halten sich nicht mal an die grundlegenden Regeln der Höflichkeit. Na ja, irgendwie macht es müde, immer wieder zu hoffen und dann enttäuscht zu werden! Andererseits werde ich jetzt das Positive sehen und die schöne Sommerzeit nutzen, mir ein paar Museen etc. anschauen, komm ich ja kostenlos oder stark verbilligt rein, und Leute treffen. Ansonsten mich meinen privaten Interessen widmen.


Juni 2011
So, heute hat sich noch ein Vorstellungsgespräch ergeben, für übermorgen, denn morgen hab ich ja das Call Center Teamleiter Gespräch. Über Zeitarbeit. Als Sekretärin für 9,00 Euro die Stunde (brutto). Ein Witz! Oder vielmehr eine Unverschämtheit. Die einzigen die lachen, werden die von der Zeitarbeitsfirma sein. Aber dafür können die ja wohl nicht so viel spezialisiertes Wissen verlangen, denke ich mir. Außerdem gehe ich da recht locker ran, denn so wichtig ist mir der Ausbeuterjob nicht. Andererseits würde dann in meinem Lebenslauf etwas stehen, was kein Call Center ist. Also win-win Situation. Bekomme ich den Job nicht, ist es ok, bekomme ich ihn, auch gut. Aber irgendwie: Jobvermittler oder Zeitarbeit, immer wieder das alte Lied von Geld, das irgendwo anders, als beim Arbeitnehmer hängenbleibt.


Juli 2011
Heute ist es so weit, die Zeitarbeitsfirma hat für mich ein Vorstellungsgespräch al Teamleiterin in einem Call Center. Heute um 16:00. Bin nervös. Hab mal auf deren Internetseite geschaut, die sind 24 Stunden telefonisch erreichbar. Noch dazu zum normalen Festnetztarif. Da kann man sich natürlich vorstellen, dass jeder Hinz und Kunz wegen jedem Müll anruft. Und Nachtschicht geht ja irgendwie gar nicht. Da macht man sich kaputt, und das für eine Arbeit, die man für völlig sinnfrei hält. Und die nervig und stressig ist und wo man kaum was verdient. Ein Freund hat mich darauf hingewiesen, dass ich manchmal den Eindruck mache, ich würde gar nicht arbeiten wollen. Also er meint, auf Leute, die mich nicht kennen. Ich will ja arbeiten, nur was halbwegs Vernünftiges. Er weiß das. Aber wers nicht weiß und mich manchmal so reden hört, denkt vielleicht, ich hab mich mit Hartz eingerichtet und will gar keinen Job. Stimmt ja nicht. Ich will nur keinen Ausbeuter-Sklavenjob. Wenn keiner mehr solche Jobs annimmt, müssen die ja auch mal die Bedingungen generell verbessern. Man liest immer wieder, dass Call Center krank macht, aber warum wird nichts dagegen getan?!

Juli 2011
Gerade haben sich die Leute wegen dem Job gemeldet, von dem ich über meine Freundin erfahren habe. Hab da ein Vorstellungsgespräch am Montag. Na endlich! Hoffentlich klappt das. Wär ja zu schön. Werd mich darauf gut vorbereiten und meine Freundin kann mir da ja Tipps geben. Aber vorher habe ich heute noch ein Vorstellungsgespräch zu absolvieren. Gestern ist mir ein weiterer Trick der Zeitarbeitsfirmen und Personalvermittler aufgefallen: bei dem Vorstellungsgespräch für die Teamleiterstelle in einem Call Center hatte die von der Personalfirma einfach angegeben, ich wär schon mal Teamleiterin gewesen (was nicht stimmt). Die von der Firma sind dann auch aus allen Wolken gefallen und ich war umsonst dort, da die unbedingt jemanden mit Teamleiter Erfahrung wollten. Also werden nicht nur die Arbeitssuchenden verarscht, sondern auch die Personalsuchenden.


Juli2011
So, habe jetzt 2 ganz positive Vorstellungsgespräche hinter mir. Einmal ging es um einen Vertrag für ein Jahr, wäre Projektassistenz, zwar stressig, aber auch eine gute Chance. Die Frau, die das Vorstellungsgespräch geführt hat, war auch sehr nett und erfrischend unkonventionell. Sie meinte, sie hält nichts von irgendwelchen Fragen wie „3 gute und 3 schlechte Eigenschaften“ etc. und verlässt sich lieber auf ihre Menschenkenntnis. Bravo, kann ich da nur sagen. Sie würde mich auch nehmen, nur haben sich auch die wegen dem Vitamin-B Job über meine Freundin gemeldet. Das wären zwar auch immer befristete Verträge, aber das ganze eben schon langfristig gedacht. Also besser für mich. Vor 2 Tagen hatte ich da das Interview. Ich denke, die lassen mich jetzt aus pädagogischen o.ä. Gründen ein bisschen zappeln. Angeblich brauchen die schnell Leute, und ich hatte, zumindest gefühlt, noch nie ein Vorstellungsgespräch, wo alles so perfekt passen würde, wie hier. Also hoffe ich, dass meine Hartz Erfahrungen sich bald dem Ende zuneigen. Wenigstens vorläufig, denn man weiß ja nie...

Juli 2011
Endlich habe ich einen Arbeitsvertrag unterschrieben. Gut, ich muss den zur Firma zurücksenden und bekomme ihn dann von denen unterschrieben zurückgeschickt, aber der Job ist gebongt. Am 1.8. fange ich an. Erstmal bis Ende September ich hoffe aber, dass es dann weitergeht. Immerhin ist mir hier mein Studium nützlich, wir sind sehr viele Geisteswissenschaftler. Ich habe auch schon beim Jobcenter angerufen und die frohe Kunde mitgeteilt, die brauchen komischerweise noch einige Papiere von der Firma, aber na ja, ich bin ganz gut drauf und habe Geduld mit ihnen. Wobei ich allerdings hoffe, dass ich nicht so schnell wieder mit dem Jobcenter zu tun habe! Ich fühle mich jetzt doch wieder mehr als Mensch und mein eigener Herr.

August 2011
Und es geht weiter. Seit fast einem Monat bin ich nun fleißig am Arbeiten. Und es fühlt sich gut an! Leider schickt mir das Jobcenter weiter Briefchen. Vor 2 Tagen kam eine neue Eingliederungsvereinbarung, bei der angeblich meine Aufnahme einer Arbeit berücksichtigt wurde. Schön. Ich hatte dort telefonisch schon mehrmals gesagt, dass ich kein Hartz IV mehr beantragen werde (solange ich eine Arbeit habe, klar). Und warum gehen die automatisch davon aus, dass man sowieso weniger verdient als den Hartz IV Satz?! Na ja, hab jetzt sowohl in einem Brief als auch per Email mitgeteilt, dass ich auf Leistungen verzichte und bei (hoffentlich nicht eintretendem) Jobverlust eben erneut einen Antrag stelle. Ich hoffe, jetzt kapieren die das endlich! Und den Hammer finde ich, dass ich trotz Arbeit immer noch 10 Bewerbungen pro Monat schreiben müsste. Recherchen bei Freunden, die auch in den Genuss von Hartz IV gekommen waren, haben ergeben, dass das sogar ohne Arbeit viel ist. Meine Sachbearbeiterin muss mich echt gern haben. Oder sollte ich sagen „kann“?
Na ja, ich hab jetzt mehr oder weniger die Zusage, dass der Arbeitsvertrag verlängert wird, aber feiern werde ich das erst, wenn ich ihn in der Hand habe.

August 2011
Habe heute einen Anruf von meiner Jobcenter-Sachbearbeiterin bekommen. Jetzt ist das endlich geklärt, ich wurde erstmal aus der Datei entfernt. Wenn ich wieder in die Situation komme, stelle ich halt einen neuen Antrag. Jetzt hoffe ich, dass ich meine Vertragsverlängerung möglichst bald in den Händen habe, damit ich sicher sein kann, dass es nach Ende September wirklich weitergeht mit der Arbeit.

September 2011
Die kapierens anscheinend nicht! Nachdem ich vor ein paar Wochen wieder einen Brief des Jobcenters lesen durfte, in dem mir mitgeteilt wurde, dass eine Zahlung noch aus Versehen rausgegangen ist und ich doch bitte eine Verdienstbescheinigung schicken soll, damit die wissen, wie viel ich zurückzahlen muss (!), hatte ich eine Email zurückgeschrieben, dass sie mir eine Kontonummer angeben sollen, auf die ich den Betrag zurücküberweisen kann. Hatte ja schon mehrmals mitgeteilt, dass ich nichts beantragen werde. Gestern dann ein Anruf. Ich soll doch eine Verdienstbescheinigung schicken, sie wollen ja gar nicht alles zurück, sondern nur die Differenz zwischen meinem Gehalt und Hartz IV. Gibt aber keine, jedenfalls nicht in dem Sinn, dass ich weniger verdiene, zum Glück. Hab ich denen auch gesagt. Trotzdem, einfach geht anscheinend nicht. Ich soll doch bitte die Bescheinigung schicken, dann bekomme ich eine schriftliche Antwort, wie viel ich überweisen soll und wohin. Tja. Ich lese ja immer reißerisches Geschreibsel von bestimmten „Zeitungen“, dass sich so viele unberechtigt Leistungen erschleichen. Ich erlebe es gerade andersrum. Oder zwingen die einem erstmal das Geld auf, damit man dann in die Statistik als böser, böser Erschleicher kommt? Oder sind sie einfach nur unfähig? Oder das System dort taugt nichts. Oder von allem etwas?

September 2011
Letzte Woche kam nun doch ein Brief vom Jobcenter mit der Bankverbindung, an die ich den zu viel gezahlten Betrag zurücküberweisen soll. Hab ich auch gleich gemacht. Jetzt hoffe ich, dass meine Vertragsverlängerung möglichst bald unter Dach und Fach ist und ich das Jobcenter erst mal nicht mehr sehen muss. Wenn ich geschickt bin weder von innen noch von außen!

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Tag der Veröffentlichung: 30.10.2011

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