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Prolog




Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben, und es werden wehklagen um seinetwillen alle Geschlechter der Erde. Ja, Amen.


Offenbarung des Johannes 1,7




I


London.
Morgens.




‘Das Leben ist wie ein Fluss.’ Eine junge Frau starrte auf diese Worte. Sie saß in bunten Kissen am Boden. Kerzen standen vor ihr und erleuchtete den abgedunkelten Raum. Ihre Hand legte sich auf die Bibel, die neben ihr lag. Was hatten diese Worte bloß zu bedeuten? ‘Ein Fluss fließt von seiner Quelle ins Meer - Das Leben beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Aber im Meer ist das Wasser des Flusses immer noch in Bewegung - Das Leben nach dem Tod muss unvorstellbar und unendlich größer sein als das Leben auf der Erde. Und dann gibt es ja noch den Kreislauf des Wassers …’ Ihre Gedanken wurden unvermittelt von einem klingelnden Ton unterbrochen. “Anthony, Liebling, geh du bitte ans Telefon”, rief sie und ging auf die Knie um besser aufstehen zu können. Die Tür ging auf und die große Gestalt Anthonys betrat den Raum. “Hier, Liz. Er ist für dich. Ich muss gleich los. Hast du meinen Hut gesehen?”, er sah sie fragend an.
“In der Küche, auf der Stuhllehne …” - “Danke, meine Liebste, du weißt einfach alles”, sagte er grinsend und ging zur Tür. Liz blickte ihm lächelnd nach. “Hallo, hier spricht Elizabeth”, sprach sie ins Telefon. “Sind Sie Elizabeth Connor-Moore?” die Frage der weiblichen Stimme am anderen Ende der Leitung überraschte sie. “Ja, die bin ich”, bestätigte Liz. “Hier spricht Rita, die Agentin ihres Bruders”, sie sprach schnell und klang aufgeregt, “Sie müssen sofort nach Los Angeles kommen.”




II


Einige Stunden zuvor.
Los Angeles.
Nachts.



Laute Musik dröhnte durch den Raum. Die Luft war verqualmt und stickig. Der Schweiß vieler Menschen, der sich mit dem der Deodorants und Parfums vermischte, stand in der Luft. ‘Denke daran, der Countdown läuft, Bruderherz. Achte auf die Zeichen der Zeit. Halte dich bereit, David.’ Die Worte seiner Schwester begannen zu verblassen. David saß lässig auf einem großen schwarzen Ledersofa zwischen zwei hübschen jungen Mädchen mit nur einem Ziel: die seltsamen Worte seiner Schwester zu vergessen. ‘Zum Teufel mit dieser übertriebenen Frömmigkeit. Für mein Seelenheil hab ich später noch Zeit. Jetzt muss das Leben noch genossen werden’, dachte er. Eine neue Champagnerflasche wurde geöffnet und in den Eisbehälter gestellt. David schenkte den Mädchen nach und griff nach seinem doppelten Whisky. Er lehrte ihn in einem Zug und stellte das Glas zurück. Bald würde wieder ein neuer auf dem Tisch stehen. Wie viele er bereits getrunken hatte konnte er nicht sagen und auch schon einige Flaschen des teuren Champagners hatten die Mädchen schon geleert.
“Können wir nach der Party mit zu dir kommen?”, fragte die Blonde. David war sich nicht so ganz sicher, ob sie naturblond war oder nicht, aber hübsch war sie, nur eine sehr dicke Schicht Make-up bedeckte ihr Gesicht. Er sah ihr in die Augen und meinte: “Aber, aber, du willst doch nicht etwa schon gehen.” - “Nein, natürlich nicht. David, ich wollte nur fragen …”, sie lächelte ihn verführerisch an.
Er grinste schief: “Das weiß ich doch, Clarisse. Ich wollte nur fragen.” Sie blickte ihn entsetzt an: “Ich heiße Jennifer.” - “Das sagte ich doch, Jen.” Da sagte eine tiefere Stimme: “Aber du weißt doch noch meinen Namen.” Er sah die schlanke Gestalt neben sich an und grübelte. Auch ihre Züge waren dank einer dicken Make-up Schicht und des schlechten Lichtes nur schwer zu erkennen. Schließlich sagte er: “Er beginnt mit D … mit D, wie … wie Damaris.” Sie schüttelte den Kopf: “Diana. Der erste Buchstabe war immerhin richtig.” Ja langsam entsann er sich. Das schöne Mädchen mit dem schwarzen Bob hieß Diana. Mit Namen hatte er so seine Schwierigkeiten, vor Allem wenn es um Mädchen nach einigen Gläsern Alkohol ging.
Da knackte ein Mikrophon und die Stimme eines Mannes drang durch die Lautsprecher: “Ladies and Gentlemen! Heute haben wir einen Special Guest in unseren bescheidenen Räumlichkeiten. Bitte kommen Sie auf die Bühne. Begrüßt mit mir den Gewinner der höchsten Preise der letzten Jahre, das wandelbare Multitalent David Connor!” David erhob sich. Flankiert von seinen zwei Begleiterinnen ging er auf die Bühne zu. Die Menge klatschte und jubelte, viele Mädchen begannen zu kreischen. Er schwamm in der Menge auf die kleine Bühne zu. Die Antworten zu den Fragen, die ihm gestellt werden würden, hatte er auswendig gelernt, sodass keine Schwierigkeiten entstehen dürften. Endlich erreichte er die Bühne. Der Moderator kündigte ihn an: “Und hier ist er: DAVID CONNOR!” Die Menge brauste auf. Das Kreischen der jungen Mädchen wurde ohrenbetäubend laut. Langsam versetzten ihn die äußeren Einflüsse in einen Rauschzustand.




III


London.
Nachmittags.




Liz stand am Fenster und starrte in den Regen. Sie legte eine Hand auf ihren Bauch. Wie sollte sie nach LA kommen? Die Maschinen, die sie leisten konnte waren in ihrer Reichweite nicht gut genug, der Preis würde zu hoch werden. Sollte sie Anthony die gesamte Geschichte erzählen? Wie konnte sie ihn nur davon überzeugen, dass es für sie wichtig war nach LA zu fahren? Sie seufzte. Da hörte sie Schritte auf der Treppe. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, er kommt. Sie strich sich eine rote Locke aus dem Gesicht.
Anthony betrat das Zimmer und ging zu seiner Frau. Er legte seine Arme um ihre Schultern, vergrub sein Gesicht in ihrem Haar und seufzte. Sie drehte sich zu ihm um. Lange sahen sie sich in die Augen. Beide wussten, das der Tag des anderen ebenfalls schwer gewesen war. Liz spürte einen liebevollen Kuss auf ihrer Stirn. Sie legte ihre Hände in sein lockiges dunkles Haar. “Ich habe einen Auftrag bekommen”, begann er zögerlich. Sein Blick wurde unsicherer. “Einer meiner Mitstreiter ist krank geworden”, fuhr er fort, “und nun soll ich die Mission in Los Angeles ausführen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es tun kann, wegen uns …” Er brach ab. “Ich würde gerne mitkommen, aber ich weiß nicht, ob ich die Maschine benutzen darf und kann”, sagte Liz leise. Anthony sah sie an. Seine Miene hellte sich auf. “Natürlich kannst du mitkommen”, sagte er strahlend. Sie sah ihn irritiert an: “Hast du es vergessen? Ich bin schwanger.” Er grinste: “Wie könnte ich das vergessen? Nein, ich habe eine Passagierkarte für zwei Personen in der neusten Maschine bekommen …” Liz fiel ihm um den Hals. Da klingelte das Telefon. Anthony sprang los und kam einige Augenblicke später zurück: “Hier, für dich.” Sie legte einen Finger an die Lippen. “Hallo, hier spricht Elizabeth.” In der Leitung war die Frau vom Vormittag: “Hier ist Rita. Haben sie einen Plan.” Liz lächelte und sagte: “Ich komme.” Dann hörte sie, dass sie andere aufgelegt hatte. Anthony sah sie fragend an. Sie seufzte und sagte darauf: “Es geht um meinen Bruder, David.” Einige Augenblicke lang, die wie eine Ewigkeit wirkten, war es still im Raum. Schließlich nickte Anthony; er sah auf die Uhr und sprach ruhig: “Wir brechen gleich auf. Hast du alles für die Gemeineversammlung gerichtet?” Liz grinste ihn an: “Alles ist bereit. Ich habe sogar schon eine Gemeine für uns in LA gefunden.”




IV


Los Angeles.
Morgens.




Eine gut gekleidete Frau mit zu einer komplizierten Frisur hochgesteckten Haaren trat auf Liz und Anthony zu. “Hallo, ich bin Rita Donnelly, die Agentin Davids”, sagte sie mit freundlicher Stimme und neigte den Kopf zur Begrüßung. Das Paar tat es ihr gleich. Dann sprach sie weiter: “Ich werde sie ins Krankenhaus begleiten und Ihnen die Ereignisse des letzten Tages schildern.” Sie führte die beiden durch die Straßen. Schließlich hielten sie vor einem großen Gebäude, durch dessen große Glasflächen man das Grün der Pflanzen im Inneren und der Bäume im Hof sehen konnte. Rita führte sie durch ein Labyrinth von Gängen und großen, mit Pflanzen gefüllten Aufenthaltsräumen, bis sie schließlich vor einer Glaswand stehenblieb. Dahinter konnte Liz die Gestalt ihres jüngeren Bruders erkennen, der schlafend auf einem Bett lag. Sein blondes Haar hing ihm wirr ins blasse Gesicht. Seine Gestalt wirkte ausgezehrt und matt, nur sein schlummerndes Gesicht sah friedlich aus. Mit Tränen in den Augen wendete sie sich Rita zu und wisperte: “Was ist passiert?” - “Bitte, kommen Sie mit”, sagte Rita daraufhin. “Ich möchte das mit Ihnen an einem schöneren Ort besprechen.”
Einige Minuten später saßen sie in einem der großen Gärten des Hospitals im Gras. Liz kam das Bild ihres Bruders nicht aus dem Sinn. Sie seufzte. Da begann Rita zu sprechen: “Wenn ich Ihnen die Geschichte Davids in seiner bisherigen Zeit als Star erzähle, muss ich von Anfang an beginnen. David wurde von der Agentur nicht nur ausgewählt weil er gut aussah und ein hervorragender Schauspieler war, sondern auch, weil er sein Leben immer recht geführt hatte. Er sollte ein Vorbild vor Allem für die Teenager werden, die ja in ihren Ansichten sehr wankelmütig sein können. Dies war er auch in den ersten Jahren seiner Karriere, aber dann suchte er sich scheinbar die falschen Freunde aus. Er sah nicht, dass Satans Macht über sie erschreckend groß war und verfiel langsam auch dem Bösen, die Begierden in ihm erwachten. Das alles begann vor sieben Jahren. Die vergangene Nacht erreichten diese scheinbar ihren Höhepunkt.” Sie seufzte und fuhr dann fort: “Er war viele Stunden auf einer Party, auf der viel getrunken wurde. Ich weiß nicht, was dort geschah, jedenfalls kam er spät nachts mit zwei der hübschesten Mädchen in seine Wohnung. Es müssen Orgien mit Sex, Alkohol und Drogen gefolgt sein. Dann rief Lynda, die bis zu diesem Zeitpunkt seine Freundin war, an und beendete ihren gemeinsamen Weg. Sie hatte genug von seinen Affären. Daraufhin vertiefte er sich noch mehr in seine Unanständigkeiten. Am nächsten Morgen fand Lynda ihn, als sie ihre Sachen aus seiner Wohnung räumen wollte und rief mich an. Wir brachten ihn ins Krankenhaus. Die Ärzte stellten eine schreckliche Alkoholvergiftung fest. Und dann rief ich Sie an. David ist in der Zwischenzeit glücklicherweise außer Lebensgefahr.”
Einen Moment lang war es still. Liz wischte sich Tränen aus den Augen. “Gut, dass unsere Eltern dies nicht mehr erleben müssen.” Anthony legte seine Arme um sie und Liz drückte sich eng an ihn.
Das Krankenzimmer, in dem David lag, gab einen wunderschönen blick in den Garten des Krankenhauses frei. Liz saß am Bett Ihres Bruders. Ihr Mann war zu seiner Mission aufgebrochen, Rita stand an der Glasscheibe. Da schlug David die Augen auf. Fassungslos blickte er in das fein geschnittene Gesicht seiner Schwester, das von roten Locken umrahmt war. “Liz”, brachte er hervor. Sie strich eine blonde Strähne aus seinem Gesicht und blickte ihm in die Augen. Liebevoll sagte sie: “Alles wird gut, mein kleiner Bruder, alles wird gut”, wie sie es schon als Kind getan hatte und legte seine Hand an ihren Bauch. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht schlief er wieder ein.




V


Los Angeles.
Morgens.




David erwachte. Er war nicht alleine im Raum, das konnte er spüren. Da hörte er das friedliche Summen einer schönen Stimme. Langsam blickte er um sich bis er die Gestalt einer jungen Frau vor sich sah, die den Boden schrubbte. Ihr langes schwarzes Haar wurde von einem braunen Tuch davon zurückgehalten. Er beobachtete sie, bis sie den Raum verlies.
Das Mädchen kam mehrmals am Tag in sein Zimmer und wischte es durch. Jedes Mal sprang Davids Herz vor Freude, als er sie kommen sah. Er fragte sich, ob sie im ganzen Krankenhaus die Böden machte. Aber das Krankenhaus war für eine Person viel zu groß. Sie müsste dann ohne Pause arbeiten. Wenn sie das Zimmer dann verlies wurde sein Herz traurig, dass sie nicht länger in seiner Nähe weilte.
Liz saß im Gras eines der Gärten des Krankenhauses im Schatten eines hohen Baumes und las. Da sah sie die kleine Gestalt einer jungen Frau auf sich zukommen. “Hallo”, sagte sie und setzte sich neben Liz. “Ich habe dich und deinen Mann bei der gestrigen Gemeineversammlung gesehen. Seid ihr neu hier?” Liz sah sie irritiert an. “Wir leben in London. Mein Mann hat eine Mission hier zu erfüllen und ich bin wegen meines Bruders mitgekommen, der hier im Krankenhaus liegt.” Das Mädchen sah sie an und warf ihr langes schwarzes Haar zurück. “Entschuldigung, dass ich mich nicht vorgestellt habe. Ich bin Megan. Und dein Name war doch Elizabeth, oder?” - “Ja, das stimmt, du kannst mich auch Liz nennen.” Die beiden Frauen saßen einige Minuten schweigend im Gras. Dann fragte Megan: “Was für ein Buch liest du gerade?” Liz zeigte ihr den Einband. “Oh”, machte die andere. “Die Bibel ist eines der spannendsten Bücher. In ihr ist einfach alles: Liebe, Mord, Verrat, Krieg, Frieden, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Helden und Heldinnen, was will man mehr? Ich habe schon viele Bücher gelesen. Die alten faszinieren mich am Meisten, aber an die Bibel kommt keines heran.” - “Das ist wahr, aber es ist auch erschreckend, wie sich all die Sachen, die Prophezeit wurden erfüllen. Aber eigentlich ist es auch wunderschön, die Friedensherrschaft des Herrn in baldiger Zukunft zu wissen. Vielleicht erleben wir auch noch einen kleinen Teil davon.” - “Ja, man muss nur die Zeichen der Zeit lesen. Gut, dass unsere Vorfahren uns so viele Zeugnisse hinterlassen haben.” - “Diese ewigen Kriege der Vergangenheit, es muss schlimm gewesen sein. Erst die Glaubenskriege und dann die Weltkriege, derer es zu viele gab. Und als dann die Atombomben so viel zerstörten, und die Seuchen durch die Umweltverschmutzungen so viel Leben ausrotteten, ganz zu schweigen von den Erdbeben und Vulkanausbrüchen - ich wollte nicht unter diesen Menschen sein, die das alles ertragen mussten. Das Papsttum ist Vergangenheit und auch der Kapitalismus wurde überwunden. Seit über tausend Jahren herrscht jetzt aber Frieden. Nur in manchen Teilen der Welt ist das Böse wieder erwacht, wie z.B. in Hollywood. Und all die Schreckensnahrichten, die man aus Russland hört …” Megan nickte und ergänzte: “Heute morgen habe ich in der Zeitung gelesen, das die russischen Heere bei Jerusalem unerwartet geschlagen wurden, sogar von vollkommener Vernichtung war die Rede. Der Beginn der Friedenszeit unter Seiner Herrschaft ist nahe.” Liz blickte traurig zu Boden. “Ich wünschte nur, ich könnte diese Zeit zusammen mit meinem Bruder erleben. Er ist nur auf den falschen Weg geraten, in Hollywood”, sagte sie dann. “Wer ist denn dein Bruder?”, fragte Megan. “David. David Connor”, antwortete Liz. Megans Augen weiteten sich, dann sah sie auf ihre Uhr. “Ich habe noch frei. Wir können zu ihm gehen. Stellst du mich vor?”, fragte sie nach einigem Überlegen.
David traute seinen Augen kaum, als er seine Schwester und das schöne Mädchen zusammen sein Zimmer betreten sah. Liz stellte sie vor: “Megan, das ist David. David, das ist Megan.” ‘Megan, ihr Name ist Megan‘, Davids Herz sprang vor Freude.




VI


Los Angeles.
Abends.




Der Tag, an dem David aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war sonnig und schön. Noch als es Abend wurde sah man zwei Pärchen, Arm in Arm, durch die Strassen schlendern. “Die Versammlung beginnt bald”, bemerkte Anthony als er auf die Uhr blickte. Megan lächelte: “Ich kenne eine Abkürzung. David, kommst du auch mit?” David schauderte. Er war schon seit einigen Jahren in keiner Versammlung mehr gewesen, da Freunde und Arbeit ihn erst davon abgehalten hatten und er schließlich keine Notwendigkeit mehr sah eine solche zu besuchen. Liz bemerkte seinen unsicheren Blick und meinte nur: “Aller Anfang ist schwer …” Er errötete und die anderen lachten kurz auf. Dann trieb Megan sie zur Eile an, da die Zeit knapp wurde.
Gerade noch rechtzeitig erreichten sie den Versammlungsraum der Gemeine. Am Eingang wurden die vier herzlich begrüßt und David kam es vor, als hätte er schon immer diese Gemeinschaft besucht. Diese Herzlichkeit erstaunte ihn und ihm wurde langsam bewusst, was ihm Hollywood alles nicht geben konnte. Die Kälte und Feindseligkeit, die selbst von seinen ‘Freunden’ auszuströmen schien, wurden ihm zuwider. Er sehnte sich danach als normaler Mensch zu leben und den Star hinter sich zu lassen. Doch dieser Schritt würde nicht so leicht umzusetzen sein. Da erhob sich die klare Stimme einer Frau und begann inbrünstig ein Lied zu singen. Nach und nach kamen einzelne Stimmen hinzu und das Lied wurde vierstimmig, achtstimmig, sechzehnstimmig gesungen. Bald sang jeder - jeder sang dieses Lied mit seiner Stimme und alles harmonierte. Zugleich öffnete sich Davids Herz, der Zweifel fiel von ihm ab und auch er erhob seine Stimme und sang ehrerbietig dieses wundersame Lied des Friedens.
Die Versammlung dauerte bis tief in die Nacht hinein an. Nach dem gemeinsamen Mahl der Brüder und Schwestern wurde erneut gesungen. Unerwartet stand David auf, erhob seine Stimme und verkündete: “Liebe Brüder und Schwestern, ich danke euch für die herzliche Aufnahme und euren Anteil Erneuerung meiner Seele. Das Leben, das ich für ein viel zu lange Zeit führte, wurde von bösen Mächten gelenkt. Dieses Feuer des Friedens, das nun wieder in mir brennt verleiht mir den Mut folgendes zu tun. Ihr alle seid meine Zeugen.” Er schluckte. “Megan”, er wandte sich ihr zu, “ich danke dir dafür, dass du mein Herz erweicht und mich somit auf diesen wichtigen Moment vorbereitet hast. Megan, wie kann ich es ausdrücken … Megan, möchtest du dein Leben mit meinem verbinden, möchtest du meine Frau werden.” Erwartungsvoll sahen nun alle auf das Mädchen. Sie erhob sich langsam. Erstaunen war noch immer deutlich in ihren Zügen zu lesen. Lächelnd warf sie ihr langes schwarzes Haar zurück. Der Saal war einen Moment lang vollkommen still. Sie sah zu ihm hoch und sprach: “David, ich möchte mein Leben mit deinem verbinden, ich möchte deine Frau werden. Was der Herr zusammengefügt hat soll der Mensch nicht trennen.” Megan und David fielen sich in die Arme und standen so einige Minuten lang regungslos da, Geist und Seele verbanden sich.
Die Hochzeit wurde für die nächste Versammlung am folgenden Tage angesetzt und die Vorbereitungen begannen auf der Stelle.




VII


Los Angeles.
Osterwache.




Eine große Menschenmenge hatte sich auf einer der höchsten Erhebungen um Los Angeles zusammengefunden um zusammen zu wachen. Liz lehnte ihren Kopf an Anthonys Schulter. “Es ist schade, dass wir nach den Feiertagen nach London zurückkehren müssen. Hier haben wir endlich die Familie gefunden, nach der wir uns so lange gesehnt haben”, meinte er bedrückt. “Vielleicht könntest du von hier aus arbeiten, oder du findest hier eine ähnliche Beschäftigung, aber lass uns jetzt nicht von der Zukunft reden. Genießen wir lieber diesen Moment”, schlug sie vor. “Habt ihr je darüber nachgedacht, dass dieser Sonnenuntergang unser letzter sein könnte”, philosophierte David. Alle blickten in die untergehende Sonne. “Solch einen wunderschönen Sonnenuntergang habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen”, flüsterte Megan leise und begann leise das Lied des Friedens zu singen. Die drei Freunde stimmten ein und bald sangen alle, die auf dem Berg versammelt waren der untergehenden Sonne dieses wundersame Friedenslied zu. Diese ließ die gesamte Welt in einem überirdischen Glanz erstrahlen.
Dem Lied des Friedens folgten weitere Lieder. Bald saßen all die versammelten Menschen um Feuer herum und sangen aus tiefster Seele in die sternenklare Nacht hinein. Sie verfloss viel zu langsam und viel zu schnell.
Bevor die ersten Strahlen der Sonne den Horizont durchbrachen versammelte sich die Gemeinschaft und wartete auf diesen Moment. Da verfärbte sich der Himmel und lautes Jubeln und Danken breitete sich aus. “Er ist erstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!”, riefen die Menschen voller Begeisterung. Liz, Anthony, David und Megan standen atemlos vor dem wunderschönen Bild, das die aufgehende Sonne in die Landschaft malte. Plötzlich fasste Liz an ihren Bauch und rief: “Anthony, fühl wie es sich bewegt!” Er legte seine Hand auf ihren Bauch und lachte glücklich auf. Dann beugte er sich zu seiner Frau hinab und küsste sie. David sah Megan verschmitzt an und fragte: “Hast du auch schon so ein kleines Wesen in dir oder…?” Ihr Blick ließ ihn abbrechen. Lächelnd meinte sie nur: “Wer weiß.” Er zog sie zu sich heran und küsste sie glücklich. Die Stimme eines Mannes stimmte erneut das Lied des Friedens an. Bald sangen alle diese wundersame uralte Weise mit voller Seele.
Lange noch blieben die Menschen auf der Erhebung. Plötzlich verdunkelte sich der Himmel. Alles Leben schien ehrfürchtig den Blick zu erheben. Für einige Minuten herrschte vollkommene Stille auf. Da brach der Himmel auf und das Licht einer anderen Welt fiel auf die Erde.




Epilog




Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr.


Offenbarung des Johannes 21,1

Impressum

Texte: Text und Titelbild gehören mir
Tag der Veröffentlichung: 26.02.2011

Alle Rechte vorbehalten

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