Vor etwa sechzehn Jahren haben fünf bewaffnete Männer ein Versuchsobjekt aus dem Phoenix Labor für Virusforschung gestohlen. Das Projekt wirkte erfolgversprechend und versprach Heilung gegen etliche bis heute unheilbare Krankheiten. Bei dem Diebstahl kamen dreizehn Wachmänner, die Sekretärin und der Leiter der Anlage ums Leben. Es wurden alle Daten, Versuche und Weiterführungen vernichtet und somit jede Rekonstruktion des Projektes verhindert. Zuerst dachte man, dass alle Informationen für eine interne Weiterführung in anderen Ländern gestohlen wurden, doch es wurde immer klarer, dass es sich um einen biologischen Anschlag handeln musste. Weltweit erkrankten Menschen an Symptomen, die sich auf das Projekt >Maike< zurückführen ließen. Niemand wusste, wo das Projekt gelagert wurde. Bis Heute.
"Tagebuch, Äthiopien- Afrika, 23. August 2010- Heute ist einer der seltenen Tage, an denen es regnet. Wenn ich aus dem Fenster schaue, dann sehe ich, wie sie mit den anderen Kindern tanzt und es genießt. Sie hat heute Geburtstag und ich werde sie endlich mitnehmen. Sie hat es sich schon so lange gewünscht. Als sie sieben war, hatte sie mich das erste mal gefragt und ich versprach ihr, sie zu ihrem sechzehnten Geburtstag mitzunehmen. Und heute ist es so weit. In etwa einer Stunde geht es los. Wir hatten gestern schon alles gepackt und wie Frauen so sind, hat sie mehr eingepackt, als sie braucht. Ich musste schmunzeln, als sie mir ihren Wäscheberg zeigte. Aber das mag ich an ihr. Allgemein ihre Art gefällt mir. Sie hat sich prächtig entwickelt. Ihr Charakter, ihr Aussehen, ihr Geschmack, einfach alles an ihr ist perfekt. Ich liebe ihre roten Haare, ihre blasse Haut, ihre blauen Augen, ihren schmalen Körper und ihr Lächeln. Vor allem ihr unbeschwertes Lächeln. Für sie ist die Welt perfekt. Und wenn ihre Welt perfekt ist, ist es meine auch. Solange sie denken kann, war ich ihre Bezugsperson. Als sie ihr erstes Wort sprach, ihr erster Schritt, der erste Zahn, den sie verlor. All das habe ich miterlebt. Ich bin für sie wie ein großer Bruder. Oder wie ein Vater... ein Vater. Ich denke, das bin ich für sie. Und sie ist mein Leben. Ich lebe einzig und allein für sie. Sie ist meine Welt und meine Welt ist perfekt. Nun, heute ist ein großer Tag, also werde ich sie reinholen und sie fertig machen. Ende"
Er zog das Blatt aus der alten Schreibmaschine und legte es in einen Schuhkarton, in dem bereits ein Stapel anderer beschriebener Blätter lag. Kurz schaute er in den Spiegel, der über seinem Schreibtisch hing, zupfte an seinem Kragen und lächelte zufrieden, als er erkannte, dass er sehr attraktiv mit seinen sechsundzwanzig Jahren war. Er wusste, dass er in seinen besten Jahren war und dass er bereits alles erreicht hatte, was er sich wünschte. Sein Leben war sogar besser verlaufen, als er sich es je erhofft hätte. Er hatte Studiert, war ausgewandert und führte nun ein glückliches Leben. Und die Frau an seiner Seite hatte er auch gefunden. "Mimi?" Er rief ihren Namen, doch er sah sie nicht. Viele Jungen und Mädchen standen im Regen und tanzten. Doch nach einigen Sekunden erblickte er die blasse junge Frau mit den nassen, roten Haaren. Noch einmal rief er und sie blickte ihn mit ihren großen blauen Augen mitten ins Herz. Wieder lächelte er zufrieden, denn er wusste, er war ihr ein und alles. Auch sie lächelte, denn es war ihr großer Tag. Im Gang fragte sie: "Was gibt es denn?" Kurz schwieg es, denn er musste ihren nassen Körper betrachten. Immer wieder wurde ihm klar, wie wunderschön sie war. "Jim?", fragte sie und legte ihren Kopf ein Stück nach rechts. Er mochte es. "Ehm, komm rein, ich muss dir noch ein paar Dinge erklären, bevor es los geht." Er beugte sich hinunter, griff unters Bett und zog ein in Seidenpapier gewickeltes Päckchen hervor. "Aber vorher gib's eine Überraschung." Erstaunt schaute sie ihn an, war für einen Augenblick still. Dann fing sie an auf und ab zu hüpfen und freute sich riesig. "Was ist denn dadrin? Nun sag schon.", wollte sie wissen, doch er sagte nichts, lächelte und übergab ihr das Päckchen. Vorsichtig nahm sie das Seidenpapier herunter und machte es auf. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, als sie in das Päckchen griff und ein wunderschönes langes rotes Kleid heraus holte. Ihr standen Tränen in den Augen, als sie sich das Kleid an die Brust drückte und sich vor den Spiegel stellte. "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Es ist wunderschön." Sie fiel ihn in den Arm und drückte ihn fest. "Nichts zu danken", lachte er. Sie ließ ihn los und betrachtete sich erneut im Spiegel. Langsam Schritt er hinter sie, strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und flüsterte ihr ins Ohr, wie wunderschön sie sei. Ein wenig schüchtern lächelte sie. "Was muss ich denn noch wissen, bevor es los geht?" Sie drehte sich um, lächelte kurz und löste sich von ihm los. Heiter tanzte sie durch den Raum, das Kleid eng an sich gedrückt. "Nun...", er musste wieder schweigen, denn wie sie durch den Raum tanzte, machte ihn glücklich. "Jim?! Was ist denn los?" Sie schien nun ein wenig besorg. "Nichts. Also, es sind ein paar Regeln zu beachten. Ersten, du darfst niemals aus dem Auto steigen, wenn ich es dir nicht ausdrücklich sage. Zweites, nachts bleibst du im Zelt. Und drittens, du musst das Kleid hier lassen." Er schmunzelte, genau wie sie. "Das dachte ich mir schon irgendwie." Sie hängte das Kleid in ihren Schrank, nahm ein paar stabile Schuhe heraus und setzte sich aufs Bett, um sich diese anzuziehen. "Wann fahren wir los?", fragte sie. "Sobald Barry eintrifft. Er fährt den Jeep. Er ist ein netter Mann, du wirst ihn mögen." Kurz schaute sie auf. "Aber wenn ich das gar nicht will? Wenn du der einzige Mann bist, den ich mögen will?" Er starrte sie an. Ihre Worte machten ihn unglaublich glücklich. "Tja, dann ist das eben so." Sie grinste unweigerlich. Vor der Tür des Hauses ertönten die Rufe der Kinder. Eines von ihnen kam hinein und sagte: "Barry ist da. Und er hat ein Geschenk für dich dabei." Der Junge deutete auf Mimi. Beide liefen schnell hinaus in den Regen, um zu sehen, was er dabei hatte. Jim folgte langsam. Mimi und die anderen Kinder standen vor dem Truck. Ein wenig ragte Mimi in der Höhe über die anderen hinaus. Sie war hoch gewachsen, 1,74 Meter groß. Barry begrüßte alle freundlich und mit guter Laune. Dann wurde er ein wenig ruhig. "So, du bist Mimi?" Sie nickte schüchtern. "Ich bin Barry. Jim meinte zu mir, dass du heute mit uns kommst, weil du Geburtstag hast. Da habe ich mir gedacht, ich bringe dir eine Kleinigkeit mit." Er reichte ihr ein großes Paket. Leise bedankte sie sich, nahm das Paket, welches ein wenig schwer war und öffnete es vorsichtig. Heraus blickten zwei kleine braune Augen. Sie nahm den Deckel des Paketes ab und nahm den kleinen schwarzen Hund heraus. Sie drückte ihn vorsichtig, aus Angst, ihn zu zerquetschen, würde sie zu fest drücken. "Wieso tust du mir das an?", scherzte Jim. "Ich dachte, sie würde ihn süß finden. Sein Name ist übrigens Samy." Samy war ein Sheppert-Welpe. Er hatte kleine Löckchen, die mit dem Alter verschwinden würden. Mimi freute sich sehr und bedankte sich den Rest des Tages bei Barry. "Nun, kann es los gehen? Ich meine, es ist schon ziemlich spät." Jim nickte. "Komm, wir holen schnell die Sachen." "Ja, nimmst du Samy mal?", fragte sie Barry. Er nahm den Hund und sie folgte Jim ins Haus. "Und wie findest du ihn?", fragte Jim. Sie lächelte. "Er ist nett. Wie soll ich mich bei ihm für Samy bedanken? Ich meine, man schenkt doch nicht einfach einen Hund." Sie wirkte ein wenig verunsichert. "Mach dir keine sorgen. Er hat auf seiner Farm viele Hunde. Es tut ihm nicht weh, wenn er einen verschenkt. Außerdem..", er hielt inne. "Was außerdem?" "Es war meine Idee. Ich wusste, dass du einen haben wolltest. Er kann dich beschützen, wenn ich nicht da bin." Jim lächelte sie an. Sie schaute betrübt zurück. "Wirst du denn weg gehen?" "Nein, aber man weiß nie, was passieren kann." "Hmm... Du hast recht." Er umarmte sie. "Mach dir keine Sorgen. Ich bin immer für dich da.", flüsterte er ihr ins Ohr. Sie ließ sich in seinen Armen fallen. "ok, dann lass uns gehen.", sagte Jim und verließ das Haus. Mimi blieb stehen, hielt kurz inne. Sie schaute, ob Jim schon weg war, griff schnell in den Schrank, zog das Kleid heraus und steckte es nach ganz unten in ihren Koffer. Sie schmunzelte, denn sie wusste, dass Jim nicht lange böse sein wird, wenn sie am Abend in dem Kleid vor ihn Tanzen würde. Sie freute sich schon auf diesen Moment. "Mimi?! Kommst du?", rief er von Draußen. Schnell ging sie raus und warf ihren Koffer auf den Jeep. Dann setzte sie sich und nahm Samy auf den Arm. Der kleine schwarze Hund kuschelte sich hinein. Offenbar mochte er kein Wasser. Aufgeregt winkte sie den anderen Kindern. Endlich war es so weit. Sie würde zum ersten Mal die große Natur sehen. Natürlich hatte sie hin und wieder ein wildes Tier gesehen, doch sie wollte mehr. Als der Motor startete, schoss ihr Puls in die Höhe. Sie freute sich unglaublich. "Alles angeschnallt?", fragte Berry. Sie nickte. "Na dann los", sagte er. Langsam kam der Wagen ins Rollen. Die Kinder, die sich um das Auto versammelt hatten jubelten und freuten sich mit Mimi. Eine lange Fahrt würde auf sie warten.
Es dämmerte bereits. Mit großem Staunen betrachtete Mimi die flache Savanne und ihr Schauspiel. Sie mochte den Anblick der großen weiten Natur und den, der untergehenden Sonne. Der kleine Hund schlief bereits. Er war sehr erschöpft. Es hatte aufgehört zu regnen. Nun erwachte das Flachland zu Leben. Viele Blumen, welche sich Monate lang unter der trockenen Erde versteckten blühten nun in den prächtigsten Farben auf. Mimi wusste nicht, wo sie zuerst hinschauen sollte. Tiere, die sie nie zuvor gesehen hatte krochen nun über den Boden um nach Nahrung zu suchen. Wunderschön, war der einzige Gedanke, den sie denken konnte. "So, meine Liebe. Wir bauen nun das Nachtlager auf. Das heißt, du bleibst bitte im Auto, bis ich sage, dass du raus kommen darfst. Ok?", sagte Jim. Sie nickte nur, als ob sie es nicht mehr erwarten könnte, aus dem Jeep raus zu kommen. Sie beobachtete die Männer, wie sie rasch den Kofferraum leer räumten und aus dem Inhalt ein großes Zelt bauten. Nach kurzer Zeit winkte Jim sie raus. Schnell öffnete sie die Tür und sprang heraus, immer noch den kleinen Hund im Arm. Tief atmete sie die immer noch feuchte Regenluft ein. Sie liebte den Geruch nach frischem Regen. Jim rief sie ins Zelt. "So, dass ist das Moskitonetz, hier kannst du deine Sachen ablegen und da schläfst du." Sie schaute etwas stutzig. "Ich muss allein schlafen?" Er schüttelte den Kopf. "Natürlich nicht. Ich liege gleich neben dir. Nur das Netz ist zwischen uns." Sie nickte. "Wir machen jetzt das Feuer. Damit du es schön warm hast." Er lächelte sie an. "Richte dich schon mal etwas ein ok?" Wieder nickte sie. Als er die Zeltkammer verließ packte sie schnell das rote Kleid aus und stecke es in ihren Schlafsack. Er sollte es noch nicht entdecken. Erst, wenn Berry schlafen war, wollte sie es anziehen. "Mimi, kommst du mal raus?" Sie krabbelte aus dem Zelt und setzte sich zu Jim. "Ich stoßen auf deinen Geburtstag an. Ich denke du bist nun schon alt genug." Vorsichtig zog er eine Flasche Sekt aus seinem Rucksack, ließ den Korken weit fliegen und kippte drei Gläser voll. "Hier, trink.", lachte Jim. Vorsichtig nippte Mimi an dem sprudelnden Getränk, verzog das Gesicht und spuckte es wieder aus. "Das schmeckt ja fürchterlich." Die Männer lachten nur. Angewidert vom Geschmack legte sich Mimi in Zelt, kuschelte sich an Samy und schlief langsam ein. Eigentlich wollte sie wach bleiben, doch die lange Fahrt machte sie müde.
Es raschelte am Zelt. Ruckartig riss Mimi die Augen auf, tastete hastig um sich, erschrak den Hund und erfasst Jim. Beruhigt ließ sie sich wieder in den Schlafsack sinken. Ihr fiel die Sache mit dem Kleid ein. Vorsichtig zog sie es aus dem Schlafsack, zog sich aus und betrachtete einen Moment lang ihren Körper. Ihr fielen die Narben auf, die sie an den Armen trug. Sie waren vom ständigen Blut abnehmen. Jim sagte immer, sie sein krank und er müsste auf sie aufpassen. Das verstand sie natürlich und nahm es in nicht übel, dass er sie immer wieder verletzte. Sie war es gewohnt. Aber nur von Jim. Niemand anderes dürft ihr ans Blut. Dann fing sie an zu schreien. Zurück aus ihren Gedanken überlegte sie, wie sie Jim am besten überraschen würde. Sie zog das Kleid an. Es saß perfekt. Als wäre es für sie geschaffen. "Jim?", flüsterte sie ihn ins Ohr,doch er reagierte nicht. Plötzlich raschelte es erneut am Zelt. Sie zuckte zusammen. Nun versuchte sie Jim aus Panik zu wecken, nicht mehr, weil sie ihn überraschen wollte. "Jim, wach bitte auf." Sie versuchte, so gut es ging zu flüstern. Er drehte sich ein wenig, blinzelte sie an und schreckte hoch. Gerade, als er etwas sagen wollte, drückte sie ihn ihre kleine Hand auf den Mund. Er entdeckte Tränen in ihren Augen. Niemals hatte sie eine solche Situation erlebt. Sie deutete auf die Außenwand des Zeltes. Er nickte, nahm vorsichtig ihre Hand von seinen Lippen und drückte ihr einen Kuss auf. Mit diesem Kuss schlich er vorsichtig in die andere Zelthälfte, um Berry zu wecken, doch er war weg. Mit einem Ruck öffnete sich die Zelttür. Berrys Anblick beruhigt Jim für einen Moment, doch er dachte falsch. "Wen suchst du.", fragte Berry mit bitterem Unterton und schlug Jim mit dem Ende einer Machete K.O. Mimi begann fürchterlich zu schreien und zu weinen. Sie wusste nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte. Voller Angst griff sie Jims Taschenmesser, schlitzte die Zeltwand auf, packte ihren kleinen Hund und rannte los, in die tief-kalte Nacht der Savanne.
Bereits einige Stunden musste sie gelaufen sein. Sie traute sich nicht zurück zu schauen, aus Angst, er könnte direkt hinter ihr sein. Also lief sie, so weit sie konnte. Es war kalt, doch die Kälte sollte sie nicht mehr merken. Auch die Tatsache, dass ihre Füße vom Laufen völlig blutig waren, blendete sie völlig aus. Adrenalin durchströmte ihren Körper, doch es ließ nach. Sie weinte, denn sie glaubte zu wissen, dass Jim wegen ihr sterben musste. Es schmerzte sie unglaublich. Der einzige Mensch, den sie je vertraute musste wegen sie sterben. Jetzt war nur noch sie da. Und der kleine Hund, der sie mit seinen großen brauen Augen anblinzelte, als wäre nichts gewesen. Sie viel auf die Knie, begann zu schreien. Der Schmerz hatte sie übermannt. Lauthals ließ sie ihren Schmerzen freien lauf. Dann schlief sie ein. Vor Erschöpfung, vor Schmerz und aus Angst. Am liebst wäre sie nie wieder aufgewacht, doch dieser Wunsch sollte ihr unerfüllt bleiben. Das quietschige Gebelle Samy's sollte sie wecken. Ihr Körper meldete Bewegung. Sie schaukelte hin und her. Nur mit Mühe konnte sie ihre Augen ein Stück öffnen. Sie sah den kleinen schwarzen Hund direkt vor sich. Er turbte, leckte ihr Gesicht, in der Hoffnung, sie würde erwachen. Vorsichtig schaute sie sich um. Ihr Herz machte einen Sprung, denn sie erblickte Jim. Er war blutüberströhmt, jedoch schien er noch zu leben. Neben ihn saß ein Mann. Er war kräftig gebaut und hielt eine Waffe in der Hand. Schnell schloss Mimi ihre Augen wieder. Sie wollte nicht wissen, wo sie war, oder wo sie hin fuhren. Sie wollte nur zurück. Mit Jim. Gerade verfluchte sie die letztrige Nacht. Niemals hätte sie sich ihren Geburtstag so vorgestellt. Plötzlich hielt der Wagen. Sie rollte ein Stück vorwärts, fast auf Samy drauf. Einen kleinen Spalt weit öffnete sie ihre Augen wieder. Sie musste ansehen, wie Jim grob vom Laster gezogen wurde. Auch sie wurde vom Wagen geholt, jedoch sehr viel vorsichtiger. Jemand trug sie. Das einzige, was sie mitbekam war, dass man sie in ein Bett legte und zudeckte. Dann begannen zwei Personen zu sprechen. Ein Mann und eine Frau. "So, wie viel bekommen wir für beide?", fragte der Mann. "Ich wollte nur das Mädchen. Den Mann könnte ihr wieder mitnehmen. Den Hund behalten wir. Vielleicht kann man sie damit nachher beruhigen.", sagte die Frau abwesend. "Und was sollen wir mit dem Kerl machen? Der stört uns später sicher nur! Und was bekommen wir für das Mädchen?" Der Mann schien aufgebracht. Die Frau lachte. "Was weiß ich? Werft ihn in eine Schluck oder so. Ihr bekommt den Preis, der vereinbart wurde. Nicht mehr." "Und was ist mit der Entsorgung? Ich meine, wir fahren doch nicht extra zur Schlucht. Das kostet Sprit und der ist nicht gerade günstig.", erklärte er. "Dann lasst ihr hier. Dann haben die Hund was zum spielen. Die werden ihn schon tot kriegen." Plötzlich schreckte Mimi hoch. "Nein, bitte tut ihn nichts! Er bedeutet mir alles!" Beide schauten sie erstaunt an. Mit einem Lächeln im Gesicht näherte sich die Frau Mimi. "Du bist also wach? Nun gut, wir werden ihn nichts tun. Wenn du mir versprichst, dass du brav auf mich hörst." Mimi nickte. Sie wusste, dass das nichts gutes bedeutete. "Ok", sie drehte sich zu dem Mann um. "Bringt ihn nach Nebenan. Er soll geweckt werden und etwas zu Essen bekommen." Der Mann nickte und verließ den Raum. "Also, Mimi. Wie kann ein gebrechliches Mädchen wie du so weit laufen? Ich habe mir unglaubliche Sorgen um dich gemacht. Wir mussten lange nach dir suchen.", sagte die Frau und setzte sich zu dem zerstörten Mädchen. "Wir werden erstmal deine Wunden verarzten. ok?" Mimi nickte zaghaft. Sie wusste nicht, auf was sie sich einlassen würde. Die Frau holte Verbandszeug aus einem kleinen grünen Koffer, säuberte Mimis Füße und tat vorsichtig Binden drum. "Wer sind sie.", fragte Mimi leise. Betrübt schaute die Frau Mimi an. "Es enttäuscht mich, dass du mich nicht erkennst, meine Liebe. Ich weiß, du warst noch ein Baby, aber dass du das nicht spürst. Mimi, ich bin deine Mutter." Mimi wich schnell zurück, schüttelte mit dem Kopf und schlug die Hand vor ihr Gesicht. "Das kann nicht sein...", flüsterte sie. Die Frau rückte ein Stück an das arme Mädchen heran. "Dein richtiger Name ist Maike. Man hat dich mir gestohlen, als du geboren wurdest. Ich war damals sehr traurig, aber jetzt habe ich dich je wieder. Wir sind wieder vereint, meine Tochter." Maike schupste die Frau, die vorgab ihre Mutter zu sein weg, stürmte aus dem Zimmer und versuchte Jim zu finden. "Sie ist entflohen. Nehmt die Betäubungspfeile.", sprach die Frau in ein Funkgerät. Das rothaarige Mädchen rannte so gut es ging und schrie nach Jim. Sie weinte wieder. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so allein gefühlt wie jetzt. Plötzlich stach sie etwas in den Hals. Sie fasste danach, zog einen kleine Pfeil heraus und fiel zu Boden.
Ein dröhnender Schmerz hallte durch seinen Kopf. Sein erster Gedanke war Mimi. Er wollte hochschrecken und nach ihr suchen, doch er war an einen Stuhl gefesselt. Beinah renkte er sich beide Schultern aus, doch er ließ sich zurück in den Stuhl sinken. Der Schmerz kümmerte ihn nicht. Er hatte bereits schlimmeres durchmachen müssen. Irgendwie musst er sich befreien können. Ihm fiel ein, dass er eine Brille bei sich trug. Sie wurde ihm nicht abgenommen. Vorsichtig griff er danach, drückte ein Glas heraus und versuchte, das Seil, mit dem er am Stuhl befestigt war, durch zu trennen. Nach einigen Malen Abrutschen gelang es ihm, das Seil durch zu trennen. Hastig rannte er in Richtung Tür. Er verließ das Zimmer, in dem er saß, rannte einen langen Flur entlang und suchte nach Ihr. Das Gebäude erschien ihm wie ein Labor-komplex. Doch das interessierte ihn recht wenig. Endlose Gänge und unzählige Türen später fand Jim den kleinen Samy. Der Hund schien schon länger hier gewesen zu sein, denn er wirkte aufgewühlt. Jim nahm ihn mit sich. Sein Blick sank zu Boden. Er entdeckte rote Fußspuren. Der Größe nach hätten sie durchaus von Mimi stammen können. Also folgte er ihnen. Sie führten zu einer Schleifspur. Sie war aus Blut und ließ nichts Gutes erahnen. Jim folgte der Spur bis er vor einer großen Labortür stand. Vorsichtig schaute er durch die Fenster, die dort drin waren. Er entdeckte Mimi. Sie war an einem Tisch fixiert und regte sich nicht. Einige Kanülen ragten aus ihren Armen. Man schien Experimente mit ihr zu machen. Langsam öffnete er die Tür, schlich zu Mimi und versuchte, sie los zu binden. Es gelang ihm schließlich, doch er hatte sich zu früh gefreut. Die Frau tauchte auf. "Was zum..?", sie schwieg, denn Mimi war weg. "Hohlt sie mir wieder!", brüllte sie voller Zorn. Jim rannte mit seinem Schatz durch die Gänge des Gebäudes. Wo ein Ausgang war, wusste er nicht. Er blieb stehen, verzweifelte allmählich. Plötzlich vernahm er ein leisen Klicken hinter sich. "Geben Sie sie mir zurück.", forderte die Frau. "Ich bin Maikes Mutter. Sie gehört mir!" Langsam drehte Jim sich. "Sie reden von ihr, als wäre sie ein Objekt, ein Gegenstand. Was wollen sie von ihr?" Die Frau lachte. "Das wissen sie genauso gut, wie ich! Ihr Blut! Maike war die erste und einzige, bei der die Phase C eingesetzt hatte! Sie muss hier bleiben. Damit wir mehr erfahren können!" Jim schüttelte mit dem Kopf. "Genau deshalb haben wir sie damals mitgenommen. Wir wussten, was sie mit ihr vor hatten. Mimi ist ein unglaubliches Mädchen! Sie muss frei sein!" "Was reden sie denn da?! Sie sind verliebt, deshalb denken sie so. Wenn sie wüssten, was alles mit ihr möglich wäre.. Mit einem Tropfen ihres Blutes könnte man 1000 Liter Wasser reinigen, man könnte aus einem Tropfen Dünger für hunderte Felder machen, unzählige Medikamente könnten erfunden werden." Er unterbrach sie: "Ja, aber darum geht es ihnen gar nicht! Sie wollen sie zu einer tickenden Zeitbombe machen. Mimi könnte unter den richtigen Umständen Millionen von Menschen mit einem Schlag umbringen. Und das wissen sie." Wieder lachte die Frau. "Natürlich weiß ich da. Und die Tatsache, dass sie das wissen ist noch ein Grund, weshalb sie sterben müssen." Gerade, als die Frau den Auslöser der Waffe betätigen wollte, mit der sie Jim ins Gesicht zielte, stand Maike vor ihr. Die Frau schreckte zurück, ließ die Waffe fallen, konnte gar nicht realisieren, was passiert war und fiel zu Boden. "Mimi?", fragte Jim ungläubig. Leicht drehte sie ihren Kopf zur Seite, um Jim zu signalisieren, dass alles gut war. Maike ging auf ihre Mutter zu. Sie beugte sich zu ihr runter, fasste ihr Kinn und lächelte ein wenig. "Es hat funktioniert...", flüsterte die Frau. Plötzlich erklang ein grausames Geräusch. Die Frau blutete aus dem Mund, erstickte und erstarrte. Jim schreckte zurück. "Mimi, bist du ok?" Mimi wendete sich nun Jim zu. Sie lächelte immer noch ein wenig. Doch sie war anders. Sie war nicht mehr unschuldig, wirkte nicht mehr so. Ihre Aura hatte sich verändert. "Was haben sie mit dir gemacht?", fragte er erschrocken. "Sie haben mich aktiviert, Jim. Ich habe nie verstanden, warum du mir mein Blut genommen hast, doch jetzt weiß ich warum. Du hast mich überwacht. Du hast geschaut, ob ich noch unter dem Limit war. Und das war ich, bis jetzt. Sie haben es geschafft. Ich bin so weit." Die Kälte, mit der sie nun sprach, jagte Jim ein Schauer über den Rücken. Sie war nicht mehr die unschuldige Mimi, wie er sie kannte. Sie war das Projekt Maike, vollkommen und vollendet. "Ich muss meinen Auftrag ausführen. Sie haben mir Befehle gegeben. Ich muss meinen Befehlen folgen.", sagte sie mit starrem Blick. Jim griff nach der Waffe. "Mimi, warte!" Sie hörte ihm zu. "Ich muss dir etwas sagen. Ich liebe dich, das habe ich immer getan und das werde ich auch immer tun." Vorsichtig packte er das Mädchen, nahm sie in den Arm, küsste sie und feuerte ab. Das war das einzig Richtige, was er tun konnte. Das Mädchen sollte nicht mehr leiden. Alles war schief gelaufen. Es war seine Schuld, sagte er sich. Tränen rannten über sein Gesicht. Bedingungslos sollte er für sie da sein. Nur für sie hatte er gelebt. Und sie hatte nur für ihn gelebt. Bis zum Schluss. Er ertrug ihren Anblick nicht. Der regungslose Körper dieser Person, die er zuletzt nicht mehr erkannte, machte ihm Angst. Es gab nur einen Ausweg. Er steckte sich die Waffe in den Mund. Sie war sein Gnadenstoß. Ein letztes Mal noch sollte er leiden, und dann war alles vorbei.
Texte: Anastasia Duckert
Tag der Veröffentlichung: 14.11.2012
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