Cover

Für Mikel

Normalerweise nahm sich Lukas genug Zeit für seine Hausaufgaben; es war ihm nämlich peinlich, aufgerufen zu werden und wie ein Idiot unvorbereitet vor der ganzen Klasse dazustehen. Aber heute hatte er es eilig. Der Tag war einfach zu voll mit Terminen und am allerwenigsten wollte er seinen Hip-Hop-Kurs ausfallen lassen, der in anderthalb Stunden begann. Also musste er sich sputen.

Er fuhr den Laptop hoch, wartete ungeduldig, bis dieser bereit war, und tippte in die Google-Zeile das Wort Naturkatastrophen ein. Das sollte das Thema seines Referates werden. Er wusste, dass es dazu Treffer ohne Ende geben werde, aber er hatte sich noch nicht auf einen konkreten Bereich festgelegt.

Kaum drückte er auf ‚suchen‘, kamen auch schon massenhaft Ergebnisse. Dann jedoch wurde der Bildschirm mit einem Mal schwarz.
„So ein Mist!“, dachte Lukas. „Mein Lappi wird doch nicht gerade jetzt den Geist aufgegeben haben?“

Plötzlich tauchte in der Mitte des Bildschirms ein leuchtender und immer größer werdender Punkt auf. Lukas hatte den Eindruck, dass er auf ihn zugerast kam und wich instinktiv zurück, lachte aber im nächsten Moment verlegen über sich selbst. Es würde ihm aus dem Internet doch kein Gegenstand ins Gesicht fliegen!

Abwartend beobachtete er: Aus dem Punkt wurde ein Schriftstück, das die Schwärze ablöste und die gesamte Bildschirmfläche einnahm. So ungewöhnlich hatte sich noch nie etwas aufgetan.

Ein beunruhigendes Gefühl überkam den Dreizehnjährigen. Aber das wie aus dem Nichts aufgetauchte Dokument zog ihn magisch an. Der Text hatte keinen Titel und die Schrift war ungewöhnlich. Plötzlich begann die erste Zeile zu blinken. Sie zwang den Jungen regelrecht zum Lesen.

*Mein Bruder hat mich gebeten, für ihn diese Geschichte zu schreiben. Er weiß, dass ich so etwas gern mache und besser kann als er. Keri möchte die Ereignisse der letzten Zeit nicht nur für sich einspeichern, sondern für die ganze Welt. Ich versprach ihm, mein Bestes zu tun, obwohl meine Stimmung noch sehr gedrückt ist. Nicht nur ich bin traurig – wir sind es alle, die wir das Geschehen verfolgt und das Ende miterlebt haben.

Vor vierunddreißig Jahren ist auf unserem Planeten Jalmes das Weltenauge entdeckt worden, wodurch es möglich wurde, in die Weite des Universums zu schauen. Bis heute wissen wir nicht, warum es so funktioniert wie es funktioniert. Aber es kann ja auch keiner sagen, ob es einen Grund für unsere Existenz gibt und woher wir kommen. Andererseits bin ich der Meinung, dass es zwar interessant wäre, das in Erfahrung zu bringen, dass es jedoch keine wirkliche Rolle spielt. Wichtig ist, dass es uns überhaupt gibt. Gleiches gilt für das Auge: Vermutlich werden wir nie herausfinden, wie es entstand. Wichtig ist, dass wir dieses wundersame Fenster zu fernen Welten gefunden haben und dass es uns immer mehr Geheimnisse offenbart. Wir haben längst nicht all seine Eigenschaften erforscht und deshalb stehen uns noch viele Überraschungen bevor.

Als der damals noch junge Forscher Weri Lan in der Tiefe der Rag-Höhle diese seltsame Lichtquelle fand, ahnte er nicht, dass sein Name in die Geschichte eingehen werde. Wie er später in seinem weithin bekannten Buch berichtete, stand er verwundert vor einem Oval, das wie ein Riesenauge aussah, und wagte im ersten Moment nicht, es zu berühren. Das Auge war gefüllt mit plasmaähnlicher, warm leuchtender Substanz. Er betastete schließlich doch vorsichtig die fremdartige Materie und stellte fest, dass sie unter seinen Fingern ein wenig nachgab. Die Druckstelle glättete sich jedoch sofort, als er die Hand wegnahm.

Es ist von geringem Belang, wie es unmittelbar danach weiterging, wie stark über die Entdeckung gerätselt und diskutiert wurde. Ich werde gleich zu den entscheidenden Dingen kommen. Nur so viel sei noch gesagt: Man kann nicht hinter das Auge gelangen (oder das globale Fenster, wie es auch genannt wird), es ist mit der Steinmasse verschmolzen.

Bei eingehenden Untersuchungen fand man dann heraus, dass das seltsame Gebilde eine wunderbare Eigenschaft besaß.

Es war mit unzähligen, mikroskopisch feinen Kanälen durchzogen und Weri Lan kam auf die Idee, die Beschaffenheit und Bedeutung der Kanäle zu testen. Nach vielen erfolglosen Versuchen gelang es ihm, mit einem speziell angepassten, teleskopähnlichen Gerät durch so ein Röhrchen hindurchzusehen.

Was er erblickte, erschien unmöglich! Er dachte sofort an fehlerhafte Wahrnehmung und sogar an einen Streich seiner Freunde.

Weri Lan versuchte es an anderer Stelle, aus einem anderen Blickwinkel … und seine Verblüffung wurde noch größer: Das Bild änderte sich mit jeder Richtungs-Veränderung. Es war definitiv das Weltall, jedes Mal ein anderer Bereich, mit völlig unbekannten Sternkonstellationen.

Es war eine Sensation, die größte aller Zeiten.

Das globale Fenster eröffnete nicht nur die Möglichkeit, fremde Galaxien und Sonnensysteme zu sehen, mit der Zeit schaffte man es, einen Planeten so nah zu zoomen, dass man erkennen konnte, ob er belebt oder unbelebt war.

Der Berg, in dem sich die Höhle befand, wurde mittels bester und modernster Technik zu einem Observatorium ausgebaut. Heute ist es das berühmte Weltall-Forschungszentrum PROLAGJU – Das Weite Auge.

Die nächste Sensation folgte acht Jalmes-Jahre später. Es waren Jahre intensiver, unermüdlicher Beobachtungen gewesen. Unzählige Galaxien und Sonnensysteme waren geprüft, Planeten genauestes erforscht worden – es gab bislang jedoch nichts, das dort auf Leben hindeutete.

Befanden wir uns allein im Kosmos und war Jalmes der einzige Planet, auf dem Leben entstanden war? Es schien die traurige Wahrheit zu sein.

Dann entdeckte die Wissenschaftlerin Raju Tan ein Sonnensystem mit mehreren Planeten. Einer davon erweckte sofort ihr Interesse. Er war umgeben von einer durchsichtigen, leicht nebeligen Hülle. Eine Atmosphäre?

Die Forscherin zoomte den Himmelskörper immer näher heran, bis sie deutlich die Oberfläche sehen konnte. Später berichtete sie in einem ihrer Interviews:

„Ich hielt den Atem an und hatte plötzlich Angst, es sei nur ein Traum: Ich sah wunderschöne Landschaften, erblickte kleine Ortschaften, nahm Gebäude, Straßen und Fahrzeuge wahr. Zitternd vor Erregung, suchte ich nach den Wesen, denen das alles gehörte. Wo waren sie?

Schließlich begriff ich, ich war zur Ruhezeit in diese Gegend eingedrungen. Doch dann hatte ich Glück, etwas bewegte sich die Straße aufwärts und ich nahm das Wesen unter die Lupe. Kaum zu glauben! Ein Aufrechtgehender schaute mir direkt in die Augen.

Ich erschrak, obwohl ich wusste, dass er mich nicht wahrnehmen konnte.

Der Bewohner des Planeten sah fast wie ein Jalmesi aus, hatte Beine, Arme, Hände und Finger, nur sein Haar hatte eine ungewöhnlich helle Farbe, auch waren Augen, Nase und Mund anders proportioniert.

Die Kleidung allerdings erschien mir seltsam. Aber schließlich konnte ich nicht erwarten, dass ein Außerjalmesi sich auf die gleiche Weise kleidete wie wir.“

Die Aufnahmen, die Raju Tan gemacht hatte, liefen am selben Tag rund um Jalmes und sorgten für allgemeine Begeisterung. Von da an starteten die täglichen Nachrichten zuallererst mit Informationen über den Lauf der Dinge auf Lawes – so wurde der Planet genannt – was so viel wie ‚kleines Wunder‘ bedeutet. Denn das war es, ein Wunder, weil wir mit der Existenz außerjalmesischen Lebens kaum noch gerechnet hatten; ein Wunder auch, weil Lawes Jalmes sehr ähnlich war. Wenn auch etwas kleiner, verfügte er über Ozeane, Festland, Bergketten, Wälder und Wüsten. Und er hatte eine Atmosphäre, die höher entwickeltes Leben möglich machte.

Die Euphorie der Jalmesi war groß. Aber ebenso groß war der Schock, der nicht lange auf sich warten ließ. 

An dieser Stelle muss ich nun meinen Bruder Keri ins Spiel bringen, denn sein Name stand unter dem ersten erschreckenden Bericht über Lawes.

Keri war sehr aufgeregt, als er sich im Beobachtungsraum in den bequemen Sessel vor den großen Bildschirm setzte. Ab jetzt gehörte es zu seinen Aufgaben, die unbekannte Welt da draußen zu ergründen. Draußen – ein vager Begriff! Draußen war mit keinem Maßstab zu messen.

Man wusste nicht, ob und wie Ereignisse, die auf Lawes stattfanden, auf Jalmes eintrafen – zeitgleich oder zeitversetzt. Lediglich dies war bekannt: Der Planet befand sich in einer fremden Galaxie, in einer von unendlich vielen.

Keri betätigte eine Reihe Tasten am Pult. Der große Bildschirm leuchtete auf, um dann nach einer Weile in voller Pracht eine schöne blaue Kugel hervorzuheben – Lawes. Er war fasziniert von dem atemberaubenden Anblick und zoomte den Planeten langsam heran, bis er nicht nur einzelne Gebäude, sondern auch Gestalten auf den Straßen ausmachen konnte.

Auf diese Weise geriet er an den Strand eines Meeres und dort an viele Lawesi. Aber was machten die da? Einige lagen halb angezogen und bewegungslos auf Gestellen und Tüchern, die anderen befanden sich im Wasser und schwammen, Kinder tobten und spielten im Sand. Worin bestand der Grund dieser Übungen?

Auf Jalmes ging man am Strand spazieren, bewunderte den Sonnenuntergang, Liebespaare trafen sich dort nachts und traditionell wurde jährlich am Meer das große Wasserfest veranstaltet. Keinem kam allerdings hier in den Sinn, in einem Gewässer zu baden. Früher ging man ins Wasser, um zum Beispiel ans andere Ufer eines Flusses zu gelangen. Aber das lag weit, weit in der Vergangenheit, in der es noch keine Wasserfahrzeuge gegeben hatte.

In der Gegenwart waren spezielle Einrichtungen geschaffen worden, in denen man schwimmen, spielen und Spaß haben konnte.

Mein Bruder fand keine Zeit, weiter über dieses Problem zu sinnieren, denn plötzlich wurde er auf etwas aufmerksam, das ihn erschauern ließ. Eine gigantische Welle rollte auf den Strand zu. Er sprang auf, um – einem ersten Impuls folgend – die am Ufer Versammelten vor der Gefahr zu warnen. Das war natürlich völlig unmöglich. Mit hilflosem Entsetzen musste er zusehen, was sich in einer weit entfernten Welt abspielte … Oder sich schon abgespielt hatte? … Oder sich erst ereignen würde? … Es änderte nichts.

Keris Bericht und die gespeicherten Bilder dieser Katastrophe erreichten alle Jalmesi und schockte sie zutiefst.

Warum, fragten wir uns, warum konnte so etwas passieren? Warum waren die Lawesi gerade dort versammelt, wo sich eine Naturkatastrophe anbahnte? Das erschien uns irrsinnig. Wir auf Jalmes haben schon vor langer Zeit einen Weg gefunden, solch schrecklichen Ereignissen vorzubeugen. Wir entwickelten eine Technik, die es uns ermöglicht, Naturkatastrophen rechtzeitig vorauszusagen und uns alle in Sicherheit zu bringen.

Warum gab es das auf Lawes nicht?

Fragen über Fragen stellten sich die Beobachter und Gelehrten, stellten wir uns alle.

Es dauerte nicht lange, da fanden wir auch die Antworten.
Wir entdeckten etwas, das uns in der doch relativ kurzen Beobachtungszeit völlig entgangen war. Weil wir es nicht für möglich gehalten hatten, weil unser für derartige Dinge ungeübtes Auge es übersah, weil es uns zu fremd war! Wir fanden heraus, dass einige Bewohner des fernen Planeten gewalttätige, rücksichtslose, bösartige Geschöpfe sein mussten. Es schien, als seien sie irrtümlich mit Intelligenz ausgestattete Raubtiere.

Bestimmte Gruppen brachten aus uns unersichtlichen Gründen andere gegeneinander auf und lösten furchtbare Kämpfe aus, in denen Hunderttausende getötet und ganze Gebiete des Planeten vernichtet wurden. Für dieses Abschlachten wurden Maschinen und Gerätschaften gebaut, die nur einem Ziel dienten, das kostbarste Gut des Universums, das Leben, auszulöschen.

Warum? W-a-r-u-m?

Auf diese Frage gab es für uns nur eine Antwort: Viele dieser Lawesi waren boshafte Kreaturen und offenbar gerade jene, die auf Lawes etwas zu sagen hatten. Statt nach Problemlösungen zu suchen, statt Wege zu finden, um Leben besser zu schützen, statt sich für alle Lawesi einzusetzen, dienten ihre Handlungen ausschließlich eigenen niederen Beweggründen und Wünschen. Ein fremdes Leben hatte keine Bedeutung für sie.

Dies war eine schockierende Erkenntnis für unser Volk. Auf Jalmes ist jedes Leben in seiner Einzigartigkeit der wunderbarste, der kostbarste Schatz. Es zu erhalten besitzt höchste Priorität.

Wir haben es geschafft, ein Alter von fast zweihundert Jahren zu erreichen. Wir haben die Krankheiten besiegt und gelernt, mit den Gaben der Natur maßvoll umzugehen. Natürlich muss auch ein Jalmesi irgendwann sterben, aber er sieht dem Tod gelassen entgegen, denn er weiß – der Tod ist nicht das Ende. Er weiß – den frei gewordenen Platz wird ein neues Leben einnehmen und somit gibt es in Wirklichkeit kein Lebensende. Wir sind glücklich – alle gemeinsam und jeder für sich.

Und was taten dagegen die Menschen? …

Ja, mit der Zeit gelang es unseren Wissenschaftlern, einige Sprachen der Lawesi anhand öffentlich erreichbarer Texte zu untersuchen, ihre Begriffe mit den unseren zu vergleichen, und aus diesen Mustern ihre Sprache zu entwickeln.

Wir wissen jetzt, dass sie sich selbst als Menschen bezeichneten und ihren Planeten Erde nannten. Wir konnten sie nicht hören, aber unsere Forscher arbeiteten an der Lösung dieses Problems.

Jetzt wissen wir auch, dass die Menschen in der Lage sind, einander schlimme Schmerzen zuzufügen und abscheuliche Gräueltaten zu begehen. Wir waren Zeugen so manch eines qualvollen Todes, ob nun in der Gegenwart, der Vergangenheit oder in der Zukunft, ist dabei unerheblich.

Gleichwohl erkannten wir auch die positiven Eigenschaften der Erdenbewohner. Wir sahen sie einander beschützen, erlebten ihren liebevollen Umgang mit Partnern und Kindern und ihre Hilfsbereitschaft anderen gegenüber, verfolgten mit Freude ihren Kampf gegen Ungerechtigkeit.

Aber die guten Taten der Weisen reichten nicht aus, um die Untaten der Bösen auszugleichen, die mit den atomaren Kräften wie mit Bällen spielten. Wir erkannten – die Erde würde untergehen, denn die Natur missbraucht man nicht ungestraft.

Und es kam – das Unvermeidliche.
Auch diesmal war mein Bruder derjenige, der die Katastrophe zuerst mitansehen musste.

 

Vor dem Dienstschluss warf Keri schnell noch einen Blick auf den Bildschirm, dann ungläubig einen zweiten … und schrie so laut, dass alle im Gebäude glaubten, er sei in Lebensgefahr und in den Beobachtungsraum stürzten.

Da sahen wir es nun alle, erblickten den gewaltigen Pilz aus Feuer, vermischt mit schwarzem Rauch. Er wuchs und wuchs, weitere folgten ihm. Wie in einer Kettenreaktion brachen die Feuerfontäne aus der Erdkugel hervor – kreuz und quer. Es war ein grausiger und zugleich faszinierender Anblick … und dies alles vollzog sich in gespenstischer Stille.

So also sah das Ende der schönen blauen Kugel, des kleinen Wunders aus. Hatte es sich längst ereignet, geschah es soeben oder lag das Ende noch in der Zukunft? Eine Frage, auf die es keine Antwort gab.

Und wir konnten nichts tun!

Wir weinten, trauerten, wollten nicht glauben, was wir sahen.

Falls die Katastrophe schon stattgefunden hat … Ob es Überlebende auf Lawes gibt? Die Wissenschaftler sind sich einig: Sofern Menschen diese Explosionen überlebt haben sollten, wird sie schon bald die freigesetzte Strahlung töten …

Langsam gelange ich ans Ende dieser Geschichte und daher will ich von meiner Idee sprechen.

Als unsere Sprachwissenschaftler einige Sprachen der Menschen ausreichend entschlüsselt hatten, machten es sich viele junge Jalmesi im Nachrichtenberuf zur Aufgabe, sie zu erlernen. Keri und ich wählten Deutsch, so konnten wir einander helfen, Fehler korrigieren und uns im Gespräch perfektionieren. Wer hätte gedacht, dass wir beide innerhalb so kurzer Zeit im ungünstigsten Fall nur noch eine tote Sprache sprechen? Jedenfalls habe ich nun diesen jalmesianischen Text ins Deutsche übersetzt. Keri wird ihn noch durchsehen und dann gehen wir zur Botschaften-Station und lassen die Geschichte in Jalmesia und in Deutsch ins Weltall katapultieren.

Zweimal im Leben darf ein Jalmesi diesen Dienst in Anspruch nehmen, um etwas sehr Wichtiges oder Besonderes zu verewigen, und insgeheim wünscht sich jeder, dass seine Botschaft irgendwann von einem intelligenten Lebewesen im Weltall vernommen wird.

Mein Bruder und ich sind uns sicher, dass unsere Mitteilung von enormer Bedeutung ist.

Da draußen in irgendeinem Sonnensystem, irgendwo im Universum wird sich zu irgendeiner nahen oder ferneren Zeit auf einem blauen Planeten vielleicht erst ereignen, was wir schon in schrecklicher Vollendung sahen? Vielleicht besteht doch noch eine kleine Chance auf Lawes‘ Rettung? Vielleicht wird unsere Botschaft beachtet … da draußen? Wir wünschen es so sehr. So sehr!

 

Nach bestem Wissen erstellt von Lerju Kan im Auftrag von Keri Kan.

 

Jalmes, 4006,11,20,1/2“

 

Eine ganze Weile saß Lukas regungslos da und starrte auf den letzten Satz. Dann atmete er ein paar Mal tief ein und aus. Seine Gedanken ordneten sich und bekamen allmählich eine Richtung. Dieser Text war der Hammer! Etwas gab dem Jungen das unbeirrbare Gefühl – all das hatte sich tatsächlich irgendwo zugetragen! Wie absurd es auch klingen mochte.

Dass gerade er, Lukas, diese Botschaft erhalten hatte, war gewiss nicht ohne Bedeutung. Zwar hatte er keine Ahnung, woher das Schriftstück stammte – aus der Zukunft, aus einer Parallelwelt? – und wie es im Internet landen konnte, aber das war auch nebensächlich.
Wichtig war die Gewissheit – der Erde drohte Gefahr.

Lukas war ein feiner Kerl. Das behauptete jedenfalls die Großmutter. Als er einmal hörte, dass sie so über ihn sprach, fand er ‚fein‘ zu altmodisch und schlug ihr vor: „Sag lieber – cool.“

„Okay, du hast ja sowas von recht – cool klingt viel cooler.“ Oma hatte ihm zugezwinkert und sie hatten beide gelacht. Warum ihm diese Szene gerade jetzt einfiel, konnte Lukas sich nicht erklären und schüttelte ärgerlich den Kopf. Er musste nachdenken …

Bald schon stand sein Entschluss fest: Er war geradezu verpflichtet, das durch Zufall erlangte Wissen weiterzugeben. Da kam das Referat doch sehr gelegen!

Lukas griff nach der Maus, hielt aber abrupt inne. Ein Schrecken durchzuckte seinen Körper wie ein Blitz – jetzt nur keinen Fehler machen, die Datei bloß nicht voreilig schließen, sonst war sie weg!

„Ganz ruhig“, flüsterte er und schaltete den Drucker ein. Er sah nach, ob es die Option ‚Drucken‘ gab. Sie war vorhanden. Und abspeichern konnte er die Datei auch. Für alle Fälle machte er noch von jeder Seite eine Hardcopy. Erst dann bewegte er die Maus zum ‚x‘ oben in der Ecke, zögerte kurz und klickte.

Fasziniert sah der Junge zu, wie die virtuellen Blätter langsam und immer kleiner werdend davonflatterten, bis sie als winziger, leuchtender Punkt in der Tiefe des Bildschirmes verschwanden. Oder war es die Tiefe des Alls? Für einige Sekunden hatte er wieder ein schwarzes Fenster vor sich, das gleich darauf von der vertrauten Google-Seite mit den Ergebnissen zu ‚Naturkatastrophen‘ abgelöst wurde.

Lukas überlegte noch eine Weile und öffnete ein neues Word-Dokument. Seine Finger verharrten kurz über der Tastatur, dann tippte er bedächtig die Überschrift zu seiner Hausarbeit: „DAS KLEINE WUNDER“.

Den Hip-Hop-Tanzkurs hatte er längst vergessen, denn jetzt galt es, den blauen Planeten zu retten. 

 

ENDE

 

 

Willkommen auch auf meiner Homepage: http://www.rosa-andersrum.de

Mein Blog: https://rosasblog54.wordpress.com/

Impressum

Texte: Rosa Ananitschev
Bildmaterialien: Coverbild: Gerd Altmann / pixelio.de, Quelle: www.pixelio.de
Lektorat: Barbara Siwik
Tag der Veröffentlichung: 19.11.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Mikel

Nächste Seite
Seite 1 /