Ich betrachte den kleinen Planeten, der in der Schwerelosigkeit vor mir schwebt. Fast perfekt rund, sieht er aus wie eine schöne blaue Kugel. Er strahlt Frieden, Ruhe und Glück aus. Er ist vollkommen – auf den ersten Blick.
Ich könnte damit spielen, ihn wie einen Ball hin und her hüpfen lassen. Ich könnte ihn wie einen Stein in die Weite des Alls schleudern, könnte ihn auch vernichten. Aber ich tue es nicht. Ich ziehe ihn näher heran und sehe ihn mir genauer an.
Viele Lebewesen bevölkern den blauen Planeten – die Erde. Es ist ein Wunder, wie Leben entsteht, wie es reift, wie es einzigartig wird, ein Wunder, das bewahrt und beschützt werden sollte. Leider ist der kleine Planet voller Waffen. Die Wesen, die sich Menschen nennen, führen Kriege gegeneinander, zerstören das Wunder – achtlos, rücksichtslos, ohne Erbarmen. Feuer breitet sich an vielen Stellen aus und hinterlässt Tod und Verwesung. Ich könnte das Feuer löschen, den Menschen die Waffen wegnehmen, ihnen Frieden geben – wenn ich Gott wäre. Aber ich bin nicht Gott.
Ich sehe Wesen, die rauben und betrügen, die in der Nacht umherschleichen, morden und vergewaltigen, Hilflose misshandeln und missbrauchen. Wie ich den Planeten auch drehe – sie sind überall, auf jedem Erdteil, in jedem Land, in jeder Stadt. Ich könnte sie einzeln auflesen, sie wie Unkraut jäten und herausziehen, sie von der Erde entfernen … wenn ich Gott wäre. Aber ich bin nicht Gott.
Ein Kontinent zieht meine volle Aufmerksamkeit an sich. Es ist Afrika – Afrika in den Zeiten der Not. Die Sonne, die sonst für Leben und Wärme sorgt, hat hier den Boden ausgetrocknet, ihn unfruchtbar gemacht. Ich sehe ein Dorf, in dem sich nichts mehr bewegt, in dem ungute Stille eingetreten ist. Hunger und Krankheiten breiten sich dort aus, nehmen immer mehr Platz ein, bringen den Menschen den Tod. Ich könnte ihn stoppen, die sterbenden Kinder retten. Ich könnte aus anderen Regionen der Erde, in denen Wohlstand und Reichtum im Überfluss herrschen, Nahrung und Wasser bereitstellen. Wenn ich Gott wäre.
Aber ich bin nicht Gott! Ich bin ein Mensch.
Ich habe die Macht, den Krieg zu beenden, die Waffen niederlegen zu lassen und sie zu vernichten.
Aber ich tue es nicht!
Ich habe den Verstand, meinem Nächsten, meinen Mitmenschen Liebe und Achtung entgegenzubringen.
Aber ich tue es nicht!
Ich habe die Mittel, dem Hunger in Afrika zu wehren, die Kranken zu heilen, den Menschen wieder Freude an der Sonne und dem blauen Himmel zu geben.
Aber ich tue es nicht!
Ich bin ein Mensch. Ich kann alles. Aber ich tue es nicht.
WARUM?
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Texte: Rosa Ananitschev
Bildmaterialien: Coverbild: Gerd Altmann/AllSilhouettes.com/pixelio.deQuelle: www.pixelio.de
Tag der Veröffentlichung: 18.08.2011
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Widmung:
Charity-Aktion „Bookrix für Ostafrika“