Cover

Konflikt

???: Warte!

Artur: Huh?

Artur dreht sich um und schaut der braunhaarigen Olivia in die Augen. Sie stützt sich auf ihren Knien ab und keucht. Anscheinend war sie ihm ziemlich schnell hinter her gelaufen.

Artur: Olivia? Was ist los?

Olivia: Artur! Mein Gott... wie schnell gehst du denn?

Wieder keucht sie, richtet sich auf und streicht sich durch die Haare während sie tief Luft holt. Artur ist verwirrt und wartet auf ihre Antwort auf seine Frage.

Olivia: Na ja, zum wesentlichen. Ich soll dich von Ruby noch nach dem Kurs fragen, machst du jetzt mit oder lässt du uns da auch hängen?

Artur stöhnt genervt. Wieso konnten ihn die Mädchen mit diesem Kurs nicht endlich in Ruhe lassen. Er hatte einfach keine Zeit in der Woche und er war froh wenn er sich das Wochenende für seine Freunde aufheben konnte. Da wollte er den Samstag nicht mit diesem Kurs verschwenden.

Artur: Olivia... ich hab Ruby schon gesagt, dass ich keine Lust habe. Ihr wisst beide, dass meine Woche so voll gestopft ist, dass ich mich über jeden freien Tag freue. Mittlerweile habe ich nur noch den Samstag und den geb' ich ganz bestimmt nicht auch noch her!

Olivia: Aber-

Artur: Nichts aber! Ist gut jetzt. Ich mache da nicht mit, ende der Diskussion. Ich wünsche euch alles gute, was den Kurs angeht aber ohne mich.

Olivia: Man Artur! Wir brauchen dich da aber. Ich kann ja verstehen, dass du Zeit für dich willst und all das aber... wenn du nicht in den Kurs kommst wird der auch noch zu einem reinen Mädchenkurs! Und sind wir mal ehrlich, es würde der Schule echt gut tun wenn auch mal ein paar Jungs bock hätten. Aber das geht halt nicht ohne dich! Du weißt doch wie dich alle Jungs bewundern und respektieren...

Artur: Pf, was kann ich den dafür, wenn ihr euch nichts passendes für Jungs überlegen könnt? Ich gehe garantiert nicht in einen Tanzkurs! Und alle anderen Jungs sehen das genauso. Warum sollten wir tanzen? Das ist so ein Mädchending. Ich geb' dir einen Tipp. Du willst, dass sich mehr Jungs für eure Kurse interessieren? Sucht euch Themen aus, die denen auch gefallen könnten und nicht nur so Mädels kram.

Artur dreht ihr wieder seinen Rücken zu und winkt.

Artur: Ich muss jetzt los.

Olivia: Artur! Warte!

Artur bleibt wieder stehen und dreht sich genervt um. Er hat eigentlich gar keine Zeit und keine Lust sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Fragend hebt er eine Augenbraue.

Olivia: Wenn du es schon nicht für mich oder für Ruby tun willst... dann tu's wenigstens für Nele.

Artur's Augen weiten sich und er holt tief Luft. Das war gemein von Olivia, seine einzige Schwäche gegen ihn zu verwenden. Nur Olivia und Ruby wissen wie wichtig Nele für Artur ist und das er Nele keinen Wunsch abschlagen konnte.

Artur: Hat Nele euch gesagt, dass sie mich unbedingt in dem Kurs will? Oder denkst du dir das jetzt aus, damit ich mich einschreibe und nicht wieder raus kann?

Olivia trat Nervös von einem Fuß auf den anderen, sie konnte überhaupt nicht gut Lügen. Artur durchschaut es jedes mal, wenn sie eine Lüge erzählt.

Olivia: Na ja... also so richtig gesagt hat sie es nicht... aber sie würde sich bestimmt freuen!

Artur: Das reicht meinem Verstand nicht und das weißt du. Ruby und du, ihr wisst beide, dass ich erst dann springen würde, wenn sie es mir selbst sagen würde. Also, wenn ihr wollt, dass ich dem Kurs beitrete muss schon Nele persönlich mich darum bitten und du weißt, dass sie mich niemals zu etwas zwingen würde.


Olivia kichert etwas.

Olivia: Wie ein Sklave bist du. Und sie dein Meister.

Artur knurrt leicht und sieht sie wütend an.

Artur: Ist gut jetzt. Muss zum boxen. Ich werd morgen mit Nele reden und ich wette mit dir, ihr werdet mich nicht in diesem Kurs sehen.

Olivia: Wir werden sehen.

Bevor Artur sich umdrehen kann zwinkert Olivia ihm zu und läuft in die entgegengesetzte Richtung davon. Artur zuckt mit den Schultern, Olivia ist wirklich ein selbstbewusstes Mädchen. Sonst hätte sich niemand so wirklich getraut ihm die Stirn zu bieten. Aber Artur ist auch kein Typ, der Mädchen schlägt oder sich ihnen grob widersetzt.

Fitnesstudio & Arbeit

Gedanken versunken macht er sich auf den Weg zu seinem Fitnessstudio. Dort angekommen begrüßt er die Trainer am Tresen und geht auf einen der Sandsäcke zu. Ihm geht immer noch nicht aus dem Kopf, dass Nele es angeblich wollte. Wenn sie wirklich wollte, dass er diesem Tanzkurs beitrat, würde sein Verstand dann wieder auf Sklave umschalten und ihr nachgeben? Plötzlich tippt ihm jemand auf die Schulter, als er gerade dabei ist sich die Handschuhe über zu ziehen. Es ist Colin, Artur's guter Freund.

Colin: Hey man. Wie geht’s dir?

Artur: Hey. Jo, ganz ok und dir?

Colin: Super. Kann endlich wieder trainieren gehen.

Artur: Stimmt, hab dich hier länger nicht gesehen. Alles wieder okay mit deiner Schulter?

Colin: Ja, der Arzt meinte ich könnte endlich wieder herkommen.

Colin lacht etwas und schnappt sich ebenfalls ein paar Handschuhe.

Artur: Wie lange ist's jetzt her seit deinem letzten Training?

Colin: Puh... gute Frage eigentlich. Über zwei Monate, weil ich nach dem Monat im Krankenhaus noch einen Monat so aussetzen sollte.

Artur: Schien ja wirklich krass gewesen zu sein.

Colin: Jo, auf jeden. Meine Eltern haben schon Terror geschoben und wollten mich gar nicht mehr her lassen.

Artur und Colin lachen gleichzeitig. Die beiden wissen nur zu gut, dass Colin ohne Training nicht überleben kann. Es gehörte zu seinem Leben, genauso geht es Artur aber auch. Kennengelernt hatten sich die beiden auch hier in dem Fitnessstudio, bei dem 'Pump'-Kurs.

Colin: Du siehst ziemlich nachdenklich aus. Ist was passiert man?

Artur: Ich hab dir doch mal von dem Mädchen erzählt, was mich so „kontrollieren“ kann, oder?

Colin: Du meinst... hier... Nele?

Artur: Genau.

Colin: Was ist mit der?

Artur: Man... an meiner Schule sorgen unsere Schulsprecher immer mal wieder für neue Kurse und Ruby und Olivia regen sich darüber auf, dass zu wenig Jungs an den Angeboten teilnehmen. Sie werfen mir vor, es würde an mir liegen, weil sie mich alle bewundern und respektieren. Olivia hat mich auf dem weg hier her abgefangen und wollte mich überreden in ihren neuen Tanzkurs zu kommen aber... ich hab so einen vollgestopften Plan, da wollte ich mir wenigstens den Samstag freihalten. Und dann kam sie damit um die Ecke, dass es Nele bestimmt freuen würde, wenn ich den Kurs mitmachen würde... und jetzt weiß ich nicht ob mein Verstand widerstehen kann, wenn sie mir das morgen selbst sagt...

Colin: Ich hab noch nie richtig verstanden wieso du dich ihren Wünschen und Anweisungen unterwirfst aber... mein Gott, dann sag halt trotzdem nein. Sie wird dir schon nicht den Kopf abreißen und ich denke Nele wird eher als Ruby oder Olivia verstehen, warum du nein sagst. Schließlich kannst du nicht die ganze Woche lang 100% geben.

Artur: Du hast ja recht, aber wie schon festgestellt, kann ich ihr einfach keinen Wunsch abschlagen... auch wenn ich noch so sehr will. Irgendwie hat sie mich unter Kontrolle.

Colin: Und wenn du dir einfach vorstellst, sie sei jemand anders?

Artur: Hab ich alles schon probiert. Nichts.

Die beiden schlagen nacheinander auf den Sandsack ein und stille kehrt ein. Artur ist nicht richtig bei der Sache und das merkt Colin. Er tut ihm leid, dass er sich so verausgabt und trotzdem mit solchen Problemen zurecht kommen muss. Colin weiß, wie anständig Artur ist und das der nur sein Leben auf die Reihe kriegen will. Seit Artur sich auch noch um seine viel zu junge Mutter kümmern muss und um das Geld, dreht sich seine ganze Welt auf den Kopf. Nach einer Stunde hört Artur auf und legt die Handschuhe beiseite.

Colin: Du gehst schon?

Artur: Ja, muss weiter. Arbeiten... weißt schon...


Colin: Ach ja... wo arbeitest du jetzt eigentlich überall?

Artur: Ich helfe den Bauarbeitern auf der Baustelle neben an, der Bäckerin im Laden, dem Mann in der Apotheke beim Pakete tragen und hier im Fitnessstudio bei den Kursen.

Colin staunt und fragt sich gleichzeitig wie sein Freund das schafft jede Woche.

Colin: Wann arbeitest du denn wo?

Artur: Also Montags und Dienstags nach der Schule auf der Baustelle, Mittwochs nach dem Training hier im Studio, Donnerstags und Sonntags beim Pakete tragen und Freitags in der Bäckerei...

Colin: Und das schaffst du immer alles? Ich mein, mit Hausaufgaben und lernen und all dem scheiß?

Artur: Na ja... mir bleibt keine Wahl. Irgendwer muss ja das Essen bei uns zuhause bezahlen und die Medikamente für meine Mutter.

Colin: Was ist mit deinem Vater?

Artur: Vergiss das Arsch. Der hat meine Mutter gefickt und ist danach abgehauen, als er erfahren hat, das sie schwanger ist. Den Penner würd' ich nicht mal mit dem Arsch ansehen, geschweige denn sein Geld verlangen.

Colin: Aber er muss Geld zahlen.

Artur: Ich will sein dreckiges Geld nicht. Ende aus.

Colin: Okay... aber übernimm dich nicht man.

Artur: Jo. Bis dann.

Colin nickt und sieht Artur hinter her, als er hastig das Studio verlässt. Nun konnte sich Colin besser vorstellen woher Artur so athletisch und muskulös war. Einmal hatte Colin die Pakete für den schwächlichen Apotheker herein getragen. Gefühlt hatte jede einzelne eine Tonne gewogen.

Zuhause & Schlaftabletten

Artur beeilte sich um schnell bei der Apotheke zu sein. Nachdem er für den älteren Herren die Pakete herein getragen hat, kauft Artur noch die Medikamente für seine Mutter und läuft dann nach Haus. Er schließt die Haustür auf und sieht sich nach seiner Mutter um.

Artur: Ma? Ma wo bist du?

Als er keine Antwort bekommt läuft er die Treppen hoch und klopft an der Tür des Schlafzimmers seiner Mutter. Doch er bekommt keine Antwort.

Artur: Ma? Bist du da drin? Ich komme rein, ja?

Besorgt öffnet er die Tür und sieht seine Mutter auf dem Bett liegen. Schnell hastet er zu ihr und kniet sich auf den Boden vor ihr. Sein Herz schlägt schneller als er die geöffnete Schlaftabletten Dose auf ihrem Nachttisch sieht. Als er einen Blick hinein wirft stockt sein Atem. Sie ist leer.

Artur: MAA?!

Vor Angst schreit er und fühlt mit zwei Fingern den Puls seiner Mutter. Er ist nur noch ganz leicht. Mit Tränen in den Augen rennt Artur die Treppen herunter und schnappt sich das Telefon. Mit zitternden Händen wählt er die Nummer des Notrufes und nach einigen Minuten sind Sanitäter bei ihm. Zusammen mit dem Notarzt und einem Krankenpfleger werden er und seine Mutter ins Krankenhaus gefahren. Sofort bringt man sie in die Notaufnahme und Artur wird gesagt, er solle im Wartesaal warten. Eine nett wirkende Krankenschwester bringt ihm Tee und setzt sich zu ihm. Sie erzählt irgendwas, aber Artur kann ihr nicht zuhören. Mit starrem Blick starrt er auf die Fliesen vor sich. Wieso wollte seine Mutter sich umbringen?

Krankenhaus & Colin

Mit immer noch zitternden Händen fasst er nach seinem Handy und schreibt eine Nachricht an Colin. Er ist seine erste Wahl, wenn es um schlimme Nachrichten geht und Colin weiß immer, wie er Artur aufheitern kann. Colin schreibt Artur, dass er sobald wie möglich im Krankenhaus ist und nach zehn Minuten ist er schon da. Mit besorgtem Gesicht setzt Colin sich neben Artur und die Krankenschwester steht auf.

Colin: Danke, dass sie sich um ihn kümmern wollten... aber hier ist wohl tiefgründigeres gefragt.

Krankenschwester: Schon in Ordnung, wenn ihr etwas braucht, sagt bescheid.

Colin: Ja werden wir, danke.

Stille kehrt ein und Artur starrt noch immer auf die Fliesen.

Colin: Artur... es wird alles gut werden. Du brauchst dir keine Sorgen machen, jetzt ist sie in Sicherheit.

Artur: Colin. Meine Mutter wollte sterben.

Colin: Ich weiß Artur... aber sie wird es nicht.

Artur: Darum geht es nicht!

Colin schaut Artur verwundert an.

Colin: Worum dann?

Artur: Sie wollte sterben. Wieso? Wieso wollte sie sterben? War ich nicht gut zu ihr? Habe ich sie nicht richtig behandelt? Hat es ihr an etwas gefehlt, außer an ihrer Krankheit? Aber sie sagte doch immer, es ginge ihr gut und sie hätte keine Schmerzen. Was wenn sie doch welche hatte? Ich hätte es merken müssen... was immer ihr den Anlass gab sich umbringen zu wollen... ich hätte es merken müssen! Ich hätte etwas ändern müssen... vielleicht hat das Geld nicht gereicht? Vielleicht hatte sie einen Materiellen Wunsch, den ich ihr nicht erfüllen konnte?

Colin: Artur, du laberst Schwachsinn. Wie hättest du denn noch mehr Geld verdienen wollen? Du hast so schon kaum Zeit! Du hast alles in deiner Macht stehende für deine Mutter getan. Immer warst du ein guter Sohn für sie und sie weiß, dass du alles für sie getan hast.

Artur: Weswegen wollte sie dann gehen? Wenn doch alles gut war... wieso?

Colin: Das weiß ich leider auch nicht, aber bald kannst du sie das selbst fragen.

Artur schluckt und lässt sein Gesicht in seine Hände fallen. Noch nie hat Colin seinen Freund so gesehen. Er hat Artur immer für unzerstörbar gehalten. Wenn es jemanden in Colin's Leben gab, von dem er behauptet hätte, dass er niemals weinen würde, dann wäre es Artur gewesen. Doch jetzt, wo Colin Artur wirklich weinen sieht, zerbricht diese Ansicht.

Colin: Soll ich dich in den Arm nehmen man?

Artur schreit. Nicht ein bisschen und nicht kurz und leicht. Artur schreit laut, lässt die Hände in seinen Schoß fallen, sieht hinauf an die Decke und schreit. Mit Tränen im Gesicht. Colin ist nicht erschrocken über diesen Ausbruch. Als Artur's Stimme schon sehr kratzig klingt, hört dieser auf zu schreien und sieht Colin an. Dieser nickt und schnappt sich sein Handy. Während Artur auf der Toilette verschwindet um sich sein Gesicht zu waschen ruft Colin bei Nele an. Irgendwoher weiß Colin, dass Artur sie jetzt gerne bei sich hätte.

Nele

Total entsetzt kommt Nele nach einigen Minuten im Krankenhaus an und läuft auf Colin zu.

Nele: Wo ist er?

Colin deutet auf den Tresen, wo Artur mit einer der Krankenschwestern redet.

Colin: Er erkundigt sich gerade.

Nele stürmt auf Artur zu und wirft ihm ihre Arme um den Hals. Mit voller Kraft drückt sie sich an ihn und ihn an sich. Artur ist überrascht über die plötzliche Umarmung und auch über ihr plötzliches Erscheinen. Als er so in ihren Armen liegt spürt er wieder Tränen in sich aufsteigen. Doch diesmal unterdrückt er sie, er will nicht vor Nele weinen.

Nele: Gott, großer! Wieso hast du mich nicht angerufen? Ich wäre sofort hergekommen.

Artur: Das ist lieb von dir Nele... generell, dass du jetzt hergekommen bist... du hättest nicht extra aufhören müssen zu lernen.

Nele: Das ist ja wohl selbstverständlich!

Sie drückt ihn noch etwas an sich und zieht ihn dann an der Hand zu den Stühlen zurück.

Artur: Danke Colin, dass du sie angerufen hast...

Colin: Ich wusste eben, dass du sie jetzt gerne bei dir hättest.

Nele: Mein Gott!

Wieder nimmt Nele Artur in den Arm und wuschelt ihm etwas durch die Haare.

Nele: Hast du sehr geweint?

Artur schaut sie entsetzt an

Artur: Woher? -

Dann beruhigt er sich ein bisschen und schaut Nele in die Augen.

Artur: Ja, habe ich.

Nele: Ohhh! Scheiße...

Diese Antwort hatte Nele nicht erwartet. Sie ist von Artur gewöhnt, das er hart ist und fast keine Gefühle zeigt. Es sei denn, es geht um seine Mutter oder um sie. Stirnrunzelnd drückt Nele ihn erneut an sich und schaut ihn dann wieder an.

Nele: Weißt du schon genaueres?

Artur nickt.

Artur: Meine Mutter ist nicht mehr im kritischen Zustand, aber auch noch nicht komplett aus der Gefahr raus.

Nele: Na ja, das sind ja schon mal ganz akzeptable Nachrichten... hoffen wir einfach, dass es weiterhin so bergauf geht.

Colin: Willst du die ganze Nacht hier bleiben?

Artur: Ja... ich denke schon.

Colin: Gut, dann bleiben wir wohl auch, oder Nele?

Nele: Natürlich. Ich lasse dich doch nicht allein, Artur.

Artur: Das ist lieb von euch beiden, aber ihr könnt ruhig gehen. Ich komme jetzt auch allein zurecht.

Colin: Sicher man? Ich bleibe gern.

Artur: Ja sicher.

Nele: Also ich bleibe trotzdem.

Colin: Gut, dann passt wenigstens einer auf ihn auf. Ich gehe, wenn etwas ist, ruft mich an.

Artur: Jo, machen wir. Bis dann. Und danke nochmal.

Colin: Kein Ding. Tschau.

Nele: Tschüss.

Colin verschwindet durch die Eingangstür und lässt Nele mit Artur allein.

Endlich allein

Artur und Nele lächeln sich an und Stille tritt ein. Nele weiß nicht genau, was Artur gerade denkt oder wie es ihm geht, doch sie hofft einach, dass es ihm wirklich etwas besser geht. Sie sorgt sich sehr um ihren guten Freund, schließlich kennen sich die beiden fast in und auswendig. Tiefe Angst hat Nele erfasst, sie hat Angst, dass ihn dieses Spektakel runterzieht. Nicht umsonst hatte sein Arzt ihn einmal gewarnt, dass er sehr anfällig wäre. Sie erinnert sich noch genau, wie es gewesen war, als ein Mädchen ihn abgewiesen hatte. Das Mädchen hatte er sehr lieb gehabt und sie zeigte ihm immer wieder die kalte Schulter. Schon damals war er kurz davor gewesen kritisch abzustürzen. Nele will sich nicht ausmalen wie es jetzt werden könnte. Was wenn sein Verstand aussetzen wird? Oder er mal wieder einen Zusammenbruch erleidet? Als sie und er noch kleiner gewesen waren, war es immer einfach gewesen ihn wieder aufzubauen. Aber mittlerweile ist er schon älter und man könnte bestimmt nicht mehr so leicht auf ihn einreden.

Nele: Ich gehe eben auf die Toilette, ok? Gleich wieder da. 

Artur: Ja, ist okay. 

Nele steht auf und bewegt sich den Flur hinunter. Kurz bleibt sie noch einmal stehen und dreht sich zu Artur um. Mit sorgendem Blick und tiefer Zuneigung in den Augen blickt sie ihn an.

Nele: Stell keinen scheiß an, hörst du?

Artur: Okay...

Er klingt verunsichert und auch sein Blick ist trüb. Ängstlich beißt Nele sich auf die Unterlippe, er macht schon die ersten Anzeichen für einen Ausbruch. Während Nele zur Toilette verschwindet prasseln auf Artur millionen Gedanken ein. Er kann sich kaum noch halten. Alles verschwimmt vor seinen Augen und er spürt ein ziehen im Kopf. Stolpernd steht er auf und tappt auf unsicheren, zitternden Beinen auf den Tresen zu. Die Krankenschwester sieht von ihrer Zeitung auf und schaut ihn fragend an. Doch statt etwas zu fragen beugt er sich über den Tisch und zieht sie an dem Kragen ihres Kittels nah zu sich heran. Angst blitzt in ihren Augen auf, als sie seinen leeren, gefühllosen Blick sieht, der sich in den ihren bohrt. 

Krankenschwester: Kann ich etwas für dich tun?

Sie zittert, das merkt er. Ihre Angst fasziniert ihn. Es ist etwas kitzelndes zu wissen, dass jemand vor dir Angst hat. Es erscheint Artur wie eine höhere Form von Respekt. Wenn man vor jemandem Angst hat, gesteht man sich selbst, dass man kleiner und schwächer als der andere ist. Artur hat es lieber, wenn man vor ihm Angst hat als nur bloßen Respekt. Ein leichtes unscheinbares Grinsen huscht über sein gefühlskaltes Gesicht.

Artur: Ich brauch Schmerztabletten. Ich habe Kopfschmerzen.

Seine Stimme klingt rau und leicht schwammig in seinem Kopf. Vor ihm dreht sich alles und das ziehen in seinem Kopf war zu einem schmerzhaften Pochen angeschwollen. 

Artur: Sofort!

Diesmal knurrt er sein Verlangen und schaut der Krankenschwester mit einem wütend funkelnden Blick in die Augen. Sie nickt und er lässt sie los. Mit zitternden Händen gibt sie ihm ein Döschen mit den kleinen Pillen. Nickend dreht Artur sich um und setzt sich wieder an seinen Platz. Knurrend öffnet er gewaltsam die Dose und schüttet sich einige der kleinen Tabletten in die Hand. Ohne einen einzigen Schluck Wasser kippt er sich die Tabletten in den Mund und schluckt sie herunter. Rasselnd schließt er die Dose wieder und lässt sie in seiner Jackentasche verschwinden. Sein Kopf pocht stark und sein Blick ist verschwommen, fast zittrig. Er kann keinen klaren Gedanken mehr fassen und doch weiß er, dass er sich irgendwie beruhigen muss. Diese Symptome kennt er an sich. Sobald sie auftreten ist ein Ausbruch reiner Aggressivität im Anflug. Da er aber nicht weiß, wie er dieses mal diesen Ausbruch aufhalten soll versucht er ihn wenigstens vor sich her zu schieben, bis Nele aus der Gefahrenzone raus ist. Er will sie nicht verletzen. Nach einigen Sekunden hört er das tappen von sich nähernden Schritten und weiß, das Nele den Flur herunter auf ihn zu läuft. Als er ihre Hand auf seiner Schulter fühlt, dreht er sich zu ihr um und schaut ihr in die Augen. Sie bemerkt seinen auffälligen Blick sofort.

Nele: Artur... dir gehts nicht gut...

Artur weiß, dass das eine Feststellung war.

Artur: Nein... nein... es geht mir absolut scheiße.

Er lässt seinen Blick sinken und fasst sich mit seiner linken Hand an den Kopf. 

Artur: Ich drehe durch! Ich kriege keinen Gedanken mehr zustande... Nele...


Nele ist entsetzt und starrt Artur in die Augen. Seine Augen sind kalt und leer, ebenso wie sein Blick. Durch ein Kopfschütteln versucht sie ihre Gedanken zu ordnen und hebt seinen Kopf an. 

Nele: Ich werd deinem Arzt bescheid geben. Oder vielleicht können wir auch hier diese Beruhigungstabletten herbekommen? Schließlich sind wir hier in einem Krankenhaus. Bleib einfach ganz ruhig, während ich das kläre okay? Beweg dich nicht und konzentrier dich auf was... schönes.

Artur: Ich kann nicht...

Nele: Versuch es! Ich bin gleich wieder da. 

Stürmisch rennt Nele an den Tresen, wo die Krankenschwester immer noch leicht verängstigt an ihrem Platz sitzt. Mit hastigen Worten und leichtem stottern in der Stimme versucht Nele der Schwester zu erklären um was für ein Problem es sich handelt. Wie sich herausstellt besitzen sie in diesem Krankenhaus zwar Beruhigungsmittel, dürfen aber ohne ein Arthest oder eine Anweisung vom Arzt keine verabreichen. Für kurze Zeit verlässt Nele jeglicher Mut. Sie weiß nicht, was sie machen soll. 

Wut

Artur: Nele. Geh nach Hause. Es ist schon spät.

Nele hat alles versucht, was in ihrer Macht steht. Doch die Krankenschwester verweigert weiterhin ihr einige Beruhigungsmittel zu überreichen. Mit knirschenden Zähnen setzt Nele sich wieder neben Artur und schaut diesen an. 

Nele: Pf, als ob ich jetzt einfach nach hause gehe und dich in diesem Zustand hier allein lasse. Hinterher reißt du der Schnepfe von Krankenschwester noch den Kopf ab.

Artur: Das könnte zwar passieren, aber solange es nicht dein Kopf ist, gehe ich gerne das Risiko ein.

Artur grinst verschmitzt und schaut Nele frech in die Augen. Er hat seine Gründe, warum er will, dass sie jetzt schon geht. Auch wenn er gerne noch mehr Zeit mit ihr verbracht hätte. Gähnend knackt Artur seine Knöchel und schaut mit einem Seitenblick zu der Krankenschwester hinüber. Diese widmet sich wieder ihrer Zeitschrift. 

Nele: Man... Artur, sag so was nicht. Das macht mir Angst...

Artur: Soll es doch auch? Nele, ich bitte dich, geh nach Hause. Ich schaffe das hier schon.

Nele sieht Artur skeptisch an. So richtig mag sie ihm nicht glauben. Was wenn er sie hinter her doch noch braucht und sie dann aber schon im Bett liegt? Überlegerisch beißt sie sich auf die Unterlippe und schaut auf einen der vielen, kleinen, schwarzen Punkten in Arturs Augen.

Nele: Mhh... ich weiß nicht so richtig...

Artur lächelt sie aufmunternd an und drückt ihr einen kurzen Kuss auf die Wange.

Artur: Geh jetzt.

Nele fasst sich verwirrt an ihre Wange. Sie kann nicht fassen, dass er sie gerade wirklich geküsst hat. 

Nele: O-Okay...

Sie stottert noch irgendwas, greift nach ihrer Jacke und stolpert verwirrt und mit einem Gefühlschaos im Bauch durch die Tür heraus. Artur grinst nur und wartet bis Nele nicht mehr zu sehen ist. Mit einem wütenden Lächeln steht Artur auf, fasst in seine Tasche und holt sein Butterfly (ein Messer) heraus. Mit langsamen Schritten und einem kühlen Gesichtsausdruck bewegt er sich wieder auf den Tresen zu und hält das Messer versteckt. 

Artur: Nah? Ist die Zeitung interessant?

Die Krankenschwester sieht ihn mit einem ängstlichen Blick an. Sie hat Angst, er würde sie noch einmal so anfallen wie eben. 

Krankenschwester: Ja, sehr. Gibt es etwas?

Artur: Jup. Ich wollte dich auf dein Verhalten gegenüber meiner Freundin vorhin ansprechen.

Er hatte von seiner Sitzposition gut mitbekommen können, wie die Schwester Nele ziemlich angepampt hatte. Natürlich konnte jeder mal einen schlechten Tag haben und bestimmt hatte auch nicht jeder Lust auf ein langes Gespräch mit einem hübschen Mädchen über Beruhigungsmittel. Aber trotzdem tolerierte Artur es nicht, wie sie mit Nele umgegangen war.

Krankenschwester: W-was war denn?

Artur: Es gefällt mir nicht, wie du mit ihr geredet hast.

Mit wütenden Augen schaut Artur die Frau an. Er kann nicht in Worte fassen wie sehr er diese Frau verabscheut. Wie sie mit ihrem Selbstgefälligen Blick Nele angestarrt hatte und ihr immer wieder pampig geantwortet hatte. Die Frau sieht seinen wütenden Blick und legt ihre Zeitung beiseite. 

Krankenschwester: So schlimm?

Artur schaut auf ihre Hände herunter. Sie zittern. Es gefällt ihm wie viel Angst sie vor ihm hat. 

Artur: Ja. Sogar so schlimm, dass ich eine kleine Entschädigung will.

Die Frau sieht ihn mit vergrößerter Angst an.

Krankenschwester: Was willst du denn?

Ihre Augen weiten sich etwas. Er kann sich vorstellen was sie denkt, was er will. Aber er will keinen Sex von dieser ekeligen Gestallt. Langsam hebt er seinen Arm auf den Tresen und legt die Klinge des Messers auf der Oberfläche ab. Den Griff behält er in der Hand. Die Augen der Frau weiten sich noch weiter. Er hört, wie ihr Herz rast vor Angst.

Artur: Sagen wir, ich will Beruhigungsmittel. 

Krankenschwester: Aber... die darf ich nicht so einfach-

Artur: Das ist mir SCHEIß egal.

Seine Wut kocht fast über. Immer fester packt er den Griff des Butterfly's. Die Frau zuckt unter seinem harschen Ton zusammen und steht auf.

Krankenschwester: Ist okay... ich, ich hole es ja schon... was willst du denn? Tabletten oder eine Spritze?

Artur überlegt kurz.

Artur: Von beidem ein paar. 

Die Frau stutzt, doch stellt nichts weiter in Frage. 

Fatale Fehler

Artur: Wird's bald?!

Artur wird von Sekunde zu Sekunde wütender. Die Frau streckt sich zu dem obersten Regal und kramt. Es geht ihm nicht schnell genug. Knurrend geht er um den Tresen herum und schubst die Frau grob zur Seite. Mit einem leichten poltern fällt sie zu Boden und schaut ängstlich zu Artur hoch.

Krankenschwester: Was machst du?

Artur schaut mit einem verächtlichen Blick zu ihr herunter und knurrt erneut.

Artur: Du kriegst wirklich nichts geschissen, huh? Lass mich suchen.

Auf anhieb findet er, was er sucht und hält der Frau die Tabletten vors Gesicht.

Artur: SO SCHWER?!

Die Frau zuckt unter seinem hasserfüllten Unterton zusammen und schüttelt den Kopf.

Krankenschwester: N-nein...

Artur: Wieso hat es dann bei dir so lange gedauert?!

Die Frau senkt ihren Blick und zuckt mit den Schultern. Als sie so schwächlich vor ihm auf dem Boden sitzt bemerkt er erst richtig, wie viel Angst sie vor ihm hat und wie sehr sie zittert. Komischerweise fühlt er kein Fünkchen Mitleid. 

Artur: Steh auf.

Die Frau sieht ihn verwirrt an, tut aber was er verlangt. Als sie steht lässt er sein Messer zurück in die Hosentasche gleiten und nimmt sich eine der Spritzen. 

Artur: Das wird jetzt ein bisschen pieksen.

Die Frau reißt ihre Augen auf. Als sie gerade ausholt um zu schreien, schubst Artur sie gegen den Tresen und statt einem Schrei kommt nur ein leises Stöhnen aus ihrem Mund. Gewaltsam fesselt er sie an dem Stuhl fest und zieht dabei ihre beiden Arme hinter ihren Rücken. 

Artur: Wehr dich nicht, dann tut es auch nicht weh.

Krankenschwester: Bitte... ich gebe dir alles! Nur bitte bitte, lass das!

Tränen bilden sich in den Augen der Frau und sie schluchtzt stark. Panik ließt er in ihren Augen und das füttert seinen psychotischen Teil im Hirn. 

Artur: Keine Sorge. Dir wird nichts passieren. Du wirst nur ruhig und müde.

Das Gesicht von ihr ist Tränen verschmiert und ihre Stirn ist mit Angstschweiß benetzt. Vorsichtig und langsam bewegt er die Spritze auf ihre Halsschlagader zu und schaut ihr dabei mit einem hasserfüllten und leicht psychohaften Blick in die Augen. Sie schreit etwas, doch er kann ihr rechtzeitig den Mund zuhalten. Mit der anderen Hand bewegt er die Spritze immer näher auf ihre Haut zu, bis die Nadel das Fleisch trifft. Langsam bohrt er die Spitze immer tiefer in ihre Halsschlagader und drückt langsam die durchsichtige Flüßigkeit hinein. 

Artur: So und jetzt beruhig dich einfach. Zappel nicht so viel sonst muss ich dir deine schöne Haut vom Körper schälen.

Er spricht die Warnung ruhig und sanft aus, als wenn es etwas simples und total normales wäre. Die Frau sieht ihn mit panischem Blick an, als er langsam von ihr zurück weicht und sein Butterfly wieder hervor holt. Grinsend spielt er mit der Klinge und schaut zu ihrem Hals. Die Spritze steckt noch immer in der Halsschlagader und sie zittert schlimmer als vorher. 

Krankenschwester: W-was hast du noch mit mir vor?

Artur kann nicht fassen, dass sie noch immer denkt, er würde Sex von ihr wollen. Er antwortet nicht, schaut sie nur ruhig grinsend an und tappt mit einem Fuß einen einfachen Rhythmus auf den Boden. 

Krankenschwester: Sagt es mir! Sagt mir wenigstens das, bevor ich... bewusstlos werde...

Sie bringt nur noch schwer die einzelnen Worte hervor, denn das Beruhigungsmittel wirkt schnell. 

Artur: Sagen wir so, ich bin an keiner körperlichen Sache interessiert. Vergewaltigen würde ich so etwas hässliches und egoistisches wie dich niemals. Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.

Sein Grinsen wird breiter als er ihren schockierten Blick sieht. Mit der Antwort hatte sie sichtlich nicht gerechnet. Sie schluckt und schaut zu Boden. Wieder rollen einige Tränen über ihre Wangen. Doch noch immer hat Artur kein Mitleid mit ihr. 

Artur: Vielleicht nehme ich mir eine kleine Blutspende von dir. Oder schneide deinen Körper fein-säuberlich in kleine Teile. Wer weiß.

Sie kann nichts mehr darauf erwidern, geschweige denn darauf reagieren, denn sofort nachdem er den Satz ausgesprochen hat, klappt sie auf dem Stuhl zusammen. Immer noch grinsend geht Artur nah an den schlafenden Körper heran und hebt das Gesicht der Frau etwas an. Vorsichtig hält er das Butterfly neben ihre rechte Wange und überlegt kurz. 

Schlitzer ohne Reue

Ohne weiter zu zögern drückt er die Klinge etwas in die Haut ihrer Wange. Das Blut quält hervor und läuft aus der Wunde herunter, über ihren Hals. Fasziniert von der roten Flüßigkeit schneidet er etwas mehr in die Haut und zieht das Messer aus der Wunde heraus. Vorsichtig wischt er mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand über die Verletzung und schaut unbegreifend auf das Blut hinab. 

Artur: Sieh nur, wie schön du von innen bist. Obwohl dein Äußeres so abstoßend ist. 

Das Blut glänzt im Licht der Röhrenbeleuchtung und Artur lässt das Butterfly wieder in seiner Hosentasche verschwinden, ohne den Blick von seinem beschmierten Finger zu nehmen. Eigentlich hat er noch nicht genug angerichtet für seinen Geschmack. Am liebsten würde er die Frau komplett aufschlitzen, aber das würde schlechte Folgen haben. Er bewegt sich jetzt schon auf dünnem Eis. Konzentriert entfesselt er ihre Arme und legt sie auf den Boden. Sorgfältig lässt er alles so aussehen, als hätte sie sich von selbst die Spritze gegeben und gibt ihr vorsichtshalber noch eine zweite Dosis, damit sie sich an nichts mehr von diesem Abend erinnern kann. Die zweite Spritze packt er in seine andere Hosentasche. Vorsichtshalber schlägt er den Glasschrank ein, der neben ihr auf dem Boden steht, damit es so aussieht als wäre sie mit dem Kopf dagegen gefallen und hätte sich von dort die Wange aufgeschlitzt. Grinsend verpasst er ihr noch eine glaubwürdige Platzwunde am Kopf und läuft dann in Richtung Ausgang. Die Ärzte hatten ihm gesagt, er könnte gehen wann immer er wollte. Jetzt will er gehen und zieht schnell sein Handy aus der Jackentasche. Hastig tippt er eine Nachricht für Colin ein und schickt sie ab. 

Artur's SMS: Colin, ich gehe jetzt nach Hause. Die Ärzte werden mich anrufen sobald sie etwas neues wissen. Hoffentlich geht alles gut und meine Ma schafft es. Wenn nicht weiß ich nicht, was ich noch alles anstellen werde...

Er schreibt extra versteckt, dass er etwas angestellt hat. Mit den Händen tief in den Hosentaschen, nah an der Waffe und der leeren Spritze, geht er nach Hause. Dort angekommen schmeißt er die leere Spritze, zusammen mit den fünf vollen und den Beruhigungspillen, in seine Nachttischschublade. Mit dem Butterfly geht er auf seinen Schreibtisch zu und schnappt sich eine der vielen kleinen Reagensgläser. Konzentriert und sorgfältig füllt er das Blut, was noch an der Klinge klebt, in das Reagensglas und stellt es in den Behälter. Das Butterfly wäscht er schnell im Bad sauber und steckt es danach wieder ein. Gähnend wirft er sich auf das Sofa im Wohnzimmer und schaltet den Fernseher ein. Kurz nachdem die Kiste läuft, werden seine Augen schwer und er schläft ein. Mitten in der Nacht wacht er wieder auf und schaltet den Fernseher aus. Müde schleppt er sich in sein Zimmer, schmeißt sich in sein Bett und starrt zu seinem Schreibtisch herüber. Das Reagensglas wird vom Mond beschienen und das Blut glänzt. Während Artur so über seine Tat nachdenkt, muss er feststellen, dass es ihm nicht einmal leid tut. In seinen Augen hatte er zwar nicht das richtige aber, für ihn, auch nicht das falsche getan. Plötzlich ist er wieder hell wach. Langsam setzt er sich auf und lehnt sich mit dem Rücken an die kalte Wand. Sein Blick gleitet von dem Blut durch sein Zimmer hinauf zum Sternenhimmel. Mit einem Mal kommt ihm nichts mehr so wirklich schlimm vor. Es ist ihm plötzlich egal, was mit seiner Mutter passiert und ob man ihn als Täter entlarft. Das einzige was ihn eventuell noch verletzen oder treffen würde, wäre, wenn Nele etwas passieren würde. Er merkt nicht, wie ihm die Augen wieder zufallen und er langsam ins Traumland zurückkehrt. In eine Welt, wo er so sein kann, wie er gerne wäre. Ein Psychopath, mit einer vorliebe für Blut und Schlitzereien. 

Gehirnerschütterung

Am nächsten Morgen wird Artur durch das Klingeln des Telefons geweckt. Müde reibt er sich die Augen, erhebt sich von seinem warmen Bett und schnappt sich das Telefon. Nach einem Blick auf das Display stellt er fest, dass es Colin ist, der anruft. Gähnend geht er ran.

Artur: Was gibts Colin?

Colin: Woher weißt du... ach ist ja auch egal. Wie gehts dir?

Artur: Beschissen, wie denn sonst?

Er lacht leicht und schaut während des Gesprächs zu seinem Schreibtisch herüber. Colin sagt irgendwas, aber Artur hört nicht hin. Sein jetzt wieder "normaler" Verstand erinnert sich plötzlich mit einer Welle von Bildern an das geschehen der letzten Nacht. Ohne Stimme bringt er ein "scheiße" über die Lippen und ihm gleitet fast das Telefon aus der Hand. Er zittert und seine Haut wird kreidebleich. Vor seinem inneren Auge sieht er die Krankenschwester, mit der Platzwunde am Kopf und dem tiefen Schnitt an der Wange. Artur versucht sich wieder zu beruhigen und setzt sich auf sein Bett. Die übliche Morgenlatte ist bei der Welle von Gedanken schon verschwunden und er versucht sich auf das Gerede von Colin zu konzentrieren.

Colin: Und deshalb wollen Ruby und Olivia zusammen mit dir und Nele schwimmen gehen und das alles nochmal ansprechen.

Artur: Aha...

Colin: Hast du mir überhaupt zugehört, man?

Artur: Ja, ja hab ich... Ruby und Olivia wollen mit mir und Nele schwimmen gehen. 

Colin: Genau. Also, was soll ich Olivia sagen? Wirst dus machen oder brauchst du noch ne Auszeit?

Artur: Ich... brauch eine... Auszeit-

Kaum hat Artur das letzte Wort ausgesprochen gleitet ihm das Telefon aus der Hand und landet krachend auf dem Boden. Die zwei Batterien fliegen durch die Gegend und Artur's Körper klappt nach vorn, rutscht vom Bett und fällt ebenfalls zu Boden. Sein Kopf landet an der spitzen Kante seines Nachttisches und klatscht dann auf das Parkett. Für zwei ganze Stunden ist er bewusstlos. Als er endlich aufwacht findet er sich in einem Krankenhaus Zimmer wieder. Bei dem Anblick der vertrauten weißen Wände, der Röhrenbeleuchtung und den Medikamenten wird ihm augenblicklich schlecht und er greift nach dem Eimer, der neben seinem Bett steht. Ausgiebig befördert er einiges an Galle in den Eimer und stellt ihn danach wieder auf dem Boden ab. Ihm ist immer noch schlecht, aber es geht schon wieder etwas besser. Sein Kopf schmerzt und als er nach seiner Jacke greift, die über dem Stuhl liegt, fällt ihm ein, was er gestern alles hatte mitgehen lassen. Hoffend greift er in die Jackentasche und befördert die Dose mit Schmerztabletten ans Tageslicht. Schnell wirft er sich vier der Pillen ein und schaut sich dann in dem Zimmer um. Als er versucht sich aufzusetzen pocht der Schmerz in seinem Kopf höllisch auf und er bleibt gelähmt liegen. Plötzlich klopft es an der Tür und ein Arzt kommt herein.

Arzt: So lieber Herr Klemens. Da haben sie sich aber eine schöne Gehirnerschütterung eingefangen.

Artur: Jap...

Arzt: Aber ich kann sie wenigstens in einem Punkt beruhigen, ihrer Mutter geht es wieder besser. Sie ist sogar wach, falls sie später mit ihr reden möchten.

Artur: Okay. 

Arzt: Wie geht es ihnen?

Artur: Sie können ruhig Du sagen und mir geht es scheiße.

Arzt: Was für beschwerden fallen dir denn auf?

Artur: Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwindel.

Vor seinen Augen dreht sich alles und Artur schließt lieber die Augen. 

Arzt: Mhhm.

Er notiert sich alles auf einem Zettel und setzt sich dann neben Artur auf den Stuhl.

Arzt: Jetzt zur wichtigsten Frage. Es war kein Selbstmord versuch, will ich hoffen?

Artur: ...

Vermutungen & Gedankengänge

Artur: Sind sie bescheuert? Tut mir leid für den Ausdruck aber... ernsthaft. Nur weil meine Mutter diesen Versuch gestartet hat, bin ich noch lange nicht Suizidgefährdet. Mir gehts bestens. Ich bin nur zusammen geklappt und mit dem Kopf gegen den Nachttisch geschlagen.

Arzt: Na ja, aufgrund deines gestrigen Verhaltens hier im Krankenhaus und der Frage deiner Freundin nach Beruhigungsmitteln... dürfen wir diese Ansicht nicht außenvor lassen. 

Artur: Sie haben nicht unrecht. Aber das meine Freundin nach Beruhigungsmitteln gefragt hat kam nicht von Suizidproblemen. Mein Therapeut verschreibt mir die eigentlich für meine Aggressionsanfälle. 

Arzt: Du hast Aggressionsprobleme? 

Sofort wird diese neue Erkenntnis in die Akte von Artur eingetragen und der Arzt beäugt den Jungen mit strengem Blick. Artur fühlt sich unwohl. Wieso befragt der Mann ihn so? Vielleicht weiß er ja von dem Vorfall gestern. Das würde auch seine Aussage erklären über sein gestriges Verhalten. 

Artur: Ja habe ich. Aber ich denke nicht, dass das für sie von Interesse ist, oder?

Der Arzt schüttelt den Kopf und schaut Artur weiterhin misstrauisch an. 

Arzt: Trotzdem ist es interessant das zu erfahren. Nun gut, ich will dann mal nicht weiter nachbohren. Ich komme später wieder. Wenn etwas ist, die Klingel zum Schwesternzimmer befindet sich direkt neben deinem Bett. 

Langsam erhebt sich der Arzt von dem Stuhl und auf ein Nicken von Artur verlässt er den Raum. Augenblicklich löst sich die Anspannung in Artur und er kann tief durchatmen. In ihm vergrößert sich die Sorge, dass der Arzt womöglich von der Aktion gestern weiß.
Der Schmerz in seinem Kopf lässt langsam nach und er greift nach dem Glas Wasser auf dem Tisch neben ihm. Mit zwei großen Zügen ist das Glas leer und er hat immer noch Durst. Langsam beugt er sich vor und drückt den Knopf um eine der Krankenschwestern zu rufen. Während er wartet überlegt er, wie die Leute wohl reagiert hatten, als sie die vermackelte Frau auf dem Boden gefunden hatten. Ob die Polizei wohl eingeschaltet wurde? Oder hatte man direkt vermutet, dass die Frau gestolpert war? Als es plötzlich an der Tür klopft schreckt Artur etwas zusammen.

Artur: Herein.

Die Tür öffnet sich und eine blondhaarige junge Frau kommt herein. 

Krankenschwester: Was gibt es?

Mit leichtfüßigen Bewegungen kommt die junge Frau auf ihn zu und beugt sich etwas zu ihm herunter. Sie ist hübsch und ihre Augen leuchten Grün. Artur grinst und die Frau lächelt zurück. Er schätzt sie auf anfang zwanzig. 

Artur: Kann ich noch etwas Wasser haben?

Krankenschwester: Natürlich!

Mit einem warmen Lächeln schnappt sich die Frau das Glas und läuft hinaus. Nach zwei Minuten ist sie wieder da und reicht ihm das Glas. Dankbar nimmt er es an und trinkt es diesmal nur zur Hälfte aus. Weiter herzlich Lächelnd schaut die junge Frau ihn an und stellt sich an das Bettende. 

Krankenschwester: Kann ich sonst noch etwas für dich tun? Wie sieht es mit den Schmerzen aus?

Artur: Hab schon was gegen die Kopfschmerzen genommen, danke. 

Krankenschwester: Okay. Wenn noch was ist, einfach klingeln. Dann komm ich wieder.

Artur nickt und die Krankenschwester verschwindet wieder. Krampfhaft versucht er sich daran zu erinnern weshalb er der Schwester gestern so etwas brutales angetan hatte. Ihm will es nicht mehr einfallen. Er weiß nur noch, dass er sehr wütend gewesen war. Außerdem fragt er sich, ob die Frau auch in diesem Krankenhaus lag und ob sie ebenfalls eine Gehirnerschütterung erlitten hatte. Mit viel Kraft kann er die Erinnerung hervor graben, dass er sie sehr stark gegen die Schrankkante getreten hatte. Wieso er das getan hatte war einfach, damit sie sich nicht mehr daran erinnern kann, was wirklich passiert war. Aber ob er das wirklich erreicht hatte, war eine andere Frage. Vielleicht hatte die Stärke seines Trittes nicht ausgereicht und sie hatte schon alles berichtet? Aber dann würde die Polizei schon bei ihm sitzen und ihn Verhören. Diese Gedankengänge erschrecken ihn etwas und sofort versucht er sich auf etwas anderes zu Konzentrieren. Gähnend kuschelt er sich in die Kissen des Bettes und versucht wieder zu schlafen. Tatsächlich schläft er nach einigen Minuten wieder ein. 

Begegnung

Mitten in der Nacht wacht Artur wieder auf. Er ist schweißgebadet und richtet sich augenblicklich auf. 

Artur: scheiße... scheiße scheiße scheiße! VERDAMMT! 

Mit voller Kraft schlägt er gegen die weiße Wand und erhebt sich mit hängendem Kopf vom Bett. Sein Blick ist wütend und auf den Boden gerichtet. Da sich in seinem Zimmer kein Badezimmer befindet, begibt er sich auf den Flur und sucht nach der Besuchertoilette. Er will sich sein Gesicht abwaschen, aber er fühlt sich etwas schummrig. Plötzlich bleibt er ruckartig stehen. Vor ihm, den Gang weiter runter, sieht er die Frau vom vorabend. Seine Augen weiten sich vor Schreck und sein Herz überschlägt sich. Als sie sich dann auch noch umdreht und ihm in die Augen schaut, überkommt es ihn komplett. Er schreit. Nicht unbedingt laut, aber trotzdem zuckt die Frau unter fürchterlicher Angst zusammen. 

Frau: D-du bist doch... d-der...

Artur: Ja, der bin ich. Gibts was zu melden?

Er fährt die Frau wütend an. Vor ihm dreht sich alles und sein Kopf pocht noch immer vor Schmerzen. Anscheinend hatten die Tabletten nicht wirken wollen. Knurrend schaut er die Frau an und geht auf sie zu. Sie stolpert ängstlich zurück und fällt dabei nach hinten. Unsanft fällt sie vor ihm auf den Po und schaut mit großen, verängstigtem Blick zu Artur hoch. 

Artur: Guck nicht so, als wär ich ein Monster. Ich hab dir doch nix getan.

Frau: Und wie du das hast! Wegen dir habe ich zum Teil mein Gedächniss verloren... ein Wunder, dass ich mich plötzlich an Gestern erinnern kann!

Artur: DU nennst mich ein Monster?!

Artur wird deutlich Aggressiver und packt die Frau an den Haaren. Wütend zieht er sie daran hoch und starrt ihr in die Augen. 

Artur: Wag es nicht mich noch einmal Monster zu nennen, hörst du?!

Zischt er sie an und gibt ihr eine Ohrfeige. Mit wildem, entschlossenem Blick schaut er sich in dem schmalen Flur um. Als er erblickt, wonach er suchte, strahlt in seinen Augen ein fünkchen krankhafter Schadenfreude auf und er zieht die Frau hinter sich her. Sie stolpert beim gehen und stößt immer mal wieder an Artur. Worauf er zusteuert ist ein metallener Wagen mit verschiedenen Utensilien darauf. Eigentlich gehört dieser Wagen in einen Abstellraum, aber anscheinend hatte der Nachtdienst ihn hier stehen gelassen. Mit funkelnden, wütenden Augen sucht er den Tisch nach etwas scharfem oder spitzem ab. Sein Blick fällt auf ein Skalpell. 

Artur: Nah meine Liebe? Wie wärs wenn wir dich mal zum Schweigen bringen?

Die Augen der Frau weiten sich und sie versucht krampfhaft sich zu befreien. Arturs Griff jedoch ist zu fest und zieht sie wieder zu ihm. Langsam nimmt er das Skalpell in die Hand und hällt es ihr unter den Hals.

Artur: Wir werden es wie einen Unfall aussehen lassen. Oder vielleicht wie Selbstmord. 

Frau: Bitte! Bitte, lass mich am Leben... ich hab Familie und... ein Leben. Bitte! Ich tue alles was du willst, nur bitte, bitte, tu mir nichts an! 

Artur: Dein Betteln spornt mich nur weiter an. Es ist lustig mit anzusehen wie deine Angst immer größer wird. 

Frau: Du bist ein krankhafter Psychopath...

Artur: Ich weiß. Ich weiß. Aber das ändert nichts daran, dass du sterben wirst. 

Die Frau zappelt und will schreien, aber Artur hält ihr den Mund zu. Als sie ihm in die Hand beißt und einen mittelmäßig lauten Schrei zustande bringen kann, holt Artur mit geballter Faust weit aus und schlägt ihr so fest er kann gegen den Kopf. Sofort ist sie Bewusstlos. 

Artur: Du wolltest es ja nicht anders. 

Mit einem freudigen Glitzern in den Augen hebt Artur das Skalpell und drückt die Frau gegen die Wand. Seine Gedanken sind rot, keinen klaren bekommt er zustande und es fällt ihm nur noch schwer etwas richtig zu sehen. Alles wirkt so verschwommen und zittrig. 

Krankhaft

Artur: Mach dich bereit zu sterben.

Erneut drückt er sie fest gegen die Wand und plötzlich bricht ein schwarzes Flackern vor seinen Augen ein. Für Sekunden Bruchteile verschwindet alles vor seinen Augen und er taucht ab in tiefe schwärze. Durch ein Kopf schütteln holt er sich in die Realität zurück, doch als er gerade seine Hand um den Hals der Frau legt & sie hoch heben will, rutscht er ab. Sein Griff um ihren Hals wird so fest, das es etwas ekelig knackt. Wieder verschwimmt sein Blick und er erkennt in der tiefen Dunkelheit eine Steinwand. Etwas Blut klebt an den schmierig, dreckigen Steinen und der Geruch von Eisen & tiefer Fleischwunde steigt Artur in die Nase. Mit etwas Würgreiz knickt er zu Boden und verfestigt den Griff am Hals der Frau noch etwas. Innerlich schreit er auf, er hört Stimmen die über ihn herein brechen und der Geruch wird immer schlimmer. Er kann nichts mehr erkennen, alles ist schwarz um ihn herum und die Angst, die ihn plötzlich packt, wird immer wilder. Sein Herz rast und die Stimmen klingen gehässig nah an seinem Ohr. 

???: Nah Kleiner? Komm mal her, ich tu dir schon nichts.

Wieder schreit Artur innerlich laut auf. Die hitzige Angst verschlingt ihn ebenso, wie die Dunkelheit. Er merkt, wie er instinktiv die Augen zusammen presst und auch um das Skalpell wird sein Griff stärker. Sein Gesicht verzieht sich zu einer Schmerz und Angst verzerrten Grimasse. Er hört die Stimmen immer intensiver und das Geräusch seines Blutes, wie es durch seine Adern gepumpt wird, mischt sich hinzu. Mit einem lauten Schrei, der diesmal aus seiner Kehle heraus platzt, rammt er das Skalpell in den Hals der Frau. Als seine Sicht wieder klar wird und er auf die Frau herunter starrt, zieht er das Skalpell wieder aus ihrem Hals heraus. Ein krankhaftes, verängstigtes und verzerrtes Lächeln breitet sich auf seinen Lippen aus. Mit einem weiteren Angstschrei stößt er immer und immer wieder auf die gleiche Stelle im Hals ein und klappt schließlich erschöpft zu Boden. 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 23.04.2013

Alle Rechte vorbehalten

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