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Inhalt

Kindheit(Prolog)

 

  • Das Riff der Ranken (Leseprobe)
  • Das Schiff der äußeren Sphäre
  • II Fahrt Richtung....Eis?!
  • III Das Meer der Leere
  • IV Die Fiedje Festung (I, II)
  • Die ewige Eisbarikade
  • VI Frostbrand
  •  
  • VII Mabias
  •  
  • VIII Der Wüstenwille
  •  
  • IX  Winter der Wüste

Karte von Ygdrassil

Prolog

''Ich möchte sterben…'‘, das dachte ich mir als ich frierend und durchnässt unter meinem Jutesack hervor kroch um mir etwas frischen Fisch zu schnappen. Mein alter Herr und ich hatten wieder einmal die Nacht am Meer verbracht um heute, am Fischmarkt, wieder ein paar fette Krundler um gutes Geld zu verkaufen.

 

Mein Vater hatte bemerkt, dass ich bereits wach bin und warf mir einen verachtungsvollen Blick zu, den ich nur allzu gerne erwiderte. Warum er so einen Hass gegen mich hegt ist mir unbekannt, aber vielleicht aus dem Grunde, weil ich nicht viel fürs Fischen übrighabe und ich ihm das auch schon mehrere Male knallhart bewies. Aber naja ohne ihn würde ich weder hier sitzen und köstlichen Fisch essen, noch hätte ich eine Bleibe und ein Dach über dem Kopf, also muss ich wohl mit seiner Art leben.

 

Als wir anlegten stand auch schon Pascal mit einem Netz voll teuer aussehender Muscheln am Steg und winkte uns rasch heran als ob er uns dringend etwas mitteilen wollte.

 

''Ma...harktplatz...beeilt euch!!!!'' So schnell mich meine Beine tragen konnten, rannte ich durch die engen Gassen von Krinaven den Hügel hinauf in Richtung Marktplatz, um selbst zu sehen was dort gerade vorfiel.

Schon aus 100 Metern Entfernung vernahm ich ein metallisches Klirren wie das, wenn mein Vater seine Fischmesser am Schleifstein wetzte, damit sie wieder gut schnitten.

 

Am Platz hatte sich eine Gruppe von Jungen aus den Familien der Bauarbeiter zusammengetan, doch aufgrund der Menge an Leuten konnte ich nichts erkennen.

 

Einen Augenblick später ertönte ein gellender Schrei und die Menge wich zurück.

 

Endlich konnte ich sehen was sich dort zutrug und um ehrlich zu sein, ich hätte mir den Anblick ruhig sparen können. Juvin und Reitar standen inmitten des Kreises der Menge und hielten zwei an geschärfte Trägerrohlinge in Händen welche sie vor sich herhielten.

Juvin biss die Zähne aufeinander und hielt sich mit einem schmerzerfüllten Gesichtsausdruck die blutüberströmte rechte Schulter.

 

Reitar stand mit einem höhnischen Grinsen und seinem etwas debilen Blick über Juvin und höhnte: Siehst du, das hast du jetzt davon, dass du meiner Schwester Antalya auf den Hintern geschlagen hast''.

 

Ich befand mich in einer Schockstarre und konnte nur zusehen wie Juvin in sich zusammensackte und Reitar schweren Schrittes wieder im Gebäudekomplex des gerade renovierten Amtshauses verschwand und höhnisch lachend seinen Rohling auf die Seite warf.

 

Juvin war wie ein älterer Bruder für mich gewesen und jetzt lag er da, inmitten des Marktplatzes und drohte zu verbluten. Ich spurtete zu ihm und kniete mich neben ihn um zu überprüfen ob er noch bei Sinnen war.

 

Seine Brust hob sich langsam und senkte sich mit einem blutigen Husten aus Juvins Kehle.

 

Reitar musste seine inneren Organe schwer beschädigt haben da Juvin nur noch dunkelrotes Blut spuckte und vor sich hin röchelte. ''Warum!!!!!!!! Warum gerade du!!!!!!!!Juvin, du darfst noch nicht sterben. Bitte, Juvin!!! Schon allein deiner alten Mutter wegen. Ohne dich wird sie ihre Arbeit nicht mehr verrichten können und der Bürgermeister hat gesagt, wenn sie keine Ware mehr liefern kann, landet sie auf der Straße!!!!''

 

Sein linker Arm hob sich in Stößen und mit einem starren Blick legte er mir seine Handfläche auf mein Herz.

 

''Jonathan...bitte versprich mir, dass du stark bleibst und dich von niemanden unterkriegen lässt...ich könnte es mir nie verzeihen, wenn du nicht so leben könntest wie es dir beliebt. Werde ein guter Mann und sei immer lieb und zuvorkommend zu Rebekka...sie mag dich wirklich.


Bleib genauso wie ich dich kenne und wertschätze, versprich mir das!!! Ein Schwall Blut ergoss sich aus seiner Kehle und er wurde immer bleicher, zudem erstarrte sein Körper nun langsam.

 

''Ja, mein Freund, dass verspreche ich dir bei meiner Ehre und als dein Freund!!!''

 

Tränen benetzten meine Augen und schon bald formte sich die erste Träne die heiß und salzig an meiner Wange herunterlief.

 

Juvins Atem wurde leiser und seine Brust hob sich kaum mehr als einen Daumen breit.

Nach wenigen Atemzügen atmete er tief ein und als seine Brust sich senkte wich der Lebensgeist aus seinem Körper und ein dünner, beinahe durchsichtiger Nebel hob sich aus seinem Körper empor und stieg dem

Himmel entgegen so wie es auch zum Tod meiner Mutter am Sterbebett war.

 

Als ich Juvins Hand nahm, war sie eiskalt.

 

Ich nahm seine Hände und verschränkte sie vor seinem Brustkorb.

 

Dann schloss ich seine Augen und weinte lautstark und ohne jegliche Zurückhaltung in sein blutverschmiertes Arbeiterhemd hinein.  Vor lauter Müdigkeit und Kraftlosigkeit schlief ich neben ihm ein.

 

Die Geschehnisse von damals sollten maßgebend mein weiteres Leben prägen. Jedes Jahr besuchte ich am Tag der Serenäen sein Grab und bitte zu unserem Schöpfer er möge dort oben, wo er nun auch immer sei, glücklich vereint mit seiner Familie sein.

 

 Das alles trug sich fünf Jahre vor der Zeit dieser Geschichte zu. Doch wir wollen nicht zu lange in der Vergangenheit verweilen. 

 

 

Das Riff der Ranken

Fünf Jahre später...

 

''Hey Jona, fährst du heute nochmal raus? ‘ich sah auf, doch aufgrund der hellen Sonne konnte ich zuerst nur eine Silhouette einer Frau ausmachen. Nach einer Weile hatten sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt und am Anlegesteg stand Rebekka, die Tochter aus dem Hause der Shadowhearts und außerdem die zukünftige Ladenbesitzerin des Kaufhauses ''MYSTICS-Heilkräuter und Tinkturen''.

 

Wie sie da in ihrer Karminroten Robe mit den schwarzen geflochtenen Zöpfen den Sonnenaufgang im Rücken dastand sah sie echt anmutig aus...

 

''Hey du Träumer, beeil dich mal sonst schnappen dir die anderen die guten Stücke weg’"säuselte sie mit einem süßen Grinsen und warf mir ein komisches Blaues Kraut zu: ‘Hier, wenn du diese Himmelscrochialen isst wirst du nicht wieder seekrank, falls ein Sturm aufzieht’ ‘sagte sie lächelte noch einmal und verschwand dann in Richtung MYTICS.

 

Also verstaute ich die Himmelscrochialen in meinem Seesack und band das Tau los um wieder rauszufahren......wie damals mit meinem Vater. Im Nachhinein betrachtet ist er ein harscher, aber lieber Mann gewesen. Die eine, oder andere Bemerkung ihm gegenüber, hätte ich echt unterlassen können.

 

Warum habe ich das nicht schon zu seinen Lebzeiten begriffen, sondern erst als er im hohen Alter von 89 Jahren seine Ruhe fand? Ich hätte ihn echt mehr respektieren sollen und ihm zeigen, dass er mir etwas bedeutet hat. Ich wollte es halt damals nicht wahrhaben.

 

Mit durch jahrelange Übung trainierten Handgriffen setzte ich das Segel auf vier Uhr und als der Wind das Segel ergriff trieb ich hinaus auf den blauen weiten Ozean.

 

Ich fuhr hinaus bis zur ''Großen Verbotsmauer'' wie ich sie gerne nenne, doch in Wahrheit ist es ein siebzig Meter hohes Felsrelief, welches die Dörfler auch ''Den Strudel'' nennen, da  jedes Fischerboot ,welches dem Relief zu nahe kam, den berstenden Strömungen zum Opfer fiel, weshalb ich eigentlich als einziger noch den Mut habe hierher zu kommen, da hier außen keiner mehr fischt und ich deshalb alle Zeit der Welt habe.

 

Manchmal würde ich echt gerne wissen wie die Welt hinter dem ''Strudel'' aussieht, da sich bisher kein Bewohner der Stadt getraut hatte den Riss in der Felsformation zu passieren und, wenn ich es mir recht überlege riskiere ich nicht mein Leben dafür um einmal einen Blick zu erhaschen.

 

Ich warf das Netz aus und da ich so müde vom Vortag war, döste ich bald daraufhin auch schon ein.

 

Als ich aufwachte war der Himmel wolkenfrei und über mir flogen die Möwen und krächzten.

Ich beschloss nachzuschauen ob ich einen guten Fang gemacht hatte, also zog ich das Netz ein.

Die Ausbeute war recht armselig, ein paar Krundler und ein paar Muscheln.

 

Enttäuscht wandte ich mich um und wollte mein Boot gerade zum Hafen navigieren als ich merkte, dass ich das Festland nicht sehen konnte.

 

Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse, doch nirgends Festland. 

Panik machte sich in mir breit und ich versuchte mich zu erinnern was ich in so einer Situation tun sollte.

Komisch war nur, dass das Segel schlapp herunterhing, da es total windstill war …am offenen Meer.

Hastig nahm ich das hölzerne Paddel unter der Sitzbank hervor und wollte zu rudern beginnen, doch das Boot bewegte sich kein Stück.

 

Als ich das Paddel anhob war es vollkommen verklebt mit Algenähnlichen Ranken und als ich an der Bordseite hinab blickte wurde mir klar, dass ich in einem großen Feld davon festhing und die Ranken das Boot am Fortbewegen hinderten.

 

Ich griff in das kalte Wasser und riss eine der Ranken aus.

In den Tiefen glaubte ich etwas zu sehen was sich zur Meeresoberfläche hin bewegte.

Es war jetzt deutlicher zu erkennen und ich sah 4 weitere Gestalten sich der einen anschließen.

Sie waren nicht mehr weit von der Oberfläche entfernt als ich erkannte, dass es sich bei diesen Wesen um eine Art Wasserfrauen handeln musste.

 

Ein Schaudern überkam mich als sie die Oberfläche erreichten.

 

Zunächst einmal fiel mir ihre schuppige jadegrüne Haut auf, welche ihnen bis zu den Knien reichte, die Funkenblauen Haare in welche Muscheln und Seetang eingewebt war, und alle hatten sie gelbe Augen mit einer Pupille die mich an eine Schlange erinnerte, welcher Gattung sie meiner Meinung auch zugehören mussten, da eine der skurrilen Kreaturen ihre gespaltene Zunge schnellen ließ.

 

Neugierde und Angst kämpften in mir gegeneinander an.

 

Ohne, dass ich es gemerkt hätte tauchte vor mir eines der erschreckenden, aber doch faszinierenden Wesen auf und umschlang blitzschnell meinen Hals.

 

Ihr Blick traf meinen und ich fühlte wie der Instinkt des Rückzugs immer kleiner wurde.

Mein Willen schwand und ich wollte mich nur noch dem Wesen hingeben.

 

''Komm ins Wasser Zzzzzzzüßer und hab ein wenig Spazzzzzzzzzz mit uns’ ‘zischte sie mir ins Ohr.

Wie in Trance beugte ich mich langsam über den Bootsrand als ich plötzlich hart am Kopf getroffen wurde und mir schwarz vor Augen wurde.

 

Das alles trug sich fünf Jahre vor der Zeit dieser Geschichte zu. Doch wir wollen nicht zu lange in der Vergangenheit verweilen. 

 

 

 

 

LESEPROBE ENDE

Bitte liken, favorisieren oder schreibt mir doch einfach einen Kommentar in dem ihr mir konstruktive Kritik hinterlässt.

 

 

 

Viel Spaß beim Eintauchen in die fabelhafte Welt von Ygdrassil, dem Land der vielen Kreisläufe.

 

Weiter geht es in Kapitel II: Das Schiff der äußeren Sphäre!

 

Lg euer Sebastian MacGregor

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

KAPITEL I-Das Schiff der äußeren Sphäre

Meine Augen brannten vom ganzen Meerwasser, das in meine Lieder gelangt sein musste, als ich sie öffnete.

Was war passiert? Das Letzte an das ich mich erinnern konnte, war ein heftiger Schmerz an der linken Schlefe aber was danach passiert ist, wusste ich nicht mehr genau.

 

Als ich mich aufzurichten versuchte, schoss ein scharfer Schmerz durch meinen Körper. Erst jetzt bemerkte ich die Striemen an meinen Armen die sich tief ins Fleisch gruben und höllisch brannten. Ich versuchte, die Schmerzen zu unterdrücke, indem ich mich zuerst einmal der Aufgabe der Orientierung verpflichtete.

Ich nahm mich zusammen, das Salz in den Augen ignorierend und riss diese weit auf um einen Überblick über meinen Aufenthaltsort zu erhaschen.

 

Mein Gesicht blickte auf eine lange Straße aus poliertem Pflasterstein, welcher nach etwas hundert Metern in einem Trampelpfad endete, welcher zu ein paar Ruderbotten führte, die an einem hölzernen Steg aus Miaganiholz zu bestehen schienen. Es war schätzungsweise später Nachmittag, da die Sonne schon erste Schatten auf die Schiffswände warf. Ein leicht schwefeliger Geruch lag in der Luft, den ich zu meiner Kindheit schon einmal vernommen hatte, doch konnte ich mich nicht mehr entsinnen woher ich diesen Geruch kannte.                   Irgendwo her kam mir dieser Ort an dem ich nun lag bekannt vor.

 

Daher unternahm ich den Versuch meinen Kopf ein wenig zu drehen, doch es ging nur langsam von Statten da der stechende Schmerz in meinem Kopf eine schnellere Bewegung meines Nackens nicht zuließ.

Mit zögerlichen Bewegungen meiner Halsmuskulatur, in der Hoffnung mir diesen nicht zu verrenken platzierte ich meine rechte Seite immer weiter zum Boden, sodass ich meinen Kopf nicht weiterbewegen brauchte.

Flamenco farbene Hauswände wuchsen aus dem Boden, diese sich dann zu detaillierten kunstvollen Holzschnitztüren mit wundervollen Naturmotiven erstreckten.

 

Dieser Ort ist definitiv in meinem Gedächtnis verankert, doch auf Anhieb konnte ich mich nicht entsinnen hier schon einmal gewesen zu sein.

 

Leicht verwundert stützte ich mich auf mein Bein und erhob mich mit Mühe von der Pflasterstraße.

Da fiel mir ein warum ich diesen Ort nicht sofort kannte.

 

''Das müsste der westliche Hafen Krinavens sein, doch wie bin ich vom Meer wieder zurückgekommen und warum gerade zum westlichen Hafen? ‘murmelte ich vor mich hin.

 

Der schwefelige Geruch, den ich vernahm wurde schwächer und legte sich nach ein paar Minuten.

Ich trottete durch die Gassen des Westteils, auf der Suche nach dem Übergang zum Ostteil, als ich eine Schar Bürger bemerkte, die mit einer Euphorie die Gasse zum Hafenviertel hinab stürmte wie ich es noch nie gesehen hatte.

 

Ein bisschen weiter stand ein altes Weib auf der Straße und bot ihre Waren feil, darunter kleine Edelsteine und Juwelen, die im fahlen Sonnenlicht reflektierten.

 

''Alte Frau, warum sind die Bürger heute so aufgeregt und rennen ins Hafenviertel hinab?'', erkundigte ich mich bei der Frau.

 

''Aber mein Junge! Hast du noch nicht von der großen Neuigkeit erfahren, die hier im Viertel schon jeder kennt? ‘stellte sie verdutzt fest.

 

''Heute kommt ein Handelsschiff aus der äußeren Sphäre zu uns um Handel zu betreiben. Das erste seit nunmehr 50 Jahren. Komm mein Junge nimm die Beine in die Hand und sieh es dir persönlich an!'', verkündete sie mir mit einem seligen Lachen.

 

Ich kaufte ihr einen polierten Smaragd ab, den ich dann später auf das Grab meiner Eltern am Krinwaldhügel legen wollte, da heute wieder die Totenweihe der Gräber außerhalb des städtischen Friedhofs abgehalten wurde.

Die alte Frau schenkte mir ein zahnloses Lächeln und ich machte mich auf um das Spektakel mitzuerleben.

Im Hafenviertel war ein Trubel los:

Riesige Banner mit ''Willkommen in Krinaven- der Stadt des Meeres'' waren über die Dächer der Häuser von den Seeleuten gespannt worden, eine Truppe von Artisten führten ihre Kunststücke vor, von welcher die kleinen Kinder fasziniert waren und mit offenen Mündern und großen Augen über die fantastischen Kunststücke staunten.

 

Den Horizont abtastend versuchte ich ein Schiff auszumachen. Dort ganz weit in der Ferne erblickte ich einen schmalen Punkt der langsam die Gestalt eines Mastens annahm.

 

Dem Masten folgte eine geschwungene Reling und, sofern ich das richtig erkannte hatte das Schiff vorab hängend eine ziemlich aufreizende Figur einer Frau, ich glaube das ist so eine Galionsfigur die in den Geschichten der großen Seeschlachten des Ostarchipels erwähnt wird als kleine Aufmunterung für die Besatzung.

 

Sobald das Schiff näherkam, erkannte ich, dass unsere Fischerbote dagegen winzig erschienen.

 

Es mochte ungefähr so groß wie der Kirchturm in der Mitte des Hügels sein und wuchs immer mehr an Größe als es die Hohen Wellen des Strudels einfach durchfuhr. Es sah wundervoll aus wie die rauen Kräfte des Meeres diesem hölzernen Titanen einfach nichts anhaben konnten, und es uns majestätisch entgegenschiffte.

 

An Bord des Handelsschiffs wurden die Segel gekappt und hektisch wurden Befehle gebrüllt.

Taue wurden geworfenen und von den Fischern an den Gimpeln am Hafen angebracht und festgeknotet.

Langsam kam der Koloss zum Stehen und ein hölzerner Steg wurde von der Reling heruntergelassen.

 

Ab dem Moment an dem der Steg am Boden verankert war, begannen auch schon die Händler an Land zu gehen und ihre Stände aufzubauen. Als der letzte Händler das Ende des Steges erreichte, erschien ein von Narben verzierter mittelalter Mann am Rande der Reling und beobachtete die Menschen und das geschehen in Ruhe.

 

Als es ersichtlich war, dass er mit der Situation zufrieden war, zeigte er sich in seiner vollen Gestalt. Er hatte ein zerfurchtes Gesicht mit einer hervorstehenden Nase die einer Knolle einer Zwiebel glich, welcher vom Leben gezeichnete Augen mit einem durchbohrenden Blick folgten. Er spuckte aus und schritt festen Schrittes den Steg entlang, blieb am Pflaster der Straße stehen und erhob seine Stimme: ‘Es freut mich, dass ich und meine Jungs hier so herzlich von euch ehrlichen Seeleuten empfangen werde. Wir werden hier 3 Tage bleiben und dann weiterziehen, also nutzt die Zeit um euch Waren aus der dritten- und vierten Sphäre anzueignen und neue Delikatessen aus der Welt außerhalb zu verkosten.'' Er spuckte auf das Pflaster und strich sich über seinen verfilzten Bart. ''Also kauft oder lasst es sein. Ich empfehle mich! ‘raunte er und zog sich zurück an Bord seiner Black Ann zurück, was in großen weißen Lettern unter der Galionsfigur stand.

 

Staunend stand ich also vor diesem riesigen Handelsschiff und bekam den Mund nicht mehr zu.

Weiter rechts stand Rebekka in der Menge und ich entschied mich ihr Gesellschaft zu leisten.

''Es ist wundervoll nicht wahr'', jauchzte ich sie an, legte ihr meine starken Arme um den Hals und setzte zu unserer Begrüßung, einer innigen Umarmung, an.

 

''Joni!!! Wie wundervoll, dass du auch da bist, ja das Fest ist richtig beeindruckend und das Schiff ist wirklich monströs!''. 

 

Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen um auf Höhe meines Gesichtes zu gelangen und gab mir einen Kuss auf die Wange.

 

Ich errötete leicht, da es mir ein wenig peinlich war und schaute ein wenig zur Seite. Ich mochte Bekki schon, als wir damals noch wie verrückt ins Meer gelaufen waren und die Wellen sie immer aus dem Gleichgewicht brachten, sodass ich ihr als See junge zur Hilfe eilen musste. ''Schöne alten Zeiten''...wisperte ich halblaut vor mich hin.

 

Sie löste sich aus meiner Umarmung und legte meinen Arm um ihre Taille und rückte näher an mich heran.

Ihre Haut war so schön gepflegt und seidenglatt, nicht so zerfurchet und aufgerissen wie die meine es war.

Ich genoss den Augenblick in vollen Zügen.

 

Durch meine ganzen flauen Gedanken hatte ich gar die Zeit übersehen.

Schweren Herzens weckte ich Bekki auf die an meine Schultern lehnend eingeschlafen war.

''Joni? Warum hast du mich geweckt…ach du liebe Güte der Himmel zieht schon Schatten’ ‘keuchte sie mit einem geschockten Blick.

 

''Meine Eltern werden mich wieder tadeln! Und dabei hatte ich mir vorgenommen zu mindestens diesen Monat ein braves Mädchen zu sein! ‘gekränkt und scheinbar auch ein wenig enttäuscht sauste sie davon und ihr knielanger Rock aus Satin flatterte im Wind….

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapite lI-Fahrt Richtung....Eis?!

Nachdem Bekki gegangen war beschloss ich mich dazu noch einen Spaziergang entlang des Hafens zu machen.

 

Ich schlenderte durch die engen Gassen, den Kopf in den Nacken gelegt und genoss die kühle Abendluft, während mein Blick über den sternenübersähten Nachhimmel schweifte.

 

''Das Firmament sieht heute wahrlich erstaunlich aus…''.

Nachdem ich noch nicht müde war, erweiterte ich meinen Spaziergang auf die kleine Bucht naheliegend der Stadt, und schritt entlang der Tavernen.

 

Das fahle Licht des Mondes ließ die Bucht in einem metallenen Silber erstrahlen.

Da ich noch ein wenig den Abend genießen wollte, setzte ich mich auf den feinkörnigen Sand und legte mich nieder.

 

Den Kopf zur Seite legend erschrak ich ein wenig als ich merkte, dass ich nicht allein war.

Hundert Meter entfernt kauerte ein alter Mann am Wasser und angelte…um diese Uhrzeit?

Zögernd näherte ich mich dem Alten und setzte mich neben ihn.

 

''Die beißen nicht.......Ist das immer so?'', murmelte der Mann in seinen Rauschebart.

 

Er schien mich bemerkt zu haben.

 

''Hier in dieser Bucht sind auch nicht viele Fische, die halten sich eher weiter außen an den Kliff Inseln auf’ ‘entgegnete ich dem Mann als Antwort.

 

''Du scheinst dich ziemlich gut am Meer auszukennen, mein Junge. ‘Er drehte sich mit dem Gesicht zu mir und im Licht des Mondes, welches auf sein Gesicht fiel erkannte ich den Kapitän der Black Ann' ''Hättest du eventuell Lust meiner Crew als Navigator beizutreten? Die Bezahlung ist nicht schlecht, du wirst nicht verhungern und so wie ich dich einschätze bist du einer dieser neugierigen Draufgänger, die noch nicht viel von der Welt gesehen haben, habe ich recht?'' Ich schwieg, da ich hin und her gerissen war. ''Ich deute das mal als ja’ ‘triumphierte der Käpt’n im Stillen.

 

''In zwei Tagen stechen wir wieder in See, in Richtung des unerforschten Kontinents, Njedviral. Du kannst dich morgen noch von deinen Angehörigen verabschieden und deine 7 Sachen packen. Studiere erst einmal diese Karte unseres alten Navigators'' ''Alter...?'' ''Lange Geschichte, traurig auch'', unterbrach mich der Kapitän und steckte mir eine Pergamentrolle zu auf denen die Zeichen H.IX standen. Etwas verwirrt steckte ich sie in meine Hemdtasche und verabschiedete mich von ihm.

 

Meine Brust hob und senkte sich in rasendem Tempo bei dem Gedanken daran, aus diesem Mikrokosmos herauszukommen und in noch nie erkundete Gefilde vorzudringen. Die Karte sicher in meiner Hemdtasche wissend ging ich in Richtung meines Hauses um mit diesem erlebnisreichen Tag abzuschließen und morgen frisch und munter meine Erledigungen zu tätigen die bis zur Abreise in zwei Tagen getroffen werden mussten. Als ich in meinem Daunenbett lag und durch das Dachfenster das Firmament betrachtete war mir als ob der Himmel erwartungsvoll auf mich herabblickte und mich musterte ob ich denn dieses Vermächtnis auch antreten könne.

 

Ich weiß nicht genau wann ich eingeschlafen war, doch als ich verschlafen meine Augen öffnete stand die Sonne bereits an ihrem Zenit und erhitzte meine Wangen. Nach einer Weile realisierte ich, dass ich nur noch einen Tag hatte um meine Erledigungen zu machen und sprang aus meinem Bett als sei ich von allen guten Geistern verlassen.

 

In aller Hast verschlang ich einen halben Schnapper mit etwas Thymianbrot und stürzte in Hemd und Hose aus dem Haus. Draußen auf den Straßen herrschte ein reger Verkehr und von überall her kamen Rufe zu zu verkaufenden Waren.

 

Zielstrebig rannte ich durch die Straßen und Gassen bis ich bei einem Geschäft für Fischerei ankam wo ich mir Taue und Netze kaufte. Zudem kaufte ich mir auch noch einen bronzenen Kompass, da die Seekarte des alten Kapitäns keinen enthielt.

 

Ich huschte in Richtung des Westteils der Stadt in dem sich auch der Laden der Shadowhearts befand. Vor dem Laden herrschte ein Trubel, denn die Crew des Schiffes hatte exotische Kräuter aus der äußeren Sphäre mitgebracht.

 

Mühselig zwängte ich mich in die Mitte um mit Bekki zu reden, die aufgrund ihrer Schönheit wie fast immer von den Konstrukteuren und Arbeitern umstellt war, die sie für sich gewinnen wollten. Ich rief nach ihr und sie erwiderte "Gleich, Amigo", und deutete mir die Treppe nach oben in die Kräuterabteilung zu gehen und dort auf sie zu warten. Nach zahllosen Entwirren von Fischernetzen erschien sie nun endlich auf dem Treppenabsatz und lächelte mich herzlich an. Erwidernd tat ich es ihr nach. Sie setzte sich mit ihrem langen purpurnen Kleid neben mich auf den Boden und lehnte sich an mich.

 

"Ist es wahr, dass du uns morgen verlassen wirst um mit diesen Seemännern in See zu stechen und die Welt zu erkunden?", fragte sie in einem traurigen Ton und schmiegte sich nur näher an meine Schulter. "Ja", entgegnete ich "der Kapitän der Black Ann ist mir gestern bei meinem nächtlichen Spaziergang an die Bucht begegnet und hat mir den Posten als Navigator seines Schiffes angeboten und die Bezahlung ist auch nicht schlecht, dreißig Prozent aller Anteile die wir bei unserer Expedition zum Kontinent Njedviral auftreiben können." "Das bedeutet dann wohl ein Auf Wiedersehen für unbestimmte Zeit...".

 

Kränklich unterdrückte sie die Tränen die sich in ihren Augen aufstauten und versank ihr Gesicht in meinem Hemd, welches die Nässe langsam aufnahm. Ich fühlte mich schlecht Rebecca einfach so zu verlassen doch zu mindestens konnte ich so noch ein paar schöne Momente mit ihr verbringen.

 

Nach der Kuscheleinlage kaufte ich noch fünf Flaschen Aloe-Salbe und zwei Dutzend Krontja-Kraut gegen die Seemanns-Krankheit.

 

Ich küsste Rebecca noch auf die Wange und ging meines Weges. Auf der Anhöhe von Krinaven, von wo man einen Rundumblick auf die Stadt hatte, setzte ich mich auf die große Zedernbank, welche direkt aus dem Baum dahinter wuchs, wie auch immer so etwas von statten gehen konnte und breitete die Papyrusrolle des letzten Navigators auf. Bei erster Betrachtung fielen mir die mit Kupfer durchwirkten Abschnitte auf die in einer Rautenförmigen Form um unser Land führten und deren Diagonalen sich in Krinaven kreuzten…hatten die Seemänner deshalb Krinaven als Handelspunkt auserkoren? Oder steckte ein tieferer Sinn dahinter. Außerhalb der Raute waren Gebiete verzeichnet von denen ich noch nie in meinem gesamten Leben gehört hatte.

 

Anscheinend lag das Land OHNOTE, dessen Hauptstadt, soweit ich das verstanden hatte, Krinaven war, inmitten des großen Ozeans. Vier andere, mindestens hundertmal so große Landschaften erstreckten sich östlich, südlich und westlich der Karte. Eine Ausnahme bildete jedoch eine kleine Landzunge eines Landes, oder Kontinents, im Norden.

 

Die Landzunge war nur skizzenweise eingezeichnet worden, jedoch war sie von der Küstenform her zu erkennen, im Gegensatz zu den anderen Kontinenten, durch riesige Landmassen die in engen Abständen vor der Küste lagen, gezeichnet. Ein Schauer lief mir über den Rücken als ich darüber nachdachte was uns dort erwarten würde. Was noch dadurch verstärkt wurde, dass das Meer kurz nach Krinaven in einen zweiten Abschnitt geteilt wurde: Das Meer der Leere....

 

Kapitel III-Das Meer der Leere

Als ich von der Pergamentrolle aufschaute ragte die Sonne nur noch schwach über den herannahenden Regenwolken hindurch.

 

Ich packte schnell meine eingekauften Waren zusammen und sputete mich um noch vor dem Regen zuhause angekommen zu sein.

 

Kurz nachdem ich die Türe zum Haus geschlossen hatte fing es über mir auch schon an zu donnern und der Regen klatschte mit großen Tropfen gegen die Eingangstür. Gemächlich zog ich die mit Pelz behafteten Stiefel aus und biss erst einmal einen großen Bissen aus dem bereits angefangenen Schnapper von heute Morgen. Heute genehmigte ich mir sogar zur Feier des Tages noch einen Schluck frisch gebrannten Met aus der Taverne in der Stadtmitte, da heute der letzte Tag sein würde an dem ich betrunken sein würde, ohne über die Planken gestoßen zu werden.

 

Leicht beschwipst und mit meinen Gedanken bei Rebecca kippte ich mit dem Gesicht auf die Tischplatte und döste ein.

 

Einen seltsamen Traum hatte ich diese Nacht.

 

Ich träumte von einem Mädchen, welches sich aus einem Feuer eines Kohlebeckens erhob, ganz gekleidet in güldene Gewänder mit einem Dolch der von einer seltsamen alten, wie auch mächtigen Aura umgeben war.

 

Die weibliche Gestalt ging einen langen steinernen Gang entlang und lachte dabei düster dreinblickend, den Blick starr nach vorne gerichtet und den Dolch in ihrer Hand fest umschließend. Schweißgebadet wachte ich auf.

 

Es war zwar noch duster doch die Vögel in den Straßen gaben schon ihre Lieder zum Besten und vereinzelt konnte man schon Stimmen von morgenaktiven(verrückten) Leuten vernehmen. Wie kann man nur um diese Uhrzeit schon so gut gelaunt sein…es ist mir ein Rätsel, dachte ich mir und seufzte als ich aufstand um meine Gewänder anzuziehen, die ich mir für diesen besonderen Tag bereitgelegt hatte.

 

Mein bestes weißes Hemd und die schöne schwarze Hose meines Vaters sollten es sein.

 

Bei dem Gedanken an meinen Vater kamen schon wieder meine Schuldgefühle hervor, jedoch verscheuchte ich diese schnell, da mein Vater in so einem Augenblick sicher stolz auf mich gewesen wäre.

 

Ich knöpfte das Hemd bis zur zweiten Reihe zu und zog den metallenen Gürtel mit dem Symbol von Krinvaven, einem Schnapper umringt von zwei Wellenbögen, in meine Hose ein.

 

Ein wenig mit Stolz erfüllt stand ich nun da und musterte mich von oben bis unten. So kann ich meine Reise antreten ohne Rebecca oder die anderen zu beschämen.

 

Mein gepackter Jutesack stand neben meinen Schuhen in den ich alles getan hatte, was ich am Vortag kaufte. Mit Leichtigkeit hievte ich den schweren Sack auf meine Schulter, öffnete die Haustür, schloss ab, holte noch einmal Luft, atmete aus und ging sachten Schrittes Richtung Hafen hinab, wo sich bereits alle Mitglieder der Crew, sowie die Bewohner der halben Stadt versammelt hatten um der Mannschaft, inklusive mir Ade zu sagen. Im Vorbeigehen verabschiedete sich die alte Frau von mir, der ich den Talisman abgekauft hatte und lächelte mir mit ihrem zahnlosen Lächeln hinterher.

 

Je weiter ich mich dem Hafen näherte, desto lauter wurde die Menge, es schien so als würden sie alle nur auf mich warten um sich gebührend von mir zu verabschieden. Von mir, dem Fischerjungen des alten Johns. Der, der der Stadt noch nie einen großen Dienst erfüllt hatte.

Der, dem keiner etwas schuldig war. Diesen Jungen erwartete nun die halbe Stadt um ihm ihre Glückwünsche auszusprechen.

 

Als ich den Steg, der zur Black Ann führte betrat, jubelte man mir entgegen, schon fast als wäre ich seit fünfzig Jahren wieder zurückgekehrt.

 

Im Vorbeigehen erhaschte ich einen Blick auf Rebecca, die in einem knöchellangen schwarzen Sommerkleid vor ihren Eltern, Mister und Miss Shadowheart stand, und mich mit einem liebevollen aber kryptischen Blick fixierte. Gebannt blieb ich stehen.

 

Ihre Lippen formten die Worte: „Komm wieder. Versprich es mir". In ihre Augen traten kullerrunde Tränen und schon liefen sie ihr über die rosigen Backen herab und verwischten ihre Wimpernfarbe. Mit entschlossener Miene nickte ich ihr zu und gab ihr zu verstehen, dass ich ganz sicher bald wieder zuhause sein würde. Sie schenkte mir einen Luft Kuss und bedeutete ich solle mich jetzt beeilen, nicht, dass das Schiff ohne mich ablegen würde. Gespannt und vor Aufregung brennend, betrat ich die herabgelassene Holzplanke und betrat das Vorderdeck des gewaltigen Dreimasters.

 

Die Schiffsjungen machten sich daran die Taue zu lösen, während andere wie die Spinnen an mehreren Metern hohen Netzen aus Seilen hinaufkletterten und die Taue der Segel lösten, auf dass sie wie gewaltige Wogen aus Stoff auf das Verdeck hinabfielen, kurz davor stockten und den harschen Wind Krinavens in sich auffingen.

 

Als letztes betrat der alte Kauz von Kapitän das Schiff, worauf kurzerhand danach die Planke hochgehoben wurde. Nun waren wir vollzählig.

 

Am Steg winkten uns die Menschen zu und wünschten uns viel Glück auf See, während der Kapitän seinen Platz am Steuerrad bezog. Bekki winkte mir energisch zu und schenkte mir ein Lächeln, das eines Engels gleich war. Verschmitzt trat ich neben den Kapitän, legte meinen Kompass in die Halterung neben dem Steuerrad und brachte meinen Sack in die Kajüte die mir zugewiesen worden war, die neben dem Schlafgemach des Kapitäns. Die Gischt prallte von außen an die Wände des Schiffes und das Schiff fing an sich zu drehen steuerte aus dem Hafen hinaus Richtung des Strudels.

 

Durch die 3 großen Hauptsegel erreichte das Schiff trotz seiner Größe eine beachtliche Geschwindigkeit und es kam mir vor wie ein Wimpernschlag bis wir vor der großen Felsvormation trieben. "Alle Mann unter Deck, wir passieren nun den Strudel und ich würde gern bis zur Meeresscheide alle Männer meiner Crew behalten", rief der Kapitän über das Deck.

 

Die einzelnen Männer gingen hintereinander unter Deck und fanden sich im Rumpf des Schiffes ein. Sofort war die Stimmung ausgelassen und die Weinwässer angezapft. Ich jedoch setzte mich auf ein paar Fässer mit Wasser und döste ein wenig. Als ich die Augen wieder öffnete waren alle Männer plötzlich verschwunden und ich schlussfolgerte, aufgrund der Schritte auf dem Verdeck, dass sie sich wieder an Deck befanden, wohin ich mich nun auch begab.

 

An Deck angekommen konnte ich meinen Augen nicht trauen. Hinter uns befand sich ein langer Felstunnel, der vermutlich der Ausgang des Strudels sein musste, jedoch was vor uns war, war durchaus gewaltig anzusehen. Ozean soweit das Auge reicht, erstreckte sich vor uns und in mir stieg das unterdrückte Gefühl wahrer Freiheit auf. Ich stieß einen freudigen Schrei aus, woraufhin ich von ein paar Mitgliedern schief beäugt wurde, was mir reichlich egal war, da ich mich noch nie in meinem Leben so losgelöst gefühlt hatte.

 

Das Schiff verdrängte die Wassermassen nur so, während ich auf dem Kartenplatz ein wenig Kartographie betrieb und die Eilande und Formationen die aus dem Meer ragten, verzeichnete. Laut meiner Ansicht war es nun nicht mehr weit bis zu der Meeresscheide zum Meer der Leere, höchstens noch zwei Tagesreisen mochten es sein.

 

Wenn ich einmal nichts zu navigieren oder zu kartographieren hatte, beschäftigte ich mich damit den Schiffsjungen bei den notwenigen Aufgaben zu unterstützen, sie besser kennen zu lernen und mich mit ihnen zu unterhalten. Höchst interessante Gespräche führte ich mit Yalik, einem ehemaligen Schuster aus dem Westen, vom Kontinenten MABIAS, einem trocknen und heißen Klima ausgesetzten Teil der Erde.

 

Er erzählte weiter, dass er aus einem Land stamme in dem es sogenannte Sultane gab, die er als Herrscher und Landherren betitelte.  Er war aus denselben Gründen wie ich Seemann geworden, um die Welt zu entdecken und um für sich selbst neue Erfahrungen zu sammeln.

 

Um zum Meer zu gelangen sei er tagelang allein auf einem langen Strom aus Wasser getrieben, bis er beinahe verhungert an der Küste des Kontinents angekommen sei. Dort habe ihn der alte Kapitän bewusstlos gefunden und ihn mit zu sich an Bord genommen im Gegenzug dafür, dass Yalik ihm seine Treue und Ergebenheit schwor.

 

Er reise nun schon mehrere Jahre mit dem Kapitän und habe schon sehr viel von der Welt gesehen, doch bei so einem Unterfangen freue sogar er sich wie ein kleiner Junge der gerade ein Geschenk bekommen hat. Ich mochte Yalik gut leiden und gegen Abend saßen wir zusammen auf dem Achterdeck und redeten uns gut zu, dass wir unsere Liebsten, in seinem Fall seine Schwester, bald wiedersehen würden.

 

Plötzlich änderte sich der Meer gang drastisch. Die Wellen die zuvor noch hoch und im Takt gegen die Außenwände geklatscht hatten, waren nun nicht mehr zu vernehmen. Der Wind der zuvor noch so ergiebig in unsere Segel blies hatte sich gelegt. Und das Meer das einige Stunden zuvor noch marineblau war hatte einen geisterhaften blau-leuchtenden Schimmer angenommen. Rasch zogen Wolken auf und verdunkelten die Sonne, bis kein Lichtstrahl mehr hindurch dringen konnte. Wir hatten den großen Ozean überwunden…und waren auf das Meer der Leere übergelaufen.

 

 

Das Schiff schwebte wie eine Libelle am Wasser entlang und glitt durch das Meer als wäre es nicht vorhanden. Als würden wir auf längst verstorbenen Seelen fahren.

 

Kam es mir nur so vor oder vernahm ich von der Meeresoberfläche aus dumpfe Schreie die nach Hilfe bettelten. Ich musste mich täuschen. Doch sogar Yalik zitterte ein wenig. Ich war also nicht der einzige gewesen der diese Laute gehört hatte. Es konnte keine Einbildung gewesen sein. Da schon wieder. Ein kalter Wind fegte über das Deck und uns fröstelte es. Wir zogen unsere Daunenjacken an, die man uns bereitgestellt hatte. Da säuselte schon wieder eine Stimme: "Geht weg von hier...das ist kein Ort für Herumtreiber wie euch…kehrt um und rettet eure Seelen, bevor wir euch verschlingen" Geisterhaftes Lachen wie die Gischt fegte über das Deck gemischt mit dem Geruch von Algen und modrigen Wasser. Uns schauderte am ganzen Körper und trotz der warmen Jacken froren wir am ganzen Körper.

 

Es war beinahe so als würde uns das Meer selbst unsere Körpertemperatur entziehen.

 

Wie erstarrt kauerten wir in der Ecke neben dem Steuerrad während die übrige Mannschaft sich vor Angst unter das Deck gerettet hatte. Nur noch Yalik, ich und der alte kauzige Kapitän waren noch an Bord.

 

Ich musste doch sehr staunen, denn unser Steuermann zeigte weder Anzeichen von Kälte noch von Angst. Ein wenig verdutzt war ich ja schon, schließlich musste sein alter Körper die Umwelteinflüsse doch viel stärker wahrnehmen wie wir. "Sehr geehrter Käpt’n, wie kommt es, dass sie solch ein Ereignis einfach kalt lässt?", fragte ich mit leichter Verwirrung in meiner Stimme. "Jungchen, wenn du schon so lange auf See wärst wie ich, dann würdest du nicht einmal bei Anblick einer gewaltigen Seeschlange klein beigeben.

 

Dieses Ereignis eben war typisch für ein Monstermeer, und bei weitem noch weitgehendst harmlos" Er lachte mit einem kräftigen Lachen in seinen weißen Zopf Bart hinein. Jedoch fing er kurzerhand an zu zucken und mit einem lauten Knall zu Boden.

 

Rauchschwaden stiegen aus seiner Brust hervor und schlängelten sich wie Schlangen aus Feuer an unseren Hosenbeinen herauf und stiegen schlussendlich in die Luft. "WA...S IST DAS FÜR EINE KOMISCHE MACHT!" Der Kapitän schrie aus vollem Halse und seine Augen quollen aus den Höhlen hervor. Die Temperatur in seiner Umgebung wurde immer kälter. "Das ist anders! Diese Macht geht von etwas sehr Mächtigen aus das tief unter der Meeresdecke lebt!" Nach dem Beenden des Satzes wurde er bewusstlos und sackte in sich zusammen.

 

Wir trugen ihn in sein Gemach und legten ihn dort in sein weiches, warmes Bett. So schnell wir konnten rannten wir wieder raus an Deck und wurden von einer eisigen Kaltfront direkt getroffen. Um unsere Kopfhaare kristallisierten sich sofort Eiskristalle und unserer beiden Köpfe wurden schwerer.

 

Die Kälte der Luft nahm von Minute zu Minute zu und schon bald hatte man das Gefühl in einer Flamme aus Frost zu stehen. Es tat schrecklich weh als sich die Blutgefäße so krampfhaft zusammenzogen und ich schrie lauthals auf.

Ich stützte mich mit einer Hand an der Reling auf und umschloss die Holzleisten stark um nicht zusammen zu sacken. Bei dem Versuch einen Eishauch abzublocken war mein Fischermesser, dass ich immer dabeihatte, einfach zerborsten.

 

Ich sah zu Yalik der zitternd neben mir am Boden lag. Das letzte was ich mitbekam war, wie sich eine eisige große Hand in der Form einer Klaue über mein Gesicht legte und mir schwarz vor Augen wurde.

Kapitel IV-Die Fiedje Festung I

Nässe…das erste Empfinden als ich wieder zu mir kam. Kälte folgte gleich darauf.

Ich konnte meine Augenlieder nicht öffnen, da sie noch etwas Zeit benötigten um abzukühlen. Was ich jedoch bewegen konnte waren meine Hände und Füße. Wenn ich sie auch noch nicht so richtig spüren konnte, bewegen konnte ich sie zu mindestens ein wenig.  Ich griff zum Boden und erfühlte ein seltsames pulverförmiges Objekt in meiner Hand. Es fühlte sich irgendwie an wie feiner Sand vom Strand Krinavens, nur ein wenig kälter und nicht so körnig.

 

Leise rieselte es durch meine Finger hindurch als sei es Wasser, und meine Hand kribbelte da nun das Blut wieder hineinströmte und ich mein Gefühl zurück bekam. Langsam bewegte ich meine Finger, jeden einzeln, dann nur die Spitze. Dasselbe tat ich auch mit meinen Füßen und musste erfreut feststellen, dass ich mir nichts gebrochen hatte oder etwas abgefroren war, wie es passieren konnte, wenn man eine Körperstelle zu lange dem Frost aussetzte, wie mir die Crew im Raum des Kapitäns erzählt hatte.

 

Anscheinend blutete ich am linken Arm, da ich merkte wie etwas Heißes aus meinem Arm in die unerklärliche weiße Masse tropfte.

 

Mühsam tastete ich mit meiner rechten Hand nach und zuckte zusammen, da bei dieser Bewegung ein heftiger Schmerz durch meinen Körper jagte. Anscheinend hatte ich mir doch irgendetwas gebrochen, sei es nun eine Rippe oder die Schulter.

 

Also hob ich meinen linken Arm in die Luft, der scheinbar noch intakt war und ließ die heiße Flüssigkeit an meinem Arm nach unten laufen bis sie auf Höhe meines Halses angelangt war. Ich roch den Geruch von Eisen und ab dem Moment war mir klar, dass ich bluten musste. Bei dem Gedanken an das heiße Blut fiel mir auf, dass ich damit auch gleich meine Augenlieder auftauen konnte. Im Nachhinein eine blöde Idee. Das Blut benetzte meine Lieder und schmolz die Eiskristalle um meine Wimpern, sodass ich meine Augen öffnen hätte können, wäre da nicht mein Blut gewesen. Es rann mir in meine Augen und brannte als hätte ich gerade einen Stich in meinen Augapfel erlitten.

 

Ich biss die Zähne zusammen und zischte, meine Hand über mein Auge haltend, durch meine Zähne hindurch und bereute meine Entscheidung. Nachdem die rote Sicht der Dinge vorüber war, und ich wieder klar sehen konnte, sah ich nichts als weiß. Grenzenloses Weiß überall.

 

Meinen Kopf aufrichtend bemerkte ich erst einmal, dass der Schmerz nicht von einer gebrochenen Rippe kommen konnte was mich erst einmal glücklich stimmte, da ich mit gebrochener rechter Schulter zu mindestens laufen konnte, vorausgesetzt ich finde bald die Kraft dazu, sonst würde ich hier erfrieren oder verbluten, eins von beidem.

 

In der Ferne konnte ich riesige Massen aus Eis erkennen, die beinahe schwerelos im Wasser zu treiben schienen. Sie waren zirka zwei Dutzend Meter groß und bestanden vollkommen aus glasklarem Eis. Ich drehte meinen Kopf nach links und erkannte hohe Wände aus Permafrost-Eis die, über einen schmalen Fluss zu einer Meeresmündung führten, wo diese dann spitz zulaufend, fast schon wie Krallen eines Greifvogels, in den Himmel stachen.

 

Mein Körper gewöhnte sich ungewöhnlich schnell an die Kälte und schon bald nahm ich sie nur noch unterbewusst wahr. Jedoch waren meine Kleider durchnässt und durchgefroren und ich hatte meinen Kompass von der Black Ann auch nicht mehr. Apropos Black Ann, bin ich der einzige der Crew der hier gelandet ist, oder sind die anderen auch irgendwo hier und sind nur zu schwach um aufzustehen, so wie ich? "

 

HALLO? ICH BINS, JONATHAN.  DER NAVIGATOR DER BLACK ANN. KANN MICH IRGENDJEMAND HÖREN?" 

 

Stille.

 

Ein weiters Mal versuchte ich mein Glück: "HALLO? HIER IST JONATHAN VON DER BLACK ANN. IST HIER IRGENDJEMAND?"

 

Es herrschte nach wie vor Stille.

 

Nach weiteren stillen geschätzten zehn Minuten, verging mir die Hoffnung, dass hier irgendjemand außer mir gestrandet sein könnte. Aber so viel ich an den Formen an der Küste erkennen kann, müsste es sich bei dieser kargen, trostlosen Landschaft um den unerforschten Kontinenten Njedviral im Norden handeln. Dann würde es mich aber wundern auf welche Weise ich überleben konnte.

 

Alles was ich noch weiß ist, dass mich diese kalte, weiße Hand geschnappt hatte und mein Gesicht verdeckte. Was danach geschah bleibt wohl ein Geheimnis für all jene die dieses Ereignis nicht überlebt hatten.

Natürlich hoffte ich darauf, dass alle wohl behalten wieder bei sich zuhause sind und ein unbeschwertes Leben weiterführten, von dem die Meisten nur träumen konnten, aber mit Sicherheit fanden auch viele Männer bei diesem Übergriff, von wem er auch immer ausging, ihr Seemannsgrab in den dunklen Tiefen des Meeres der Leere. Kurz hielt ich inne um meiner Mannschaft zu gedenken.

 

Wie mochte es Bekki wohl gerade ergehen? Trauerte sie mir noch immer hinterher oder hatte sie sich schon damit abgefunden und beschlossen, dass ich nie mehr zurückkommen werde?

 

Damals als wir noch Kinder waren und wir zusammen in den Gassen Krinavens herumgetollt sind, das waren noch Zeiten. Wie die Bekloppten sind wir durch die engen Gassen gehetzt und durch die Gegend geschrien, wenn der andere schon nah war und nur noch ein Stück bis zum Fangen fehlte.

 

Alles war so unbeschwert gewesen zu dieser Zeit.

 

Manchmal vermisste ich die Zeit mit meinem Vater echt. So streng und jähzornig er auch war, er war mir ein guter Vater gewesen, der mir viel über das Leben und über das Fischen beigebracht hatte.

 

Die stillen sternenklaren Nächte an denen wir immer noch einmal rausgefahren waren um ein paar extra Schnapper zu fangen, um uns am nächsten Tag noch ein paar einzulegen für harte Zeiten...ich schreckte hoch, als ich in der Ferne ein Geräusch vernahm.

 

Zuerst war es kaum zu hören unter dem lauten Pfeifen des Windes in meinen Ohren, doch allmählich wurde es immer deutlicher. Ein leises tippeln, knirschende Schritte, schwere Schritte. Die Schritte wurden langsamer. Plötzlich verhallten die Schritte.

 

Ich deckte mich mit der weißen Masse zu, da ich mich vor Wildtieren schützen wollte. Also lag ich nun da und wartete was als nächstes passieren würde.

 

Ich konnte nichts hören außer dem Wind und das leise Fließen des Wassers im Fluss. Nach einer Weile hörte ich nichts mehr und war mir schon ziemlich sicher, dass dieses etwas, das ich da zuvor gehört hatte nun sicherlich das Interesse an mir verloren hatte und atmete erleichtert aus.

 

Mein Rücken fühlte sich warm an und in mir breitete sich ein angenehmes Gefühl der Behaglichkeit aus. Warte einmal, Wärme...in einem Gebiet wie diesem? Entweder war hinter mir gerade eine heiße Quelle entsprungen, oder aber......ich drehte meinen Kopf in die Richtung der Wärme. Dort stand…eine…Fackel?

 

Was um alles in der Welt hat eine Fackel in der Größe eines ausgewachsenen Menschen hinter mir zu tun? Die Fackel strahlte Behaglichkeit und Wärme wie die aus dem Kamin in Krinaven aus, wenn die kalten Monate ins Land zogen und in den Zimmern geheizt wurde. Ich erfreute mich an der Fackel und schaute mich um und da saß er…es? Der scheinbare Besitzer der Fackel.

 

Ich konnte es zu Anfang nicht wirklich ausmachen, doch weit oben auf einem Hügel saß es und beobachtete mich, wie ich mich an der Fackel wärmte. Es war zirka neun Fuß groß und von unten bis oben bedeckt mit einer gewaltigen Menge weißer Haare. Es hatte breite Füße die zottig und stark waren, muskulöse Beine und Arme wie Baumstämme, die aussahen als könnte es damit Felsen mit bloßer Kraft zerdrücken.

 

Auffällig an dem Wesen waren seine langen, großen, nach hinten spitz zulaufenden weißen Ohren. Vier Stück davon. Seine gelben Augen, deren Pupillen derer einer Schlange glichen, fixierten mein Gesicht.

 

Langsam kam es vom Hügel herunter und setzte sich vor mich in die pampige Wassermischung und fixierte weiter mein Gesicht ohne ein Wort zu sagen.

 

Es sah auf meine Wunde am linken Arm und sah dann auf meine rechte Schulter als ob es die Verletzungen mit freiem Auge erkennen könne. "You wounded. Need medicine. Also need sleep. I'll carry you to ice castle. Master awaits you!" Ich nickte, was auch immer dieses Wesen gerade zu mir gesagt hatte, aber medicine klang nach Medizin und das brauchte ich nun wirklich dringend.

 

Es hob mich hoch als wäre ich nichts anderes als ein Schnapper und setzte mich auf seinen Rücken. Den Blick an mich gerichtet ballte es die Faust und machte eine Kletterbewegung. Ich sollte mich am Fell des Riesen festhalten. Das Fell war angenehm warm und fühlte sich an wie eine Steppdecke.

 

Es nahm seine Fackel in die Hand und begann schweren Schrittes auf eine Passage ins Landesinnere zuzusteuern. Wir kamen schnell durch das Gestöber zur Passage die durch ein Tor aus kristallinen Eis gezeichnet war.

 

Das Land hinter dem Hügel war gezeichnet durch gefrorene Bäume und Felder aus eisigen Rosen die in einem Spiralkreis angeordnet waren.

 

Wenngleich es einem Wunderwerk glich und der Garten exquisit war gab es doch eigentlich keinen Anlass für dies, oder etwa doch?

"Wer, oder was bist du eigentlich?", fragte ich den Koloss. "Krikua, der Fjelmès", sprach Krikua, der Fjelmes. "Du sprichst ja die Sprache der OHNOTE", stellte ich erstaunt fest. "War mal hier. OHNOTE. Sehr lange her", entgegnete der Fjelmes. "Du runter hier. Schloss weit, weit weg. Wir nehmen Krypto Phönix", erklärte er mir.

 

Krikua ging mit der Fackel zu einem großen Eissee und schwang die Fackel darüber, sodass diese Funken durch die Luft wirbeln lies, welche auf dem See aus Eis liegen blieben. "KRYADO, kranst Volum Dandong Sera juton", rief Krikua dem Eis zu. Das Eis summte leicht und bekam Risse. Die dicke Eisschicht brach plötzlich auf und formte zwei riesige Schwingen aus Eis. Der Körper eines Vogels bildete sich und saugte all die Kälte der Umgebung auf. Die Fackel erlosch dabei.

 

"Das KRYADO. Antiker Wächter von Ursprung Njedviral", erzählte mir Krikua. Der Wächter kreischte ohrenbetäubend, sank zum Boden, ließ uns aufsteigen und erhob sich mit zwei gewaltigen Schwingen schlagen in die arktischen Lüfte.

 

Von Oben aus sah Njedviral aus wie eine gewaltige Dornenkugel aus Eis. Ich sah große Wälder unter mir hinwegfliegen und staunte wie groß doch dieser Kontinent im Vergleich zu OHNOTE war. Unter uns erstreckten sich Eisgebirgszüge, karge Landschaften, verlassene Dörfer aus früheren Zeiten und Eisgeysire, wie mir Krikua erläuterte.

 

Nach einer halben Tagesreise bei der Windgeschwindigtkeit Njedvirals erkannte ich unter uns eine gewaltige Feste aus schimmernden Eis und in der Abendsonne strahlenden Turmspitzen die aus riesigen Eiskristallen bestanden.

 

Der Krypto Phönix drosselte seinen Flug und begann mit gewaltigen Flügelschlägen herab zu sinken. Unter den gewaltigen Schwingen des antiken Wächters gefror die Luft immer wieder zu einer dünnen Eisschicht, sobald er diese gen Boden schwang. Wir verloren schnell an Höhe und die Luft wurde wieder dicker und die Feste unter uns immer größer.

 

Am Boden angekommen bedankten wir uns beim antiken Krypto Phönix für den schnellen Transport. Dieser blickte uns aus seinen eisigen Augen an, als der Körper des Wächters plötzlich klirrte und Risse bekam, die sich immer weiter ausbreiteten.

 

Die Risse wurden immer größer und der Krypto Phönix schloss seine Augen. "Wir müssen ihm helfen, Krikua, das Wesen wird sonst sterben!", schrie ich den Fjelmes mit weit geöffneten Augen an. "Nein, KRYADO nicht tot. Nur schlafen für weitere zehn Jahre.", sagte Krikua in einem ruhigen, erklärenden Ton.

Der Krypto Phönix breitete seine Schwingen aus und plötzlich wurde es so kalt, dass es mir vorkam als würden meine Finger gleich explodieren.

 

Ein eisiger, gewaltiger Schneesturm, wie ich von Krikua erfahren hatte, hieß dieses weiße Zeug Schnee, entstand um den Phönix und verdichtete sich immer mehr, bis dieser voll im Sturm aus klirrender Kälte verschwinden zu schien. "Komm schnell unter meinen Mantel", drängte mich Krikua.

 

Ich tat wie mir geheißen, als auch schon eine eisige Welle aus Frost und Eis vom Wächter aus über die Landschaft fegte und alles in ihrem Weg mit einer dicken undurchsichtigen weißen Eisschicht überzog. Dort wo der Wächter gerade noch war stand inmitten von weißen Frostschwaden nun ein makelloser, gewaltiger Eisberg, der wie ein Monument in den Himmel ragte und dessen matte Spitze die Sonne zum Funkeln brachte.

 

Erstaunt sah ich zu Krikua doch dieser wand sich schon der Feste zu und schritt langsamen Schrittes voran. Ich tat es ihm gleich und wir näherten uns immer weiter diesem gewaltigen Gebilde aus Eis, dessen Ursprung ich nicht einmal in meinen kühnsten Gedanken erahnen konnte.

 

Eine Wand aus Eis mit spitz zulaufenden Zacken nach oben vermied es uns das Schloss zu betreten, doch als Krikua seine Hand auf diese legte, versank sie auch schon im schneebedeckten Boden und gab den Weg frei.

Hinter der Wand bot sich mir ein scheinbar vertrautes Bild, jedoch auch nur fast. Hölzern getafelte Häuser mit großen gerahmten Fenstern und einem steinernen Schornstein auf dem Dach, welcher Rauch ausspuckte, der in dünnen nebligen Schwaden zum Himmel hoch steigen.

 

Jedoch schwamm jedes einzelne der Häuser auf einer Art See, welcher das Haus durch eine Art treibende Baumstämme miteinander verband, welche mich an Stege aus meiner Heimat erinnerten. Geradeaus stand ein azurblauer Turm auf einer Anhöhe, welche die Mitte der Festung bildete.

 

Der Turm war geprägt durch mit Gold durchwirkte Außenwände und prunkvolle Statuetten, welche den Eingang zum Turm zu bewachen schienen. Auch dieser stand inmitten eines Sees, verbunden durch eine steinerne Brücke, die sogar ein bisschen Romantik zuließ, war sie doch durch kunstvolle Formen an den Wänden geprägt.

 

"Willkommen in der Hauptstadt von Njedviral und somit auch ihrer Festung, Fiedje. Die Festung des nördlichen Eisdrachens.", sprach Krikua mit ein wenig Ehrfurcht aus. Bei Eisdrache gefror mein Blut beinahe.

Einige andere Fjelmes die größer waren als Krikua gingen langsamen Schrittes ihrer Wege und beäugten mich und Krikua kritisch.

 

Mir war ein wenig unwohl dabei, diesen Herrscher der Feste kennenzulernen, wirkte der Turm in deren Mitte doch sehr machtvoll und Respekt einflößend. Krikua steuerte genau auf diesen Turm zu und murmelte vor sich hin, dass der Herrscher schon warten würde und er sicher schon wieder unruhig wäre und dass mit ihm nicht zu spaßen sei. Das flaue Gefühl wurde dadurch nur verstärkt.

 

 Nach einer Weile standen wir nun vor dem kolossalen Hauptturm und überquerten die steinerne Brücke, die Rauten trug wie ich nun erkannte. Das Schloss des Turms war durch ein großes Eiskristall versiegelt, doch als Krikua wieder seine Hand darauf legte schrumpfte der Kristall und zog sich in das Schlüsselloch zurück. Die Tür des Turmes brach beinahe auf und dahinter konnte man das klirrende Brechen von Eis hören.

 

Erstaunt über Krikuas Fertigkeiten sah ich ihn fragend an. Er sah mich zurück an und antwortete:" Warum ich das Eis verschwinden lasse? Willst du es wissen?". "Ja, das würde ich gerne", sprach ich zurück. "Wir Fjelmes haben besondere Gabe die man "das Strukturieren" nennt. Damit wir Gegenstände aus wahrem Eis nach unserem Willen formen können!", erzählte mir Krikua energisch und schenkte mir ein Lächeln seiner weißen Hauer.

 

Eine Wendeltreppe aus dunkelblauen Eis schlängelte sich ihren Weg nach oben soweit das Auge reichte. Ein Geräusch wie das eines riesigen Windspiels war zu hören, was mich irgendwie irritierte, jedoch hielt ich es für weniger relevant und begann gemeinsam mit Krikua den Aufstieg bis zu den Gemächern des Herrschers, in welcher Form dieser auch immer leben würde.

 

In meiner Vorstellung war seine Herrschaftsresidenz durch Schneestürme geplagt und mit langen eiskalten Nebelschwaden durchzogen.

 

Als ich die erste Treppenstufe betrat setzte sich diese von selbst in Bewegung und glitt lautlos an den anderen Treppenstufen vorbei immer höher hinauf. Mit aller Mühe versuchte ich mich auf der schmalen Treppe zu halten und auch nicht auszurutschen, was ziemlich komisch war, da Krikua viel größere Füße wie ich hatte, dieser jedoch sorgenlos auf seinem Teil der Treppe mir voraus stand und keine Anzeichen machte herunter zu fallen.

 

Es dauerte kaum eine Minute, da waren wir bereits am höchsten Punkt des Turmes angelangt. Eine steinerne Treppe führte weiter hinauf in den Turm und wir gingen die letzten Stufen bis ganz oben wieder auf festem Boden entlang.

 

Wir betraten einen ausgiebigen, jedoch viel wärmeren Raum, der Fackelgesäumt war und für die Residenz eines Eiskönigs einen warmen Eindruck machte, was für mich irgendwie keinen Sinn ergab. Die Wände waren aus durchsichtigem Eis gefertigt worden und man hatte einen tollen Blick auf die restliche Festung und auch ein wenig um das umliegende Land außerhalb der Mauern. Dann erst bemerkte ich einen Thron, auf dem ein älterer Mann kauerte und mich interessiert und zugleich abwertend betrachtete.

 

Der Mann hatte eine schneeweiße Haut und blitzblaue Augen, schon fast als bestünden sie aus den Gewässern des Sees rund um den Turm. In seinem langen weißen Bart sammelten sich Wassertropfen, die dann auf sein königliches, schneeweißes Gewand tropften und dort sofort wieder gefroren. Krikua bedeutete mir mich vor dem Mann zu verneigen und so tat ich es.

 

Krikua sprach in gesenktem Ton zu dem Mann im Thron:" Eure Majestät, ich habe euch den Jungen gebracht, der an die Küste bei Njernil gespült worden war." Der Herrscher nickte kurz und sah mich nun weiter aus seinen kalten und hasserfüllten Augen an.

 

Seine Blicke fühlten sich an als ob der Frost langsam meine Adern entlang kriecht und alles hinter sich vereisen lässt.

 

Ich zuckte zusammen, meinen Blick leicht abgewendet und mich schauderte es innerlich. Mit einer brausenden, tiefen Stimme fing der König an zu sprechen: "Ich bin Frejlbiart Higasson, der hiesige Herrscher, der König des Kontinents Njedviral und auch der Befreier dieses Landes von den Dämonen des Belfrosts. Du, der du ein einfacher Seemann auf Entdeckungstour bist, hast deine Füße nicht mein Land berühren zu lassen, geschweige denn, mit deinem schmutzigen Atem mein Land zu benetzen! Verschwinde von hier, oder du wirst es bitter bereuen. Geh zurück wo du hingehörst und wage es nicht in meiner Anwesenheit zu existieren!"

 

Ich erhob meinen Kopf und fing an mit klarer Stimme zum Herrscher: " Herrscher Njedvirals, Frejlbiart, ich würde gerne mehr über diesen Kontinenten erfahren und ob meine Crew vom Schiff, der Black Ann, auch hier gelandet sind und ob sie überlebt haben."

 

...In den Augen des Herrschers wuchs etwas düsteres, verheerendes heran. Es war nicht gleichzusetzen mit Wut, es war etwas viel tieferwiegendes. Die Pupillen des Königs veränderten ihre Form und wurden zu denen eines Reptils. In seiner Iris glimmten kleine tanzende eisblaue Flammen, die schon weh taten, wenn man sie nur ansah.

 

"DU WAGST ES MICH BEI MEINEM NAMEN ZU NENNEN, DU MINDERE EXISTENZ!", brüllte er in einem Ton der einem Menschen nur noch wenig ähnelte. "Ja, einen Mann deiner Crew, haben wir vor einigen Tagen in den westlichen Fjords Ildars gefunden. Und du wirst ihm von nun an Gesellschaft leisten! Kyö Manam Dvinat."

 

Die Wand hinter dem Thron riss auf und ihr entstiegen zwei Wachen in voller Rüstung, in deren leeren Augen eine kalte Flamme brannte.

 

Sie ergriffen mich und führten mich mich durch das Loch in der Wand hindurch, dass nun einer eisigen Spiegelwand glich.

 

Als ich diese berührte hörte ich den König noch sagen:" In dieser Welt ist derjenige stark, der den echten Namen der Frostwächter kennt, die einst hier in den eisigen Weiten Njedvirals versiegelt wurden...!"

Als mein Gesicht die Fläche berührte, tauchte ich durch sie hindurch und ich befand mich zusammen mit den beschworenen Leibgardisten des Königs in einer Art verließ.

 

Vor einer Zelle, die durch Eissäulen versperrt war hielten sie an und drückten mich durch die Säulen als wären diese nichts als Illusion, doch als ich sie umfasste erschienen sie massiv und undurchdringbar. "Die Gabe der Fjelmes? Aber das waren doch ganz normale Menschen gewesen, oder?", dachte ich mir stark verwirrt.

 

Die Gardisten verschwanden in einer der Wände, die sich wieder hinter ihnen zu einem Ganzen zusammenschloss, als wäre da nie etwas gewesen.

 

Nach unzähligen energischen Versuchen mein kaltes Gefängnis zu verlassen gab ich auf und kauerte mich in eine Ecke meiner Zelle und begann nachzudenken, warum ich diese Reise überhaupt angetreten war. "Und was passierte eigentlich nachdem diese Hand auf dem Schiff mein Gesicht verdeckte und ich am kalten Strand von Njedviral wieder auftauchte.

 

Und wer war dieser Andere den der König erwähnte, und vor allem was hatte er mit dem wahren Namen gemeint als seine Wachen mich fortführten. So viele Fragen." Mir tat der Kopf weh und vom ganzen Nachdenken war ich müde geworden. Ich wusste zwar, dass ich nicht bei so einer Kälte einschlafen sollte, jedoch konnte ich meinem Körper nicht noch mehr Schlafentzug zumuten und sobald ich meine Augenlieder schloss war ich auch schon vom Traum verschlungen.

 

Mein Traum fing damit an, dass ich von meiner Kindheit träumte, damals als ich noch mit meinem Vater in unserem alten Boot hinaus gefahren waren um Meeresgetier einzufangen. Ich warf das Ködernetz aus und es sank in die Tiefen des blauen Meeres auf deren Oberfläche der Mond weißt tanzte und seinen Schein auf uns herab ließ.

 

Das Netz straffte sich in meinen Händen und ich spürte schon die ersten Schnapper und Krundler ins Netz schwimmen.

 

Mein Vater lobte mich, dass ich das gut mache und schenkte mir ein Lächeln, das von Herzen kam. Plötzlich riss etwas Großes weiter unten am Netz und ich konnte es kaum noch halten. Mein Vater eilte herbei um mir zu helfen und wir beide hielten das Netz mit aller Kraft oben.

 

Der Druck von unten wurde jedoch immer größer und entriss mir die Taue in meinen Händen. Mein Vater nahm sie schnell und spannte seine für sein Alter gut gebauten Oberarme an und legte all seine Kraft in seine Oberarme.

 

So hielt er die Taue für eine Weile und war sich sicher dieses große Untier los geworden zu sein. Er zog das Netz langsam ein um den Fang zu begutachten und zog es Stück für Stück an, bis die ersten Fische zu sehen waren.

 

Eine große Anzahl an Krundlern zappelte in den Zwischenräumen des Netzes und ich stieß einen Freudenschrei aus. Mein Vater grinste auch vom einen Ohr zum anderen und sah mich an. Auf einmal straffte sich das Netz wieder und aufgrund des plötzlichen Ziehens flog mein Vater mit einem Hechtsprung ins Wasser.

 

Er war ein wenig geschockt und wollte gerade wieder ins Boot steigen als um ihn herum Luftblasen aufstiegen.

 

Seine Augen weiteten sich und er bemühte sich so schnell wie möglich ins Boot zu kommen. Vom Boot aus konnte ich unter meinem Vater einen Schatten erkennen, der schnell an Größe gewann und nun ein halbes Dutzend Tau-ähnliche Gebilde Richtung Oberfläche schwammen.

 

Der Schatten wurde noch größer und umhüllte meinen Vater nun komplett. Ein lilafarbener Greifarm schlang sich um seinen rechten Arm und zog ihm den Arm ins Wasser.

 

Ein weiterer erschien und umschlang seinen Brustkorb und. Das Ding entpuppte sich als ein riesengroßer Tintenfisch, dessen Spitzer Kopf mit tellergroßen Augen nun an der Oberfläche erschien und meinen Vater anstarrte, während das Tier sich immer weiter auf ihn zu bewegte.

 

Ich stach wie wild mit meinem Fischmesser auf die Arme der Bestie ein, doch leider ohne Erfolg. Das Wesen zog meinen Vater nun zu sich und aus meiner Reichweite.

 

Als das Ding sich seitwärts drehte vernahm ich nur noch höllische Schmerzensschreie meines Vaters, da das Wesen anscheinend im Begriff war ihn zu fressen. Blut strömte hinauf und umringte meinen Vater in einer dunkelroten Wolke, die sich mit den Wellen vermischte.

 

Ich hörte wie Knochen brachen und mein Vater gellend schrie. "Flieh!", schrie mir mein Vater mit blutüberströmtem Gesicht entgegen. Ich war zu geschockt und konnte mich nicht rühren. Mein Vater wurde immer schwächer und als er nur noch flach atmete, kehrte das Monstrum und versank mit ihm in die Tiefe.

 

Das Letzte was ich sah waren die Blutströme meines Vaters im Mondlicht. Dann kippte ich um." Schweißgebadet schoss ich in meiner Zelle hoch und atmete zuerst viermal so schnell wie normal. Meine Augen drohten fast herauszufallen, sosehr waren sie geweitet.

 

Ich brauchte zuerst einmal eine Weile um mich zu beruhigen. "Es war nur ein Traum, Jonathan, nur ein böser Traum", versuchte ich mir einzureden, wissend, dass diese Szene so echt passiert war, damals, fünf Jahre nach dem Tod meiner Mutter.

 

Der Tod meines Vaters ging mir nie aus dem Kopf. Jedoch hatte ich weitgehendst versucht diese schreckliche Nacht zu vergessen. Und bis jetzt dachte ich auch, ich würde es schaffen. Da waren plötzlich Schritte auf dem Boden zu vernehmen.

 

Aus meiner Ecke sah ich hinaus auf die Gänge mit den Fackeln aus Frostflammen gespeist und sah wie die Gardisten jemanden zurück zu seiner Zelle brachten, was ich vermutete, da die Person sich nicht gegen die Wachen wehrte.

 

Als sie vorbeiging war das einzige was ich erkennen konnte, die braunen ledernen Schuhe und die dunkle Hose mit dem Wappen eines fremden Reiches auf dem ein Skorpion abgebildet war.

Ein Skorpion..." An irgendwen erinnert mich dieses Wappen, nur an wen", dachte ich fiebrig nach. Ich dachte zurück an alle Personen die mir spontan einfielen. Es war doch nicht etwa...!

 

"Yalik, es musste Yalik sein!", staunte ich energisch.

 

Einerseits freute ich mich, da ich gebetet hatte, dass er überleben würde. Andererseits war ich auch ein wenig traurig, aufgrund seiner Gefangenschaft die er sich ebenfalls zu gehandelt hatte.

 

Die Schritte der drei verhallten langsam in der Dunkelheit. Nach einer Zeit hörte ich ein Schloss in die Angeln fallen, jedoch war ich verwundert, dass es ein Schloss war, da ich fest damit gerechnet hatte, es gäbe hier nur Eiszellen, wie die meine. Bis auf das glockenspielähnliche Klirren konnte ich nichts vernehmen.

 

Ich griff nach meinem Seesack, da ich Hunger hatte und einen guten Krundler essen wollte, jedoch musste ich enttäuscht feststellen, dass dieser höchstwahrscheinlich in den Fluten untergegangen war.

 

Mein Magen protestiere wieder und zog sich zusammen, wodurch mein Körper sich verkrampfte.

Nun kauerte ich da am Boden und sah wahrscheinlich elendig aus. Plötzlich hörte ich ein Klirren wie das von Metall in meiner Nähe.

 

Mit Mühe erhob ich mein Haupt und sah eine Schüssel am Eingang meiner Zelle stehen. Wie ein wildes Tier stürzte ich mich auf den Brei in der Schüssel und schlang ihn binnen Sekunden runter. Vom schnellen Essen tat mir der Bauch zwar nun noch mehr weh, jedoch war mein Magen nun voll.

 

Ich näherte mich den Gitterstäben um einen Blick auf den vermeintlichen Gönner zu erhaschen. Mein Blick wanderte über die blitzenden Eisböden und Wände rings um mich, als ich jemanden erkennen konnte.

 

Es war eine alte Greisin in Lumpen gekleidet, die langsamen Schrittes an ein paar Zellen stoppte, aus einem Sack ein wenig Getreide entnahm und es mit aufgegossenem Wasser in einer metallenen Schüssel an die Zelle brachte.

 

"Wenigstens muss ich nicht den Hungertod erleiden", sprach ich zu mir selbst. Der Brei hielt mich noch lange satt und ich stellte mir die Frage wie lange ich nun schon hier drin sein musste, da die Helligkeit sich hier drin ja nicht änderte.

 

Irgendwie hatte das Klirren etwas Beruhigendes an sich, fast wie ein altes vergessenes Lied, welches schon vor Äonen von den Bewohnern hier gesungen wurde. Nachdenklich lehnte ich mich an die eisige Wand, jedoch machte mir die Kälte des Eises nun beinahe nichts mehr aus. 

 

 Ich lauschte dem Klirren des Eises, das zwar beruhigend wirkte, jedoch trotzdem die Isolation vermittelte die dieser Aufenthalt schließlich war.

 

Hin und wieder erschienen Wächter, die ihre Runden drehten und die alte Greisin die seelenruhig den Getreidebrei an die Insassen verteilte. Dieser Zyklus wurde mit der Zeit zur Gewohnheit. Wächter, Essen, Stille, Essen, Wächter, Stille.

 

Mein Tagesablauf bestand aus Essen und Nachdenken, nicht geradezu abwechslungsreich, aber zu mindestens hatte ich etwas zu tun. 

 

Einige Zeit nach dem zweiten Kontrollgang der Wächter, die Stille hatte schon eine Weile eingesetzt, vernahm ich ein leises Murmeln aus einiger Entfernung.

 

Es klang wie ein leises Flüstern von Worten, schon fast so als würde jemand innig beten. Es war eine weibliche helle Stimme, ein leiser Hauch von Verzweiflung in ihrer Stimme. Andächtig lauschte ich dieser sanften und doch flüchtigen Stimme, die in mir ein Gefühl von Vertrautheit erweckte.

 

Nach längerem Zuhören erkannte ich, dass das Mädchen in Wahrheit ein Lied in die Gänge des Verlieses raunte.

 

Es klang fremd und doch erwärmte es einem das Herz, wenn man es vernahm. Das ging noch für ein paar Minuten so und dann erlag der warme Gesang wieder der eintönigen Stille und des Klirrens des Eises. 

 

Ihr Gesang ging mir nicht mehr aus dem Kopf und ich wollte mehr über sie wissen. Komischerweise hatte ich das Bedürfnis dieses Mädchen zu beschützen.

 

Nachdenklich, jedoch mit warmen Herzen lehnte ich mich an meine Wand aus Eis. 

Mochte sie eventuell auch wie ich auf einem Schiff hierher gebracht worden? Hatte sie auch wie ich ihre Mannschafft auf dem Weg hierher verloren? Oder war sie vielleicht sogar von hier. Hatte sie auch jemanden in ihrer Heimat an den sie denken musste, wenn sie ihre Lieder erklingen ließ? Dachte sie, wie ich auch, dass sie die einzige in dieser trostlosen Landschaft war? 

 

Die Fragen die ich mir stellte überschlugen sich und bald konnte ich nichtmehr richtig nachdenken. Ich musste sofort an meine Heimat zurückdenken, an Krinaven, an meinen Vater und die Dorfbewohner...und an Rebecca... Mein Heimweh überkam mich so gewaltig wie eine Flutwelle auf offener See.

 

Konzentriert dachte ich zurück, schloss meine Augen und stimmte ein Lied an, welches mir Rebecca einst in Kindertagen vorsang, als wir abends im Sommer auf dem Hügel lagen und uns das Sternenzelt ansahen. Während ich gebannt in das Firmament starrte hatte sie immer dieses Lied gesungen, ich glaube es hieß der tosende Sturm, oder so ähnlich.

 

Langsam öffnete ich meinen Mund und fing an in einem leisen und festen Ton zu singen:

 

" Ein Sturm zieht auf, rollt heran. Seine Absicht bleibt unbekannt. Ein geladener Blitz, wird spalten das Meer. Seine Zukunft bleibt ungewiss. Das Herz des Sturms es tost heran, gen Strudel schweift der Blick. Die Welle bricht, über uns herein, die Kraft des Sturms im Innersten rein."

 

Vom einen auf den anderen Moment fühle ich mich als sei ich wieder zurück am Hafen Krinavens, Abschied nehmend, die ganzen Menschen in meinem Herzen vereint. Als mein Gesang verklang hörte ich ein leises Summen des Mädchens, dem mein Lied anscheinend gefallen haben haben muss, da sie es nachsummte und dabei viel fröhlicher klang als gerade eben noch.

 

Ein leises Bewegen war zu hören. Auf einmal bildeten sich vor einer Zelle etwas links gelegen von meiner, dünnen Schwade in der Luft.

 

Das Mädchen musste wohl in dieser Zelle sein und sich vor zu den undurchdringbaren Gitterstäben gesetzt haben. Ich beobachtete dies noch eine Weile als sich auf einmal sanfte, lange Finger um die Stäbe legten und ein langatmiges Seufzen zu hören war.

 

Die eleganten Finger lösten sich langsam von den Stangen und sie schien sich hinzulegen auf den kalten Boden hinter den Stäben. Mit einer Verzögerung tat ich es ihr gleich und so lagen wir nun da und achteten für eine Weile nur auf den Atem des anderen.

 

Es dauerte eine Weile, da vernahm ich ruhigeres Atmen aus der Richtung ihrer Zelle und ich vermutete, dass sie wohl eingeschlafen sein musste. Für eine Weile lauschte ich ihr noch, doch dann zog ich mich tiefer in meine Zelle zurück und überdachte die Geschehnisse des heutigen Tages.

 

Es war schön gewesen endlich aus diesem monotonen Kreislauf ausbrechen zu können und wenn es auch nur für ein paar Stunden gewesen war, und dennoch hatte ich das nur diesem Mädchen und ihrem Lied zu verdanken, nun die Erkenntnis erlangt zu haben nicht allein in diesem großen kalten Ort leben zu müssen.

 

Meine Augen fielen mir zu ohne, dass ich es kontrollieren konnte, da ich womöglich an Schlafmangel litt, doch ein wenig Schlaf sollte mir gerade zugutekommen. Zum Glück verbrachte ich diese Nacht nicht mit einem Albtraum, sondern diesmal mit einem Traum über eine große weiße Landschaft, die allerdings nicht von Schneestürmen geplagt wurde und eher einen verschlafenen Eindruck auf mich machte.

 

Auch sah ich fünf Leute durch den Schnee stapfen, deren Gesichter ich leider nicht erkennen konnte, da tatsächlich die Sonne so sehr blendete, dass ich nur Silhouetten erkennen konnte und diese auch nur teilweise.

 

Ich konnte eine großgewachsene Person mit breiten Schultern und einer Fellmütze entdecken, die ein wenig zu klein wirkte, eine mittelgroße Person die sich mit der Anmut einer Katze bewegte und den Trupp seitlich begleitete, eine männliche Gestalt, in etwa einen Meter und achtzig mit wilden strubbeligen Haaren und einem Rossschwanz, eine kleine Person die in weite Gewänder gekleidet ist und mit dem Typen mit struppigen Haar Hand in Hand ging und die letzte Person hatte weiten Mantel an und ein gezacktes Messer an seinem Gürtel hängen.

 

Die Person war auch groß gewachsen und hatte einen Dreitagebart, was man gut erkennen konnte, da er der Truppe voraus ging und seine wuscheligen Haare in der weichen Sonnenstrahlung glitzerten. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen sah er sich zu seinen Gefolgsleuten um und diese erwiderten sein Lächeln und alle lachten.

 

Es war ein schönes Gefühl nach diesem Traum aufzuwachen und die Sonne noch in seinem Herzen zu spüren, da sie einem hier drin verwehrt blieb.

 

Ein wenig wartete ich in meiner Zelle um der alten Frau meinen Dank für das Essen auszusprechen, doch sie kam heute Morgen nicht.

 

Anstatt ihr kamen dann später die Wachen zu meiner Tür, öffneten die Eisgitter mit Leichtigkeit, packten mich und zogen mich aus der Zelle.

 

Ich wusste nicht ob ich mich freuen sollte endlich hier raus zu kommen oder doch eher Angst zu verspüren vor dem was nun kommen würde.

 

Die Wachen führten mich den Weg zwischen den Zellen gen links und ich erhaschte einen Blick auf das Mädchen der Zelle.

 

Sie hatte sandfarbenes Haar, doch nicht wie der Küstensand Krinavens, sondern einen helleren Ton der süß aussah.

 

Sie schlief noch und lag eingerollt am Boden wie eine kleine Katze. Mir wurde wieder warm ums Herz.

 

Doch dieser Anblick währte nicht lange. Die Wachen zerrten mich weiter und nach etlichem Abbiegen standen wir nun vor einer eisernen Tür.

 

Sie war groß und aus massiven Metall gegossen. Es war die Tür durch die vermutlich auch Yalik geführt worden war.

 

Die Eisentür schwang langsam auf und eine Welle aus Kälte schwappte mir entgegnen, gepaart mit absoluter Dunkelheit.

 

Die Wächter deuteten mir hinein zu gehen. Ich setzte Schritt vor Schritt in die Dunkelheit hinein. Hinter mir wurde das Tor langsam geschlossen. 

 

Nun umgab mich absolute Dunkelheit.

 

 

Kapitel IV-Die Fiedje Festung II

Dunkelheit so schwarz wie die Tiefen des Meeres.
Es roch nach Moder und tropfte von der Decke. Als ich mich durch die Leere tastete erfühlte ich eine raue Oberfläche, fast wie die von einer Fischhaut, jedoch kühler. Als ich weiter entlang streifte schoss ein Schmerz durch meine Hand. Ich hatte mich an der Oberfläche geschnitten. Ich fröstelte in meinem von der Reise gezeichneten Hemd, jedoch musste ich weiter gehen um nicht am Gefriertod zu sterben. Mit einem Ruck riss ich mir etwas Stoff vom Hemd und wickelte es als provisorischen Verband um meine blutige Hand. Schleppend bewegte ich mich fort, einen Fuß vor den anderen setzend. Meine Schritte hallten auf dem Boden nieder und schnellten in die Tiefe des vor mir liegenden Gewölbes.

 

Nach einer Zeit senkte sich der Pfad hinab und ich musste aufpassen, dass ich nicht ausrutschte und mich dabei verletzte. Unten angekommen führte mich ein schmaler Durchgang, durch welchen ich mich hindurchschieben musste in einen schummrigen Raum, zu mindestens konnte ich dadurch halbwegs sehen wo ich mich befand. Ich war in einem von Säulen gepflasterten Raum, der circa um die 8 Fuß an Höhe aufwies. Der Boden unter meinen Füßen knirschte sonderbar, als ich über ihn schritt. Ich sah zu Boden und bückte mich um zu ertasten was da unter meinen Füßen lag. Ich habe etwas Kantiges auf und führte es knapp vor meine Augen, sodass ich es sehen konnte. Es war ein hartes und bleiches Objekt. Bei genauerer Betrachtung fiel mir auf, dass es sich um einen Knochen handeln musste...und bei dieser Größe um einen menschlichen. Angewidert lies ich den Knochen fallen und bei Aufprall erzeugte dieser einen dumpfen Ton, der dumpfen Tönen gefolgt war. Mir lief es kalt über den Rücken. Ich stand wie angewurzelt da und brachte mich dazu nicht weiter darüber nachzudenken. Es war muchsmäuchschenstill geworden. Sogar das Tropfen hatte ausgesetzt. Eine Weile stand ich da und lauschte der Stille. Doch da war plötzlich etwas in der Luft über mir. Ein kurzer Luft Stoß. Danach nichts mehr. Mich in Sicherheit wiegend atmete ich aus und wollte weitergehen. Doch da vernahm ich ein merkwürdiges Scharren über mir. Abrupt blieb ich stehen und ein Schock durchfuhr mich. Irgendjemand oder Irgendetwas war hier in diesem Raum.

 

Gerade als ich gen Decke des Gewölbes blicken wollte schwebte vor mir plötzlich etwas langsam durch die Luft und näherte sich dem Boden. Ich fing es aus der Luft und beäugte es. Es sah aus wie die Feder eines Vogels, gar wie die einer Henne, doch für eine solche durchaus zu groß geraten. Akribisch dachte ich darüber nach ob ich solch ein Tier bereits gesehen hatte, doch dafür hatte ich keine Zeit. Über mir stürzte etwas von der Decke herab und schoss direkt auf mich zu. Die großen Krallen der Gestalt verfehlten mich nur um Haaresbreite. Geschickt rollte ich mich nach rechts ab und nahm eine defensive Haltung an. Die Gestalt richtete sich auf und in der Dunkelheit konnte ich vernehmen wie es seine Flügel ausbreitete und mir ein dunkelviolettes Augenpaar entgegenblickte. Es schoss erneut auf mich zu und raffte mich zu Boden. Seine starken Krallen bohrten sich in meine Schultern. Wütend strahlte es mich mit seinen Augen an und lies einen Schrei wie den eines Bussards los. Dann schnappte es mit einer Agilität zu die nicht menschlich war. Ich hatte Mühe damit auszuweichen und es biss mir mehrmals ins Gesicht. Hinter mich greifend ergriff ich einen großen langen Knochen und rammte ihn dem Wesen in den Bauch. Es schrie auf und lies von mir ab.

 

Erst jetzt bemerkte ich, dass das Wesen eine Mischung aus Mensch und Vogel war. Es hatte den Oberleib einer jungen Frau mit zu Zöpfen geflochtenen Haaren und einem jugendlich wirkenden Gesicht. Zudem hatte das Wesen eine schlanke Taille und einen schön geformten Körper. Man hätte es für eine junge Dame halten können, wäre da nicht ihr Unterleib gewesen, bestehend aus langen kräftigen mit Krallen bewehrten Beinen, die es zuzüglich des mit rasiermesserscharfen Zähnen Mundes unmenschlich machten. Wie dem auch sei, das Vieh bedeutete meinen Tod, sollte es mich noch einmal so packen. Es zog den spitzen Knochen mit seinen Flügelklauen aus dem Bauch und die Wunde verheilte augenblicklich. Nun war mir bange.

 

Weglaufen konnte ich nicht, denn die Kreatur war mit seinen Flügeln gewiss schneller als ich und sobald es mir erst einmal in den Rücken fiel war es aus mit mir. Alles was ich waffenlos tun konnte war, ohne Rücksicht auf Verlustes das Wesen kampfunfähig zu machen. Zielstrebig schoss ich auf das Wesen zu, das immer noch vom Stich zuvor abgelenkt war und sprang auf es. Ich rang es zu Boden und nahm einen Stein um der mystischen Gestalt den Schädel einzuschlagen, so wie ich es aus Krinaven gewöhnt war. Doch so weit kam ich nicht. Es packte mich an den Füßen und sprang mit mir in die Höhe. Panisch zappelnd hing ich nun in den scharfen Klauen des Biests, das mich kopfüber über dem Boden hielt. Im Sturzflug raste es durch den Raum im Begriff mich an der harten Felswand zu zerschmettern.

 

Den Stein fest durch meine Hand umschlossen neigte ich meinen Oberkörper zu den Füßen des Geschöpfs, benutzte den Schwung durch das Hochziehen an den Füßen des Wesens und mit meiner ganzen Kraft warf ich den Stein gegen den Schädel des Viehs. Es taumelte und ließ mich fallen während es mit einem lauten Knall auf die Wand aufprallte. Meine Schultern und Beine schmerzten vom festen Griff. Das Wesen fauchte mich wutentbrannt an und schrie auf als es mit seinen Flügeln zur Attacke ansetzte. Es kauerte und schrie wie wild. Ich entschied mich dazu es nicht zu Ende zu bringen und ging weiter meines Weges, das Kreischen der unwirklichen Kreatur hinter mir lassend.

 

Also schritt ich durch den Kampf gestärkt weiter durch die dunklen Gänge dieses Gewölbes. Bis auf ein paar Ratten und Spinnen begegneten mir auf meinem Weg aber keine Monstrosität mehr. Als ich nach einiger Zeit stehen blieb fühlte ich ganz schwach eiskalte Luft in mein Gesicht strömen. Hier musste ein Ausgang in der Nähe sein! In mir stieg die Motivation auf diesen Ausgang so schnell wie möglich zu finden. Energisch rannte ich den rutschigen Weg entlang und freute mich nun endlich wieder in Freiheit leben zu können. Jauchzend rannte ich bis mich meine Beine nicht mehr halten konnten immer gen den kalten Wind der wie die Freiheit selbst meine Atemwege einnahm und sie vom Rennen brennen ließ. Meine Beine knickten ein und ich holte erst einmal tief Luft um wieder bei Sinnen zu sein. Dort in der Dunkelheit war ein grelles eisblaues Licht zu vernehmen. Von ihm ging dieser kalte Lufthauch aus. Voller Vorfreude achtete ich nicht auf meine müden Knie und mein Ziel war klar. Ich wollte zum Ausgang.

 

So schnell ich eben konnte näherte ich mich dem eisblauen Licht das in eine dicke Schicht aus kristallinen Eis eingefroren war. Es war so kalt, dass ich mich ihm nur bis auf zwanzig Fuß nähern konnte ohne, dass mir das Blut in den Adern gefror. Mein Atem bildete kleine Eisscherben als er von der Kälte erfasst zu Boden fiel. Mir war noch nie eine so gewaltige Kälte untergekommen. Ein Schleier aus kalter Luft legte sich um meine Füße fast gespenstisch. Die Kälte wurde stärker und ich fror am ganzen Leibe. Da schimmerte das Eis um das weiß-bläulich schimmernde Licht auf und das Eis begann zu knacken. Es verformte sich wie von Geisterhand und aus ihm bildete sich eine riesige Schlange aus Eis.

 

Sie zischte und schlängelte sich durch den Raum ihre Augen nicht von mir lassend. Als die Schlange ihren Kopf nach hinten neigte hörte ich hinter mir ein Brüllen das meine Ohren fast platzten. Meinen Kopf in den Nacken legend sah ich eine gewaltige katzenähnliche Bestie über mir dahinfliegen und mit einem weiteren Sprung landete sie im Genick der riesengroßen Eisschlange und biss sich dort erstaunlicherweise fest. Das Katzentier lies nicht ab von der Schlange und die beiden führten einen wilden und agilen Kampf in dem jeder der Kontrahenten versuchte die Oberhand über den anderen zu erlangen. Heftig drangsalierte due Raubkatze das eisige Übel und wich nicht von ihrer Beute ab. Das serpentinische Wesen schlug mit seinem Schwanz heftig um sich und traf die agile Katze frontal. Diese rutschte benommen vom Hinterkopf der Schlange und lag reglos am Boden.

 

Das Reptil schlängelte voll Lust um das das schwach atmende, vom Schlag sichtbar mitgenommene Tier. Züngelnd öffnete das Schlangenwesen sein Maul, zum Biss bereit. Ich konnte das nicht zulassen. So laut ich konnte schrie ich, um die Aufmerksamkeit der Schlange zu erlangen. Und tatsächlich, sie lies von ihrer Mahlzeit ab und fixierte mich mit ihren durch das Leuchten erhellten eiskalten Augen. Sie schien beinahe über den eisigen Untergrund zu schweben, als sie beim Schlängeln in meine Richtung kantige Eiszacken losriss. Mit einer geschickten Drehbewegung löste sie sich vom Boden und flog zischend direkt auf mich zu.

 

Sie schnellte in meine Richtung und ihr gewaltiger Kopf raste an mir vorbei. Schnell nutzte sie noch die Chance und ließ ihren langen, dünnen Schwanz peitschen, wodurch dieser mit einem Pfeifton die Luft zerschnitt. Gerade noch rechtzeitig konnte ich mich zu Boden werfen und ein dünnes Haarbüschel glitt mir vom Kopf. Schwer atmend vor Anstrengung stützte ich mich auf mein Bein, die kalte Luft inhalierend, welcher mir in der Lunge brannte. Lange hielt ich diese Katz-und-Maus Aktion nicht mehr durch. Ein Plan musste her und das schnell. Ich fror und konnte meine Finger nicht mehr spüren.

 

Was war gleich noch einmal das Wort das Bekki immer für heiße Tage verwendet hatte? Soweit ich mich entsinnen konnte war es "STRI" oder so ähnlich. Das hatte meine Kindheitsfreundin immer gesagt, wenn die Sonne wieder einmal so heiß vom Himmel her brannte. In Gedanken, halb murmelnd wiederholte ich das Wort immer wieder. Bekki hatte damals gesagt, dass wenn mir kalt würde, ich nur STRI zu sagen hätte und mir warm wird. Sie hatte damals jedoch auch gesagt, dass ich es nicht zu laut sagen solle, da das Unheil bringen würde. "STRI." Ich spürte wie meine Finger zu kribbeln begannen und mein Gefühl in meinen Gliedmaßen zurückkehrte.

 

"STRI" sagte ich noch einmal, da die Kälte in meine Hände zurückkehrte. Mein Körper reagierte augenblicklich. Das Blut zirkulierte schnell durch meine Venen und färbte meine Arme und Beine rötlich ein. Ein leichtes Stechen in der Brust trat ein und ich spuckte etwas Blut, vermutlich war ein Äderchen gerissen. Das Katzentier lag etwa fünfzig Fuß von mir entfernt und fauchte die Schlange an, immer noch nicht im Stande wieder aufzustehen. Egal wie dieser Kampf ausgehen würde, aber ich musste diese Katze retten, da sie mir zur Hilfe eilte als ich diese am dringendsten benötigte.

 

Die Schlange machte sich zum Angriff bereit und öffnete ihren Schlund, während sie furchteinflößend von oben auf mich herab sah. Wendig wie sie war umkreiste sie mich und ihr massiger Körper schmiegte sich an mich. Bei Kontakt mit meiner Haut verdampfte ein wenig des Eises der Schlange, doch dies schien ihr nichts auszumachen. Meinen Tod bereits vor Augen schloss ich meine Augen und betete, dass es schnell gehen würde und die Katze entkommen könne. Doch vor meinem inneren Auge erschien eine Person.

 

Es war Bekki wie sie in die Dunkelheit gehüllt da stand und mich aus dem Schatten heraus beäugte. "Du willst doch einmal die Welt retten, oder Jona?" sprach sie in ihrer neckischen Art in meinen Gedanken. "Du musst Mut beweisen und für deine Freunde und Ziele einstehen, weißt du, denn allein wird dein großer Traum nicht wahr werden. Du brauchst treue Gefährten die sich für dich einsetzen, wenn du in Not bist und die sich um dich kümmern, wenn du traurig bist." Bekkis Abbild verschwand in der Dunkelheit.

 

Mein Blick blieb auf dem Katzenwesen hängen. Ich sollte...nein ich musste diese Kreatur beschützen. Eisblaue Augen vor meinem Gesicht und ein offenes Maul. Der Tod war nah. Die Angst überstieg meinen Verstand und aus vollem Halse brüllte ich "STRIIIIIIII". Die Luft die ich einatmete war keine mehr...sie war zu Feuer geworden. Meine Lunge brannte als würde gerade ein Schwarm Bienen von innen heraus attackieren.

 

Ein Schmerz, ausgehend von meiner Brust durchfuhr jede meiner Gliedmaßen und hinterließ einen unsagbaren Schmerz. Ich erlitt einen Schweißanfall, doch der Schweiß verdampfte augenblicklich. Die Temperatur in meinem Körper erhöhte sich im rasenden Tempo, soweit bis ich mich fühlte als würde ich innerlich glühen. Unter mir brach der Boden auf und die Eiskristalle sprangen in alle Richtungen.

 

Meine Arme und Beine begannen zu qualmen, ja fast so wie nasse Blätter. Ich wusste nicht wie nah ich an der Ohnmacht war, denn die Schmerzen waren kaum noch auszuhalten. Erste Versengungen bildeten sich auf meinen Armen und die Haut pellte ab. Die Schlange näherte sich mir und drohte mich zu verschlingen. Doch da geschah es.

 

Der Rauch zog sich zurück und aus meinem Körper stießen riesige Stichflammen zur Decke empor. Meine Arme warfen Blasen und die Flammen labten sich an meinem Fleisch. Durch die enorme Hitze die von mir ausging sah ich immer schlechter und augenblicklich konnte ich meine Augen nicht mehr öffnen. Die Flammen hatten meine Augen versiegelt.

 

Vor lauter Schock über den Verlust meiner Sehkraft fiel ich rücklings hin, da mich meine Beine nicht mehr halten konnten. Der Schmerz war so stark geworden, dass ich nicht mehr ans Aufstehen denken konnte. Ein lautes Zischen erfüllte den Raum und Wasser lief mir über den Rücken. Zudem wurde der Boden durch herabfallende Eisbrocken erschüttert, welche nahe an mir aufschlugen und die Eissplitter mich an den Seiten schnitten. Das Letzte was ich noch mitbekam war der Geruch nach verbranntem Fleisch und eine sanfte Stimme die etwas rief. Der Schmerz übermannte mich und so verlor ich mein Bewusstsein. 

Kapitel V-Die ewige Eisbarrikade

"Nicht bewegen" mahnte mich die sanfte Stimme, an die ich mich vage erinnern konnte.

Da meine Atemwege immer noch höllisch brannten und mir kein Wort von den Lippen glitt begnügte ich mich mit einem zustimmenden "mrrmmmmh". Etwas Kratziges war auf meine Arme aufgelegt, wahrscheinlich eine Art Verband. 

 

Eine zarte Hand berührte mich und strich mir ein wohlriechendes Mittel auf die verbrannten Beine. Es brannte und kühlte zugleich.  "Das ist Merasalbe, die wird dir bei deinem geschundenen Körper von Nutzen sein. Ein Wunder, dass du überhaupt noch lebst. Du hast als Ungeübter bereits so eine große Technik der Lit-Magiz verwendet, jeder andere wäre gestorben. Wie kommst du zu solch einer Technik?" fragte mich die mit der sanften Stimme.

Ich schwieg.

 

"Och. Tut mir leid, du kannst ja noch gar nicht sprechen." Das Mädchen, dem diese angenehme Stimme vermutlich gehörte, nahm mir unter Aufwand von großen Schmerzen die Bandagen ab, verteilte die Merasalbe darauf und erneuerte die Bandagen. "Das muss vorerst reichen. Der König sucht sicher bereits nach uns. Ach übrigens, ich bin Raq Shida, ich habe dir im Kampf gegen den Wächter aus den Katakomben geholfen.

Meine Familie hat die Fähigkeit ihre physische Form für eine kurze Zeit zu verändern. Dank dir konnten wir durch den Froststein, das helle Licht das im Inneren der Schlange verborgen war, hierher in die gebirgige Taiga Njedvirals fliehen, bevor die Wachen uns ergreifen und hinrichten konnten. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit bis der König von unserer Flucht erfährt." 

 

"Also war diese Katzengestalt, die mir im Kampf beistand also sie..."dachte ich zu mir.

Sie ergriff mein Handgelenk und zog mich von einer erhöhten Liegestätte hinab zu sich, auf ihren Rücken. 

"Umschließe meinen Hals gut, das wird jetzt holprig." 

So gut es meine Kräfte zuließen kam ich ihrer Anweisung nach und umschlang ihren weichen Hals, wobei meine Fingerspitzen ihre zarte Brust berührten. Das Mädchen ließ sich von aber anscheinend nicht stören. Auf einmal krümmte sie ihren Rücken und ihr Hals schwoll an. Ein Knurren war zu vernehmen und ihr Körper, oder wohl eher der des Tieres spannte sich stark an. Dann sprang es los. Es ging ruckartig hinab und mit jedem Sprung etwas tiefer. Der kalte Wind des eiskalten Kontinents rauschte mir in den Ohren, während ich noch vollkommen erschöpft und ohne mein Augenlicht auf dem Rücken einer Katze durch die Luft glitt. Unten angekommen vernahm ich das Rauschen eines Baches und den Wind, der durch die Baumkronen wehte und das Holz knarren lies. Die Gräser und Büsche raschelten, als Shida, die Katze, durch das Dickicht in den Wald hinein preschte.

 

Nach einiger Zeit des Rennens wurde es um uns herum ruhiger und auch Shida drosselte ihr Tempo. Sie ließ mich auf der Seite hinabrutschen und ich landete weich. Die Wunden taten nun schon viel weniger weh und ich konnte schon spüren wie meine Extremitäten wieder Gefühl bekamen. Weiche, menschliche Hände legten sich um meine Arme und richteten mich auf, sodass ich nun gegen einen Baum lehnte. "Schmerzen deine Verbrennungen noch sehr?" Worauf ich antwortete, dass es nicht mehr so weh tun würde und die Verbände wirkten. "Und wie sieht es mit deinen Augen aus?"

Vorsichtig lockerte sie den Verband um meine Schlefen und zog diesen behutsam ab. "Versuch sie zu öffnen, es sind keine Narben verblieben" Ich tat wie mir geheißen und ganz langsam, wenn auch unter einem gewissen Brennen, öffnete ich meine Augenlieder Stück für Stück. Als wieder Licht in meine Augen drang zuckte ich zusammen und hielt mir die Hände vor. Jedoch nahm ich meine Umgebung getrübt wahr. Da waren hohe verfrorene Wiesen an denen der Raureif klebte wie ein Spinnennetz. Große, dunkle Bäume zogen sich wild verstreut durch das Gebiet und hinterließen große Schatten. Mein Blick wanderte zur Seite und dort sah ich als erstes zwei paar Füße. Ich neigte meinen Kopf langsam nach oben und mein Blick wanderte über kräftige Waden, eine schmale Taille, wie einen trainierten Bauch, sowie einen üppigen Busen direkt in ein herzförmiges Gesicht, von wo aus mich ein Paar interessiert auf mich gerichteter, animalischer, grüner Augen ansah.

 

Das Mädchen dem ich gegenüber saß war bildhübsch und das war noch eine Untertreibung. War es möglich, dass dieses Mädchen das gleiche war, das in der Gefängniszelle gelegen hatte und geschlafen hat?

Ihre animalische Ausstrahlung machte mich ganz hibbelig und ich sah im Moment sicher wie ein Idiot aus, wahrscheinlich war ich hochrot angelaufen. "Sh-sh-shi-da?" stotterte ich ihren Namen hervor. Sie grinste hämisch und ihre Augen fixierten die meinen, in mir das Gefühl verbreitend, in der Falle zu sitzen. "Hat es dir bei meinem Anblick die Sprache verschlagen, oder was?" Sie rückte näher und saß nun direkt vor mir und ich konnte ihren Atem auf meiner Wange spüren. "Die Augen. Du hast sie" flüsterte Shida kaum verständlich.

 Der Tag lichtete sich und die Sonnenstrahlen wurden von den Baumgipfeln verschlungen und es wurde schnell dunkler. "Bis morgen sollten wir hier sicher sein, die Vertrauten des Königs sollten noch nicht so weit in den Wald vorgedrungen sein. Wenn dir kalt wird, hab keine Scheu und kuschle dich an mich. Ich werde in Tiergestalt übernachten, sicher ist sicher." Sie ging auf alle Viere. Ihre Beine wurden schmaler und die Sehnen dehnten sich. Ihr Oberkörper schwoll an und Haare begannen auf ihrem Rücken zu wachsen. Bald umhüllten sie ihren gesamten Korpus. Ihre Nägel wuchsen und formten sich zu Krallenfortsätzen um. Aus ihrem Steißbein begann eine Verlängerung zu wachsen, welche sich als Schwanz entpuppte. Eine Raubkatze die mit ihrer Schulterhöhe auf der meinen war, sah mich nun mit eben diesen Augen Shidas an, legte sich auf den Boden und rollte sich zusammen. Mein Zustand war nicht gerade der Beste, ich war von der langen Reise erschöpft. Vor Müdigkeit legte ich mich sofort an das weiche Fell Shidas und legte meinen Kopf auf ihre Brust. Ich schloss meine Augen und lauschte dem starken Geräusch ihres Herzens. Shida legte ihre Pranken um meine Brust und schloss mich in ihrer Mitte ein. So lagen wir nun da, völlig erschöpft und müde von der Flucht. Sie verströmte einen angenehmen Duft von Jasmin und Minze. Dann schlief ich ein und die Welt um mich verstummte, wurde schwarz.

 

 

 

In der Früh, es war noch recht dunkel, wachte ich durch ein Geräusch gestört frühzeitig auf. Unweit unseres Lagers hörte ich ich Blätter rascheln, so als ob ein Tier sich seinen Weg durch das Unterholz bahnt. Shida schlief noch und hatte mich immer noch fest umklammert. Ohne große Mühe rutschte ich aus der animalischen Umarmung und richtete mich auf. Im Dickicht konnte ich einen weißen Fuchs erkennen, der am Boden schnüffelte und scheinbar auf Futtersuche war. Ich ging in die Hocke und versuchte mich an das Tier heranzupirschen. Viel zu spät bemerkte ich den blauen Schimmer, der seine Gestalt umgab. Blitzschnell verschwand es wieder im Dickicht und nicht mehr zu sehen.

Schnell rannte ich zu Shida, die sich scheinbar wieder in ihre Menschengestalt zurückverwandelt hatte, aber immer noch schlief. Ihr Leinenhemd war ein wenig verrutscht und man konnte unschwer die Unterseite ihrer Brüste sehen. Davon lies ich mich aber nun nicht abhalten. So sanft es eben ging brachte ich Shida dazu so schnell wie möglich aufzuwachen, um sie über den Vorfall von gerade eben zu informieren.

Nach meiner Erläuterung wurde sie ein wenig bleich. Diese Spione seien ihr unbekannt, aber der König sei ja gewitzt. "Nichtdestotrotz sollten wir uns nun schleunigst auf den Weg machen, weg von hier, bevor er uns endgültig den Gar ausmacht" " Kannst du schon alleine aufstehen oder brauchst du Hilfe dabei?" Ihre Stimme klang süß und ich probierte es. Trotz schmerzender Knie schaffte ich es mich zu erheben und zu Shida zu gehen. Diese kniete sich hin. "Das selbe gute alte Spiel. Mach es dir bequem und halt dich gut fest" Sie lächelte mich an und wechselte ihre Gestalt binnen von Sekunden. So glitten wir wie ein Schatten durch die Wälder der njedviralischen Taiga. Der kalte Nordwind um schmiegte uns im Lauf und blies durch unsere Haare. Der Wald verlor nun immer mehr an Dichte und bald schauten nur noch vereinzelt Sträucher und kleine Gewächse hervor. 

 

Die weite eisige Landschaft wirkte zugleich bedrohlich, wie auch atemberaubend. In der Ferne ragten gewaltige Eissäulen aus dem immerwährenden Frostnebel. Der stechende Wind stob die Schneedecke auf und wirbelte sanfte Böen durch die Landschaft. Geschmeidig jagten wir durch das Gestöber. Ich legte meinen Kopf schief und kuschelte mich in ihr weiches, flauschiges Fell. Ihr Herzschlag war deutlich zu vernehmen und ihre große Lunge füllte sich mit Luft und blies sie unter starken Druck wieder hinaus. Sie glitt nur so über den weißen Schnee, welcher im angehenden Morgenlicht hell schimmerte. Nach und nach verschwanden die Erhebungen an den Seiten und das Land ebnete sich zu einer weiten Landschaft voll Schnee. Der Schnee rieselte sanft und leise zu Boden, so als ob die Zeit für einen kurzen Moment angehalten hätte. So als ob nichts diese Ruhe stören könnte.

 

Wir reisten eine Weile durch die Schneeebenen als plötzlich wie aus dem Nichts ein weißer Nebel aufzog und uns völlig einschloss. Mit leiser Stimme hörte ich Shida sprechen "Unser Ziel ist nah. Wir können nicht mehr weit entfernt sein." Verwundert zog ich eine Augenbraue und räusperte mich, da mein Hals schon ganz betäubt von der kalten Luft war. "Nicht mehr weit entfernt von wo, Shida?" "Du wirst es sehen, wenn wir da sind. Es ist ein sicherer Ort in Zeiten wie diesen." Irgendwie bekam ich das Gefühl nicht los, dass sie mehr wusste als sie den Anschein machte, doch ich schwieg vorerst. Ihr animalischer Körper war ans Überleben in freier Wildbahn angepasst und so wärmte sie mich mit ihrer Körperwärme, sodass mir trotz der Kälte nicht kalt war.  Wir bewegten uns von nun an nur noch im Schritttempo voran. Shida blieb öfter stehen und richtete ihre Schnauze in eine Richtung nur um in eine andere weiter zu gehen. Der Schnee unter unseren Füßen wurde härter. Sogar bei Shidas anmutigen Schritten knirschte der Schnee unter ihr. "Du musst jetzt absteigen. Ab hier kann ich dich nicht mehr tragen." Sie ging in die Knie und ließ mich absteigen. Ein wenig belämmert ging ich ein paar Schritte und fiel in den Schnee. Der war aber so kalt, dass ich hellwach aufsprang und Shida ansah, die mich mit ihren großen grünen Katzenaugen aus dem Augenwinkel betrachtete.

 

Dann verwandelte sie sich in ihre Menschengestalt. Ihre Schnauze wuchs zurück, ihre Augen verloren die animalischen Pupillen und nahmen menschliche an. Ihre Haare sowie ihre Läufe wuchsen zurück und hinterließen gebräunte Haut. Nicht kurz darauf wuchsen ihr auch ihre Proportionen. Nun stand mir keine Katzen Rak'Shida, sondern eine fuchshaarige, athletische, junge Frau, in Fell gekleidet, gegenüber. An ihrem animalischen Ausdruck hatte sich trotzdem nichts verändert. Die Sonne schien schwach durch den dichten Nebel und erhellte den Boden ein wenig. "Sind wir vielleicht doch am falschen Ort." Shida sah sich misstrauisch um und beäugte ihr Umfeld genau. "Es muss doch hier sein."

 

Nicht unfern von uns begann die Erde zu beben und der Boden riss vor uns auf. Aus dem Boden schoben sich Pfeiler aus durchsichtigem Eis und schossen erhaben in den Himmel empor. Immer mehr davon erschienen aus dem bröckligen Boden und schoben sich aneinander. Vor unseren Füßen begannen kleine Erhebungen zu entstehen. Nach einer Weile hatte sich eine Art Treppe gebildet die in den Nebel hinein in die Höhe führte.  Shida ging langsamen Schrittes voraus und gestierte mir ihr zu folgen. Dicht an sie gereiht stiegen wir nun die schmale Treppe hinauf in die Höhe. Die Luft wurde klarer und der Nebel lichtete sich. Ein gigantisches Eisgebilde tat sich vor uns auf. Sofern es meine Augen auszumachen vermochten bildete dieses Konstrukt eine riesige Kuppel, welche mit im Karo-muster angeordneten Pfeilern aus massivem Eis verstärkt waren. Das Gebilde war mindestens zehnmal so groß wie das Schloss. Auf der Anhöhe der Treppe stehend, das Gebilde atemberaubt ansehend richtete ich eine Frage an Shida.

 

"Es ist gewaltig, was um Himmels Willen ist das?" Sie wandte mir ihren Blick zu. "Eine Art Schutzvorrichtung. Dahinter liegt ein Ort, welcher völlig abgegrenzt vom restlichen Land existiert. Dieses Gebilde erstreckt sich bis zur Küste des Nordens. Man nennt es im Volksmund auch die "Ewige Eisbarrikade", da sie schon seit der Teilung der Landmassen besteht. Man sagt, dass es auch als Zufluchtsort dient, aber nur für diejenigen, die der Hilfe würdig sind." Eine Eisschicht zog sich von uns aus breiter werdend durch die Luft und schloss eine Verbindung zwischen dem Eiskonstrukt und der Plattform auf der wir uns befanden. Shida ließ mir den Vortritt. Ich bemühte mich nicht nach unten zu sehen, da der Boden unter meinen Füßen durchsichtig war. Schritt für Schritt bewegte ich mich auf die Mitte der Fläche zu und ohne das kleinste Geräusch war ich dort angekommen.

 

Shida befand sich dicht hinter mir, als ich mich nach ihr umsah. In der Mitte blieben wir stehen. Es waren noch etwa zwei Minuten Fußmarsch bis zur anderen Seite, doch Shida blieb stehen. "Du musst alleine voran gehen." Also schritt ich voran und betrat den schmalen Übergang zur Barrikade. Hinter mir wuchs ein Netz aus der Eisschicht. Es wuchs zu einer festen Wand heran und trennte uns voneinander. Nun war ich wieder auf mich allein gestellt und konnte mir ein Zähneknirschen nicht verdrücken. Allein auf mich gestellt ging ich weiter und die Mitte ließ ich immer weiter hinter mir. Fast am Ende angelangt verspürte ich ein Gefühl, welches mich am Weitergehen hinderte. Ich blieb stehen und für eine lange Zeit passierte gar nichts. Ein leises Geräusch wie von Regen war zu hören. Es wurde immer lauter und folgte immer schneller aufeinander. Als ich meinen Kopf ein wenig anhob sah ich wie sich Milliarden von kleinen Wassertropfen an der Wand vor mir angesammelt hatten und immer schneller begonnen herabzufallen.

 

Einige Tropfen schlossen sich zu vereinzelten Rinnsalen zusammen und aus diesen wurden kleine Fontänen. Schließlich bekam das Eis Risse und immer stärkere Schwalle an Wasser quollen hervor. Die Risse wurden so stark, dass das Eis in sich zerbarst und eine so gewaltige Wassermasse zu Boden stürzte, das als sie zu Boden traf ein Knall wie von einem Blitz aus nächster Nähe ertönte. Die Flutwelle bahnte sich unaufhaltsam ihren Weg und brach am Boden angekommen in drei Flutwellen auseinander. Zwei davon umspülten die Barrikade und flossen an den Seiten ab. Die dritte jedoch brach über mir herein und ich schloss vor lauter Todesangst meine Augen. Doch ich wurde nicht zerdrückt und zerbarst auch nicht. Die Gischt spritzte mir ins Gesicht und blieb an meinem kurzen Bart hängen, welcher mir im Laufe meines Aufenthalts gewachsen war. Die Welle schwappte zurück zur Wand und suchte sich ihren Weg durch einen massiven Gang welcher durch die Fluten freigelegt worden war.

 

Ich blickte mich um und sah, wie auch das Eis in der Mitte der Schicht in sich zusammen brach und in die Tiefen verschwand. Sobald Shida mich sah rannte sie mit einem von Erstaunen gezeichneten Gesicht auf mich zu und schloss mich in ihre Arme, als ob wir alte Freunde wären und uns eine Ewigkeit nicht gesehen hätten. "Du hast es geschafft Jona. Die Fluten des ewigen Eises haben dich verschont. Du bist würdig das Gebiet hinter der Barrikade zu betreten und um Exil zu verlangen. Ehrlich gesagt weiß nicht einmal ich was uns hinter der Wand erwartet. Ich bin so aufgeregt. Miau" Wild mit ihren Händen gestikulierend stand sie vor mir und wirkte beinahe kindlich mit ihren weit aufgerissenen grünen Augen, die mich freudig anblickten. "Ups, 'tschuldige ist so mir so herausgerutscht, hehe." Schmunzelnd ging ich weiter der Wand entgegen. Ein langer eisiger Gang lag vor uns. Vom anderen Ende her wehte uns ein sanfter Zug entgegen und ein helles Licht leuchtete uns entgegen. Es dauerte nicht lange, da waren wir auf der anderen Seite angekommen, wo sich uns ein atemberaubendes Lichtspiel dar bot.

 

Hütten aus dunklem Holz standen vor uns, auf dem Dach vollkommen aus Eis, welches die Lichtstrahlen der Sonne über uns reflektierte, welche kühl vom Himmel herab schien. Dieser Ort strahlte die Isolation förmlich aus. Alles an diesem Ort fühlte sich so zeitlos an. Entlang eines Weges aus vereisten Steinplatten, welcher zwischen den Häusern verlief, kam uns ein bekanntes Wesen entgegen, wenn auch dieses ein wenig dünkler geraten war, wie jenes, welches ich bereits erblickt hatte. Mit langsamen, zurückgehaltenen Schritten kam der Fjelmes auf uns zu und blieb vor uns stehen. Er musterte mich und Shida ausführlich. Er oder sie hatte blaue Augen die mit einer gekreuzten Iris gespickt seltsam aussahen. "Wer von euch ist derjenige, der die Eiswand zum Einstürzen bringen konnte?" Seine Stimme klang wie das Peitschen des kalten Windes in der Tundra. Shida ging einen Schritt zurück, um zu verdeutlichen, dass ich derjenige bin. "Uns bleibt wahrscheinlich nicht viel Zeit, bis die Soldaten des Königs zu uns vorstoßen werden. Die Kunde von eurer Flucht aus den Katakomben des Schlosses wurde mir vom Südwind zugetragen. Ich habe euch bereits erwartet. Mein Name ist Aurois und ich bin einer der wenigen Ur-Fjelmes, die noch leben. Dank unseres Verteidigungsrings konnten die letzten unserer Art überleben." Er sah an mir herunter. "Führst du eine Waffe mit dir?" "Nein, meine einzige Waffe, ein Dolch aus Eisen, ist zerstört worden." antwortete ich. "Nun denn, folge mir".

 

Er machte Kehrt und führte uns über die Steinplatten durch die Zwischenräume der Hütten. An den Häusern sahen wir Fjelmes, die schwere Holzstämme trugen und welche, die ihr Haus ausbesserten und erneuerten. Vor einem Felsrelief blieben wir stehen und verweilten dort. "Hier kannst du eine Waffe bekommen" deutete mir der Fjelmes mit ausgestrecktem Arm auf den Felsen. Der Fels war gute vier Meter hoch und ebenso breit. "Du musst hinauf klettern und deine Hand ausstrecken." Auf den Seiten des Steins waren Einkerbungenl, die den Aufstieg erleichterten. Der Fels war oben abgeflacht und bot genug Fläche um sich in voller Größe auszustrecken. Ich streckte die Hand aus, doch nichts passierte. Nocheinmal streckte ich die Hand aus, mit dem selben Resultat. Genervt setzte ich mich nieder, schloss die Augen und lauschte dem Wind, der in langsamen Zügen über mein Gesicht strich. Das Geräusch war beruhigend und ich lauschte noch für eine Weile. Ich dachte über mein Messer nach, welches zu Bruch gegangen ist und just in dem Moment begann der Wind schneller zu werden. Eine Böe von Schnee wehte über die Fläche und der Wind heulte immer lauter.

 

Geschockt öffnete ich meine Augen und sprang auf. Der Wind bildete ein weiße Windhose und die Luft klirrte. Plötzlich hörte ich es aus der Hose knacksen und klirren und etwas fiel vor mir zu Boden.  Das Schneegestöber machte es mir allerdings schwer etwas zu sehen. Als es nach einer Zeit abgezogen war, konnte ich meinen Augen nicht trauen. Vor meinen Füßen lag ein Dolch mit einer Klinge aus purem Eis und ebenfalls einem Schaft aus Eis. Jedoch war die Klinge garnicht nicht kalt, als ich sie berührte. Behutsam strich ich mit dem Finger über die Klinge, schnitt mich jedoch ungeachtet der Behutsamkeit trotzdem. Das Blut wischte ich mit der Zunge weg. Ich steckte den Dolch in die Scheide an meinem Gürtel, die ich immer noch trug und er passte perfekt hinein. Also kletterte ich mit meiner soeben erhaltenen Waffe den Fels hinunter und während meines Aufenthalts dort oben hatte sich eine ganze Schar von Fjelmes vor dem Fels versammelt, die mich gebannt anschaute. Aurois zeigte ebenfalls Begeisterung, ob der erbrachten Leistung.

 

Der Dolch machte sich an meiner Hose kaum bemerkbar, er hatte kaum Eigengewicht. "Diese Klinge wurde durch die besonderen Winde des Dorfes gefertigt, sie ist hart wie Stahl und leicht wie eine Münze. Sie ist jedoch mit einer sehr schwachen Magie ausgestattet, welche umgebungsgebunden ist. Du wirst verstehen was ich meine." teilte uns Aurois im geschlossenen sechs Augen Gespräch mit. "Du wirst lernen müssen mit deiner neuen Waffe umzugehen, Jona, die Trupps des Königs werden nicht mehr lange brauchen, bis sie zu uns vorstoßen." steuerte Shida bei, als wir uns von der Schar entfernten. Aurois verfolgte unsere Seperation von der Gruppe und nickte uns freundlich zu.  Wir spazierten ein wenig durch die Siedlung aus dunkelbraunen Häusern mit den Dächern aus durchsichtigem Eis. An einer Stelle angekommen, an welcher ein Monolith aus Eis aufragte, in welchem Kerben wie von Schneiden eingraviert waren, blieb ich stehen. Links davon brannte ein offenes Feuer in einer steinernen Schale. 

 

"Hier werde ich mein Training ansetzen" ließ ich Shida gegenüber verlauten. Ich ließ meinen Dolch aus dem Bund gleiten und studierte die Konturen genau. Schon ließ ich den ersten Hieb auf das Eis niedergehen, gefolgt von einem weiteren und zwei schnellen Stichen. Die Klinge war wahrlich robust, da sie durch die Angriffe nicht einmal einen Kratzer davon getragen hatte. Shida hatte sich vor das Lagerfeuer gesetzt und folgte meinen Bewegungen aufmerksam. Mit der Zeit waren die Bewegungen flüssiger geworden und schon bald konnte ich eine Reihenfolge von Schlägen auf das Eis ausführen, ohne dass ich eine Pause zwischen den Hieben und Stichen benötigte. Verschwitzt vom langen Training blickte ich auf. Es war bereits die Zeit der Dämmerung angebrochen. Shida zusammengekauert am Feuer und döste friedlich. 

 

Ich weckte sie sanft und wir gingen beide zurück zum Platz mit dem Felsen, von welchem ich den Dolch erhalten hatte. Dort standen noch ein paar wenige Fjelmes , einschließlich Aurois. "Und, fühlst du dich nun mit deiner Waffe vertraut? Spürst du sie schon?" Ich wusste nicht recht was er mit spüren meinen könnte. "Ich habe viel geübt, bis zur Erschöpfung habe ich trainiert."  Der Fjelmes wirkte zufrieden. "Ich habe das Klirren des Eises bis hierhin gehört, dein Temperament kennt wohl keine Grenzen. Eine Hütte wurde in der Zwischenzeit für euch vorbereitet. Sie liegt am Ende dieses Fjords." Er deutete auf eine kleine Anhöhe westlich des Platzes.

 

Wir verabschiedeten uns von ihm und bedankten uns für den freundlichen Empfang. Dann machten wir uns auf zu unserer Hütte am Hügel. Durch enge Gassen führte ein Trampelpfad stetig nach oben, bis er durch Steinplatten ersetzt wurde. Der Weg war an den Seiten mit mannshohe Fackeln ausgeleuchtet, welche ein Wärmegefühl abgaben. Die Hütte war ungefähr so groß wie mein Haus in Krinaven und die Innenausstattung sah auch beinahe gleich aus. In der Mitte des Raumes waren zwei Grasmatten mit dicken Fellen aufgebreitet worden. An der Wand hing ebenfalls eine Fackel, deren Rauch jedoch durch das durchsichtige Dach in den von Sternen erfüllten Himmel stieg. Die Aussicht war atemberaubend. Das gesamte Firmament strahlte in einer unsagbar schönen Intensität.

 

Direkt über uns befand sich das Polarlicht, welches am hellsten strahlte. Wir waren beide so müde, dass wir uns sogleich niederlegten in unsere Felle. Shida kam sofort angekrochen, legte ihren Kopf auf meine Brust und schlief mit einem keken Grinsen ein, während ich ihr durch die Haare strich. Seltsam, ich kannte dieses Mädchen erst seit ein paar Tagen und dennoch empfand ich bereits so eine tiefe Verbundenheit zu ihr. Meine Lider wurden schwer und unter dem Lauschen von Shidas Atem schlief ich ebenfalls ein. Umarmt von Shida wachte ich auf. Da ertönte plötzlich ein lautes Horn. Wir schreckten beide auf und sahen uns hastig um. Die Sonne fiel durch das Dach und hinterließ einen warmen Lichtfleck am Boden der Hütte. Schnell angekleidet standen wir vor der Hütte und sahen hinab auf die Siedlung. Eine große Ansammlung von Fjelmes hatte sich am Platz gebildet. Zusammen eilten wir den Weg hinab, welcher zur Hütte führte. Am Platz angekommen waren die Fjelmes sichtlich aufgeregt. Ein Donnern erschütterte das Tal. Ich schreckte zurück. Das Donnern ertönte erneut. Das Eis der Wand bekam langsam Risse und mit jedem Donnern bröckelte ein wenig Eis ab. "Sie entziehen der Wand die Kälte und bringen sie damit zum Schmelzen", erwähnte Aurois, welcher neben uns stand. Und tatsächlich. Der Gang aus Eis, welcher durch die Außenwand abgesperrt war begann in sich zusammen zu fallen. Alle Fjelmes stellten sich in einer Reihe auf und holten tief Luft. Die Wand erzitterte unter dem Donnern. Ein lautes Klirren schallte aus dem Gang. Die Öffnung auf der anderen Seite war freigelegt worden und ein ganzes Heer von Soldaten stand vor dieser. Sie setzten sich in Bewegung und ihre schweren Schritte hallten vielfach an den Wänden zurück, sodass das bloße zuhören schon Schmerzen bereitete. Mit einem lauten Windgeräusch entließen die Fjelmes ihren Atem Richtung Gang, wo sich stetig ein Wall aus Eis auftürmte, welcher beständig anwuchs und nach kurzer Zeit den Gang versperrte. Der Trupp des Königs kam immer näher und wirkte immer bedrohlicher.

 

Beim Wall erreichen des Walles hätte man meinen können sie würden anhalten, jedoch marschierten sie gerade darauf zu. Als der erste Soldat das Eis berührte verschmolz dieser einfach damit und setzte seinen Weg unaufhaltsam fort. Das Entsetzen war den einheimischen Fjelmes ins Gesicht geschrieben, als ihre Barrikade von einem Soldaten nach dem anderen durchschritten wurde. Ich und Shida konnte diese, ihre Fähigkeit, bereits im Schloss erblicken. Alle standen vor Schock wie angewurzelt da und sahen zu wie die Truppen des Königs immer näher kamen. Diese zogen Schwerter aus dunklem Holz, mit geschnörkelten Zeichen aus dem Waffengürtel, an welchen sich Eis ansetzte und die Klinge schärfte. Immer näher kamen uns die Schritte der Soldaten. Die Fjelmes taten sich zusammen und erzeugten mit ihrem Atem einen Blizzard, welcher auf die Trupps zuwehte. Doch diese schritten einfach hindurch. Aus dem Sturm heraus schoss auch schon das erste Schwert auf einen Fjelmes zu und es kam zum Schlagabtausch der beiden Seiten. Die Klingen der Soldaten schnellten auf die Fjelmes hernieder, doch ob ihrer enormen Stärke setzten sie sich ihnen gut zur Wehr. Die schweren und wuchtigen Arme der Fjelmes donnerten hernieder auf die Schilder aus dem selben Material wie die Schwerter es waren, die ein dumpfes Geräusch von sich gaben, doch den Angegriffenen nicht sichltich verletzten konnten. Kleinere Gruppen hatten sich gebildet und fechteten ihre Kämpfe. Ich hatte zwei Soldaten vor mir, deren Angriffe ich mit Mühe durch meinen Eisdolch parieren konnte. Aus dem Augenwinkel sah ich wie ein Fjelmes an meiner Seite voll es vollbrachte, einen der Trupps zu spalten und den Soldaten vor sich mit einem Schlag zu zertrümmern. Die Knochen brachen und dieser fiel auf den kalten Boden. Erleichert wand er sich dem nächsten zu.

Eine Windböe sauste über das Schlachtfeld. Hinter dem Fjelmes klapperte es. Das Skelett des Gefallenen fügte sich wieder zusammen und ohne einen Laut richtete es sich wieder auf. Seine Hand mit dem Schwert in der Hand wurde länger und formte sich zu einer Lanze aus Eis. Doch es war schon zu spät um den Fjelmes noch zu warnen. Er wurde von der Lanze durchbohrt und sackte zu Boden. Entsetzt verfiel ich in eine Schockstarre bis Shida in Tiergestalt auf den Soldaten, welcher gerade im Begriff war mich ebenfalls zu dorchbohren und rang ihn zu Boden. Sie knurrte mich an. "Sei gefälligst achtsamer. Leben oder Tod, Jona!" Sie sprang fort um anderswo ihre Unterstützung anzubieten. Gegen den Trupp vor mir konnte ich einen Treffer mit dem Dolch landen. Das Messer glitt durch den Körper wie durch Luft, jedoch hinterblieb eine Frostspur des Schnittes. Den nächsten Angriff wehrte ich gekonnt ab und stach noch einmal zu. Diesmal erwischte ich einen Arm und da wo ich zugestochen hatte hinterblieb ein kristalliner Punkt, der sich vergrößerte. Der Fähigkeit meiner Waffe bewusst werdend gelang mir ein Glückstreffer direkt ins Herz der Einheit, oder jedenfalls traf ich sie dort wo eigentlich ein Herz seinen Platz haben sollte, jedoch fiel mein Blick durch ein Loch im Körper des Soldaten auf die gegenüberliegende, welche aus Eis bestehen zu schien. Doch die Bruchstelle vergrößerte sich rasant und es bildeten sich Risse im Körper.

Mit einem Geräusch von brechendem Glas sprang der Körper auseinander und zerbrach am Boden. Von mir selbst erstaunt rannte ich gleich zum nächsten und es gelang mir wieder. Mit der Hilfe der von der Kampfsytuation befreiten Fjelmes gelang es mir einen nach dem anderen Teil der Siedlung von den Soldaten zu bereinigen. Aurois hielt währendessen die Stellung im Zentrum am Platz. Er zerbarst die Köpfe der Trupps mit zwei Baumstämmen, welche er mit Leichtigkeit durch die Luft wirbelen ließ. Wenn ein Soldat sich wieder aufzubauen drohte zerschlug er diesen einfach wieder in zwei. Mit einem Mal zerschellten die Soldaten von selbst und lösten sich mit einem Zischen in Dampf auf, welcher in die Breite gehend zerstob. Es war still geworden und die Luft stand still.

Die anderen Überlebenden des Angriffs brachten die Toten zusammen und stapelten diese am Platz. Die Hälfte der Fjelmes hatte bei diesem Angriff ihr Leben lassen müssen. Eine eiseskalte schnelle Böhe fegte über uns hinweg und vereiste die Bäume hinter uns in Bruchteilen einer Sekunde, gefolgt vom Geräusch wie von einem Seehorn. "....Nein, bitte nicht. " Aurois und die anderen Fjelmes sahen mit weit aufgerissenen Augen zum Himmel und zitterten wie Espenlaub. Was auch immer es war, das sie berunruhigte, es musste ihnen Todesängste bescheren. Auf einmal nahm ich eine enorm starke Präsens wahr und augenblicklich konnte ich mich nicht mehr vom Fleck rühren. Gebannt starrte ich zum südlichen Horizont, welcher durch das Einstürzen des Walls nun zu sehen war.

 

Mein Blick wanderte über die Tundra durch welche ich und Shida hierher gekommen waren. Das Blickfeld reichte bis zu den Wäldern. In der Ferne näherte sich etwas mit sehr hoher Geschwindigkeit. Es hatte das Aussehen einer großen, weißen Wolke die sich mit großem Tempo über den Himmel bewegte. Die Wolke hatte die Schneefelder erreicht. Wieder ein gellendes Geräusch nun viel intensiver als zuvor. Die Wolkte näherte sich der Siedlung immer mehr und schon bald war das Bild einer Wolke verflogen. Es wirkte wie eine Welle aus Schnee, die über den Himmel geschoben werden würde. Da tauchten zwei weiße Spitzen daraus auf.

 

Immer mehr löste sich aus diesem weißen Gebilde heraus. Es sah aus als wären riesige Fledermausflügel am Himmel. Ein Schlag dieser Flügel löste eine weitere enorm starke Windböe aus, welche den Schnee der Felder weit in den Himmel aufwirbelte und mit einer Druckwelle auf die Barrikade donnerte, sodass einer der großen Eispfeiler barst und Splitter davon ein Hausdach durchbohrten.  Die versammelte Menge hatte ihre Augen weiterhin auf dem Wolkengebilde, welches stetig näher und näher kam. Da blieb es stehen. Die gewaltigen Flügel schlugen auf die Erde herab und erzeugten bei jedem Schlag tosende Winde. Aus der Wolkendecke stieß etwas hervor. Etwas Unbehagliches, etwas Bedrohliches. Ein geschuppter weißer Kopf, der mit Zacken übersät war kam zum Vorschein.

 

Ein unvergleichlicher, beißender Schneesturm schlang sich um den Hals des Ungetüms und die feinen Eiskristalle die darin herum wirbelten bohrten sich in meiner Nähe in die Häuser. Ich war stocksteif, von Angst erfüllt und doch voller Ehrfurcht, vor dieser Aura der Macht, die von diesem Wesen auszugehen schien.

Das Gefühl des unausweichlichen, entgültigen Todes beschlich mich beim Erblicken dieser reptilienartigen

eisigen, blauen Augen.

Kapitel VI-Frostbrand

Alle starrten gebannt auf den Himmel, die Kämpfe zwischen den Soldaten des Königs und den Fjelmes stoppten abrupt. Die Luft wurde sekündlich kälter, wodurch ich an den Füßen schon zu frieren begann. Kontinuierliche Luftschwälle peitschten den Schnee auf und verwandelten diesen in schneidende Böen. Das Ungetüm war nun kaum mehr als in Blickweite entfernt.  Schneemassen fielen aus dem Himmel herab und deckten die Luft in staubiges Weiß. Neben mir erschallten gedämpfte Schreie, wahrscheinlich erstickungsbedingt. Die Luftschwälle drückten mich und Shida zu Boden. Ein markerschütternder Schrei zwang uns unsere Ohren zu bedecken, während die Luft immer dichter wurde und ein Nebel das Sehen erschwerte. Schwere Schritte knirschten in meiner Nähe im Schnee und die Schritte kamen näher.

 

Das Geräusch von Metall erfüllte den Platz. Links von mir konnte ich die Silhouette einer großen Katze erkennen, wie sie durch die Luft sprang und sich auf etwas stürzte. Aus dem Nebel schoss urplötzlich eine Speerspitze auf mich zu. Ich wich aus, doch konnte der Angreifer mir eine Schnittwunde auf an der Seite bescheren. Es schmerzte und ich taumelte kurz. Dem darauf folgenden Stich des Speer konnte ich schnell genug entgehen. Ich zog meinen Eisdolch aus dem Gürtel und stach geradewegs in Richtung des Speerendes zu. Ein helles Klirren ertönte und meine Klinge begann zu leuchten. Vor mir ging eine Wache aus den Reihen des Königs. Verwundert über mich selbst, stellte ich erstaunt fest, dass dieser Dolch dazu imstande war, das Eis der Wachen zu absorbieren. Das war gut, ich wusste nun wie man sie besiegen konnte. Den Dolch vor mich haltend ging ich geradewegs dem Schatten der Katze entgegen.  Es war Shida, welche ich als Katze gesehen hatte. Sie kämpfte gegen eine der Wachen und der Kampf schien schon länger zu laufen, da ihre Atmung sehr schnell war und ihre Läufe wackelten. "Egal was ich auch mache, diese Lebensform will einfach nicht sterben, ich habe schon alles probiert, zu was ich fähig bin." sagte sie keuchend. "Ich habe einen Weg gefunden, wie man sie besiegen kann Shida." entgegnete ich ihr. Den Dolch vor der Brust haltend näherte ich mich der Wache mit langsamen Schritten. Der Speer sauste durch die Luft, ich lenkte ihn mit meinem Dolch ab und nutzte die Deckungslücke zu meinem Vorteil aus. Das Eis der Wache wurde dunkel und zerbarst, während mein Dolch noch stärker leuchtete. Shida sah zu und war verdutzt. Als sie zu mir hinüber kam vernahm ich eine Stimme von der ich hoffte nie wieder erreicht zu werden. Eine raue, kalte Stimme. "Sie an, sie an, du hast also einen Weg gefunden dich meiner Wachen zu entledigen. Dein Dolch ist also zu solchen Dingen im Stande, wie ich sehe." Aus dem Nebel heraus stieg ein in lange Gewänder gekleideter Fuß, welchem ein nächster folgte.

 

Ein langer weißer Bart schlängelte sich an der Gestalt hinab und ein hämisches Grinsen überzog das Gesicht des Mannes mit eisig-blauen Augen. "Du hast mich doch wohl nicht vergessen? Du magst zwar aus dem Schloss entkommen sein, doch hier endet nun deine Reise." Frejlbiard Higasson, der König Njedvirals. Er sprach, doch ich konnte seinen Lippen nicht entnehmen was er sagte. Mein Körper gefror in Sekundenschnelle. Shida erstarrte ebenfalls neben mir. Der König schritt siegessicher auf uns zu. Ein Schneesturm wand sich um seinen Hand und aus ihr wuchs langsam eine Schwertklinge. Die Klinge blitzte weiß im Schneegestöber das uns umgab. Nun war er nur noch wenige Schritte entfernt und hob sein Schwert mit Vorbereitung auf den vernichtenden Schlag an. "Stri"! Kaum ausgesprochen entstand auch schon eine Wärme in meinem Körper welche langsam zur Hitze wurde, die ich schon im Labyrinth des Königs verspürt hatte, jedoch hatte ich nun nicht so sehr Angst wie damals vor der Schlange. Meine Gliedmaßen lockerten sich und ich konnte sie wieder bewegen. Mit einer schnellen Handbewegung parierte ich den Schlag des Königs.

 

Eissplitter lösten sich aus unseren beiden Klinge. Wuterfüllt und zugleich erstaunt sah mir der König in die Augen, doch die Verwunderung legte sich augenblicklich. Der alte König schnitt in die Luft und erzeugte dabei eine dünne Eisschicht. Bei seiner nächsten Bewegung splitterte diese und schoss als Klingenansammlung auf uns zu. Ich stellte mich schützend vor Shida und legte den Dolch in Verteidigung an. Als die erste Klinge aus Eis den Dolch berührte, hörte er auf zu schimmern und aus den Klingenrändern wuchs ein Schild an, der die Klingen blockte, jedoch war dieser Schild sehr leicht, sodass ich den Unterschied nicht bemerkte. Durch meine erhöhte Körpertemperatur durch STRI begann sich auch Shidas Körper zu lösen. Schnell hiefte ich mich auf ihren Rücken und sie sprang in Windeseile davon. Ich steckte den Dolch zurück in die Scheide und er schrumpfte wieder zum Dolch zusammen. Durch die körperliche Erschöpfung durch das Parieren des Schwerthiebes hatte STRI aufgehört. Glücklicherweise hatte der König uns nicht getroffen. Ein Brüllen ertönte hinter uns und angsterfüllt drehte ich mich um. Eis, so schwarz wie die Tiefe des Ozeans legten sich um die Extremitäten des Monarchen und wuchsen schnell zu starken Läufen an. Ein Drache, wie aus den Märchen hatte sich gezeigt. Seine Krallen durchschnitten mit jedem seiner schnellen Schritte die Eisdecke und hinterließen tiefe Furchen. Die eisblauen Augen waren mit Hass erfüllt und sein mit Reißzähnen versehenes Maul verströmte Eisschwaden. Mit seinen gewaltigen Schwingen hob er vom Boden ab und schleuderte mich und Shida durch die Druckwelle zu Boden. Wir überschlugen uns ein paar Mal und blieben dann schließlich vor einem Haus der Siedlung liegen. Meine Gelenke schmerzten und auch Shida wand sich am Boden. Der Drache flog hoch im Himmel und breitete seine Schwingen zu voller Größe aus. Blizzards entstanden um seine Flügel und verdeckten diese. Aus den Eiswolken hervorgeschossen kamen winzige Kristallklingen, die ebenfalls so dunkel gefärbt waren, wie der Drache selbst. Ein Bombardement aus Eis ging auf den Boden ringsherum nieder und Gebäude stürzten ein. Wir konnten uns beide nicht mehr bewegen und ein Ausweichen wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen.

 

Wie aus dem Nichts erschien Aurois und verstellte den Weg. Die Klingen zerschnitten ihn regelrecht und tiefrote Blutspritzer ergossen sich auf den Boden. Nur ein paar vereinzelte Klingen schossen auf uns und bohrten sich in das Haus. Erschrocken und traurig sahen wir zu wie der geschundene Körper des Ur-Fjelmes zu Boden sank und sein Blut den Boden einfärbte. 

Mit letzter Kraft wand er sich unter Keuchen zu uns: "Zu eurem Haus...hinten...ihr müsst....euch beweisen". Er sackte in sich zusammen und sein Körper wurde zu feinem Pulverschnee. Der feine Schnee wurde vom Wind fortgetragen und mischte sich in den Schneesturm über dem Felsen, von welchem ich den Dolch bekam. "Das heißt, dieser Schneesturm über dem Felsen sind alles...." hauchte ich in den Wind. So schnell wir konnten begaben wir uns auf den Hügel, wo unsere Unterkunft war. Wir gingen zur Hinterseite des Hauses, doch da war nichts. Mit penibler Genauigkeit untersuchten wir die gesamte Wand, doch nichts war zu entdecken. Müde lehnte ich mich an die Hauswand und ließ einen verzweifelten Seufzer verlauten. Mein Dolch leuchtete pötzlich wieder und gab Kälte ab, obwohl ich nichts getan hatte und er immer noch in der Scheide steckte. Dort war die Kälte auftraf wurde ein Symbol sichtbar, welches einem Kreis glich in dessen Mitte etwas in einer mir fremden Schrift stand. Shida hatte sich in ihre Mädchenform zurück verwandelt. Sie näherte sich der Wand und beäugte die seltsame Schrift ebenfalls. "Aber das kann doch nicht sein. Wie ist das möglich. Das ist in Simaran geschrieben, der Sprache meiner Heimat. Hier wird von einer Art Portal gesprochen. "Die Essenz dem Sockel zu und die Zeit verinnt.."

 

Das steht hier. " Shida's Worte klangen mystisch. Der Dolch summte. Ich zog ihn aus der Scheide und er glänzte silbern, so wie das Schwert des Königs. Hinter uns tat sich der Boden auf und aus ihm wuchs eine Säule aus Eis mit einem abgeflachten Ende. Je näher ich dieser kam, desto stärker reagierte die Klinge darauf. Als ich eng an der Säule stand strahlte der Dolch ein Licht aus, welches beinahe so hell erstrahlte wie die Sonne. Ich legte ihn auf den Sockel und der Dolch richtete sich auf und versank mit der Klinge nach unten im Podium.  Das Licht, das vom Dolch ausging pulsierte und legte die Umgebung um ihn in eine Kuppel aus Licht. Unsere Aufmerksamkeit wurde abrupt abgelenkt vom Brüllen des Drachen. Dieser öffnete sein Maul und Flammen aus flüssigem Eis ergossen sich über die Siedlung. Diejenigen, die von den verheerenden Flammen getroffen wurden gefroren zu Eissäulen und zerbarsten augenblichlich in tausende Stücke. Der Flammenschwall des Drachen breitete sich über die Siedlung aus und tauchte alles in dunkles Eis und viele Splitter von noch vorhin existierten Fjelmes. Auch die Wachen blieben von diesem kalten Inferno nicht verschont. Die Flammen nährten sich vom Boden und wuchsen zu erschreckenden Maßen an. Eine Flutwelle an tiefblauem Feuer schwappte auf uns zu. "Ergreife ganz schnell den Dolch und denke fest an mich!" befehltigte Shida. Wir beide umgriffen den Dolch simultan und unsere Hände waren fest ineinander verwoben. Einen Augenblick darauf wurden wir von Platten aus Eis umringt und sie bildeten einen festen Schild. Ich spürte die Präsenz von Shida, doch da waren auch noch viele andere versammelt. Viele die Wohlwollen hegten, einige mächtige waren auch darunter.

 

Die Gegend um uns hatte sich in eine karge Eiswüste verwandelt, es war kaum ersichtlich, dass hier einmal eine Feste gewesen sein hätte können. Diese Gegend war verloren. Viele Fjelmes hatten ihr Leben gelassen. In einer Eisplatte erkannte ich Aurois, der mir freudig entgegenblickte. Die kalte Welt verschwand und eine Welt aus Lichtpunkten tat sich mir auf. Um uns herum war absolute Leere, doch viele Punkte blitzten und schienen um uns herum. Shida sah mich an, jedoch bestand sie nun aus einem undefinierbaren Material. Es schimmerte bläulich und hatte einen hellen Punkt in der Mitte der Brust. Sie sah nach unten und ich tat es ihr gleich. Unter uns erstreckte sich einen Kugel mit verschiedenen Landmassen. Direkt unter uns befand sich ein weißes Tal, von welchem blaue Spitzen an den Küsten in den Himmel ragten, fast wie die Krallen von Raben. Daneben erschien unter einer Wolke ein weites Land, welches einen Küstenhafen besaß so wie Krinaven. Shida nickte stumm und als sie das tat fielen wir vom Himmel herab.

Kapitel VII-Mabias

Das Wasser spritzte, als ich in das warme, türkise Meer eintauchte. Unter der Wasseroberfläche war es still und mir gegenüber konnte ich Shida beobachten, wie sie nach oben schwamm. Unter meinen Füßen wuchsen lange Algen, die sich in der Strömung wiegten. Auch ich schwamm zur Oberfläche und sah mich nach meiner Gefährtin um. Sie war nicht im Wasser zu sehen. Da rief sie mir vom Strand aus zu. Die Küste war am Meer aus Stein und nach hinten hin wich sie dem Sand. Alle Schritte ragten purpurne Felsen aus dem Sand, welche lange Schatten warfen. Die plötzliche Umstellung auf die Wärme war unangenehm, doch auch eine schöne Wendung zu Njedviral. Shida verschwand hinter einem, der in etwa sechs Fuß hohen Felsen. Schleichend folgte ich ihr. Sie war sichtlich erschöpft und lehnte sich gegen den Felsen, während sie nach und nach zur Ruhe kam. Es war heiß und ein wenig im Schatten zu sitzen war bestimmt angenehm, also setzte ich mich an ihrer Seite nieder. Nach einer Weile fiel mir auf, wie mir etwas kaltes das Knie entlang lief.

Ich sah auf den Fleck an meiner Hose. Dann griff ich an meinen Gürtel. Dort hing noch der Griff des Dolches, der wohl geschmolzen sein musste. Den Verlust meiner Waffe beklagtend ließ ich einen leisen Seufzer verlauten. Es folgte eine Schweigepause. "Wo sind wir hier?" Doch Shida schlief bereits. Sie hatte schon lange nicht mehr in Menschengestalt geschlafen. Immer noch wirkte sie so friedlich und süß, wenn sie schlief. Zusammengerollt kauerte sie am heißen Sandboden und hatte ihren Kopf auf meinen Schoß gelegt. Da bemerkte ich eine sonderbare Veränderung.

 

Ihr Fell, welches ihr als Kleidung diente wurde dünner und machte ihren schönen Körper frei, wobei immer noch ein undurchsichtiger Flaum sie vor der vollkommenen Entblößung schützte. Ich strich ihr übers Haar, lehnte mich an den Felsen und döste. Nun wog ich mich selbst nach einiger Zeit wieder in Sicherheit, denn Shida war da und in ihrer Nähe fühlte ich mich sicher. 

 

Als ich die Augen wieder aufschlug sah mich Shida von unten an. Ihre Augen fixierten die meinen und keiner von uns wagte es wegzuschauen. Sie half mir auf die Beine und lächelte als ich dabei über den Rand des Steines stolperte. "Es ist schön wieder in vertrauter Umgebung zu sein" säuselte Shida lieblich, als sie mit dem Rücken zu mir auf dem Sand in Richtung der kleinen Dünen ging und sich im Gehen in ihre Felinform veränderte. "Wir sind schneller da, wenn du aufsteigst" teilte sie mir mit und schnurrte in einem tiefen Ton. Die paar Schritte bis zu ihr ging ich noch und dann umgriff ich ihre Hüfte und schwang mich auf ihren Rücken. In einem gemäßigten Tempo bahnten wir uns den Weg durch die Sande unter unseren Füßen. Hin und wieder machten wir Rast, wo sich ein Schatten ergab, der uns beide beherbergen konnte. Als die Sonne gegen Abend rotgolden strahlte wurde die Umgebungstemperatur angenehm kühl. Shida blieb stehen und sah in die Ferne. Dort waren verschwommene Bilder einer weißen Stadt zu sehen, von hohen Türmen umgeben. Doch anscheinend bemerkte Shida diese nicht. Vielmehr schien sie zu warten.

 

Rund um uns herum hörte ich leise den Sand knirschen. Beinahe ohne Geräusche von sich zu geben, waren wir von großen katzenähnlichen Wesen umzingelt worden, die große Ähnlichkeiten mit Shida aufwiesen. Sie kamen von allen Richtungen auf uns zu und zwängten uns auf einen Fleck in ihrer Mitte. "Raq Shida, bist du es?" Eine großgewachsene Katze kam aus der Menge hervor. Shida wechselte zu ihrer Menschengestalt. Ich rutschte von ihrem Rücken und stand eng gedrängt gegen ihren Rücken, da sie sich schützend vor mich stellte. Die große Katze verwandelte sich daraufhin ebenfalls. Ihr wuchs ein dicker Zopf, der bis zum Hintern fiel und das Gesicht einer erwachsenen Frau formte sich aus ihrer Schnauze. Sie war gekleidet in ein langes, weißes Seidengewand und trug goldene Armreife. Ihre Augen waren stechend, wie die von Shida. Die Frau ging auf uns zu. Sie wirkte grazil in ihren Bewegung. Freudig umarmte sie Shida, wobei sie mir deutete mich von ihr zu entfernen. "Darf man erfahren, wo du warst?" "Das Leben hier ist schön und ich lebte gut, doch konnte das doch nicht alles sein, was ich von der Welt zu sehen hatte." "Kind, dir fehlt es einfach an Erfahrung...und wer ist dieser Mann, den du dir gekrallt hast?" Sie sah Shida neugierig an und raunte ihr zu.

"Das, Mutter, ist jemand, den ich in meiner Gefangenschaft am Eiskontinenten kennen gelernt habe." Sie neigte sich zum Ohr der Frau "....ist....Prophezeihung....DER..". Mehr verstand ich nicht. Ungläubig lugte die Frau in meine Richtung und näherte sich mir ebenfalls. "Willkommen, du scheinst meine Tochter gut zu kennen. Ich bin Raq Mina, ihre Mutter." Wir zeigten uns aneinander interessiert und setzten gemeinsam unsere Reise fort, indem ich wieder auf Shidas Rücken kletterte und mit den Katzen mitzog. Zusammen überwanden wir hohe Dünenlandschaften in Windeseile und gegen Abend waren wir im Dorf dieses indigenen Stammes angekommen. Es war ein Lager aus Zelten. welche in einem Halbkreis angeordnet waren. Dahinter standen Häuser die gleich gefärbt wie der Sand waren und zwischen den Dünen kaum auffielen. Außer uns war sonst keiner zu sehen. Die Katzen verwandelten verwandelten sich alle in ihre menschliche Gestalt. Neben der Mutter von Shida standen ausgewachsene Frauen mit langem Haar, aber auch junge Mädchen, etwa im Alter von Shida, welche miteinander tuschelten. "Also, das hier ist unser Lager, schön nicht" Shidas Mutter wandte sich zu mir, während Shida an meiner Seite stand. "Entschuldigen Sie, aber ich habe so einen Hunger. Haben Sie etwas für mich?" Mein Magen knurrte entsetzlich, da ich seit dem Ausbruch aus dem Schloss nichts mehr gegessen hatte. Erzürnt wand sich die Frau zu ihrer Tochter. "Hast du ihm bei eurer Flucht etwa nichts zu essen gegeben, Shida?" "Aber Mutter, ich konnte ihm doch unmöglich ein rohes Kaninchen oder einen Vogel anbieten. Uns blieb einfach keine Zeit um ein Feuer zu machen um etwas zu braten und außerdem hätte es zu viel Aufmerksamkeit erregt. Leider gab es bei diesen Temperaturen keine Beeren die ich pflücken hätte können."

"Na gut. Dann kann mit in das große Zelt da vorn." Sprach sie wieder mir zugewendet. So folgte ich ihr ins Zelt, Shida dicht hinter mir. Im Inneren befand sich eine Schlafmatte, ein wenig Honig in einem Glas und wilde Beeren, welche vor der Matte auf einem Tuch lagen. Mina, Shidas Mutter reichte mir einen Trinkschlauch, den sie von ihrem Gürtel herunter nahm. Die ersten paar Schlücke brannten in meiner Kehle, doch trank ich den halben Schlauch aus. Sie gab mir auch von den Beeren, welche süßlich schmeckten und einen angenehmen Geruch verströmten. Langsam ließ ich mich auf den Boden fallen und legte mich auf den Rücken, da mich die Flucht und die Reise im Allgemeinen angestrengt hatten. "Lebt ihr Frauen hier eigentlich allein in diesem Lager? Habt ihr keine Männer bei euch?" Überrascht blickte Mina in meine Richtung. "Doch, doch. Die leben in den Häusern hinter den Zelten. Sie schlafen nur gerade alle, weil es ihnen zu dieser Tageszeit zu heiß ist." "Gibt es einen Grund, wieso ihr Frauen nicht in die Häuser zu euren Männern geht?" fragte ich am Boden liegend, halb murmelnd. "Ich hab dir ja noch garnichts über uns erzählt. Also machs dir bequem, das könnte länger dauern." "Ich liege bereits bequem." Mina kicherte und ihre Tochter tat es ihr gleich. "Unser Volk ist bereits sehr alt. Bestimmte Personen von uns haben irgendwann einmal die Fähigkeit erhalten sich in eine katzenähnliche Gestalt zu verwandeln. Wir nennen solche Personen 'Quaz' und sie sind unsere Krieger. Seltsamerweise haben die Männer unseres Volkes diese Fähigkeit nicht, jedoch können einige wenige von ihnen ihre Stimme um ein Vielfaches verstärken, sodass eine Art ohrenbetäubendes Brüllen entsteht. Diese Personen sind unsere Anführer und teilen sich mit einer Quaz diese Position. Die Quaz-Krieger sind oft unterwegs in den Dünen und daher wohnen sie in Zelten, die leicht auf-und abbaubar sind, während die Männer in Häusern wohnen und die Siedlung vor wilden Tieren schützen, während wir weg sind" "Ach so ist das. Faszinierend" sagte ich, gähnte und machte die Augen zu, da meine Lider viel zu schwer geworden waren. Im Halbschlaf hörte ich Shidas Mutter noch sagen, sie solle mich doch mit zu ihr nehmen. Ich wurde hochgehoben und ein Stück getragen, bis ich irgendwann behutsam in weiche Kissen gelegt wurde. Dann verlor ich entgültig das Bewusstsein und glitt in die schwarze Leere hinein, in der mein Körper nun endlich zur Ruhe kam.

 

Verschwitzt wachte ich auf und hörte wie jemand vor dem Zelt redete. Ich erhob mich aus den Kissen, streckte mich ausgiebig und schlug die Zeltplane zur Seite. Schlaftrunken und geblendet von der Sonne torkelte ich ins Freie. Dort Stand Shida mit einigen Mädchen von den Quaz und sie tuschelten. Als sie mich sahen, entfernten sich ihre Köpfe voneinander und das Flüstern verstummte. Geschwind verschwanden sie zwischen den Zelten, nur Shida blieb zurück. Diese ging auf mich zu und streckte mir ihren Arm entgegen. Sie bestand still darauf, dass ich diesen ergreifen solle. "Mein Vater will dich kennenlernen, komm mit", sprach sie mit etwas Hochachtung in ihrer Stimme. Wir gingen vorbei an Zeltreihen, an denen Frauen zu sehen waren, welche die Zelte reparierten, Äste zur Fixierung der Planen in den Boden stießen, sowie die Zelte auf- und abbauten. Die Zelte ließen wir hinter uns und näherten uns den sandfarbenen Häusern. Sie waren auf irgendeine Weise schön gebaut, auf eine rustikale Weise. Die Wände bestanden aus von der Sonne ausgebrannten Steinen und die Tür war aus schlichtem Holz gefertigt. Lautes Gepolter und schwere Schläge waren aus einem der Häuser zu vernehmen, an dem wir uns vorbeibewegten und die dumpfen Schläge aus dem Inneren errinnerten mich an das Geräusch eines schweren Hammers auf Metall. Also besaß dieses Dorf einen Schmied. Shida leitete mich bis zu einem Haus, welches größer als die anderen war und zu dessen Seiten tiefrote Rose blühten, die gegen den Sand ankämpften aus dem sie wuchsen. Sie ließ mir den Vortritt und so klopfte ich an die Tür. Ein braungebrannter Typ mit einem dicken, langen Bart öffnete die Tür. Seine Arme waren von Narben überseht, die sein muskulöser Körper jedoch ausglich. Er musterte mich gründlich von unten bis oben, schritt aus der Türschwelle heraus und hinter ihm war ein Raum zu sehen, welcher von Tierfellen auf dem Boden geziert war und sonst schlicht eingerichtet war. Seine Pranke legte sich um meine Hand und er begann sie zu schütteln. "So, du bist also dieser Reisende, den meine Tochter angeschleppt hat. Wie lautet dein Name?" "Ich heiße Jona, erfreut die Bekanntschaft mit Ihnen zu machen." Er murrte. "Naja, Manieren hast du ja. Nun zu meiner Person. Ich bin der Ehemann von Mina,Raq Sharal. Unter meiner Führung steht dieser Ort. Was sind deine Beweggründe?" "Ich war Navigator auf einem Handelsschiff, welches aber untergegangen ist im Meer der Leere. Dann bin ich an die Küste von Njedviral, einem Land im Norden, gespült worden. In der Festung des Königs bin ich dann auf Eure Tochter getroffen. Nach einer Verfolgungsjagd und dem Aufenthalt in einem Grenzposten bin ich nun hier. Im Moment habe ich keine Verpflichtungen und niemanden der auf mich in der Heimat wartet. Man könnte sagen ich bin ein Reisender." "Nun gut, Jona, du kannst dich gleich nützlich machen. Komm mit, wir müssen ein Haus reparieren." Der Hüne von einem Mann schritt die mit Steinplatten gedeckten Wege zwischen den Häusern entlang bis zu einem Haus am Rande der Zelte, welches ein paar Makel an den Wänden aufwies. Die Tür war schon ganz zerschlissen und hing nur noch in den Angeln. Die Wände waren eingerissen. Der Wind pfiff durch die Löcher in der Wand und erzeugte dabei ein Pfeifen im Inneren des Hauses. Der Sand rings um hatte sich angesammelt und reichte bis zur hölzernen Tür. "Holz wächst im Osten und Steine findest du am Strand. Hol dir das nötige Werkzeug, das du benötigst beim Schmied. Zeit hast du solange du eben dafür brauchst dieses Haus wieder in einen guten Zustand zu bringen. Auf dieses Weise lernst du unser Volk auch gleich besser kennen. Bis es fertig ist erlaube ich dir im Zelt mit meiner Tochter zu leben. " Er ging wieder zurück und ließ mich stehen. Ich setzte mich in den Sand und nach etwa einer Sekunde schreckte ich auf, da dieser so heiß war. Also begab ich mich auf den Weg zum Schmied. Die Tür stand einen Spalt weit offen und von innen konnte ich bereits das Geräusch eines Hammers hören. Unter Knarren öffnete sich die Tür nach innen und mir gegenüber stand ein muskulöser, junger Mann, der nur ein wenig älter zu sein schien als ich, welcher an einem massiven Amboss stand und gerade Hiebe des Hammers in seinen Händen auf ein Metallstück in der Form einer Spitzhacke niedergehen ließ. Neben ihm brannte ein loderndes Feuer in einer Vertiefung im Boden, in welcher gerade ein Stück Metall glühend steckte. Er sah auf, erkannte mich sichtlich nicht, sah wieder hinunter auf seinen Amboss und arbeitete weiter. "Entschuldigung, ich wurde damit beauftragt ein Haus zu reparieren und dafür brauche ich Werkzeuge wie eine Axt und eine Spitzhacke." "Wer hat dich zu mir geschickt? Ich kenne dich nicht." brummte dieser als Antwort. "Sharal hat mich geschickt." Er hob den Kopf und sah mich an. "Was hast du mit ihm oder er mit dir zu tun?" "Seine Tochter, Shida, hat mich nach einer gemeinsamen Flucht hierher geführt." "Na dann, wenn Sharal meint." Schnell verschwand er hinter einem Tuch und das Klirren von Metallgegenständen gefolgt vom Schmied welcher mit 2 Werkzeugen erschien. Einer einfachen Axt und einer Spitzhacke aus glänzendem Metall. "Geh sorgfältig damit um. Wenn du sie kaputt machst musst du sie mir bezahlen." Mit einer Geste des Dankes ging beladen mit Spitzhacke und Axt aus dem Haus hinaus. Es war bereits später Nachmittag und ich entschied mich zu Shidas Zelt zu gehen, da es ohnehin schon zu spät war um Holz fällen zu gehen. Und zum Strand war es auch eine Weile. Bis ich wieder zurückkommen würde wäre es bestimmt schon späte Nacht gewesen. Die Werkzeuge verstaute ich in einer Ecke des Zeltes und setzte mich in die Kissen, den Kopf auf den Boden gerichtet, nachdenklich.

Geraume Zeit später schwang das Tuch vom Eingang zur Seite und Shida kam herein. Sie sah ein wenig verschwitzt aus und sie sah zerzaust aus. Gleich nach dem Betreten schwappte sie sich die Wasserschüssel über ihr Haupt um sich abzukühlen. Das Wasser versickerte in sekundenschnelle im sandigen Boden. Sie war mit den Qaz auf der Jagd gewesen, während ihr Vater mir das Haus zeigte und ich beim Schmied war. "War mein Vater lieb zu dir, während ich weg war?" Ja, ich kann unser Verhältnis zwar noch nicht einschätzen, aber ich denke er mag mich. Er hat mir als Aufgabe gegeben ein Haus zu reparieren." Shida machte große Augen und gleich darauf kicherte sie sichtlich amüsiert. Ich ersparte mir nachzufragen. Sie kniete sich neben mir nieder, lehnte sich zurück in die Kissen und seufzte tief und lang. "Das ist so anstrengend nach einer längeren Zeit in Gefangenschaft wieder mit den anderen auf die Jagd zu gehen." Sie lies die Luft entweichen und legte sich an mich. Kurz darauf schlief sie mit dem Kopf an meine Seite gelegt ein und ich strich ihr langsam übers Haar. Irgendwie hatte sich zwischen uns eine komische Beziehung entwickelt.

Bis vor zwei Tagen kannten wir uns noch nicht und doch lagen wir nun Seite an Seite in einem Zelt, irgendwo am anderen Ende der Welt, in einem weiten Meer aus Sand, das mir fremd war. Durchaus eine komische Situation in der ich mich befand. Doch ich wollte mich nicht beschweren. Ich hatte das Abenteuer gesucht und nun war mein Leben ein Abenteuer. Draußen vor dem Zelt wurde es ruhiger und ein paar Frauenstimmen, die erheitert wirkten verklangen bald darauf abgedämpft durch ein Nachbarzelt. Nicht viel später wachte Shida an meiner Seite auf und sah mich von unten mit ihren schönen Augen an. Simultan hörte ich wie es draußen vor dem Zelt lauter wurde. Etwas weiter entfernt erklangen Trommeln. Ich eilte zur Zeltplane um mir einen Überlick zu verschaffen und Shida blieb dicht hinter mir. Die Plane zur Seite schiebend sah ich wie einige der Qaz um ein Feuer herum standen und auf Trommeln schlugen, welche Muscheln an den Seiten befestigt hatten, die mit jedem Schlag der Trommeln ein klickendes Geräusch von sich gaben. "Oh, es scheint als feierten wir heute ein Fest" bemerkte Shida verwundert. Wir gingen zu der Feuerstelle, welche zwischen ein paar Zelten lag und wurden gleich herzlich von den Frauen begrüßt. Die wenigen Männer die sich um das Feuer scharten waren damit beschäftigt an Stöcken zu schnitzen, oder Bier zu trinken. Alle saßen sie auf Teppichen am Sand und unterhielten sich lautstark. Ich setzte mich mit Shida auf einen der Teppiche und wir lauschten dem Klang der Trommeln, welcher sich über unsere Köpfe hinaus ausbrueitete. Am Feuer standen Mädchen mit langen Gewändern und offenem Haar, welche zum Takt der Musik tanzten und ihre Hüften kreisen liesen. Speisen und Karaffen aus Ton wurden herumgereicht und jeder konnte sich etwas davon nehmen. Nüsse, Datteln, Zitrusfrüchte; Wasser, Wein, Bier, Saft. Alles gab es. Bis spät in die Nacht feierten wir ausgiebig bis die Sonne ihre ersten Strahlen über die Dünen der Wüste streifen ließ. Kurz darauf schliefen Shida und ich auch schon wieder in ihrem Zelt. Ich wurde durch das Flattern der Zeltplane geweckt, welche sich durch die starken, warmen Luftströme hob und senkte. Von Tatendrang gepackt nahm ich das Werkzeug das ich gestern erstanden hatte und machte mich auf den Weg. Glücklicherweise konnte ich auf Shidas Rücken reiten und so gelangte ich viel schneller zum Strand als ich zu Fuß gebraucht hätte. Mit der Spitzhacke mit dem Holzgriff bewaffnet landete ich den ersten Schlag auf einen der purpurnen Felsen. Das Metall der Hacke klirrte und ein Riss im Stein war entstanden. Schlag um Schlag wurde dieser immer größer und verlief weiter über die Oberfläche, bis es endlich krachte und der Stein in zwei Hälften zerfiel. Ich zerkleinerte den Stein bis auf Faustgröße. Da Shida so lieb gewesen war mir eine ihrer ledernen Packtaschen zu überlassen warf ich die Steine kurzerhand hinein. Nach einer Weile und schmerzende Arme später war der Sack voll mit Steinen. Nebenbei hatte ich auch ein paar Krabben getötet, welche am Strand herumliefen. Diese verspeiste ich während einer kurzen Pause um meine Arme zu entlasten. Da ich nun meine Aufgabe erledigt hatte machte ich mich auf den Heimweg durch die Wüste. Shida hatte mir gesagt es käme durch den Westwind zu starken Verwehungen des Sandes, doch ich solle einfach immer den Wind im Rücken behalten um wieder in das Lager zurückzufinden. Nach zirka zwei Stunden Fußmarsch konnte ich die Zelte der Qaz bereits in einiger Entfernung sehen und der Wind blies mir in den Rücken. Die Sonne stand an ihrem Zenit und ich hatte bereits leichte Dehydrationserscheinungen, also beeilte ich mich zu den Zelten zu gelangen. Dort angekommen trank ich einen großen Schluck aus dem Trinkschlauch im Zelt nachdem ich ein wenig gewartet hatte, war die Sonne nicht mehr so stark und ich konnte mich auf zu dem Haus machen, welches ich reparieren solle. Ich hämmerte die Steine die in die löcherne Wand passten mit der Spitzhacke hinein und so konnte ich die Hälfte der Wand provisorisch ausbessern. Mit der Axt, welche ich gleich aus dem Zelt mitgenommen hatte schaufelte ich den Sand von der Tür weg, sodass ich Zugang zu der Tür hatte. Die hölzerne Tür schwang mit einem grauenhaft knarrenden Geräusch auf und offenbarte das Innere, welches scheinbar nur aus einem relativ gut erhaltenem Deckenbett und einer Waschschüssel bestand. Als ich wieder hinaus trat sah ich wie mich ein kleiner Bub beobachtete. Er wirkte zu schüchtern um sich mir zu nähern, doch seine Augen zeugten von Interesse. Der Junge drehte sich um und rannte in eines der Häuser. Ich folgte ihm langsam, weil ich wissen wollte wo er hingegangen war. Mein Blick schweifte über die verschiedenen Häuser, doch nirgendwo eine Spur des Jungen. Da ging hinter mir eine Tür auf und der Junge stand in Begleitung eines mageren alten Mannes hinter mir, deutete auf mich. "Opa, Opa, der Mann hat am Haus hinter der Düne gearbeitet. Aber er stellt sich so ungeschickt dabei an. Kannst du ihm nicht helfen?" fragte der Kleine den alten Mann. "Soso, du hast also vor diese alte Hütte auf Vordermann zu bringen. Weißt du wie soetwas geht?" "Ehrlich gesagt weiß ich das leider nicht, nein. Ich mache das jetzt zum ersten Mal." "Also brauchst du Hilfe dabei?" "Ja, alleine schaffe ich das mit meinem Wissen nicht, denke ich. Es wäre wirklich nett wenn Sie mir dabei helfen könnten." "Ich würde dir wirklich gerne helfen, aber leider habe ich garkein Geld dich zu unterstützen." Der Alte seufzte und senkte den Kopf zum Boden, auf seinen Gehstock gestützt, den er zittrig umklammerte. Da meldete sich der kleine Bub wieder zu Wort. "Mein Opa ist ein begnadeter Handwerker, aber da die Hütten hier so gut gebaut sind, hat er keine Arbeit mehr und der Fischhandel, den er nun führt läuft garnicht so gut." Der alte Mann ergänzte mit brüchiger Stimme: "Ich bin zu alt um mit meinem Handel zu reisen, also exportiere ich nur noch, aber ich fange nie viele Fische und dadurch ist das Geschäft nicht gerade sehr lukrativ." Ruckartig wurde ich hellwach.  "Da wo ich herkomme, war ich Fischer. Ich könnte für euch Fische angeln gehen." Der alte Mann neigte seinen Kopf ein Stück weit nach oben, als ob er etwas im Himmel ablesen wollte. "Versuch es doch bitte." Er ging in das Haus hinter ihm und kam nach geraumer Zeit mit einem Fischernetz zurück, dessen Gewichte an den Enden aus hellem Stein gemacht waren. Zusätzlich überreichte er mir ein faltig aussehendes Stück Stoff auf dem eine Wegspur eingezeichnet war. "Geh noch jetzt los, auch wenn schon die Nacht hereinbricht und beeile dich, auf dass du das Boot noch vor der Dunkelheit findest." Wortlos warf ich das Netz über die Schulter und band die Schriftrolle mit einem Lederriemen an meiner Hose fest und drehte mich um, um den beiden zu winken.

 

Durch die staubigen Gassen schlendernd, hinaus bis zu den Zelten führte mich mein Weg. Shida schien nicht da zu sein, doch ich hatte ja eine Karte, um mich einigermaßen dort draußen zurechtzufinden. Aus dem Zelt holte ich mir noch ein wenig Stoff um meinen Körper gegen die Hitze der Wüste zu schützen. 

Dann ging ich hinaus aus dem Lager und schritt voran auf dem sandigen Untergrund. Zahllose Dünen ging ich auf-und ab bis ich endlich vor mir die Felsen sah und dahinter das Wasser des Meeres. Ich öffnete das Pergament, konnte aber nicht verstehen, was darauf geschrieben stand. Viele geschlungene aneinandergereihte Zeichen. Trotz fehlendem Wissen in der nativen Schrift konnte ich mir durch die Zeichnungen einen groben Überblick gewähren. Etwa eine Bucht entfernt musste das Boot liegen von dem der alte Mann geredet hatte. Am anderen Ende der Bucht sah es aus wie am einen. Verwundert wo das Boot liegen könnte fiel mir auf, dass die Form der Steine voneinander nur gering abwich. Das kam mir für Steine in natura sehr seltsam vor, speziell da sie ja von Wellen umspült waren. Unter einem der Steine lugte nach genauerer Betrachtung ein Stück Holz heraus, wie es an diesem Strand nicht gab. Ich kniete mich in den Sand davor und schaufelte den Sand mit meinen Händen zur Seite. Zum Vorschein kam ein zusammenlaufendes Ende von zwei Holzplatten, vermutlich ein Bug. An diesem war ein Tau befestigt, mit dessen Hilfe ich unter großem Kraftaufwand das Schiff aus dem Sand ziehen konnte. Der Stein darüber senkte sich daraufgehend. Das Boot sah wie neu aus. Es war aus einem dunklem Braunholz gemacht und hatte einen Namen in den mir unverständlichen Zeichen eingraviert. Es waren zwei Paddel darin verstaut, direkt unter der Sitzbank. Das Fischnetz schmiss ich gleich daneben, zog das Boot zum Wasser und schob es hinein. Es tanzte geradezu auf den seichten Wellen. Mit alter Manier schwang ich mich an Bord, nahm die Paddel und lenkte das Boot unter starken, gleichförmigen Zügen aufs Meer hinaus. Die Abendsonne küsste das Land und ließ das Wasser orange-golden erstrahlen. Das alte Netz warf ich weit aufs Meer hinaus und legte mich auf den Bug, um in den klaren blauen Himmel zu sehen. Das ruhige Schwanken des Bootes wirkte beinahe ein wenig hypnotisch. Als ich wieder aufwachte war die Sonne bereits untergegangen und nur noch ein schummriges Licht erhellte die Sicht. Ich zog das Netz an Bord und die Ausbeute war gut. Beinahe das halbe Netz zappelte nur so vor sich hin, aufgrund der vielen Meerestiere, die sich darin verfangen hatten. Durch einen Blick zur Küste erkannte ich, dass das Boot wohl ein wenig abgedriftet war, doch der Sandstrand war noch gut zu sehen. Mit aller Kraft hiefte ich das Boot an Land und das Netz warf ich über einen der Steine, um es trocknen zu lassen. Die Fische tat ich in einen großen Leinensack und marschierte damit zur Siedlung zurück. Die Strecke erschien mir kurz gewesen zu sein, als ich wieder im Dorf eintraf. Die Fische verstaute ich vor dem Zelt von Shida um sie dem alten Mann am nächsten Tag geben zu können. Ich ließ mich in die Kissen fallen und kuschelte mich an Shida, welche nur ein kurzes Murren von sich gab. Am nächsten Tag wachte ich durch lautes Gerede vor dem Zelt auf. Als ich vor das Zelt trat standen auch schon Shida, ihre Mutter und auch ihr Vater in der Mitte des Weges und sie standen alle geschockt um ein Mädchen mit Kurzhaarschnitt und grünen Gewändern. Hastigen Schrittes näherte ich mich der Menge. Shida sah mich, packte mich an den Schultern und in ihren Augen stand Schock und Verzweiflung. "Jona, hör mir gut zu. Frejlbiart, der König des Eiskontinenten hat Mabias den Krieg erklärt. Er räumt uns lediglich einen Monat Vorbereitungszeit ein. Dann wird er alles und jeden zerstören!" Ein Gefühl von Schuld beschlich mich. Wäre es nicht wegen mir würde jetzt nicht der gesamte Stamm von Shida unter dieser Nachricht leiden. Wütend knirschte ich die Zähne. Da kam Shidas Mutter auf mich zu. "Jona, ich habe von meiner Tochter erfahren, dass du besondere Kräfte hast, die uns im Kampf gegen Frejlbiard sicher von Nutzen sein können. Aber du bist noch zu schwach für diesen Kampf. Man sagt sich Frejlbiart ist kein Mensch mehr. Unvorbereitet wäre diese Konfrontation unser Untergang. Du musst in den Westen von Mabias reisen, zu Amon. Ein in alten Legenden erwähnter Eremit der irgendwo in der Sharaqrawüste lebt. Du musst ihn finden." Bittend sah sie mich an. "Und woran erkenne ich diesen Amon?", fragte ich sie. "Es ist nicht viel über ihn bekannt, leider. Man weiß nur aus Erzählungen, dass er in einem Felsen in der Wüste lebt. Mehr kann ich dir auch nicht sagen." Also ging ich zum Zelt, nahm die Fische und übergab sie dem alten Mann und dem Jungen. Diese konnten sie verkaufen, sodass das Geschäft wieder einigermaßen lief. Der Alte gab mir freundlicherweiße auch eine Karte des Kontinenten mit. Mabias war riesig. Das Lager lag dicht gedrängt an die Südküste und dahinter erstreckte sich eine Weite von unvorstellbarem Ausmaß. Sharaqrawüste... . Ich erkannte eine gewaltige Wüste, die von Norden nach Süd-West verlief. Darüber war in Lettern, die mir unbekannt waren, etwas geschrieben.  Also rüstete ich mich mit einen Trinkschlauch, einen Beutel, Messer und der Karte. Noch am selben Abend verließ ich das Lager und wandte mich Richtung Westen. Düne um Düne legte ich zurück in vollkommener Stille. Shida konnte leider nicht mitkommen, da sie endlich ihre Verantwortung im Stamm übernehmen müsse laut ihrer Mutter. Hatte ich ein Meer aus Dünen überwunden entstand vor mir schon wieder ein neues. Nach etlichen Dünen konnte ich nicht mehr stehen, an gehen war nicht einmal zu denken. Also legte ich mich auf eine der Sandhügel. Die Kälte setzte schon bald ein, doch das Stri, welches ich beim Hinlegen sprach wärmte mich die ganze Nacht hindurch. In den frühen Morgenstunden suchte ich mir einen Punkt zur Orientierung, um meine Wüstenwanderung fortzusetzen. Auf der Karte war nichts Auffallendes verzeichnet. Genervt nahm ich den Kopf in beide Hände. So saß ich eine Weile im immer heißer werdenden Sand, bis ich nicht mehr dort sitzen konnte. Da entdeckte ich am Horzont eine Erhebung im Sand, vermutlich ein Berg. Dieser war jedoch auf der Karte nicht eingezeichnet, was seltsam war. Also legte ich mich auf diesen Weg fest. Ich ging durch die endlosen Weiten des Sandes, jedoch schien der Berg nie größer oder kleiner zu werden. Von Sonnenaufgang bis zur Abendsonne war ich nur auf dem Weg zu diesem großen Felsen, doch nichts an der Ansicht änderte sich. Im Moment als die Sonne unterging verschwand der Berg auf einmal. Nichts davon war mehr zu sehen. Die Knie und Füße taten mir höllisch weh. So sackte ich in mich zusammen im kühlen Wind des Abends, der den Sand der Hügel verblies. Neben mir tat sich etwas im Sand. Gespannt sah ich zu der Stelle, wo sich der Sand bewegte. Die Oberfläche rutschte zur Seite und ein kleines Loch tat sich auf. Etwas schwarzes stieß durch das Loch nach außen. Als es vollends an der Oberfläche war, wirkte es ein wenig grotesk. Es sah aus wie ein Krebs nur mit schmalerem Körper und einem Stachel, welcher bedrohlich in der Luft hing. Schnell flitzte das Tier weg. Es war nur merkwürdig warum es sich nicht wieder eingrub, sondern über den Sand lief. Schnell packte ich alles wieder zusammen und folgte dem Wesen. Es rannte schnell und aufgrund seiner geringen Größe konnte ich es leicht aus den Augen verlieren. Die Jagd verlief sehr lange. Vor mir lag ein kleines Gebiet ohne Dünen. Das schwarze Wesen steurte dessen Mitte an und vergrub sich im Sand. An der Stelle wo das Tier sich vergrub war nichts zu entdecken. Ich legte die Hand an die Stelle und nahm ein wenig Sand in die Hand und ließ ihn wieder zu Boden rieseln.  Nocheinmal nahm ich Sand in die Hand und ließ ihn zu Boden rieseln. An der Stelle wo ich den Sand genommen hatte, blitzte etwas graues hervor. Langsam näherte sich meine Hand dem Ding und berührte es. Es war steinern. Hastig grub ich das steinerne Objekt frei. Bei näherer Betrachtung glich es einer Säule aus alten Zeiten. Diese begann kurzerhand zu rotieren. immer stärker wurde es und die Säule bohrte sich ihren Weg zur Oberfläche. Ringsrum fiel der Sand aufgrund der heftigen Erschütterungen der Dünen hinab. In einer der Dünen erschien plötzlich ein Höhleneingang als der Sand herab gefallen war. Das Innere war nicht zu sehen. Aus Neugier und als Bestätigung, dass es womöglich der Aufenthatlsort Amons sei, wagte ich mich hinein. Es roch nach abgestandener Luft und Ruß. Den Hauptraum der Höhle hatte ich schnell erreicht. Rings um mich herum entbranten auf eimmal ein um das andere Kohlebecken die den Raum nach und nach beleuchteten. Das flackernde Licht in der Höhle offenbarte einen alten Mann mit langem Bart, der im Schneidersitz in der Mitte des Raumes saß, mit dem Rücken zu mir gewandt. Die Kohlebecken gingen wieder aus. Es war dunkel, jedoch nicht stockfinster. Ich spürte die Kälte um mich herum aufkommen und murmelte leise Stri. Die Wärme des Wortes erfüllte meine müden Glieder und entspannte meinen Körper. Es war vollkommen still im Raum. Vorsichtig setzte ich mich auf den Steinboden und wartete darauf, dass irgendetwas geschieht, doch nichts. Für gefühlt lange Zeit saß ich am Boden und starrte in die schwarze Leere. Daraufhin schloss ich die Augen. Ich hörte auf den Wind vor dem Höhleneingang, ich roch die Luft, die langsam eine bessere Qualität annahm. Mein Körper, er war so behaglich war. Doch da war noch etwas im Raum. Etwas das ich nicht sehen konnte. Vor mir befand sich eine weitere Wärmequelle, welche vor meinem geistigen Auge warm und hell flackerte. Mir war dieses Gefühl unbekannt und ich erschauderte. Langsam tastete ich mich im Geist an diesen Lichtpunkt heran. In Gedanken berührte ich ihn. Da fing der Punkt auf einmal an zu brennen, immer heller und wärmer. Irritiert schreckte ich auf. Die Karte an meiner Hüfte glimmte. "Gut, wir können anfangen, Schüler" hallte es leise durch die Halle. "Regel Nummer eins: Wer die Dunkelheit kennt, fürchtet sie nicht, sondern erhellt sie mit sich selbst. "Regel Nummer zwei: Erkenne die Natur einer Kraft und arbeitete nicht gegen sie, sondern mit ihr." "Regel Nummer drei: "Selbstkontrolle liegt die vollkommene Macht inne". "Nun schlaf. Es ist spät und wir fangen morgen vor Sonnenaufgang mit deinem Training an." Die Kohlebecken brannten wieder und der Alte stand nun hinter mir.

Kapitel VIII-Der Wüstenwille

 Etwas blendete meine Augen. Ich machte sie auf und die Kohlebecken glimmten so hell, dass es in den Augen weh tat. Ich musste wegschauen und langsam ließ die Schwärze in den Augen nach. Es war noch früher Morgen, denn vor der Höhle fing es gerade erst an hell zu werden. Der Alte bemerkte mein Erwachen und kam zu mir. "Kannst du mir sagen, was du bereits über die Lit-Magiz weißt?" fragte er mich mit ruhiger, klarer Stimme. "Sie erhitzt den Körper und steigert die Körperwärme kurzfristig." Der alte Mann lachte. "Wie ich sehe hattest du bisher keinen Meister der dich in die Künste der Sonne eingeweiht hat, habe ich recht?".

Bedrückt schwieg ich. "Dann zeig mir mal wie gut du bereits Stri benutzen kannst"

 

Ohne Worte stand ich auf und sprach: STRII

Meine Haut wurde rötlich und fühlte sich immer heißer an. Der Schweiß trat in Kraft, doch verdunstete langsam schon wieder.

Die Adern wurden nach außen gedrückt und mein Körper schwoll ein wenig an. 

 

"Gut. FIA" Meine Haut fühlte sich ein wenig taub an und wurde wieder kühler. Sie gewann wieder ihre natürliche Farbe.

"Bevor du noch ohnmächtig wirst..."

Erschöpft stand ich da, die Arme nach vorne gebeugt auf den Knien.

 

"Merk dir FIA. Damit kannst du wieder zurück auf Normaltemperatur gehen, wenn du die Kontrolle über STRI verlierst. Übe diese zwei Silben erst einmal gut, aber verwende sie nicht zu schnell hintereinander. Du könntest erkranken."

 

"Verstanden" Also stand ich wieder auf. STRI. Mein Körper erhitzte wieder. "Gut. Konzentriere dich jetzt nur auf dein linkes Bein. Du dich voll und ganz auf dein Bein konzentrieren." Also sah ich auf mein linkes Bein und strengte mich an mich nur darauf zu konzentrieren. Völlig unerwartet wich die Wärme aus meinem restlichen Körper und kanalisierte sich in meinem linken Bein. Es brannte höllisch. Schmerzerfüllt presste ich FIA zwischen den Zähnen hervor. Und wie durch ein Wunder kühlte das Bein augenblicklich etwas ab. Ich legte meine Hand auf das Bein und wiederholte: FIA. Die Wärme ging weiter zurück und es fühlte sich nur noch an, wie in der Sonne am Strand zu liegen."

 

"Ich sehe du hast Talent. Du musst nur noch wissen, wie du es entfalten kannst. Ich dachte du du würdest dir durch FIA starke Unterkühlungen zuziehen, aber umso besser." "Machen wir gleich weiter" Er ging langsamen Schrittes zu den Kohlebecken hinüber und deutete mir an auch dorthin zu kommen. Mit einer Handbewegung löschte er dieses. "Verwende STRI und konzentriere dich nur auf deine Handflächen. Wenn es dir möglich ist, versuche dass die Hitze nur deine Handinnenseite betrifft. Dann strecke deine Arme zum Kohlebecken und dann schauen wir was passiert."

 

Im Geiste konzentrierte ich mich fest auf meine Hand. Auf die Finger, auf die Mulde in meiner Hand, das Handgelenk. Mit geschlossenen Augen sprach ich: STRI . Die gewohnte Wärme durchschoss meinen Körper. Sie ging in meine Arme. Dort blieb sie und es erforderte ein großes Maß an Vorstellungskraft und Konzentration sie dann schließlich in meine Hände zu leiten. Ich streckte die Hände aus und lenkte die Wärme gezielt in meine Handinnenflächen. Diese wurden immer heißer und ich spürte wie die Handknochen ebenfalls heißer wurden. Nun war meine gesamte Wärme in meinen beiden Handinnenflächen angelangt. Vor Anstrengung atmete ich verstärkt. Amon pfiff Anerkennung. "Gut, sehr gut. Versuche nun die Wärme in deinen Händen hinaus zu schicken. Es klingt vielleicht komisch, aber stelle es dir einfach vor." 

 

In meinem Kopf lief alles auf Hochtouren. Wie sollte ich diese Wärme nach außen abgeben? Angestrengt versuchte ich es, doch nichts geschah. Ich versuchte die Wärme auf einem Schwall herauszupressen aus meinem Körper, doch das funktionierte nicht. Das Gegenteil war der Fall. Sie bündelte sich in meinen Fingerspitzen. Dort brannte sie stark und ich war versucht FIA anzuwenden. "Noch nicht." hörte ich Amon mahnend sagen. Die Wärme soll aus mir herausfließen. So wie das Meer, mit seinen Wellen. Meine Konzentration ging über auf diese Wellen von Zuhause, von Krinaven, wie sie sanft auf die Küste auftrafen. In dieser Vorstellung versank ich, und bemerkte nicht wie Amon mich rief. Wie die Wellen....die Hitze floss aus mir heraus. Ich konnte spüren, wie sie mich in Wellen verließ. "Ausgezeichnet. Du übertriffst alle meine Erwartungen. Sieh selbst." Müde öffnete ich meine Lider und was ich sah war undenkbar. Meine Hände glimmten, jedoch in einer Art Hülle, sodass meine Haut nur leicht gerötet war. Unter meinen Händen glimmten und glühten die Kohlen in kurzen Abständen auf und erloschen wieder. Die Hitze aus meinen Händen ließ die Kohlen glühen. Erstaunt sah ich mir selber noch ein wenig zu. "Faszinierend..." raunte ich.

"Glückwunsch, mein Schüler, du hast innerhalb nur eines halben Tages bereits die nächste Form von STRI erlernt...STRI Āśā." "Und wie lange kann ich diesen Zustand aufrechterhalten?" fragte ich ihn erstaunt. "Solange du eben kannst, ohne dich zu bewegen. Sobald du dich bewegst liegt deine Konzentration nicht mehr auf der Hitze die dich momentan umgibt und du wirst gezwungen sein, FIA zu wirken, da du sonst wie ein Holzscheit abfackelst. Bis du dich vollkommen frei in diesem Zustand bewegen kannst, brauchst du wahrscheinlich noch eine Weile. Wenn du denkst es ist so weit, versuche es einfach. Zur Not sprichst du FIA."

"Aber genug Neues für heute. Lerne erst einmal die dir beigebrachten Dinge von heute gut kontrollieren zu können." Mit diesen Worten wandte er sich von mir ab und setzte sich wieder im Schneidersitz auf seinen Platz.

 

FIA. Der glimmende Schein um meine Hände zog sich wieder zurück in meine Haut, welche augenblicklich brannte, jedoch innerhalb von ein paar Sekunden wieder verflogen war. Immer noch verwundert über meine neuen Fähigkeiten stand ich da, meine Hände betrachtend. Nach einer Weile blickte ich auf. Die Becken brannten ruhig vor sich hin. Den Rest des Tages widmete ich STRI und STRI Āśā. Hin und wieder musste ich mich ein wenig ausruhen, da die Anwendungen meinen Körper zu sehr strapazierten, doch mit dem Untergehen der Sonne war ich bereits dazu im Stande die Hitze in einem Punkt meines Körpers zu Bündeln wie meiner Hand, sodass diese nun eine viel dickere Hülle aus glimmender Luft umgab. Voller Konzentration versuchte ich diesen Zustand so lange es ging aufrecht zu erhalten. Da rief mich Amon. Überrascht blickte ich auf und die Hitze verflüchtete sich in die Luft vor mir, wo sie jedoch für einen kurzen Moment weiterglimmte und schließlich erlosch. Ich wand mich zu Amon und ging auf ihn zu. Plötzlich stand ich in Flammen, die höllisch brannten. Voller Panik blickte ich an mir herab. Alles an meinem Körper spie gleißende Flammen. Ich schrie, doch Amon schrie mir entgegen ich solle ich solle mich auf meinen stärksten Punkt konzentrieren, dann könnten mir die Flammen nichts mehr antun. "Mein stärkster Punkt sind meine Hände!" Die Flammen flossen beinahe über meinen Körper zu meinen Händen hin und ein Wirbel aus Flammen umgab sie, welche an meinen Unterarmen entlang in die Höhe spien. Plötzlich hatte ich volle Kontrolle über meinen Körper erlangt und die Schmerzen ließen langsam nach. Da bemerkte ich, dass ich garkeine Brandwunden hatte, dort wo die Flammen noch soeben getobt hatten. Schnell wurde mir klar, dass es ein psychischer Schmerz gewesen sein musste.

Der alte Mann stand fassungslos vor mir. "Von dir kann man wahrlich noch Wunder erwarten. Es war kein Fehler, dass du mich aufgesucht hast" Mit den Flammen an meinen Armen fühlte ich mich mächtig.

Kalte Schauer überzogen meinen Rücken vor lauter Aufregung. Die Flammen brannten wild, doch fühlte ich keinen Schmerz dabei. Dieser Zustand war befremdlich und widersetzte sich meiner Logik. Nach einer Weile fühlte ich mich nicht mehr stark genug mich auf das Feuer zu konzentrieren und ließ es mit FIA verglimmen. Ich sackte zusammen wie ein nasser Sack und atmete schwer. Amon stand über mir und reichte mir eine dicke Wolldecke. "Schlaf erst einmal. Hier wird es während den Nächten sehr kalt.". Dieser Aufforderung kam ich gerne nach und nach nur einem Augenblick fiel ich in die Ohnmacht, die Schlaf hieß. Die nächsten Tage und Wochen verbrachte ich mit Ausdauer- und Konzentrationsübungen. Amon schien Gefallen an mir gefunden zu haben, denn er verfolgte meine Fortschritte auf Schritt und Tritt und gab mir Hinweise für ein effizienteres Training.

 

Er mochte vielleicht nicht danach aussehen mit seinen dünnen Armen und Beinen, sowie dem runzligen Gesicht, doch der Alte konnte mir im Wettlauf wirklich etwas entgegensetzen. Nach einer Weile hatte ich mich gut an die Temperaturunterschiede von Tag und Nacht gewöhnt, sodass es keinen Unterschied mehr machte wann ich trainierte. Mitlerweile hatte ich genug Kontrolle über die Flammen erlangt, um mit Ihnen einen Faustkampf zu bestreiten. Das Bewegen mit den Flammen fiel mir leicht von der Hand. Man musste sich nur vorstellen zu schwimmen, wie das Wasser den Körper umspült und dies dann durch Willenskraft zu verwirklichen. Während eines Trainings passierte es dann plötzlich, dass während eines weiteren Schlages ein Flammenschwall von meiner Hand losschoss, welchen Amon dann besorgten Blickes durch FIA von sich abwendete. Ich erschrak selbst ob meiner Tat, jedoch bestärkte es mich nur mehr. Langsam traute ich mir zu mit meinen Kräften etwas erreichen zu können. Ich wollte endlich die Last von den Schultern der Menschen nehmen, ständig um mich besorgt sein zu müssen. Ich ließ die Flammen verblassen. Morgen wäre es dann so weit...ich habe die Ausbildung bei Amon abgeschlossen, so sagt er. Erschöpft bette ich mich zur Ruhe und falle in einen tiefen Schlaf. Am nächsten Tag wache ich auf. Nur ein fahler Lichtstrahl bedeckt den Boden zu meiner Seite. Das ist nun das erste Mal, dass ich vor Amon wach bin. So, nun mache ich mich wohl wieder auf den Weg zu den Quaz. Schwermütig verlasse ich die Höhle wieder nach so langer Zeit. Das Sonnenlicht brennt mir beinahe meine Augen aus, so hell ist es. Schritt um Schritt gehe ich immer tiefer in die Wüste hinein, aus der ich damals gekommen bin. Die schwarzen Skorpione graben sich vor mir durch den Sand und leiten mich aus diesem heißen Meer hinaus. Es dauerte vier ganze Tage bis ich wieder die mir vertrauten weißen Lehmhütten in der Ferne sah.

 

Lächelnd gehe ich auf die Bauten zu, durch die Gassen. Da erblicke ich ein Haus das mir fremd ist. Es ist umringt mit Wüstenrosen und es hat einen angelegten Garten mit Feldfrüchten vornaus. Es ist ein schönes Haus. Der Junge, dessen Onkel ich die Fische brachte, kam hervor. Es musste sich hierbei um das Haus handeln, das die beiden für mich errichten wollten. "Ist das, was du und dein Onkel aus meinem Haus gemacht habt?" frage ich den Jungen. Er nickt stolz. Ich lächle zurück. Wirklich schön ist es geworden. Durch die Tür betrete ich das Gebäude und ein mir wohlgesonnenes und glückliches Gesicht strahlt mich an. Shida fällt mir um den Hals und beteuert mich sehr vermisst zu haben. Sie war gerade mit einer Näharbeit beschäftigt, die auf dem hölzernen Tisch liegt. "Wie ist es dir ergangen auf deiner Reise?" Mit den Händen umschlingt sie mein Gesicht und man merkt ihr die Erleichterung an. Schweigend umfasse ich ihre Hüfte und ziehe sie an mich heran. "Weißt du, manchmal wünsche ich mir, diese Konfrontation mit dem Frostkönig würde niemals stattfinden, aber ich denke er wird sein Wort halten." Besorgt blickt sie mir tief in die Augen. "Schön dich wiedersehen zu können." Mit diesen Worten wandt sie sich von mir ab und arbeitet weiter an ihrer Arbeit, die aussieht, als wäre es ein riesiges Kunstwerk.

 

Just in diesem Moment klopft es an der Tür. Der Onkel des Buben und die Stammesführerin stehen davor.  Nach einer Tasse Tee und Fragen zum Wohlbefinden und der Reise machen sie sich aber auch schon wieder auf den Heimweg. Dem Alten richte ich noch meinen herzlichsten Dank aus. Meine Nerven liegen blank. Wenn ich meine Fähigkeiten nicht gut genug im Kampf gegen den König einsetzen kann wird die bevorstehende Gefahr ein einziges Blutbad.

 

Um mich auf andere Gedanken zu bringen sehe ich Shida bei ihrer Arbeit zu. Die in sich verworrenen Garne und Fäden wirken wirr und chaotisch, jedoch breitet sich in mir ein behagliches Gefühl aus, wenn ich meine Blicke darüber schweifen lasse.

 

Shida sieht mich besorgt an - Ich neige den Kopf zur Brust und atme tief aus. Die Bürde, die auf mir lastet ist enorm und niemand kann sie mir abnehmen. Als ob sie meine Gedanken lesen kann, schiebt sie sich näher zu mir. "Du musst nur dir selbst vertrauen, dann kannst du das schaffen. Dein Training war hart und intensiv, du hast nichts zu befürchten, weißt du? Wir stehen alle hinter dir."

 

Das drückende Gefühl der Angst lastet immer noch auf mir, aber ein klein wenig Hoffnung ist nun in Sichtweite.

 

"Gut, ich gehe trainieren.", verabschiede ich mich knapp.

 

An einem abgelegenen Platz unweit der Siedlung besinne ich mich und schließe die Augen um Ruhe einkehren zu lassen.

Die Gedanken nur auf die Wärme in meinem Inneren fixiert löst sich schon die erste Welle wohliger Hitze von mir ab.

Ein markerschütterndes Brüllen ertönt.

Die Augen offen, sehe ich wie sich die dürren Büsche dem beißenden Wind widersetzen zu versuchen, doch ohne Sinn.

Kalte Böen peitschen über den Boden. Ein kriechender Nebel breitet sich auf ihm aus.

Er ist da.

 

 

 

 

 

Kapitel IX - Winter der Wüste

Die Bewohner laufen alle hastig in ihre Häuser, die Mütter zerren ihre Kinder panisch hinter sich her.

Wie aus dem nichts bilden sich Tautropfen auf den Steinplatten im Boden. Der Wind wird immer stärker und schneidet die Häuser mit einem scharfen Pfeifen.

Die Türen zu den Häusern frieren langsam und von Norden her bewegt sich etwas am Horizont. Es sind dieselben grotesken Fledermausflügel, die ich schon einmal an der Eisbarrikade sehen konnte, es ist der Eiskönig, gekommen um Rache zu nehmen.

 

Das Brüllen der Bestie fährt wie ein Schmerz durch meinen Kopf, lähmt mich, lässt mich kerzengerade stehen. Stünde ich noch länger so teilnahmslos da, würde ich festfrieren und die Menschen hier wären dem Untergang geweiht. Ich besinne mich wieder auf mich selbst, schließe die Augen, konzentriere mich. vor meinem inneren Auge flackert eine hellrote Flamme wild umher. Ich lasse sie zu. STRI. Die Feuerschicht legt sich um mich wie eine zweite Haut, Flammen züngeln daraus hervor und tanzen im Todeswind. Überzeugten Schrittes schreite ich den Steinpfad entlang, in Richtung des Brüllens und des massiven Körpers des drachenhaften Königs. Die eisigen Winde perlen von mir ab, verwandeln sich in Sprühnebel sobald sie mich berühren. Stoisch beschreite ich weiter den Pfad, alle Sorgen wie weggewischt. Ich schreite hinaus in die Wüste, bis die Siedlung mir fern im Rücken liegt. Nun erwarte ich nur noch seine Ankunft, mein Schicksal und das der anderen ungewiss. Ein letztes Brüllen und schon kommt der Drache hinabgestürzt. Er fliegt knapp über meinem Kopf hinfort und erhebt sich unter massiven Windverwehungen wieder in die Luft. Dort zieht sich die Luft zusammen, umringt den König. Sein Körper schrumpft zusammen. Ein Konstrukt schwebt nun über mir, fast wie ein Speer aus  Eis. Da stürzt er hinab auf mich. Durch schnelle Hitzeausstrahlung aus meinen Händen schaffe ich es mich mithilfe von Jets aus dem Epizentrum des Einschlags zu bewegen. Dort wo ich eben noch stand bohrt sich der Keil in den Sand und lässt ein hässliches Knirschen ertönen. Der Speer zerfällt in sich und nun stehen wir uns gegenüber, ich dem König Njedvirals.

 

In seiner linken Hand wächst ein Speer beachtlicher Größe heran, mit welchem man sicher einen Wal harpunieren konnte. 

Sein kaltes Lächeln entzieht mir den anfänglich noch so überschwänglichen Mut.

Langsam kommt er auf mich zu mit einem selbstgefälligen Gesichtsausdruck, welcher nur einem König steht.

Bereit mich zu durchlöchern hebt er seinen Speer, doch ich bin nicht mehr der für den er mich hält, nicht mehr der, welcher vor ihm wegläuft.

Sein Speer schnellt auf meine Brust zu. Ich ducke mich und er fegt über mich hinweg. Dem zweiten Angriff entgehe ich durch eine gekonnte Rolle zur Seite, welche von mir durch einen Hitzeschwall meiner offenen Handfläche gegen den König ergänzt wird. Dieser wischt ihn einfach beiseite und sticht wütend auf mich ein. Nach dem fünften Angriff fällt mir auf, dass sein Speer tropft. Das kann doch nur bedeuten, dass er aus gewöhnlichem Eis besteht, nicht aus magischem.

Bei seinem nächsten Angriff ergreife ich den Speer unter der Spitze und fokussiere mich auf die Hand die ihn hält. Zischend löst sich dieser von der Stange die der König noch hält und hinterlässt einen nassen Fleck im Sand.

 

Mit weit aufgerissenen Augen stößt mich der König zu Boden. Plötzlich spüre ich wie eine um ein vielfaches größere Macht von ihm ausgeht. Aus seinen Gewändern kriecht ein eisiger Nebel und wabert über den Sand. Noch benommen vom Schlag mit dem Stab liege ich im Sand und kann nur unklar die Gestalt meines Kontrahenten erkennen. 

Dumpf vernehme ich den König sprechen "Vergehe, der du es wagst mir Gegenwehr zu leisten." 

Als sich mein Blick wieder festigt kristallisiert um mich herum die Luft. Kleine Eiskristalle tanzen herum, verbinden sich zu größeren. Ein Gestöber aus Eisbrocken baut sich um mich herum auf. Immer schneller verbinden sie sich zu noch größeren. Das Eis ist dunkel, strahlt eine bösartige Aura aus, aber auch den König umgibt eine dunkle Aura. Das Eis um ihn herum verklumpt und verbindet sich wieder, formt dünne lange Wurfspeere, die über seinem Haupt schweben. Das Kristalle um mich herum setzen sich an meiner Haut ab, verklumpen zu unförmigen Brocken, die mich am Boden halten, unfähig meine Arme über meine Schultern zu erheben. Ich fühle mich dem Tode nahe. Alles passiert in Zeitlupe. Die Speere kommen auf mich zugeflogen, jeder von Ihnen ein perfektes Tötungsinstrument. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass mein Leben hier zu Ende gehen wird. Wie ein Blitz schießt mir plötzlich die Inschrift vor Augen , die mir der Alte kurz vor seinem Tod gezeigt hatte .پسر شعله های آتش ، شما را توانمند به جهنم

 

Hastig rezitiere ich die Inschrift, vor meinem geistigen Auge. Etwas beginnt in mir zu brodeln. Ein Gefühl überirdischer Kraft macht sich in mir breit. Und ein Wort erscheint schwarz eingebrannt im Sand vor mir. آمون.

 

Ein Ring aus Flammen breitet sich von meinen Füßen aus rasch aus und verflüssigt die Eisblöcke an meinen Händen augenblicklich. Die Speere werden in der Luft zerfetzt und verdampfen in einer weißen Wolke. Ein unsäglicher Schmerz durchfährt meinen Körper und ich drohe ohnmächtig zu werden. Aus meinen Fingerkuppen wachsen schwarze, glänzende Krallen hervor, meine Haut rötet sich im Sekundentakt immer mehr, bis sie dunkelrot im Sonnenbad glänzt. Etwas bäumt sich hinter mir auf, doch ich habe nicht den Mut mich umzudrehen, da es mich schauert. 

 

Flammen züngeln aus meinem Körper hervor und ich schwebe dank den nun viel stärker zu scheinenden Hitzeaussendungen meiner Handflächen über dem Boden. Der König steht mir mit schreck verzerrtem Gesicht genau gegenüber, doch nun gibt es kein Erbarmen mehr für ihn.

 

Ich verschränke meine Finger ineinander und strecke sie ihm entgegen und forme das Symbol welches mir der Meister beigebracht hat.

Ein Sinkloch entsteht unter dem König und Dampfschwaden dringen hervor. Schließlich versinkt der Sand im Magma des Loches und Frejlbiart entflammt augenblicklich. Eine Frostwelle löscht ihn unverzüglich und kalte, eisige Winde wirbeln um ihn. Mit konzentrischer Macht erhebt sich eine Eissäule aus dem Magmabad und frachtet den König an die Oberfläche zurück, doch die Eissäule bricht in sich zusammen und fällt in die Magma, wo sie in einer Gasexplosion implodiert, die den Boden erschüttert. Wie der grausame Tyrann mir nun gegenübersteht, schwach, bleich, am Ende seiner Kräfte ist er beinahe schon bemitleidenswert, hätte er nur nicht so viele Menschen und Lebewesen auf dem Gewissen, die mir etwas bedeutet haben. Unter Ausstößen heißer Luft gehe ich schnellen Schrittes auf ihn zu. Ich packe ihn am Arm und stoße eine Stichflamme in sein Gesicht, welche sein gesamtes hässliches Gesicht einhüllt. Der Körper des alten Mannes schlottert bereits. Doch ich verstärke die Flamme nur noch mehr und versenge seine Visage. Unter schrecklichen Schreien windet sich der König unter mir, doch das ist mir egal, er wird seiner gerechten Strafe zugeführt.

 

Immer weiter brenne ich den Greis in meinem Griff, weil es mir Genugtuung gibt. Niemand wird ihn mehr fürchten müssen. Niemand wird mehr leiden. Die Muskeln die meine Hand umgreift werden schlaff. Unter letzter Aufwendung seiner Kräfte lässt er schwebende Keile über mir entstehen, die geradewegs auf mich gerichtet sind. Zirka 30 an der Zahl. Doch sie alle zerrinnen, bevor sie mich überhaupt berühren können, ob meiner schieren Körperhitze. Der Körper schlafft zusammen, der Tod tritt ein. Langsam, ungläubig erhebe ich mich, schaue auf meine Hände. Sie haben das Blut des Königs an Ihnen kleben. Euphorie macht sich in mir breit. Ich drehe mich um, damit ich Shida und den Bewohnern von meinem Sieg berichten kann. Da steht er. Ein tiefschwarzer Skorpion. Und da durchbohrt er mich mit seinem Stachel. Das Gift breitet sich in Sekunden in meinem Körper aus. War es das wirklich wert?

 

 

Danksagung

 Ich möchte mich bei allen Menschen dafür bedanken, die dieses Werk bis hierhin gelesen haben.

Es freut mich, dass es diejenigen gibt, welche sich daran erfreuen können in fremde Welten einzutauchen.

Auch danken möchte ich meinen Deutschprofessorinnen Frau Mag. Unterberger, und Frau Mag. Prazeller, sowie allen meinen Mitschülern die mich in diesem Projekt bestärkt haben.

 

Nun schreibe ich doch schon 7 Jahre, wenn auch nicht gerade regelmäßig { ':) } an diesem Werk und habe es nun endlich fertig gebracht die finalen Seiten zu schreiben. Über die vielen Seiten dieses Buches ist so einiges in meinem Leben passiert, und darum ist der Anfang des Buches auch noch aus der Sicht eines naiven Teenagers geschrieben, hingegen der Schluss aus der Sicht eines 20-jährigen noch immer naiven jungen Erwachsenen.

 

Ich freue mich jedenfalls, wenn die Abenteuer die hier in diesem Buch beschrieben werden, einigen eine Abwechslung zum gewöhnlichen Alltag beschert haben.

 

Auf ein baldiges Wiedersehen,

 

Sebastian MacGregor

Impressum

Texte: Sebastian Mayregger
Bildmaterialien: Sebastian Mayregger
Lektorat: Sebastian Mayregger
Tag der Veröffentlichung: 15.09.2015

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An alle meine Freunde, die mich ermutigt haben diese Idee in meinem Kopf aufzuschreiben und mich zum weiterschreiben bewegten. Vielen Dank auch an meine Leser, die mich auf der Reise von Tag Null bis jetzt begleitet haben. Und natürlich eine spezielle Widmung an die Person die mein Cover für dieses Buch gestaltet hat. Vielen Dank euch allen. Ohne euch wäre dieses Projekt zum Scheitern verurteilt gewesen Danke und ich hoffe euch hat "The Eternity Story-Die Geschichte eines heranwachsenden Helden" gefallen. Was wird wohl aus Jona werden? auf jeden Fall erfahrt ihr das im nächsten Band von "The Eternity Story". Viel Spaß beim Lesen wünscht der Autor.

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