Für Alle, die an Wunder glauben.
"Ich aber nenne diesseits und jenseits der Stirn
außer der Liebe nichts,
was mich hält und mir beikommt."
(Peter Rühmkorf)
Ich lebe
nicht
nur um zu schreiben
ich lebe
auch
um zu leben
und
um zu lieben
Lebte ich aber
nur
um zu leben
- ohne Liebe -
würde ich
nicht schreiben
wollen
und auch nicht
leben
Noch nicht ein ganzes Jahr
auf dieser Welt, hatte ich
das Sprechen schon gelernt
und parallel dazu das Laufen.
Die ersten Schritte sollten mich
zu meiner fernen Mutter führen,
die mit ausgebreiteten Armen
auf mich wartete.
Anstatt in ihren Armen
landete ich auf dem Bauch.
(Diese Angewohnheit behielt ich bei.)
Großmutter Christin, Vater Atheist,
die Mutter mit allem Mystischen per Du,
wuchs ich in größter häuslicher
Harmonie auf.
Ich war ein pflegeleichtes Kind,
das ihre Träume
nach eigenen Entwürfen webte.
Das aber merkte kein Mensch.
Mit acht Jahren beschloss ich,
mein Leben selbst in die Hand zu nehmen,
einen eigenen Weg zu gehen.
Und sobald es ging aus dem Haus.
Die weite Welt nahm mich
mit offenen Armen auf.
Das Wolkenhaus löst sich
auf
im Wind
Seine Bewohner
- meine Träume und ich
bauen ein neues
Diesmal aus
beständigeren
Wolken
Es gibt
immer wieder Zeiten
- sagt man -
in denen Wunder
möglich ist
Vielleicht sind
sogar
alle Zeiten
voller Wunder
Nur wir
haben verlernt
die Zeichen der Zeiten
beizeiten
zu deuten
Ich tagträume nachts
und die Träume der Nacht
erschrecken den Tag
Bis ich ihre
offenen Augen
schließe
Meine Welt ist
aus dem
Gleichgewicht:
Die Tage dunkel
die Nächte hell
und meine Träume
ohne Heimat
Wie ich
Und wie viele
Heimatlose
richte ich mich ein
in meinen
Träumen
Wer ist das
der in mir zweifelt?
Wer ist das
der alles
in Frage stellt?
Und warum
ist niemand da
der mir sagt:
Meine Zweifel seien
unbegründet
und das Infragestellen
der Dinge nicht
sinnvoll.
Oder sind meine
Zweifel womöglich
begründet
und das Fragen
nach dem Sinn
so sinnvoll
wie das Zweifeln
an allem was mir begegnet
im Leben
und das Nichtverzweifeln
an ihm
Wolkenschwimmer
ohne Rettungsreifen
Himmelsbesteiger
ohne Seil
Traumtänzer
ohne Balanciereisen
Tagträumer ohne Schlaf
Reisender
ohne Rückfahrkarte
Prophet
ohne Religion
Süchtiger
ohne Droge
Suchender
ohne Plan
Auf dem Weg
zur blauen Blume
Ob er sie findet?
Vielleicht ...
Wir sind blinde Wanderer
im Garten der Liebe
stolpern über alle Beete
und zertrampeln sie
ahnungslos
Und sehen wir eine Blume
brechen wir sie ab
nur um sie nach kurzer
Zeit wegzuwerfen
Anstatt sie behutsam
auszugraben
und einzupflanzen
im eigenen Garten
Segne meine Tage, Herr,
So wie Du die Träume meiner Nächte segnest.
Behalt mich im Auge, Herr
Und lass mich meinen Träumen am Tage begegnen.
In meinen Träumen ist alles so leicht,
Mit Leichtigkeit kann ich alles Schwere nehmen.
In meinen Träumen bin ich so reich,
Großzügig kann ich alles von mir geben.
In meinen Träumen ist die Liebe Gast,
Dort bin ich nicht nur Liebende, auch Geliebte.
In meinen Träumen halt ich selten Rast,
Ich bin voller Leben, Leidenschaft, Begierde.
In meinen Träumen sind die Tage Feste,
Sie sind erfüllt von Freude und Pflicht.
In meinen Träumen geb' ich nur das Beste:
Meine Liebe. Und manchmal ein Gedicht.
Segne meine Tage Herr,
So wie Du die Träume meiner Nächte segnest.
Behalt' mich im Auge, Herr
Und lass mich meinen Träumen am Tage begegnen.
Manch einer geht mit Scheuklappen durchs Leben,
Seine Sicht beengt. Er hat den Tunnelblick.
In immergleichem Trab - der Weg ist ja eben -
Folgt er ihm. Am Ende erwartet ihn das Licht.
Er biegt nie ab, sieht nicht um die Ecke,
Merkt nicht einmal, was um ihn herum geschieht.
Will gar nicht wissen, was hinter der Hecke,
die seinen Weg säumt, blüht und vergeht.
Auf einmal ist der Weg zu Ende,
Das Licht, das er suchte, ist nun gefunden.
Still und dankbar faltet er die Hände
Zum ersten Mal ist er in sich versunken.
Das Licht gehört jetzt ihm. Für immer und ewig
Und der Lauf der Welt kümmert ihn herzlich wenig.
Und ich weiß nicht, wie soll ich mich entscheiden,
Soll ich ihn belächeln oder beneiden.
Bin 1951 in Ungarn geboren, lebe und arbeite seit 1972 in Berlin.
Seit 1989 beschäftige ich mich mit einer eigenen Technik der Monotypie (Einzeldruck) und mit allen Arten der Malerei. Mein wichtigstes Medium ist das Papier, was mir nicht nur als Mal- und Zeichengrund dient, sondern auch als Gestaltungsmittel für Plastiken, reliefartige Arbeiten aus China- und Japanpapier. Seit 1990 zeige ich meine Arbeiten regelmäßig in Ausstellungen.
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Neben den Bildern entstehen die Gedichte periodisch, ganz ohne Vorwarnung, durchstreifen meinen Traum und am nächsten Morgen reiht sich Zeile an Zeile, was in der Nacht noch als Rhythmus und Ton durch meinen Kopf spazierte.
Weil ich ihren Entstehungsort topographisch nicht genau benennen kann, behaupte ich, dass sie in Zwischenland beheimatet sind. An einem Ort, wo sie sich als Eindrücke sammeln, dann zu Wörtern und Zeilen sich formen, noch bevor sie sich in meine bewusste Welt drängen.
Alana Maria Molnár
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Texte: Alle Rechte bei der AutorinUmschlagbild: Blaue Blumen (Acryl/Glas, 2006) von A.M.Molnár
Tag der Veröffentlichung: 10.07.2011
Alle Rechte vorbehalten