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Prolog

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An meinem Leben klammern, es fest zusammenhalten. Ja, das hatte ich mir gewünscht, seitdem meine Eltern meinten, umziehen zu müssen. Ich seufzte schwer, als ich zusammen gekauert auf meinem breiten Doppelbett lag. Ich schaute mich in meinem jetzigen Zimmer um. Nichts hatte sich verändert, alles war an Ort und Stelle, wo es hingehörte. Aber wieso konnte ich dann nicht bleiben?
Wir waren schon öfters umgezogen, sind aber immer innerhalb Italien geblieben. Ich hatte immer in diesem Land gelebt, seit ich denken konnte. Es war meine Heimat.
Und jetzt das! Wütend stieß ich eines der vielen Kissen von meinem Bett hinunter. Ich war sauer und ich wusste, dass meine Wut berechtigt war. Meine Eltern wollten uns entwurzeln um in Amerika „friedlich“ leben zu können. Sie wollten mir eine sichere Zukunft schaffen. Als ob ich die hier in Italien nicht haben konnte!
Langsam setzte ich mich in meinem Bett auf und schlang meine Arme um meine zarten Beine. Nur das Mondlicht schien durch die offenen, großen Fenster, wo die Vorhänge schon abgehangen waren. Ich hatte mich einfach noch nicht durchgerungen, weiter einzupacken. Es war schwer, alles hinter sich zu lassen. In ein fremdes Land zu gehen, ohne Chancen oder Perspektiven. Ich hatte dort nichts, was mich hielt. Mein Vater wollte in Amerika weiter als Arzt praktizieren und hatte schon erste Kontakte geknüpft, als er und meine Mutter in die Kleinstadt über die Sommerferien gefahren waren. Ich hatte mir die elende, Kleinstadt erst gar nicht angesehen. Ich wusste, dass ich es früher oder später eh tun musste. Also warum die Hölle vorher besichtigen, wenn man später dort lebte? Ich schnaufte wütend.
Schon allein der Gedanke, alles was ich hatte, aufgeben zu müssen, drehte sich mir der Magen um, schnürte mir die Luft zum Atmen weg. Wenigstens waren dort weniger Menschen, aber ich musste auf eine öffentliche Schule gehen und nicht wie hier, wo ich in einer Klasse war, wo nur bis zu zehn Schüler gleichzeitig unterrichtet wurden. Darauf musste ich mich körperlich, sowohl auch mental äußerst vorbereiten…
Ich wollte nicht länger darüber nachdenken, was dort auf mich wartete. Ich seufzte, als mein Blick auf die roten Zahlen des Weckers wanderte.
Genau fünf Uhr und siebenunddreißig Minuten. Ohne Gefühl in den Beinen stand ich auf und ging ins Bad. Heute war mein letzter Tag in der Schule. Das war mir in der Nacht auch bewusst geworden, als ich jetzt in mein Spiegelbild sah. Meine sonst so prachtvollen, gelockten, kastanienbraunen Haare, hingen jetzt fahl an meinen Schultern hinunter. Sie hatten jeglichen Glanz verloren, genau wie meine dunkelbraunen Augen. Sie wirkten sonst tiefgründig und geheimnisvoll. Jetzt waren sie vollkommen leer. Meine leicht gebräunte Haut war immer noch makellos, doch sie wirkte im Gegensatz zu gestern, ziemlich angeschlagen und bleich. Ich war immer noch viel zu schockiert, um alles verstehen zu können.

Am Essenstisch sprach ich kein Wort mit meinen Eltern. Sollen sie doch denken was sie wollen, zischte ich in Gedanken und umfasste mit meiner zitternden Hand die Gabel. Mein Magen knurrte und ich begann seufzend zu essen, auch wenn ich wusste, dass es hier meine letzte Mahlzeit sein würde. Die Gefühle, die meine Familie ausstrahlte hauten mich fast vom Stuhl. Jedes mal dasselbe. Die Wut packte mich immer wieder an diesem Tag. Es war, als ob mich ganz Italien dafür verfluchen würde, jemals hier wegziehen zu wollen. Wollen, was für eine Ironie!
Schnellstmöglich schnappte ich mir meine Hängetasche und rannte aus dem Haus.
Den Schulweg ging ich immer zu Fuß, da es für mich angenehmer war, als mit dem stickigen Bus zu fahren. Dort, wo viele Menschen waren. Menschen, von denen ich Gefühle wahrnehmen konnte. Ich seufzte und schaute zum Himmel hinauf. Ich liebte die italienische Sonne. Es war angenehm, ihre Wärme auf meiner Haut zu spüren. Es war einfach … ablenkend und wohltuend. Leise seufzte ich und setzte den langen Weg zwischen Wiesen und Wäldern fort die mich in vollkommener Stille begleiteten.

Nach ein paar Stunden war es dann soweit. Die letzten Sachen waren in Kartons verstaut und abholbereit. Seufzend gönnte ich mir einen letzten Blick meines Zimmers, worin ich aufgewachsen war.
Ich sah ein kleines, lächelndes Mädchen, das fröhlich mit ihren Puppen zusammen mit ihrem Vater spielte. Das Lachen gehörte mir, sowie auch das Mädchen, was unten auf dem flauschigen, rosafarbenen Teppich spielte, war meine Wenigkeit. Ihre prachtvollen, braunen Locken hüpften herum, wenn sich das Mädchen mal wieder übereilt bewegte. Plötzlich hörte ich die vertrauensvolle Stimme meiner Mutter rufen, die ihnen sagte, dass es Essenszeit war. Das Mädchen lächelte, ließ die Spielsachen stehen und zog ihren unbeholfenen Vater direkt durch mich hindurch. Ein kleiner Windstoß kam auf und sie verblassten vor meinen Augen.
Sanft schloss ich meine Augen und Tränen der Trauer und Hoffnungslosigkeit bahnten sich einen Weg nach oben. Warm und nass flossen sie auf meine leicht gerötete Wange, bis sie schließlich auf dem Holzboden landeten.
All meine behüteten Erinnerungen ließ ich noch einmal Revue passieren, bis ich schließlich meinen Kopf schüttelte und leise die weiße Zimmertür schloss und somit auch mein altes Leben zurückließ.


1

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Völlig durcheinander und müde stieg ich in den nächsten Flieger, der uns direkt nach West Port bringen sollte, in die Kleinstadt, die ich schon vorher wegen ihres Wetters wegen gehasst hatte. Nicht einmal ein Sonnenstrahl kam durch das Dickicht der Wolken hindurch und bestärkte nur das stetig vorhandene Hassgefühl. Dieser Flughafen war wenigstens um einiges verlassener, was mir mehr entgegen kam, da die vielen Gefühle und Emotionen der Menschen mir immer noch sehr zu schaffen machten.
Mein Vater, dessen Nervosität stündlich anstieg, griff mir sanft am Arm und zog mich neben ihn auf eines der Sitze. Ich seufzte laut und war froh, diesmal am Fensterplatz sitzen zu dürfen. Das Flugzeug war noch recht leer, da wir zu früh waren. Ich hoffte, dass es nicht voller werden würde. Im letzten Flieger, war ich zwölf geschlagene Stunden auf meinem Platz gefesselt gewesen und musste mir jedes Gefühl der Menschen um mich herum spüren, ja fast anhören müssen. Jede einzelne, noch so kleine Emotion speicherte sich in meinem Körper, sogar fast in meiner Seele ab. Manchmal erdrückten mich diese, sodass ich öfters schmerzhaft aufstöhnen musste. Es gab für mich keinen Schalter, der alles einfach ausschalten konnte.
Beruhigt und etwas entspannter ließ ich mich weiter im Sitz sinken, als das Startsignal gegeben wurde und keine weiteren Passagiere mehr einsteigen konnten. Jetzt saßen wir ungefähr nur noch zu siebzehnt hier, was es mir erheblich einfacher machte. Wer würde denn schon freiwillig nach West Port fliegen, wo man doch in eine viel wärmere und lebhaftere Stadt fliegen konnte? Für mich völlig unerklärlich.
Den Rest der nächsten zwei Stunden, die wir fliegen mussten, versuchte ich mich durchs Lesen etwas abzulenken, da ich innerhalb der Zeit nicht mehr zum Schlafen kommen würde. Meine Mutter unterhielt sich mit gemischten Gefühlen mit meinem Vater. Auch ich konnte ihre Gefühle wahrnehmen, doch bei ihnen war es anders. Da ich von ihnen abstammte, konnte ich ihre Gefühle noch intensiver spüren. Bei vielen emotionalen Menschen war dies auch sehr oft der Fall. Von welchen, die ihre Gefühle nicht unter Kontrolle bekamen, hielt ich meist Abstand und versuchte gar nicht erst mit ihnen Kontakte zu knüpfen. Deshalb hatte ich schon damals keine wahren Freunde, sondern nur Bekannte gehabt, wo man sich immer in der Schule oder ab und zu Zuhause getroffen hatte. Eine wahre Freundschaft hatte ich nie genießen dürfen, nur die Liebe, die mir meine Eltern geschenkt hatten. Doch mit dem Umzug rissen sie mich in eine völlig unbekannte Umgebung und somit auch in ein neues Umfeld, indessen ich mich erst einmal einleben musste. Sie wussten ja gar nicht, wie schwer sie es mir immer wieder machten, wenn auch nicht mit Absicht.
Ich konnte es ihnen einfach nicht anvertrauen, dass ich etwas so abnormales erlebte. Selbst ich wusste bis heute nicht, wieso dies so war, ich wusste nur, dass es sich einfach nicht abschalten ließ. So sehr ich es als Kind auch versucht hatte, jeder Versuch, der nicht mit dem Tod enden würde, scheiterte. Einmal lag ich wegen Selbstverletzung im Krankenhaus, da ich ernsthaft versucht hatte, meine Seele aus dem Körper zu herauszuschneiden, damit ich diese Emotionen und Gefühle nicht mehr spüren konnte. Meine Eltern schickten mich nach meiner Genesung sofort zum Therapeuten, der auch nicht viel aus mir hatte herausholen können. Dann hätten sie mich gleich in die Klappsmühle gesteckt und ich wäre bis heute nicht wieder herausgekommen. Vielleicht hätte ich diese Möglichkeit in Erwähnung ziehen sollen, dann säße ich jetzt nicht hier im Flugzeug und würde meine Vergangenheit erneut aufrollen und mich zu tiefst demütigen um mir nur noch mehr Selbstmitleid zufließen zu lassen. Ich hatte mir doch ernsthaft vorgenommen, dies endgültig in mein altes Zuhause zurückgelassen zu haben und nicht weiter darüber nachzudenken. Zu früh gefreut, dachte ich schnippisch und seufzte laut. Das Buch, welches ich schon wieder nach dem ersten Satz den ich gelesen hatte, zugeschlagen und auf meinen Schoß gelegt hatte, verstaute ich in meiner Tasche und ließ mich tief in den Sitz sinken. Mein Vater streichelte mir sanft die Hand und das Gefühl einer intensiven Vaterliebe traf mich direkt ins Herz, das sofort einen Schlag aussetzte und davon mal wieder völlig überrumpelt gewesen war. Ich verzog schmerzhaft den Mund und konnte ein Stöhnen kaum unterdrücken. Wieso musste es auch nur so schwer sein! Ich verstand nicht, wieso ich dafür leiden musste, dafür, was andere fühlten und ich einfach nicht fühlen durfte. War es aus Angst, vor dem, was hätte passieren können, wenn ich diese Liebe erwidern würde?
Es stimmte, ich liebte meine Eltern zwar, doch eher aus der sicheren Entfernung. Kaum schenkte ich ihnen jemals ein Lächeln oder gar das Lachen, welches ich noch als Kind besessen hatte. Es war irgendwo in mir drin verloren gegangen, als ich meine seltsame Fähigkeit entdeckte. Anfangs war ich darüber noch sehr aufgeschlossen gewesen, da mich das alles sehr interessiert hatte. Die Neugier auf das neue Unbekannte war einfach zu groß gewesen. Doch jetzt, nach weiteren Jahren, war ich immer noch dessen ausgesetzt und bekam dies einfach nicht mehr unter Kontrolle.
Ich schluckte einmal laut und sah meinem Vater in die schokobraunen Augen, die ihn immer freundlich und vertrauenswürdig wirken ließen. Man sagte ja immer, die Augen seien ein Spiegel der Seele. Manchmal traf dies wirklich zu, aber nur bei ehrlichen Menschen, nicht bei welchen, die sich verstellten oder manchmal sogar gefühlskalt waren. Es gab tatsächlich welche, denen es so erging. Da war nur diese entsetzliche Leere, die einen zu verschlingen droht und wenn ich an dieses Gefühl zurückdachte, trat schon wieder kalter Schweiß auf meine Stirn und meine Hände fingen unerbittlich an zu zittern.
Vorsichtig versuchte ich meinen Vater anzulächeln und dieser kommentierte es mit einem Zwinkern. Er sagte zu mir immer, dass meine Pubertät daran schuld sei, dass ich nicht mehr so aufgeschlossen wie vorher war.

Das wollte ich ihm lieber ersparen, also drehte ich mich zum Fenster um und ließ den Rest des Fluges über mich ergehen.
Nach einer halben Stunde trafen wir ‚endlich‘ am Flughafen von West Port ein. Es war nicht einmal annähernd so groß wie der Letzte gewesen und auch schon der war klein im Gegensatz zu dem von Italien. Ich schnaufte wütend, als meine Mutter mir zwei Rollerkoffer in die Hand drückte und voran marschierte. Mein Vater seufzte lächelnd und schob mich mit seiner starken Hand im Rücken nach vorne. Doch als ich die ersten Schritte auf neuem Boden getan hatte, überraschte mich ein mir nur allzu bekanntes Gesicht. „Rebecca Liebes! Lass dich drücken!“, rief mein Onkel Steve mir entgegen und winkte uns freudig zu. Neben ihm stand ein schwarzer Mercedes der mich einfach nur dumm aus der Wäsche gucken ließ. Seit wann war mein Onkel reich geworden?
Ich schüttelte den Kopf und musste leicht schmunzeln, ließ mich aber von Steve umarmen, der sich nicht vom Wetter abschrecken ließ. Leichte Regentropfen prasselten auf uns nieder. „Ist das immer so?“, fragte ich genervt und blickte in den Himmel, der meine Sicht verschwommen werden ließ. Mein Onkel lachte nur laut und schob mich in den Wagen hinein. Verdutzt schaute ich mir das Innenleben an und musste feststellen, dass dies der Höhepunkt des Tages war. In was für einem Alptraum war ich hier bloß gelandet?
Plötzlich wurden die Autotüren geöffnet und meine Mutter setzte sich neben mich auf die Rückbank. Mein Vater machte es sich vorne gemütlich und schaute zu uns nach hinten. „Wie geht es denn meinen beiden Frauen?“ Ich schnaufte nur, als meine Mutter strahlend lächelte und aus dem Fenster schaute. „Einfach wundervoll, genau wie vor ein paar Monaten. Es sieht hier immer noch genauso schön aus.“
„Wirklich sehr unwahrscheinlich, dass sich hier überhaupt etwas verändern wird“, murmelte ich sarkastisch und verschränkte meine Arme vor der Brust. Starr blickte ich nach vorne, um meinem Onkel beim Autofahren zuzuschauen. Sehr prickelnd war das Ganze zwar nicht, half mir aber dabei nicht an das bevorstehende denken zu müssen. Neue Umgebung, neues Leben und das schlimmste von allem: Eine völlig neue Schule. Und ICH war die Neue! Und dazu noch in einer Kleinstadt, wo sich alle wahrscheinlich schon von Kindesalter her kannten.
Seufzend blickte ich aus dem Autofenster und musste feststellen, dass wir angehalten hatten. Vor mir erstreckte sich ein großes, zweistöckiges Haus mit einer riesigen Veranda, dessen weißer Zaun mit Rankenblumen verziert war. Der Garten wurde dem Anschein nach gut gepflegt, denn die Bäume und vielen Blumen strahlten in ganzer Pracht. Etwas überwältigt stieg ich aus dem Mercedes und ließ das Ambiente auf mich wirken. Plötzlich fasste mir jemand an die Schulter und stupste mich leicht nach vorne. Ich nahm die Gefühle von meinem Vater auf, dessen Glückseligkeit ins Gesicht geschrieben war. Frech zwinkerte er mir zu und half meiner Mutter die restlichen Koffer aus dem Kofferraum zu holen.
Ich wandte mich erneut dem Haus zu und stieg die kleinen Treppen zur Veranda hoch. Eine kühle Brise streifte durch meine Haare und ließ mich erschaudern. Der Regen hatte etwas nachgelassen und war noch kaum erkennbar.
Steve kam lächelnd zu mir und Schloss das Haus auf. „Ihr werdet eine Zeit lang bei mir wohnen, bis euer Haus fertig gebaut ist. Dein Vater muss gleich Morgen arbeiten, daher musstet ihr jetzt schon umziehen.“ Ich nickte verstehend und trat schweigend ins Innere des großen Hauses.
Mein Onkel hatte Geschmack, das musste ich ihm lassen. Als erstes sprangen mir die vielen Blumen ins Auge, die nicht nur im Garten wunderschön anzusehen waren. Der dunkelbraune Laminatboden war erst vor kurzem gereinigt worden und spiegelte schon fast die Statur meines Körpers. Leicht schüttelte ich meinen Kopf und musste grinsen. Ich hatte völlig vergessen wie penibel mein Onkel war.
„Dein Zimmer befindet sich im zweiten Stock, den Gang entlang und die erste Tür rechts“, dirigierte mich Steve an und gab mir meine beiden Koffer. Er wusste schon, dass ich mich erst einmal hinlegen wollte. „Danke“, flüsterte ich leise und ging die vielen Stufen der Treppe hoch.
Nachdem ich endlich mein Zimmer gefunden hatte, schmiss ich meine Koffer achtlos in die Ecke und warf mich auf das große Doppelbett, was am Ende des Raumes stand. Ich interessierte mich nicht für mein Zimmer, was sehr groß auf mich eingewirkt hatte, wie so ziemlich alles an und in diesem Haus.
Mein Onkel praktizierte zusammen mit meinem Vater als Arzt. Warum er noch keine Frau gefunden hatte, war mir Schleierhaft. Zu wenig Zeit oder einfach noch nicht die Richtige in seinem Leben gefunden?
Ich schüttelte den Kopf und streifte mir die Schuhe von den Füßen. Warum interessierte mich das bitte? Seufzend vergrub ich mein Gesicht in meine großen, weißen Kissen und fand die Ruhe, nach der ich mich die letzten Stunden verzehrt hatte. Mein Atem wurde flacher und auch mein Herzschlag setzte langsam zur Ruhe an. Ich wollte einfach nur noch schlafen und in meinem eigenen, erschaffenen Reich leben.


Ruckartig wurde ich aus meinem wunderschönen Traum gerissen, als mein Wecker klingelte, den ich nicht einmal mehr ausgepackt hatte. Schnaufend richtete ich mich im Bett auf und sah an mir herab. Ich hatte immer noch die gleiche Kleidung von gestern angehabt. Musste wohl eingeschlafen sein…
Mein Blick ging schleppend, fast wie in Zeitlupe, zu dem Geräusch der gefährlich mit meinen Nerven spielte. Seufzend schlüpfte ich aus meinem Bett und schaltete den Wecker aus. Steve war nicht nur penibel, sondern legte auch sehr auf Pünktlichkeit wert. Damit ich seinen hart antrainierten und sehr zeitaufwändigen Ruf nicht ruinierte, nahm ich mir X-Beliebige Klamotten aus meinem neuen, hölzernen Kleiderschrank und ging damit ins gegenüberliegende Badezimmer, um ja nicht zu spät zu meinem ersten Schultag zu kommen.
Nach circa einer halben Stunde stand ich fertig vor meinem Wandspiegel und betrachtete mich. Wenigstens sah ich besser als gestern aus, gestand ich mir selbst ein und versuchte meine lockigen Haare zu bändigen, die heute einfach nicht richtig liegen wollten. Ich strich mir durch meinen geglätteten Pony, der strähnenweise über meine Stirn ging und halb meine Augenbrauen verdeckte und seufzte laut. Schminke hatte ich völlig weggelassen und trug auch nur eine normale, schwarze Röhrenjeans und dazu eine weiße Bluse mit schwarzem Taillengürtel. Doch die ausdruckslosen, dunkelbraunen Augen starrten mir leblos entgegen, brannten sich in mein Gedächtnis. Wie lange ich wohl noch so schauen werde?
„Rebecca, aufstehen!“, hörte ich Steves heitere Stimme von unten und wurde je von meinen Gedanken gerissen. Sofort verzog sich mein Gesicht. Wie kann ein Mensch so früh am Morgen nur so munter und fröhlich sein? Ruhig atmete ich einmal tief ein und aus, straffte meine schmalen Schultern und schnappte meine schwarze Hängetasche.
Meine Schritte hallten im Flur wider, als ich polternd die Treppe nach unten lief. Steve sah mich zunächst tadelnd an, drückte mir einen kleinen Sack für den Schulweg in die Hand und grinste mir danach fröhlich ins Gesicht. Das Lächeln war nicht gefälscht… ich spürte den glücklichen Hormonspiegel meines Onkels. Seine Aura hatte sich nicht verändert, die verschiedenen Farben die um seine Haut zu erkennen waren, schimmerten leicht und ließen ihn noch fröhlicher aussehen. „Meine Kleine, dir wird die Schule gefallen!“, sagte er munter und gab mir einen Klapps auf den Po, als ich mich augenverdrehend umgedreht hatte und marschierte zurück in die Küche. Um meinem Auge herum zuckte es leicht verächtlich und der Ärger stand mir ins Gesicht geschrieben, doch diesmal ließ ich es auf sich beruhen. Er würde mich schon früh genug kennenlernen.
Als ich draußen auf die Veranda trat, war wenigstens das Wetter auf meiner Seite. Zwar schien die Sonne nicht, doch der Regen war auch nicht in Sicht. Durch die Erklärungen von meinem Vater wusste ich, dass sich die Schule nur zwei Kilometer von meinem neuen Zuhause entfernt befand, also lief ich mit Musik in den Ohren dorthin.
Doch auf dem Schulweg beschlich mich ein nicht unterdrückbares Gefühl, welches mir sagte, dass ich heute wohl doch lieber Zuhause geblieben wäre. Nach den nächsten paar Schritten erkannte ich langsam die kleine Stadt die mitten von Bäumen umringt war.
Ich schluckte einmal laut und bog um die nächste Ecke, nur um eine überfüllte Schule zu sehen, die von vielen Backsteinen umringt war.


Impressum

Texte: Charaktere sind außer Josephine und Rebecca, ausschließlich von Stephenie Meyer. Die Handlungen beginnen nach dem vierten Buch von Bis(s) zum Ende der Nacht. Cover made by Amiira.
Tag der Veröffentlichung: 03.02.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diese Fanfiktion allen Bis(s) Fans und ganz besonders meiner besten Freundin Michelle, die mich immer unterstützt hat!

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