Cover

Kapitelanwahl




Kapitel 1:Rückkehr
Kapitel 2:Das erste Treffen
Kapitel 3:Anziehung
Kapitel 4:Falsche Schlüsse
Kapitel 5:Das Tor der Verdammnis
Kapitel 6:Die Menschenwelt
Kapitel 7:Unbewusste Gefühle
Kapitel 8:Versuchung
Kapitel 9:Wahrheit
Kapitel 10:Königin von Osmalien
Kapitel 11:Erinnerungen


Rückkehr




Als ich noch kleiner war, zog man mich wohlbehütet auf. Doch das wehrte nicht lange, denn ich besaß die Gabe zu Kämpfen. Um unser eigenes Land zu beschützen.
Man erzählte sich, dass die Unterwelt es auf unser heiliges Reich abgesehen hatte. Der König der Verdammnis wollte das Licht in seinen Händen, den Stein des ewigen Lichtes, halten um so über das ganze Königreich zu herrschen. Seit einigen Jahrhunderten schon, tobte ein ständiger Kampf ums gesamte Königreich, keiner wollte aufgeben. So auch die Dämonen, die uns im Hinterhalt immer angriffen und öfters überfielen.
Mein Vater, der König von Osmalien, versiegelte den Stein des ewigen Lichtes in meinem Herzen und so, hatte der König der Verdammnis keine Rechte mehr. Doch nun hatte er es auf mich abgesehen, nur wusste er nicht, wer ich war und wo ich mich aufhielt.
Mein Vater hatte mir verboten zu kämpfen, da ich sonst sterben würde und das Licht erlosch.
Doch ich ließ mich nicht umstimmen. Schon viel zu lange hatte ich trainiert um Rache am König der Verdammnis und ewigen Finsternis zu nehmen. Er hatte mir meine sterbliche Mutter genommen. Sie war ein Mensch und mein Vater hatte sie sehr begehrt.
Seit meinem dritten Lebensjahr, trainierte ich mit meinen zwei Schwertern. Meine Mutter hatte sie mir damals hinterlassen, als sie sich dazu beschloss, sich freiwillig zu opfern. Der König der Verdammnis hatte sich ein Jahrhundert damit zufrieden gegeben. Doch nun war er wieder da und der Kampf ging ins Unerbittliche weiter. Aber man munkelte, dass es inzwischen ein neuer König die Herrschaft und den Thron übernommen hatte. Er sei stärker als der letzte gewesen.
Kaum vorstellbar.
Deshalb war der Krieg wieder eröffnet und so starben immer weiter unschuldige Seelen.
Überall Schlachten und ich durfte nicht mit den treuen Kriegern mitziehen. Mein Vater hatte mich auf eine Reise geschickt. Schon über 300 Jahre wandle ich auf dieser Welt und nie habe ich richtig geliebt.
Die Liebe hatte meine Mutter mitgenommen, als sie starb. Doch heute kam ich nach zwölf Jahren wieder zurück. Mutters Todestag.
Ich hatte mich seit dem Aufbruch schon nach diesem Tag gesehnt. Endlich wieder Daheim zu sein.
Mein Vater hatte mir zwei seiner besten Krieger mitziehen lassen, so dass ich wenigstens mit ihnen heimlich weiter trainieren konnte.
Einer von ihnen war mein bester Freund Julien. Er war jung, sehr sogar. Er lebte erst achtzig Jahre hier in Osmalien. Noch nie hatte er den Krieg gesehen, die Schlachten mit angesehen oder jemals mitgekämpft. Seine Seele und sein Herz waren noch unschuldig, an seinen Händen klebte noch kein Blut. Im Gegensatz zu meinen.
Julien war ein fröhlicher Auralia, einer der Hochhelfen, oder auch genannt: Elfen des Lichts.
Unser ganzes Volk sah zu den Kriegern auf, denn es gab nicht viele, die wirklich die Gabe dazu besaßen. Manche bekamen es in die Wiege gelegt. So wie es bei mir der Fall war. Ich trug ein Mal, ein roter Feuerdrache der sich auf meiner rechten Schulter emporzog.
Das war das Zeichen eines Kriegers, sie wurden dazu bestimmt. Wäre ich ein Junge gewesen, wäre es kein Problem geworden, so wie Vater es nannte. Ich war ein Mädchen und somit die Prinzessin von Osmalien. Dazu kam noch, dass Vater viel zu einfühlsam war und gegen meinen Dickkopf nie ankam. Und so ließ er mich öfters ziehen.

Wir zogen gemeinsam durch die Felder von Osmalien. Sie waren wunderschön im Frühling.
Zart strich ich über die hochgewachsenen Blumen und atmete tief durch. Es roch so gut.
Würde der Krieg wieder einige Jahrhunderte andauern? Bei diesem Gedanken fror meine Haut ein. Meine eisblauen Augen fixierten einen Dämon in der Nähe.
Meine Nackenhaare stellten sich auf. Durch den Stein des ewigen Lichts, kann ich Dämonen im Umkreis von ein paar Kilometern ausfindig machen. Meine Hände zitterten und ich zog meine beiden Schwerter.
„Eure Hoheit, was ist los?“, erkundigte sich Julien.
Ich lächelte frech. „Dämon“, ich sprach es wie ein Schimpfwort aus. Sofort wurden die beiden Krieger wachsam und stellten sich zu mir.
„Folgt mir!“, flüsterte ich bestimmt. Geduckt lief ich durch die Blumenwiese. Dadurch, dass ich so klein gewachsen war, war dies mein Vorteil. Der Dämon hatte keine Chance, da wir außerdem in der Überzahl waren.
Ich lehnte mich an einen Baum und umfasste meine Kette, die ich von Mutter geschenkt bekam, als ich zum ersten Mal meine Augen geöffnet hatte. Mein Geburtsgeschenk.
Ich ließ sie in meinen hochgekrempelten, schwarzen Pullover gleiten und nahm wieder das andere verzierte Schwert an mich.
„Ich spüre seine Präsens bis hier“, schimpfte ich und hielt mich weiterhin geduckt.
„Was wollt Ihr unternehmen?“, fragte mein Angestellter Zaffron leise.
„Na was wohl?“, fragte Julien lachend. „Angreifen!“, rief er leise.
Ich schüttelte den Kopf. „Wartet auf den richtigen Moment“, flüsterte ich leise.
Beide nickten und schauten gebannt zu mir, bis ich ihnen das Zeichen zum Angreifen gab.
„Bleibt erstmal hier. Ich werde gehen.“ Sie konnten nichts dagegen sagen, also nickten sie wieder stumm.
Leise rutschte ich über das Gras und spähte auf die gegenüberliegende Wiese. Nichts.
Der See plätscherte leicht und die Bäume sangen mit dem Wind ein wunderschönes Lied.
Ich blieb weiter in der Hocke und spähte mich nach vorne. Langsam entdeckte ich eine schwarze Gestalt.
Wenn sie in ihrer wahren Gestalt waren, konnten nur die, die vom Königlichenblut abstammten, sie ausfindig machen. Es gab von dieser Rasse Dämon aber nur sehr wenige, dennoch existierten sie. Die Gestaltenwandler.
Ich zischte leise. Verflucht, das würde schwieriger werden als gedacht.
In Angriffsposition musterte ich den jungen Mann. Er war groß und schlank, dennoch sehr muskulös. Er trug einen schwarzen Anzug, was mich wunderte. Was tat er hier? Wusste er nicht, dass es verbotenes Gebiet war? Langsam kniete er sich vor den See und fasste ins Wasser, das darauf sofort schwarz wurde. Er zuckte leicht zusammen.
Ich schlich mich unbemerkt immer näher an ihn heran. Ich gab keinen Laut von mir, nicht mal Atmen traute ich mich in diesem Moment. Es müsste perfekt ablaufen.
Nun stand ich ganz Nah bei ihm. Dies war der letzte Baum, der in der nähe des Sees stand. Ich duckte mich weiter und zog meine Schwerter nah an meinen Körper heran.
Ich spürte die Blicke Juliens auf mir, doch ich konzentrierte mich nur auf das arme Wesen, dass vor dem See kauerte.
Leise sprang ich hinter ihm, er hatte nichts bemerkt. Ich umschloss meine beiden Schwerter um seine Kehle und drückte ihn nach unten. Er quiekte aufgebracht und ich hockte über ihn und sah in seine roten Augen.
„Du kannst mich sehen?“, sprach er leise mit geweiteten Augen.
Ich drückte meine Schwerter härter an seine Kehle und er quiekte erneut auf.
„Sei still! Ich werde dich von dem Bösen erlösen!“
Er weitete seine Augen und dann legte ich beide Schwerter blitzschnell weg und umfasste sein stummes Herz. Ich drückte drauf und schrie. Das Licht brodelte in meinen Händen und drückte sich an die Oberfläche.
Der Dämon wisperte leise:„Prinzessin.“ Er schloss seine Augen und lächelte.
Das Licht breitete sich in seinem Körper aus und der Dämon erlosch. Schwarzer Dampf zog mit dem Wind seine Wege und ich grinste zufrieden. Julien sprang aus dem Gebüsch und Zaffron, mein Angestellter, kam hinterher. Lachend fiel Julien mir in die Arme, obwohl er zwei Köpfe größer als ich war.
„Das war stark!“, rief er.
In vielerlei Hinsicht war er noch sehr jung. Ich grinste. Seine blonden Haare fielen ihm leicht ins Gesicht.
„Er wird Frieden haben“, sagte ich nur und gewann wieder Abstand zwischen uns. Schnell hob ich meine Schwerter hoch und steckte sie zurück in die Scheiden. Ich band sie überkreuzt an meinem Rücken fest.
„Es kann weiter gehen“, sagte ich zufrieden. Beide nickten und folgten mir.
Es dauerte nicht mehr lange, da waren wir schon im tiefen Wald angelangt. Die Sonne kam hier kaum durch, doch es stellte kein Problem dar. Ich liebte die Natur und diesen einzigartigen Wald.
Man erzählte sich viele Geschichten über den Wald Kelioths.
Es gab einst eine Prinzessin, die sich immer mit dem Prinzen der Dämonen hier getroffen hatte.
Die erste Prinzessin liebte den Dämonen und man erzählte sich, dass er auch für sie starke Gefühle hegte. Konnte man dem Glauben schenken? Empfinden Dämonen genauso wie wir? Ich schüttelte den Kopf. Die beiden hatten hier geheiratet, unter den heiligen Bäumen und zogen weg von Osmalien. Keiner hatte sie je wieder gesehen, noch von ihnen gehört.
Wie konnte man nur seinem Volk so etwas antun? Geschweige seiner Familie. Diesen Schmerz würde ich nie meinem Vater bereiten, auch wenn ich noch so Dickköpfig war. Das Kämpfen war mein Lebensinhalt geworden. Nichts zählte mehr.
Julien klopfte mir auf die Schulter und lächelte mich an. „Ich würde auch so gerne kämpfen“, sagte er leise und das Lächeln erlosch.
„Bald wirst du das tun können“, sagte ich leise, „aber wünschen tu ich es dir dennoch nicht.“
„Warum?“, fragte er mich erstaunt.
„Das wirst du bald sehen.“
Ich ging wieder voran und beide liefen mir schweigend hinterher.
Er war noch jung und unerfahren, wenn er bei seinem ersten Kampf nicht überleben würde, dann würde seine Familie beim König in Ungnade fallen. Ich wünschte Glück für ihn, sehr viel. Denn im Gegensatz zu den anderen Kriegern bedeutete er mir viel. Mein bester Freund. Ich seufzte. Er würde das schon hinkriegen.
Langsam kam das Schloss in Sicht und wir ließen den wunderbaren Wald hinter uns.
Das weiße Königreich war von riesigen Mauern umschlungen und viele Pflanzen zierten es. Hinter den riesigen Mauern lag eine Stadt, Tasmalin. Man könnte es Hauptstadt nennen. In der Nähe befanden sich noch andere Königreiche, doch unseres war das Stärkste und Größte von allen.
Wir liefen über die bunten Wiesen und die Sonnenstrahlen kitzelten auf meiner Haut. Ich atmete tief ein und der Wind pfiff mir die braunen, gelockten Haare über die Schulter.
Hinter der Wiese befand sich ein größerer Pfad, der direkt zur Stadt führte. Ich konnte es kaum abwarten, bis ich endlich meinen Vater antraf. Ich schickte ihm oft einen Boten, um ihn über meine Reise zu erzählen oder hinterließ ihm einen Brief. Zwölf Jahre war für einen Auralia nicht gerade eine lange Zeit, dennoch fehlte er mir.
„Eure Hoheit, wir sind bald da“, sagte Zaffron leise. Ich nickte.
Die weißen Mauern waren riesig und wurden mit jedem Schritt größer. Ich lächelte. Unser Königreich war schon mehrere Jahrhunderte alt. Wir würden es nicht einfach so aufgeben und den widerlichen Dämonen überlassen.
Dabei hatte der junge Mann am See sehr traurig ausgesehen. Wollte er sterben? Die Dämonen konnten nur durch unsere reine Seele sterben, durch das Licht, dass in uns allen floss.
Bei mir war es am stärksten gewesen, schon bevor ich den Stein des ewigen Lichts in mir versiegelt wurde.
Wieder dachte ich an die Prinzessin. Ob sie noch lebte? Sie war die allererste Prinzessin gewesen. In unserer Königlichen Familie gab es nicht viele Mädchen und Prinzessinnen waren noch seltener. Ich war die Zweitgeborene. Aber mich kennzeichnete noch etwas. Mein Mal des Kriegers. Das gab es bisher noch nie. Eine Kriegerin, die dazu bestimmt war, zu kämpfen. Schicksal?
Gab es so etwas? Reines Wunschdenken.
Endlich standen wir vor unserem riesigen Steintor. Der Turmwächter sah zu uns herunter und rief etwas zu den Angestellten meines Vaters. Sie erkannten mich, denn sie spürten meine Aura. Meine liebliche, kräftige Aura. Sie kennzeichnete mein Leben.
Julien lächelte mich an und das Tor wurde geöffnet. Der Boden bebte dabei etwas.
Wir gingen mit langsamen Schritten durch das Tor und hinter uns schloss es sich wieder.
Die Bürger kamen auf uns zu gerannt und riefen alle durcheinander. Ich lächelte und winkte ihnen zu.
„Die Prinzessin ist wieder da!“
„Sagt sofort dem König bescheid!“
„Prinzessin!“
„Ihr seid endlich zu uns zurück gekehrt!“
Zaffron ging voraus, ich in der Mitte und Julien am Ende. Zusammen gingen wir den Weg nach oben, zum Schloss meines Vaters.
Dort angekommen, und von vielen Bürgern aufgehalten, standen die Wachen schon lächelnd am Tor und hielten es uns auf.
Ich bedankte mich und wir traten ein.
Weißen Marmor zierte die Wände und den Boden, ein dunkelroter Teppich war ausgelegt.
Viele Bilder hingen in der Eingangshalle. Alle früheren Herrscher des Königreichs, Verwandte, sowie Söhne und die früher einzige Tochter. Nun hing neben ihr Bild, meins. Wir sahen uns nicht gerade ähnlich. Sie hatte blondes, langes Haar und grüne Augen. Ihr Lächeln war bezaubernd, wie das von einem Engel. Dennoch erkannte ich in ihren Augen den Schmerz. Wann das Bild wohl von ihr gemalt wurde?
Dann betrachtete ich mein gemaltes Bild. Es war vor zwanzig Jahren gemalt worden. Meine braunen gelockten Haare gingen mir bis zur Taille und die eiskalten blauen Augen sahen gefroren aus. Ich lächelte nicht.
Seufzend wandte ich den Blick von meinem Bild ab und ging zur Tür. Zaffron und Julien hielten mir lächelnd die goldene Tür auf und ich bedankte mich.
Ich sah mich im Raum um und mein Blick fiel gleich auf die Throne, die mitten im Raum aufgestellt waren. Vor den Thronen lagen wieder dunkelrote Teppiche.
Der Raum sah nicht anders aus, als die übrigen. Wieder überall weiß und grauer Marmor.
Dann sah ich meinen Vater an, der auf mich sehr fröhlich wirkte. Er hatte braunes, kurzes Haar und genau die gleichen Augen, wie ich.
Ich strahlte. „Vater!“, rief ich und rannte in seine starken Arme. Er war wie Julien, viel größer als ich.
„Meine kleine Prinzessin Safrina. Zwölf Jahre sind vergangen und du hast dich nicht verändert.“
Ich kuschelte mich an ihn und er streichelte meinen Kopf.
„Setz dich“, sagte er lächelnd und ich setzte mich in den anderen Thron, der eigentlich für meine Mutter gewesen war. Jetzt saß ich immer auf ihm.
„Sag Vater, wie habt ihr eure Zeit verbracht? Gibt es Neuigkeiten?“, fragte ich geduldig.
Er lächelte mich an und nahm seine große Hand in meine.
„Vor zwei Jahren haben wir gegen freilebende Dämonen gekämpft. Sie hatten keine Chance, da sie ziellos umherirrten und sich in unser Gebiet eindrangen.“
Er zog seine Augenbrauen zusammen und ich sah ihn geschockt an.
„Es gibt nun freilebende Dämonen?“, fragte ich äußerst genervt.
Vater lachte laut. „Ja, sie sind aber schwach. Hab keine Angst.“ Ich schnaubte aufgebracht. „Es hat in keinerlei Hinsicht mit Angst zu tun. Was ist, wenn sie stärker werden?“
Mein Vater verzog den Mund. „Es gibt da etwas, was du wissen müsstest.“
„Das wäre?“, hakte ich nach.
„Sie fliehen vor dem neuen König, versuchen es zumindest. Manche von ihnen halten seine Präsens nicht aus, so munkelt man. Wir hatten einen Dämonen ausgefragt und ich muss sagen, er hat uns vieles verraten, bevor wir ihn mit Gnade hinrichteten.“
Ich seufzte. „Was ist los Vater?“
Er verdrehte die Augen und musterte mich. „Sie ziehen sich in die Menschenwelt zurück und wollen dort friedlich leben. Nicht alle können durch dieses Tor gehen, es erfordert geistliche Stärke. Der König der Verdammnis ist um einiges Stärker als der vorherige. Und er will um jeden Preis den Stein des ewigen Lichts, also dich. Nur weiß er nicht, um wen es sich dabei handelt.“ Er machte eine kurze Pause und ich hörte ihm weiter schweigend zu.
„Deswegen wollte ich dich in Sicherheit wissen und hatte dich auf eine längere Reise fortgeschickt. Ich wollte, dass du dir im Klaren darüber bist, was du tust und was du zu tun gedenkst. Wenn du dich einmal komplett dafür entschieden hast, gibt es kein zurück mehr“, sagte er streng. Dann aber lächelte er mich wieder an und streichelte über meine weiche Wange.
„Du müsstest bereits wissen, dass es bisher nur eine andere Prinzessin gab. Wir haben etwas herausgefunden, Safrina“, sagte er leise.
Ich schluckte. „Um was geht es, Vater?“
„Alte Legenden erzählen, dass immer wenn eine Prinzessin geboren wird in unserem Königreich, sie dazu bestimmt wird, etwas bestimmtes zu…tun.“
Ich zog meine Augenbrauen hoch und hörte ihn weiter an. Was wollte er mir bloß damit sagen? Ich wusste doch schon, dass ich für das Kämpfen bestimmt war.
„Du bist für einen Dämon bestimmt, Safrina“, sagte er traurig. „Höchst wahrscheinlich sogar dem König.“
Ich riss meine Augen auf. „Was?!“ Mein Atem ging schneller und ich stand hastig auf.
„Das ist nicht euer Ernst!“
„Bitte beruhige dich, Safrina“, sagte Vater mit erhobenen Händen. „Wir wissen es nicht genau. Die Prinzessin hatte uns einen Brief hinterlassen. Ich wollte nicht, dass ein Dämon meine liebevolle Safrina bekommt. Du bist reinen Herzens und ich könnte dir das niemals antun.“
Er nahm mich behutsam in die Arme und zog mich auf seinen Schoß. Ich saß wie ein Kind in seinen Armen. Vorsichtig streichelte er über meinen Rücken.
Ich wimmerte leise, diesmal wirklich vor Angst. Ich wollte nie als Schoßhündchen für die Dämonen enden und schon gar nicht für den König. Er war grausam und unbarmherzig. Man konnte ihm niemals trauen! Und ich soll seine Auserwählte sein? Diejenige, die den Stein des ewigen Lichtes besaß? Das sollte doch wohl ein geschmackloser Scherz sein.
Ich schaute zu meinem Vater auf. Er musterte mich besorgt.
Leise stieß ich einen Seuftzer aus und glitt von seinem Schoß. „Ich werde mich hinlegen, Vater. Wenn etwas ist, Ihr findet mich in meinem Zimmer.“ Mein Vater nickte nur und ich ging tapsend aus dem Raum und schloss die goldene Tür. Zaffron war schon verschwunden, nur Julien stand noch hier. Lächelnd kam er zu mir und legte einen starken Arm um meine Schulter.
„Wie war’s?“, fragte er neugierig.
„Als ob du nicht gelauscht hättest“, sagte ich und verdrehte die Augen.
„Du kennst mich zu gut.“
Ich kicherte und zusammen gingen wir zu meinem Zimmer. Bei Aufträgen, oder wenn andere dabei waren, musste Julien mich immer mit: Prinzessin, eure Hoheit oder sonstigem Kram ansprechen, es zierte sich nicht, die Prinzessin bei ihren richtigen Namen zu nennen. Aber wir waren öfters unter uns und mein Vater behandelte Julien fast wie seinen eigenen Sohn, also fand Vater es bei Julien in Ordnung. Er hatte Julien akzeptiert, dass er mir viel bedeutete. Mein bester und treuer Freund.
Julien begleitete mich bis zur großen, goldenen Tür meines Zimmers. Weiter durfte sogar er nicht.
Ich lächelte Julien an und umarmte ihn nochmals zum Abschied. „Bis morgen Julien“, flüsterte ich und trat in mein Zimmer ein. Er schloss es hinter mir. Mein Zimmer war äußerst groß. Ich besaß ein traumhaftes Himmelbett, das sogar für vier Leute gleichzeitig Platz hatte. Mein Schrank war ein extra Zimmer. Außerdem besaß ich viele Bücher und die stapelten sich alle an einer Wand, dort wo mein riesiges Bücherregal sich an der Wand ausbreitete. Ich sah aus einem meiner Fenster, genau vor diesem, stand mein rotes, kuscheliges Sofa.
Da es sich schon draußen verdunkelte, konnte ich nicht mehr zum Grab meiner Mutter.
Ich seufzte. Ich würde sie die nächsten Tage besuchen. Langsam glitt ich aus meinen Anziehsachen und warf sie über einen Stuhl. Dann zog ich mir mein seidenweiches, rosa Nachthemd an und setzte mich an meinen Schminktisch.
Schweigend betrachtete ich mich. Der schmale Spagettiträger des Nachthemdes rutschte von meiner Schulter.
Meine eiskalten blauen Augen musterten mich im Spiegel. Meine braunen Haare waren am Ansatz noch glatt, erst ab der Schulter lockten sie sich langsam. Mich verblüfften sie immer wieder, wie sie so schön fallen konnten.
Langsam bürstete ich meine Haare und schaute mich unentwegt im Spiegel an. Ich besaß so viel und manches davon hatte ich vielleicht nicht einmal verdient. Einen wunderbaren Vater und einen treuen besten Freund. Dafür musste ich einen hohen Preis zahlen. Mein Leben stand auf der Kippe. Nicht nur, weil ich eine Kriegerin war, nein. Auch weil ich den Stein des ewigen Lichts in mir trug. Er strahlte von innen heraus.
Seufzend legte ich die Bürste zurück und stand auf. Ich hatte Jahrelang auf dem Naturboden geschlafen, da war das Bett eine himmlische Einladung. Ich glitt unter die Decke und schloss meine Augen. Schneller als ich nachdenken konnte, schlief ich bereits ein.



Das erste Treffen



Am nächsten Morgen weckten mich die leichten Sonnenstrahlen, die durch mein Fenster schienen. Ich rieb meine verschlafenden Augen und schlüpfte sanft aus meinem Himmelbett.
Schon lange hatte ich nicht mehr so gut geschlafen. Draußen hörte ich Kinder im Vorgarten spielen. Ich seufzte. Als Kind war alles einfacher.
Schnell zog ich mir ein weißes, bis zu den Knien langes Kleid an, mit Spagettiträgern. Es hatte einen etwas tieferen V Ausschnitt.
Ich setzte mich an meinen Schminktisch und bürstete meine Haare. Normalerweise scherte ich mich nicht besonders um mein Aussehen, doch ich tat es für Vater.
Er hatte mir so viel gegeben und ich wollte, zumindest mal, eine gute Tochter sein.
Ich reckte mein Kinn etwas nach oben und verließ mein Zimmer. Vorsichtig schloss ich die goldene Tür und ging genüsslich in den Thronsaal. Vater wartete bereits auf mich.
„Safrina“, sagte Vater anerkennend. „Hast du gut geschlafen?“, fragte er liebevoll.
Ich nickte. „So gut, wie schon lange nicht mehr“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
Mein Vater wies auf den anderen Thron hin und ich nahm schweigend Platz.
Er drehte sich etwas zu mir, um mir ins Gesicht schauen zu können. „Safrina, ich muss dich um etwas bitten“, fing er leise an und nahm meine Hand in seine.
„Ja, bitte?“, fragte ich.
„Es wird dir nicht gefallen. Doch eine andere Lösung gibt es nicht um den Ganzen endgültig ein Ende zu bereiten.“ Ich zog meine Augenbrauen hoch und wartete.
Mein Vater seufzte leise und sah mich eindringlich an. „Wir haben heute eine Versammlung“, sagte er rau, „mit dem Dämonenrat“, beendete er den Satz.
Ich schreckte hoch und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Bitte, was?“
„Wir werden ein Abkommen schließen mit dem Dämonenkönig. Es lässt sich nicht anders ändern, da keine der beiden Seiten nachgibt“, erklärte mein Vater weiter.
Ich schluckte laut. „Wer wird alles mit Euch kommen?“, fragte ich leise.
„Ich nehme meine Brüder mit und die Ehefrauen begleiten sie. Außerdem nehmen wir genug Wachen mit. Da ich keine Frau habe, wirst du mitkommen“, sagte er streng. „Ohne Widerrede.“
Ich zog meine Augenbrauen zusammen. „Wird der Dämonenkönig nicht dann wissen, dass ich den Stein besitze?“, fragte ich.
Mein Vater schüttelte den Kopf. „Nur Auralia kennen das Geheimnis und wir werden uns doch niemals selbst verraten. Das wäre Selbstmord.“ Er schnaubte verächtlich.
„Was ist, wenn er es doch rausbekommt?“, hakte ich weiter nach.
Mein Vater lachte rau und streichelte mir über den Kopf. „Safrina, das wird niemals passieren. Er kann deine Aura nicht spüren und das Licht, dass aus dir heraus scheint, kann er auch nicht sehen.“
Ich verkrampfte mich auf dem Thron. Aber was wäre, wenn doch?
„Habt Ihr alles bedacht?“, fragte ich vorsichtig.
Er nickte. „Natürlich. Unsere Krieger sind dazu ausgebildet worden. Außerdem warst du doch immer froh, wenn es ums Kämpfen ging, nicht wahr?“, fragte er mich neckend.
Ich schnaubte. „Es ist wahr, aber das liegt an meinem Temperament das ich von Euch geerbt habe, Vater.“ Ich grinste frech.
„Nun gut. Dann ist es beschlossene Sache. Ich werde dich heute Abend abholen. Wenn du möchtest, nimm Julien mit.“ Er lächelte mich an. Wenigstens eine gute Sache heute.
Ich nickte froh und ging aus dem Thronsaal. Schnell machte ich mich auf die Suche nach Julien.
Er saß unten im Speisesaal und aß gemütlich mit seinen Kameraden.
Als ich hereinkam, was normalerweise nicht sehr üblich war, da nur die Krieger hier aßen, war alles still. Sie musterten mich und mein Gesicht blieb ohne Regung. Vor dem Personal oder den Kriegern zu lachen, schickte sich nicht, so wie Vater immer meinte.
„Julien? Wenn du fertig bist, kommst du dann mal eben mit?“, fragte ich ohne scheu.
Er nickte zögernd. Ich nickte ihm zu und ging anschließend vor die Tür und setzte mich auf die Bank.
Julien ließ mich nicht lange warten, dann kam er schon aus der Tür gerannt. Fragend sah er mich an und ich stand grinsend auf.
Wir gingen im Gang weiter, zum Garten. „Hast du schon das Neuste gehört?“, fragte ich ihn beim Gehen. Er schaute zu mir herüber und schüttelte den Kopf. „Nein, was liegt an?“
Ich hob meine Augenbrauen und musterte ihn. Seit wann das wohl schon fest stand, mit dem Zusammentreffen?
„Mein Vater hatte mir eben im Thronsaal erzählt, dass wir heute Abend ein Treffen mit dem Dämonenrat und dem König haben. Und er meinte, ich dürfe dich mitnehmen. Was sagst du?“ Ich wusste er würde sich das niemals entgehen lassen.
Er strahlte. „Sehr gerne!“ Aber sein Strahlen wehrte nicht lange, sein Gesicht wurde Düster.
„Was ist mir dir? Wird er dich dann nicht erkennen?“, fragte Julien mich.
Ich schüttelte den Kopf. „Das hatte ich Anfangs auch gedacht. Doch Vater meinte, der König und die anderen Dämonen könnten mich nicht erkennen, da sie die Sehfähigkeit nicht besäßen. Und meine Aura könnten sie auch nicht fühlen“, erklärte ich ihm.
Er schmunzelte. „Aber was passiert, wenn er das herausfindet?“
Ich seufzte. „Die Krieger und seine Brüder mit den Ehefrauen kommen mit, ich denke eher weniger, dass da etwas schiefgehen würde.“
Julien wirkte nachdenklich, denn seine Augen wurden glasig. Benommen nickte er.
Ich klopfte ihm sanft auf seine Schulter und er lächelte mich an, auch wenn es gezwungen war.
„Wo findet das Treffen eigentlich statt? Wir werden doch nicht in deren Gebiet gehen, oder?“, fragte er mich in die Stille hinein.
Ich zuckte mit den Achseln. „Darüber weiß ich leider nichts. Aber ich denke nicht, dass es so gut wäre, wenn wir in deren Gebiet kämen.“
Julien schnaubte und murmelte etwas wie:„Das ist doch Selbstmord.“
Der Rest des langen Tages, verbrachten Julien und ich zusammen. Wir streifen in der Gegend umher und suchten nach freilebenden Dämonen. Wir erwischten sogar einen, der uns hinterher geschlichen war.
„Du wirst immer besser“, sagte ich zu Julien und er zwinkerte mir zu.
„Ich bin eben ein Naturtalent“, sagte er und ich musste lachen.
Die Sonne stand schon tiefer, als zuvor. Also machten Julien und ich uns auf, ins Schloss. Die Tore öffneten sich laut und der Boden find wieder an zu beben. Das riesige Steintor schloss sich, als wir die Stadt betraten. Wir stiegen die weißen, hohen Treppen empor zum Schloss.
Als Julien und ich im dort ankamen, stand schon mein Vater bereit. Seine Augen weiteten sich, als er mich sah.
„Wieso bist du noch nicht umgezogen?“, rief er. Ich schüttelte meinen Kopf. „Tut mir Leid, Vater. Ich war mit Julien noch auf der Suche nach freilebenden Dämonen. Es hatte etwas länger gedauert, als erwartet“, sagte ich entschuldigend. Mein Vater wies auf den Eingang des Schlosses und ich kam seiner unausgesprochenen Anweisung nach.
Julien wartete vor dem Tor des Schlosses auf mich. Schnell lief ich, auch wenn es sich für eine Prinzessin nicht gehörte, die Gänge entlang zu meinem Zimmer. Ich streifte sanft mein Kleid ab und legte es über den Stuhl.
Ich ging in den Nebenraum und suchte mir ein anderes Kleid heraus. Es war Bodenlang und aus reiner, dunkelblauer Seide.
Es hatte Spagettiträger und einen V Ausschnitt. Ich holte mir meine Absatzschuhe mit Riemchen und ging zu meinem Schminktisch. Ich bürstete sanft meine Haare und trug leicht einen rosa Lippenstift auf. Fertig.
Ich beeilte mich und lief die Gänge entlang, bis ich beim Ausgang ankam. Ich verlangsamte meine Schritte und ging aus dem Tor hinaus. Julien bekam große Augen und musterte mich.
Ich trug immer noch meine kleine Kette mit dem Edelstein, die meine Mutter mir geschenkt hatte.
Mein Vater lächelte mich an und sagte:„Du siehst wunderschön aus. Aber nächstes Mal, lässt du mich nicht so lange warten“, sagte er streng.
Ich nickte stumm und hakte mich bei ihm ein. Julien und die anderen Krieger gingen uns hinterher.
Als wir die vielen, weißen Treppen hinter uns gebracht hatten, standen schon Kutschen bereit.
Ich und Julien stiegen in eine der Kutschen ein. Mein Vater nahm eine mit seiner Hauptwache.
Und so fuhren wir los und ich wusste nicht genau, wohin.

Die Zeit verging und der Mond schien schon auf uns herab. Genervt fragte ich Julien:„Wie lange fahren wir denn noch?“ Meine Schuhe schmerzten schon etwas an meinem Knöcheln.
Lachend schüttelte Julien den Kopf. „Ich weiß es nicht, eure Hoheit.“ Frech grinste er mich an und ich verdrehte die Augen.
Die Fahrt hatte ab da an nicht mehr lange gedauert. Wir kamen vor einem riesigen Haus zum Stehen. Eine Wache klopfte an unsere Tür und hielt sie mir auf. Julien stieg als Erster aus um meine Hand zu nehmen und mich hinauszuführen.
Vor dem großen Haus standen zwei dunkle Ritter mit langen Schwertern in der Hand und einem riesigen Schild, mit einem roten Muster drauf.
Ich schluckte. Ich hatte meine unter dem Kleid versteckt, nur für Notfälle. Ein kleiner Trick, ließ sie kleiner werden.
Julien ließ meine Hand los und ging meinem Vater hinterher. Ich ging als Vorletzte, hinter mir war Zaffron der mich ermutigend anlächelte. Ich schenkte ihm mein Lächeln und drehte mich wieder um. Die Ritter ließen uns passieren.
Drei weitere dunkle Ritter führten uns zu einem riesigen Saal, wo schon mehrere auf ihren Plätzen saßen. Ich erkannte Vaters Brüder, meine Onkel, sofort. Der Raum war im hellen Licht erstrahlt und Kerzen standen auf vielen vereinzelten Schränken. Säulen zierten den Raum und ließen ihn Majestätischer aussehen. Ich schluckte laut. An der Wand standen viele Bücherregale mit sehr alten Büchern drin. Las der Dämonenkönig etwa gern?
Ich ging als letzte hinein und Zaffron schob meinen Stuhl zurück und ich nahm dankend Platz. Ich traute mich nicht recht in die Runde zu sehen. Noch nie hatte ich Dämonen so nah an mich herangelassen. Auf dem riesigen Holztisch standen viele Weingläser und Kerzen. Auch zwei Obstkörbe standen in der Mitte. Wir saßen ganz hinten und mein Vater schaute mich streng an, er saß am Tischende und ich genau an seiner rechten Seite.
Ich seufzte leise und hielt nach Julien Ausschau, der mir genau gegenüber saß. Ich lächelte zaghaft und er nickte zurück.
Ich straffte meine Schultern und ließ meinem Gesicht keine Regung zeigen. Ich schaute leicht nach Rechts, ein Platz war noch nicht vergeben. Der ganz hintere am Tischende. Dort saß immer das Oberhaupt, der Dämonenkönig. Warum war er noch nicht da?
Die Sekunden verstrichen und ich nutzte sie, um mich genau umzusehen. Mir entging nicht, dass mich einige der Dämonen komisch ansahen. Ich musste ein seufzten unterdrücken.
Dachten sie etwa, ich würde das nicht bemerken? Die Prinzessin anzustarren galt schon immer als unhöflich.
Ich atmete noch einmal tief ein. Hier roch es ungewöhnlich. Etwas zu süßlich, dabei dachte ich immer, Dämonen würden stinken.
Mein Blick wanderte wieder zu meinem Vater, der steif und ernst seinen Bruder anschaute. Konnten sie ohne zu sprechen miteinander kommunizieren?
Ich zog kaum merklich meine Augenbraue hoch. Mir gefiel das Ganze überhaupt nicht.
Doch was mir gefiel oder nicht, zählte hier nicht. Mein Vater wollte Frieden und mich wunderte es, dass der Dämonenkönig sich darauf eingelassen hatte. Was verlangte er bloß? Oder anders Ausgedrückt, was hatte er vor?
Wenn er den Stein des ewigen Lichts wollte, konnte er das gleich vergessen. Er war in mir versiegelt und somit unerreichbar, selbst für mich.
Schwer atmete ich aus, darauf bedacht, dass es nicht zu laut war.
Ich hörte laute Schritte die von einem Raum weiter kamen. Ich versteifte mich Augenblicklich.
Schnell schaute ich nochmals zu Vater, der mir zunickte. Es war also soweit.
Keiner von den anwesenden Auralia hatte bisher den neuen Dämonenkönig gesehen. Der Alte war schon etwas in die Jahre gegangen, er wollte es so. Er sah fruchtbar scheußlich aus und roch auch so. Aus seinem Hass heraus hatte sich der alte Dämonenkönig in ein Ungetüm verwandelt. Ich stand ihm einst gegenüber, als ich noch ein kleines Mädchen war. Er hatte mich berührt und eine verbliebene Narbe an meinem Rücken hinterlassen. Als er mich angefasst hatte, wenn auch nur kurz, war es wie Säure auf meiner Haut. Diesen Tag würde ich niemals vergessen, ich hasste alle Dämonen dafür. Die Narbe war zwar nicht besonders groß, weil sie etwas verheilt war über die Jahre, dennoch war sie immer noch leicht rosa. Sie würde nie wieder verschwinden. Tagtäglich erinnerte mich die Narbe an die Schmerzen, die ich dabei gehabt hatte.
Ich senkte den Blick auf den Tisch. Ganz in meinen Gedanken versunken, bemerkte ich nicht, dass der Dämonenkönig den Raum betreten hatte. Meine Haare fielen leicht über meine Schulter.
Im Raum herrschte bedrückende Stille. Ich hörte nur wie ein Stuhl zurückgezogen wurde. Er nahm also Platz. Warum hatte ich bloß Angst aufzuschauen? Noch nie hatte ich mich richtig gefürchtet.
Wahrscheinlich lag es daran, was mein Vater mir gesagt hatte.
Ich sei für ihn bestimmt. Pah! Das ich nicht lache.
Ich hatte noch nie einen Gemahl gehabt, oder eine Affäre oder sonstige Liebesdinge. Mein Vater hatte mich öfters versucht zu verkuppeln, ich verweigerte es dennoch immer wieder.
Immer hatte ich ihm gesagt, ich wartete auf den Richtigen. Ob der jemals kam, war eine andere Frage.
Wieder vernahm ich Schritte und blickte auf und entgegnete Juliens starren Blick. Wirkte er verblüfft? Dann schaute Julien zu mir und sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. Was hatte er bloß? Ich zog meine Augenbrauen zusammen, ließ sie aber augenblicklich wieder entspannen, da es sich nicht zierte. Ich schaute in fast jedes Gesicht, das den König und mich wechselnd ansah. Schockiert oder Verblüfft standen auf den Gesichter niedergeschrieben.
Dann endlich riss ich mich zusammen, da es unhöflich wirkte, wenn ich ihn wenigstens nicht einmal ansah. Was hatte ich zu verlieren? Nichts.
Erneut hob ich meinen Blick, er wanderte ganz automatisch zum dem anderen Tischende.
Ich versuchte mich zusammenzureißen doch ich versagte und begegnete zwei völlig pechschwarzen Augenpaaren. Sie starrten mich verblüfft und gleichzeitig begierig an. Seine Präsens war im ganzen Raum spürbar und ich bekam eine Gänsehaut.
Er war gar nicht so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Er sah ziemlich jung aus, ungefähr in meinem Alter. Seine Augen sahen mich unentwegt an und die schwarzen Haare fielen ihm leicht in Gesicht. Seine blasse Haut sah so weich und doch so kalt aus. Ich traute meinen Augen nicht. Saß dort ein wunderschöner Engel oder ein Dämonenkönig? Ich wusste es nicht mehr.
Schnell schaute ich weg und sah wieder zu Julien der mir anerkennend zunickte. Ich lächelte leicht.
Drei Bedienstete gingen herum und schenkten Wein ein. Sogar mir, obwohl ich es eigentlich nicht mochte. Ich zog die Nase kraus und nahm höflicherweise einen Schluck. Mein ganzer Körper reagierte darauf und wollte es loswerden. Ich riss mich zusammen und stellte das Glas wieder ab.
„Herzlich Willkommen, König des Lichts von Osmalien“, sagte eine tiefe, bezaubernde männliche Stimme. Ich schaute wieder auf und begegnete dem Blick, des Dämonenkönigs.
Mein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen und hüpfte in meiner Brust auf und ab. Was war bloß mit mir los?
„Und auch ihr anderen seid herzlich Willkommen in eines meiner Häuser.“ Ich nickte und ein Gemurmel ging durch die Reihen. Endlich nahm er den Blick von mir und schaute meinen Vater an. Wusste er, dass ich seine Tochter war? Ich denke, man konnte es nicht übersehen.
„Vielen Dank, Dämonenkönig“, sagte mein Vater ernst.
„Nennen Sie mich ruhig Dagon, König Johann“, sagte der Dämonenkönig. Ich schnappte lautlos nach Luft. Dagon, so hieß er also. Mein Herz hüpfte unaufhaltsam weiter.
„Wollen wir zum eigentlichen Thema kommen“, sagte Dagon. Dabei schaute er abermals auf mich und er lächelte frech. Ich senkte meinen Blick und versuchte nochmals einen schluckt aus dem Glas.
Wo ist die unaufhaltsame, mutige und starke Kämpferin Safrina geblieben?
Ich biss mir auf die Zunge. Ich schaffe das.
Ich straffte meine Schultern und sah zu meinem Vater.
„Der Grund warum wir uns hier zusammen einfinden besteht darin, dass Frieden geschlossen werden sollte. Der sinnlose Kampf nimmt kein Ende“, sagte mein Vater königlich.
Ich schaute leicht nach links zu Dagon. Der grinste frech. „Natürlich. Mein… Vorfahre war nicht sehr auf Frieden aus. Meine Bürger und Krieger wünschen sich nichts anderes.“
Verblüfft starrte ich ihn an. Dämonen haben doch niemals Gefühle!
„Aber eine Frage hätte ich noch, bevor wir das Abkommen treffen“, säuselte Dagon und sah erneut zu mir, dann wieder zu meinem Vater.
Mein Vater nickte und nahm einen großen schluckt aus dem Weinglas. Er konnte trinken wie kein anderer.
„Ist dies eure Tochter? Die Prinzessin von Osmalien?“
Mein Vater verschluckte sich beinahe, riss sich aber noch rechtzeitig zusammen. Alle Blicke waren auf mich gerichtet. War es nicht offensichtlich, dass ich seine Tochter war?
„Ja das ist sie. Meine Tochter Safrina“, sagte mein Vater ohne eine Regung im Gesicht.
„Bezaubernd. Die Ähnlichkeit liegt in der Familie“, sagte Dagon lässig und lehnte sich weiter vor und nahm einen schluck aus seinem Glas.
Ich schluckte. Warum wollte er das unbedingt wissen?
Langsam wurde ich müde und ich seufzte leise. Die anderen waren im Gespräch vertief und ich hörte ihnen nicht weiter zu. Meine Gedanken hatten meine Ohren taub gemacht.
Hatte er das gefragt, weil er wusste, dass ich das Licht besaß? Und wenn ja, woher wusste er das?
Fragen, die ich nicht von alleine beantwortet bekommen würde. Dennoch konnte ich sie ihm nicht stellen. Dann würde alles auffliegen.
Die Minuten verstrichen und ich hörte kaum zu. Meine Lieder wurden schwerer und ich zwang mich dazu, wach zu bleiben. Wie spät es wohl schon war?
Ich schaute zu meinem Vater und er sah mich mit einem kleinen Lächeln an. War es endlich durchgestanden?
Ich sehnte mich nach meinem gemütlichen Zimmer, nach meinem Himmelbett.
Plötzlich stand mein Vater auf und unterschrieb ein Dokument. Ich schaute ihm verblüfft dabei zu.
Dann stand der Dämonenkönig Dagon auf und mein Vater und er kamen sich entgegen. Sie schüttelten die Hände und ich musste erstmal kräftig blinzeln.
Was hatte ich bloß verpasst? Mein Vater kehrte zu mir zurück und legte seine Hände auf meine Schultern und flüsterte leise. „Du siehst müde aus, Safrina. Komm wir können gehen, wir haben das Abkommen getroffen.“ Ich nickte nur benommen und stand auf. Dabei sah ich abermals in die funkelnden schwarzen Augen von Dagon. Julien kam zu mir und schlang einen Arm um meine Taille. War ich so schwach? Zusammen gingen wir hinaus und er trug mich in de Kutsche.
„Ich bin so müde“, säuselte ich schläfrig.
Julien lachte leise. „Wir hatten da drin auch einige Stunden verbracht. Es wird bald hell werden.“
Ich blinzelte und sah ihn verschlafen an. „Ich frag dich morgen aus“, sagte ich leise.
Er nickte und lachte dabei. Dann ließ er mich auf den Sitz gleiten und ich schaute nochmals aus dem Fenster der Kutsche. Mein Blick blieb bei Dagon hängen der aus dem Fenster schaute und mich frech angrinste. Dann glitt ich langsam in den Schlaf. Ich bemerkte nicht mehr, wie mich Jemand in mein Zimmer trug und zudeckte. Ich träumte von den schwarzen Augen, die mir dabei zusahen wie ich schlief.


Anziehung



Der nächste Morgen kam unerwartet schnell. Ich hatte gerade mal drei Stunden Schlaf gehabt. Verschlafen setzte ich mich im Bett auf und rieb mir die Augen.
Plötzlich klopfte es an meiner Zimmertür. „Herein“, sagte ich müde und gähnte leise.
Jemand lachte und trat ein. Es war mein Vater.
Lächelnd kam er auf mich zu und streichelte meine Wange. „Wie geht es dir, Safrina?“, fragte er ruhig.
Ich blinzelte ihn verschlafen an und antwortete:„Ich hab ein bisschen zu wenig geschlafen. Aber ansonsten gut, Vater.“
Er nickte und musterte mich. „Nun gut.“
Langsam stand ich auf und ging in meinen anderen Raum um mich umzuziehen.
Vom meinem Zimmer aus rief mein Vater:„Ich warte dann im Speisesaal auf dich.“ Somit schloss er die Tür und ließ mich allein.
Ich streifte das weiche Nachthemd von meinem Körper und legte es über die Schrankwand.
Dann glitt ich sanft zum Spiegel und betrachtete mich. Die Narbe pochte an meinem Rücken.
Ich versuchte den Schmerz zu ignorieren, es war komisch dass sie wieder anfing zu schmerzen.
Ich suchte mir einen schwarzen Pullover und eine kurze graue Hotpants raus. Ich wusste, dass es meinem Vater nicht gefiel, dass ich mich so anzog. Dennoch ist es erheblich leichter so.
Schnell zog ich mich um und bürstete abermals meine Haare und band sie zu einem Zopf. Dabei fielen mir einige Strähnen heraus.
Dann zog ich die goldene Tür zu meinem Zimmer auf und verließ den Raum. Mit langsamen Schritten stieg ich die Treppen herunter zum Speisesaal meines Vaters, der extra für uns, die königliche Familie, hergerichtet wurde.
Ich nahm am Tisch platz und mein Vater musterte mich streng.
„Vater, nicht schon wieder“, sagte ich abwehrend, „so ist es für mich viel leichter, versteh doch.“
Mein Vater schüttelte nur den Kopf und wir aßen gemütlich, wenn auch schweigend.
Die Minuten verstrichen und als ich fertig wurde, stand ich dankend auf und verließ den Speisesaal. Egal was mein Vater dachte, er würde mich niemals unterkriegen damit ich nicht mehr kämpfte.
Ich straffte meine Schultern und zog meine Schwerter aus ihrem Schrank heraus.
Ich band sie überkreuzt auf meinem Rücke zusammen und verließ, ohne ein Wort an Vater, das Schloss. Nicht einmal auf Julien hatte ich heute besonders große Lust.
Die Angestellten meines Vaters machten mir die Tore auf und ich trat hinaus. Die Sonnenstrahlen kitzelten mich auf der Haut. Ich atmete einmal tief ein und lief nach Rechts, zu den Feldern.
Dort lag sie, Mutter. Ich hatte sie schon so lange nicht mehr besucht.
Die Vögel flogen an mir vorbei und der Wind blies mir die Strähnen aus meinem Gesicht.
Hier draußen fühlte ich mich verstanden. Nach ein paar Minuten Feldmarsch kam ich schon an. Der See plätscherte in der Nähe und Bäume umringten ihren Grabstein.
Die Blumen umwucherten Mutters Grabstein und somit sah ihr Grab wunderschön aus. Ich kniete mich davor und strich vorsichtig über den rauen Stein.
Sie lag nicht wirklich hier, nur in meiner Fantasie war sie immer noch dort und ruhte in Frieden. Ich hätte ihr so gern geholfen, doch ich konnte nicht.
Eine kleine Träne verließ mein Auge und rannte über meine Wange. Ich schluckte laut und schaute zu Boden. Ich stützte mich mit der Hand am Grabstein ab und stand vorsichtig wieder auf.
Plötzlich gefror meine Haut und meine Nackenhaare stellten sich auf. Deutlich spürbar, ein Dämon, ein sehr mächtiger Dämon, war hier in der Nähe. Ich zucke unter seiner Macht zusammen.
Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich. Ich musste schnell handeln. Meine Augen öffneten sich von selbst und ich spürte das Licht in mir brodeln. Ich ging in die Hocke und verschwand hinter den Bäumen.
Langsam schlich ich mich durch das Gebüsch und versuchte lautlos zu sein. Mein Atem ging flach und regelmäßig. Ich schielte in alle Richtungen und vergewisserte mich, dass der Dämon mir nicht entkam.
Meine Augen fixierten eine schwarze Gestalt, ungefähr hundert Meter vor mir, mitten auf einem Kornfeld. Er stand mit dem Rücken zu mir und seine Hände waren zu Fäusten geballt.
Ich verstand die Dämonen immer weniger. Mein Vater verbot mir ausdrücklich nur die freilebenden Dämonen zur Strecke zu bringen.
Ich seufzte leise und versuchte mich zu konzentrieren. Der Wind blies mir die Haare ins Gesicht und ich schüttelte genervt meinen Kopf. Der Wind wehte mir genau seinen Duft her und ich hielt meinen Atem augenblicklich an. Meine Augen weiteten sich von ganz alleine und ich starrte die schwarze Gestalt einfach nur an. Warum unternahm ich nichts?
Einmal blinzelte ich noch mal und sah ihn mir genauer an. Der Wind wehte durch die Felder und ließen sie mitziehen. In diesem Augenblick drehte er sich leicht zu mir um und sah direkt in meine Augen. Es war Dagon. Sein Blick blieb bei mir hängen und er drehte sich nun komplett zu mir um.
Sein Gesicht zeigte keine Regung, doch seine Augen sprachen Bände. Sie sahen mich weit aufgerissen an. Ich verließ mein Versteck und stand auf.
Was tat der Dämonenkönig am helllichten Tage hier? Ich ging lautlos über das Feld ohne einmal anzuhalten. Mit einem ernsten Gesichtsausdruck musterte ich ihn. Seine Haare waren etwas wirr und fielen ihm leicht ins Gesicht. Er trug nicht wie beim letzten Mal einen Anzug, sondern eine verwaschene Jeans und ein aufgeknöpftes Hemd. Hätte ihn seine Aura und seine Augen nicht verraten, hätte ich ihn nicht wiedererkannt.
Ich hielt vorsichtshalber drei Meter abstand zwischen uns. Er zog arrogant eine Augenbraue hoch.
„Was tun Sie hier?“, fragte ich spöttisch.
Er lachte leise. „Ich bin Eurem Geruch gefolgt, Liebste. Leider verschwand er in diesem wunderbaren Feld.“ Er grinste frech und kam mit einem weiteren Schritt auf mich zu, den ich sofort zurück wich.
„Habt Ihr Angst?“, fragte er mich und sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten.
Ich schüttelte meinen Kopf. „Ich fürchte mich nicht“, sagte ich entschlossen.
Er lächelte mich an und legte seinen Kopf etwas schief. „Nun denn.“
Ich nickte und trat einen weiteren Schritt zurück. Wollte er ein Spielchen mit mir spielen?
Er folgte mir wieder und lächelte mich verführerisch an.
„Was wollt Ihr?“, fragte ich direkt heraus.
Dagon lachte leise, es klang so wunderschön. Ich schüttelte den Kopf. Konzentration…
„Wie gesagt, ich bin Euch gefolgt, Safrina. Ihr seid etwas ganz besonderes und das weiß Eurer Vater ganz genau.“ Er machte eine kurze Pause und trat erneut einen Schritt zu mir.
„Ihr habt etwas Einzigartiges an Euch, etwas was ich unbedingt von Euch haben will.“
Ich schluckte. Er wusste von dem Stein, es kann nichts anderes bedeuten. Ich versuchte meine Fassade aufrecht zu erhalten und sah ihn rachsüchtig an. „Ach ja?“, säuselte ich und trat erneut einen Schritt zurück.
Dagon grinste frech und sah mir unentwegt in die Augen. „Eurer Herz“, murmelte er. „Eure Seele, so viel Licht. Jeder Dämon strebt nach Erlösung, nach dem Licht, das Ihr in Euch tragt.“
Ich blinzelte schwach und die Fassade fiel. Mein Herz?
„Ihr kennt mich doch überhaupt nicht!“, platzte es aus mir heraus, meine Augen hatten sich vor Schock weit aufgerissen.
Dagon sah mich weiter freundlich an. „Und wie ich Euch kenne! All die Jahre bin ich Euch gefolgt. Ihr seid mir ein unlösbares Rätsel“, säuselte er.
Ich schluckte laut. „Ich…ich verstehe nicht“, sagte ich verwirrt. Mir schwirrte der Kopf, er brachte mich völlig aus dem Konzept.
„Warum wehrt Ihr euch so dagegen? Irgendwann gehört Ihr zu mir“, sagte er entsetzt und es war sogar ernst gemeint. „Spürt Ihr das nicht?“, er machte weitere Schritte auf mich zu und blieb nur ein paar Zentimeter vor mir stehen. „Dieses Band zwischen uns?“
Ich blinzelte und konnte mich nicht mehr bewegen. Sein Atem streifte sanft meine Haut.
Und dann fühlte ich es. Ich spürte es ganz genau. Es war da, das unsichtbare Band. Es zog mich immer zu ihm hin. Als ich ihn da erste Mal gesehen hatte, war es mir durch meine Müdigkeit nicht aufgefallen. Und nun? Was tat er bloß mit mir?
Als ich kein weiteres Wort aussprach, meldete er sich wieder zu Wort. Dabei senkte Dagon den Blick und starrte auf das Kornfeld. Seine Hände hatte er wieder zu Fäusten geballt.
„Ich will Euch nicht verschrecken, denn selbst ich weiß nicht was hier vorgeht. Dennoch weiß ich eines ganz genau“, er hob den Blick und sah mir direkt in meine Seele. „Du besitzt den Stein des ewigen Lichts. Nein, anders ausgedrückt. Er wurde in Euch versiegelt. Ich spüre es und ich täusche mich nicht.“
Mir stockte der Atem. „Woher…wisst...Ihr das?“, brachte ich mühsam heraus.
Er sah mich aufrichtig an. „Ich spüre es. Dieses Licht, Eurer Herz ruft nach mir und ich entsage mich diesen Rufen nicht.“
Schock stand auf meinem Gesicht niedergeschrieben. Dagon nahm langsam seine Hand und streifte damit über meine weiche Wange. Dabei verhaarte er auf meinem Hals und schloss die Augen.
Er trat noch einen Schritt näher, so dass unsere Körper sich fast berührten.
Seine kalte Hand lag unterhalb meines Halses und ich schloss genauso meine Augen und senkte meinen Kopf.
Die Minuten zogen durch das Land und keiner von uns regte sich. Der Wind blies mir die Strähnen ins Gesicht. Langsam schaute ich wieder auf und begegnete seinem Blick.
Er lächelte mich zaghaft an. „Frieden?“, fragte er.
Ich nickte zögerlich.
„Nun denn. Ich muss Euch verlassen, mein Volk verlangt nach mir.“ Er senkte traurig den Blick und guckte entschuldigend zu mir.
Ich nickte benommen. „Wir werden uns wiedersehen.“ Dies waren seine letzten Worte, dann verschwand er vor meinen Augen. Ich stand weiterhin Regungslos auf der gleichen Stelle.
Die Sonne verschwand langsam hinter dem Horizont und ich verharrte immer noch auf dem Feld.
Mein Atem ging federleicht und mein Herzschlag schlug regelmäßig. Meine Augen waren geschlossen und ich knickte achtlos zusammen. Mitten auf dem Feld lag ich ausgestreckt da und sah der Sonne dabei zu, wie sie verschwand. Die Nacht brach herein. Ob Vater schon nach mir suchte?
Ich atmete leicht ein und aus. Der Wind wehte weiterhin über das Feld.
Der frühere König der Dämonen hatte mich einst berührt und unter dieser Berührung musste ich Höllenqualen leiden, da seine Hand sich wie eine brennende Flamme anfühlte.
Damals war ich nur ein Kind und verstand nicht wieso, doch nun war ich noch verwirrter. Wieso war es nicht bei Dagon so gewesen? Er hatte mich vorsichtig berührt und das nicht nur kurz.
Es hatte sich richtig angefühlt und so federleicht, als ob wir zusammen gehörten. Ich schüttelte den Kopf und öffnete meine Augen.
Geschockt sah ich in den Himmel und setzte mich auf. Die Sterne waren über dem ganzen Himmel ausgebreitet und leuchteten in ihrer ganzen Pracht.
Wie spät es wohl schon war?
Der Wind hatte nicht nachgelassen, wehte sogar stärker über das Feld. Ich zuckte leicht zusammen. Mein Körper war starr und fühlte sich eiskalt an. Langsam rappelte ich mich auf und Atmete schwer ein.
Ich schaffte es, den halben Weg zurück zu gehen, wenn auch unbeholfen und schwach. Wieso mich die Müdigkeit überrannt hatte, als Dagon fort war, wusste ich nicht. Es war genau wie bei der Versammlung gewesen. Sie schlug einfach ihre Krallen in meinen Körper, als ob es nicht wollte, dass ich ohne ihn weiterlebte. Konnte es möglich sein?
Ich schüttelte meinen Kopf. Nein, das bildete ich mir alles nur ein. Als ich den Wald hinter mir gelassen hatte, sah ich schon von weitem die hohen Mauern, meine Stadt Tasmalin.
Schleppend zog ich mich über die letzte Wiese voller Blumen, bis ich auf dem Pfad weiterlief. Die Schwerter auf meinem Rücken wogen unheimlich viel.
Meine Kraft war außerordentlich geschwächt. Plötzlich sah ich mehrere Gestalten auf mich zukommen. Ich bekam augenblicklich eine Gänsehaut und erschauderte. Nicht nur vor Kälte.
Dämonen? Und ausgerechnet so viele? Wie konnte das sein?
Mein Atem ging hektischer. Ich schüttelte heftig meinen Kopf um bei klarem Verstand zu bleiben.
Oder suchte nur mein Vater nach mir? Normalerweise verbrachte ich viel Zeit draußen und er war es gewohnt, dass ich üblich nicht sofort nach Hause kam. Oder erst dann, wenn viele schliefen.
Als sich die Gestalten sich immer weiter näherten, blieb ich stehen. Sie ritten auf schwarzen Pferden und waren zu fünft. Gegen sie hatte ich nicht die geringste Chance, auch wenn ich noch so gut war. Meine Kraft war dermaßen geschwächt, dass ich nicht einmal meine Schwerter ziehen konnte.
Vor meinem Auge verschwamm alles und ich versuchte wach zu bleiben, was sich als unmöglich erwies. Ich brach auf dem Pfad zusammen und alles wurde schwarz.
Ich brauchte nicht zu hoffen, dass ich überlebte. „Bitte Vater, verzeih“, murmelte ich meine letzten Worte und ich schloss meine müden Augen. Die Kälte zog mich immer weiter in die Dunkelheit und schlug ihre Krallen in meinen Körper.


Falsche Schlüsse



Als ich langsam wieder zu mir kam, öffnete ich vorsichtshalber nicht meine Augen. Ich spürte weichen Stoff unter mir. Lag ich in einem Bett?
Wenn ich tot wäre, dürfte ich die Gerüche in diesem Raum, die unglaublich süßlich rochen, nicht wahrnehmen.
Ich bemerkte wie jemand sanft meine Hand drückte, dennoch ließ ich mir keine Regung anmerken. Es roch nicht nach Zuhause. Es war Fremd.
Langsam öffnete ich meine Augen und blinzelte etwas benommen. Sofort schreckte ich auf und saß schon aufrecht im Bett. Sanft wurde ich wieder zurück gedrückt. Mein Herzschlag ging schneller als ich Dagons Augen sah. Sie waren voller Sorge.
„Wo bin ich?“, flüsterte ich und schob die Decke etwas von mir.
Dagon lächelte mich an. „Bei mir im Schloss.“ Ich blinzelte schwach.
„Wieso?“
Er schaute mich geschockt an. „Ihr wäret gestorben, wenn meine Ritter Euch nicht ausfindig gemacht hätten.“
Ich schaute ihn skeptisch an. „Ich war nur müde, das ist alles.“
Dagon lachte leise. „So unglaublich müde, dass Ihr mitten auf dem Pfad entschlossen habt, eine Ruhepause einzulegen?“
Ich seufzte genervt. „Ich fühlte mich einfach so…so schwach.“ Langsam richtete ich mich im Bett auf und sah ihm eindringlich in die Augen. „Als ich Euch auf der Versammlung das erste Mal begegnet bin, hatte ich mich auch so gefühlt, als ob mir einfach so meine Kraft entzogen wurde. Ich weiß nicht was… da vor sich geht.“
Dagon musterte mich besorgt.
Ich schwang die Beine aus dem Bett und saß direkt gegenüber von ihm. Dabei schaute ich genau in seine Augen.
„Als ich gegangen bin, habt Ihr euch so gefühlt?“
Ich nickte leicht. „Und das nicht zum ersten Mal“, erinnerte ich ihn.
Er blinzelte einmal und nickte angestrengt. Dann seufzte er, während er sprach, schaute er zu Boden.
„Das liegt höchstwahrscheinlich daran, dass es Euch ohne mich so ergeht. Es ist nur eine Vermutung, doch fühlte ich mich genauso“, gestand er.
Ich riss meine Augen weit auf. „Wie kann das sein?“, flüsterte ich.
In meinem Inneren wollte ich es nicht so haben, auf keinen Fall. Aber lässt sich dies noch verhindern? Ich hatte über die letzte Prinzessin die Geschichten gehört. War sie genauso dem Prinzen verfallen? Was würde das bedeuten?
Dagon schaute auf und schüttelte den Kopf. „Ich muss sofort mit dem König von Osmalien reden, Eurem Vater:“
Ich nickte benommen. „Weiß er, wo ich mich aufhalte?“
Dagon nickte. „Ich habe einen Boten geschickt. Habt keine Furcht, wir sind zwar Dämonen, dennoch haben wir uns dem Bösen abgewandt.“
„Deswegen gibt es nun freilebende Dämonen?“, hakte ich nach.
Dagon nickte leicht. „Ja. Euer und unser Volk versuchen alles Erdenkliche um sie auszulöschen. Das wird ein Leichtes sein, da sie eher Einzelgänger sind und planlos durch die Welt ziehen.“
Ich nickte und versuchte meine Unsicherheit nicht Preis zu geben.
Langsam stand Dagon von dem Stuhl auf und blickte auf mich herab. „Ich werde mich um alles Weitere kümmern. Seid unbesorgt. Ihr solltet Euch noch etwas ausruhen.“
Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und ließ mich alleine.
Ich legte mich wieder ins Bett und schaute zur Zimmerdecke. Ich stieß einen kleinen Seuftzer aus. Leicht schloss ich meine Augen und atmete leise und regelmäßig.
Dabei erwischte ich mich immer wieder, wie ich an Dagon dachte. An seine reife, männliche Stimme, seine starken Arme, an seine schwarzen Augen und die verwuschelten, schwarzen Haare.
Warum machte er sich nur Sorgen um mich?
Vielleicht auch nur, weil ich dazu geboren war, den Stein des ewigen Lichtes in mir zu tragen. Wenn ich starb, starb auch das ganze Licht in unserem Volk. Wir wären machtlos.
Ich öffnete zaghaft meine Augen und legte die Bettdecke beiseite.
Im Raum standen nur ein paar Kerzen, die auf dem Schreibtisch aufgestellt waren. Ich schwang vorsichtig meine Beine aus dem Bett und trat Barfuß auf den harten Steinboden.
Ich schaute mich vorsichtig um.
Der Raum war kleiner als mein Zimmer in Tasmalin. Und dennoch sehr gemütlich eingerichtet.
Langsam tappte ich durch das Zimmer auf der Suche nach meinen Stiefeln. Ich fand sie nicht gleich auf Anhieb. Einmal stieß ich gegen den Schreibtisch.
Schnell zog ich mir die Stiefel an, die grau waren und fast bis zu den Knien gingen, und tappte zur Tür.
Ich berührte meine Kleidung und Seufzte erleichtert. Ich trug immer noch meine Sachen. Als ich die Tür öffnen wollte, wurde mir schlagartig bewusst, dass meine Schwerter hier noch irgendwo liegen mussten. Schnell schaute ich mich um, konnte sie aber nirgends entdecken. Ich ging zum Bett und schaute neben den Nachtisch. . Dort waren sie an die Wand gelehnt. Sie schimmerten leicht. Die Auralischen Schriftzüge leuchteten leicht bläulich.
Ich lächelte und band sie überkreuzt auf meinem Rücken zusammen.
Dann stieß ich die Tür auf und schaute um die Ecke. Die Sonne schien durch die Fenster und neben meiner Tür standen zwei schwarze Ritter. Ich zog meine Augenbrauen hoch.
Würden sie mich durch lassen? Ich hatte keine Nerven mehr, mich da drinnen weiter aufzuhalten.
Die Ritter schauten mich nur kurz an, sagten aber nichts. Ich trat aus dem Raum und schloss die Tür. Ich ging langsam durch die Gänge. Meine taillenlangen Haare band ich schnell zu einem Zopf zusammen. Ein paar Strähnchen hingen heraus und rundeten meine Frisur perfekt ab. Meine Haare hatten einen leichten Seitenscheitel.
Zügig suchte ich nach dem Ausgang. Mir kamen immer neue Angestellte entgegen, die mich lächelnd musterten. Ich fühlte mich hier sehr unbehaglich. Sogar ein kleines, blondhaariges Mädchen war hier. Dennoch sah sie sehr zufrieden und glücklich aus. War sie auch ein Dämon?
Lautlos schritt ich durch die Gänge und fand schließlich, was ich suchte. Den Ausgang. Es war eine Holztür mit goldenen Schriftzügen drauf. Sie schnörkelten sich und ergaben ein schönes Muster.
Ich trat durch die Tür und die Sonne begrüßte mich. Langsam atmete ich tief ein.
Vier schwarze Ritter standen hier und musterten mich. Ich sagte einem, er solle Dagon ausrichten, dass ich gegangen war. Er tat es mit einem Nicken ab und ich schritt voran.
Es überraschte mich, dass es hier ganz anders aussah, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich hatte Finsternis erwartet, keine Blumen oder blühende Felder.
Es war nicht so wunderschön wie bei uns in Osmalien, dennoch sprieß das hohe Gras empor und Bäume standen überall. Sogar ein kleines Wäldchen konnte ich ausfindig machen. Ich nahm den Pfadweg. Es konnte ja nicht allzu lange dauern, oder?
Ich war geübt, lange zu laufen. Dies gehörte zu einer Kämpferin dazu.
Der blaue, klare Himmel streckte sich auf dem ganzen Horizont aus. Nicht eine einzige kleine Wolke war zu sehen. Die Sonne schien aus ihrer ganzen Pracht. Es war nicht besonders heiß, da es noch Frühling war.
Ich war schon Stunden unterwegs und langsam wurden meine Beine müde. Ich hatte die Grenze schon überschritten und war auf den Weg nach Hause zu kommen.
Ich ließ mich auf einen großen Felsen nieder und streckte meine Beine aus. Der Wind blies mir die Haare aus dem Gesicht Es war wohltuend.
Nach ein paar Minuten Pause, stand ich auf und ging auf dem Pfad weiter.
Plötzlich durchzuckte etwas meine Haut und meine Nackenhaare stellten sich auf. Dämon.
Ich ging in die Hocke und schlich zu den Bäumen, die nicht weit entfernt von mir standen. Geschickt duckte ich mich noch mehr und trat weiter in den Schatten der Bäume. Die Schwerter drückten mir in den Rücken, trotzdem versuchte ich weiter mich zu konzentrieren.
Ich schaute mich um. Das Gefühl wurde stärker, immer intensiver. Es drückte mir die Luft zum Atmen weg. Was passierte hier?
Und dann sah ich sie. Es war nicht ein vereinzelter Dämon. Es mussten um die elf sein.
Ich zog meine Augenbrauen zusammen. Alleine konnte ich gegen sie nichts ausrichten. Ich versuchte mich ruhig zu verhalten, um nicht aufzufallen.
Sie schritten an mir vorbei, zwei auf Pferden, die anderen zu Fuß. Es waren keine Krieger oder gehörten noch zu dem Volk von Dagon. Aber waren freilebende Dämonen nicht Einzelgänger?
Ich spürte ihre dunkle, intensive und starke Aura. Wie hatten sie so enorm an Stärke erlangt?
Ich fröstelte leicht, dennoch zwang ich mich ruhig zu bleiben.
Sie zogen weiter nach Westen, nicht in Richtung Dagons Volk. Hatten wir uns geirrt? Gab es tatsächlich noch mehr Feinde? Ich musste unbedingt mit Vater sprechen.
Als sie außer Sichtweite waren, lief ich los. Ich stieß mich vom Waldboden ab und rannte.
Meine Haare wehten leicht im Wind, der mir ins Gesicht blies.
Ich sah schon die hohen Mauern und das riesige Schloss von weitem. Erleichtert Atmete ich aus und lief langsamer. Leicht außer Atem ging ich weiter auf dem Pfadweg entlang.
Als ich endlich das riesige Tor erreichte, waren meine Kräfte etwas geschwächt, dennoch waren sie nicht vollends verschwunden.
Die Angestellten ließen mich passieren und ich trat durch das Tor. In der Stadt war es außerordentlich ruhig, die Sonne schien schon unterzugehen.
Ich stieg langsam die weißen, weiten Treppen hinauf und erreichte das Schloss.
Julien kam gleich zu mir gerannt. „Safrina!“, rief er aufgebracht.
Ich zog eine Augenbraue hoch. Er umarmte mich stürmisch.
„Schon gut, Kleiner. Mir geht es bestens.“ Ich brachte wieder Abstand zwischen uns und schaute zu ihm hoch. Er musterte mich besorgt, nickte aber.
Sogleich trat Vater aus dem Tor und ging mit strengem Gesichtsausdruck zu uns hinüber. Julien verzog leicht das Gesicht und trat einen weiteren Schritt zur Seite.
„Prinzessin Safrina von Osmalien. Würdest du mir bitte erklären, wieso du einen ganzen Tag verschollen warst?“
Ich seufzte. „Dagon hatte Euch einen Boten schicken lassen.“
Vater wirkte überrascht und schüttelte den Kopf. „Nein, hier war niemand aus seinem Volk.“
Wie kann das sein?
„Vater, ich muss dringend mit Euch reden. Es hängt unser aller Leben davon ab.“
Julien nickte geschäftsmäßig und Vater zog mich ins Schloss. Wir betraten den Thronsaal. Julien kam mit hinein. War er jetzt so was wie mein Leibwächter? Ich verzog das Gesicht.
„Also sprich“, sagte mein Vater und setzte sich in den Thron. Ich stellte mich mit verschränkten Armen vor der Brust vor ihm hin.
„Unterbrecht mich nicht, ich werde aussprechen“, sagte ich streng. Vater nickte nur und wies mir an, weiter zu sprechen.
„Es ist so, dass ich gestern auf Jagd war. Ich habe Mutters Grab danach besucht und wo ich gerade nach Hause gehen wollte, verließen mich meine Kräfte und ich stürzte zu Boden.“ Ich ließ extra das Treffen zwischen mir und dem Dämonenkönig aus.
„Als ich erwachte, sagte mir Dagon, dass seine Ritter mich gefunden hatten. Er erzählte mir, dass er einen Boten zu euch geschickt hatte, der Euch bereichten sollte, was geschehen war. Ich bin so schnell wie es ging zurück nach Hause gelaufen.
Und auf dem Weg, bei der Grenze zwischen unseren Völkern, begegnete ich freilebenden Dämonen. Es war nicht einer, Vater. Sie haben sich zusammen geschlossen und sind nach Westen gezogen.“
Mein Vater schnappte hörbar nach Luft und sein strenger Blick entwich aus seinem Gesicht. Er sah mich besorgt an.
„Wie kann das möglich sein?“
Ich schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht“, flüsterte ich. „Ihre Aura, war so stark und intensiv. Sie hatten mir die Luft zum Atmen genommen.“
„Ich muss sofort mit meinen Brüdern sprechen“, mit diesen Worten stand er auf und verließ den Thronsaal. Er war außer sich vor Wut und Sorge.
Julien war in ein paar Schritten bei mir. „Wie geht es dir?“
Ich seufze und drehte mich zu ihm um. „Ganz in Ordnung.“
Er nickte und wir gingen zusammen aus dem Thronsaal. Wusste Dagon schon bescheid?
„Du Julien“, sagte ich beim Gehen. „Ich müsste eben etwas erledigen, geh du schon mal vor.“
„Klar, bis nachher.“ Ich winkte ihm zu und lief in die entgegen gesetzter Richtung.
Ich traf mich mit einem Boten, der so schnell wie es nur ging, zu Dagon reiten solle. Ich berichtete ihm das geschehene und was nach meinem Aufbruch passiert war.
„Wir Ihr wünscht“, er verbeugte sich vor mir und ich nickte. Schnell begleitete ich ihn nach draußen und er ritt mit seinem schwarzen Wirbelwind aus dem Tor.
Ich flehte, dass er durchkommen möge.



Das Tor der Verdammnis



Der Bote hatte Dagon rechtzeitig erreicht. Er berichtete mir, er sei auch mehreren freilebenden Dämonen begegnet. Es gab noch mehr?
Ich verzog das Gesicht, bedankte mich bei dem Boten und lief in mein Zimmer.
Eine Träne lief meine Wange entlang. Was sollten wir nun tun? Was können wir dagegen tun? Wenn sich noch mehr freilebende Dämonen zusammenschlossen, müssten wir bald handeln.
Sehr bald.
Ich ließ mich auf mein Bett sinken, mit dem Gesicht auf das Kissen gedrückt und fing an zu schluchzen. Ich hatte schon lange nicht mehr geweint. Dagon machte mich schwach.
Ich sollte Abstand halten.
Langsam raffte ich mich im Bett auf und schlenderte zu meinem Kleiderzimmer. Ich holte mir meine neuen Anziehsachen heraus und ging in mein Badezimmer, das gleich nebenan lag.
Das Badezimmer war groß und geräumig. Eine große Badewanne stand mitten im Raum.
Ich ließ mir heißes Wasser ein und legte meine Anziehsachen auf einen Stuhl. Danach befreite ich mich von meinen Sachen und streifte sie ab. Sie rochen etwas veraltet und sahen sehr dreckig aus.
Leise seufzte ich und stieg in die Badewanne.
Das heiße Wasser umhüllte mich und ich genoss das Gefühl, wieder rein zu sein. Langsam schloss ich meine Augen und dachte nach. Eine Weile später stieg ich wieder heraus, und trocknete mich mit weißen Handtüchern ab.
Alle meine Gedanken lagen bei Dagon, wie er sich um mich gekümmert hatte. Mein Entschluss stand fest, ich musste Vater um Hilfe bitten.
Schnell zog ich meine kurze, schwarze Hose an, dazu ein weißes Top. Zügig band ich meine Haare zu einem Zopf zusammen und verschwand aus meinem Zimmer.
Mein Vater befand sich im Thronsaal und blickte mich überrascht an, als ich die Türen aufstieß.
„Was ist los, Safrina?“, fragte er mich besorgt und kam zu mir.
„Ich muss mit Euch reden, Vater.“
Er nickte und ließ mich beginnen. „Was habt Ihr vor, wegen den freilebenden Dämonen?“, hakte ich nach.
Er zog beide Augenbrauen hoch. „Ich habe mit meinen Brüder gesprochen. Wir sind uns einig, dass es früher oder später in einem Krieg enden wird.“
Ich seufzte leise. Das hatte ich mir schon gedacht. „Was soll ich tun?“, fragte ich.
Mein Vater riss geschockt die Augen auf und die Krone geriet leicht ins Rutschen. „Du? Du wirst gar nichts tun. Genau um dich geht es doch. Du bist die Prinzessin von Osmalien. Du trägst den Stein des ewigen Lichtes bei dir und das müssen wir beschützen.“
Ich blinzelte verärgert.
„Es wird keine Widerrede geben, Safrina. Der Entschluss von uns allen steht fest. Zaffron und Julien werden dich begleiten.“
„Begleiten? Begleiten wohin?“, fragte ich aufgebracht und ich zischte leise.
Mein Vater lachte. Es machte mich wütend, nichts ausrichten zu können.
„Du wirst die Menschenwelt betreten. Durch das Tor der Verdammnis, das sich auf der Grenze des Dämonenkönigs Dagon befindet, kannst du in die Menschenwelt reisen. Du wirst dich so benehmen wie ein Mensch, du wirst so aussehen und niemals verraten wo du herkommst“, sagte er streng.
„Bitte, was?!“
„Safrina! Sprich nicht so mit deinem Vater“, sagte Zaffron streng hinter mir. Julien war auch plötzlich hinter meinem Rücken. Ich schaute ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
Er nickte mir zu und lächelte. Aufrichtig legte er seine warme Hand auf meine Schulter.
„Safrina“, fing mein Vater nochmals leise an und ich schaute ihn wieder an. „Wir werden dich darauf vorbereiten. Julien und Zaffron werden dich begleiten. Es wird alles gut werden. In kürzester Zeit wirst du wieder bei uns sein. Doch wir müssen diesen Schritt machen! Es bleibt uns nichts anderes übrig. Bitte versteh doch.“ Ich nickte benommen.
Natürlich konnte ich es begreifen, warum mein Vater dies tat. Ich musste schon vieles einstecken und durch unsere Welt reisen, nur damit sie mich nicht bekommen konnten. Aber die Menschenwelt? Wieso musste ich das tun?
Ich schüttelte leicht den Kopf vor Enttäuschung. Einen Vorteil hatte dies ja, ich musste Dagon nicht weiter begegnen.
Ich räusperte mich und sah meinen Vater an. „Um eines bitte ich Euch noch.“
Er nickte zaghaft.
„Wenn ich schon in die Menschenwelt reisen muss, mich wie Mensch benehmen und so aussehen muss, möchte ich alles erfahren was hier geschieht. Alles“, sagte ich zusätzlich noch.
Mein Vater lächelte leicht. „Natürlich. Dieser Bitte werde ich nachkommen.“
Ich nickte und mein Vater nahm mich zum Abschied in den Arm. Ich kuschelte mich an ihn und prägte ihn mir ein. Sein schiefes Lächeln, seinen leichten Bart, die sorgenvollen Augen. Leise flüsterte er mir ins Ohr:„Es wird nicht lange dauern. Sei unbesorgt. Ich werde dich sobald wie möglich wieder zu mir zurückholen.“
Ich nickte wieder und gab ihm einen Kuss auf seine Wange. Damit verließ ich den Thronsaal zusammen mit Zaffron und Julien.

Am nächsten Tag würden wir früh aufbrechen, da mein Vater heute noch zu seinen Brüdern gereist war. Ich hatte schweren Herzens Abschied genommen, da ich ihn gerade mal für ein paar Tage wieder hatte, nach meiner zwölfjährigen Reise durch alle Völker und Städten. Durch ganz Osmalien.
Julien und Zaffron betraten schweigend mein Zimmer.
„Was ist das?“, fragte ich erstaunt und strich über eine rote Stoffkiste.
Zaffron lachte. „Das ist ein Koffer. Darin kannst du deine Sachen einpacken, die du benötigst. Deine Kleidung und so weiter.“
Ich zog erstaunt meine Augenbrauen hoch. Julien lachte. Zischend sah ich zu ihm auf.
„Warum lachst du?“
Er musterte mich und fing wieder an zu lachen. „Ich lache über dein Gesicht.“
„Sag bloß nicht, du kennst dich damit aus“, sagte ich schroff und zeigte auf den Koffer.
Er lachte erneut und nickte. „Zaffron hatte mir schon einiges erklärt, als du schliefst.“
Ich zog verärgert meine Augenbrauen zusammen und machte mich zu meinem Kleiderzimmer auf.
Zaffron packte schon einige Sachen ein, die ich nicht einmal mehr kannte.
„Was machst du da?“, fragte ich erstaunt und beobachtete ihn dabei, wie er meine Kleider geschickt zusammen faltete und in den Koffer legte. Ingesamt lagen vier Koffer zerstreut in meinem Ankleidezimmer.
„Der König ließ Menschenkleidung für Euch anfertigen und die packe ich nun ein“, sagte er freundlich und lächelte mich an. Ich seufzte. „Wie viel muss ich lernen?“, fragte ich.
Er lachte. „Ihr werdet staunen, was alles auf Euch zukommt.“
Ich zog eine Augenbraue hoch und verließ das Zimmer um nach Julien zu sehen.
Er stand mitten im meinem Zimmer und musterte mich. Zaghaft lächelte ich ihn an und kam auf ihn zu. „Warum weißt du das alles über die Menschenwelt und ich nicht?“
Er seufzte leicht. „Zaffron hatte immer Geschichten erzählt, wo er in der Menschenwelt gelebt hatte. Immerhin lebt er schon viel länger als du und ich zusammen. Obwohl du auch um einiges älter bist als ich“, er grinste und entblößte seine weißen Zähne.
„Nun leg dich schlafen, wir müssen morgen sehr früh aufbrechen.“ Ich nickte und Zaffron kam mit den Koffern in den Händen zu mir ins Zimmer.
„Legt Euch schlafen, wir werden Euch morgen wecken.“ Damit verließ er auch das Zimmer und schloss die goldene Tür hinter sich.
Seufzend legte ich mich auf das Bett und starrte an meine Zimmerdecke. Plötzlich schoss mir Dagon durch meine Gedanken. Er schlich sich hinterhältig ein und ließ mich erschaudern. Ich würde ihn nicht mehr sehen, so wie ich es vor gehabt hatte. Aber wollte ich es jetzt noch?
Eine andere Frage machte sich in meinen Gedanken breit. Wusste er schon, dass ich ging?
Ich schüttelte meinen Kopf und setzte mich im Bett auf. Im Schneidersitz saß ich da und überlegte, ob Dagon mir etwas bedeutete. Die Antwort hieß eindeutig: Ja.
Seufzend stand ich von meinem Bett auf und zog mir mein Nachthemd über. Es fühlte sich so weich an, wie reine Seide. Lächelnd ging ich zum Fenster und schaute der Sonne dabei zu, wie sie verschwand.
Langsam schloss ich meine Augen, als die Sonne untergegangen war. Was erwartete mich bloß in der Menschenwelt? Wie sind diese Wesen? Ich hatte bisher nur Bücher über sie gelesen.
Mein Vater hatte mir damals schon erzählt, dass sie sehr weit voran geschritten waren. Er hatte was von Technik gesagt. Was bedeutete dieses Wort?
Seufzend wendete ich mich vom Fenster ab und legte mich ins Bett. Morgen würde ein anstrengender Tag werden, und ich hatte noch nie zuvor das Tor der Verdammnis gesehen. Es wurde so genannt, weil es einst in der Dämonenwelt stand. Da nun unsere Völker einen Packt geschlossen hatten, um Frieden zu schließen, galt dieses Wort kaum noch. Nur diejenigen, die wirklich die Kraft dazu hatten, diese Welt betreten zu können, kamen durch. Aber es würde für uns kein Problem darstellen.
Langsam schloss ich meine Augen und verbannte sämtliche Gedanken. Ich glitt in einen tiefen Schlaf, der Traumlos war.


Am nächsten Morgen stand ich ganz früh auf, es war nicht einmal vier Uhr morgens. Zaffron sagte, es sei nötig, da wir zwei Stunden zu Pferd dorthin reiten mussten. Also ließ ich es über mich ergehen. Schweigend zog ich die ungewöhnlichen Anziehsachen der Menschen an.
„Was ist das?“, ich zeigte auf die ungewöhnliche Hose die sehr eng an meinen Beinen geschmiegt war.
„Eine Jeanshose. Röhrenjeans, wie man dazu auch sagt“, sagte Zaffron und lächelte mich an.
„Es drückt“, sagte ich. Das war alles noch so neu für mich.
„Ja, aber es betont deine Beine“, sagte Zaffron und tat es mit einem nicken ab. Ich seufzte und zog mir den schwarzen Pullover über den Kopf. Die Ärmel krempelte ich bis zu den Ellenbogen hoch. Er hatte einen schönen V Ausschnitt.
Dann band ich mir einen Zopf und trat aus dem Zimmer. Vor mir lagen komische Schuhe.
„Das sind aber keine Stiefel“, sagte ich verwundert.
Julien lachte, als er mich sah. „Das sind Halbschuhe, oder auch Turnschuhe genannt. Na los, probier sie an. Sie sind sehr bequem.“
Ich nickte und zog sie über meine bestrumpften Füße. „Oh“, sagte ich und lief umher. Sie drückten nicht und waren praktisch zum Laufen. Ich zog verwundert die Augenbrauen hoch und kam wieder zu Julien.
Er lächelte mich zuckersüß an. Als ich ihn näher betrachtete musste ich lachen. „Was hast du da an? Ein Hemd und auch eine ’Jeanshose’?“, fragte ich.
Er nickte und stimmte in mein Lachen ein. Er nahm zwei Koffer und ich trug auch einen. Zaffron war schon draußen bei den drei Pferden.
Alle waren sie weiß und wunderschön. „Was machen wir mit den Pferden in der Menschenwelt?“, fragte ich erstaunt.
Julien lächelte und sagte:„Die nehmen wir mit und stellen sie auf eine Wiese, die wir gemietet haben.“ Ich nickte und schnürte zwei Koffer um den Sattel.
Vorsichtig streichelte ich das weiße Fell des Pferdes und es wirrte vergnügt.
Ich lachte leise und stieg auf das Pferd und nahm die Zügel fest in die Hand. Zaffron und Julien machten es mir nach.
„Kann es losgehen, Prinzessin?“, fragte Zaffron. Ich nickte und zusammen gallopierten wir zum Tor. Die Bürger schliefen noch alle und somit hatten wir Ruhe. Die Torwächter machten die Tore auf und zusammen ritten wir zum Pfad, der uns direkt zu dem Tor der Verdammnis führen sollte.
Eine kleine Träne schlich sich aus meinem Auge und rannte die Wange hinunter. Ich strich sie sanft weg. Ich würde nicht trauern, ich würde auf das Licht aufpassen. Ich umklammerte mit einer Hand die Kette meiner Mutter.
Ich schaffte das und ich war nicht allein. Ich schaute zu Julien und Zaffron die neben mir ritten. Ich war in der Mitte. Lächelnd sahen sie mich an, ich wusste, dass sie genauso aufgeregt waren wie ich.
Nach langen zwei Stunden kamen wir langsam am Tor an. Es war riesig, größer als unseres. Ziemlich dunkel war es und an den Türen schienen rote Muster, man konnte sie schon vom weitem erkennen. Außen standen viele Bäume und zwei große Felder waren davor ausgebreitet. Zaffron sah aufmunternd zu mir. Ich fühlte, wie das Tor immer näher kam, es zog mich zu sich heran. Das Pferd Lironne bemerkte es genauso und wirrte verwirrt. Ich streichelte sie sanft am Hals um sie zu beruhigen. Langsam flüsterte ich:„Es wird alles gut werden.“
Selbst ich glaubte die Worte kaum, die ich aussprach, dennoch versuchte ich aufrichtig zu klingen.
Je näher wir kamen, desto mehr veränderte sich die Umgebung. Es wurde dunkler und der Nebel breitete sich vor uns aus und umhüllte die ganze Landschaft.
Ich atmete tief ein, die Luft war schwer.
„Wir müssen uns beeilen, wir dürfen nicht zögern hindurchzutreten“, sagte Zaffron. Als er die Worte aussprach öffnete sich das Tor und dahinter war alles dunkel. Wir ritten direkt in die Schwärze hinein.


Die Menschenwelt




Als wir hindurch geritten waren, und die Schwärze sich uns komplett entzogen hatte, staunte ich. Eine große Wiese breitete sich vor uns aus und die Sonne schien zu uns herab. Sie war kleiner als unsere und wenn man hineinsah, bekam man Scherzen in den Augen. Ich rieb mir die Augen und blinzelte leicht benommen. Dann sah ich zu Julien und Zaffron die neben mir auf den Pferden saßen. Julien wirkte genauso verwundert und ich lächelte ihn an.
Es sah nicht aus wie in Osmalien, dennoch war es hier schön. Die Luft roch etwas würzig und duftete nach Wald. Ich atmete tief ein und war froh, dass sich der Nebel verzogen hatte.
„Wir können jederzeit durch die Welten reisen“, sagte Zaffron plötzlich und entriss mich aus meinen Gedanken. Ich nickte leicht und dann ritten wir weiter.
Zaffron ritt voraus und wies uns in die verschiedene Richtung, wo wir anscheinend lang mussten. Wir taten alles mit einem Nicken ab. Schon bald hatten wir den tiefen Wald hinter uns gebracht.
Wir hielten an einem kleinen Häuschen an, das am Waldrand stand. Überall war Stroh ausgelegt.
Neben dem Häuschen standen komische, in der Sonne glitzernde, Teile. Ich wusste die Definition dieser Dinge nicht. Leicht wölbte ich meine Augenbraue und sah zu Zaffron.
„Wir stellen die Pferde in diesen Stall unter. Dort drüben ist die Wiese, sie können von alleine rein und raus gehen“, sagte Zaffron an Julien und mich gerichtet. „Was ist ein ‚Stall’?“, fragte ich neugierig.
Zaffron lachte leise. „Dort stellen die Menschen immer ihre Tiere unter, so was wie ein Haus für Tiere.“
Ich nickte interessiert. „Und was ist das da?“, fragte ich und zeigte auf die glitzernden Dinge.
Diesmal antwortete Julien. „Das sind Autos!“, rief er erfreut und stieg von seinem weißen Pferd ab.
Von diesen ‚Autos’ standen zwei neben einander. Das eine war dunkelblau das andere schwarz.
Ich schluckte. „Was macht man damit?“, fragte ich neugierig und stieg auch von meinem Pferd ab. Dabei führte ich Lironne in den Stall und machte den Sattel, sowie das Zaunzeug ab. Sie wirrte fröhlich und gallopierte auf die Wiese.
Zaffron und Julien taten es mir gleich, dabei redete Zaffron weiter.
„Die Autos sind von den Menschen erbaut worden, sie dienen als Fortbewegungsmittel. Sie brauchen keine Pferde mehr, oder Kutschen, um irgendwo hinzugelangen. Dabei gibt es aber noch weitere Fahrzeuge. Aber das würde zulange dauern, es Euch zu erklären, Prinzessin.“
Ich verzog den Mund und nickte.
„Wir müssen uns nun untereinander Duzen“, sagte Zaffron als wir fertig waren mit den Pferden.
„Damit es den Menschen nicht auffällt. Ich werde euren Vater spielen und ihr beide seid Geschwister.“
Ich blickte ihn verblüfft an und dann zu Julien der mir aufmunternd zunickte.
Ich gab mich geschlagen und seufzte. „Natürlich, Zaffron.“
„Nenn mich Even, Safrina oder auch Dad, Vater, oder weitere Kosenamen.“
„Dad?“, fragte ich neugierig und meine Augen glitzerten.
Zaffron lachte. „Ja?“
„Wie funktionieren diese Autos?“
Verwundert schaute er mich an und wir gingen zu dem schwarzen Fahrzeug. Sanft streichelte er es und ich verzog angewidert den Mund. Es war doch kein Lebewesen!
„Dafür benötigst du einen sogenannten Führerschein. Es ist sehr komplex, wie du mit diesem Gefährt umgehen musst. Ich werde dir das alles später beibringen, damit es nicht unnötig auffällt.“
Ich nickte und er hielt mir die Tür des Fahrzeugs auf.
Langsam ließ ich mich in eines der Ledersitze hineingleiten und schaute verblüfft in das Innenleben.
Es waren so viele Anzeigen und Knöpfe, sowie Schalter, dass ich mir das niemals alles merken könnte. Ich zog meine Augenbrauen hoch und strich über die Ablage. Zaffron stieg gerade ein und schlug die Tür zu, Julien nahm hinter mir Platz.
Zaffron fischte einen Schlüssel aus seiner Hosentasche heraus und steckte sie in eine Öffnung.
„Was machst du da?“, fragte ich und hob meine Hand.
Er lachte und drehte den Schlüssel um. Dabei ertönte ein seltsames Geräusch. Ein Schurren, das könnte es am besten beschreiben. Zaffron musterte mich neugierig und ich strich über die Sitze. Sie vibrierten leicht unter mir.
„Was passiert hier?“, fragte ich ängstlich und völlig erstaunt.
„Soll ich Gas geben, Julien?“, fragte Zaffron mit einem fiesen Grinsen im Gesicht.
Ich weitete meine Augen.
„Na los! Mach schon!“, Julien klatschte wild in die Hände und ich verkrampfte mich.
Meine Augen folgten seinen Bewegungen. Er trat auf ein Pedal unter sich und das Fahrzeug machte einen Ruck. Ich klammerte mich am Sitz fest und quiekte empört auf.
„Man nennt es fahren“, fing Zaffron an. „Der Motor vor uns, bringt dieses Fahrzeug insgesamt zum Laufen.“
Der Motor schnurrte auf und gab richtig Power. Ich hielt mich ängstlich am Griff fest. Keuchend rang ich nach Luft.
Er fuhr auf steinbepflasterte Pfade und ich schaute vorsichtig aus dem Fenster des Autos. Vieles verschwamm vor meinen Augen und ich musste genauer hinsehen, um etwas erkennen zu können.
Überall standen Häuser, es sah aus wie eine kleine Stadt. Ich berührte das Glas des Autos.
Julien, der hinter mir saß, redete mit Zaffron. Ich war viel zu abgelenkt von der Aussicht.
Die Häuser wurden von Mal zu Mal größer. Irgendwann endete die Fahrt und das Auto blieb stehen. Wir waren an einem sehr großen Haus angekommen und er fuhr in eine freie Auffahrt.
Julien stieg stürmisch aus und knallte die Autotür zu. Zaffron wies zu mir auf die Tür, damit ich auch ausstieg. Ich seufzte und folgte den beiden.
Ich schaute mich genauer um und erkannte, dass die Häuser ganz dicht aneinander standen. Meine Augenbrauen wölbte sich von ganz alleine. Unser Haus war weiß und hatte einen kleinen Balkon, der zur Straße zeigte. Es sah sehr niedlich aus.
Zaffron holte erneut einen anderen Schlüssel aus seiner Hosentasche und steckte ihn in die Tür.
„Was machst du da?“, rief ich empört.
Julien fing an, lauthals los zu lachen. „Er schließt doch nur unsere Tür auf.“
Ich nickte benommen und zusammen traten wir in das Haus ein. Ich verzog mein Gesicht.
Vor uns breitete sich ein langer Flur aus, danach kam ein weiterer Raum, der die Stube bildete.
Zaffron ging voraus und warf den Schlüssel in ein Körbchen, das auf einen Schrank stand. Neugierig machte ich ihn auf und entdeckte Reihenweise Schuhe. Schnell schloss ich die Schubladen wieder und trottete den beiden hinterher.
Der Boden war aus reinem hellem Holz, das unter mir klackerte. Erstaunt schaute ich auf meine Füße und ging immer wieder auf und ab. Ein Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus.
Zaffron flüsterte leise zu mir:„Das nennt man Schwerkraft. Die Menschenwelt hat eine bestimmte Anziehungskraft, dadurch entstehen verschiedene Gewichte. Du wirst das alles noch lernen. Bei uns ist es nicht so stark, wie hier.“
Ich nickte neugierig. Die Menschenwelt war jetzt schon berauschend für mich. Neue Gerüchen krochen mir in die Nase und ich ging in ein rosarotes Zimmer.
Ein großes Himmelbett stand in der Mitte des Raumes. Der Schrank nahm eine ganze Wand ein, genauso wie ein großes, weißes Bücherregal.
Dazu noch ein Schreibtisch mit einem seltsamen schwarzen Teil. Verblüfft zog ich meine Augenbrauen hoch und ging näher heran. Zaffron kam mir hinterher und legte seine starken Hände auf meine Schulter. Langsam gingen wir zu dem Schreibtisch und er streichelte das schwarze Ding vor mir sanft.
„Was ist das, Dad?“ Ich gewöhnte mich schon sehr schnell die Kosenamen.
Er lachte leise und klappte das schwarze Ding auf. Ich starrte drauf und entdeckte Tasten, wo Buchstaben drauf waren. Meine Hände streiften leicht die Tasten und ich kicherte.
„Das nennen die Menschen einen Laptop, eine art Computer. Damit kannst du verschiedene Dinge schreiben und zu Hause erledigen. Ich dachte mir, dass du vielleicht auch so einen haben möchtest. Wenn du willst kann ich dir später zeigen, wie du damit umgehst.“ Ich nickte stürmisch und klappte den Laptop wieder zu.
„Das ist hier nun dein Zimmer. Ich hab es Mädchengerecht gestalten lassen. Ich hoffe das es dir gefällt.“
Ich nickte und umarmte ihn stürmisch. Die Neugier in meiner alten Welt hatte mich vollkommen verlassen. Aber jetzt war sie von Neuem entfacht. Meine Augen strahlten. Ich hatte wieder Hoffnung.
Julien kam gerade um die Ecke und grinste zu mir. „Komm ich will dir etwas zeigen!“, er nahm meine Hand und riss mich zum Wohnzimmer. Dort angekommen hielt Julien vor einem großen, schwarzen Ding an. Es sah so ähnlich wie der Laptop aus. Julien grinste frech und hob etwas Schwarzes hoch.
„Was hast du vor?“, fragte ich neugierig. Er wies mir mit der anderen Hand, mich auf das graue Sofa zu setzen und ich tat es darauf. Gespannt sah ich ihm dabei zu, wie er sich zu mir setzte und sachte über das schwarze Teil in seiner Hand strich.
Dann drückte er es mir in die Hand. Wieder sah ich Tasten, sowie Buchstaben darauf. Es war in englischer Sprache geschrieben. „Was soll ich damit?“, fragte ich ihn und schaute auf.
Er grinste frech und drückte auf einen Schalter. Plötzlich ertönte ein lautes Geräusch, es hörte sich an wie Stimmen und Musik zur gleichen Zeit. Verblüfft starrte ich nach vorne. Ich sah viele Bilder an mir vorbeiziehen. Verwirrt stand ich auf und ließ das schwarze Teil in meiner Hand fallen. Bevor es auf den hellen Holzfußboden stürzen konnte, fing Julien es in einer übermenschlichen Bewegung auf.
„Pass auf. Die meisten menschlichen Dinge hier sind sehr zerbrechlich.“
Ich nickte und starrte wieder nach vorne. „Das ist ein Fernseher“, sagte Julien und ich hörte ein Lächeln in seiner Stimme.
Even Zaffron, unser gespielter Dad, kam zu uns ins Wohnzimmer und glitt auf das graue Sofa.
Ich schaute verwirrt immer wieder zu dem schwarzen, dünnen Teil und dann zu Zaffron.
Er lachte. „Die Menschen waren sehr erfinderisch. Sie erbauten einen Fernseher zur Unterhaltung. Es ist sehr lustig, schau mal!“
Ich betrachtete weiter den Fernseher und erkannte Menschen die sangen und komische Bewegungen machten. Verblüfft hob ich meine Augenbrauen und machte weitere Schritte auf den Fernseher zu und beugte mich zu ihm herunter.
Die Bewegungen zerflossen ineinander. „Sind die da drin gefangen?“, fragte ich überrascht.
Julien lachte laut, brüllte schon fast. Ich drehte mich blitzschnell zu ihm um und sah ihn böse an.
Julien schnaubte nur und fing dann wieder an zu lachen. Ich sah zu Zaffron der mich angrinste.
„Natürlich nicht. Das alles wurde aufgenommen. Sie sind nicht wirklich da.“
Ich drehte mich erneut um und beugte mich davor, fasst berührte ich den Fernseher. „Du musst aufpassen, der Bildschirm dieses Flachbild Fernsehers ist sehr empfindlich. Genauso wie der, von deinem Laptop.“
Angestrengt nickte ich und ging zurück zum Sofa, wo ich mich neben den beiden hinsetzte.
Leise seufzte ich und schaute zu dem Fernseher.
„Es gibt verschiedene Kanäle“, fing Zaffron wieder an. „Das ist so was wie ein Musikkanal. Dort kannst du die meist verschiedenste Musik hören. Es gibt aber auch noch andere. Zum Beispiel wo Nachrichten laufen. Das wiederum sind Kanäle die berichten, was rund um in dieser Welt passiert. Und du kannst es ganz bequem zu Hause beobachten.“
Ich schaute ihn verblüfft an. „Keine Boten mehr?“
Julien schüttelte den Kopf. „Wir brauchen keine Boten mehr, Safrina. Durch deinen Laptop kannst du ins Internet gelangen. Dort kannst du verschiedene Leute aus verschiedenen Ländern kontaktieren. Außerdem auch welche, die hier in dieser Stadt wohnen“, erklärte er ruhig. Ich nickte. „Woher weißt du das alles, Julien?“ Es ärgerte mich unheimlich, dass er mehr wusste, als ich. Und so wie es aussah, um einiges mehr. Was mich wohl als nächstes erwartete?
„Zaffron hatte über die Jahre mir viel beigebracht, über die Menschenwelt. Wir wollten dich damit nicht belasten, da du zur der Zeit, andere Sorgen hattest“, er sah mich entschuldigend an, während er das sagte.
Ich nickte und seufzte. „Am Besten ruhst du dich erstmal aus. Wir werden dir über die Tage alles vertraut machen. Wir Auralia lernen schnell, viel schneller als uns manchmal lieb ist.“
Ich nickte und umarmte die beiden nochmals zum Abschied.
Als ich ging, rief Zaffron mir hinterher: „Deine Anziehsachen sind noch in den Koffern, die stehen in deinem Zimmer. Pack alles aus, was du haben möchtest.“
„Danke!“, rief ich und schloss meine Zimmertür. Mein Blick heftete sich sofort auf die Koffer, die auf meinem Bett lagen.
Ich ging vorsichtig heran und machte sie stürmisch auf. In dem ersten Koffer befanden sich ein paar Anziehsachen. Ich legte sie sorgfältig in meinen Schrank hinein. Als ich die beiden Koffer voller Anziehsachen in meinen Schrank eingeordnet hatte, öffnete ich den nächsten. Erstaunt strich ich über meine Lieblings Shampoos, die mein Vater immer extra für mich herstellen ließ.
Lächelnd streifte ich mit meiner Hand darüber und legte sie in eine Schublade des Schrankes. Es waren viele Flaschen. Seufzend ließ ich mich auf einen größeren Sessel fallen, der direkt unter meinem Fenster stand.
In dem restlichen Koffer waren noch Schmink Utensilien. Die kannte ich, weil mir Zaffron sie mir immer aus der Menschenwelt mitbrachte.
Ich stellte sie sorgfältig auf meinem Schminktisch auf, der sich neben dem Schrank befand. Er hatte sogar kleine Schubladen, wo ich die Schminke in verschiedenen Fächern einordnen konnte. Ich schaute in den kleinen Spiegel des Schminktisches und staunte. Meine Haare waren kräftiger als zuvor und flossen in sanften Locken über meinen Rücken. Ich hatte einen leichten Seitenscheitel.
Meine Augen strahlten und ein eiskaltes Blau stach heraus. Ich strich über den Spiegel und musste Lächeln.
Es war so neu für mich, ich sah verändert aus. Frischer und fröhlicher als zuvor.
Die Sorgen waren vollkommen aus meinem Gesicht gewichen. Dennoch würden sie mich irgendwann wieder einholen, doch ich würde das in allzu früher Zeit nicht zulassen.
Ich erhob mich langsam und streifte meine Anziehsachen von meinem Körper. Nun sah ich in den Schrank. Zaffron meinte, dass Menschen mehr über Unterwäsche nachdachten, als wir.
Ich zog weißespitze Unterwäsche an und betrachtete mich im Spiegel. Daran würde ich mich nie gewöhnen. Es drückte ein bisschen an den Brüsten und ich zischte. Verdammt noch mal!
Ich ignorierte das ungewohnte Gefühl und zog mein geliebtes Nachthemd an.
Die Sonne ging gerade unter, als ich abermals aus dem Fenster sah. So, wie ich es immer in Osmalien getan hatte. Diesmal war ich aber in einer anderen Welt. In der Menschenwelt. Plötzlich tauchte das Gesicht von Dagon in meinen Gedanken wieder auf. Ich zuckte etwas unter seiner Schönheit zusammen. Er war stark, sorgenvoll und bestimmend zugleich. Ich hatte mich nicht mehr von ihm verabschieden können. Wollte er das überhaupt? Ich seufzte und ließ mich in mein neues Bett gleiten.
Langsam schloss ich meine Augen und ließ mich in den Schlaf gleiten. Diesmal träumte ich von der Anmut des neuen Dämonenkönigs.



Unbewusste Gefühle



Als ich am nächsten Morgen erwachte, traf mich das neugierige Gefühl wieder. Ich wollte immer mehr erfahren, über die Welt, in der wir jetzt lebten.
Der Wille zog mich aus dem weichen Bett und ich streifte schnell das Nachthemd von meinem Körper und legte es auf das Sofa. Danach öffnete ich meinen großen Schrank und suchte eine weitere, schwarze Röhrenjeans heraus. Danach holte ich mir ein ebenso schwarzes spagettiträger Top und ein paar Riemchensandalen mit Absatz heraus. Schnell zog ich mich um und schaute in den Spiegel. Dabei fiel mir auf, dass etwas fehlte.
Ich öffnete erneut den Schrank und durchsuchte etwas bei den Accessoires. Dabei fiel mir ein weißer Gürtel in die Hände und ein kleiner weißer Schal. Er war weich und nicht sehr dick. Ich zog die beiden Sachen an und betrachtete mich erneut im Spiegel. Die Kette meiner Mutter hatte ich immer um den Hals, versteckte sie aber unter dem fast schon durchsichtigen Schal.
Zufrieden verließ ich das Zimmer und setzte mich an den Küchentisch, wo Zaffron schon Essen machte. Er stellte mir eine Schüssel vor die Nase und ich roch daran. Es sah nach Milch aus und etwas anderem.
„Das sind Cornflakes. Probier doch mal!“, sagte er und schaute mich dabei aufrichtig an. Er drückte mir einen kleinen Löffel in die Hand und ich nahm einen Bissen. Es schmeckte tatsächlich gut!
„Schmeck gut“, sagte ich beim Kauen. Ich aß die Schüssel leer und Zaffron lachte leise.
„Ist mein ‚Bruder’ Julien schon wach?“, fragte ich, als ich Zaffron meine leere Schüssel gab.
Er nickte. „Jullien ist im Wohnzimmer und sieht Fern.“
Ich zuckte mit den Schultern und half Zaffron dabei, das Geschirr zu spülen. Es machte mit Zaffron spaß, das Neue und Unbekannte zu erkunden.
„Danke“, sagte er und lächelte mich an. Ich nickte ihm zu. „Was machen wir heute?“, fragte ich neugierig.
Even Zaffron lachte leise. „Ich müsste erstmal mit euch beiden reden. Geh du doch schon mal voraus, ins Wohnzimmer. Ich komme gleich.“
Ich nickte und ging zügig ins Wohnzimmer. Julien saß schon entspannt im Sofa und schaute zu mir, als ich herein kam.
„Gut geschlafen?“, fragte er mich.
„Ja, sehr gut sogar.“ Ich lächelte ihn zaghaft an.
Er nickte zufrieden und widmete sich wieder dem Fernseher. Er sah sich gerade den Musikkanal an, dass sah ich an den Bewegungen. Ich hörte einen schnellen Bass. „Was ist das für Musik?“, fragte ich erstaunt.
„Die Menschen haben verschiedene Stile, oder auch genannt: Musikrichtungen. Das zum Beispiel nennt sich auch ‚Hip-Hop’.“ Während er sprach, ertönte ein Sprachgesang und das andere Lied war verklungen. „Und das?“
Er lachte. „Rap.“
„Oh“, sagte ich. „Irgendwann werde ich das schon hinkriegen.“ Er nickte mir zu und wir saßen schweigend auf dem Sofa und lauschten den verschiedenen Liedern.
Irgendwann trat dann unser gespielter Dad ins Wohnzimmer und glitt neben mir auf das Sofa.
Dabei nahm er die Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Julien und ich seufzten beide gleichzeitig genervt auf. Dann sahen wir uns an und lachten.
„Ich müsste mit euch beiden reden“, sagte Zaffron streng.
Wir drehten uns beide in seine Richtung und nickten.
„Damit es nicht auffällt, dass zwei Jugendliche den ganzen Tag nur im Haus rumhocken, werde ich euch an eine Schule schicken.“
Ich wusste was das war und seufzte genervt auf. Ich hatte die längsten Jahre meines Lebens mit Lernen verbracht. Auch über die Menschenwelt, nur waren sie damals nicht so Fortgeschritten wie heute.
„Ich war über fünfzig Jahre an unserer Schule und hatte andauernd Privatunterricht. Ich weiß doch schon so ziemlich alles und ich denke nicht, dass die Lehrer mir etwas Neues beibringen werden.“
Julien stimmte mir zu.
Aber Zaffron wirkte wenig beeindruckt. „Die Schulen hier in der Menschenwelt sind alle unterschiedlich und auf ihre eigene Weise einzigartig. Aber natürlich kennt ihr schon fast alles was es zu wissen gibt, dennoch bitte ich, nein verlange ich von euch, dass ihr die Schule besucht. Es ist eine wertvolle Erfahrung und außerdem lässt es sich nicht ändern.“
Er sah uns streng an. „Ihr beide seht höchstens aus wie sechzehn-siebzehn. Und hier seid ihr nicht Erwachsen. Und da man das hier in der Menschenwelt so macht, werdet ihr ab heute in die Schule gehen.“
Julien und ich stöhnten genervt auf, mussten uns aber ergeben. Schweigend sahen wir Zaffron an und nickten zögerlich.
„Da Julien um einiges Größer ist als du, Safrina, wird er dein älterer Bruder sein. Du bist siebzehn, Julien und du sechzehn, Safrina.“
Ich schüttelte den Kopf und stand hastig auf. „Ich bin zweihundertfünfunddreißig(235) Jahre älter als Julien!“, rief ich aufgebracht.
Julien neben mir klatsche fröhlich in die Hände und lachte. „Yeah! Du musst dir eingestehen, dass ich älter aussehe. Allein schon von der Größe her.“
Er lächelte mich triumphierend an und ließ mich wieder ins Sofa fallen. Na super.
Meinen Blick heftete ich auf Zaffron. „Damit eines klar ist. Ich werde mich nicht von Julien herumkommandieren lassen. Ich werde meine eigenen Wege gehen.“
Zaffron schüttelte seinen Kopf und seufzte leise. „Ihr benehmt euch schon richtig wie Teenager. Nun gut, Julien wird auf dich aufpassen, weil du nun mal die Prinzessin bist, Safrina. Nicht wahr, Julien?“ jetzt funkelte Zaffron Julien böse an und der gab sich geschlagen.
Ich lächelte triumphierend und drehte mich zu Julien um.
„Keine Angst wir werden so ziemlich alles zusammen machen. Nur möchte ich selber entscheiden, auch wenn du den großen Bruder spielen musst.“ Ich tätschelte sanft seine Schulter.
Er nickte und gab sich damit zufrieden.

Den Rest des Tages, brachte Zaffron uns bei, wie wir mit dem Laptop und sonstigen Elektronischen Geräten umgehen sollten. Zunächst verwirrte mich das ‚Telefon’ sehr, da es piepsige Töne von sich gab und mich einfach nicht in Ruhe lassen wollte.
Zaffron meinte, dass es eine Art Ferngespräch ist und man nicht unbedingt einen Boten schicken müsste, um mit seinen gewünschten Partner zu kommunizieren. Ich verstand von Anhieb wie man die Tasten wählte. Jeder Bewohner besaß seine eigene ‚Telefonnummer’ um jemanden von zu Hause zu erreichen.
Ich schrieb mir unsere auf einen Zettel und heftete sie mir an meine Pinnwand, die über meinem Schreibtisch hang.
Dabei gab uns Zaffron noch jeder ein Handy. Es war auch eine Art Telefon, nur ohne Kabel oder sonstige Verbindung. Man konnte frei telefonieren, brauchte aber eine Karte um das zu können. Es kostete alles Geld.
Die Menschen hatten Geld erfunden, so wie wir mit Gold bezahlten taten sie es mit Geld. Ich steckte ein paar Scheine in meinen neuen Geldbeutel und verstaute sie in meine neue Schultasche. Es war eine Art Hängetasche, die man nur um eine Schulter hängen lassen konnte. Sie war schwarz und hatte ein schönes, hellblaues Muster drauf.
In ein paar Tagen würden wir in die Schule gehen, genau dann fing auch das neue Schuljahr an. Wir waren mitten in den Sommerferien eingetroffen. Das war ein guter Vorteil. Wir mussten wenigstens nicht mitten im Schuljahr neu anfangen.
Die Tage zogen so schnell an mir vorbei und ich musste immer wieder an meinen Vater denken. Er hatte mir versprochen sich zu melden, wenn etwas passiert war oder wenn es Neuigkeiten gab.
Da das noch nicht eingetroffen war, wartete ich, bis er sich meldete.
So vergingen die restlichen Tage. Zusammen mit Zaffron machten Julien und ich unsere ersten Fahrversuche. Er gab uns immer Unterricht. Irgendwann würde ich den Dreh schon herausfinden, so schwer konnte es ja unmöglich sein.
Julien konnte es schon richtig gut und ich war immer noch im Anfangstadion. Zaffron meinte, dass es Frauen immer schwerer fiel. Pah! Von wegen.

Am Montagmorgen standen Julien und ich ganz früh auf.
Da Zaffron meinte, man solle am ersten Tag nie zu spät kommen, musste ich mich schnell anziehen.
Das Drücken der Jeanshose war schon ins Normale übergegangen.
Ich schnappte mir meine Hängetasche und warf sie auf das Sofa. Schnell band ich mir meine Haare zu einem hübschen Zopf zusammen.
Zaffron hatte Julien und mich schon auf die Schule vorbereitet und, dass sie anders sei als wir dachten. Die Aufregung wuchs in mir bis zum Höhepunkt.
„Ruhig Safrina. Es ist doch nur eine ganz gewöhnliche Schule“, sagte Julien spöttisch und klopfte mir auf die Schulter.
Ich verzog mein Gesicht und schüttelte zaghaft den Kopf. „Was ist, wenn sie uns nicht mögen?“
Julien seufzte und schnappte sich seine Tasche. „Ach was, wir werden uns einfach daran gewöhnen müssen.“
Ich nickte benommen und holte meine Tasche vom Sofa. Der hat gut reden.
Zaffron stand schon lächelnd an der Tür und hielt sie uns auf. Warme Sonnestrahlen kitzelten mir auf der pfirsichfarbenen Haut.
Wir stiegen in das Auto von meinem gespielten Dad und er fuhr uns zur neuen Schule. Mein Magen fühlte sich komisch an. War das immer so?
Die Häuser zogen an uns vorbei. An das Autofahren hatte ich mich schon gewöhnt, es war eine nette Abwechslung zum Reiten. Der Wagen hatte plötzlich angehalten.
Ich seufzte einmal und schaute wieder aus dem Autofenster. Die Schule war riesig.
Graue Backsteine zogen sich um das ganze Gebäude und ließen es wunderschön aussehen. Die Schule sah ganz anders aus als unsere alte in Osmalien. Wir hatten getrennte Blöcke und waren meist nur zu zehnt in einem Klassenraum. Zaffron hatte uns schon erzählt, das es anders sein würde.
Viele Bäume, Blumen und Büsche standen vor dem Eingang und umwogen das ganze Grundstück. Die Sonne strahlte und es spiegelte sich ärgerlich in den Fenstern. Unsere Augen waren empfindlicher als andere. Wir sahen mehr, als menschliche Wesen.
Bewundernd zog ich die Tasche ganz eng an mich und stieg aus, warf aber noch einen unsicheren Blick zu Zaffron. Er zwinkerte mir zu und ich stieg vorsichtig aus.
Ein paar menschliche Schüler schauten uns dabei zu, gafften schon fast. Waren wir so ungewöhnlich? Dabei hatte ich doch versucht, nicht besonders aufzufallen. Julien schien es zu genießen, denn er packte mich am Arm und zog mich in die Schule.
Meine Blickte schweiften durch das ungewohnte Gelände. Eins musste man den Menschen lassen – sie hatten Stil. Ein riesiger Parkplatz zog sich vor uns und viele Autos standen schon hier.
Plötzlich verkrampfte sich Julien vor mir und ich sah geschockt auf. „Was ist?“, flüsterte ich leise.
Bevor er nur annähernd etwas sagen konnte, gefror meine Haut und meine Nackenhaare stellten sich auf. Aus reiner Gewohnheit, wollte ich meine beiden Schwerter ziehen, die nicht da waren. Verblüfft schaute ich auf meinen Rücken und seufzte.
„Zaffron meinte, friedliche Dämonen weilen unter den Menschen, finden sie anziehend. Ich weiß nicht so recht, aber auf mich machen die weiblichen Wesen unter ihnen ziemlich nervös.“
Ich schaute erneut auf und sah in sein errötetes Gesicht. Ich verdrehte meine Augen und ging voraus. Wenn es friedliche Dämonen waren, konnten wir sie ja in Ruhe lassen.
Schnell ging ich durch das große, metallische Tor und empfing einige aufmerksame Blicke. Julien trottete schnaubend hinter mir her.
Wir mussten uns den Menschen anpassen, sie hatten eine solch lahme Geschwindigkeit drauf beim Gehen, dass man schon fast einschlafen konnte. Julien gähnte herzhaft, und schloss sich damit meinem Gedanken an. Ich grinste triumphierend und wir betraten schweigend die Schule.
Sie sah von Innen völlig überfüllt aus. Ich konnte nicht viel erkennen, da es hier nur von Schülern wimmelte. Sie drängten sich alle vorbei um schnellst möglich die Schule hinter sich zu bringen. Als ob das die Zeit interessieren würde.
Seufzend wendete ich mich ab und zog Julien hinter mir her. Ich schloss meine Augen und überließ mich ganz meinen Instinkten. Zaffron hatte gesagt, das Sekretariat wäre unübersehbar. Schon allein von dem Geruch. Also befolgte ich seinen Anweisungen und ließ mich treiben. Nach ein paar Schritten blieb ich stehen.
Ich öffnete meine Augen und stand vor dem muffeligen Raum. Julien staunte. „Wie hast du das gemacht?“, fragte er und riss verblüfft seine Augen auf. Ich kicherte und tippte mit meinem Zeigefinger an meine Stirn. „Reine Instinkte. Solltest du auch mal ausprobieren.“
Julien schnaubte laut.
Ich setzte mein Lächeln auf und betrat das Sekretariat. Es war nicht so überfüllt wie der Rest der ganzen unheimlichen Gänge. Sie wiesen keine Fenster oder Ausweichmöglichkeiten auf. Mich überkam dabei immer ein bedrängendes Gefühl. Ich wollte nicht unbedingt mit den Menschen in Körperkontakt treten.
Schnell wimmelte ich meine Gedanken ab und konzentrierte mich auf die Sekretärin die uns übertrieben musterte.
„Hallo“, sagte ich freundlich. „Heute ist unser erster Tag. Das ist Julien Parker und ich bin Safrina Parker.“ Ich lächelte nochmals und sie nickte erfreut. Was für ein bescheuerter Nachname, aber den trug unser geliebter, gespielter Vater schon immer.
„Wir haben euch schon sehnlichst erwartet“, sagte sie freundlich und kramte in ihren Unterlagen.
Ich nickte und Julien schaute mich prüfend an.
Bald darauf hatte sie alles zusammen und schob es über den überfüllten Schreibtisch. Er bestand fast nur aus Zetteln.
„Auf diesen Unterlagen stehen alle Informationen drauf, die Sie benötigen werden. Alles von Ihrer Klasse bis zu den einzelnen Räumen der Schule. Falls Sie jedoch irgendwelche Anliegen haben sollten, wenden Sie sich bitte an mich. Ich stehe dafür zur Verfügung.“ Sie schaute uns nachdenklich an.
„Vielen dank, wir werden dem nachkommen“, sagte ich höflich und verschwand zusammen mit Julien aus dem Sekretariat.
Julien lachte zufrieden und schnappte sich seine Zettel aus meinen Händen. Zusammen gingen wir in das obere Stockwerk. „Wohin müssen wir?“, fragte Julien.
„Nach meinem Zettel“, ich zeigte auf das bunte Etwas in meinen Händen, „Müssten wir jetzt rechts und dann gleich gerade aus. In Raum O16.“
„Warum ‚O’?“, fragte Julien und zog eine perfekte Augenbraue hoch. Ich zuckte mit meinen Schultern. „Vielleicht O – für Obergeschoss. Ich weiß es nicht.“
Er nickte und zusammen gingen wir zu unserem neuen Klassenraum. Auf dem Gang waren nicht mehr viele Schüler zu sehen, daraus schloss ich, dass der Unterricht schon begonnen hatte.
Unschlüssig standen wir nun vor dem Klassenraum. Ich nahm all meinen Mut zusammen und drückte die silberne Türklinke herunter. Ein muffeliger, schon fast schwitziger Geruch wehte um meine Haare und ich hielt geschockt meinen Atem an.
Alle Blicke der menschlichen Schüler waren auf uns gerichtet – einschließlich des Lehrers der uns verblüfft musterte. Innerlich seufzte ich genervt auf. Würde das nie ein Ende nehmen? Es war natürlich klar, dass wir anders auf die menschlichen Wesen wirken würden. Aber, dass es gleich so schlimm sein würde, hätte nicht mal ich gedacht.
Julien und ich blieben in der Klassentür stehen und sahen uns in der Klasse um. Da wir durchaus ein übermenschliches Gehör verfügten, konnte ich das meiste Nuscheln Problemlos verstehen.
„Wow, wer sind die?“, fragte ein Mädchen, die in der Reihe saß. Daraufhin schüttelte der Junge neben ihr nur mit dem Kopf. „Weiß ich nicht, aber sie kommen wohl nicht von hier.“ Sein Blick senkte sich etwas und blieb an meiner Brust hängen. Schnell zog ich meine Hängetasche enger an mich heran und versperrte ihm somit die Sicht. Ich blickte mich im Raum um und sah in die verblüfften Gesichter. Es war fast zum totlachen. Fast.
Die Schüler saßen alle in Reihen und an einem Tisch saßen immer zwei Personen. Ich betete darum, dass ich mich mit Julien zusammen setzen durfte. Aber da ich keinen freien Platz sah, würde das wohl nicht gehen.
Der Lehrer stand nun endlich auf. „Hallo ihr zwei und willkommen in eurer neuen Klasse. Ich bin Herr Fortsch.“
Julien und ich nickten beide und begrüßten ihn höflich.
„Da wir leider nur zwei einzelne Plätze frei haben, könnt ihr euch nicht zusammen setzen. Sucht euch bitte jeder einen freien Platz aus.“
Ich schluckte schwer. Super. Hab ich es mir doch gleich gedacht.
Julien ging ganz nach rechts neben einem süßen Mädchen, das ganz rot von seinem Anblick geworden war. Ich schüttelte genervt meinen Kopf und ließ mich in die letzte Reihe plumpsen. Menschen!
Neben mir saßen zwei Jungen, die mich auffällig musterten. Ich pustete eine Strähne, die mir ins Gesicht gefallen war, weg und verschränkte meine Arme vor der Brust. Der Unterricht war mir egal. Wir mussten nur hier hocken, um nicht ‚aufzufallen’. Pff.
Jede Sekunde wich trotzdem die Wut von mir und ich musste seufzend aufgeben. Plötzlich sah mich der Lehrer genau an und holte mich an die Tafel.
Ich wusste nicht einmal, was er vorher gesagt hatte. Mit langsamen Schritten ging ich nach vorne und er gab mir die Kreide in die Hand. Meine Ohren waren komplett auf Durchzug geschaltet.
Ich sah die Matheaufgabe an und seufzte erneut. Nach ein paar Sekunden stand die Lösung komplett da und ich ging schweigend zurück zu meinem Platz. Der Lehrer guckte mich verwirrt an, ich nahm dies alles kaum wahr. Es war mir egal, was die anderen dachten. Ich wollte nach Hause!
Plötzlich sah ich wieder Dagons Gesicht vor mir. Mein richtiges Zuhause, wollte ich wieder haben, bei ihm. Ich erinnerte mich an seinem besorgten Blick, als wir alleine in diesem kleinen Raum waren. In seinem Schloss. Er hatte meine Hand gehalten, als ich ihn am meisten gebraucht hatte, auch wenn ich es nicht gezeigt hatte. Ich wusste es, dass ich etwas für ihn empfand, was nicht sein durfte.
Oder durfte es doch sein? Hoffnung breitete sich in mir aus. Mein Vater hatte mir schon vorher gesagt, dass ich wahrscheinlich für ihn bestimmt war. Wenn man alles zusammen zählte, stimmte unsere Verbundenheit. Dieses Gefühl der Einsamkeit die mich fast überrollte, wenn ich an ihn dachte. Ich spürte sie jetzt deutlich. Vorher musste ich nicht darüber nachdenken, als wir angekommen waren. Alles war neu für mich, doch nun wurde, wie Zaffron voraus gesagt hatte, alles nur noch Routine.
Ich musste es mir selber eingestehen. Dagon war mehr für mich, mehr als ich mir jemals zugeben würde. Jemals zugegeben hatte.
Plötzlich schrillte eine laute Klingel. Was bedeutete das?
Schnell sah ich mich um und der Junge links neben mir, grinste mich fröhlich an. Ich hatte nur einen flüchtigen Blick auf ihn geworfen. Verwundert blickte ich den anderen Schülern nach. Stundenende?
„Hallo“, sagte eine männliche Stimme und ich drehte mich wieder um und schaute in zwei silberne Augen. Dämon. Alles schrie in mir. Wieso hatte ich das vorher nicht bemerkt? War ich so abgelenkt gewesen? Von meinen peinlichen Gedanken an Dagon? Ich schluckte laut und schüttelte kaum merklich meinen Kopf.
„H-Hi“, sagte ich zögerlich und er lachte leise.
Wir waren nun ganz alleine in der Klasse, sogar Julien war schon gegangen.
„Du bist wirklich gut“, sagte er anerkennend und ich nickte ihm nur kurz zu. Ich wollte nicht in die Nähe eines Dämons. Eines anderen Dämons. Dagon, flüsterte ich leise in Gedanken.
Meine Gänsehaut verstärkte sich, als sein Atem meinen Arm traf.
„Soll ich dir die Schule zeigen? Nach zwei Stunden haben wir immer eine zwanzigminütige Pause.“
Ich riss meine Augen ein wenig weiter auf und musterte ihn genau.
„Oh ich hatte mich noch gar nicht vorgestellt“, meinte er fröhlich. „Ich heiße Lucan.“
Er hielt mir eine Hand hin und ich schaute darauf wie eine Verrückte.
So müsste ich auch ausgesehen haben, denn er nahm meine und schüttelte sie. Machte man das so zu einer Begrüßung? Merkwürdig. Aber eines fiel mir mehr auf, seine Haut war um einiges Kälter als meine, schon fast eisig. So, als hätte er sie in einen Schneesturm gehalten.
Danach ließ er meine wieder los. Ich legte sie vorsichtig in meinen Schoß.
„Ich heiße Safrina“, sagte ich leise und schaute auf meine Hände, die ich auf meinem Schoß mit einander verschränkte.
Er lachte, leise und eiskalt.
Ich biss auf meine Zähne. Spielte er ein Spielchen mit mir? Ohne mich.
Schnell stand ich auf, schnappte meine Hängetasche und nahm sein Handgelenkt. Ich zog ihn an die Wand des Klassenraums und drückte ihn dagegen, so dass er hart aufschlug. Seine Mimik blieb überrascht, dennoch eiskalt. Meine Tasche geriet dabei etwas ins Rutschen.
„Ich weiß was du bist“, zischte ich hart.
Er zuckte nicht einmal zusammen. Auch wenn Vampire äußerst zäh waren, Auralia waren durch das Licht, noch stärker. Und da der Stein des ewigen Lichtes, in mir versiegelt worden war, war ich um einiges stärker, als andere.
Er drückte sich gegen mich und zog überrascht seine Augenbrauen in die Höhe.
„Und was bist du? Sicherlich kein Mensch.“ Er schätzte seine Stärken ab.
Ich schüttelte den Kopf und grinste frech. „Ich komme aus Osmalien. Ich bin eine Auralia.“
Seine Augen weiteten sich vor angst und ich drückte ihn mit meinem Oberarm gegen seine Kehle.
Leicht legte ich meinen Kopf schräg und musterte ihn. Seine längeren schwarzen Haare fielen ihm ins Gesicht. Dennoch stachen seine silbernen Augen genau hervor.
Ich hatte noch nie wirklich Zuneigung zu solchen Kreaturen empfunden. Dennoch hatte ich mich ja auch schon in Dagon geirrt. Meinen Dämon.
Ich trat einen Schritt zurück, stand dennoch nah genug an ihm, damit er nicht gleich verschwinden konnte.
„Ich habe noch nie eine Auralia gesehen“, sagte er fast erstickt.
Ich lächelte. „Es kommt auch nicht oft vor, dass wir das Land verlassen“, gab ich zu.
„Und warum hast du es gemacht?“, fragte er neugierig.
Ich seufzte. Dieses Detail in meinem Leben, konnte ich niemanden sagen. „Lange Geschichte“, sagte ich locker und schob meine Hängetasche wieder hoch.
„Nun gut“, sagte er und lächelte etwas verlegen. Dabei kratzte er sich am Kopf und schaute zu Boden. „Das Angebot steht noch.“
Ich schaute ihn verwirrt an. Ich hätte ihn töten können, dass wusste er ganz genau, dennoch wollte er weiter was mit mir zu tun haben?
„Hm“, brachte ich nur hervor und Lucan sah mich an. Seit wann können Vampire rot werden?
Jetzt grinste er fies und schnappte in übermenschlicher Geschwindigkeit seine Tasche und nahm meine Hand.
Ich zuckte etwas unter seiner Berührung zusammen, was an der Kälte lag. Aber auch daran, dass ich nicht so auf Körperkontakt mit Vampiren stehe. Allgemein mit anderen Dämonen. Es war ein komischen Gefühl, von ihm berührt zu werden. Meine Hand kribbelte komisch. Ich riss mich zusammen und biss auf meine Unterlippe.
Er zog mich sanft hinter sich her und wir verließen den Klassenraum. „Was haben wir gleich?“, fragte ich als ich neben ihm ging, er hielt immer noch meine Hand, die ich gleich losließ.
Er schaute auf mich herab und lächelte. „Biologie.“
„Hmpf“, sagte ich und seufzte ergeben. Lucan zeigte mir das ganze Obergeschoss, weiter kamen wir nicht, da es wieder klingelte.
Wir mussten ins Erdgeschoss der Schule. Zusammen gingen wir hinunter – wenn auch schweigend.
Natürlich hängte er es mir noch nach, dass ich stärker war als er. Vampire waren für ihren Stolz und ihrem großen Ego bekannt. Besonders diese Wesen. In der Rangordnung der Vampire kamen immer erst die Reinblüter. Die geborenen Vampire. Dann gab es noch welche, die verwandelt wurden oder die Halblinge. Vampire hatten mich noch nie wirklich interessiert, dennoch waren die bei den Dämonen sehr hoch angesehen. Schnell riss ich mich wieder aus meinen tiefen Gedanken.
Im Gang, vor der Biologietür, fand ich Julien wieder der gerade hinein trat, zusammen mit dem süßen Mädchen. Ich roch an ihr den Dämon und verkrampfte mich etwas. Ich war eine solche Nähe einfach nicht gewöhnt. Wieder ein Vampir. Wieso gab sich Julien mit so einer ab?
Hier schienen mehr Dämonen zu sein, als ich gedacht hatte. Ich schüttelte kaum merklich meinen Kopf. Wenn er es abkonnte, ich konnte es nicht. Diese Berührungen, ich stand nicht so sehr auf Körperkontakt.
Lucan führte mich in den Biologieraum, immer noch händchenhaltend, was mir äußerst gegen den Strich ging. Der Biologieraum wurde durch die Fensterreihe gelüftet. Ich war der Lehrerin sehr dankbar.
Lucan führte mich zu seinem Platz. Neben ihm war noch einer frei. Julien setzte sich genau neben mich und das süße Mädchen von vorhin setzte sich gleich neben ihn. Was das wohl zu bedeuten hatte? Ich würde ihn später danach fragen. Schnell ließ ich Lucans klammernde Hand los.
Der Unterricht begann pünktlich. Sie stellte sich uns als Mrs. Terra vor. Ich seufzte auf. Die Biologie des Menschen interessierte mich noch weniger als meine Eigene.
Zu viel hatte ich schon von meinem eigenen Privatlehrer gelernt, jetzt durfte ich es im Grundschulniveau erneut wiederholen.
Die Stunden vergangen wie im Flug, da ich nicht besonders zuhörte. Lucan betrachtete mich aufmerksam. Auch ich schenkte ihm meinerseits ein paar Blicke. Dennoch waren meine Gedanken weit fort.
Zuhause, in Osmalien. Wo mein Vater alles versuchte, die freilebenden Dämonen zu vernichten. Hätte ich sie nicht rechtzeitig entdeckt, hätten sie uns irgendwann aus dem Hinterhalt angegriffen.
Seufzend lehnte ich mich an die Stuhllehne und schlürfte etwas weiter runter.
Plötzlich rutschte Lucan weiter zu mir heran und flüsterte leise:„Wir haben danach aus. Wollen wir vielleicht etwas zusammen machen?“
Seine Stimme war hauchdünn und trotzdem konnte ich ihn perfekt verstehen. Sein Arm streifte kurz meinen und ich zuckte zusammen. Wenn ich ehrlich bin, hatte mich Körperliche nähe nie besonders angetan.
„Ich weiß nicht so recht. Da das mein erster Tag ist und ich etwas erschöpft bin, halte ich das für keine gute Idee“, flüsterte ich mit zusammengebissenen Zähnen zurück. Ich wollte keine Zeit mit Vampiren verbringen, auch wenn ich dabei lügen musste, was mir fast genauso gegen den Strich ging.
Er wirkte etwas traurig, nickte aber.
Ich ließ das Thema fallen. Nach ein paar Minuten klingelte schon die Schrille Glocke und entließ uns. Julien sprang gleich auf und ich packte meine Sachen zusammen. Ich blickte ihn streng an, er würde nicht ohne mich verschwinden. Doch er zwinkerte mir nur zu und verschwand mit dem Mädchen.
Sie sah mich entschuldigend an. Das Mädchen war wirklich niedlich. Sie hatte dunkelblondes, hüftlanges Haar und moosgrüne Augen. Ihr Gesicht war sehr zierlich und sie war auch nicht gerade besonders groß. Beide verschwanden aus dem Raum, so auch die restlichen Schüler. Ich seufzte laut und sah in Lucans silberne Augen.
Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und ich sprang erschrocken auf.
„W-Wir sollten auch gehen“, stammelte ich und nahm meine schwarze Hängetasche.
Lucan lachte leise und folgte mir schweigend aus dem Raum.
Er interpretierte das alles völlig falsch!
Gerade sah ich Julien, wie er das niedliche Mädchen dabei half, einzusteigen. Ich verdrehte meine Augen. Durfte ich jetzt also nach Hause laufen? Na toll.
Langsam ging ich weiter, ohne weitere Blicke auf Lucan zu verschwenden. Doch er hielt mich am Arm fest. Widerwillig drehte ich mich zu ihm um und schaute in sein fröhliches Gesicht. Dieser Vampir konnte einen wirklich fertig machen. Was würde nur daraus werden, wenn ich ihn näher kennen lernte? Ich wollte gar nicht daran denken.
„Was ist?“, fragte ich gelangweilt.
„Ich bring dich nach Hause“, antwortete er trocken und nahm meine Hand. Meine Haut kribbelte unter seiner kalten Berührung.
Er zog mich zu seinem schwarzen Sportwagen. Übertriebener konnte es nicht sein, oder?
„Was ist das für ein Auto?“, fragte ich.
Er lachte rau. „Das ist ein Porsche 911 Turbo.“
Ich verdrehte meine Augen. Leider verstand ich nicht wirklich viel von Autos, also tat ich einfach so, als wüsste ich, was er meinte.
Vorsichtig stieg ich ein und er tat es mir gleich. Ich beobachtete genau was er tat, seine geschmeidigen Bewegungen und wie er mit dem Auto umging. Niemals würde ich verstehen, wieso alle so sanft zu den Autos waren.
Plötzlich gab er Vollgas, als ich mich noch rechtzeitig angeschnallt hatte. Kaum hatte es ‚klick’ gemacht sausten wir davon, sogar Julien überholte er gekonnt.
Angeber!
„Bist du wahnsinnig?“, zischte ich verzweifelt und Lucan gab als Antwort noch mehr Gas.
Ich verdrehte meine Augen und krallte mich am Sitz fest. Es war schlimmer als meine erste Autofahrt hier in der Menschenwelt gewesen.
Bald darauf waren wir endlich an meinem Haus angekommen, nachdem ich den Weg hierher beschrieben hatte, wenn auch etwas stotternd vor angst.
Lucan lächelte mich charmant an und ich bedankte mich, wenn auch unwillig. Ich schmiss die Tür zu und Lucan gab wieder Vollgas. Ich wurde aus diesem Vampir einfach nicht schlau.
Schnell kramte ich in meiner Tasche nach dem Schlüssel und schloss die Tür auf.
Zaffron blickte mich fröhlich an, als er durch die Küchentür sah. Ich winkte ihm zu und es roch wunderbar nach Pfannkuchen.
Eines meiner Lieblingsgerichte, seitdem wir auf der Menschenwelt wandeln. Ich schmiss meine Hängetasche über den Haken, der an der Wand angebracht war und stürmte in die Küche.
Ich schluckte meinen Teil hastig herunter.
„Wo ist Julien?“, fragte Zaffron und machte sich auch eine Portion.
Ich zuckte mit den Schultern. „Er ist heute mit einem Mädchen weggefahren, seitdem hab ich ihn nicht mehr gesehen“, sagte ich mit vollem Mund. Zaffron lachte leise. „Nun gut, er wird sicher bald wieder hier sein.“ Ich nickte und räumte meinen Teller ab. Die Menschen hatte eine wunderbare Erfindung gemacht: die Spülmaschine. Wir mussten nichts mehr von Hand abwaschen. Zaffron hatte uns eine neue gekauft.
„Ich verzieh mich in mein Zimmer“, sagte ich und tapste schon hinaus.
„Ist gut“, rief Zaffron mir noch hinterher.
Schnell holte ich meine Hängetasche aus dem Flur und ging in mein Zimmer.
Ich verbrachte fast den ganzen Tag mit den langweiligen Hausaufgaben. Lag daran, dass ich
Häufig Denkpause machte. Meine Gedanken schweiften immer ab, zu meinem Vater und zu Dagon. Wie es ihnen wohl ging?
Meine Augen schlossen sich immer mehr und ich landete direkt auf meinen Büchern, die ausgestreckt auf meinem Bett lagen. Leise seufzte ich und schlief müde ein.


Versuchung




Mitten in der Nacht wachte ich auf. Meine Bücher knallten laut auf den Boden. Schläfrig rieb ich meine Augen und schaute auf meinen Nachttisch. Die Uhr zeigte drei Uhr morgens an.
Ich seufzte und hob müde die Bücher von dem Boden auf und stellte sie geordnet in mein Regal.
Schleppend zog ich mich um und streifte die Sachen von meinem ermüdeten Körper.
Krachend fielen sie auf den hellen Holzfußboden. Ich zog meine Augenbraue hoch und kramte in der Hosentasche herum. Ich holte mein Handy aus der Tasche und legte es auf den Nachtisch.
Wenn ich weiter so machte, weckte ich noch Julien oder Zaffron.
Schlimm genug wenn es bei Julien passierte, er war unberechenbar, wenn es um schlafen ging.
Das konnte er besser als alles andere. Ich kicherte leise und hob meine Sachen vom Fußboden auf.
Schnell schmiss ich sie in den Wäschekorb und zog ein neues Nachthemd an. Es war schön bequem und seidig.
Die Farbe an dem Nachthemd mochte ich besonders: Babyblau.
Ich seufzte und glitt wieder in mein himmlisches Bett. Dieses hier war nichts im Vergleich zu dem, was ich in Tasmalin besaß. Dennoch sehr gemütlich, gemütlicher als es ein Naturboden jemals sein könnte. Auch wenn ich gerne unter dem freien Nachthimmel schlief.
Meine Augen schlossen sich von ganz alleine und ich glitt in das Reich der Träume, zu Dagon.
Dort konnte ich ungezwungen mit ihm meine Zeit verbringen. Auch, wenn wir uns die Stunden nur schweigend in die Augen sahen. Ich wusste nicht was diese Träume bedeuteten.

Am nächsten Morgen wachte ich ohne Bettdecke über mir auf. Ich müsste sie in der Nacht verloren haben. Normalerweise stieß ich sie nie von mir.
Ich rappelte mich langsam auf und entkleidete mich. Meine Kleiderwahl war nicht gerade originell, ich fand einfach keinen Geschmack an die Anziehsachen, hier in der Menschenwelt.
Natürlich gab es ausnahmen. Aber sie waren niemals so bequem und wunderschön wie meine Trainingsachen.
Schnell machte ich mich fertig. Dabei fiel mir auf, dass ich Zaffron nicht wie üblich in der Küche antraf.
„Dad?“, rief ich besorgt. Er kam mit übermenschlicher Geschwindigkeit auf mich zu gerast.
Seine braunen, wirren Haare umspielten sein freundliches Gesicht. Er war jünger als mein Vater, so einiges jünger. Was das Aussehen betraf, würde man im Menschenleben ihn wohl eher für fünfundzwanzig halten. Aber da er unser Vater spielte, musste er sich ungewöhnlich anders Kleiden. Halt wie ein Vater. Ich kicherte bei dem Gedanken.
„Was ist los?“, fragte er ruhig.
Ich schüttelte nur den Kopf. „Ich hatte mir nur sorgen gemacht, als ich dich nicht in der Küche sah“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
Zaffron nickte und ließ mich wieder alleine. Langsam tappte ich in das Zimmer von Julien, der schon aufgeregt herum wirbelte.
„Was ist los, großer Bruder?“, sagte ich belustigt.
Er schaute mich mit weit aufgerissenen Augen an und verharrte in seiner Bewegung. Er räumte sein Zimmer auf? Ich runzelte die Stirn. Er verheimlichte mir etwas…
Dann schüttelte er den Kopf. „Nichts“, log er. Schnell war er wieder in Bewegung.
Ich seufzte und setzte mich auf sein Bett. Die Bettwäsche war in seiner Lieblingsfarbe, wie es mir schien. Moosgrün. Ich lachte ihn in Gedanken dafür aus.
„Komm schon, erzähl’s mir“, bettelte ich und sah ihn mit einem speziellen Hundeblick von mir an.
Er seufzte und setzte sich neben mich. Er legte seinen Kopf in seinen großen Händen und stützte seine Arme auf seinen Oberschenkeln ab.
Ich sah ihm belustigt dabei zu und er lief rötlich an. Das hatte ich noch nie gesehen.
Ich kam näher und beugte mich zu ihm herunter um genau in sein Gesicht sehen zu können. Er schielte zu mir, zog seinen Blick aber wieder zurück, als er meinen traf.
Ich seufzte erneut auf und schlug kräftig auf seinen Rücken. Er hustete laut und sah mich dann grimmig an.
Stark straffte er seine Schultern. Mich konnte er damit nicht beeindrucken.
„Jetzt sag schon!“, quengelte ich und sah ihn hoffnungsvoll an.
„Na gut“, brummte er und sah verlegen weg. „Es ist wegen dem Mädchen, das ich gestern kennen gelernt habe. Sie heißt Michelle und ist einfach bezaubernd.“ Seine Augen wurden glasig und ich wusste, dass er in Gedanken bei ihr war. Sah ich auch immer so aus, wenn ich an Dagon dachte?
„Du weißt aber, dass sie ein Dämon ist, ein Vampir?“
Er schaute mich gedankenverloren an und nickte. Er mochte diese Wesen genauso wenig wie ich. Aber was zog ihn so an? Ihre lieblichen Augen? Ihre zierliche Gestalt?
Wir kannten sie noch nicht gut genug, um sagen zu können, dass sie friedlich war.
„Na gut.“ Ich seufzte hart. „Stell sie mir bei Gelegenheit mal vor.“
Seine Augen blitzten auf und er umarmte mich stürmisch. Schnell gewann ich wieder Abstand zwischen uns.
„Rede du mir Zaffron darüber“, sagte ich streng und verschwand schnell aus seinem Zimmer.
Ich ging zügig in mein Zimmer und verschloss die Tür hinter mir. Dabei sank ich hinter der Tür auf den hellen Holzfußboden. Meinen Kopf hatte ich auf meine Knie gestützt, die ich nah an meinem Körper hielt.
Ich war froh, dass er glücklich war. Das er jemanden schon nach so kurzer Zeit gefunden hatte, den er bedingungslos später lieben würde. Was bleib mir?
Ich war egoistisch genug, um zu fluchen. Ich dachte öfters über mich selber nach, was aus mir und Dagon wohl werden würde, wenn ich es zuließ. Konnte ich diesen Schritt tun?
Vor ein paar Wochen hätte ich mich dagegen strickt geweigert, was ich sogar vor meinem Vater getan hatte. Aber konnte ich mich jetzt noch vor dem offensichtlichen weigern?
Ich stand langsam, wenn auch etwas wackelig, wieder auf und schnappte mir meine Tasche.
Entschlossen machte ich meine Tür auf. Ein langer Tag hatte begonnen und ich versuchte Dagon aus meinen Gedanken zu verbannen.


In der Schule hatte ich wieder das Pech, Lucan zu begegnen. Ich mochte seine Art nicht. Wie er mich berührte, zu mir sprach, als sei ich ein Heiligtum. Wenn er nur wüsste.
Irgendwann, wenn es zwischen Julien und Michelle ernster werden würde, müsste er mit der ganzen Geschichte rausrücken. Warum wir wirklich hier waren. Warum wir das alles auf uns nahmen.
Ganz allein wegen mir. Ich seufzte und Lucan schaute besorgt zu mir. Wieder streifte sein kühler Atem meine Schulter und ich zuckte zusammen.
Ich hatte schon einige Stunden hinter mich gebracht und nie wirklich aufgepasst. Wieso auch? Ich würde auch so bestehen.
In den Pausen verschwand Julien immer mit seiner Michelle. Er sah sie so eindringlich an, als müsste er sie beschützen. Vor allem und jedem. Wenn es sein müsste, sogar vor mir.
Ich mochte das Mädchen nicht wirklich, was auch Julien mitbekommen hatte. Es lag auch daran, dass sie ein Vampir war. Aber ihre liebenswerte Art machte das fast wieder Wett. Also fing ich an, sie kennen zu lernen. Sie an seiner Seite zu akzeptieren.
So vergingen die Tage, sie zogen sich endlos in die Länge und meine Selbstbeherrschung wurde immer wieder auf eine harte Probe gestellt.
Langsam fing ich an Lucan zu mögen. Und ich hasste mich dafür.
Die Menschenwelt gefiel mir sehr, außer einer Ausnahme: die Schule. Auf sie freute ich mich zum Teil nur, weil ich mich dann von Dagon ablenken konnte. Trotzdem schweiften meinen Gedanken immer zu ihm. Es war, als ob er sich heimlich dort eingenistet hatte, um mich zu verfolgen. Um zu sehen, wie es mir ging, mich zu beschützen, wenn es sein musste.
Ich erinnerte mich noch vollkommen an unser Gespräch, wie glücklich ich mich da gefühlt hatte.

„Ihr habt etwas Einzigartiges an Euch, etwas was ich unbedingt von Euch haben will.“
„Eurer Herz“, murmelte er. „Eure Seele, so viel Licht. Jeder Dämon strebt nach Erlösung, nach dem Licht, das Ihr in Euch tragt.“



Mein Herz hüpfte unaufhaltsam in meiner Brust und ließ mich erschaudern. Diese Worte hallten immer wieder in meinem Kopf. Es war, als hätte er direkt neben mir gestanden und sie wiederholt.
Nur für mich.
Ich schüttelte meinen Kopf.
Es war dunkel in meinem Zimmer und der Mond schien hinein. Endlose tage zogen an mir vorbei und immer noch keine Nachrichten von Vater. Hatte er das vergessen?
Er konnte seine einzige Tochter nicht vergessen, dass wusste ich und schämte mich gleich für diesen geschmacklosen Gedanken.

Lucan bettelte mich jeden Tag um eine Verabredung. Jedes Mal sagte ich ihm ab und erfand immer eine andere Ausrede. Wieso log ich?
Ich wusste es nicht und schämte mich dafür. Mein Herz fühlte sich schwach an, sehr schwach.
Je mehr Zeit verging, desto schwacher fühlte ich mich. Würde ich sterben?
Ich schüttelte in Gedanken meinen Kopf. Man konnte nicht an Liebeskummer sterben.
War es wahr? Hatte ich bloß Liebeskummer?
Unser starkes Band war immer noch fühlbar. Ich fühlte, dass es ihm gut ging, dass ich mir keine Sorgen machen müsste. Genau: Müsste. Ich tat es trotz allem dennoch.
Jeden Tag versuchte ich aus meinem Herz schlau zu werden. Aus meinen Gefühlen für Lucan und Dagon schlau zu werden.
War es schon so weit, dass ich was für Lucan empfand? Ich wollte seine nähe, seine flüchtigen Berührungen. Seine sanften Atemzüge, seine kühle Haut, die mich ganz einhüllte. Tief in Gedanken versunken, bemerkte ich niemanden um mich herum. Es war schlimmer als sonst.
Die Lehrer hatten sich damit abgefunden, dass ich vor mich hin schwieg und nahmen mich nur in seltensten Fällen dran, weil sie wussten, dass ich schlau genug war.
Schlau genug, um bei diesem miesen Grundschulniveau nicht mitzuarbeiten.
Auch heute fragte mich Lucan nach einer Verabredung,
Ich konnte seine Verzweiflung fast spüren. Diesmal nickte ich zaghaft, ich tat es tatsächlich!
Warum hatte ich dabei solche Schuldgefühle? War es wegen Dagon? Die Antwort lautete: Vielleicht.
„Du möchtest wirklich?“, fragte Lucan mich verblüfft.
Wieder nur ein Nicken. Wie jedes Mal, fuhr er mich nach Hause. Ich umklammerte meine Tasche und presste sie fest an meinen Körper, als er wieder Vollgas gab.
Vampire hatten einen merkwürdigen Geschmack, was Autos oder sonstige Dinge betraf.
Auch Michelle. Sie liebte Autos. Ich verstand beim besten Willen nicht warum.
Aber sie war wirklich nett und freundlich. Aber irgendwann würde sie unser Geheimnis wissen müssen. Sie entschied sich für uns, für Julien, dass sah ich in ihren Augen.

Später rief mich Lucan auf meinem Handy an. Unsere Verabredung fand dieses Wochenende statt. Ich wusste nicht warum ich eingewilligt hatte, aber zurückziehen wäre unhöflich und unverzeihlich. Ich halte mein Wort, wenn ich es einmal gegeben hatte.
Die Tage vergingen schneller als gedacht und schon am nächsten würde unsere Verabredung stattfinden. Ein Date mit einem Vampir. Man stelle sich das mal vor!
Julien hatte keine Vorurteile in Lucan gesehen. Er hatte mir erzählt, dass er es verstehe würde, wenn ich mit ihm zusammen käme. Natürlich würde er das verstehen, da er Hals über Kopf in Michelle verliebt war.
Aber sie hielt sich noch im Hintergrund, wollte uns Zeit geben, da sie genau wusste, was wir waren.
Ich seufzte laut, als Julien und ich wieder einen Nachmittag am Fernseher verbrachten.
Wir schauten wie so oft, den Musikkanal. Es war immer wieder erfrischend den Leuten beim singen zuzusehen. Die Musikvideos waren meistens auch sehr interessant.
Sie spielten aber öfters das gleiche Lied, also wurde es immer langweiliger.
Der Abend rückte immer näher und ich bekam langsam ein mulmiges Gefühl in der Magengrube.
War das Aufregung?
„Julien?“, sagte ich teilnahmslos, um lässig zu wirken. Innerlich sah es bei mir ganz anders aus.
„Jop?“, sagte er, ohne mich anzuschauen.
„Ich gehe mich mal umziehen… du weißt ja – Date mit einem Vampir!“ Ich stand auf ohne in sein Gesicht zu sehen und ging schweigend in mein Zimmer.
Ich seufzte leise.
Was zieht man zu einem Date an? Ich wusste ja nicht einmal was wir unternehmen würden.
Ich ging zu meinem großen Kleiderschrank und zog meine Lieblings Hotpants mit einem dunkelblauen Top an.
Dazu holte ich meine Kette von meiner Mutter raus und ließ sie an meinem Hals baumeln. Ich hatte sie immer um, nur versteckte ich sie öfters. Sie war zu wertvoll für mich.
Als ich fertig angezogen war, kämmte ich mir nochmals durchs Haar und ließ es offen fallen.
Und schon klingelte es an der Tür. Ich versteinerte augenblicklich. Wie verhielt man sich in so einer Situation?
Nach über dreihundert Jahren hatte ich noch nie ein Date gehabt, nicht mal ansatzweise.
Mein unsterbliches Leben war noch nicht so durcheinander gewesen, noch nie stand es so auf einer Kippe, wie jetzt.
Ich war kurz davor, wieder in meine alte Welt aufzubrechen. Aber dennoch wollte ich auch hier sein. Was war nur los mit mir?
Langsam öffnete ich die Haustür. Lucan lächelte mich verlegen an, seine Hände waren auf dem Rücken verschränkt.
Er hatte ein dunkles, weit aufgeknöpftes Hemd an und dazu eine Jeans, die ihm sehr gut stand.
Ich seufzte in Gedanken und hasste mich dafür. „Hey“, flüsterte ich leise.
„Hey“, murmelte er genauso leise zurück. Wir sahen uns lange an, dann entschied ich mich meine Tasche zu holen. „Ich geh weg! Bis nachher“, rief ich zu Julien und Zaffron.
Schnell zog ich meine hohen Riemchen Sandalen an und ging zurück zu Lucan, der mich schon erwartete.
Lächelnd, und das Lächeln war nicht mal gespielt, umarmte ich ihn kurz und wir gingen zusammen los auf die Straße. Er war nicht mit dem Auto gekommen, was mich wunderte.
„Wohin gehen wir?“, fragte ich neugierig und sah ihn aufrichtig an.
Lucan sah mich aufrichtig an, sagte jedoch nichts. Er zwinkerte mir nur zu. Dann schaute er verlegen zur Seite. Ich musterte ihn neugierig und er wich weiter meinem Blick aus. Wieder errötete er leicht, was ein menschliches Auge nicht sehen konnte.
Dann beugte er sich blitzschnell zu mir und vergrub sein Gesicht in meine Haare. „Du siehst wunderschön aus, Safrina“, hauchte er leise in mein Ohr. Ich schluckte hart.
Was tat ich nur?
Ich nickte nur zaghaft und er nahm mich mitten auf der Straße in den Arm. Dabei lauschte Lucan meinem Herzschlag, der ziemlich unregelmäßig schlug, was mir gar nicht passte.
Ich wusste nicht, wie lange wir dort standen, dennoch hatte ich ihn akzeptiert.
Ich hatte akzeptiert was er war, das er nicht böse war. Er war alles andere als böse, aber dennoch empfand ich nichts für ihn. Es herrschte eine unheimliche Leere in mir.
Hatte es mit Dagon zu tun? Warum verglich ich Lucan immer mit Dagon?
Ich gewann wieder Abstand zwischen uns und er schaute mir tief in die Augen. Ich tat ihm unendlich weh, wenn ich zuließ, wenn wir uns näher kämen als Freundschaft.
Und es würde sicherlich darauf hinauslaufen.
Lächelnd ging ich weiter und er lief schweigend neben mir her. Lucan schenkte mir den ganzen Abend seine vollkommene Aufmerksamkeit.


Wahrheit



Der Abend verlief Reibungslos. Ich hatte endlich erkannt, für wen ich wirklich bestimmt war, was mein Herz mir sagen wollte. Meine ganze Seele rief nach Dagon. Mein Herz verlangte nach ihm. Es würde niemals aufhören.

In diesem Moment, als ich nachdachte, saß ich wieder in der Schule, die Qual des Tages. Wir hatten wieder zwei Mathestunden und ich schielte erneut zu Julien herüber. Er war ganz anders als sonst.
Seine Nervosität machte mich total hibbelig, irgendetwas war geschehen. Ich würde ihn in der Pause darauf ansprechen.
Endlich ertönte das sehnlichst erwartete Klingeln, dass das Stundenende ankündigte.
Schnell klaubte ich meine Sachen zusammen, ohne auf Lucan zu warten. Ich lief zu Juliens Tisch und schnappte ihn mir, bevor er wieder abhauen konnte. Nervös sah er mich an.
„Ich müsste mal eben mit dir reden“, sagte ich streng und warf ihm einen bösen Blick zu. Vorher konnten wir wirklich über alles reden. Und was war jetzt? Das totale Chaos!
„N-Na gut“, stotterte er und ich warf ihn in den nächst besten Stuhl. Die anderen waren schon gegangen, nur Michelle und Lucan standen noch im Raum, in der nähe der Tür.
„Könntet ihr uns alleine lassen?“, bat ich und zischte leise. Wieso war ich so durcheinander?
„Klar“, sagte Lucan locker und verschwand zusammen mit Michelle, die mich verblüfft ansah, aus der Tür und schloss sie.
„So mein Lieber“, sagte ich angrifflustig und beugte mich, mit den Armen verschränkt vor der Brust, zu ihm herunter. Ich funkelte ihn an. „Was verheimlichst du vor mir?“, fragte ich unruhig.
Julien seufzte und sah mich fragend an. „Gar nichts“, sagte er und sein Blick schweifte zur Tür, dann wieder zu mir.
„Sieh mich gefälligst dabei an! Ich weiß das du lügst.“
„Stimmt doch gar nicht!“, verteidigte er sich.
„Sag mir endlich was los ist, verdammt!“, brüllte ich laut, so dass er unter meiner Macht zusammen sackte.
„Ich will reden“, sagte er leise und schaute zu Boden.
Wie bitte?
„Reden?“, fragte ich ungläubig und krallte mir den nächsten Stuhl und ließ mich drauf fallen.
„Ja“, flüsterte er leise. „Du weißt schon, mit Michelle, was wir wirklich hier machen.“
Meine Kinnlade klappte automatisch herunter ich schaute ihn mit verängstigten Augen an.
„Das ist nicht dein ernst“, flüsterte ich geschockt.
„Doch, ich will ihr sagen, was du bist und warum wir wirklich hier sind. Ich liebe sie“, zum Schluss flüsterte er ganz leise und ich sah ihn mit großen Augen an.
„Lieben? Weißt du überhaupt was das bedeutet?“, fragte ich argwöhnisch.
Er schnaubte als Antwort. „Du denkst immer noch, ich wäre zu Jung. Dabei bin ich schon über achtzig Jahre alt!“
Ich schüttelte den Kopf und rieb meine Stirn. „Ich glaube ich befinde mich einfach nur hier in einem schlimmen Alptraum. Du weißt doch was Zaffron gesagt hat. Wir müssen das hier machen, um nicht erkannt zu werden. Wir sind nicht sicher, wenn sie es erfahren! Ich bin es nicht mehr!“
„Ich weiß, was ich auf mich nehme. Ich will es ihr sagen. Ich will mit Michelle darüber reden, dass du die Prinzessin von Osmalien bist. Das in dir der Stein des ewigen Lichtes versiegelt wurde, damit unser Volk vor den Dämonen geschützt, weiter leben kann. Ich ertrage es nicht, sie anzulügen. Versteh doch!“
Seine Worte wurden mit jedem Satz fordernder. Ich wusste nicht mehr, was ich darauf antworten sollte. Stirnrunzelnd betrachtete ich Julien, der auf dem Stuhl kauerte und mir nicht mehr in die Augen sah. Plötzlich stand ich auf und beugte mich erneut auf ihn herab.
„Du willst uns alle also einfach so in Gefahr begeben. Weißt du, dass es schief gehen kann? Das sie es ausplaudern würde? Unser Volk würde vernichtet werden und als erstes würden sie mich umbringen. Willst du das?“, fragte ich ihn wütend.
„Natürlich nicht!“ Jetzt sah er mir wieder wütend in die Augen.
Ich schnaubte und ließ mich wieder in den Stuhl fallen. „Was denkst du dir nur dabei?“
„Ich weiß genau was ich tue“, sagte er und grinste mich fies an. Ich hob fragend eine Augenbraue.
Er brauchte nichts weiter mehr sagen, denn Lucan riss mit schock geweiteten Augen die Tür auf. Mein Kopf schnellte in seine Richtung und mein Herz verkrampfte sich. Michelle trat hinter ihn. Sie drückte ihre Bücher fester an ihren Körper. Sie hatten gelauscht. Alles mitbekommen.
Julien stand auf und ging zu Michelle und drückte sie vorsichtig an sich. Sie erwiderte seine liebevolle Umarmung, wenn auch nur mit einem Arm.
Ich saß einfach in meinem Stuhl und sah zu den dreien dabei zu. Lucan starrte mich fassungslos an und ich erwiderte seinen Blick.
Dann sah Julien wieder zu mir und kam mit ein paar Schritten auf mich zu. Er wollte seine Arme um mich legen, doch ich stieß ihn zur Seite und sprang auf.
„Du hast uns verraten! Lügner! Nie verzeihe ich dir!“ meine Wut erreichte ihren Höhepunkt.
Ich wollte noch nicht sterben, nicht jetzt.
Meine Tränen brannten in meinen Augen und ich blinzelte sie wütend weg.
„Ich habe es getan, weil ich einfach nicht mehr lügen wollte. Ich bat die beiden, an der Tür zu lauschen, damit sie es erfahren konnten. Ich dachte mir schon das du sauer sein würdest, aber
bit-“
Ich unterbrach ihn mitten im Satz. „Pah! Sauer? Ich verleihe dem einen ganz anderen Ausdruck! Wie wär’s mit: Zu tiefst enttäuscht? Wütend? Gekränkt? Ich will nicht sterben, verdammt!
ICH HASSE DICH!“
Schnell lief ich aus dem Klassenraum und verschwand aus der Schule. Ich wollte niemanden mehr zu Gesicht bekommen. Ich wusste, dass ich etwas überreagiert hatte, dennoch war ich so wütend, wie schon lang nicht mehr. Er hatte uns alle in Gefahr gebracht, weil er Michelle liebte.
Lieben? Soll ich mal lachen?
Meine Beine trugen mich zu den Pferden. Ich wollte Lironne wiedersehen. Der Geruch der besonderen Pferde führte mich zu ihnen. Das glänzende, weiße Fell strahle in der Sonne.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit ich bei ihnen verbrachte, die Dämmerung hatte schon eingesetzt.
Wütend schnaubte ich und Lironne sah mich fragend an. Könnte sie mich nur verstehen…
Missmutig machte ich mich wieder auf den Weg nach Hause. Die Dunkelheit breitete sich schon im Himmel aus. Es wurde Nacht und die Kälte erreichte mich. Zittrig fand ich unser Haus und schloss es leise auf. In unserem Haus war alles dunkel und ich schlich leise in mein Zimmer.
Dabei ertappte ich mich immer wieder, wie ich zurück an meine richtige Welt dachte. Zurück nach Hause, mein wirkliches zu Hause.
Vater hatte mir keine einzige Nachricht zukommen lassen, seitdem wir hier waren. Es war schon ein halbes Jahr vergangen.
Verzweiflung machte sich in mir breit. Ich wollte zurück!
Fest entschlossen kramte ich meine Schwerter aus dem Schrank heraus und band sie mir überkreuzt über meinen Rücken. Sie fingen stark bläulich zu leuchten an.
Mein Gesicht zeigte ewige Leere, meine Augen waren komplett ausdrucks- und teilnahmslos. Ich wollte Zaffron nicht einfach so zurücklassen. Ich hinterließ ihm einen Brief.
An Julien dachte ich dabei nicht wirklich, da er mich zu tiefst verletzt hatte.



Lieber Zaffron,

ich weiß, dass ich mit meinem überstürzten Handeln, euch alle in Gefahr bringe. Dennoch fehlt mir mein richtiges Zuhause sehr. Es ist nicht das Selbe, wie hier in der Menschenwelt.
Dank Julien, war ich so verzweifelt, dass ich nicht mehr anders kann.
Er hat uns verraten, mich komplett hintergangen und gedemütigt.
Niemals hatte ich einen so bitteren Schmerz erlebt.
Es tut mir Leid, aber ich werde gehen. Sucht nicht nach mir!

In Liebe
Deine Safrina, Prinzessin von Osmalien.




Ich legte den Zettel in die Küche und verschwand aus der Tür. Noch einmal atmete ich tief die Nachtluft ein. Die Zeit hier in der Menschenwelt war schön und traurig gewesen. Ich habe Michelle und Lucan kennen lernen dürfen.
Und dennoch war es eine schlimme Begegnung gewesen, die ich niemals vergessen werde.
Schnell sputete ich zu den Pferden und Sattelte Lironne. Sie wusste genau, dass etwas nicht stimmte und wirrte aufgeregt.
„Ruhig, es wird alles gut werden“, flüsterte ich leise. Auch wenn ich meinen Worten nicht so sehr Glauben schenken wollte.
Ich kicherte hysterisch auf. Ich hatte dasselbe schon einmal gesagt, als wir durch das Tor der Verdammnis traten, um in die Menschenwelt zu gelangen.
Wie konnte sich das alles in so kurzer Zeit, so dermaßen drastisch verändern?
Die Zeit war wie im Flug vergangen, ohne dass ich die Momente festhalten konnte. Ohne das ich manche wirklich richtig genießen konnte. Ich hatte in der Zeit gelernt, mich wie ein Mensch zu verhalten. Dennoch wuchs die Stärke erneut in mir und blühte auf.
War es mir so vorher bestimmt worden? Ich wusste es nicht und die Antwort werde ich auch niemals erfahren.
Ich stieg auf Lironne und hielt die Zügel fest umklammert. Mein Wille war so stark, dass sich das Portal gleich öffnete. Ohne zu überlegen trat ich hindurch. Ohne wirklich zu wissen, was mich dort schreckliches erwartete.


Königin von Osmalien




Die Schwärze grub ihre Krallen in meinen zierlichen Körper und drückte mich runter. Die Zeit schien komplett still zu stehen. Nicht mal meine Augen konnte ich öffnen.
Plötzlich entzog sich die Finsternis und das Licht erhellte alles. Lironne wirrte ungeduldig und wir traten hindurch.
Als ich meine Augen öffnete waren wir zurück. Aber es sah nicht aus, wie meine Heimat, Osmalien. Das Portal hinter uns schloss sich wieder und das Tor der Verdammnis war komplett zerstört.
Schwarzer Nebel zog sich empor. Ich konnte viel Verbranntes riechen. Überall waren verrottete Felder und Trümmern von Dörfern. Ich ritt langsam mit Lironne über den von Asche bedeckten Pfad. Die Luft wurde immer schwerer und es war totenstill. Ich konnte nur Lironnes Hufen hören, die unter der Asche leicht knirschten.
Die dicke Nebelspur umwog die ganze Gegend. Langsam stieg ich von Lironne ab und zog sie hinter mir her. Sie wirrte leicht verwirrt, aber ich achtete nicht weiter drauf. Meine Augen weiteten sich von ganz alleine. Der Nebel verzog sich langsam und ich konnte die Gegend genauer betrachten.
Überall lagen Tote herum und es roch schrecklich verwehst.
Ich hielt mir die freie Hand vor den Mund. Ich presste sie richtig dagegen.
Was war aus meinem geliebten Land geworden?
Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen und ich keuchte auf. Mein Vater hatte sich nie gemeldet. Jetzt sah ich ein, wieso. Der Krieg hatte begonnen und sie hatten die Folgen erleiden müssen.
Aber wo war mein Vater jetzt?
Hilfesuchend lief ich umher, kein Lebewesen, nicht einmal Tiere, kamen mir entgegen. Die Vögel waren verstummt, nicht einmal der Wind war noch da. Alles Leben war aus diesem einst wunderschönen Land ausgelöscht. Mein Hals wurde zugeschnürt und ich versuchte vergeblichst die Luft hervor zu pressen. Eine kleine Träne entwich sich aus meinem Auge.
Lironne stützte mich und ich ließ mich einfach ein Stück fallen. Sie schnaufte leise und ich nickte. Die unausgesprochene Frage war beantwortet. Mir ging es überhaupt nicht gut.
Nicht einmal ansatzweise.
Langsam streichelte ich sie und wir gingen weiter. Ich sah meine Stadt Tasmalin, oder eher das, was von ihr wirklich übrig geblieben war.
Es glich einer alten Ruine. Das große Steintor war komplett zersprungen, die Mauern eingerissen und unser großes Schloss vollkommen vernichtet. Nur kleine Einzelteile kennzeichneten die Stadt.
Ich wandte meinen Blick extra dem Schloss und den Trümmern, weil ich die toten Gesichter nicht sehen wollte. Überall lagen sie verstreut. Entweder brutal aufgespießt oder in Einzelteile gerissen. Es glich einem Alptraum. Und so sehr ich mir auch wünschte es wäre einer, wusste ich genau, dass es nicht so war.
Ich stöhnte vor Schmerzen auf. Was haben sie hier für Qualen erduldet, nur um mich und unser Volk zu schützen?
Die Kette von meiner Mutter wog unendlich viel, sie war eine schwere Last für das, was hier geschehen war. Meine Schwerter bohrten sich in meinen Rücken, doch ich wollte nicht aufgeben. Jetzt erst recht nicht mehr.
Zusammen gingen Lironne und ich weiter auf dem Aschepfad entlang. Plötzlich sah ich drei Schattengestalten auf uns zu kommen. Ich machte mich kampfbereit.
Aber es waren keine Dämonen, dies hätte ich gefühlt. Es waren drei geborene Krieger. Sie hatten überall Schnittwunden und einer Blutete aus seiner Brust. Ein Wunder das sie überlebt hatten. Schnell lief ich zu ihnen und stützte den lebensgefährlich verletzten Krieger.
„Prinzessin…“, flüsterten sie alle gleichzeitig.
Ich nickte zaghaft. „Ich bin hier“, murmelte ich und legte den Krieger auf den verbrannten Rasen. Eine kleine Windböe blies die Asche in die Luft. Ich hielt öfters meinen Atem an.
Ich ging zu Lironne und nahm das eingepackte Verbandszeug aus der Satteltasche und verarztete den Krieger so gut es eben ging. Schnell riss ich das Hemd auf und starrte auf die riesige Wunde in seiner Brust. Es schnürte komplett meinen Hals zu. Er hatte eine tiefe Schnittwunde, die sich bis zum Bauchnabel emporzog. Er keuchte laut auf.
Ich biss meine Zähne zusammen und verband den Krieger vorsichtig.
„Was ist hier passiert?“, fragte ich, währenddessen ich den armen Krieger verarzte.
Es war offensichtlich, dass wir alles verloren hatten.
„Wir haben die Schlacht gewonnen. Es gibt keine freilebenden Dämonen mehr. Aber es war wirklich knapp, hätte sich der König…“
Ich schaute schockiert auf. „Was ist mit meinem Vater?“ Die Wunde pochte unter meinen Händen.
„Er… hat es nicht geschafft, Prinzessin.“
Ich schluckte und meine ganze Welt, was davon noch übrig geblieben war, zerbrach komplett.
Meine Augen strahlten vollkommene leere aus und ich unterdrückte die schmerzhaften Tränen.
Ich wollte nicht vor den Kriegern weinen, das würde ihnen nur unnötige Schwäche mitteilen.
Von innen heraus leiden, war einfacher.
Ich hob den verletzen Krieger auf Lironne und zog sie mit mir.
„Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir gehen jetzt zurück zu Tasmalin“, sagte ich ausdruckslos.
Einer der Krieger schüttelte den Kopf. „Das könnt Ihr nicht tun. Tasmalin wurde komplett zerstört, es gibt dort keine Überlebenden. Ihr werdet euch dort nicht einmal zu recht finden können.“
Ich kniff wütend meine Augen zusammen, um mich zu beruhigen. Mit geschlossenen Augen fragte ich die Krieger:„Gibt es sonst irgendwelche Überlebenden in der Gegend?“
Der Verletzte stöhnte auf. „Wir haben bisher noch keine gesichtet, Prinzessin.“
Leicht öffnete ich meine Augen und nickte. „Wir gehen zum Wald Kelioths. Dort werde ich Euch verarzten“, sagte ich dem Krieger der auf Lironne lag.
Zusammen zogen wir durch die mit Asche bedeckten Felder und Pfade. Es vergingen gefühlte Stunden, bis wir den Wald sehen konnten. Was mich äußert überraschte, hier war nichts passiert.
Der Wald erstrahlte immer noch in seiner vollkommenen Schönheit. Ich seufzte erleichtert auf und ging einen Schritt schneller.
Es roch himmlisch nach Bäumen und Blumen die dort wuchsen. Ich schnupperte vorsichtig und roch keine von Asche erdrückte Luft mehr.
Zusammen gingen wir in den Wald hinein und ich fühlte mich sofort wieder zu Hause. Die Krieger hinter mir waren äußerst still geworden, sie gingen einfach nur hinter mir her.
Wir erreichten eine kleine Lichtung und ich lies Lironne auf der Wiese grasen. Sie schnaufte begeistert. Den verletzten Krieger hob ich vorsichtig von ihr runter und legte ihn auf einen breiten Baumstamm. Er keuchte erneut auf.
„Verratet mir Euren Namen, Krieger“, sagte ich leise.
„Anthony Parkest, Prinzessin“, murmelte er schmerzverzerrt.
Ich nickte und holte neues Verbandszeug aus Lironnes Satteltasche. Die beiden anderen Krieger legten sich aufs Gras und schlossen ihre Augen. Ich konnte es ihnen nicht verdenken, da ich auch schon sehr ermüdet war. Doch an Schlaf war im Moment nicht zu denken.
Ich wusste nicht einmal, ob ich überhaupt schlafen konnte. Ich seufzte leise und ging mit leisen Schritten zurück zu Anthony. Er war noch sehr jung, das konnte ich an seinen feinen Gesichtszügen erkennen. Seine schokobraunen Haare gingen ihm bis zum Kinn. Sie waren etwas verwuschelt und flogen im Wind. Er hatte die Augen geschlossen und atmete schwer.
Als ich ihm sanft den verband entzog, zuckte er etwas zusammen. Leicht öffnete er die Augen und sah mich an. Er hatte ähnliche Augen wie ich, nur etwas dunkler vielleicht. Wunderschöne, blaue Augen. Ich lächelte ihn zaghaft an und verband ihn neu.
„Wo habt Ihr so etwas gelernt, Prinzessin?“, fragte er mich ruhig. Doch seine Ruhe täuschte, da er sehr schwer atmete und sich zusammenriss.
„In der Menschenwelt, von Zaffron“, murmelte ich und setzte mich neben ihn auf dem Baumstamm.
„Wie war es dort“, fragte er mich neugierig. Ich senkte meinen Kopf. „Völlig anders als hier. Es gibt kaum Wälder, kaum Grünes in diesem Land. Und trotzdem habe ich gefallen an diesem Leben gefunden. Sie sind so viel weiter als wir.“ Ich lächelte leicht.
„Wo sind Julien und Zaffron?“ fragte er weiter.
Ich seufzte leicht und sah Anthony wieder an. Er schielte zu mir herüber. „Ich weiß es nicht genau, da ich einfach gegangen bin, ohne ihnen etwas mitzuteilen. Ich hatte nur einen Brief an Zaffron hinterlassen. Aber ich glaube, sie sind immer noch in der Menschenwelt.“
„Achso“, murmelte er etwas verlegen, da er mir so viele Fragen stellte.
Langsam stand ich von dem Baumstamm auf und holte eine Decke von Lironnes Satteltasche hervor, die ich zuvor noch eingepackt hatte. Zügig ging ich auf Anthony zu, der mich mit großen Augen ansah. Ich deckte ihn vorsichtig zu und streichelte seine Wange.
„Schlaft Anthony. Ihr braucht viel Ruhe.“ Die anderen Krieger waren schon im Reich der Träume.
Anthony nickte leicht und schloss seine Augen. Ich seufzte und setzte mich auf den frischen Rasenboden. Mit dem Rücken lehnte ich an den umgeknickten Baumstamm, auf dem Anthony lag und schlummerte.
Die Minuten zogen ins Land und ich starrte auf den Rasen, der sich leicht unter dem Wind beugte.
Wie würde es jetzt weitergehen? Es gibt keinen rechtmäßigen Thronerben. Sollte ich jetzt das Amt übernehmen?
Ich runzelte die Stirn. Konnte ich das tun?
Ich schloss sanft meine Augen. Ich wusste es nicht. Aber ich musste es tun, für unser Land.
Aber wie sollte mir dies gelingen, da es anscheinend keine Bürger mehr gab?
Leise schürte ich die Schwerter von meinem Rücken ab und legte sie neben mich. Ich schlang meine Arme um meine Beine und legte den Kopf auf meine Knie.
Ich war kein Kind mehr, ich konnte das. Zuerst mussten wir nach Überlebenden suchen und dann müssten wir Dagon ausfindig machen.
Hatte er Überlebt? Meine Zweifel stiegen ins unermessliche.
Nur die Zeit konnte über mein Schicksal entscheiden.
Ei Seufzten entrang aus meiner Kehle und ich schaute wieder auf. Der Wind blies mir die Haare über meine Schulter.
Es war recht kühl, da der Herbst schon längst angebrochen war.
Im Himmel waren kaum Sterne zu erkennen. Was war nur aus unserer Welt geworden? Wie konnte es sich nur nach so kurzer Zeit verändern?
Ich würde nie eine Antwort bekommen. Ich seufzte und schloss erneut meine Augen. Mein Kopf glitt auf den Baumstamm und ich schlief nach kürzester Zeit, mit den Gedanken bei Dagon, ein.


Nach nur ein paar kurzen Stunden war ich wieder wach geworden. Ich hatte einen Traumlosen Schlaf bekommen, ganz, wie ich gewollt hatte. Ich wollte nicht mehr träumen, da es keine Träume für mich mehr gab. Nur noch ein Zeil, das vor mir lag.
Ich stieß mich leicht vom Boden ab und ging zu Lironne rüber, die leise schnaufte, als sie sah, dass ich wach geworden war.
„Ruhig“, flüsterte ich ihr zu und strich ihr über den Hals. Sie wippte mit dem Kopf hin und her und ich musste leicht grinsen. Sie brachte mich trotz allem immer zum Lächeln.
Ich beschloss, die anderen Krieger zu wecken. Doch dies musste ich nicht mehr tun, da sie sich leise reckten und zu mir sahen. Sie standen langsam auf und ich betrachtete sie. Der kleine, rechtsstehende hatte blondes wirres Haar und grüne Augen. Seine kleine Nase passte perfekt zu einem Aussehen. Der größere hatte längere, dunkelbraune Haare und sie zu einem kleinen Zopf zusammengebunden. Es fielen ihm ein paar Strähnen ins Gesicht. Seine schokoladenbraunen Augen fixierten mich. Er sah älter aus, sogar älter, als ich.
In ihren Augen schimmerte die längst verloren geglaubte Hoffnung.
Gab es Hoffnung? Konnte ich etwas ausrichten? Fragen über Fragen die nur die Zukunft beantworten konnte.
„Sagt mir eure Namen“, flüsterte ich bestimmt, um Anthony nicht zu wecken.
Der kleinere Blonde lächelte zaghaft. „Mein Name ist Vincent und das“, er zeigte auf den größeren neben ihm, „ist Raoul.“
Ich nickte. Doch plötzlich ertönte ein keuchendes Geräusch und Anthony setzte sich auf. Sein Blick war auf mich geheftet.
Schnell ging ich zu ihm herüber und kniete mich neben ihn, auf den Baumstamm. Zaghaft strich ich seine wirren Haare aus dem Gesicht. Er hatte etwas erhöhte Temperatur.
„Wie geht es Euch?“, fragte ich.
Er runzelte die Stirn und strich über meine Hand, die immer noch auf seiner Stirn verweilte.
„Es…“ erstotterte etwas, „geht mir besser.“ Hörte er sich verwundert an?
Ich kicherte leise. „Ein Glück.“
Ich entzog ihm sanft meine Hand und half ihm beim Aufstehen. „Geht es?“, fragte ich, als er etwas das Gleichgewicht verlor. Anthony nickte benommen. Er war um einiges Größer als ich.
Ich seufzte in Gedanken.
„Ihr könnt mich Duzen, Prinzessin“, sagte er verlegen und senkte den Blick.
„Na gut. Ich heiße Safrina“, sagte ich locker.
Er blickte zu mir hinab und ich lächelte leicht. „Wenn ich dich Duze, kannst du das auch bei mir tun.“
Anthony seufzte leicht und sein süßer Duft streifte mein Gesicht. „In Ordnung.“ Ein kleines Lächeln glitt über seinen Mundwinkel. Ich ging zusammen mit ihm zu Raoul und Vincent.
„Wir werden jetzt aufbrechen, um weitere Überlebende ausfindig zu machen. Es ist wichtig, dass wir so viele wie nur möglich finden.“ Die Krieger nickten alle gleichzeitig.
Ich pfiff und Lironne schnaufte glücklich und gallopierte zu uns herüber. Ihr weißes Fell glänzte leicht in der Sonne.
„Setz dich auf Lironne, ich werde euch führen.“
Anthony schmunzelte leicht, gehorchte dann aber. Langsam stieg er auf ihren starken Rücken und ich nahm die Zügel in die Hand. Zusammen marschierten wir aus dem Wald Kelioth und gingen über nicht so sehr zu Schaden gekommene Felder.
Der Wind blies unaufhörlich mir die Haare aus dem Gesicht. Es tat gut, zu laufen.
Wir kamen an einem kleinen Dorf an, dass total verwüstet wurde. Es gab auch hier keine Überlebenden. Ich atmete schwer die verweste Luft ein. Fliegen sammelten sich auf den Kadavern.
Ich schaute starr gerade aus.
Nach gefühlten Stunden stießen wir auf eine kleine Gruppe Überlebender Auralia, die planlos umherzogen. Als wir über den Hügel auf sie zu kamen, schauten sie uns zuerst verwirrt an.
Es waren mehr als nur ein paar. Viele Kinder waren unter ihnen.
Sie machten große Augen, als sie mich erblickten. Sofort erkannten sie, wer ich war. Meine Aura und das Licht in mir, verrieten mich.
„Prinzessin!“, riefen sie.
Eine Mutter mit ihrem Baby auf dem Arm kam über die Wiese gelaufen. Die Tränen der Trauer flossen über ihre erröteten Wangen. „Ihr habt überlebt“, sagte sie erleichtert und blickte auf ihr Baby das anfing zu weinen. Sie wog es zärtlich hin und her.
Ich seufzte erleichtert auf. Ich hätte nicht geglaubt, dass es Überlebende gab.
„Wie lange reist ihr schon durch das Land?“, fragte ich ruhig.
Sie schaute mich schmerzverzerrt an. „Schon über einen Monat, Prinzessin.“ Ich schluckte laut.
Die anderen kamen auf uns zu gelaufen und in ihren Augen strahlte die längst verlorene Hoffnung.
Ich seufzte schwer in Gedanken. Natürlich konnte ich ihnen nicht verdenken, dass sie glaubten, ich würde sie retten. Würde ihnen den Schmerz nehmen, der sie plagte.
Dieser Gedanke ließ mich schmunzeln. Was wäre, wenn ich das Leid von ihnen nehmen konnte?
Wenn ich jeden einzelnen Schmerz auf mich laden konnte, damit sie überlebten und unsere Stadt wieder aufbauen konnten?
Ich würde sie retten können. Nur wie?
Ich ließ den Gedanken im Hinterkopf und machte mich mit der Gruppe Auralia auf, um einen sicheren Ort für uns zu suchen.
Es war ein Tagesmarsch nach Kereth, einer Stadt der Dämonen. Würde der Pakt noch gelten, auch wenn mein Vater gestorben ist? Ich würde es herausfinden.
Meine Füße schmerzten mehr, mit jedem Schritt, den ich machte. Würde Dagon die Auralia bei sich aufnehmen? Um mich machte ich mir keine Gedanken, da ich nicht vorhatte, dort zu verweilen.
Langsam wurde es nachts und wir rasteten in der Nähe eines kleinen Waldes. Dort war die Luft weniger verdreckt, als auf den Feldern.
Anthony gesellte sich zu mir. Zusammen saßen wir an einem Lagerfeuer und sahen einander an. Seine Augen glühten regelrecht im Feuer.
Doch plötzlich stellte er mir die wohl schwierigste Frage, die ich niemals erwartet hätte.
„Was wird aus dir, nachdem dein Vater gestorben ist?“
Ich senkte meinen Blick und sah ins brodelnde Feuer. Es war wild und frei. Nur Luft brauchte das Feuer zum überleben. Ich seufzte.
„Ich weiß es nicht“, murmelte ich.
„Ich aber“, sagte er lauter. Ich schaute ihn verblüfft an.
„Wirst du das Amt der Königin übernehmen? Ohne einen König oder einer Königin können wir nicht überleben, das weißt du.“
Ich schaute ihn mit großen Augen an. Er lächelte mich leicht verlegen an.
Ja, ich hatte diese Frage verdrängt. So lange damit gewartet, bis jemand sie mir stellte. Könnte ich einfach so das Amt meines Vaters übernehmen? Ich schluckte laut und sah in Anthonys hoffnungsvollen Augen. Ich müsste es tun, für mein Volk.
Für meinen verstorbenen Vater.
Langsam nickte ich. „Wenn es das restliche Volk so will, dann willige ich ein.“
Anthony stand leichtfüßig auf und zog mich hinterher. Die anderen schauten uns verblüfft an.
Ich trat nach vorne und sie sammelten sich in einem Halbkreis um mich und Anthony.
„Prinzessin?“, fragte ein kleines Mädchen in der ersten Reihe und sah mich fragend an. Ihre blonden, lockigen Haare gingen ihr bis zu Taille. Sie ging mir höchstens bis zur Hüfte. Sie sah aus wie ein kleiner Engel.
Ich seufzte leicht und blickte in jedes Gesicht. Sie sahen mich ruhig an und warteten auf meine Worte.
„Ich, die Prinzessin von Osmalien, werde das Amt meines Vaters, König Johann übernehmen. Durch seinen verfrühten Tod, gab es keinen Thronerben mehr und damit werde ich als seine Nachfolgerin antreten.“
Es herrschte bedrückende Stille. Der Wind wehte durch das Feld und blies mir die Haare ins Gesicht. Plötzlich kam das kleine Mädchen auf mich zu und umarmte mich.
„Ich bin dafür!“, rief sie glücklich und die anderen stimmten lachend mit ein.
Ich sah sie verwundert an. Dann trat ein älterer Mann hervor, ich schätzte ihn um die dreißig Menschenjahre.
Er legte mir seine Hand auf meine Schulter und die andere auf das kleine Mädchen. Es schien seine Tochter zu sein.
„Hiermit ist Einstimmig beschlossen worden, dass Ihr, die Prinzessin von Osmalien, die neue Königin werdet.“ Er sprach voller Freude und gleichzeitig ruhig. Die anderen jubelten und die Kinder umkreisten mich und den älteren Mann.
Ich lächelte leicht.
„Königin von Osmalien!“, riefen sie mir zu und ich verbeugte mich leicht. Vorsichtig schaute ich in das Gesicht von Anthony, der mich bewundernd ansah.
Der ältere Mann räusperte sich. „Wir haben leider keine Krone, die Euch als Königin von Osmalien kennzeichnen würde. Aber Ihr habt unser Wissen und die stärke des Volkes.“
Ich nickte. „Mehr verlange ich gar nicht. Ich brauche keine Krone, die mich ziert.“
Er lachte leise und verbeugte sich dann vor mir. Das kleine Mädchen drückte mich abermals und verschwand, mit den anderen Kindern, in der fröhlichen Gruppe.
Ich seufzte leise und schaute abermals in Anthonys Gesicht. Er drückte mir vertraut mit seiner Hand auf meine Schulter.
Plötzlich durchfuhr mich eine vollkommene Hitze. Sie umfing meine rechte Schulter und breitete sich über meinen Rücken aus. Ich keuchte auf und sah hilfesuchend zu Anthony, der mich geschockt ansah. Er entzog mir schnell seine Hand und schlang seinen Arm um meine Taille.
Mit der anderen riss er mir vorsichtig das Oberteil auf. Er keuchte auf.
„W-was ist los?“, stotterte ich. Die Hitze umfing meine rechte Rückenhälfte und zog sich weiter herunter. Ich stöhnte schmerzhaft auf.
„Dein Mal“, sagte er verblüfft und faste vorsichtig mit seiner Hand über die von Hitze überflutete Stelle. Ich schielte zu ihm hin. Er starrte gebannt auf meinen Rücken.
Plötzlich kehrte Stille ein. Die Hitze verschwand etwas und in mir breitete sich ein vollkommen neues Gefühl aus. Stärke, unübertreffliche Stärke.
Ich beugte wieder meinen Rücken und atmete tief durch. Ich drehte meinen Kopf etwas nach hinten, um meinen Rücken zu betrachten. Die Hitze war verschwunden und hinterließ ein riesiges Mal auf meiner rechten Rückenhälfte. Meine Augen weiteten sich.
Das Mal hatte sich vollkommen verändert. Nun war ein größerer Drache auf meinem Rücken ausgebreitet und rote Linien schnörkelten sich um ihn herum. Er schlängelt sich bis zu meiner rechten Schulter empor.
„Wie kann das sein?“, fragte ich erstaunt und sah wieder zu Anthony. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass die anderen einen Halbkreis um uns gebildet hatten. Sie alle starrten auf meinen Rücken.
„I-Ich weiß e-es ni-icht“, stotterte er und berührte abermals mein neues Mal.
Ich schluckte laut.
Der ältere Mann kam wieder auf mich zu und schaute mich ernst an. „Es gab bisher noch nie eine Königin und schon gar keine, die eine geborene Kriegerin war. Es könnte sein, dass Ihr dadurch an Stärke erlangt und das Mal sich vergrößert hat.“
Ich nickte etwas benommen. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn und ich wischte sie weg.
Dabei atmete ich schwer und tief ein. Konnte ich jetzt all das Leid auf mich nehmen, ohne zu sterben? Konnte ich meinem Volk die Welt zurückgeben, so wie sie einst war?
Verzweifelt suchte ich nach Antworten. Ich müsste es versuchen.
„Lasst uns zu dem Dämonenkönig gehen“, sagte ich bestimmt und der ältere Mann verbeugte sich vor mir. Anthony sah mich forschend an. Ich zog meine Auenbrauen hoch. „Was ist?“, fragte ich nervös.
„Du willst so“, er zeigte auf mein Oberteil, „zu dem Dämonenkönig gehen?“
Ich schmunzelte leicht. Das hatte ich völlig vergessen.
Eine der Frauen gab mir ein rückenfreies Oberteil mit Spagettiträgern. Ich seufzte leicht. Sollte jeder auf meinen Rücken starren? Ich nahm es trotzdem dankend an und zog mich um.
Zusammen zogen wir weiter und machten keine Pausen mehr zwischendurch, da wir schnell voran kommen wollten.
Ich ging mit Anthony, der auf Lironne ritt, voraus und wir erreichten die Stadt Kereth schon nach wenigen Stunden. Die Luft war klar und tat gut in meinen Lungen. Die Stadt hatte keinerlei Schaden genommen, die Kadaver wurden rechtzeitig weggebracht. Ich sah einen brennenden Scheiterhaufen in der Nähe.
Ich zog meine Augenbrauen zusammen. Wie kam es, dass sie verschont blieben?
Doch dann blitzte ein Gedanke wieder auf. Sie hatten zuerst unsere Stadt überrannt, anders konnte es nicht gewesen sein.
Dadurch waren viele gefallen, auch von den freilebenden Dämonen und Dagon hatte wahrscheinlich eingegriffen. Dagon… ich ließ meine Gedanken zu sehr abschweifen. Ich würde nicht schwach ihm gegenübertreten.
Ich war die neue Königin von Osmalien, die Thronerbin. Ich war jetzt für mein Volk zuständig.
Die Wächter am Tor machten große Augen. Es waren nicht die üblichen schwarzen Ritter die vor den Toren standen. Es waren einfache, blasse Männer. Ein Schauder lief über meinen Rücken. Vampire. Ich stöhnte innerlich auf. Wann hatte ich endlich genug von diesen Wesen?
Sie bemerkten meine ungeheure Kraft und zuckten leicht zusammen. Ich sah sie fies an und ging einfach an ihnen vorbei. Sie ließen uns passieren.
Die Vampire am Eingang machten mir die Tür auf und ich ging mit Anthony und den beiden Kriegern, Vincent und Raoul, als Erstes rein. Das Volk sollte draußen bleiben, da ich erstmal einiges regeln musste. Innerlich war ich unheimlich nervös. Hatte sich Dagon verändert?
Ich schüttelte kaum merklich meinen Kopf.
Nein! Ich würde stark bleiben, egal was aus ihm geworden war.
Wir gingen durch die endlos langen Gänge und erreichten endlich den dunklen Thronsaal.
Und dann sah ich ihn, wie er mich mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Anthony legte seine starke Hand beschützend auf meine rechte Schulter. Ich sah Dagon ausdruckslos an und ging königlich zu seinem Thron. Anthony ließ mich gehen. Dabei ließ ich ihn keinen Moment aus meinen Augen.
Und wie er sich verändert hatte!
Mein Herz verkrampfte sich schmerzhaft, weil es zu ihm wollte. Ich stöhnte innerlich schmerzhaft auf. Reiß dich zusammen, Safrina!
Seine schwarzen, wirren Haare umspielten sein männliches Gesicht. Er war reifer geworden, um einiges. Seine eiskalten Augen waren weit aufgerissen und auf mich fixiert. Er trug einen lässigen Anzug und beugte sich etwas weiter nach vorne. Traute er etwa seinen Augen nicht?
Dagon blinzelte benommen und rieb sich besorgt die Stirn. Was war los mit ihm?
Meine Miene blieb unverändert und ausdruckslos.
Langsam erhob er sich aus seinem Thron und sah mich unverwandt an. „Safrina?“, fragte er. Seine Stimme! Reif und männlich und doch so zuckersüß wie Honig.
Ich genoss es, seine Stimme zu hören und hasste mich dafür. Ich nickte leicht auf seine Antwort.
„Ja Dagon, Dämonenkönig von Kereth.“
Er blinzelte abermals und kam auf mich zu, ich wich einen Schritt zurück. Wenn ich in seine Nähe kam, war es um mich geschehen.
„Seid Ihr es wirklich?“, er schmunzelte etwas und sah auf mich herab. Ich nickte wieder.
„Ihr habt Euch verändert“, murmelte er leise und sah mich eindringlich an, dabei entging ihm mein Mal nicht. Schreckhaft drehte er mich um und starrte auf meinen Rücken. Ich seufzte leise und ließ meinen Kopf hängen. Ich wusste was ihm jetzt durch den Kopf ging.
War ich dadurch so entstellt?
„Was ist das?“, fragte er erschrocken und mit erstickter Stimme. Er wusste ja noch gar nicht, dass ich eine geborene Kriegerin war.
Ich schüttelte seine Hände ab und drehte mich wieder zu ihm um. Dagon musterte mich besorgt und doch ernst. Seine Augen waren so wunderschön, ich konnte in ihnen versinken.
„Habt Ihr schon mal von der alten Sage der geborenen Krieger gehört?“, fragte ich ausdruckslos. Meine Stimme, sowie meine Augen, waren vollkommen leer.
Er nickte leicht, dabei fielen ihm einige wirre Strähnen in sein Gesicht. „Ja“, hauchte er. „Was hat das mit Euch zu tun?“
Ich schluckte laut und sah ihn eindringlich an. „Es stimmt, was man sich erzählt. Manche Auralia wurden geboren, um zu kämpfen. Wir tragen ein einzigartiges Mal eines Feuerdrachens. Es kennzeichnet uns und wir müssen diese Aufgabe mit voller Hingabe erfüllen.“
Dagon sah mich mit weit aufgerissenen Augen an und legte erneut seine kalten Hände auf meine Schultern. „Sagt, dass dies nicht wahr ist!“, rief er aufgebracht und schüttelte mich leicht.
Ich fauchte und sprang einen Meter weiter entfernt von ihm.
Vincent, Raoul und Anthony traten sofort an meine Seite. „Was sollen wir nun tun, Königin?“, fragte Anthony leise in mein Ohr. Dagons Blick heftete sich auf Anthony. „Wie habt Ihr gerade Safrina genannt?“, fragte er hämisch.
Ich seufzte. „Ich habe das Amt meines Vaters übernommen, da er viel zu früh von uns gegangen ist und keinen männlichen Thronerben hinterlassen hat. Ich bin nun die Königin von Osmalien.“ Meine Stimme hatte sich gefestigt und ich sah ihn ernst an.
„K-Königin?“, fragte er ungläubig. Keiner antwortete.
Stille brach über uns herein. Ich ließ meiner ganzen Kraft, die tief in mir schlummerte, freien Lauf.
Dagon zuckte leicht zusammen und fixierte mich mit seinen wunderschönen Augen.
Ich räusperte mich. „Ich bin hier, um Euch König Dagon, zu bitten, meinem Volk Unterschlupf zu gewähren.“
Ich sah zu Anthony, der mich zuckersüß anlächelte.
Dagons männliche Stimme erklang im Raum. „Nun gut, ich willige ein. Meine Angestellten werden Euer Volk in freie Häuser unterbringen. Ihr und Eure Krieger könnt hier im Schloss verweilen.“
Mein Blick huschte zu Dagon der wieder auf seinem Thron saß. Ich nickte dankend und verließ schnell den Saal. Ohne ihn ein weiteres mal anzusehen. Eine Träne huschte über meine Wangen.
Anthony, Raoul und Vincent folgten mir schweigend.
Die schwarzen Ritter, vor denen ich anfangs angst gehabt hatte, sahen jetzt verweichlichter aus. Sie brachten uns in unsere Gemächer. Meins war wieder genau dasselbe, wie bei meinem letzten Besuch. Der kleine Raum war genug für mich. Ich seufzte leise und setzte mich aufs Bett. Langsam schloss ich meine Auge und fing an meinen Plan zu Ende zu denken. Sanft lehnte ich mich an die Wand und streckte meine Beine auf dem Bett aus.
Ich wollte Osmalien wieder neu aufbauen, aber dazu musste ich mir eingestehen, all das Leid von meinem Volk zu nehmen. Sie hatten alle mit angesehen, was passiert war. Wie ihre Geliebten gestorben, brutal auseinander gerissen oder zerfleischt wurden.
Konnte ich zulassen, dass mein Volk darunter litt? Die Antwort lautete nein.
Ich kniff meine Augen stärker zusammen und schlang die Arme um meinen Oberkörper.
Wie sollte ich das nur anstellen? Wie konnte ich alle befreien und ihre Freiheit zurückgeben, die sie einst besaßen?
Ich stöhnte genervt auf und setzte mich gerade auf das Bett. Dann schoss es mir durch den Kopf. Wie ein Blitz schlug es in mein Gedächtnis ein.
Meine Mutter hatte sich selbst geopfert, ihr Licht den Dämonen gegeben. Konnte ich dies auch tun? Meine Kraft und das Licht in mir waren um einiges stärker.
Ich biss mir auf meine Unterlippe. Aber konnte ich den Stein des ewigen Lichts dazu benutzen, um mein Land zu retten? Mir blieb nichts mehr, als der Versuch.
Ich musste all meine Kraft entfesseln und sie frei lassen, damit ich all das leid auf mich nehmen konnte. Die Kette von meiner Mutter leuchtete hell auf und ich umfasste sie. Meine Mutter würde mir beistehen, in meinen letzten Stunden hier auf Osmalien.
Ich stieß mich entschlossen vom Bett ab und suchte nach einem Blatt Papier. Ich würde Dagon einen letzten Brief schreiben, wollte ihm sagen, was ich wirklich fühlte.
Egal ob er es nun hören wollte, oder nicht. Ich wollte endlich meine wahren Gefühle preis geben.
Nach einigen Minuten, fand ich, wonach ich gesucht hatte. Einer Feder und einem größeren Blatt Papier. Ich setzte mich an dem Schreibtisch und machte eine Kerze an.
Lange musste ich nicht überlegen, da schrieb ich schon die ersten Zeilen auf das raue Papier.
Ich erzählte von meiner langjährigen Reise durch das Land, was ich kennen gelernt hatte, wie Julien sich des Öfteren daneben benahm. Ich beschrieb genau, wie ich ihn das erste Mal gesehen hatte, wie er auf mich gewirkt hatte. Seinen wohlriechenden Duft, der mir jedes Mal einen Schauder über den Rücken laufen ließ.
Dann kam ich an dem Punkt, unserer Trennung. Wir waren ein halbes Jahr getrennt gewesen. Durch den Befehl meines Vaters, musste ich in die Menschenwelt reisen. Ich schrieb alles haarklein und genau auf, ich ließ kein Detail aus. Sogar Lucan und Michelle erwähnte ich. Wie sauer ich auf Julien gewesen war, dass er uns verraten hatte und das ich ihm niemals sagen konnte, dass ich ihm verziehen hatte. Darum bat ich Dagon darum, ihm diese Nachricht auszurichten.
Eine kleine, schmerzhafte Träne verlies meinen kalten Augen und ich schluckte laut.
Dann faltete ich sorgfältig das Blatt und schob dieses in einen dunklen Umschlag. Ich schob den Stuhl beiseite und stand leise auf. Schmerzhaft nahm ich meine Schwerter mit. Ich wusste, dass ich sie hier lassen musste.
Dann trat ich vor die Tür und sah mich um. Die schwarzen Ritter waren nirgends zu sehen.
Ich ging zügig durch die Gänge und endlos langen Flure, bis ich endlich am Ausgang ankam. Behutsam legte ich die blau schimmernden Schwerter neben die Tür und strich nochmals besorgt über sie. Mögen sie dem Nächsten erfolgreich dienen, so wie sie es bei mir getan hatten. Ich wendete meinen Blick ab und drückte leise die Tür auf.
Eiskalte Nachtluft umfing mich.
Ich blinzelte einmal und sah vier schwarzen Rittern in die Augen. Ich ging zu dem Ersten und drückte ihm den Umschlag in die Hand.
„Sagt eurem König bitte, dass es mir Leid tut und übergebt ihm dies.“ Meine Stimme war äußerst kalt und abweisend. Sogar ich zuckte kaum merklich zusammen, als ich sie vernahm.
Der Ritter nickte und verbeugte sich kurz vor mir und ließ mich passieren.
Ich sah in den Himmel und entdeckte wieder kleine Sterne, die manchmal kurz aufblitzten.
Dann nahm ich meinen weiten Weg auf, meinem einzigen Ziel. Mein Land Osmalien wiederzubeleben. Sie sollte wieder von ihrer ganzen Pracht erstrahlen. Das schwor ich mir, auch wenn ich dafür mit dem Tod bezahlen musste.


Erinnerungen



Die Nacht hing noch tief in der Luft. Sterne und sieben Monde erhellten die Dunkelheit. Ich hatte mein letztes Ziel vor Augen. Mein Leben, für das der Anderen. Innerlich wagte ich zu hoffen, dass es selbst für mich noch Rettung gab.
Aber dies war nur ein kleiner Hoffnungsschimmer in der unendlichen Finsternis.
Ich seufzte, als ich schon mehrere Stunden unterwegs war. Es war ein ganzer Tagesmarsch nach Tasmalin, oder eher zu meiner verlorenen Stadt.
Die Sonne stand schon hoch am Himmel und kitzelte mir auf meiner cremefarbenen Haut.
Ich genoss meine letzten Stunden, die ich hier noch verbringen durfte. Meiner Heimat.
Ich ging extra nicht auf die mit Asche bedeckten Pfade. Wenn ich dies täte, hätten mich Dagons Ritter sofort wieder zurückgeholt. Wenn er mich denn suchte, was ich stark bezweifelte.
Die Wälder hier hatten nicht so viel Schaden genommen und dennoch war alles Leben von ihnen gewichen. Die Natur war nicht mehr dieselbe, wie alles, was hier noch stand.
Meine Gedanken schweiften wieder zu Dagon. Wenn auch widerwillig, dachte ich an sein Gesicht. Wie er mich angesehen hatte. Niemals würde er ganz von mir weichen. Seine Nähe hatte mich, bis auf den letzten Tropfen Blut in mir, vollkommen verändert.
Auch wenn ich es nicht gerne zugab. Wieder seufzte ich theatralisch auf.
Mein Herz war nun bei ihm und würde auch für immer seinen Platz dort haben. In mir keimte sich langsam die Hoffnung auf und ließ mich erschaudern.
Ich erinnerte mich schlagartig an unsere Begegnung auf dem Feld. Es war so magisch, dass man hätte meinen können, es wäre nur ein alberner Traum von mir gewesen.
Doch es war die Wirklichkeit.

Ich konnte mich noch genau an jede Einzelheit des Weizenfeldes erinnern, so als wäre ich wieder genau dort gewesen. Der Duft drang in meine Nase und ich atmete erleichtert ein. Plötzlich sprach seine sanfte Stimme wieder zu mir und ließ mich aufhorchen.


„Ich bin Euch gefolgt, Safrina. Ihr seid etwas ganz Besonderes und das weiß Eurer Vater ganz genau.“ Dagon machte eine kurze Pause und trat erneut einen Schritt zu mir.
„Ihr habt etwas Einzigartiges an Euch, etwas was ich unbedingt von Euch haben will.“



„Eurer Herz“, murmelte er. „Eure Seele, so viel Licht. Jeder Dämon strebt nach Erlösung, nach dem Licht, das Ihr in Euch tragt.“



Ich hörte seine Stimme deutlich und klar, als stünde er in diesem Moment genau vor mir.

„Warum wehrt Ihr euch so dagegen? Irgendwann gehört Ihr zu mir.“
„Ich spüre es. Dieses Licht, Eurer Herz ruft nach mir und ich entsage mich diesen Rufen nicht.“



Und doch lag der Widerspruch in seinen Worten. Er hatte sich ihnen entsagt und mich ziehen lassen. Dagon hatte mich einfach gehen lassen, allein und einsam.
Aber dennoch hatte Dagon seine Gefühle zu mir ausgedrückt. Und was hatte ich getan?
Ich schüttelte angewidert den Kopf.
Ich hatte Angst

gehabt zu sagen, was ich wirklich fühlte, dass ich ihn brauchte. Langsam schloss ich meine schweren Augen und setzte mich auf den verbrannten Rasen.
Es roch immer noch schwer nach Verbranntem und Asche. Ich kräuselte meine Nase und sah in den Himmel. Die Sonne kam kaum durch die dicken, etwas verbrannten, Blätter hindurch. Unsere Bäume waren ganz anders, als die in der Menschenwelt.
Sie waren sehr hochgewachsen und strahlten Energie und Kraft aus. Doch durch die Schlacht und die folgende Verwüstung die stattgefunden hatte, war all die Energie von ihnen gewichen. Sogar die Vögel waren verschwunden. All die Tiere, die hier gelebt hatten. Wo waren sie nur hin?
Ich musste nicht lange überlegen. Im Wald Kelioth.
Mein Entschluss stand fest, ich würde nicht noch einmal diesen verheerenden Fehler begehen und mein Volk im Stich lassen, obwohl es mich jetzt am meisten brauchte.
Mein Vater war daran zu Grunde gegangen und ich hasste mich dafür. Schnaufend stand ich auf und klopfte meine Hose ab, die von Asche bedeckt war.
Zügig nahm ich erneut meinen Weg auf. Dagons Wächter konnte ich deutlich spüren. Hatte er mich also doch noch nicht aufgegeben. Ich schüttelte verzweifelt meinen Kopf.

Doch meine Schritte verlangsamten sich wieder, als ich mich erneut in meiner jetzigen Umgebung umsah.
Endlich erreichte ich mein zweites Zeil, der Wald Kelioth.
Er erstrahlte, wie vor der Schlacht, in seiner ganzen Pracht. Die Vögel hörte ich schon von Weitem, die ihre wunderschönen Lieder zwitscherten.
Plötzlich erinnerte ich mich wieder an die Geschichte der vorherigen Prinzessin. Sie war mit ihrem Geliebten, einem Dämon, weggerannt. Hatte alle im Stich gelassen, nur für die Liebe.
Ich hatte diesen Entschluss nicht gefasst. Mein Zeil war immer noch klar vor mir.
Mein Volk alles zurück geben, was sie einst besaßen, vor der Schlacht. Meine Schritte wurden erneut schneller und knirschten leise unter der Asche und verbranntem Rasen.
Als ich auf das Weizenfeld trat, erstarrte ich. Der Geruch von Verwesung kroch in meine Nase und ließ mich erschaudern.
Überall lagen sie, mein ehemaliges Volk. Grausam und brutal ermordet, sogar Dämonen und Pferde lagen hier verstreut. Vertrocknetes Blut klebte an den Halmen. Es war wie in einem Horrorfilm, den die Menschen immer gerne guckten.
Blut, überall Blut und verweste Körper. Ich schluckte und trat einen Schritt nach vorne…
Und bereute ihn sofort.
Ich hatte nicht beachtet, wohin ich getreten war. Ich hörte ein ekliges Knacken unter mir und erstarrte. Meine Augen folgten der Gestalt unter mir. Es war eine Hand, die Hand eines geborenen Kriegers. Schnell trat ich beiseite und meine Augen hefteten sich auf meine verlorene Stadt.
Das war sie einmal gewesen, die schönste und stärkste Stadt im Umkreis von mehreren Kilometern.
Sahen die anderen Städte genau so aus? Ich wollte es gar nicht wissen.
Der Wind blies über das Feld und ich konnte all das Leid spüren, was hier stattgefunden hatte.
Wie hatte mein Vater das nur Jahrhunderte lang aushalten können?
Ich zweifelte stark an eine Rettung, die mich vor meinem sicheren Tode bewahrt hätte. Doch wie ich mir bereits eingestanden hatte, würde dies nie eintreten können. Gedankenverloren huschte ich schnellst möglich über das Feld und trat auf die Pfade.
Kein Ritter Dagons würde sich diesem Territorium auch nur einen Schritt nähern. Ich hatte erreicht, was ich erreichen wollte.
Nun musste ich nur irgendwie in meine Stadt eintreten können. Ich schäumte vor Wut auf, als ich das Ausmaß näher betrachten konnte. Die riesigen Mauern wurden eingerissen, nur Einzelteile standen noch. Das Tor war heruntergekommen und verbrannt. Überall lagen verweste Körper, aufgespießte Köpfe und verbrannte Dämonen. Sie alle hatten nicht überlebt.
Schnellen Schrittes gelang ich in das Stadtinnere. Ich wollte meinen Blick nicht der Umgebung widmen, ich hatte schon zu viel Leid gesehen. Sogar die Flammen waren noch nicht vollständig ausgegangen. Überall brannte es unaufhörlich, wie ein Fluch, der auf mir lastete.
Meine Wunde am Rücken pochte erneut auf, dort, wo mich der vorherige Dämonenkönig einmal berührt hatte. Ich stöhnte vor dem Schmerz auf, riss mich aber zusammen. Mein Volk musste mehr leiden, als ich es jetzt tue.
Schmerzen ignorierend, ging ich über die einst weißen, hohen Treppen zu dem Schloss.
Es war komplett zerstört und heruntergekommen. Entschlossen ging ich weiter und brach das letzte Stück Tür, die mir den Weg versperrte, ab und ging hindurch.
Ich musste auf den höchsten Berg um meine Aufgabe als Königin zu erfüllen. Der Weg dorthin, führte durch einen kleinen Schacht, der in Schloss versteckt war. Ob ich da hingelangen konnte, war eine andere Frage.
Ich rannte durch die endlosen, verwüsteten Gänge und blieb bei meinem Bild stehen, das in der nähe des Thronsaals aufgehängt wurde.
Es war als einziges noch nicht komplett zerstört. Ich schüttelte meinen Kopf und lief weiter. Nach gefühlten, emotionslosen Stunden hatte ich endlich den kleinen Schacht freigeschaufelt und kletterte hindurch. Die Decke hing tief, deswegen musste ich mich ducken um hindurch zu gelangen. Ich tastete mich an den klebrigen Wänden ab. Die Dunkelheit verschlang alles.
Ich wollte gar nicht wissen, was hier alles verstreut lag. Manchmal hörte ich ein klirrendes Knacken, dann ein plätschern und ich hörte leise Stimmen in meinem Kopf. Genau genommen waren es herzzerreißende Schreie.
Ja, ich hörte all die Schreie, die durch die Gänge gehallt sein mussten. Alles spielte sich in meinem Kopf ab und ließ mich des Öfteren zusammenzucken. Die Gänsehaut hinterließ ihren Dauerzustand bei mir.
Als ich endlich ein kleines Licht ausmachen konnte, lief ich schneller, wenn auch duckend, weiter.
Bevor ich den Ausgang erreichen konnte, fiel ich hin. Meine Hände schabten sich an den Steinen auf, die hier überall zerstreut lagen. Ohne ein weiteres, lautes Geräusch stand ich unbeholfen auf und lief weiter.
Ich hatte mich öfters bei meinem Vater über meine Schmerzen geklagt, dass ich sie nicht aushielt. Dabei war mir nie klar gewesen, was er alles mitmachen musste. Aber wie konnte ich es denn auch damals wissen? Er hatte nichts erwähnt und wollte es auch nie.
Ich schluckte heftig, als eine Träne meine Augen verlassen wollte, doch ich zwang sie zurück.
Schnell kletterte ich durch den offenstehenden Schacht und trat auf eine freie Fläche. Genau über der Kirche war hier eine Art Balkon errichtet worden. Früher hatte mich meine Mutter immer hierher mitgenommen.
Doch diese Zeiten waren mehr als vorbei, als sie sich hier opferte. Genau deshalb, stand ich hier. Es war der Anfang und das Ende. Ich zog meine Turnschuhe aus und warf sie mitsamt den Socken ins Gebüsch.
Ohne weitere Gedanken stellte ich mich an den Rand des Platzes und warf einen Blick über die gesamte Umgebung. Die Aussicht war damals wunderschön gewesen und wenn die Sonne geschien hatte, konnte man das Glitzern der Häuser und Dächer sehen. Das Weiß hatte eine ganz andere Bedeutung gehabt.
Langsam schloss ich meine Augen und umschloss mit meinen Händen die Kette meiner Mutter.
Ich fühlte die Hitze, die sich in mir aufstieg. Mein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen.
Der Schmerz kroch sich in meine Adern und ließen mich aufkeuchen. Ich zwang meine Augen sich erneut zu öffnen und sah sie.
Dagons Ritter hatten tatsächlich die Grenze überschritten und kamen auf meine verlorene Stadt zu.
Ich riss meine Augen auf, als ich Dagon sah, wie er mit Julien und Zaffron sich der Stadt näherte.
Sogar Michelle und Lucan waren dabei, was ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte.
Ich stöhnte auf, als die Hitze wieder unkontrolliert durch meinen Körper rann. Ich verlor allmählich meine Beherrschung über mein eigenes Wesen.
Ich zwang meine Augen dazu, offen zu bleiben, doch das erwies sich als äußerst schwer.
Mein Blick streifte Dagon, der mich flehend ansah. Ich schüttelte ganz langsam meinen Kopf und teilte ihm so mit, dass es zu spät war.
Meine Hände glitten zu meinen Schlüsselbeinen, dabei ließ ich die Kette nicht aus meinen Händen.
Ich sah, wie alle gleichzeitig stoppten, als sie auf dem Innenhof angekommen waren. Sie blickten zu mir hoch und konnten sich nicht mehr bewegen. Es war soweit.
Der Wind nahm an stärke an und zog an mir vorbei. Er wehte sanft meine Haare empor.
Ich fühlte nichts mehr.
Kein Glück, keine Liebe, Traurigkeit, Freude, Einsamkeit, Hoffnung, Sicherheit, Freiheit oder Freude. Ich fühlte nur noch Schmerz und all das Leid.
Ich begann mich heftig zu zittern und zu schütteln. Dabei blieben meine Hände standhaft an ihrem Platz. Langsam erhellte sich mein Körper und das Licht fiel auf mich herab. Die Sonne tauchte wieder auf und kitzelte mir auf der Haut.
Mein Blick schweifte über all die bekannten Gesichter, wie sie mich mit weit aufgerissenen Augen anstarrten. Nie würde ich einen von ihnen vergessen. „Dagon… es tut mir leid“, flüsterte ich mit rauer Stimme und ich wusste, dass er es hörte. Der Wind nahm an stärke zu.
Er wirbelte um mich herum, als das Licht an stärke gewann. Doch ich verlor immer mehr. Meine Kette erhob sich von ganz alleine und leuchtete hell auf. Ich blinzelte und starrte sie an. Dabei bewegten sich meine Hände unkontrolliert zu ihr um umschlossen den Stein, ohne ihn wirklich zu berühren. Mein Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln, als ich den kleinen Stein des ewigen Lichtes sah. Er war in mir versiegelt gewesen und somit konnte ich weiterleben.
Doch ohne das Licht von ihm, würde ich sterben müssen. Doch in diesen Moment wünschte ich mir nicht mehr, als den Tod.
Der Stein tauchte sich in ein grelles Licht, man konnte es eher als eine Lichtkugel beschreiben.
Er leuchtete stark auf und tauchte die ganze Landschaft in ein wohlfühlendes Licht, dass den Dämonen nicht einmal schadete.
Die Kette versiegelte sich mit dem Stein und ich riss sie von meinem Hals ab. Ich erhob meine Arme und hielt die Kette mit dem Stein empor.
Die ganze Umgebung wurde in ein sanftes Licht getaucht. Die Felder nahmen wieder an stärke zu, die Tiere kamen aus dem Wald. Sogar die Toten verschwanden allmählich.
Die Wolken verzogen sich und machten platz für die brennende Sonne. Mein Körper zitterte und ich bemerkte, dass die ganze Landschaft leicht bebte.
Ich schaute ein letztes Mal in Dagons Gesicht und lächelte leicht. Mein Blick huschte zu Julien und eine Träne huschte über meine Wangen.
Dann schloss ich meine Augen und flüsterte meine letzten Worte.
„Julien, ich verzeihe dir.“ Meine Stimme war so klar und wunderschön, wie die eines Engels.
Die Stille, die darauf folgte, war unerträglich. Meine Augen blieben geschlossen und ich sackte langsam zu Boden. Ich fiel unsanft auf meine Knie und meine Hände lagen schlaff neben meinem Körper. Die Kette samt dem Stein war aus meiner Hand verschwunden.
Der Schmerz hatte meinen Körper verlassen und ich sackte komplett in mir zusammen. Ich hörte Schreie, verzweifelte Schreie, die mich nicht losließen. Krampfhaft hielt ich mich an meinem Leben fest, wollte meinen Körper nicht verlassen.
Doch ich verließ ihn und blickte herab. Aus mir war eine unsichtbare Gestalt geworden. Traurig blickte ich auf das Mädchen, das unter mir lag. Sie verzog schmerzhaft das Gesicht und dennoch waren ihre Augen zufrieden geschlossen. Ich bemerkte, dass sie nicht alleine war.
Aber die Blicke waren nicht mehr auf das Mädchen gerichtet, sondern auf mich. Sie alle starrten mich an, die Schreie waren verklungen und ich lächelte den Himmel entgegen, streckte meine Hände nach ihm aus. Die Schmerzen hatten meinem Körper endgültig losgelassen und ich flog in meine eigene Welt.
In eine Welt, die ich nie wieder verlassen werde. Meinen Himmel, wo ich meinen Vater und meine verlorene Mutter wiedertreffen würde.

Das Licht verschlang mich und hinterließ einen leblosen Körper.



Impressum

Texte: Die Geschichte ist, so wie die Charaktere, frei erfunden. Das Bild habe ich von Google und selbst verändert.
Tag der Veröffentlichung: 13.08.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch meinem Bruder und meiner aller besten Freundin [alice.cullen], die meine Ideen immer unterstützt haben. Und den Lesern, die dieses Buch lesen. Vielen Dank!

Nächste Seite
Seite 1 /