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Vox audita perit - littera scripta manet!
Das gesprochene Wort verweht, das Geschriebene bleibt bestehen!

Der Kopf fühlt sich schwer an, es schmerzt als würde jemand einen Ball mit voller Wucht gegen die Wand werfen und diese Wand wäre ich. Es ist ein Sonntagabend, wie jeder anderer auch, dachte ich. Aber dieser Sonntag, der 15.November 2010 wird der letzte Tag in meinem alten Leben sein. Wer ahnte schon, das mein Leben bereits an einem seidenen Faden hing?

Schlafen konnte ich auch nicht richtig. Was macht man, wenn man Kopfschmerzen hat? Fenster öffnen, frische Luft reinlassen die Kälte der eisigen Nacht spüren... Ich bevozugte den Weg mit der schnellsten Wirkung und nahm eine Schmerztablette. Anschließend legte ich mich wieder hin und versuchte zu schlafen. Mit der Zeit ging der Schmerz weg und freute mich doch noch etwas Schlaf zu kriegen.

Auf der rechten Seite liegend, bemerkte ich ein leichtes Kribbeln und wachte dadurch auf. Kennt ihr das, wenn man zu lange auf einem Arm liegt und er wird taub? Man dreht sich, zieht den Arm mit und dann merkt man wie das Leben zurück kommt, es kribbelt aber man ist doch froh dass alles in Ordnung ist.

Nicht so bei mir. Es war komisch. Die gesamte rechte Körperhälfte vom Hals ab war wie eingeschlafen. Noch konnte ich mich bewegen, war aber bereits in meiner Motorik eingeschränkt. Viele Bewegungen konnte ich nur im Kopf durchspielen, aber nicht mehr auf meinem Körper übertragen. In den Moment spürte ich erstmals Panik in mir, der Gedanke an einem Schlaganfall fesselte mich.

Ich schaute auf die Uhr, es war mitten in der Nacht. Wieso kann ich nicht schlafen, wie jeder anderer auch? An nächsten morgen ganz normal aufwachen, eine neue Woche beginnt,die wieder neue Überraschungen bereit hält. Ich möchte doch nur ein ganz normales Leben führen! Doch dazu sollte es nicht mehr kommen.

Lange überlegte ich, ob ich den Notarzt rufen sollte. Letzendlich sagte mir mein Gefühl ich sollte es tun. Ich rief meine Eltern und meinen Mann an. Die Kräfte entschwanden aus meinem Körper zusehend. Konnte gerade noch die Treppen runtergehn um die Tür zu öffnen für die Sanitäter. Ging dann wieder nach oben in meiner Wohnung, die im ersten Obergeschoß liegt und wartete dort.

Es war Still, die Zeit stand still, ich war still. Wenn man sowas nicht selbst durchlebt hat, ist es schwierig Gefühle über Worte zu beschreiben.

Zum Glück waren sie schnell da und auch meine Eltern kamen dazu. Mittlerweile fiel das Laufen schwer und so mußten mir die Sanitäter links und rechts untern Arm greifen, damit ich die Treppen runtergehen konnte. Meine Eltern schloßen hinter mir die Wohnung ab und folgten mir. Keiner, absolut keiner wußte in dem Moment was mit mir los war. Tränen liefen mir die Wange runter, ein Gefühl was ich nicht beschreiben konnte durchströmte meinen Körper. Vom Kopf her war ich hellwach, kriegte alles mit und in einem anderen Moment kam ich mir vor als wäre ich nicht mehr ich selbst.

Von jetzt auf gleich war alles weg. Die Zukunftspläne, meine Selbstständigkeit einfach alles. Wie sehr wünschte ich mir, das alles nur ein Traum ist? Ein Film der gedreht wird, wo man auf die Stimme des Regisseurs wartet, der sagt ,,Wir haben alles im Kasten, ihr könnt das Set verlassen"!? Meine Eltern fuhren in ihrem Wagen dem Notarzt hinterher und ich lag da. Wie sehr hätte ich mir gewünscht meinen Mann bei mir zu haben. Er ist meine Zukunft, das einzigste was ich noch klar spüren konnte in dem Moment.

Draußen regnete es, als würde der Himmel weinen. Es war tiefe Nacht, eisig und kalt und der nächste Sonnenaufgang lag noch in völliger Dunkelheit. Unwissend ob ich ihn erleben würde, fuhren wir stillschweigend mit Blaulicht durchs menschenleere Lüneburg.

Auf dem Weg ins Krankenhaus fing es an, dass ich Doppelbilder sah. Immer nur zeitweise aber sie waren da. Würde mir jetzt auch noch das Sehen genommen werden? Angekommen im Hospital wurde ich gleich dem diensthabenden Arzt vorgestellt. Diverse Untersuchungen wurden gemacht u.a. Bewegungsfähigkeit der rechten Seite. Als ich mein Gesicht durch Zufall im Spiegel war, sah ich das mein linkes Auge nach innen ging. Seitdem trage ich eine Augenklappe (mittlerweile über 5 Monate).Wenn ich wüßte dass das Ausmaß zur der Zeit nur der Anfang gewesen ist, keine Ahnung was ich dann gemacht hätte.

Zur Sicherheit wurde ein CT vom Kopf gemacht. Währendessen warteten meine Eltern in voller Ungewißheit draußen. Das CT war laut dem Arzt unauffällig, sodass er davon ausging, es wäre ein "leichter" Schlaganfall und worde vorsorglich mit ASS behandelt.
Ich kam direkt auf die Intensivstation,wurde verkabelt. Überwachung vom Blutdruck, Herztönen etc. Zudem Zeitpunkt war ich irgedwie nicht mehr richtig da. Erinnerungen habe ich kaum, aber die Gefühle vergißt man nie. Ich habe mich wie im Film gefühlt. Schlafen konnt ich nicht. Was war nur los mit mir/in mir?

Am nächsten Morgen kam mein Mann zu mir. Als er mich sah, ich sah ihn,konnten wir beide unsere Tränen nicht mehr zurückhalten. Er legte seinen Kopf auf meine Brust und ich versuchte wie gewohnt mit meiner rechten Hand über seine Haare zu streicheln. Es ging nicht, ich versuchte es erneut....nur minimal erhob sich meine Hand. Das waren Momente in denen ich mich wieder mit Körper und Geist in der Realität befand.

Noch am selben Vormittag wurde bei mir ein MRT durchgeführt, welches genauer ist als CT. Schreiben konnte ich längst nicht mehr. Ich mußte von Pflegern umgebettet werden. Zuerst wollte ich es alleine probieren, konnte es noch nicht wahrhaben, ab jetzt ein "Pflegefall" zu sein. Agekommen wieder auf Station, schlief ich etwas, aber mein Unterbewußtsein war wach. Ich lag direkt am Fenster zum Gang wo das Ärztetelefon stand. Ich nahm nur Wortbrocken war, als eine Ärtzin telefonierte. Hörte nur "Ihre Tochter hat einen Tumor im Kopf" und "wir melden uns, Ihre Nummer ist ....". Das war MEINE Nummer.

Da brach die Welt zusammen. NEIN, das kann ich nicht sein dachte ich. Sie meinten bestimmt jemanden anderes. So ist es bestimmt. Ich rief die Ärztin nach dem Telefonat zu mir und fragte sie ob ich damit gemeint war. Einen Moment herrschte Schweigen im Raum. Nur das Piepsen der Monitore konnte man hören und durchbrach die Stille. Die Ärztin atmete schwer und sagte nach eingen Zögern "Ja, sie sind damit gemeint".
"Wir wissen noch nicht um welchen Tumor es sich handelt, ob es Krebs ist, wir wissen nur das er geblutet hat". Nach diesem Satz verließ sie den Raum und ich dachte nur, das ist es gewesen. Der Tod ist mir nah, ich hab Krebs.

Ich wollte nicht mehr weiterleben....warum ich? Noch so jung, habe noch gar nicht richtig gelebt. Gerade die Liebe gefunden, das Gefühl zu haben,im Leben bei Ihm angekommen zu sein.Nicht mehr suchen wollen und dann das? Wie wird er mit dieser Nachricht umgehen? Und meine Eltern? Ich wollte nur wissen, was für einen Tumor habe ich?

fortsetzung folgt...
Aufgrund meiner Krankheit kann ich nicht lange am Computer sitzen und es kann etwas dauern bis ich schreibe, aber ich mach es weiter, denn warum soll man sich verstecken? Ich steh dazu und es hilft mir beim verarbeiten!

Eure Martina =)

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Texte: Alle Rechte liegen bei mir!
Tag der Veröffentlichung: 22.04.2011

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