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Prolog


Es war Sommer, als mein Vater eine Entscheidung fällte, die mein Leben für immer verändern würde. Es kam alles so unerwartet. Von heute auf Morgen würde mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Und ich hatte noch nicht einmal die Möglichkeit etwas dagegen zu sagen, so etwas wie ein Veto einzulegen. Es war alles bereits entschieden. Ich stand vor vollendeten Tatsachen. Dabei hatte ich noch so viel vor: Ich wollte mit meinen Freundinnen zusammen unseren Abschluss machen, wir wollten zusammen ein Kleid für den Abschlussball kaufen. Außerdem sollte jede ihr Einverständnis zur Ballbegleitung geben. Doch so wie es schien würden die beiden das jetzt alleine tun müssen. Ich würde nicht mehr da sein um ihnen das Tanzen beizubringen da sie es noch nicht einmal ansatzweise beherrschten. Und ich konnte sie doch so nicht einfach auf ihre Tanzpartner loslassen. Dann wäre da noch die Abschlussfahrt mit dem ganzen Jahrgang, selbst da würde ich nicht dran teilnehmen können, auch wenn es bis dahin noch etwas Zeit wäre. Nie wieder gemeinsame Kinoabende mit Popcorn Weitwurf. Nie wieder lange Mädchenabende bei denen es nur um Jungs ging. Nie wieder laut im Unterricht lachen ohne wirklich zu wissen warum. Nie wieder den Jungs im Sportunterricht zeigen wer wirklich das Bessere Geschlecht war – meistens wir! Nie wieder zusammen Pizza machen mit viel zu viel Käse. Und nie wieder so tolle Freundinnen finden wie ich sie hatte. Doch würde das wirklich alles sein? Könnte es nicht trotzdem weitergehen mit unserer Freundschaft trotz der Entfernung? Und musste ich mich wirklich dem Willen meines Vaters beugen? Konnte ich ihm nicht einfach sagen ich will nicht weg?

Kapitel 1



Ich aß wie jeden morgen eine Schüssel Müsli am Tresen. Meistens schlief mein Vater dann noch. Er musste schließlich erst um neun bei der Arbeit sein, ich hingegen musste schon um sieben an der Bushaltestelle stehen wenn ich den Bus nicht verpassen wollte. An diesem Tag war es aber anders, mein Vater war schon weg als ich aufstand. Er hatte nicht gesagt wo er hin wollte, er war einfach gefahren. Es machte mir nichts aus, doch verwundert war ich schon, denn er hatte mir an diesem morgen ein Brot für die Schule geschmiert. Das machte er sonst nie. Wie auch, er schlief ja schließlich noch wenn ich losging. Doch an diesem morgen lag ein Brot auf meinem Platz. Mit einem Zettel dabei:

Sam,
ich musste heute schon früher weg, ich hab dir ein Brot für die Schule gemacht. Warte heute Abend nicht mit dem essen auf mich, könnte spät werden.
Paps



Ich dachte mir nichts weiter dabei und aß mein Müsli. Danach ging ich in mein Zimmer um mich für die Schule fertig zu machen. Es war schon halb sieben, also musste ich mich beeilen. Ich kramte irgendetwas zum anziehen aus meinem Kleiderschrank hervor, zog es mir über und ging ins Bad. Ich entschied mich für einen Pferdeschwanz. Der ging schnell und einfach. Und wie gesagt ich hatte es eilig. Ich musste nur noch das liebevoll zubereitete Brot von meinem Vater in meine Schultasche stecken und dann konnte ich los. Wurde aber auch höchste Zeit es waren nämlich schon zehn Minuten vor sieben und ich brauchte mindestens fünf zur Bushaltestelle, also ging ich so schnell ich konnte. Zum Glück schaffte ich es noch rechtzeitig.
In der Schule angekommen setzte ich mich zu Liberty, die bereits vor unserem Klassenraum saß.
„Na, alles klar?“, fragte ich sie während ich mich die Wand runterrutschen ließ.
„Hi, ja, und bei dir?“
„Auch.“
Mehr Worte hatte unser Gespräch meistens nicht. Es war schließlich früh am morgen. Nach und nach kamen immer mehr unserer Klassenkameraden und versammelten sich vor der immer noch verschlossenen Klassentür. Dann kam auch Claire endlich. Sie kam immer erst sehr spät.
„Hi Claire.“, begrüßte ich sie.
„Guten Morgen ihr zwei.“
Auch dieses Gespräch verlief nie länger. Sie setzte sich in die Lücke zwischen Liberty und Martin. Nach weiteren fünf Minuten des Montag-Müde-Sein-Schweigens kam endlich Frau Gurfel. Es hatte bereits geklingelt also mussten wir uns sofort an unsere Plätze setzten und unsere Sachen auspacken. Sie wünschte uns einen schönen Guten morgen und ein langer Schultag begann. Der Gong zur ersten großen Pause befreite uns von dem stinklangweiligen Vortrag Frau Gurfels, über die Missstände in der dritten Welt. Mit einer großen Erleichterung gingen wir also in die Pause. Vor unserem Klassenraum wartete ich auf Liberty und Claire, damit wir in den Aufenthaltsraum des zehnten Jahrganges gehen konnten. Da war Lehrerfreie Zone, und immer was los in den Pausen. Wir gingen auf schnellstem Wege dorthin, da die Pausen nicht sehr lang waren. Dort angekommen setzten wir uns in eine Sitzecke am Fenster, die mit ein paar Kissen ausgestattet war. Das war unser Lieblingsplatz.
„Wie war euer Wochenende.“
Liberty war ganz aufgeregt, wahrscheinlich hatte sie was ganz aufregendes gemacht und wartete nur darauf, dass wir fragen, damit sie es erzählen kann. Claire machte den Anfang.
„War nichts Besonderes los, stress mit den Eltern wegen der vermasselten Französisch Arbeit, und sonst nur rum gelegen und nichts gemacht.“
„Bei mir eigentlich genauso, nur hab ich ja meine Spanisch Arbeit noch nicht wiederbekommen. Und du Claire?“
Ich gab lieber schnell ihr das Wort, denn sie sah aus als würde sie bald platzen.
„Haltet euch fest“, sie legte eine künstlerische Pause ein, „meine Eltern heiraten endlich. Mein Vater hat meine Mutter am Freitagabend gefragt und sie hat ‚Ja‘ gesagt. Sie haben sogar schon einen Termin festgelegt. In vier Wochen soll es schon soweit sein. Und haltet euch fest, sie hat gefragt ob wir drei nicht die Brautjungfern sein wollen. Ist das nicht der Hammer?“
Ich hatte Angst sie würde gleich Purzelbäume durch den Aufenthaltsraum machen so aufgedreht war sie. Liberty teilte diesen Moment mit ihr.
„Wie cool, das wird ja richtig toll. Wir drei als Brautjungfern auf der Hochzeit deiner Eltern. Schöne Kleider, ein große Feier….ha…wie schön!“
Ich allerdings, war von dieser ganzen Sache nicht sonderlich begeistert. Ich mochte keine Hochzeiten. Und das schienen meine Freundinnen in meinem Gesicht zu lesen.
„Was ist denn los Sam, freust du dich denn gar nicht für meine Eltern?“
Blöde Frage, natürlich freute ich mich für Claires Eltern, doch warum heiraten wenn man auch unverheiratet eine lange Zeit glücklich war?
„Na klar freu ich mich für deine Eltern, ich mag nur einfach keine Hochzeiten, das ist alles.“
„Wirklich?“, Liberty sah mich fragend an.

„Wirklich, aber seid mir nicht böse wenn ich bei der Brautjungfern Geschichte nicht mitmache.“
„Aber warum?“ Mir war eigentlich klar, dass Claire die Antwort so nicht hinnehmen würde.
„Es ist einfach so, bitte können wir es dabei belassen?“
„Nein, meine Mum hatte sich schon so gefreut; wir drei als Brautjungfern, kannst du nicht über deinen Hochzeits-Hass hinweg steigen?“
Das konnte ich nicht. Warum konnte sie es nicht darauf beruhen lassen?
„Nein. Ich bleib dabei, ich werde keine Brautjungfer sein.“
„Noch nicht mal für mich?“ Claire sah mich bestürzt an.
Diese Frage war unfair. Denn egal was ich sagen würde, alles wäre falsch. Wenn ich nein gesagt hätte, wäre sie stinksauer auf mich gewesen und hätte nie wieder ein Wort mit mir gewechselt. Würde ich jetzt Ja sagen würde ich mir etwas zumuten, was ich nicht will. Also stand ich einfach nur auf und ging. Ich wusste nicht ob dies eine gute Lösung war, doch etwas anderes viel mir nicht ein. Ich wollte schließlich unsere Freundschaft nicht komplett aufs Spiel setzen. Ich verließ den Aufenthaltsraum und ging in Richtung Klassenraum, es musste schließlich auch bald zum Unterricht klingeln. Das tat es dann auch, und ich musste zwei langweilige Stunden Religion aushalten. Nach dem Stundenende hatten wir dann zum Glück schon Schluss und ich konnte nach Hause. Ich nahm meine Tasche und ging schnurstracks zu meiner Bushaltestelle. Mich von Claire und Liberty zu verabschieden hielt ich für keine gute Idee. Bei solch einer Art Streit bevorzugte ich telefonieren. Nicht sehr mutig, aber anders würde ich nur wieder etwas Falsches sagen, das konnte ich beim telefonieren natürlich auch, aber, so feige es auch sein mag, man konnte einfach auflegen wenn es einem zu blöd würde, und das Gespräch wäre beendet. Doch so ein Telefonat würde ich erst heute Abend in Angriff nehmen, ich musste mir erstmal über ein paar Dinge klarwerden.
Zuhause schmiss ich meine Tasche auf die Bank im Flur. Die Schuhe folgten ihr unter die Bank. Ich hatte Hunger, also machte ich mir erstmal eine Pizza. Während diese im Ofen schmorte ging ich in mein Zimmer und schmiss mich auf mein Bett. Nun lag ich da, starrte die Decke an und wusste nicht was ich machen sollte. Ich wusste nicht was ich machen sollte, einerseits war Claire doch meine beste Freundin, Liberty natürlich auch, aber ihr bedeutete es nicht so viel wie Claire. Warum mussten ihre Eltern sich auch zu diesem Zeitpunkt entscheiden zu heiraten? Hätten sie drei Wochen gewartet wäre alles anders gekommen, doch das wusste ich in dem Moment noch nicht.
Warum ich? Hatte Claires Mutter nicht irgendwelche Nichten die den Part der Brautjungfern übernehmen konnten? Ich meine welche halbwegs gescheite Frau lässt die Freundinnen ihrer Tochter Brautjungfern auf ihrer Hochzeit sein? Keine, weil es nur zu Problemen und Streit kommen würde. Nein, so würde es eigentlich nicht kommen, wir hatten uns alle sehr lieb. Natürlich fühlte ich mich auch in gewisser Weise geschmeichelt, dass die Mutter von Claire uns dafür ins Auge gefasst hatte, aber ich konnte einfach nicht. Liberty und Claire würden das nie verstehen. Deswegen entschied ich mich, das Telefonat zu verschieben und bis auf weiteres Gesprächen mit ihnen aus dem Weg zu gehen.
Ich wusste nicht wie lange ich da noch so auf dem Bett lag. Ich hatte bestimmt schon 17-mal die Holzbretter an meiner Decke gezählt. Ich war echt müde geworden, doch bevor ich meine Augen schließen konnte, hörte ich es irgendwo im Haus piepen. Ich richtete mich auf. Woher kam das Piepen? Und warum roch es auf einmal so eklig?
„Meine Pizza!“
Ich sprang vom Bett und rannte in die Küche. Diese war so voller Rauch, dass ich erstmal alle Fenster und die Terrassentür öffnete. Dann stellte ich den Backofen aus und klappte die Tür herunter. Auf dem Rost lag eine total verkohlte Pizza. Ich zog das Rost mit einem Handtuch heraus und schmiss die schwarz gebrannte Pizza in den Müll. Irgendwo musste der Rauchmelder hängen. Es piepte nämlich immer noch und ich wollte dass es aufhört. Nach langem suchen fand ich ihn endlich. Er hing so offensichtlich an der Wand neben dem Herd, dass ich ihn nur übersehen konnte! Ich kletterte auf den Tresen und schaltete den Feuermelder aus. Endlich hörte das Piepen auf. Als ich vom Tresen sprang viel mir eine schwarze Spur auf dem Boden auf; ich hatte die Hälfte der Pizza auf dem Boden verteilt, zumindest das was noch übrig war! Jetzt musste ich auch noch fegen. Ich hatte ja sonst nichts Besseres zu Tun. Also nahm ich mir einen Besen aus der Besenkammer und begann die Sauerei aufzufegen. Ich fegte alles auf einen Haufen und kehrte es dann mit dem Kehrblech und dem kleinen Handfeger zusammen. Den Dreck schmiss ich nach draußen auf die Terrasse, sollten sich die Vögel doch über die verkohlten Krümel hermachen, ich hätte sie bestimmt nicht mehr gegessen. Ich watschelte wieder in mein Zimmer, nahm mir diesmal aber ein Buch und lümmelte mich in meinen roten Sitzsack, der vor einem großen, bodenlangem Fenster lag. Von da hatte ich einen wunderschönen Blick über unseren Garten. Wir hatten einen großen Garten mit einem Teich indem Fische waren. Ein großer Baum stand auf einer Insel mitten im Teich zu der man entweder schwimmen musste oder den Weg über die Brücke nehmen konnte. An diesem Baum hatte mein Vater als ich klein war eine Schaukel für mich angebaut, und sie hing noch immer da. Vor dem Baum stand eine Bank auf der ich gerne mit meinen Freundinnen saß. Was sie wohl gerade machten?
Liberty saß bestimmt an ihrem Forschungsprojekt. Sie untersuchte die Eigenarten eines Frosches. Sie liebte die Biologie halt etwas mehr als wir anderen! In den vergangenen Sommerferien hatte sie ein Praktikum in einem Forschungszentrum für Säugetiere verbracht. Auch wenn Frösche keine Säugetiere sind, interessierte sie sich sehr dafür und begann sie zu beobachten. Sie hatte dort die nötigen Gerätschaften um sich derer genau anzueignen, damit sie auch nach den Ferien weiter forschen konnte. Ihr Ziel war es eine präzise Arbeit über diese Lebewesen zu schreiben, diese wollte sie dann bei einem der Wettbewerbe Jugend forscht oder so einreichen. Ich kannte mich mit so etwas nicht aus, aber ich wusste, dass wenn sich Liberty irgendetwas in den Kopf gesetzt hatte, dann schaffte sie das auch.
Was Claire machte konnte ich nicht genau sagen. Wahrscheinlich saß sie gemütlich an ihrem Schreibtisch und schlürfte einen Früchtetee. Sie liebte Früchtetee, es war schon fast krank wie oft sie den trank. Sie trank ihn mal warm, mal kalt, je nach Jahreszeit, letzten Sommer hatte sie sich sogar Früchtetee-Eis gemacht! Schon verrückt. Sie zeichnete dabei bestimmt. Claire war eine begnadete Zeichnerin. Ich hatte selten jemanden gesehen, der so gut zeichnen konnte wie sie. Bis auf unseren Kunstlehrer Picasso (wir nannten ihn nur so weil er am liebsten nach Picasso zeichnete). Selbst der war jedes Mal wenn Claire ein Bild beendet hatte hin und weg von ihren Bildern.
Ja ich hatte schon zwei besondere Freundinnen. Doch es sah für mich in dieser Freundschaft nicht gut aus. Doch darüber wollte ich erstmal nicht nachdenken, stattdessen schlug ich mein Buch auf der Seite auf, auf der ich aufgehört hatte und verschwand in der Geschichte. Ich liebte das. Komplett in eine Geschichte bzw. Buch einzutauchen. Meine Freundinnen sagten oft ich wäre ein ganz anderer Mensch wenn ich lese ich sah ganz anders dabei aus, entspannter auf eine, mir unbekannte Weise. Sie fragten mich oft wie ich das machte, denn ich war so gut wie nie ansprechbar wenn ich las, doch ich konnte keine Antwort darauf geben, denn ich wusste es nicht.
Auf jeden fall war ich wieder einmal so in mein Buch vertieft, dass ich gar nicht mitbekam wie es dunkel wurde und mein Vater nach Hause kam. Bis er auf einmal vor mir stand und mir leicht auf den Fuß trat.
„Essen ist fertig du kleine Leseratte!“
„Musst du mich so erschrecken?“
„Du hörst ja nicht anders. Jetzt komm wir müssen was besprechen.“
Ich hatte keine Ahnung was wir zu besprechen hatten. Sollte ich einen Blauen Brief bekommen haben? Nein, das war eigentlich sehr unwahrscheinlich, denn das Schuljahr hatte ja gerade erst begonnen. Außerdem war er für so etwas zu gut gelaunt. Wenn es etwas Schlechtes aus der Schule gab hatte er immer diesen Blick drauf. Dann zog er immer seine Augenbrauen hoch und seine Lippe zitterte. Ich hatte keine Ahnung warum er das tat, wahrscheinlich war es ihm nicht einmal bewusst. Er war bestimmt nur überfordert mit Dingen, die er in seiner Schulzeit wahrscheinlich auch verbockt hatte. Naja war letztendlich auch egal, weil ich (noch) nichts in der Schule verbockt hatte.
Neugierig trottete ich hinter meinem Vater hinterher ins Wohnzimmer. Kurz vor der Couch machte er aber kehrt und entschied sich für den Esstisch.
„Setz dich.“
Mein Vater wies auf den Platz der seinem gegenüber lag und setzte sich selbst. Ich tat es ihm gleich und befolgte dabei gleich seine Anweisung und setzte mich gegenüber von ihm an den Tisch.
Auf dem Tisch lag eine Mappe. Ich konnte allerdings nicht erkennen was in ihr war. Ich kannte diese Mappe auch nicht, zumindest lag sie heute Morgen noch nicht hier.
Mein Vater fing an nervös mit den Fingern auf dem Tisch zu klopfen.
„Könntest du bitte damit aufhören? Das macht mich ganz wuschig. Was wolltest du denn jetzt mit mir besprechen?“
„Das ist nicht so einfach, weißt du? Du wirst davon nicht so begeistert sein.“
„Woher willst du das wissen? Sag es mir doch einfach damit ich wenigstens weiß wovon ich deiner Meinung nach nicht so begeistert sein werde.“
Doch er ließ sich Zeit. Er fing wieder an mit den Fingernägeln auf der Tischplatte zu klopfen. Er blickte nervös auf die Tischplatte, ab und zu auch zu mir, aber wenn er merkte, dass mein Blick auf ihn gerichtet war blickte er sofort wieder die Tischplatte an. Mir reichte es langsam.
„Jetzt rück endlich raus damit, sonst geh ich in mein Zimmer.“
Ich wollte gerade schon aufstehen.
„Okay, okay. Aber versprich mir, dass du mir erst zuhörst bevor du was sagst.“
„Ja ist gut, jetzt sag endlich.“ Langsam wurde ich richtig ungeduldig.
„Also, es geht um meinen Job.“
Pause.
„Es gibt da ein paar Schwierigkeiten.“
Pause.
„Die Firma hat Insolvenz angemeldet und viele ihrer Mitarbeiter entlassen. Leider bin ich einer von denen.“
Pause. Bei dieser blickte er beschämt auf seine Hände, die gefaltet auf dem Tisch lagen. Doch irgendetwas sagte mir, ich sollte noch meinen Mund halten.
„Weißt du am Anfang war ich ziemlich schockiert, ich wusste nicht mehr weiter.“
Deshalb war er in letzter zeit so komisch.
„Aber dann hab ich mir gedacht: Warum nichts Positives drin sehen? Ich dachte, dass das die perfekte Möglichkeit ist mir meinen Traum zu erfüllen. Ich wollte doch schon immer eine eigene Farm in Australien haben. Ich spare da auch schon ein ganzes Leben lang für, weil ich mir sicher war, das ich mir irgendwann meinen Traum erfüllen kann. Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt. Ich bin Arbeitslos, und das Schuljahr hatte gerade erst begonnen, es gäbe also nicht viel für dich nachzuholen. Also, was sagst du?“
Ich konnte erst einmal gar nichts dazu sagen. Ich musste das ganze erst mal verdauen. Es war viel zu viel auf einmal. Der Job. Dad’s Arbeitslosigkeit. Und dann war da noch die Farm in Australien.
Was bildete er sich eigentlich ein mir das alles zur selben zeit zu erzählen, das war ja wohl überhaupt und ganz und gar nicht fair. Ich glaub mir standen die Tränen in den Augen.
„Du willst hier also weg? Nach Australien?“
„Es war schon immer mein Traum aus Deutschland wegzukommen. Das weißt du doch.“
„Aber du kannst doch nicht von mir verlangen allein hier zu bleiben. Oder soll ich etwa mitkommen?“
Das wäre ja wohl die Höhe. Ich meine auch etwas wegen Schule gehört zu haben. Er plante doch nicht im Ernst ich mitzunehmen? Das konnte er sich aber von der Backe putzen. Nicht mit mir.
„Natürlich hab ich vor dich mitzunehmen. Wo sollst du denn hin, wenn ich weg bin?“
„Das ist nicht fair. Nur weil du dir deinen Traum erfüllen willst muss ich alles zurücklassen? Das kommt gar nicht in die Tüte, du hast wohl zu viel Kaffee getrunken. Ich kann auch bei Claire oder Liberty bleiben.“
Zum Glück hatte ich ihm noch nichts von unserem Streit erzählt.
„Das kommt gar nicht in Frage, du kommst mit. Ich lass dich doch nicht hier in Deutschland. Du bist das einzige was mir geblieben ist, nach dem Tod deiner Mutter.“
„Das ist so typisch, wenn du nicht weiter weißt ziehst du Mama mit rein. Das ist echt so typisch.“
Wir schwiegen beide und starrten dabei die Maserung auf dem Holztisch an. Meine Mutter war ein Thema über das wir nur selten und sehr ungern redeten. Noch nicht einmal mit meinen Freundinnen konnte ich über sie reden, es war als blockierte mich etwas. Was es war wusste ich nicht.
„Ich hab jetzt keine Lust weiter mit dir zu diskutieren. Ich hab schon alles geklärt. Ich hab eine wunderschöne Farm in Australien gefunden. Sie stand zum Verkauf. Ich musste zuschlagen. So ein Schnäppchen hätte ich nirgends anders machen können. Ich hab mich dort auch schon erkundigt. Nahe der Farm ist eine Stadt in der sogar eine Schule mit deutschem Schwerpunkt ist auf die du gehen kannst. Wir werden am Freitag dort hinfliegen, um es uns anzuschauen. Ich muss sehen welche Möbel wir mitnehmen und welche nicht. Sonntag früh fliegen wir wieder zurück. Und morgen in 3 Wochen wird ein Möbelwagen kommen, der unsere Möbel nach Australien bringt, wir werden dann nachfliegen.“
Ich hatte mir alles schweigend angehört, immer noch den Blick auf den Tisch gerichtet. Ich konnte und wollte nicht glauben was mein Vater da sagte. Doch wusste ich auch, dass jeglicher Widerstand Zwecklos war. Ich wusste wie sehr es ihm bedeutete seinen Traum zu verwirklichen. Ich wollte ihm dabei nicht im Weg stehen, es kam nur so unerwartet. Und was mich am meisten ärgerte war, dass er nichts mit mir abgesprochen hatte. Mich so zu überfallen war einfach fies und ungerecht. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass er das von heute auf morgen entschieden hatte nur weil er gekündigt worden war. Das hatte bestimmt auch etwas mit meiner Mutter zu tun. Er hatte den Tod nie richtig verkraften können. Das lag wahrscheinlich auch daran wie und wann sie gestorben war. Vielleicht musste er einfach weg von allem, was ihn an sie erinnerte. Das konnte ich auch verstehen, aber musste es gleich Australien sein? Es hätte doch auch Dänemark, Österreich oder Polen sein können, das wäre alles nicht so weit weg von Deutschland.
„Ich geh dann und pack schon mal ein paar Sachen für Freitag zusammen.“ Sagte ich.
„Danke.“
Der Dank bezog sich wahrscheinlich darauf, dass er glücklich war nicht weiter mit mir diskutieren und sich nicht weiter rechtfertigen zu müssen. Den Gefallen tat ich ihm nur zu gerne. Ich hatte nämlich auch keine Lust mehr mit ihm über etwas zu streiten, dass sowieso schon in gepackten Koffern stand. Das konnte ich sogar wörtlich nehmen!
Den Rest des Abends wusste ich nicht was ich machen sollte. Ich war verwirrt, enttäuscht und wütend. Auf meinen Vater und ein bisschen auch auf mich selbst. Hauptsächlich wegen dem Streit mit meinen Freundinnen. Warum muss eigentlich alles Schlechtes auf einmal kommen? Nacheinander wäre es doch viel einfacher Probleme zu lösen. Aber nein, ich musste mich gleich mit zweien rumärgern von denen eines sehr gravierend für das andere war. Ich war echt verzweifelt.
Ich setzte mich auf die gepolsterte Kiste, die am Fußende meines Bettes stand und überlegte was ich tun sollte. Ich entschied mich dafür wirklich erstmal ein paar Sachen zusammenzupacken, die ich mit nach Australien nehmen wollen würde. Auch wenn ich nicht fahren wollte, wusste ich, dass mir nichts anderes übrig bleiben würde. Also nahm ich mir meinen schwarzen Rucksack mit den bunten Blumen darauf und stopfte ein komplettes Outfit hinein, außerdem ein Block und Stifte sowie ein Buch. Alles andere konnte ich ja erst kurz vorher einpacken, wir hatten ja schließlich erst Montag.
Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es schon nach 23 Uhr war. Schnell zog ich meinen Schlafanzug an und ging ins Bad um mich Bettfertig zu machen. Ich bürstete noch schnell meine Haare, flocht diese zu einem Zopf und ging dann ins Bett. Kurz darauf fiel mir auf, dass meine Rollläden noch nicht heruntergezogen waren, also stand ich noch einmal auf um dieses zu ändern. Dabei öffnete ich auch gleich eines der Fenster ganz, damit ich in der Nacht etwas frische Luft bekommen würde. Dann legte ich mich wieder ins Bett. Einen Moment lang starrte ich an die Decke, auch wenn es dunkel war, konnte ich die Holzmaserung erkennen, das lag wahrscheinlich daran, dass ich am Nachmittag so lange an die Decke geschaut hatte. Dann schloss ich meine Augen. Ich war kurz davor einzuschlafen, als meine Tür aufging und mein Vater mein Zimmer betrat. Er kam zu mir ans Bett und setzte sich auf die Kante.

„Ich wollte dich wirklich nicht vor den Kopf stoßen. Wir können morgen noch einmal über alles reden, vernünftig. Wenn du wirklich nicht weg willst von hier, bleiben wir natürlich, ich dachte nur du würdest dich auch etwas freuen. Naja wir besprechen das morgen. Schlaf schön.“
Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und verließ, ohne auf eine Antwort von mir zu warten, mein Zimmer. Die Tatsache, dass er noch einmal zu mir kam und sich in gewisser Weise bei mir entschuldigte, ließ mich nicht im Geringsten besser schlafen.

Am nächsten morgen wachte ich bereits früh auf. Sofort stand ich auf und ging ins Bad, wo ich die morgige Katzenwäsche erledigte. Zurück in meinem Zimmer durchwühlte ich den Schrank nach einem Outfit für den Tag. Ich entschied mich für eine Jeans und ein schlichtes, oranges Shirt. Ich zog noch meine lila Strickjacke darüber und ging dann in die Küche zum Frühstücken. Ich war froh, dass mein Vater noch schlief, denn so sehr die Sache auch brannte, ich wollte nicht vor der Schule mit ihm darüber reden.
Schnell aß ich eine Schüssel Müsli und schmierte mir zwei Brote für die Schule, diese steckte ich in meine Schultasche und ging in den Flur. Dort zog ich meine Chucks an, hing mir meine Tasche um und verließ das Haus. An diesem Tag ließ ich mir Zeit auf dem Weg zur Bushaltestelle, ich hatte schließlich genug Zeit. Nach unglaublichen 15 Minuten kam ich dann endlich an. Ich stellte mich brav in die Reihe und wartete auf den Bus. Der ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Es waren nicht einmal drei Minuten vergangen da bog er schon um die Ecke. Ich setzte mich in den hinteren Teil an ein Fenster, stellte meine Tasche neben mich, zog meinen Mp3-Player heraus und steckte mir die Stöpsel ins Ohr. Ich blickte die ganze Busfahrt aus dem Fenster, denn obwohl ich müde war konnte ich meine Augen nicht schließen. Einmal wandte ich den Blick vom Fenster weil jemand gefragt hatte, ob er sich neben mich setzen dürfte. Sofort nahm ich meine Tasche auf den Schoß und blickte wieder aus dem Fenster.
Die Busfahrt kam mir endlos vor. Doch irgendwann war dann doch ein Ende in Sicht und ich konnte aussteigen. Wobei ich damit ach noch hätte warten können. Wie sollte ich bloß Claire und Liberty gegenübertreten? So als ob nichts gewesen ist? Oder sollte ich mit ihnen reden? Och entschied mich dafür einfach so zu tun als wäre nichts gewesen. Vielleicht auch nur um zu gucken wie die beiden reagieren würden. Als ich zum Klassenraum kam saßen beide, zu meiner Verwunderung, bereits an die Wand gelehnt.
„Guten morgen.“ Sagte ich.
Beide blickten mich an.
Liberty mit einem leichten grinsen im Gesicht. Claire mit einer Ausdruckslosen Miene, die ich nicht recht deuten konnte.
„Wie geht’s?“, schob ich deshalb gleich noch nach.
„Ganz gut, und selbst?“
Zu meiner Erleichterung schien Liberty mit mir zu sprechen.
„Naja, hält sich in Grenzen.“
„Warum? Könnte es etwa sein, dass dich ein schlechtes Gewissen plagt?“
Jetzt setzte auch Claire ein grinsen auf, doch war es eher ein Ich-Bin-Dir-Überlegen-Grinsen.
„Auch, aber meine Meinung hat sich bezüglich der Hochzeit nicht geändert, ich komme gerne aber ich möchte kein Teil davon sein, verstehst du?“
„Nein, verstehe ich nicht.“
„Kannst du es bitte trotzdem so hinnehmen?“
„Nein kann ich nicht. Kannst du mir nicht wenigstens sagen, was der Grund dafür ist, ich denke wir sind Freundinnen.“
„Sind wir doch auch.“
„Aber Freundinnen haben keine Geheimnisse vor einander.“
Beschämt sah ich auf meine Füße. Jetzt war es soweit, ich konnte meine Tränen nicht länger zurückhalten. Nach und nach kullerten sie mir die Wangen herunter. Ich konnte nichts dagegen tun, sie kamen einfach. Ich kniete mich hin um nicht noch einzuknicken, weil meine Beine weich würden.
„Es war vor drei Jahren, als wir uns noch nicht kannten. Meine Eltern hatten erst Standesamtlich geheiratet, kurz bevor ich geboren wurde. Doch sie wollten auch kirchlich heiraten. Sie hatten alles so schön vorbereitet, es sollte die schönste Hochzeit werden, die es je gab. Alles klappte perfekt. Wir hatten einen Saal, eine wunderschöne Kirche und ich hatte mit meiner Mutter das perfekte Brautkleid ausgesucht. Ich hatte auch ein wunderschönes Kleid an. Bei der Zeremonie sollte ich dann die Ringe tragen, ich war so stolz und freute mich so auf den tag, fast mehr als meine Eltern. Ich war dreizehn, es war meine erste Hochzeit. Alles verlief prima, die Musik ging an und ich ging zum Altar wo mein Vater bereits stand. Ich stellte mich neben ihn, mit den Ringen in der Hand und dann kam meine Mutter. Sie sah so wunderschön aus, wie sie da mit der langen Schleppe auf dem Teppich entlang glitt. Sie stellte sich neben meinen Vater. Der strahlte über das ganze Gesicht. Ich wechselte die Seite um meiner Mutter mit der Schleppe zu helfen, als ich aufblickte sah ich wie das Lächeln auf dem Gesicht meines Vaters schwand. Er blickte meine Mutter an, die immer mehr in sich zusammenfiel bis sie auf dem Boden lag. Sie rührte sich nicht mehr. Wir riefen sofort einen Krankenwagen doch die Sanitäter konnten nichts mehr für sie tun.“
Meine Freundinnen sahen mich mit offenen Mündern an, ihre Augen hatten sich zu kleinen schlitzen verengt. Dann nahm mich Liberty in den Arm und auch Claires Hand spürte ich auf meinem Rücken.
„Verstehst du jetzt warum ich Hochzeiten hasse? Und warum ich auf die deiner Eltern nicht gehen möchte? Es macht mir einfach Angst und die Erinnerung an das was ich erlebt habe würde nur die Hochzeit zerstören.“
„Oh Sam, das tut mir so leid. Warum hast du denn nicht schon früher was gesagt?“ Liberty sah mich mit großen Augen an.
„Ich konnte nicht. Ich hätte nicht gewusst wie, selbst das eben war sehr schwer für mich. Ihr seid die Ersten denen ich davon erzähle. Bis her habe ich noch nicht einmal mit meinem Dad darüber gesprochen.“
„Sam, es tut mir so Leid, dass ich deine Endscheidung nicht einfach hingenommen habe, es tut mir so unendlich leid.“
„Ist schon okay, woher solltest du das denn auch wissen? Eigentlich bin ich froh, dass ihr es wisst.“
Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich versuchte zu grinsen, doch dann fiel mir Australien wieder ein. Wie sollte ich ihnen das bloß beibringen. Immerhin hatten wir uns wieder einigermaßen vertragen Doch wie würden sie auf Australien reagieren? Ich würde es sehen!
„Mädels? Da gibt es allerdings noch etwas, dass wich euch erzählen muss…“
„Solange es was schönes, erfreuliches ist. Nur raus damit.“ Claire sah mich fröhlich und erwartungsvoll an.
„Okay, dann bin ich lieber still.“
„Wie jetzt? Nichts Erfreuliches?“ Liberty blickte enttäuscht zu Boden.
„Nein. Leider ist es alles andere als erfreulich.“
Dann erzählte ich ihn von Australien. Von der Farm und dass mein Dad sein Job verloren hat und sich ein neues Leben in Australien aufbauen will, was schon immer sein Traum war.
Claire und Liberty sahen mich total perplex an, sie konnten für einen Moment überhaupt nichts sagen. Dann schoss es aus Liberty nur so heraus.
„Wie kann er das machen. Du gehst doch hier zur Schule. Du hast hier deine Freunde. Du hast hier UNS. Er kann uns dich nicht einfach wegnehmen. Das geht doch nicht. Er hat dich ja noch nicht einmal gefragt ob du das willst. Du willst das doch nicht, oder?“
„Natürlich will ich das nicht. Ich will nicht weg von hier. Aber was soll ich denn machen, ich kann ja schlecht allein hier bleiben. Außerdem will ich meinem Dad bei seiner Traumverwirklichung nicht im Wege stehen bei allem was er für mich getan hat. Das wäre einfach nicht fair.“
„Aber es ist auch nicht fair“, meldete sich auch Claire zu Wort, „wenn er dich gar nicht fragt was du willst. Du bist schließlich schon 17.“
Ich hätte gerne noch weiter mit ihnen darüber gesprochen, da klingelte es aber zum Unterricht und Herr Danzas schickte uns in die Klasse.
Spanisch war echt langweilig!
Dämliche Verben konjugieren um dann am Ende der Stunde einen Test zu schreiben. Auf so eine Idee konnten auch nur Sprachlehrer kommen. Zumindest hatte ich am Ende der Stunde ein total mieses Gefühl was den Test anging. Aber wen juckte es denn schon, wie meine Noten jetzt ausfallen würden? Ich würde an dieser Schule sowieso kein Zeugnis mehr bekommen. Also wen interessierte es schon wenn ich in Spanisch ablooste? Niemanden.
Nach der Doppelstunde Spanisch setzte ich mich mit meinen Freundinnen in die Sitzecke in unserem Aufenthaltsraum.
„Ich hab den Spanisch Test total versemmelt“, fing ich das Gespräch an.
„Wie kannst du jetzt an diesen dämlichen Spanisch Test denken“, pfiff Claire mich an, „du wirst an deiner neuen Schule doch sowieso kein Spanisch mehr haben, oder? Och man das ist alles so unfair ich will nicht, dass du gehst.“
Ich konnte es nicht ertragen, meine Freundinnen so traurig zu sehen, denn auch Liberty setzte ihre traurige Miene auf. So saßen wir nun da, alle kurz vorm heulen und hofften, dass mein Vater sich doch noch um entscheiden würde.

Das tat er aber nicht. Als ich von der Schule nach Hause kam, saß er schon am Küchentisch und wartete wahrscheinlich auf mich. Denn seine Begrüßung war: „Da bist du ja endlich. Setz dich.“
Ich befolgte natürlich seine Anweisung. Jeder kleine Fehler den ich mir erlaubt hätte, hätte mich mit meinen Plänen, hier zu bleiben, wieder zurückgeschmissen.
„Was ist denn Paps?“
Brav legte ich meine Hände auf den Tisch. Vorher hatte ich natürlich akkurat meine Jacke an den Haken gehängt und meine Schuhe an ihren Platz in das Regal geschoben. Nun saß ich hier also, mit den Händen auf de Tisch, mit dem nettesten lächeln dass ich in dieser Situation aufbringen konnte und hoffte mein Vater würde mir den Satz sagen, den ich hören wollte: Wir bleiben hier.
Doch die Wahrscheinlichkeit, dass das passieren würde, war so hoch wie ein Igel durch ein Meer von Luftballons laufen könnte ohne auch nur einen davon platzen zu lassen. Also machte ich mir nicht allzu große Hoffnungen, denn ich wollte nicht so sehr enttäuscht sein, falls es doch nicht klappte.
Das war so eine Lebensweisheit von meiner Mutter, die ich mir eigen gemacht hatte. ‚Denk immer negativ, denn wenn es nicht klappt bist du nicht so enttäuscht, klappt es aber doch, freust du dich umso mehr! ‘
Wie Recht sie hatte. Dennoch wusste ich, dass es bei der negativen Antwort bleiben würde. Doch dann könnte ich meinen Freundinnen am nächsten Tag wenigstens sagen: „Ich hab’s versucht.“ Auch wenn das die Situation nicht wirklich verbessern würde.
„Ich weiß, dass das nicht einfach für dich werden wird, aber kannst du mich nicht auch verstehen?“
Ich konnte es verstehen, wollte aber nicht.
„Doch, doch. Es ist dein Traum, dein Job. Es ist alles einleuchtend, was dich betrifft. Aber hast du dabei auch mal an mich gedacht? Ich muss meine Freunde zurücklassen. Eine neue Schule. Das ist alles zu viel für mich. Ein neues Land, eine andere Sprache. Kannst du mich denn nicht auch, wenigstens ein bisschen, verstehen?“
„Natürlich kann ich das. Das ist sehr viel verlangt von mir. Ich nehme dir sozusagen alles weg was dir lieb ist. Ich hätte viel früher darüber mit dir reden sollen.“
„Das hättest du.“
„Aber es ist jetzt eh zu spät. Ich hab die Farm bereits gekauft, unsere Flugtickets bezahlt und den Lkw bestellt. Es ist nicht mehr Rückgängig zu machen. Wir müssen das jetzt durchziehen. Zusammen.“
Ich glaubte meinen Vater nach und nach besser verstehen zu können. In gewisser Weise tat er das ja auch für mich. Er könnte ohne Job nicht mehr für mich sorgen. Das würde er natürlich niemals zugeben, genauso wenig wie, dass er wegrannte. Er rannte weg von seinem ehemaligen Job und er rannte auch weg von der Tatsache, dass meine Mutter gestorben war. Ich wusste, dass er sie immer noch nicht losgelassen hatte. Er glaubte wahrscheinlich, dass dies einfacher gehen würde, wenn er auf einem anderen Kontinent leben würde.
„Du kannst auf mich zählen, Dad. Lass uns das Abenteuer unseres Lebens beginnen.“
„Ich danke dir mein Schatz.“
„Aber eins musst du mir versprechen.“
„Was denn meine Große?“
„Ich will mindestens ein Pferd und einen Hund auf unserer Farm haben!“
„Ich denke das lässt sich einrichten.“
Das war doch mal ein Argument!

Kapitel 2


A

ls ich meinen Freundinnen von meiner Entscheidung berichtete, waren diese, zu meiner Verwunderung, gar nicht richtig überrascht. Sie machten eher ein Hab-Ich Doch-Gleich-Gewusst-Gesicht!
Als ob Liberty meine Gedanken gelesen hätte sagte sie:
„Hab ich mir eigentlich gleich gedacht, dass du dich dafür entscheidest. Für ein *nein* bist du viel zu abenteuerfreudig.“
Da hatte sie wohl recht. Vor einem Jahr, als wir auf Klassenfahrt waren, durften wir Bungeejumping machen. Keiner von den Mädchen aus meiner Klasse wollte, hatten alles zu viel Angst. Ich wollte aber unbedingt springen. Was ich dann auch tat. Alle hielten mich für bescheuert, doch es war eines der schönsten Erlebnisse die ich hatte. Ich hab so viele verrückte Dinge getan, über die ich heute nur lachen kann, meine Freundinnen aber immer ziemlich Angst um mich gehabt hatten. Einmal zum Beispiel, waren wir mit der Klasse im Hochseilgarten. Liberty, Claire und ich kletterten immer dicht hintereinander her. Dann wollte ich mal ausprobieren ob die Seile wirklich halten würden, wenn ich falle. Ich ging also auf die nächste Station und ließ mich fallen. Auch wenn ich sie nicht sehen konnte wusste ich, dass die Münder meiner Freundinnen eine Etage tiefer gerutscht waren. Im Nachhinein musste ich mir von jeder von ihnen eine gehörige Standpauke anhören.
„Bist du irre.“
„Jag uns nie wieder so einen Schrecken ein.“
„Was sollte das.“
Das ganze Besorgtheitsrepertoire also!
Aber was sollte ich sagen? Das Seil hatte gehalten!
Naja bei dem Umzug nach Australien schien es nicht anders zu laufen. Es kitzelte mich schon in den Fingerspitzen, etwas Neues auszuprobieren. Ein Land voller Gefahren und spannender Erlebnisse wartete auf mich. Wie konnte ich da widerstehen? Gar nicht! Doch das erklärt mal zwei besorgten Freunden.
„Du wirst uns so wahnsinnig fehlen, Sam.“ Liberty war den Tränen nah.
„Ihr werdet mir auch unendlich fehlen. Was mach ich nur ohne euch am anderen Ende der Erde?“
„Dich zu Tode langweilen und deinem Vater das Leben zur Hölle machen.“
Claire war echt sauer auf ihn.
Den Rest des Tages in der Schule konnte ich mich nicht konzentrieren. Bilder von einer Farm in Australien flogen mir durch den Kopf. Viele verschiedene, schließlich wusste ich nicht wie unsere Aussah. Die Mappe von meinem Vater hatte ich mir noch nicht angeguckt. Ich machte mir Gedanken über mein neues Zimmer. Würde es größer sein als mein altes? In welcher Farbe werde ich es streichen. Und die Schule. Werde ich schnell neue Freunde finden? Würde ich den Anschluss an deren Stoff schaffen? So viele Fragen, auf die ich die Antworten erst in Australien bekommen würde. Zum Glück klingelte es dann endlich. Und ich konnte nach Hause.
Ich schmiss meine Tasche wie gewöhnlich in die Ecke pfefferte meine Jacke und meine Schule hinterher und setzte mich an den Tisch um die Mappe meines Vaters über die Farm zu studieren. Ich setzte mich an den Tisch und zog die Mappe vor mich. Auf der Vorderseite prangte ein großes Bild, was die Farm wohl darstellen sollte. Sie sah sehr schön aus, zumindest auf dem Foto! Ich blätterte einige Seiten durch und las mir alles gründlich durch. Die Farm war riesig. Sie fasste riesige Weidefelder und das Grundstück auf dem das Haupthaus und drei weitere Gebäude standen. Außerdem hatte mein Dad eine ganze Herde Rinder, 10 Schafe und vier Pferde für den Hof gekauft. Das hörte sich schon mal nicht schlecht an.
Als ich weiterblätterte, kam ich zu den Bildern aus dem Haupthaus, in dem Dad und ich wohl wohnen würden. Es waren viele Bilder unter anderem eins wo mein Name drüber stand. Wahrscheinlich sollte das mein Zimmer werden. Es sah auf dem Foto riesig aus und man konnte sehen, dass mein Blick aus dem Fenster den ganzen Hof überschauen könnte. Ich fing an mich auf mein neues Zimmer zu freuen. Soweit ich das auf dem Foto sehen konnte, standen schon Möbel im Zimmer, dennoch nicht so viele, dass ich nichts von meinen hätte mitnehmen können. Kurz sah ich mir noch die anderen Fotos an, dann schloss ich die Mappe wieder und legte sie sorgfältig wieder auf die Stelle wo sie vorher lag. Ich schob den Stuhl an den Tisch und ging in mein Zimmer. Ich machte die Tür hinter mir zu, nahm Anlauf und sprang mit voller Wucht auf mein Bett. Zum Glück federte es ziemlich gut und die Matratze war auch ziemlich weich. Das Bett würde ich auf jeden fall mitnehmen, samt der Matratze natürlich. Da lag ich nun, noch in Deutschland, in unserem Haus, in meinem Zimmer auf meinem Bett mit der weichen Matratze und dachte darüber nach, was ich für Möbel mitnehmen würde. Nach langer Grübelei kam ich zu dem Endschluss, das erst nach unserem Kurztrip festzulegen. Ich würde die genauen Maßen der Wände nehmen um dann alles zu planen. Darauf freute ich mich!
Ich wusste nicht was ich machen sollte, also stieg ich aus dem Bett und kippte die Tasche, die ich mit nach Australien nehmen wollte, aus. Ich dachte mir, ich packe sie einfach noch mal neu. Dabei fiel mir auf, dass ich 1.) viel zu viel Zeug mitnehmen wollte und 2.) der Rucksack für das Zeug zu klein war. Also musste ich aussortieren. Eine lange Jeans flog raus und ein Rollkragenpulli. Ich steckte eines der Bücher wieder ins Regal außerdem ließ ich die große Taschenlampe wieder in die dafür vorgesehene Schublade gleiten. Auch das Fernglas stellte ich an seinen ursprünglichen Platz im Regal. Den Rest der Sachen kam wieder in die Tasche, die nun nicht mehr so überfüllt war. Nach dieser schweren Arbeit, schmiss ich mich wieder auf mein Bett. Ich starrte an die Decke und guckte dabei zu wie sich eine Spinne an meiner Deckenleuchte häuslich einrichtete. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich wachte erst wieder auf als mein Dad mich zum essen holte und da war es schon fast halb neun. Der kam aber spät nach Hause, doch ich wollte nicht wissen wo er war. Es interessierte mich irgendwie gar nicht. An dem Abend gab es Spaghetti mit Hack Soße. Eigentlich mochte ich das sehr gerne, doch irgendwie konnte ich mit dem Löffel und der Gabel nicht so gut umgehen wie sonst. Nach dem Essen sah ich nämlich aus wie ein gesprenkeltes Stück Mozarellakäse! Überall hatte ich rote Punkte. Schnell ging ich in mein Zimmer um mir andere Sachen anzuziehen. Doch bevor ich den Kleiderschrank erreichte fiel ich wieder total müde auf mein Bett. Ich beschloss erstmal duschen zu gehen um dann früh ins Bett zu gehen. Gesagt getan. Schnell schlüpfte ich unter die warme Brause. Ich beeilte mich mit dem duschen, weil ich schnell ins Bett wollte. Schnell zog ich mir meine Schlafanzughose über und strich mein ausgeleiertes T-Shirt über den Kopf. Dann schlüpfte ich unter die Bettdecke und schlief schnell und seelenruhig ein.
Am nächsten morgen hatte ich verschlafen. Ich war auch nur aufgewacht weil mein Vater in mein Zimmer kam und mich gefragt hatte ob die Schule heute ausfällt oder warum ich sonst nicht aufstünde. Meine Antwort darauf war ein schneller Blick auf die Uhr, der mich dazu veranlasste aus meinem Bett zu spurten mir die erstbesten Kleidungstücke aus dem Schrank zu nehmen und diese anzuziehen. Schnellstmöglich musste ich dann noch die morgendliche Katzenwäsche hinter mich bringen und mein Äußerliches verschlafenes *Ich* auf Vorderman bringen. Dann rannte ich in die Küche packte mein Brot für die Schule ein, das mein Vater heute Morgen wohl für mich geschmiert hatte. Hastig zog ich meine Schuhe an und nahm meine Jacke vom Haken. Ich knallte die Tür mit einem: „Ich bin dann weg, Dad“ hinter mir zu. Ich musste mich beeilen, den Bus zur ersten hatte ich schließlich schon verpasst, würde ich den zur zweiten auch noch verpassen, hätte ich ein Problem gehabt. Zum Glück schaffte ich es aber noch rechtzeitig.
Die Schule verlief den Tag über eigentlich ziemlich gut, nur dass Herr Serveb eine ausführliche Erklärung für mein zu spät kommen verlangte. Dennoch verging der Tag, trotz acht Stunden, ziemlich schnell. As die achte Stunde dann zu Ende war begleitete ich Liberty noch zu ihrer Bushaltestelle.
„Viel Spaß morgen. Und ich erwarte einen ausführlichen Bericht über die Farm und das gesamte Grundstück. Mach so viel Fotos wie möglich.“
„Vergiss es nicht!“ Claire war neben mich getreten.
„Werd ich schon nicht, versprochen.“
Mein Bus kam.
„Na gut ihr beiden, mein Bus ist da. Wir sehen uns dann nächste Woche Dienstag.“
Wir umarmten uns zu dritt. Dann rannte ich zu meiner Haltestelle um den Bus nicht auch noch zu verpassen. Zum Glück erreichte ich ihn noch bevor er losfuhr, was Busse anging hoffte ich, dass es in Australien einfacher sein würde.
Auch an diesem Abend ging ich früh ins Bett, aber nur weil unser Flug schon um fünf Uhr in der früh starten würde, das hieß für uns: um spätestens drei Uhr am Flughafen, also um zwei aufstehen.
Der Morgen war ziemlich hektisch. Mein Vater rannte durch das ganze Haus, und war die ganze Zeit der Meinung, er hätte irgendetwas vergessen einzupacken.
„Dad, ganz ruhig. Selbst wenn du was vergessen hast, wäre das nicht schlimm, da wir ja in drei Tagen wieder hier sind.“
„Hast ja recht. Ich hör ja schon auf.“
„Gut, können wir dann los?“
Er nickte und schob mich in Richtung Haustür. Schnell schnappte ich meine Tasche. Dann stieg ich ins Auto, kurz danach saß auch mein Vater im Wagen. Er ließ den Motor an und fuhr zum Flughafen. Dort parkte er in einem riesigen Parkhaus mit mindestens zehn Etagen. Wir parkten ziemlich weit unten. Das war gut, denn so mussten wir nicht so weit zum Flughafen Eingang laufen.
Der Flughafen war, zu meiner Überraschung, total voll. Ich konnte mir gar nicht erklären warum, denn die Ferien waren schon lange vorbei und wir hatten ja nur Wochenende. Konnten das so viele Geschäftsleute sein? Kaum vorstellbar. Naja war mir eigentlich auch egal, ich wollte nur in unseren Flieger und dann schnellstmöglich wieder aussteigen. Mein Vater und ich legten unsere Jacken, Gürtel, Uhren und alles weitere was Metallisch war auf das Fließband, dazu legte ich noch meine kleine Umhängetasche, wo Geld und mein Handy drin war. Dann gingen wir durch den Zoll. Mein Vater ging vor; bei ihm piepte es. Also musste er zu einem Mann der ihn noch mal überprüfte. Da dieser aber nichts fand, durfte mein Vater durchgehen. Dann war ich dran. Ich ging durch das Tor und war erleichtert als es nicht piepte. Wir nahmen unsere Sachen wieder von dem Fließband und gingen zu unserem Gate von dem unser Flugzeug aus fliegen würde. Wir setzten uns auf die nicht sehr gemütlich wirkenden Stühle und warteten. Warteten darauf, dass unser Flugzeug bereit war. Auf einer Anzeige über dem Gate-Eingang hing eine Anzeigetafel auf der die Temperatur in Australien angezeigt wurde, außerdem stand da die genaue Startzeit. Eigentlich sollten wir pünktlich um fünf Uhr starten, doch aus irgendeinem Grund konnten wir erst um halb sechs starten. So saßen wir da also auf den Stühlen, die noch unbequemer waren als sie aussahen, und warteten darauf ins Flugzeug einsteigen zu dürfen. Die Uhr auf der Tafel zeigte 05:12 Uhr an. Lange dürfte es also nicht mehr dauern, dann dürften wir einsteigen. Ich starrte diese dämliche Tafel an, und für einen Moment dachte ich, sie wäre nur wegen meinem Blick auf *Einsteigen* gesprungen. Ich wusste natürlich, dass das nicht sein konnte, aber es wäre ein lustiger aber auch gruseliger Zufall gewesen. Ich stand auf und wollte zum Eingang gehen, da fiel mir aber auf, dass mein Vater neben mir eingeschlafen war. Ich rüttelte an seiner Schulter, natürlich vorsichtig, damit er aufwachen würde.
„Was wie, ich hab das Auto nicht geklaut.“
Ich guckte meinen Vater entgeistert an.
„Was hast du nicht geklaut?“
„Was? Ach nichts. Ich hab wohl geträumt. Was ist denn?“
„Wir können einsteigen.“
„Achso, dann komm.“
Wir stehen auf, nehmen unsere Taschen, zeigen unsere Karten vor und gehen ins Flugzeug. Unsere Plätze finden wir ziemlich schnell. Ich darf am Fenster sitzen. Mein Vater gibt mir noch ein Kissen aus den oberen Fächern, welches ich mir hinter meinen Kopf klemme. Schnell hole ich noch ein Kaugummi aus meiner Tasche, bevor mein Vater meine Tasche in die Fächer legt. Ich hasste den Start wie die Pest. Ich bekam immer solche Ohrenschmerzen, deshalb auch das Kaugummi, denn kauen sollte aus irgendeinem Grund dagegen helfen. Über mir blinkte das Zeichen zum anlegen der Gurte grün auf. Ich nahm meinen Gurt und schnallte diesen fest. Dann lehnte ich mich zurück und versuchte mich zu entspannen. Einigermaßen funktionierte es auch, doch die Entspanntheit verließ mich als die Räder vom Flugzeug vom Boden abhoben. Ich krallte mich an meine Lehnen fest. Meine Ohren schmerzten wie verrückt. Als wir dann endlich die Höhe erreichten war ich überglücklich, zwar legte sich der Druck auf meinen Ohren nicht, doch es tat nicht mehr weh. Ich legte meinen Kopf ans Fenster. Es war kalt, also nahm ich das Kissen und legte es dagegen. Es dauerte nicht lange, da war ich eingeschlafen. Ich wachte erst wieder auf, als mein Vater mich unsanft am Arm drückte.
„Sam, aufwachen, möchtest du ein Käse- oder Schinken – Brötchen?“
„Gibt es schon essen?“
„Ja, du hast ziemlich lange geschlafen.“
„Ich möchte bitte ein Käse-Brötchen.“
Als ich das Brötchen vor mir liegen hatte, war mir nicht ganz klar, ob ich nicht lieber ein Schinken-Brötchen genommen hätte. Doch das war wohl zu spät. So aß ich das komisch aussehende Schinken Brötchen, in der Hoffnung nicht allzu viel davon zu schmecken. Es funktionierte ziemlich gut. Nach jedem zweiten Bissen spülte ich mit einem kleinen Schluck Apfelsaft, den ich mir zum Brötchen genommen hatte, nach. Das machte die Sache wenigstens etwas erträglicher. Nach langem kauen, war die Brötchen tüte leer, und ich froh. Ich steckte die leere Tüte in den ebenso leeren Becher und nahm meine Schlafposition wieder ein. So schlummerte ich vor mich hin, bis ich, diesmal von einer Durchsage, geweckt wurde.
`Wir setzten jetzt zur Landung an, bitte schließen sie ihren Sicherheitsgurt, klappen sie ihre Tische hoch und stellen sie ihre Sitze in die waagerechte Position. Dankeschön.`
Das Gleiche wiederholte er noch einmal auf Englisch. Dann blinkte das Lämpchen mit dem Gurt über mir. Ich nahm meinen Gurt und legte ihn in den Anschnaller. Schnell steckte ich mir ein Kaugummi in den Mund und fing an zu kauen.
Die Landung ging ziemlich schnell, ehe ich mich versah, rollten wir schon auf dem Boden. Dann hörte das Lämpchen über mir auf zu blinken, und wir konnten aussteigen.
Draußen war es warm, richtig schwül. Ich zog meine Jacke aus und knotete sie mir um die Hüften. Mein Vater zerrte mich in die Richtung eines Busses, mit dem wir wohl mitfahren sollten. Wir stiegen ein und ich musste eine halbstündige Fahrt in einen überfüllten und total stickigen Bus hinter mich bringen. Umso glücklicher war ich, als der Bus endlich hielt und mein Vater mir klar machte, dass wir hier aussteigen müssten. Ich nahm meine Tasche, und stieg mit ihm aus. Erst da wurde mir bewusst das wir uns im nirgendwo befanden. Um uns herum war nichts wirklich nichts, außer brauen Felder und ein paar erbärmlich wirkende Bäume. Ich stand da wie angewurzelt und blickte auf die Felder. Als ich mich aus meiner Starre löste war mein Dad schon ein Stück die Straße entlang gegangen. Schnell lief ich ihm nach.
„Dad, warte. Woher weißt du das wir hier lang müssen und nicht in die andere Richtung? Woher weißt du, dass wir hier überhaupt richtig sind. Ich sehe hier nämlich weit und breit keine Farm auf der man leben kann.“
„Der Makler hat mir erklärt wo wir lang müssen. Jetzt hör auf zu nörgeln und komm mit.“
Ohne ein weiteres Wort ging er weiter. Ich wollte keinen Streit also folgte ich ihm. Nach einer Zeit standen wir vor einem Schild *Luckinster Farm* stand auf dem Schild.
„So heißt die Farm die ich gekauft hab. Ab hier beginnt unser Land, Sam.“
Wir gingen die Straße entlang und kamen nach einem gefühltem Kilometer an ein großes Gebäude, mit vielen weitern herum. Das musste unser neues zu Hause sein.
Es war schön, richtig schön. Ganz anders als ich es mir vorgestellt hatte. Allein die weiten und riesigen Felder die ich am Straßenrand gesehen hatte, verschlugen mir den Atem, doch das Haus war noch viel atemberaubender. Es war groß und hatte eine Verander beim Eingang. Langsam ließ ich meine Tasche sinken und ging auf die Tür zu. Ich öffnete sie und betrat das Haus. Sofort zog es mich in die erste Etage. Ich musste sehen was es da für Räume gab. Es zog mich zu einer hölzernen Tür die am Ende des Flures war. Ich öffnete sie und entgegen kam mir das Zimmer, dass ich auf den Bildern in der Mappe gesehen hatte. Das Zimmer über dem mein Name stand. Es stand kein Bett darin, dafür aber ein massiver, brauner Schrank der mir auf Anhieb gefiel. Es standen noch eine kleine Truhe an der Wand neben dem Schrank, außerdem eine Stehlampe, ein kleiner runder Tisch und ein gemütlich wirkender Sessel in dem Zimmer. Meinem Zimmer. Ich ging zum Fenster und blickte hinaus. Ich hatte tatsächlich einen Blick über den ganzen Hof und über weite Felder hinter unserem Hof.
„Na wie gefällt es dir hier?“
Mein Vater stand in der Tür.
„Ich hab dem ehemaligen Besitzer gesagt, er soll das Bett mitnehmen. Du hängst schließlich sehr an deinem.“
„Dad, es ist wunderschön hier, ich hab zwar noch nicht sehr viel von dem Hof gesehen, aber was das Zimmer und das Haus betrifft: Es ist der Hammer. Und das mit dem Bett ist klasse. Danke.“
„Na gut, dann lass uns mal den Rest erkunden. Neben deinem Zimmer ist übrigens ein Bad, das nur du nutzen kannst wenn du möchtest.“
Ich brauchte nicht zu antworten, ich glaubte mein Dad sah auch so an meinem lächeln dass ich mehr als einverstanden war.
Wir gingen wieder runter und raus auf den Hof. Es waren noch drei weitere Gebäude auf dem Hof. Das eine sah von außen schon aus wie ein Stall und als wir es betraten, sah es auch aus wie einer. Es war ein riesiger Stall mit Maschinen auf der rechten Seite und Stallungen auf der linken und hinteren Seite.
„Was sind das für Maschinen, Dad? Sehen aus wie große Rasierer.“
„Das sind auch Rasiere, naja eher Schermaschinen für unsere Schafe.“
„Wo sind die Tiere überhaupt?“
„Die Tiere sind noch auf einem Nachbarhof. Wir holen sie erst ab wenn wir endgültig hier sind. Wer soll sie hier denn sonst füttern?“
„Stimmt darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Dann sind das hier also die Stelle für die Schafe?“
„Ja zumindest die großen mit dem Auslauf nach draußen. Die anderen sind für unsere Rinder. Na gut lass uns die anderen zwei Gebäude noch angucken.“
Wir gingen aus dem Stall und betraten einen weiteren, jedoch kleineren.
„Das ist der Pferdestall und wenn du möchtest wäre hier sogar noch Platz für Hühner. Das können wir uns ja noch überlegen.“
Wir gingen wieder auf den Hof und wollten uns das letzte Gebäude noch anschauen. Es war ein flaches langes Gebäude, mit einer Verander vorne und zwei Türen.
„Das sind kleine Wohnungen, für Arbeiter, wenn wir welche einstellen.“
Damit hatte ich ja jetzt nicht gerechnet. Das schien mein Vater mir anzusehen, und zog mich weiter. Hinter dem Haupthaus war eine kleine Fläche eingezäunt. Das war wohl für die Pferde. Außerdem war dort ein Carport wo Platz für mindestens zwei Autos war. Eins stand dort bereits.
„Ist das unser Auto, Dad?“
„Ja das hab ich auch gekauft. Unser Auto in Deutschland werde ich am Dienstag verkaufen.“
Das überraschte mich nicht. Wie sollten wir unser Auto auch nach Australien bekommen? Wir flogen ja schließlich. Naja, das war eine unwichtige Frage, da wir ja nun ein anderes hatten. Es war ein Jeep mit offener und großer Ladefläche hinten. Trotzdem hatte es hinter Beifahrer und Fahrer noch Platz für drei weitere Mitfahrer. Wie in unserem alten Auto nur mit verlängertem Kofferraum! Neben dem überdachten Carport war ein offener Schuppen mit allem mir bekannten und auch unbekannten Werkzeug. Es sollte uns wohl an nichts fehlen. Wir gingen wieder zur Verander des Haupthauses. Ich stellte mich an das Geländer. Da fiel mir neben dem Pferdestall ein Beet auf.
„Da, ist das dort hinten, neben dem Pferdestall ein Gemüsebeet?“
„Wo?“
„Na dort hinten, rechts neben dem Pferdestall.“
Ich zeigte mit dem Finger in die Richtung.
„Ach da, ja ich denke schon.“
„Ich geh mal gucken. Vielleicht ist es auch nur ein Rest Mist.“
Mein Vater lachte, und ich lief zu der Stelle. Tatsächlich, es war ein Beet nur war nichts von Gemüse oder sonst irgendetwas in der Art zu erkennen. Es war über und über mit Unkraut überseht. Das würde ich in Ordnung und das Beet zum blühen bringen, wenn wir hier einziehen würden.
Ich lief zurück zur Veranda und stellte mich neben meinen Vater.
„Dad, es war eine gute Endscheidung, diese Farm zu kaufen.“
„Es ist schön das von dir zu hören, Sam. Dann bist du also damit einverstanden es hier zu versuchen?“
„Ja.“
Mein Vater legte seinen Arm um mich und drückte mich. So standen wir da nun, glückliche Besitzer einer wunderschönen und riesigen Farm in Australien. Es würde vieles auf uns zu kommen, Probleme, Glücksmomente, Streits. Doch ich war sicher es würde schön werden. Egal was uns erwarten würde:
Ich war für dieses Abenteuer bereit.

Als ich am Dienstag meinen Freundinnen erzählte wie toll es in Australien war, freuten sie sich richtig für mich. Dennoch waren sie traurig, dass es mir gefiel. Sie wollten nicht dass ich gehe. Ich fand es total süß von ihnen, war aber selbst auch total enttäuscht, traurig und sauer auf mich selbst. Ich wollte sie nicht zurücklassen. Es würde ein schwerer Abschied mit vielen Tränen werden. Doch daran wollten wir alle noch nicht denken.
Der Unterricht war wie immer langweilig. Doch andererseits wusste ich nicht wie die deutsche Schule in Australien sein würde, also ‚genoss’ ich den Unterricht.


Zu Hause stand ich vor meinen Regalen und überlegte wie ich dieses ganze Gerümpel in Kartons bekommen sollte. Aber vor allem wie lange ich dafür brauchen würde sie überhaupt in Kartons zu verstauen. Ich überlegte, es genauso zu machen wie meine Tante Ella, die bei meinen Cousins immer einen langen Arm macht wenn der Schreibtisch nicht aufgeräumt ist. Das könnte ich auch machen; Karton auf, mit dem Arm alles aus dem Regal schieben und möglichst viele Treffer in den Karton erzielen. Ich fand meine Idee ziemlich gut, nur als ich meinem Dad davon erzählte hielt er mich für dämlich; ‚dann würden doch all deine Sachen kaputt gehen‘. Da hatte er allerdings recht. Er schlug mir vor jeden Tag einen Karton vollzupacken, dann würden meine Regale sich nach und nach leeren und die Kartons sich nach und nach für den Umzug füllen. Genauso machte ich es dann auch. Jeden Tag packte ich einen Karton mit allerlei Krimskrams voll. Und war erstaunt wie schnell die Regale leer waren. Überrascht war ich auch darüber, Dinge wiedergefunden zu haben von denen ich entweder dachte sie wären mittlerweile bei irgendeinem Kobold gelandet oder ich hab sie ausersehen weggeschmissen. So fand ich beispielsweise mein grünes Jojo wieder und einen aufblasbaren Ring für den Strand – natürlich war er nicht aufgepustet!
Noch eine Woche dann würden wir fliegen.
Mein Zimmer sah mittlerweile aus wie ... ja, wie beschreibt man das?
Meine Mutter hätte gesagt:
„Hier sieht’s ja aus wie bei den Hotten Totten!“
Meine Tante Ella hingegen:
„Ist hier ein Wirbelsturm durch das Zimmer gefegt?“
Aber mein Vater sagte als er mein Zimmer betrat:
„Mensch das sieht ja gut aus, dann können wir ja bald los.“
Ich grinste ihn nur an. Daraufhin verließ er etwas verwirrt den Raum. Er konnte ja nicht wissen, dass ich gerade genau das Gegenteil gedacht hatte!
Beim Abendbrot fing mein Vater dann von einer Abschiedsfeier an.
„Wir könnten sie sogar bei uns im Wohnzimmer machen, ist ja so gut wie leer. Wäre doch nett oder nicht?“
„Ehrlich gesagt Dad, hab ich darauf keine Lust, ich möchte kein Drama draus machen, ein normaler Abschied macht mir schon Angst und den würde ich nur mit meinen Freundinnen abhalten wollen, nicht mit allen möglichen Leuten aus der Schule die ich kenne, das wäre zu viel.“
„Ist okay, kann ich verstehen. Dann eben keine Abschiedsparty.“
„Danke Dad, war trotzdem eine nette Idee. Wenn das okay ist, geh ich jetzt noch mal zu Claire. Liberty ist auch da. Sie wollten mir noch irgendetwas erzählen.“
„Ja na klar, geh ruhig. Meld dich bei mir und ich hol dich dann ab.“
„Danke Dad.“
Ich stand auf und brachte den Teller in den Mülleimer.
Schnell stapfte ich die Treppe hinauf um mir eine ordentliche Hose anzuziehen, ich konnte ja nicht in Jogginghose zu meinen Freundinnen fahren. Mittwochs war Claire immer bei Liberty weil sie nach der Schule zusammen Nachhilfe bekommen und da der Nachhilfelehrer dichter bei Claire wohnt kommt er zu ihr und Liberty eben auch.
Ich schlüpfte in eine der wenigen Hosen die noch einigermaßen sichtbar waren in diesem Chaos und lief die Treppe wieder runter. Bei der vorletzten Stufe kam ich ins stolpern konnte mich aber gerade noch rechtzeitig am Geländer vor einem Sturz bewahren. Sicher unten angekommen schlüpfte ich in meine Chucks, nahm meine Jacke vom Geländer und verließ das Haus. Vor der Tür fiel mir dann ein, dass ich nicht mit dem Fahrrad fahren konnte da das schon mit einem der letzten Lastern nach Australien transportiert wird. So ein Mist, jetzt musste ich auch noch laufen.
Nach einem, mir ewig vorgekommenem Fußmarsch stand ich endlich vor Claires Haustür. Im ganzen Haus war es auf einmal dunkel, obwohl ich von weitem nach gesehen hatte wie im ganzen Haus Licht brannte. Ich klingelte.
Im Flur ging Licht an und Claire öffnete die Tür.
„Sam, hallo, komm doch rein, wir warten schon auf dich.“
Claire hatte so ein vergnügtes grinsen drauf, das richtig unheimlich war.
„Wo ist denn Liberty? Und ist euer Nachhilfelehrer schon weg? Ich will nicht stören.“
„Nein, nein der ist schon weg, aber du hättest auch nicht gestört. Jetzt zieh mal erstmal deine Jacke aus und komm mit ins Wohnzimmer. Liberty und ich haben schon einen Film angefangen.“
Ich tat was sie sagte und hing meine Jacke in den Wandschrank hinter der Haustür, dann folgte ich Claire ins Wohnzimmer. Meine Schuhe behielt ich an, das machten wir immer so, ist auch eine lustige Geschichte. Wir gucken viel und gerne Amerikanische Filme und in amerikanischen Filmen haben die Schauspieler immer Schuhe an, in jedem Raum ihres Hauses. Wir haben uns gedacht: warum wir nicht auch? Seitdem laufen wir, zumindest bei Claire, weil da alles gefliest ist, mit Schuhen rum!
Claire machet die Tür zum Wohnzimmer auf, doch da war es dunkel drin. Das schien sie aber nicht zu stören sie ging einfach rein ohne das Licht anzumachen. Ich folgte aber griff aber sofort nach dem Lichtschalter. Es machte ‚klick’ und das Licht ging an. Im selben Augenblick kam ein lautes ‚Überraschung’ und ich fand mich vor meinem kompletten Jahrgang wieder. Das hatten sie nicht wirklich getan?

Kapitel 3


Das konnte doch nicht ihr Ernst sein. Erst bequatscht mich mein Vater damit eine Abschiedsparty zu machen und dann planen meine Freundinnen hinter meinem Rücken eine. Wahrscheinlich wusste mein Vater auch bescheid, sonst hätte er nicht so mit dem abholen reagiert. Verräter.
So stand ich da nun in dem Wohnzimmer meiner besten Freundin, wahrscheinlich mitoffenem Mund und wusste nicht was ich machen sollte. Dann kam Liberty auf mich zu und umarmte mich.
„Ist das nicht toll? Als du nicht da warst letzte Woche, haben Claire und ich allen erzählt was los ist. Wir waren alle gleich einer Meinung, der dass du nicht ohne ordentliche Abschiedsparty unser Land verlassen darfst. Da hat es sich gleich angeboten dass Claires Eltern diese Woche nicht da sind.“
So war das also, eine Entscheidung des gesamten Jahrgangs. Das rührte mich schon irgendwie. Aber Stopp. Das änderte nichts an der Tatsache dass ich keine Abschiedsparty wollte. Was machte ich hier überhaupt?
„Sorry, aber ich muss wieder gehen.“
Ich drehte mich um und wollte das überfüllte Wohnzimmer verlassen, doch Claire hielt mich am Arm fest.
„Du kannst doch jetzt nicht einfach gehen. Wir haben uns alle solche Mühe gegeben, diesen Abend zu etwas besonderem werden zu lassen. Wir haben sogar mit Herrn Trenker gesprochen damit wir morgen zur zweiten Stunde kommen können um heute nicht schon um zehn Uhr Schluss machen zu müssen.“
Das hatten sie gedacht? Egal wie ich mich mit der Abschiedsparty fühlte, jetzt wollte ich den anderen den Abend nicht verderben.
„Wenn ihr euch so viel Mühe gegeben habt, warum höre ich denn gar keine Musik?“
„Die kannste haben.“ Kam es aus der hintersten Ecke des Raumes. Der Stimme zu urteilen musste das Jochen sein. Der legte bei vielen Partys auf und das nicht mal schlecht. An der Musik sollte es also nicht scheitern!
Ich schnappte mir Liberty und Claire und zog sie in die Mitte des Raumes um zu tanzen. Wir waren zwar die Ersten die tanzten doch nach einiger Zeit tat es uns fast der komplette Jahrgang gleich. Nach vier Liedern des non-stop-tanzens brauchte ich eine Pause und etwas zu trinken. In der Küche stand reichlich Auswahl, ich nahm mir eine Fanta und trank fast die halbe Flasche leer, ich hatte nun mal durst! Nachdem ich diesen gestillt hatte ging ich wieder in das Wohnzimmer wo immer noch alle fröhlich durch die Gegend hüpften und es tanzen nannten! Ich brauchte allerdings noch ein Pause und setzte mich deshalb auf eine der, an die Seite geschobenen, Couch.
Ich konnte es gar nicht fassen, dass ich die Leute in zwei Tagen für eine unvorhersehbare Zeit nicht mehr sehen würde. Ich mein es gab schon ein paar Leute bei denen es mich überhaupt nicht störte sie nicht mehr sehen zu müssen. Da war zum Beispiel Francis. Ein Mädchen wie sie gab es wohl in jedem Jahrgang. Dumm, naiv, glaubt noch dass die Welt eine Scheibe ist und jeder Junge hinter ihr her ist. Wie gesagt, so eine gibt es in jedem Jahrgang! Oder Gert, unsere kleine Petze. Egal wer oder wann irgendwann mal eine Stunde nicht da sein sollte, vorher aber in der Schule war, derjenige konnte davon ausgehen, dass Gert ihn verpetzte. Und Jana. Sie würde ich nicht vermissen weil ich mit ihr einfach nichts zu tun hatte. Nicht weil wir nicht die Möglichkeiten hatte, sondern weil ich sie einfach nicht mochte, beziehungsweise die Art wie sie andere Menschen behandelt. Naja diese Leute würde ich nicht vermissen, dafür aber umso mehr die ich vermissen werde. Doch das wollte ich erstmal hinten anstellen und weiter tanzen.
Ich stand auf und ging zu Liberty die auf einer Fensterbank lehnte und in die tanzende Menge blickte. Ich nahm sie am Arm und zog sie in die Mitte des Raumes.
„Komm, wir sind doch nicht hier um blöd in der Ecke zu stehen, lass uns tanzen.“
Das taten wir dann auch, aber wie, ich wusste gar nicht dass Liberty solche moves drauf hatte. Das schien den anderen wohl auch so zu gehen, denn es hörten alle auf zu tanzen und guckten Liberty zu, die das gar nicht richtig mitbekam. Nach und nach bildete sich ein Kreis um uns herum und alle klatschten im Takt der Musik. Ich hatte mich in der zeit geschickt in den Außenkreis gestellt und klatschte, wie alle anderen, mit der Musik. Liberty wurde erst bewusst was geschah als ein anderes Lied anfing und nur noch das Klatschen zu hören war, sie blickte geschockt in die Runde und lief total rot an. Ich hörte einige Jungs pfeifen und wenn ich mich so umsah nickten alle beeindruckt. Um die Peinlichkeit, die Liberty im Gesicht stand zu überbrücken gesellte ich mich zu ihr in die Mitte und gab ihr high five.
„Das war der Hammer Liberty. Wo hast du nur diese Moves her?“
„Ähm, ja …..also…!“
Jetzt stand ihr die Sprachlosigkeit im Gesicht geschrieben.
„Lass uns was trinken gehen. Du hast doch bestimmt durst nach deiner Tanzaktion!“
Dankend hakte sie sich bei mir ein und wir gingen in Richtung Tische auf denen die Getränke standen.
„Das nächste mal kannst du alleine tanzen.“
„Nu sei doch nicht so. Allen hat es gefallen, na gut ich hätte dir sagen können, dass alle zu gucken. Aber dann hätte keiner deine richtigen Moves gesehen.“
Sie grinste nur und versteckte dann ihr Gesicht hinter ihrem Glas.
„Hey Liberty, das war gerade der Wahnsinn. Wie konntest du mir nicht erzählen dass du eine Tanzgöttin bist.“ Claire sah wirklich etwas wütend aus!

„Jetzt hört aber mal auf, das sah bestimmt total affig aus und außerdem war das so auch gar nicht geplant. Eigentlich hat Sam mich gezwungen zu tanzen. Also bist du Schuld Sam wenn ich jetzt den Rest meines Schullebens damit verbringen muss von allen schräg angeguckt zu werden.“
„Jetzt mach aber mal halblang“, verteidigte mich Claire, „keiner wird dich schief angucken, die sind alle total beeindruckt von dir.“
„Na ich weiß ja nicht. Immerhin seid ihr zwei auch super Tänzerinnen!“
Claire und ich sahen uns an und verdrehten nur die Augen. Wie konnte jemand nur so wenig Selbstvertrauen haben? Doch wir wollten nicht weiter darüber reden und wussten dass Liberty dies sehr begrüßen würde. Dennoch bekam sie für den Rest des Abends ständig Komplimente egal ob von Männlein oder Weiblein. Ich amüsierte mich den Rest des Abends eigentlich auch noch ziemlich gut und war ziemlich froh dass Claire und Liberty diese Party für mich organisiert hatten. Als Liberty gegen halb zwölf dann alle nach Hause schickte verabschiedete ich mich von allen die ich am morgigen Tag noch in der Schule sehen würde, aber auch von denen die nicht auf unsere Schule gingen, in diesem Fall für immer. Für immer. Das warne zwei lange Worte. Ich traute mich gar nicht darüber nachzudenken. Es tat weh und eigentlich wollte ich ja auch nicht für immer gehen. Natürlich würde ich Claire und Liberty besuchen kommen, und sie mich hoffentlich auch. Doch mit den ganzen Leuten aus der Schule und generell die Leute, die auf der Party waren würde es mit dem Kontakt auf Dauer schwierig werden. Und so passten die Wörter – wenn auch ungewollt – ziemlich gut.
Nachdem alle gegangen waren, half ich noch beim aufräumen und rief währenddessen schon mal meinen Vater an, damit er mich abholen kam.
Das der das wortwörtlich mit dem schnell kommen nahm konnte ja keiner ahnen, so stand er schon vor der Tür als wir mit dem aufräumen gerade fertig waren.
„Der kommt doch nie pünktlich.“ Sagte ich und schüttelte den Kopf dabei.
„Langsam müsstest du aber wissen, dass Eltern in der Regel dann pünktlich sind, wenn sie es nicht sollen!“
Claire hatte ja so Recht.
„Na dann sehen wir uns morgen. Ich danke euch für die tolle Party auch wenn ich es nicht witzig fand, dass sie hinter meinem Rücken geplant worden ist.“
„Wir wussten doch ganz genau, dass du das nicht wolltest. Aber sie war ja trotzdem schön.“
„Das war sie wohl. Vielen dank. Ihr seid echt die Besten. Wir sehen uns dann morgen.“
Ich nahm beide in den Arm und stieg dann zu meinem Vater ins Auto.
Er grinste mich an.
„Was grinst du so blöd. Mit dir hab ich auch noch ein Hühnchen zu rupfen!“
„Lass uns das aber in Australien machen.“ Sein grinsen wurde breiter.
„Sehr lustig. Nein mal im Ernst. Du hättest mir ruhig mal sagen könne, was mich bei Claire zu Hause erwartet. Das war echt nicht fair.“
„Was hätte ich denn sagen sollen? ‚zieh dir lieber noch was besseres an, Claire und Liberty warten nämlich mit einer Party zu Hause?’“
„Ja genau so was hab ich von dir erwartet.“
„Sicherlich hast du das, aber du wärst nicht mehr gegangen.“
„Da hast du wohl Recht. Aber jetzt war ich ja da, bin jetzt müde und will nach Hause in mein Bett. Ähm, auf meine Matratze!“
Mein Vater ließ den Motor an und fuhr nach Hause. Es fühlte sich jetzt schon wie ein Abschied an. Wie oft würde ich wohl solche Abende mit Claire und Liberty noch haben, wenn ich erstmal in Australien war? Richtig. Gar nicht mehr.

Ich verpasste meinem Handy einen Stoß, sodass es durch den ganzen Raum rutschte und schließlich an der Wand zum stoppen kam, ohne Möbel gab es ja kein Hindernis! Allerdings hatte es nicht den gewünschten Effekt. Es schellte immer noch fröhlich vor sich hin und zwang mich regelrecht dazu aufzustehen. Was für eine hinterhältige Tur.
Mit sehr wenig Wille kroch ich unter der Bettdecke hervor rutschte ein Stück nach links und lag sofort auf dem kalten Fußboden. Ich konnte mich nicht daran gewöhnen nur auf einer Matratze zu schlafen. Aber das würde ja bald zu Ende sein. Ich robbte auf allen vieren zu meinem Handy und schaltete den Ton aus. Ich hatte extra einen ganz schrecklichen Klingelton als Weckruf genommen, einen der bereits auf dem Handy gespeichert war (die sind am schlimmsten), doch jetzt ärgerte ich mich dafür. Doch zum Glück konnte ich das Grauen mit einem Klick ausschalten. Endlich Ruhe.
„SAM! Bist du wach, oder muss ich erst hoch kommen und dir die Bettdecke wegnehmen?“
„Nicht nötig ich bin schon wach.“ Das klang bestimmt nicht überzeugend!
„Ich kann dich auch samt Matratze ins Badezimmer ziehen!“
„Nein, Dad ist okay, ich bin wach, hörst du?“ Ich schleppte mich zur Tür und ließ im Badezimmer das Wasser an, klatschte mir eine Ladung kühles ins Gesicht und schrie: „Ich bin wach!“ Ich dachte das hat mein Vater überzeugt, zumindest sagte er nichts mehr. Schnell brachte ich die Katzenwäsche hinter mich und verschwand dann wieder in meinem Zimmer. Ich hätte mich am liebsten vor meinen schönen Kleiderschrank gestellt und mir überlegt was ich heute anziehen sollte. Doch das ging nicht mehr denn dieser war schon unterwegs zu seinem neuen Platz! So musste ich mich mit dem Blick in meine Koffer zu Frieden geben. Ich hatte wenig Lust die ganzen Koffer zu durchwühlen also nahm ich von jedem das oberste Teil und entschied mich in der Auswahl für ein rotes Top dass locker fiel und unten ein Bündchen hatte, da es etwas länger war zog ich einfach eine schwarze Leggings drunter und fertig war ich. Im Bad gab ich meinen Wimpern noch etwas Maskara. Dann band ich meine Haare zu einem Pferdeschwanz und ließ den Ponny über mein Gesicht fallen.
„Sam? Das Frühstück wartet nicht länger, gleich räum ich ab.“
„Ja, ja ich komm ja schon.“ Das Elter ein immer so hetzten muss! Schnell griff ich aus meinem Zimmer noch eine Kette und ein Armreifen und machte beides während des Treppenabstieges um. Unten angekommen gab ich meinem Dad einen Kuss auf die Wange und wünschte ihm einen Guten Morgen. Dann setzte ich mich an den provisorischen Tisch und verschlang gleich ein Brot mit Marmelade.
„Jetzt schling doch nicht so, du musst zwar in 2 Minuten los, wenn du den Bus noch kriegen willst, aber mach dir keine Hektik.“
Sehr witzig. Was wollte er mir damit sagen? ‚Ich will nicht dass du so schlingst aber beeil dich trotzdem’? Manchmal verstand ich meinen Vater einfach nicht. Ich entschied mich dafür kein weiteres Brot zu essen. Stattdessen nahm ich meine Schultasche und steckte die, von meinem Vater liebevoll verpackte Brotdose in meine Tasche und ging zum Bus. Gerade an der Haltestelle angekommen kam er auch schon. Er war noch leer also hatte ich die freie Platzwahl. Ich setzte mich auf einen vierer, ich mochte es nämlich gerne rückwärts zu fahren. Ich kramte meine Musik aus meiner Tasche und schaltete sie ein. Vertieft in die Texte der Lieder die aus meinem MP3-Player kamen, sah ich aus dem Fenster. Dabei merkte ich gar nicht wie sich der Bus nach und nach füllte. Ich dachte nach. Und als wir in der Schule ankamen wurde mir klar, dass ich nur noch 5 Tage mit meinen Freundinnen haben würde.
Der Rest des Schultages verlief ziemlich normal. Der Unterricht langweilig, die Pausen amüsant. Eigentlich wie jeder normale Schultag. Dafür dankte ich meinen Freundinnen. Sie machten einfach so weiter als würde nichts sein, als würde ich einfach bleiben und gar nicht wegziehen. Sie machten kein Drama draus, obwohl ich es am liebsten gemacht hätte! Aber ich tat es ihretwegen nicht und ich glaubte sie machten es aus demselben Grund auch nicht. So liefen die restlichen Tage an mir vorbei und ich verdrängte nach und nach, dass die Tage gezählt waren.
Dann war es Freitagmorgen. Ich wollte nicht aufstehen, dachte es würde etwas ändern wenn ich auf krank machte, aber ich wusste eigentlich, dass das nichts ändern würde. Also schleppte ich mich so träge wie ich noch nie war ins Badezimmer.
Als ich unten am Tisch saß konnte ich mich nicht erinnern mir die Zähne geputzt zu haben geschweige denn mich angezogen zu haben! Gedankenverloren aß ich das was mein Vater vor mich stellte. Schnell hatte ich es heruntergewürgt ohne wirklich Hunger gehabt zu haben. Meine Gedanken waren woanders, wo genau wusste ich nicht, nur nicht hier. Nicht bei diesem Tag, nicht bei der Verabschiedung die auf mich zukommen würde, nicht bei dem was vor mir lag. Ich zog mir meine Jacke über und ging zum Bus.
Als dieser kam, stieg ich ein und fuhr – vorwärts – das letzte Mal zu meiner Schule.
Mir fiel ein, dass ich den ganzen morgen über kein Wort mit meinem Vater geredet hatte. Er sollte nicht denken ich sei böse auf ihn. Ich hatte mich ja eigentlich schon damit angefreundet nach Australien zu ziehen. Jedoch nicht an die Tatsache, dass ich meine Freundinnen nicht mehr sehen werde. Heute war Tag des Abschiedes und doch wollte ich es zu keinem richtigen Abschied machen. Mir kreisten die Worte für immer im Kopf. Doch das waren genau die zwei Worte die ich nicht hören wollte und vor denen ich weglief. Konnte und durfte das alles gewesen sein? Nein. Ich wusste dass ich in Australien nicht alleine sein würde. Ich würde mit Claire und Liberty schreiben, und wenn ich dafür mitten in der Nacht aufstehen müsste. Das wäre es mir wert. Mit dieser Entscheidung löschten sich die Worte für immer von selbst aus meinem Kopf und darüber war ich glücklich. Plötzlich rüttelte jemand an meiner Schulter. Ich blickte zur Seite und sah einem verärgerten Mann in die Augen.
„Würdest du jetzt bitte so freundlich sein und aussteigen? Ich hab nämlich auch noch andere Touren zu fahren.“
Ich sah mich um und tatsächlich war der komplette Bus bereits leer. Schnell nahm ich meine Tasche, entschuldigte mich bei dem Busfahrer und stieg aus. Mir fiel auf, was für ein schöner Tag es heute war. Ich verstand es nicht, wieso konnte es an einem solchen Tag nicht wenigstens regnen? Warum musste ausgerechnet dann die Sonne scheinen, wenn es mir nicht so gut ging? Ich fühlte mich echt verarscht.
Es verging nicht viel Zeit und es klingelte zur ersten Stunde. Die hatte ich leider ohne Liberty und Claire, da ich zusätzlich noch Spanisch gewählt hatte. Ich bekam von dem Unterricht nicht sonderlich viel mit und ehrlich gesagt war es mir auch inzwischen egal was putzen auf Spanisch hieß oder wie man das Futur 2 bildet. Ich würde an meiner neuen Schule sowieso kein Spanisch mehr haben. So verging die Stunde so schnell wie eine Schnecke einen Marathon laufen würde, nämlich sehr langsam. Doch nach einer endlos langen Zeit klingelte es endlich zur Pause und ich suchte Liberty und Claire. Ich wollte ihnen nämlich sagen dass sie doch nicht mit zum Flughafen kommen sollen. Ich glaubte es wäre besser für uns alle wenn wir uns vor meiner abreise bei mir zu Hause verabschieden würden. Der Flughafen würde dieses endgültige nur noch mehr unterstreichen und das wollte ich nicht.
Zum Glück verstanden sie das und diskutierten mit mir nicht länger darüber sondern meldeten sich für 14Uhr bei mir an. So war die Pause auch so schnell wieder vorbei wie sie angefangen hatte! Doch den Rest des Schultages bekam ich n ur noch hinter einer Nebelschicht mit. Ich sah nirgends direkt hin, passte in keinem der heutigen Fächer auf, noch ging ich auf irgendwelche ragen von meinen Mitschülern ein. Am Ende des Schultages standen viele von meinen Jahrgang vor meiner Klassentür. Sie umarmten mich alle nach und nach und wünschten mir eine schöne Reise. Unser Jahrgangssprecher Michel überreichte mir dann noch ein Foto von uns allen und das war der Zeitpunkt an dem ich anfing zu weinen. Ich hatte mir die ganze letzte Woche immer wieder gesagt: ‚du weinst nicht, du bleibst stark’ und jetzt stand ich hier inmitten von meinen Freunden mit einem Bild von ihnen in der Hand und tat genau das was ich nicht tun wollte: weinen.
„Ich danke euch. Ich werde euch alle sehr vermissen. Aber ich muss jetzt los bevor ich noch mehr heule!“ Schnell rannte ich aus der Schule und stieg in das Auto von meinem Vater der mich an diesem Tag von der Schule abholte. Ich dankte ihm dafür dass er nicht fragte wie der Tag war sondern einfach nur da saß und nichts sagte.

Wir waren um halb zwei zu Hause. Ich ging sofort in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Dann ließ ich mich mit dem Rücken an der Tür nach unten gleiten bis ich saß. Ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen und kämpfte mit den Tränen. Doch ich musste mir klar machen dass es ersten weder mir noch meinen Freunden etwas brachte wenn ich hier saß und heulte, zweitens noch meine Taschen sich für den Flug selbst packen würde. Also wischte ich meine Tränen weg und machte mich ans einpacken. Viele Sachen hatte ich nicht mehr die einzupacken hatte. Das meiste war schon unterwegs nach Australien. ‚Hoffentlich kommt da alles gut an’, dachte ich als ich meine Zahnbürste und alles andere aus dem Badezimmer holte. Ich brauchte lediglich noch einen ganz normalen Reisekoffer und meine Umhängetasche die ich auch mit zur Schule nahm. Schnell war der Koffer voll gepackt mit den restlichen Klamotten die noch im Zimmer herum lagen. Vorher suchte ich noch eine bequeme Jogginghose die ich zum Flug tragen wollte da wir ja fast einen ganzen Tag fliegen würden. Auch hatte ich mir einen lockeren Kapuzenpulli für die Reise aufgehoben und ihn noch nicht auf die Reise nach Australien geschickt. Ich zog unter den Kapuzenpulli noch schnell ein luftiges Top, da es in Australien ziemlich warm sein würde. Schnell hatte ich meine Kleidung gewechselt und konnte die anderen im Koffer verstauen. Dann fiel mir das Foto ein, das mir meine Klassenkameraden geschenkt hatten, ich holte es aus meiner Schultasche hervor und packte es gut gepolstert zwischen meine Kleidung. Das Gleiche tat ich auch mit ein paar Schneekugeln die ich lieber auf eigene Verantwortung mitnehmen wollte, als sie mit dem Transporter auf reisen zu schicken. In meine Umhängetasche stopfte ich Stifte, einen Block, mein Handy, eine Kamera, Taschentücher, Kaugummi und mein Kissen. Mit diesen paar Sachen war sie aber auch schon voll, das schien aber an dem Kissen zu liegen! Langsam zog ich den Reißverschluss des Koffers zu und zog ihn zur Tür, dann stellte ich meine Tasche darauf und blickte mich noch einmal um. Wieder musste ich meine Tränen unterdrücken. Ich nahm die Kamera aus meiner Tasche und machte ein Foto von meinem leeren Zimmer. Tatsächlich hatte ich dann ein lächeln auf den Lippen: Ich freute mich auf mein schöneres neues Zimmer! So ging ich durch alle Räume in der ersten Etage und machte jeweils ein Foto von den leeren Räumen. Dann nahm ich den Koffer aus meinem Zimmer und trug ihn die Treppe hinunter, stellte ihn an die Haustür und suchte nach meinem Vater. Ich wollte ihn nicht rufen, da es ohne Möbel so unheimlich laut hallte. Ich musste auch nicht lange suchen, ich fand ihn in seinem alten Bürozimmer. Er packte unsere Papiere in eine kleine Tasche die er wohl als Handgepäck mitnehmen wollte. Gerade wollte ich ihn fragen ob ich ihm helfen soll da klingelte es. Langsam ging ich zur Tür, denn ich wusste wer dort stehen würde. Ich wollte den Abschied so weit wie möglich nach hinten schieben. Doch dann war ich an der Tür angekommen, eigentlich hatte ich vor vorher noch übermeinen Koffer zu stolpern aber irgendwie klappte das nicht so wie ich wollte. Also öffnete ich die Tür und sah in die traurigen Augen von meinen Freundinnen. Ich musste sie noch nicht einmal Reinbitten da fielen sie mir schon um den Hals.
„Wir werden dich so vermissen.“ Claire weinte bereits.
„Ich werde euch doch auch unheimlich vermissen.“
„Du musst uns schreiben, jeden Tag, oder jeden zweiten, einmal in der Woche wäre auch okay, aber melde dich bei uns.“
„Das werde ich versprochen, aber ihr müsst auch antworten.“
Mittlerweile heulten wir alle und schluchzten ehre als richtige Worte zu sprechen.
„Sam?“
„Ja Dad?“
„Bist du fertig mit deinen Koffern?“
„Ja Dad, leider.“ Das leider sagte ich leise sodass nur Claire und Liberty es hören konnten. Wieder nahmen sie mich in den Arm.
„Wir müssen dann nämlich los. Es ist schon halb drei.“
Wir standen da schon eine halbe Stunde vor der Tür und heulten uns gegenseitig die Klamotten nass? Es wunderte mich nicht, denn ich hatte seit dem heutigen Tag mein komplettes Zeitgefühl verloren.
Ich löste mich aus der Umarmung und blickte meinen Vater an der hinter mich getreten war.
Er guckte mich traurig an. Wahrscheinlich wusste er, dass ich ihm in dem Moment am liebsten den Kopf abgerissen hätte! Dann nickte ich ihm zu und drehte mich wieder um. „Ich denke jetzt ist es soweit. Wir müssen zum Flughafen. Tut mir ein gefallen und winkt mir wenn ihr das Flugzeug über euch seht. Ich schreib euch wenn wir in Dubai sind, zum Zwischenstopp.“
„Das hoffen wir doch.“ Claire weinte immer noch.
„Wir werden dir winken.“ Liberty hatte sich inzwischen unter Kontrolle.
Ich musste mich ganz schön zusammenreißen um nicht wieder das weinen anzufangen, dass ich vor gut einer Minute beendet hatte. Claire und Liberty halfen mir damit meinen Koffer ins Auto zu hieven. Dann gingen wir zurück ins Haus um den Koffer von meinem Vater zu holen. Das überlies ich ihnen da ich noch die restlichen Fotos von der unteren Etage brauchte. So ging ich jeden leeren Raum noch einmal durch und machte von jedem ein Foto. Als ich das Haus verließ und Dad die Tür zuschloss fühlte ich mich zu meiner Überraschung erleichtert. Ich wusste nicht wieso, aber es fühlte sich zur Abwechslung mal gar nicht so schlecht an. Doch das Gefühl verflog wieder ganz schnell als mein Vater den Motor des Autos anließ und mich bat einzusteigen. Ein letztes Mal für eine lange Zeit, nahm ich meine Freundinnen in den Arm und gab jeder von ihnen einen Kuss auf die Wange. Jetzt war auch der passende Zeitpunkt ihn die Freundschaftsbänder zu schenken die ich vergangene Woche in der Stadt gekauft hatte. Es waren silberne Armbänder mit jeweils einem Herz daran. Das Herz konnte man aufklappen es waren immer zwei Fotos drin, bei mir Claire und Liberty, bei Liberty Claire und ich und bei Claire Liberty und ich.
Ich gab jeder von ihnen ein Päckchen wo die Armbänder drin waren.
„Macht sie aber erst auf wenn ich weg bin, okay?“
„Ja ist okay.“ Sagten beide im Chor. Es zauberte ein lächeln auf unsere Gesichter und da war für mich der perfekte Augenblick gekommen ins Auto zu steigen, mich anzuschnallen, los zu fahren und so lange zu winken bis sie mich schon lange nicht mehr sehen würden.

Kapitel 4


Der Flug war lang und ziemlich anstrengend. Ich war ziemlich froh darüber, dass mein Zimmer schon so gut wie eingerichtet wurde. Na ja, zumindest stand ein Bett darin. Aber alles andere war mir egal. Ich war nur so müde. Verschlafen sah ich auf mein Handy. Es zeigte Samstag 23:34 Uhr an. Ich überlegte kurz und stellte es dann auf Sonntag 5:34 Uhr um. Ich konnte es nicht glauben, dass es hier in Australien schon so früh am morgen war. Es war draußen auch schon hell geworden. Das störte mich aber keineswegs daran, mich in mein Bett zu legen und die Augen zu schließen.
Ich träumte von Deutschland, von der Schule von meinem fiesen Musiklehrer und natürlich von meinen Freundinnen. Am liebsten wäre ich nie wieder aufgewacht. Zu gerne hätte ich in meiner Traumwelt gelebt, in der noch alles wie früher war. Konnte ich eigentlich schon von früher sprechen? Ich wusste es nicht und ich hatte auch keine Möglichkeit darüber nachzudenken denn irgendjemand rüttelte mich unsanft aus meinen Träumen.
„Sam, aufstehen. Willst du etwa den ganzen Tag verschlafen?“
Benommen drehte ich mich in die Richtung aus der die Stimme kam. Mühsam öffnete ich meine Augen und sah in die von Vorfreude gefüllten Augen meines Vaters.
„Wie spät ist es denn?“ Gähnte ich vor mich hin.
„Es ist schon fast wieder Abendbrotszeit. Fast 17 Uhr!“

„Ach du liebe Güte. Schon so spät? Na obwohl bei uns wäre es 10 Uhr und eine völlig annehmbare Zeit zum aufstehen!“
„Ja nur dass wir nicht mehr in Deutschland sind sondern in Australien und hier ist es fünf Uhr Nachmittags. Also raus aus den Federn. Du musst dich jetzt nach und nach an die neue Zeit gewöhnen. Das wird ein Weilchen dauern, aber bis du in zwei Wochen in die Schule musst wirst du das geschafft haben.“
„Das hoffe ich doch!“
„So und jetzt raus aus den Federn, es wartet eine Menge arbeit auf uns.“
„Arbeit?“
Er konnte doch jetzt nicht von mir erwarten zu arbeiten? Ich war noch nicht einmal richtig wach und musste mich schon körperlichen Anstrengungen ergeben? Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Widerstand war jedoch zwecklos, also kroch ich unter der Decke, die mir mein Vater gestern noch gebracht hatte, hervor und ging aus dem Zimmer um etwas zum anziehen zu suchen. Doch als ich die Treppe hinunter ging, verlor ich fast meine Kinnlade: Im Flur und in den gesamten unteren Räumen standen Kisten auf Kisten und auf denen standen auch noch welche. Und da wo keine Kisten standen, standen Möbel kreuz und quer.
„Dad wo bist du und wie komm ich am besten da hin ohne irgendetwas kaputt zu machen?“
Ich bin in der Küche aber du brauchst dir gar nicht erst einen Weg hierher zu bahnen. Ich hab alle Kisten die nach oben müssen in den Flur gestellt wenn du anfangen könntest sie nach oben zu tragen wäre ich dir sehr dankbar.“
Das war ja wieder einmal klar. Der Wahl-Auswanderer trank wahrscheinlich gemütlich Kaffee in der Küche und seine Tochter, die ungewollt mit musste, durfte die Kisten nach oben tragen. Das nannte ich faire Jobverteilung. Da ich aber an unserem ersten richtigen Tag in Australien kein Stress mit ihm anfangen wollte, fing ich an die Kisten nach und nach in die erste Etage zu tragen.
„Auf den Kartons steht jeweils drauf in welchen Raum sie gehören. Wenn du so gut wärst sie gleich dementsprechend dort hineinzustellen.“
Ich setzte mein liebstes Auswandererlächeln auf und rief: „Natürlich Dad, es gibt nichts das ich lieber tun würde!“
„Das ist schön, hab ich mir doch das richtige für dich zum arbeiten herausgesucht.“
In seiner Antwort schwang auch ein bisschen Ironie mit und so musste ich lachen!
Ich brachte wie mein Vater es angeordnet hatte die Kisten in die dafür vorgesehenen Zimmer und wunderte mich, dass die Kisten auf dem Flur gar nicht weniger zu werden schienen. Trotzdem schleppte ich weiter fröhlich die Kartons nach oben und war froh als ich dann tatsächlich die letzte Kiste nach oben getragen hatte.
„Fertig“, rief ich völlig erschöpft.
„Kann ich denn jetzt bei Claire und Liberty anrufen, beziehungsweise bei Claire wo Liberty ja übernachtet hat?“
„Geh nur, ich hab übrigens schon eine Schaukel aufgehängt hinten beim offenen Autoschuppen, mit Blick auf die Felder und in Ferne den Fluss Homestead Creek. Ich dachte das wäre der perfekte Ort für dich zum telefonieren.“
„Danke Dad.“
Ich rannte schnell nach oben und nahm mein Handy aus meiner Tasche die ich heute Morgen wohl vor mein Bett geschmissen hatte. Schnell fand ich die Schaukel und wackelte erst einmal daran um sicherzugehen, dass sie auch hielt. Der Handwerker steckte in Dad nämlich nicht unbedingt! Sie schien mir aber ziemlich stabil, also setzte ich mich hinein und wählte die Nummer von Claire. Schnell drückte ich wieder auf den roten Hörer. Wie spät war es jetzt eigentlich in Deutschland. Hier war es mittlerweile halb sechs. Also war es in Deutschland erst halb zwölf. Wenn die beiden gestern nicht bis in die Puppen DVD`s geguckt haben, würden sie um diese Uhrzeit schon wach sein.
Schnell wählte ich die Nummer erneut und war erleichtert als tatsächlich Claire abhob.
„Hi Claire, hier ist Sam.“
„Sam! Liberty komm schnell, Sam ist am Telefon.“
„Ich komm ja.“ Hörte ich Liberty am Ende der Leitung leise rufen. Wahrscheinlich war sie noch im Bad.
„Sam, ich stell dich jetzt auf laut, dann können wir dich beide hören.“
„Hallo Sam.“
„Na ihr zwei. Seid ihr gerade aufgestanden?“
„Ja, wir waren gestern noch ziemlich lange wach und wie lange bist du schon auf den Beinen?“
„Na ja, hier ist es ja schon halb sechs am Abend, aber ich bin auch erst vor einer Stunde aufgestanden. Das mit dem Jetlag dürfte schwierig werden!“
„Ach ja, die Zeitverschiebung, die hatten wir schon wieder total vergessen!“
„Ich hatte das nicht vergessen Liberty.“
„Okay endschuldige Sam, nur ich hab es vergessen, Claire weiß mal wieder über alles Bescheid!“
„Ist doch auch egal. Auf jeden fall musste ich gerade eine Unmenge an Kisten und Kartons schleppen und das in die erste Etage. Ich bin vollkommen fertig.“
„Och du arme.“
„Ja, ich weiß. Aber der Flug war noch viel anstrengender. So etwas sollte verboten werden. Der Flug nach Dubai verlief ja noch ziemlich okay. Als dann der Flieger in Dubai Verspätung hatte, war meine Stimmung im Keller. Dann kam er endlich und wir konnten einsteigen. In Newman angekommen mussten wir dann auch noch eine halbe Stunde auf den Mann warten der uns das Auto bringen wollte. Und als wir dann zu Hause wollte ich nur noch schlafen.“
„Das hört sich ja nach einem stressigen Tag für dich an. Tage eher gesagt!“
„Entschuldigt übrigens, dass ich mich nicht wie versprochen aus Dubai gemeldet habe, aber ersten war ich so müde, dass ich fast die gesamte Wartezeit verschlief und zweitens durften am Flughafen die Handys nicht benutzt wurden, fragt mich nicht wieso. Ich wollte es auch nicht darauf ankommen lassen, es herauszufinden!“
„Das verstehen wir.“
„Ich muss dann auch wieder Schluss machen, mein Dad hat gesagt höchstens ein viertel Stunde telefonieren, sonst wird es zu teuer. Ich schreib euch E-Mails.“
„Wehe wenn nicht. Dann kommen wir vorbei und geigen dir die Meinung.“
Für einen kurzen Moment war ich etwas überrascht von Liberty aber dann fing sie an zu lachen und steckte mich an.
„Wir sprechen uns. Bis dann.“
„Tschüss.“
„Haben dich lieb.“
„Ich euch auch.“
Dann legte ich auf und steckte das Handy in meine Hosentasche und nahm Schwung mit meinen Füßen und ließ mich von dem leichten Winde der wehte anschubsen. Ich sah die unendliche Weite der Wiesen und wenn ich genauer hinsah konnte tatsächlich den Fluss erkennen, zwar nur ganz wenig aber es war definitiv blau am Ende der unendlich scheinenden Wiesen. Der strahlend blaue Himmel gab mir für einen Moment das Gefühl zu fliegen. Ich schloss die Augen und stellte mir vor ein Vogel zu sein. Ich fühlte mich frei und so gut. Ich öffnete meine Augen wieder als ich Hände an meinem Rücken spürte. Mein Vater war hinter mich getreten und schubste mich an.
„Du solltest dich an diesen frisch wehenden Wind nicht gewöhnen, das ist hier eine Seltenheit.“
Er machte kurz eine Pause. Dann seufzte er.
„Es ist schön hier nicht? Diese unendliche Weite.“
„Wann ist eigentlich mein Pferd da?“
„Ich fahre gleich morgen mit dir zu einem Händler, dann kannst du dir eins aussuchen. Was hältst du davon?“
„Ich finde das eine tolle Idee!“
„Wir müssen aber gleich mehrere Pferde kaufen. Ich brauch eins und zwei brauchen wir mindestens noch. Wenn wir Arbeiter einstellen brauchen die schließlich auch Pferde. Aber ich habe mir überlegt, dass ich statt zwei weiterer Pferde lieber zwei Motorräder kaufen sollte, da hättest du dann auch was davon da du hier ja schon ohne mich fahren darfst.“
„Das find ich ehrlich gesagt eine bessere Idee, Dad!“
„Das hab ich mir schon fast gedacht.“
Wir sahen einander an und lachten.
„Dann will ich mal essen machen, du hast doch bestimmt Hunger.“
„Und wie.“
„Na dann komm ins Haus, du kannst den Tisch und zwei Stühle in dem Durcheinander suchen und dann die passende Kiste mit dem Geschirr.“
„Danke Dad, genau das war es was ich jetzt tun wollte!“
„Ich weiß halt was du willst.“
Wieder lachten wir. Dad legte seinen Arm um meine Schulter und wir gingen ins Haus.
Während Dad den Karton mit den Töpfen suchte, machte ich mich auf den Weg Stühle zu finden. Es dauerte gar nicht so lange, da hatte ich sie auch schon gefunden. Sie standen zwar unter Kisten vergraben an der Wand, dennoch waren sie nicht zu übersehen. Schnell stapelte ich die Kisten um und trug die Stühle an einen freien Platz nahe der Theke die die Abtrennung von Wohnbereich und Küche war.
„Beim Tisch musst du mir aber tragen helfen.“
Mein Vater nickte und folgte mir in das kleine Arbeitszimmer in dem der Esstisch stand. Wir hoben jeder an einer Seite den Tisch an und transportierten ihn dann mühsam über die ganzen Kartons. Dann stellten wir ihn zwischen die Stühle. Dad machte sie sich dann wieder ans kochen. Zum Glück war er als ich noch schlief schon einkaufen gefahren und so war der Kühlschrank schon gefüllt. Ich begab mich wieder in das Chaos von Kisten um die Teller und das Besteck zu finden. Nach einer Weile wurde ich dann auch fündig. Die Kiste mit der Aufschrift: Geschirr stand im Abstellraum bei den restlichen Küchenutensilien. Ich brachte das Geschirr in die Küche und räumte alles aus was in die Küchenschränke rein konnte.
„Essen fertig.“
„Dann mal her damit, hier ist auch alles fertig.“
Dad stellte eine dampfende Pfanne mit gebratenen Nudeln und Ei auf den Tisch.
„Lass es dir schmecken. Auf unser erstes Essen in unserem neuen Zuhause.“
„Guten Appetit.“
Ich füllte mir einen großen Haufen Nudeln auf den Tellern. Ich hatte vielleicht Hunger!

Nach dem Essen wollte ich dann mein Zimmer einrichten. Wenn ich meinem Vater trauen konnte waren die kompletten Möbel schon in der ersten Etage verstreut. Schnell ging ich nach oben und suchte mir meine Möbel zusammen. Das war vielleicht eine Arbeit. In jedem Raum, außer dem Bad, standen Möbel von mir und ich musste sie dann in mein Zimmer hieven. Als ich den letzten Stuhl in mein Zimmer gestellt hatte wollte ich lieber so schnell wie möglich wieder nach unten. Jetzt standen die Möbel kreuz und quer herum und nichts an seinem Platz. Ich bahnte mir einen Weg in die Mitte des Raumes und verschaffte mir einen Überblick. Ich überlegte genau wo welches Teil hin sollte. Dann setzte ich meine räumliche Vorstellung in die Tat um und schob die Möbel auf ihre Plätze. Mit dem Ergebnis war ich ziemlich zufrieden. Der erste Schritt zum fertigen Zimmer war geschafft. Jetzt fehlten nur noch die Kisten mit meinen Habseligkeiten mit denen ich die Schränke und Regale füllen wollte. Doch dafür hatte ich an diesem Tag keine Kraft mehr. Ein paar Kisten standen zwar schon in meinem Zimmer aber die würden da morgen auch noch stehen. Ich kramte mein Handy hervor und guckte auf die Uhr. Es war schon 21 Uhr. Komischerweise war ich schon ziemlich müde, obwohl meine Deutschlanduhr sich sträubte jetzt ins Bett zu gehen! Doch umso eher ich schlafen ging desto schneller würde ich mich an die neue Zeit gewöhnen. Ich holte mein Waschzeug aus meinem Koffer und ging ins Badezimmer. In mein Badezimmer! Dad hatte schon ein paar Handtücher in den Schrank gelegt. Schnell putzte ich mir die Zähne und schminkte mich ab, dann band ich meine Haare noch zu einem Zopf zusammen und zog meinen Schlafanzug an. Wobei man das nicht Schlafanzug nennen konnte. Es war eher eine super kurze Boxershorts und ein luftiges Top. Es war ziemlich warm, doch daran würde ich mich gewöhnen müssen. Ich räumte meine Zahnbürste und alles weitere in einen Schrank und ging meinem Vater eine Gute Nacht wünschen.
Sofort schmiss ich mich ins Bett. Erst einmal auf die Decke, wenn mir in der Nacht kalt werden würde könnte ich immer noch drunter schlüpfen.

Am nächsten morgen wachte ich von alleine auf. Nach meinem richtig gestellten Wecker war es 10 Uhr und somit ein guter Grund für mich aufzustehen. Dad hatte nämlich gestern noch gesagt ich solle nicht so spät aufstehen wenn wir noch Pferde kaufen wollten beziehungsweise die Motorräder. Ich kroch unter der Decke hervor, zog mich hastig an und verschwand dann im Bad. Als ich dort fertig war ging ich runter und nach kurzer Zeit des Frühstückens fuhren Dad und ich los.
„Hast du schon eine bestimmte Vorstellung von deinem Pferd?“
„Wenn du die Rasse meinst habe ich keinen Schimmer. Aber was das Aussehen betrifft hätte ich gerne ein schwarzes mit heller Mähne, grau oder so, und der Schweif sollte die gleiche Farbe wie die Mähne haben. Außerdem sollte es nett gucken.“
„Sonst noch irgendwelche Wünsche?“ Dad grinste.
„Nein, das wäre es eigentlich!“
„Na dann dürfte die Auswahl ja nicht zu schwer sein.“
Als wir nach einer halben Stunde fahrt endlich am Auktionsgebäude angekommen waren, konnte ich es nicht erwarten auszusteigen und nach <meinem> Pferd zu suchen. Schnell hängte ich meinen Dad ab und rannte von meiner Faszination geleitet wir durch die Gegend.
„Da bist du ja, du kannst doch nicht einfach loslaufen.“
„Endschuldige Dad, ich konnte nicht anders.“
„Ist ja in Ordnung. Hast du denn schon ein passendes gefunden?“
„Nein, leider nicht.“
„Was ist denn mit dem dort?“
Dad zeigte auf eine schwarze Stute die nicht weit von uns stand und traurig zu uns herüber sah.
„Hübsch, aber sieh sie dir mal an. Sie sieht so traurig aus.“
„Sam, wie würdest du denn aussehen wenn du den ganzen Tag hinter einem Zaun stehst und die verschiedensten Leute dich angucken und anfassen?“
„Hast recht. Aber das hier sieht wirklich extrem traurig aus. Lass uns lieber weiter gucken.“
Wir gingen weiter. Ich sah nach rechts, ich sah nach links, doch nirgends stand das richtige Pferd für mich, bis wir fast am Ende waren. Ich blieb vor einem schwarzen Hengst stehen der mich neugierig beschnupperte. Ich streckte ihm meine Hand entgegen und er roch an ihr. Langsam streichelte ich ihn und er ließ es sich gefallen.
„Das ist ein ganz neu ausgebildetes, er hat auch noch gar keinen Namen.“
Ein etwas älterer Mann war neben mich getreten und betrachtete den Hengst.
„Ein wirklich schönes Tier.“ Sagte ich total beeindruckt.
„Das ist es in der tat, Sam.“ Jetzt war auch mein Vater neben mich getreten.
„Wie viel soll er denn kosten?“
Mein Vater fing an mit dem netten Herren zu feilschen. Letztendlich kam er auf mich zu uns gratulierte mir.
„Herzlichen Glückwunsch, sie sind gerade Besitzerin eines schwarzen Hengstes geworden.“ Mein Dad reichte mir die Hand und grinste zufrieden.
„Danke Dad.“ Ich fiel ihm um den Hals.
„Ich hatte dir ein Pferd versprochen, jetzt hast du eins. Wie nennst du ihn denn?“
„Ich weiß nicht. Er ist schwarz wie die Nacht aber seine Mähne glänzt wie die Sterne. Vielleicht nenne ich ihn Starlight?“
„Hört sich schön an und hat sogar Hintergrund.“
„Aber ich finde auch Wirbelwind ziemlich schön.“
„Lass dir Zeit.“
„Nein, jetzt hab ich´s. Ich nenne ihn Moon. Was sagst du dazu?“
„Find ich gut. Wenn er dir gefällt ist es ja umso besser. Jetzt lass uns noch ein Pferd kaufen und dann auf die Suche nach zwei Motorrädern gehen.“
Das mit dem anderen Pferd ging schneller als ich erwartet hatte, Dad entschied sich schnell für eine braune Stute mit dem Namen Bless und wir konnten gehen. Zum Glück würden die Pferde am Abend geliefert werden, was uns die kosten für einen Pferdetransporter ersparte, wir hatten unseren nämlich zu Hause gelassen. Auch die Motorräder waren schnell gekauft, nur fünf Minuten Fahrt und wir standen vor einem Laden mit einer riesigen Auswahl an Cross Motorrädern. Ich entschied mich für ein rotes und mein Vater für ein grünes. So war der Einkauf auch schnell erledigt. Der Verkäufer half uns noch dabei die Maschinen auf die Lagefläche von unserem Jeep zu hieven und dann fuhren wir wieder nach Hause, schließlich mussten die Schafe vom Nachbarn noch abgeholt werden!

Die nächste Woche verlief ziemlich chaotisch. Dad musste ziemlich viel auf der Farm arbeiten. Reparaturen, die Ställe herrichten. All das musste er selbst machen, da wir noch niemanden eingestellt hatten. Während Dad sich als außerhalb des Haupthauses aufhielt, kümmerte ich mich darum, dass es im Haus langsam gemütlich und ordentlich wurde. Ich schob die Möbel an ihren richtigen Platz, räumte die Kisten und Kartons aus und in die Schränke. Vorher malte ich noch das Wohnzimmer und den Flur an. Und nach vier Tagen – gefühlten zehn Tagen – war es richtig schön. Auch Dad gefiel es.
„Gute Arbeit Sam“, lobte er mich und das machte mich stolz.
Nach diesen vier Tagen kehrte ein gewisser Alltag in das Leben von meinem Dad und mir zurück. Wir standen morgens um 7 Uhr auf, was mir nichts mehr ausmachte da ich mich an die neue Zeit gewöhnt hatte. Ich machte Frühstück während Dad bereits die Schafe füttern ging. Dann Frühstückten wir zusammen und kümmerten uns anschließend gemeinsam um die Rinder. Natürlich bekam auch Moon etwas zu fressen und das Pferd dass sich Paps gekauft hatte, er hatte es Bless genannt, wegen einer weißen Blüsse auf ihrer Stirn, natürlich auch. Das nahm meist so zwei Stunden in kauf. Wenn die Schulzeit beginnen würde müsste ich etwas früher losfahren um pünktlich um neun in der Schule sein zu können. Da dies aber noch nicht der Fall war, nutzte ich die Zeit um mit Moonlight auszureiten und unser Land zu entdecken.
Ich war mit jedem Ritt überraschter wie riesig es war und wie wunderschön Australien sein konnte, auch wenn es ziemlich warm war! Ich konnte allerdings noch nicht so lange mit Moon ausreiten hatte Dad gesagt. Er meinte dass er sich erst an mich und die Umgebung gewöhnen müsse. Ich war ziemlich geduldig mit ihm und hörte auf das was mein Vater mir sagte. Um 13 Uhr herum rief ich dann meist bei Claire oder Liberty an, zu dieser Zweit saßen sie im Bus zur Schule und ich konnte mich, ohne schlechtes gewissen ihre Zeit zu vergeuden, mit ihnen unterhalten. Der Rest des Tages verlief immer ziemlich öde. Da wir noch niemanden kannten, kam auch keiner zu Besuch, und außer den Rindern und die Schafe auf die Weiden zu treiben hatten wir nicht wirklich viel zu tun. Doch das sollte sich ändern wenn wir eine weitere Herden Rinder bekommen würden und ich zur Schule gehen würde. Da dann mehr arbeit auf einen kürzeren Zeitraum auf mich zu kam. Doch ich war wie immer bereit und voller Tatendrang, hätte ich allerdings gewusst was alles auf mich zukommen würde, wäre ich bestimmt nicht so positiv eingestellt gewesen!

Kapitel 5


Hätte es irgendwo auf der Welt eine Maschine gegeben, die verhindern könnte dass heute mein erster Schultag war, hätte ich sie mir besorgt! Ich hatte ziemlich viel Angst vor meinem ersten Schultag. Auch wenn es eine Schule mit schwerem Schwerpunkt war, kennen tat ich da trotzdem niemandem und dass alle wirklich gut deutsch sprachen, konnte ich mir auch nicht vorstellen.
Die morgendliche Farmarbeit hatten Dad und ich schon erledigt und gefrühstückt hatten wir auch schon. Ich stand in meinem Zimmer und suchte alles zusammen was ich für meinen ersten Schultag benötigte. Fertig bepackt ging ich nach unten und wartete auf mein Taxi.
„Dad komm schon, nicht dass ich scharf darauf wäre in die Schule zu kommen, aber zu spät am ersten Tag? Das will ich vermeiden.“
„Ich bin ja schon da, der Bulle hat nur Probleme gemacht.“ Dad kam zum Auto gelaufen und musste sich erst einmal gegen das Auto lehnen um nach Luft zu schnappen.
„Schlimm?“
„Nein, nein. Er wollte nur nicht in den Stall. Aber jetzt ist er drin!“
„Das heißt wir können losfahren?“
„Ja das heißt es.“
Ich öffnete die Tür zur Beifahrerseite und stieg ins Auto. Kurz darauf fuhr mein Vater auch schon los. Die Fahrt verlief ruhig, bis auf die Frage ob ich denn schon nervös wäre, die ich gekonnt ignorierte. Zum Glück ging Dad nicht weiter darauf ein. Nicht lange dauerte es, da hatten wir die Schule erreicht und ich musste aussteigen. Dad parkte den Wagen auf dem Parkplatz vor der Schule. Ich zögerte mit dem Aussteigen, was meinem Vater natürlich nicht verborgen blieb.
„Du musst die Tür schon aufmachen um auszusteigen!“
Sehr witzig, als ob ich das nicht wüsste.
„Nun los, ich dachte du willst nicht zu spät kommen?“
„Will ich auch nicht, aber…“
„Nichts aber. Du steigst jetzt aus und gehst da rein. So schlimm wird es schon nicht werden.“
Das war mal eine Ansage. ‚So schlimm wird es nicht werden’. Selbst wenn es schlimm werden sollte, hatte ich keine andere Wahl. Mir würde nichts anderes übrig bleiben als wieder und wieder, Tag für Tag auf diese Schule zu gehen. Aber vielleicht hatte Dad recht und es würde gar nicht so schlimm werden. Doch das würde ich nur erfahren wenn ich aus dem Auto stiege. Ich gab mir einen Ruck und öffnete die Wagentür. Ich drehte mich noch kurz zu meinem Vater um und sah, wie er mir zuzwinkerte. Ich nickte ihm zu und verließ das Auto.
Nun stand ich in der großen Eingangshalle meiner neuen Schule und hatte keine Ahnung wo ich hin sollte. Mein Instinkt sagte mir, dass auch in dieser Schule alle Auskünfte im ersten Stock gegeben werden, so wie an meiner alten Schule auch. Ich ging also die Treppe nach oben und suchte nach einem Sekretariat um nach meiner neuen Klasse zu fragen. Mit meinem Glück befand es sich am Ende des Flures. Endlich erreicht klopfte ich an die Tür und wurde mit einem freundlichen „Come in“ hereingebeten. Hinter dem Tresen saß eine ältere Frau mit Brille an einem Schreibtisch und tippte etwas in ihren Computer. Hätte sie mich nicht eben hereingebeten hätte ich wetten können, dass sie mich nicht bemerkt. Ich trat an den Tresen. Der Blick der Frau verließ ihren Bildschirm und landete auf meinem Gesicht. Auf ihrem Blazer war ein Namensschild befestigt mit der Aufschrift Miss Ferrence.
„Hallo. Ich bin neu hier und auf der Suche nach meiner Klasse. Könnten sie mir helfen?“
„Oh, du musst die neue deutsche Schülerin sein. Samantha, richtig?“
„Sam, ja.“
„Okay, ich guck gleich mal in meinen Computer.“
Schnell tippte sie etwas in ihren Computer, wahrscheinlich meinen Namen.
„Da haben wir dich ja. Jahrgang elf, richtig?“
„Genau.“
„Samantha Tendler. Klasse 11b, das ist die Klasse von Miss Astor. Den Treppe runter, dann in den linken Gang und die, ähm, dritte Tür von links müsste es sein. Raum Nummer E137.“
„Dankeschön. Ich glaub das finde ich. Schönen Tag noch.“
„Den Wünsch ich dir auch, aber vor allem einen schönen ersten Schultag.“
„Danke.“
Ich grinste sie noch kurz an und verließ dann das Sekretariat. Ich folgte den Wegweisungen der Frau aus dem Sekretariat, von der ich nicht einmal den Namen wusste, und kam schließlich vor Raum E137 an. Zögerlich klopfte ich an.
„Herein.“
Anscheinend hatte die Klasse gerade deutsch Unterricht.
Ich öffnete die Tür und betrat den Klassenraum. Alle Augen waren auf mich gerichtet auch die der Lehrerin.
„Du musst Samantha Tendler aus Deutschland sein.“
„Ja die bin ich, aber bitte nennen sie mich Sam.“
„Okay Sam, ich bin Miss Astor und deine neue Klassenlehrerin. Das ist zwar nicht deine neue Klasse, sondern lediglich ein Kurs aber stell dich uns doch trotzdem kurz vor.“
„Okay, ähm, also. Ich bin Sam 16 Jahre alt und komme aus Deutschland. Ich bin mit meinem Dad hierher gezogen weil er schon immer von einem Leben auf der Farm geträumt hat. Na ja und jetzt sind wir hier.“
„Danke Samantha.“
„Sam! Bitte nennen sie mich Sam.“
„Entschuldige. Danke Sam ich denke das reicht fürs erste. Wie du sicherlich bemerkt hast haben wir gerade Deutsch. Setzt dich also einfach hin und versuch so gut wie möglich mitzumachen.“
Einfach hinsetzten. Das sagte sich so leicht. Doch einen guten Platz zu finden war für eine Neue total wichtig. Ich wollte schließlich schnell Anschluss finden und nicht als Einzelgänger beginnen. Doch wie sollte ich entscheiden wo der beste Platz für einen guten Start war? Miss Astor schien mein Problem zu bemerken und setzte mich kurzerhand zwischen ein Mädchen mit schwarzen Haaren und einem Jungen mit braunen. Ich passte mit meinen rötlich braunen Haaren überhaupt nicht in das Gesamtbild der Klasse. Wahrscheinlich noch nicht einmal in das Gesamtbild von Australien. Doch das war mir egal. Australien war nun meine neue Heimat und das nahm ich, wie auch meine neue Schule für meinen Dad liebend gerne an.
„Ich bin Ally.“ Das Mädchen neben mir tippte mir an die Schulter.
„Wenn du Nachher ein bisschen herumgeführt werden möchtest sag einfach bescheid.“
„Danke das wäre echt lieb von dir.“
Wir schenkten uns gegenseitig ein grinsen um dann unsere Aufmerksamkeit dem Unterricht von Miss Astor wieder zu widmen. Doch nach ungefähr zehn Sekunden kam der gleiche Stupser von der anderen Seite.
„Ich bin übrigens Magnus.“
„Hi.“ Ich lächelte kurz und blickte dann zu Ally rüber, die die Augen verdrehte. Sie lehnte sich zu mir herüber und flüsterte: „Magnus. Er ist Schülersprecher und weiß über alles und jeden an der Schule bescheid. Wenn du also einen Crash-Kurs in Sachen ‚Wer-ist-angesagt-und-wer-nicht’ haben möchtest, dann fragst du Magnus.“
„Alles klar, ich werd es mir merken!“
„Gut. Und jetzt sollten wir lieber Miss Astor zu hören sonst wir diese böse mit uns!“
Schnell lauschte ich wieder der Stimme von Miss Astor. Auch wenn ich ihr nicht ganz folgen konnte. Dafür war ich einfach noch zu aufgewühlt. Andererseits war ich auch sehr erleichtert gleich Anschluss gefunden zu haben. Ally schien sehr nett zu sein und vielleicht würden wir ja sogar Freundinnen werden. Doch das hatte Zeit. Es war ja schließlich mein erster Schultag!
In der Pause nahm Ally mich mit in die Pausenhalle. Es war ein riesiger, sonnendurchfluteter Raum mit einer großen Anzahl an Tischen und Stühlen. Die meisten waren schon besetzt und ich fragte mich wo Ally mich wohl hinbringen würde. Sie ging schnurstracks durch die einzelnen Reihen und dann sah ich auch welchen Tisch sie ansteuerte. Ein etwas korpulenteres Mädchen stand am Ende der Pausenhalle und winkte ihr zu. An dem Tisch vor ihr saßen weitere Mädchen und auch Jungs. Drei Plätze waren noch frei. Am Tisch angekommen setzte Ally sich und zeigte auf den Stuhl neben ihr, auf den ich mich dann setzte.
„Das ist Sam.“
„Hi“, sagte ich schnell bevor ich rot werden konnte.
„Oh, die Neue.“
„Schön dich kennen zu lernen!“
Die sprachen ja alle Deutsch! Ich drehte mich zu Ally rüber.
„Warum könnt ihr alle so gut Deutsch sprechen?“
„Das ist eine deutsche Schule. Warum sollten wir nicht Deutsch sprechen?“
„Deutsche Schule? Ich dachte das wäre lediglich eine Schule mit deutschem Schwerpunkt!“
„Ist es ja auch, aber es gehen dadurch hauptsächlich deutsche Schüler hier zur Schule. Es kommen sogar Schüler mit einer Anreise von einer Stunde hierher, weil wir eine der wenigen deutschsprachigen Schulen sind.“
„Das wusste ich gar nicht. Mein Dad meinte nur, dass das eine Schule mit deutschem Schwerpunkt ist. Ich hatte mich jetzt schon darauf eingestellt, mich nur auf Englisch mit euch zu unterhalten. Aber das ist jetzt ja nicht mehr nötig.“
„Wenn du das gerne möchtest können wir auch Englisch mit dir sprechen! Aber es gibt auch genug Schüler die kein Deutsch sondern Englisch sprechen“ Sagte das etwas korpulentere Mädchen, welches mir gegenüber saß.
„Nein, nein. Ich bin froh, dass ich der Englischen Sprache dann doch nur im Unterricht mächtig sein muss. Oder eben wenn mir jemand über den Weg läuft mit dem ich Englisch sprechen muss!“
„Und beim Einkaufen und bei vielen anderen Dingen auch. Stell dir das mal nicht so einfach vor.“ Der Junge zu meiner Linken zwinkerte mir zu.
„Das, hoffe ich, wird nicht das Problem werden. Meine größte Angst war es in der Schule keinen Anschluss zu finden weil alle Englisch sprechen. Aber das ist ja jetzt zum Glück nicht der Fall.“
„Na zieh da bloß keine voreiligen Entschlüsse. Wir können dir auch anders das Leben zur Hölle machen!“ Ally sah mich ernst an. Dann prustete der Junge, der mir zugezwinkert hatte, laut los.
„Daniel, du hast mir meine Pointe kaputt gemacht!“
Doch dann konnte auch Ally nicht mehr Ernst bleiben. Sie lachte los und alle anderen taten es ihr gleich. Auch ich konnte mich jetzt nicht mehr halten.
„Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen. Du sahst aus wie ein Auto!“ Ally konnte gar nicht richtig sprechen, so musste sie lachen.
„Du gehörst jetzt zu uns.!“ Gab Ally mir zu verstehen.
„Keine Widerrede!“
Ich grinste. Das war mehr als ich mir an meinem ersten Schultag erhofft hatte. Ich hatte Freunde gefunden, von denen ich zwar lediglich zwei Namen wusste, von denen ich mir aber sicher war, dass sie mir mein neues Leben erleichtern würden.
„Wisst ihr eigentlich wie unhöflich wir sind? Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt.“
Das etwas korpulentere Mädchen schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
„Na gut dann fang ich mal an“, der Junge neben Ally ergriff das Wort, „ich bin Glenn.“
Die Vorstellungsrunde ging jetzt im Uhrzeigersinn einmal um den Tisch. Da waren also Ally, Glenn, Rebecca, Klara (das korpulente Mädchen), Lorenz, Charlie und Daniel (der, der mir zugezwinkert hatte).
Ich blickte in die Runde, dabei fiel mein Blick auf ein Mädchen mit blonden Haaren, sie hatte eine ganze Horde Mädchen um sich herum und sah aus wie eine Barbie mit ihren hohen Schuhen und der Art wie sie ihre Tasche hielt.
„Wer ist denn die da drüben?“
Alle schauten in die Richtung die ich mit meinem Finger vorgab.
„Das ist Emma. Sie glaubt sie ist die Größte, Tollste und Schönste. Und die um sie herum sind die dummen Mädchen ohne eigene Meinung, die alles machen was Emma ihnen sagt. Wenn du mich fragst ziemlich erbärmlich!“ Lorenz schüttelte den Kopf.
Dann klingelte es.
„Was hast du jetzt eigentlich?“, fragte Ally.
Ich kramte meinen Stundenplan hervor.
„Musik bei Mr. Reeve.“
„Dann kannst du mit mir mitkommen, den hab ich jetzt nämlich auch.“
Ich schenkte Glenn einen dankbaren Blick. Jemanden mit dem ich mitgehen konnte und den ich bereits kannte. So würde Musik wohl nicht so schlimm werden. Doch eins machte mich doch stutzig. Ich dachte es gibt hier Klassengemeinschaften und nicht nur Kurse, warum hatten die anderen dann kein Musik?
„Sag mal warum haben wir alle getrennt Unterricht wenn wir doch in der Selben Klasse sind?“
„Das ist hier etwas komplizierter. Es gibt Hauptfächer die am Anfang gewählt werden. Du hast dich für Biologie, Sport und Erdkunde entschieden, genau wie wir anderen auch. Das sind die drei Fächer die wir zusammen haben und die Kurse die uns zu einer Klasse machen, alles andere sind Fächer in die wir unterschiedlich gesteckt wurden, natürlich haben wir die auch gewählt, die Schule hat aber darauf geachtet dass du in jedem deiner Nebenfächer mit anderen Leuten sitzt. So haben alle mit allen zu tun und alle kennen sich dadurch. Ich weiß ist ein komisches System aber wir kommen damit gut zurecht! So jetzt müssen wir aber gehen sonst wird Mr. Reeve sauer und das wollen wir ja nicht.“
Ich nahm meine Tasche und ging hinter Glenn hinterher. Als wir die Pausenhalle verließen drehte er sich um und wartete auf mich. Schnell schloss ich auf und wir gingen zum Musik Raum.
„Wenn du magst kannst du dich neben mich setzten, da ist nämlich noch frei.“
Ich nahm den Vorschlag dankend und lächelnd an. Zum Glück!
Ich dachte, dass durch die Sprache der Unterricht dem an meiner alten Schule ähneln würde. Doch je länger ich an der Schule war, desto bewusster wurde mir, dass hier alles anders war. Und das lag nicht nur an dem verwirrenden System, das mich dazu zwang unendlich viele Namen zu lernen. Ich brauchte Zeit um mich richtig zu integrieren. Alles war wesentlich lockerer, andererseits musste man sich auch an die Schulordnung und besonders an die Kleiderordnung halten. An meinem ersten Schultag bekam ich einen Stapel mit der schuleigenen Schuluniform. Es waren alle möglichen Sorten an Kleidungsstücken dabei; Kleid, Rock, Top, T-Shirt, Kapuzen Pullover, kurze Hose, lange Hose, Regenjacke und sogar ein Blazer mit dem Schulwappen darauf. Alles war in den Farben gelb, weiß und blau gehalten – anscheinend die Schulfarben. Ich hatte erst Panik vor der Vorstellung eine total schreckliche Schuluniform tragen zu müssen, doch ich musste gestehen dass diese ziemlich gut aussah. Außerdem erfuhr ich im Laufe der Woche, eigentlich am Freitag, dass es an einem Tag in der Woche gestattet war seine eigenen Klamotten anzuziehen. Und zwar der Freitag. Leider erfuhr ich das auch erst am Freitag in der Schule!
„Ihr hättet mir das ruhig erzählen können!“ Empört blickte ich in die Runde.
„Warum, ist doch witzig, außerdem ist das so was wie ein Ritual hier. Die Neuen muss man einfach reinlegen.“ Daniel sah mich schelmisch an.
„Gibt es sonst noch etwas dass ich wissen sollte? Vielleicht dass bestimmt Schalter in den Fluren für die Alarmanlagen sind oder dass man hier nie Hausaufgaben machen muss egal was die Lehrer sagen?“
„Nicht das ich wüsste, aber vielleicht wurde mir das als ich neu war auch verheimlicht!“
Rebecca schaute entsetzt in die Runde.
„Ich hoffe das hat keiner von euch getan?“
Alle fingen an zu lachen und schüttelten dabei den Kopf.
„Es gibt aber etwas dass du noch wissen musst als ehemalige deutsche Schülerin. Hier an dieser Schule nehmen wir unsere Schulbälle und Jahrgangs feiern ziemlich ernst! Alle zwei Monate findet so etwas statt und Anwesenheit ist ungeschriebene Pflicht!“
„Du hast das tanzen auf den Festen vergessen, Charlie!“
„Danke, Ally. Alle tanzen egal ob sie es können oder nicht, aber um das Nichtkönnen zu vermeiden werden in der Schule Tanzkurse angeboten, also wenn du nicht tanzen kannst, schreib dich lieber schnell ein.“
„Okay, das gibt es in Deutschland nicht, zumindest nicht an meiner alten Schule. Da konnte man überrascht sein dass am Ende des Schuljahres etwas stattfand und wenn dann noch jemand tanzte war das ein Schulereignis!“
Wieder machte ein allgemeines schmunzeln die Runde.
„Aber was das tanzen meinerseits angeht… Eigentlich kann ich tanzen, zumindest was Paartanz angeht.“
„Oh, unsere Neue kann tanzen und das ohne Schultanzkurs! Ich bin beeindruckt. Da bist du eine der wenigen hier. Was kannst du denn so?“ Glenn sah mich erwartungsvoll an.
„Also klassische Tänze wie Walzer und Rumba, aber auch Latein-Amerikanische wie Salsa oder Jife. Ich mag aber die Latein-Amerikanischen lieber, sind flotter!“
Glenn staunte nicht schlecht, das konnte ich ihm aus seinem Gesicht ablesen.
„Wow, eine richtige Latino Braut! Ich bin auf die erste Feier gespannt!“
Ich musste grinsen, weil ich genauso gespannt war wie Glenn! Von mir aus konnten die Feiern kommen.
Die Wochen vergingen und ich fühlte mich immer wohler. Ich lebte mich richtig auf unserer Farm ein und gewöhnte mich an das frühe Aufstehen und das im Stall arbeiten vor der Schule, es machte mir nach einer Zeit sogar Spaß! Doch konnte das nicht länger so weitergehen, dass mein Vater und ich alleine so eine große Farm bewirtschaften sollten. Wir mussten jemanden einstellen. Mein Vater sah sich also nach einem Farmarbeiter um. Damit musste ich ihn allerdings alleine lassen, denn ich fuhr mit meiner Klasse für fünf Tage an die Nordküste, in die Stadt Port Hedland. Als kurze Klassenfahrt sozusagen. Ich freute mich total, weil ich ja außer unserem Land und Newman noch nichts von Australien gesehen hatte. Am Abend vor der Abfahrt packte ich meine Sachen in eine Reisetasche und verstaute sie am Morgen auf der Lagefläche unseres Jeeps.
„Und es macht dir auch wirklich nichts aus, wenn ich ohne dich einen Farmarbeiter aussuche?“
„Nein, Dad. Wir brauchen Unterstützung hier, du besonders wenn ich weg bin, je schneller du jemanden findest desto besser!“
„Okay, dann rein ins Auto, du willst doch nicht zu spät kommen, oder?“
Ich sprang ins Auto und ratterte während der Fahrt zur Schule, wo unser Reisebus stand, alle Dinge ab die ich vergessen haben könnte aber doch im Koffer waren.
An der Schule angekommen verabschiedete ich mich von meinem Vater.
„Und kümmere dich bitte um Moon, auch wenn du einen Arbeiter einstellst. Ich möchte ihn erst selbst kennen lernen bevor ich ihn an Moon ranlasse.“
„Okay, abgemacht. So ich glaub du musst. Viel Spaß und bis in fünf Tagen.“
Ich hievte die Tasche von der Tragfläche und zog ihn zu meinen Freunden.
„Na, wie geht’s?“
„Gut und voller Vorfreude. Endlich sehe ich mal was anderes von Australien! Und bei euch?“
Einstimmige Zustimmung. Na dann konnte es ja losgehen. Wir zogen unsere Taschen vor die vorgesehenen Klappen und gingen in den Bus. Die Fahrt sollte ca. fünf Stunden dauern und so war ich froh als ich mich setzte und merkte, dass die Sitze sehr bequem waren. Dann konnte es ja losgehen!
Die Fahrt war angenehmer als ich erwartet hatte. Wir machten insgesamt drei Pausen auf Highway-Raststätten, damit der Busfahrer seine vorgeschriebenen Fahrzeiten einhalten konnte und wir unsere Füße etwas vertreten konnten. Nach zwanzig Minuten ging die Fahrt dann immer weiter. In Port Hedland waren wir dann nach sechseinhalb Stunden. Es war bereits später Nachmittag und deshalb ließ unsere Lehrerin uns unsere Zimmer beziehen und erwartete uns erst zum Abendessen wieder. Ich bewohnte mit meinen Freundinnen ein fünfer Zimmer.
„Habt ihr eigentlich gesehen was Emma für einen riesigen Koffer mitgeschleppt hat? Es sollte ihr vielleicht mal jemand sagen dass das hier eine Klassenfahrt ist und kein Wellness Urlaub!“
Die tolle Emma. Die Emma die von allen bewundert wurde, weil ihre Eltern ziemlich reich sind, sie, wie alle anderen sagen, so hübsch ist und alle Jungs auf sie fliegen. Ich konnte das nicht verstehen. Immer wieder hörte ich andere Mädchen in der Schule von ihr schwärmen, wie hübsch sie doch sei und das ihre Kleidung so angesagt ist. Ich machte mir nicht viel aus Emma. Die anderen hatten zwar recht, dass sie wirklich ziemlich hübsch war, aber ich fand Charlie mit ihren roten Locken oder Rebecca mit ihren strahlend blauen Augen um einiges hübscher. Nur weil Emma blonde, lange, glatte Haare hatte, musste das ja nicht automatisch heißen dass sie die hübscheste war. Außerdem glich sie im Unterricht einem Stein.
„So, anderes Thema“, schwenkte ich deshalb ein, „wer möchte welches Bett?“
Es waren 3 Hochbetten, also würde ein Bett eh frei bleiben und einen eventuellen Bettenkampf vermeiden. Ally sagte sofort, dass sie oben schlafen möchte. Schnell schmiss sie ihre Tasche auf eines der oberen Betten und grinste zufrieden. Ich packte meine Tasche unter das Bett von Ally und war auch zufrieden, denn ich mochte nicht oben schlafen. Rebecca und Charlie wollten auch beide oben schlafen und Klara legte sich unter Charlie. Das Bett unter Rebecca benutzten wir als Ablage für unsere Waschsachen, da wir die ja jeden Tag mindestens zweimal brauchen würden und wir uns darauf einigten dass das die Dinge sind die unseren Koffer unordentlich aussehen lassen wenn wir sie andauernd rein und raus holen würden. Wir hatten schließlich keine Schränke im Zimmer, also musste unsere Kleidung im Koffer bleiben. Nachdem die Sache mit den Betten geklärt war und auch alle zufrieden waren bezogen wir die Betten. Wir mussten alle unsere eigenen Bezüge mitbringen. Durch die unterschiedlichsten Muster der einzelnen Bezüge wirkte das kahle Zimmer nach fünf Minuten bunt und wohnlich. Hier ließ es sich doch fünf Tage aushalten!
„Lasst uns mal gucken was die Jungs so treiben.“
„Und besonders welche Mitbewohner sie noch bekommen haben!“
Die Lieb wirkende Klara konnte auch ziemlich gehässig sein!
Wir schoben alle unsere Koffer unter das freie Bett und verließen unser Zimmer. Wir hatten vorher abgestimmt wer den Zimmerschlüssel bei sich tragen sollte. Die Wahl fiel auf Klara, sie schloss also ab und steckte ihn sich in die Hosentasche. Wir gingen den langen Flur entlang. Die Zimmer die von diesem Flur abgingen waren nur von unserer Klasse bewohnt, das war ziemlich gut denn so konnte sich niemand beschweren wenn es abends mal etwas später werden würde!
„Weiß eigentlich eine von euch in welchem Zimmer sie sind?“
Alle schauten mich fragend an. Sie schienen es nicht zu wissen. Und dann mussten wir alle lachen! Wir standen mitten auf dem Flur und prusteten lautstark und keiner von uns wusste überhaupt warum. Wir mussten uns manchmal nur anschauen und schon ging es los! Mittlerweile hingen wir rechts und links an den Wänden weil wir vor lauter lachen nicht mehr stehen konnten. Plötzlich ging die Tür auf an der ich lehnte. Mit einem lauten Knall fiel ich den Jungs direkt in die Arme. Naja eher durch die Arme. Ich fiel nämlich direkt zwischen Glenn und Lorenz hindurch und landete lachend auf dem Boden. Die Mädels auf dem Boden konnten sich nicht mehr halten vor lachen. Rebecca saß sogar schon auf dem Boden und hielt sich den Bauch. Auch die Jungs konnten jetzt nicht mehr an sich halten. So standen wir auf dem Flur und im Zimmer von Lorenz, Glenn und Daniel und lachten uns halb tot. Es war Daniel der das Gelächter unterbrach.
„Was macht ihr eigentlich direkt vor unserer Tür?“
„Wir wollten gucken wo ihr wohnt, wussten aber nicht an welcher Tür wir klopfen sollten. Dann sind wir auf einmal stehen geblieben und fingen an zu lachen, ich weiß noch nicht mal mehr warum!“
„Ihr seid schon so ein paar verrückte Hühner!“ Lorenz fing wieder an zu lachen.
Glenn reichte mir eine Hand, da ich immer noch auf dem Boden lag. Ich griff danach und er zog mich hoch.
„Wollt ihr reinkommen, oder wollt ihr auf dem Flur bleiben?“
Sie warteten die Antwort nicht ab, sondern gingen in ihr Zimmer und ohne eine Antwort zu geben folgten wir ihnen.
Wir staunten nicht schlecht als wir feststellten dass sie ein dreier Zimmer bewohnten.
„Hat Miss Astor nicht gesagt, dass es keine dreier Zimmer gibt?“
„Hat sie aber als wir unser Zimmer bekamen waren nur drei Betten darin. Umso besser für uns dachten wir, kein lästiger Mitbewohner.“
„Dann geht es euch ja genau wie uns!“
„Ist ja echt witzig dass wir genau vor eurem Zimmer angehalten sind und den Lachkrampf bekamen.“
Klara musste sich ein weiteres Lachen verkneifen.
Lange saßen wir einfach nur da und unterhielten uns über alles und nichts. Nach gefühlten dreißig Minuten guckte ich auf die Uhr und stellte fest dass tatsächlich schon zwei Stunden vergangen waren. Ich wollte noch mit Dad telefonieren und Liberty und Claire wollte ich auch noch anrufen. Ich hatte es in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt mich bei den beiden zu melden, doch sie konnten sich ja auch bei mir melden. Wir hatten abgemacht den Kontakt aufrecht zu erhalten und uns alles zu erzählen was so passiert, jeweils am anderen Ende der Welt! Waren wir dabei uns zu verlieren, uns voneinander zu entfernen? Es würde natürlich auf die Beziehung zwischen ihnen und mir zutreffen, schließlich sehen die beiden sich so gut wie jeden Tag. Ob ihnen wohl klar war wie schwer es für mich ist ohne sie am anderen Ende der Welt zu sitzen und nicht ohne jede Zeitrechnung mit ihnen reden zu können? Sie kannten das Gefühl nicht allein zu sein, schließlich hatten sie noch einander. Ich war ja auch nicht allein, trotzdem wäre es etwas ganz anderes mit Liberty und Claire dieses Abenteuer zu erleben und auf dieser Klassenfahrt Spaß zu haben. Ich erinnerte mich an eine Klassenfahrt in der achten Klasse. Wir sind damals nach Berlin gefahren in so eine total riesige Jugendherberge. Wir drei waren in einem Zimmer und es war die absolut beste Klassenfahrt die ich jemals gemacht hatte. Wir hatten zwar ein straffes Programm und mussten eigentlich jeden morgen um neun Uhr am Frühstückstisch sitzen doch wir quatschten trotzdem bis tief in die Nacht hinein und waren dann meist die Einzigen die zu spät zum Frühstück kamen. Einmal waren wir sogar so spät, dass das Buffett schon abgeräumt war und wir ohne Essen los mussten. Das war ein langer Tag mit knurrenden Mägen. Ich weiß noch, dass es am Abend Spaghetti gab und uns alle blöd angeguckt haben weil wir jede drei volle Portionen verdrückten. Unsere Lehrerin kam nach dem Abendessen dann in unser Zimmer und bläute uns ein, gefälligst früh genug im Bett zu sein um das Frühstück nicht noch einmal zu verpassen. Wir nickten brav, mussten aber sofort loslachen als sie aus dem Zimmer ging. Natürlich hörte sie unser Gelächter noch und kam zurück um uns einen bösen Blick zu schenken. Auch wenn unsere Lehrerin nicht ganz so einverstanden war mit unserem Verhalten, hatten wir eine richtig tolle Zeit. Jetzt saß ich hier in Australien und sie in Deutschland. Acht Stunden Zeitunterschied erleichterten diese Tatsache nicht wirklich und ich musste mir eingestehen, dass ich sie richtig vermisste.
„…Sam was sagst du dazu?“
„Was?“
Ich blickte in sieben erwartungsvolle Gesichter, die anscheinend darauf warteten, dass ich antwortete. Doch worauf? Ich hatte keine Ahnung worüber sie eben gesprochen hatten. Ich war so abgelenkt.
„Sam? Bist du noch unter uns?“ Ally stieß mit der Hand gegen meine Schulter.
„Ja, natürlich. Worüber habt ihr noch mal gesprochen?“
„Du bist ja witzig! Wo warst du denn die letzte viertel Stunde?“
Lorenz sah mich verwundert an.
„Das willst du glaub ich nicht wissen. Worüber habt ihr denn jetzt gesprochen?“
„Wir sind am überlegen was wir noch für eine Aktion starten. Du weißt es ja nicht, aber wir machen jede Klassenfahrt etwas abgedrehtes, also nur wir. Meistens ist es etwas, was uns die Lehrer niemals erlauben würden, deshalb sind diese Aktionen auch immer geheim und heimlich. Also Sam, schwörst du Geheimhaltung?“
Ich blickte in die Runde. Wieder diese erwartungsvollen Gesichter, diesmal aber ohne jeden Witz im Gesicht. Es war ihnen ja anscheinend richtig wichtig. Wie sollte und konnte ich mich dagegen schon wehren?
„Ich weiß zwar noch nicht auf was für eine Aktion das hinausläuft, aber ich schwöre darüber stillschweigen zu bewahren.“
„Gut. Daniel hat schon eine super Idee gehabt. Erzähl´s ihr.“
„Folgendes, hier in der Nähe befindet sich ein stillgelegter Vergnügungspark. Wir schleichen uns nachts aus unserer Jugendherberge und machen einen kleinen Ausflug dahin. Ein Freund von mir, der schon mal hier war sagt, dass manche Fahrgeschäfte sogar noch fahren wenn man sie anschaltet. Er hat das mit seinen Kumpels schon ausprobiert. Er meint dass man ganz leicht auf das Gelände kommt. Unser Problem besteht also eher darin, die Jugendherberge unbemerkt zu verlassen. Irgendwelche Vorschläge?“
Ich sah ihn ungläubig an. Meinte er das jetzt Ernst oder nahmen sie mich alle auf den Arm? Sich aus der Jugendherberge zu schleichen war die eine Sache aber auf einem stillgelegten Vergnügungspark herumspazieren? Das ging doch wohl etwas zu weit. Aber anscheinend war ich die einzige die so dachte, denn alle anderen sahen begeistert aus.
„Ist das euer Ernst? Ihr wollt euch in einen Vergnügungspark schleichen und dann mit den eigentlich bereits geschlossenen Fahrgeschäften fahren?“
„Jetzt sei doch nicht so ein Angsthase, das wird lustig.“
Ich sah Daniel empört an.
„Ich bin kein Angsthase und lustig wird es bestimmt, vor allem wenn wir erwischt werden und einen riesigen Ärger bekommen. Ich hab meinem Vater versprochen nichts Dummes zu machen.“
„Ach hab dich doch nicht so Sam, das wird echt einmalig. Und dein Vater wird das niemals erfahren, das versprechen wir dir.“
Um das Argument zu untermauern guckte Ally erwartungsvoll in die Runde, alle verstanden natürlich sofort und nickten wild mit den Köpfen. Ich musste grinsen.
„In Ordnung. Aber wenn das rauskommt hab ich euch gewarnt.“
„Cool, dann müssen wir nur noch überlegen wie wir hier unbemerkt raus kommen. Hat jemand eine Idee?“
Alle blickten angestrengt und überlegt nach unten oder im Zimmer herum. Ich konnte die Köpfe fast rauchen hören. Ich hätte nicht gedacht dass ich dann die sein würde, der etwas einfiel.
„Wie wäre es mit einem Filmreifen Abgang durch das Fenster? Vielleicht nicht durch eures, das wäre Rosenbusch-technisch nämlich eher eine ungemütliche Landung, aber unser Fenster ist über einer Wiese auf der Nachts höchstens ein Igel liegen könnte, aber da ich hier in Australien bisher noch keine Igel gesehen habe, gehe ich einfach mal davon aus, dass es die hier nicht gibt. Also ein gefahrloser Sprung aus unserem Fenster.“
Wieder blickte ich in 14 Augen, doch diesmal waren sie alle weit aufgerissen, und die Ausdrücke im Gesicht verrieten mir, dass sie mich alle für verrückt hielten. Klara blickte aus dem Fenster und musste schlucken.
„Du kannst doch nicht von mir erwarten, da runter zu springen?“
Das konnte doch jetzt wohl nicht ihr Ernst sein. Alle waren sie begeistert von der Idee in einen stillgelegten Freizeitpark zu klettern, Fahrgeschäfte anzuschalten, die keine Ahnung wie viele Jahre schon außer Betrieb waren und vor einem, noch nicht mal tiefen, Sprung aus dem Fenster hatten sie alle Angst oder was? Das grenzte ja schon fast an lächerlich.
„Ihr wollt mir doch jetzt nicht erzählen, dass ihr Angst davor habt aus dem Fenster zu springen? Wir sind im ersten Stocke. Es ist doch überhaupt nicht hoch. Ich finde ihr stellt euch grad ein bisschen an.“
Ich sah herausfordernd in die Runde. Besonders die Jungs sollte mein Blick treffen. Daniel nannte mich einen Angsthasen, mal sehen wer hier wirklich der Angsthase war!
So wie ich es erwartet hatte ließen die Jungs das nicht auf sich sitzen.
„Ich finde die Idee gut“, lenkte Lorenz auch gleich ein, „Kommt schon, wir brauchten einen Plan wie wir hier raus kommen und Sam hat sich einen ausgedacht und sie hat Recht, es ist wirklich nicht hoch. Wir müssen ja auch nicht gleich springen wir können uns ja auch runterlassen, also mit den Händen ans Fensterbrett und dann erst fallen lassen. Ich spring auch als erstes, dann kann ich euch Mädels auffangen.“
Er wusste ganz genau dass das das ausschlaggebende Argument sein würde um die anderen davon zu überzeugen zu springen. Denn keine von ihnen, und das wusste er, wollte sich von einem Jungen auffangen lassen weil sie sich etwas nicht traute. Das war einfach unter ihrem Niveau und natürlich war es auch so provozierend dass sie jetzt zeigen mussten dass sie es allein konnten.
Es war also gebongt dass wir heute Nacht aus dem Fenster springen würden um in den Freizeitpark gehen zu können.
„Wartet mal kurz.“ lenkte Klara ein.
„Klara, es ist nicht gefährlich.“
„Das mein ich auch gar nicht. Aber habt ihr auch bedacht, dass wir irgendwie wieder reinkommen müssen?“
Oh. Das hatte ich total vergessen. Das Fenster war zwar nicht so hoch, dass wir uns was tun könnten, aber zu hoch um wieder hinein zu klettern. Das dürfte ein Problem darstellen.
„Ich hab einen Plan, vertraut mir einfach. Zu richtiger Zeit werd ich es euch zeigen! Aber lasst uns jetzt mal zum Abendessen gehen. Wir sind schon ziemlich spät dran.“ Charlie stand auf, ging aus dem Zimmer und hinterließ verdutzt drein schauende Gesichter. Dann kam sein Kopf wieder zum Vorschein.
„Kommt ihr jetzt?“
Keiner fragte mehr nach. Wir standen auf und folgten Charlie den Flur entlang in unseren Aufenthaltsraum, in dem wir unser Essen bekamen. Wir suchten uns einen Tisch und setzten uns. Das Essen wurde gebracht und wir langten alle ziemlich zu, wir brauchten für die kommende Nacht ja auch genügend Energie. Wir lachten uns über mache unserer Mitschüler aus, weil sie einfach zu blöd aussahen mit der ganzen Schminke im Gesicht. Das Essen schmeckte erstaunlich gut. Die Jugendherbergen in Australien wurden mir sogleich sympathisch! Wir aßen alle unseren Nachtisch bis zum letzten Krümel auf um dann auf unsere Zimmer zu verschwinden. Schließlich mussten wir in unseren Betten liegen wenn der Abendlichte Kontrollgang kommt. Da lagen wir also in unseren Betten, die Decken bis an die Ohren gezogen damit niemandem auffiel dass wir noch unsere Kleidung anhatten, blickten an die Zimmerdecke und warteten darauf dass die Uhr halb elf anzeigte. Als es soweit war fiel mir ein, dass ich es wieder einmal vergessen hatte Liberty und Claire anzurufen.

Kapitel 6


Aus dem nächtlichen Ausflug wurde dann doch nichts. Kurz bevor die Uhr halb elf anzeigte, wurden wir von dem Alarm geweckt der uns morgens zum Frühstück wecken sollte. Verwundert stiegen wir aus den Betten, schlüpften in unsere Schuhe und schauten raus auf den Flur. Unser Lehrer stand dort und bedeutete uns in den Aufenthaltsraum zu kommen. Schnell waren wir alle im Flur und schlossen die Tür hinter uns.
„Was die wohl um diese Uhrzeit von uns wollen?“
Die Junges waren zu uns aufgeschlossen und stellten die Frage die mir im Kopf herumschwirrte. Wahrscheinlich bei allen in diesem Moment.
Im Aufenthaltsraum angekommen setzten wir uns an den Tisch an dem wir auch Abendbrot gegessen hatten.
Unser Lehrer stand an der Tür und wartete noch auf die letzten Nachzügler, dann machte er die Tür hinter sich zu und stellte sich in die Mitte des Raumes.
„Auch wenn ich weiß, dass mit Sicherheit noch keiner von euch geschlafen hatte, tut es mir Leid euch noch um diese Uhrzeit zusammenzurufen. Aber es gibt ein Problem, dass euch alle betrifft. Frau Dretsch musste wegen familiären Gründen vor einer Stunde die Herberge verlassen. Somit bin ich momentan die einzige Asufsichtsperson von euch. Ich habe vorhin bereits mit der Schule gesprochen und es ist ausgeschlossen, dass jetzt noch ein Kollege nachkommen kann. Das heißt für uns, dass wir morgen abreisen. Ich hab den Busfahrer schon angerufen. Er wird morgen gegen zwölf Uhr hier sein. Wir werden morgen noch ein letztes Frühstück bekommen und dann abreisen. Ich bitte euch eure Taschen wieder zu packen und bis spätestens elf Uhr eure Zimmer verlassen zu haben. Selbstverständlich bekommen wir das Geld für die restlichen Tage erstattet.“
Während des gesamten Vortrages sprach keiner im Raum, niemand wagte es auch nur zu atmen. Es saßen einfach nur alle still da und blickten fassungslos unseren Lehrer an. Nachdem er fetig war ging ein flüstern durch den gesamten Raum, alle fingen an miteinander zu tuscheln. Auch an meinem Tisch wurde es wieder lebhaft.
„das können die doch nicht machen, ich hatte mich so auf diese Fahrt gefreut.“ Ally blickte auf den Tisch um dann Daniel einen traurigen Blick zuzuwerfen. Sie hatte sich von dieser Fahrt erhofft, dass Daniel endlich mal die Initiative ergreift. Dazu würde es jetzt nicht kommen, zumindest nicht auf dieser Fahrt. Langsam gingen unsere Klassenkameraden wieder auf ihre Zimmer und wir taten es ihnen gleich. Im Zimmer schmissen wir uns alle längs auf unsere Betten.
„Zum Glück haben wir unsere Koffer noch nicht ausgeräumt.“ Klara sah gleich das positive in der Situation. Ein lächeln huschte über mein Gesicht. Das mochte ich an Klara, sie konnte allem Negativen auch etwas Gutes zu Grunde legen.
Es dauerte nicht lange da war ich eingeschlafen.

Wir kamen nach etwa fünf Stunden Fahrt wieder in der Schule an. Mein Vater wartete mit dem Jeep bereits auf dem Parkplatz. Ich hievte meinen Koffer auf die Ladefläche und stieg neben ihm ein.
Die Fahrt zurück auf die Farm verlief ziemlich ruhig. Bis Dad die Stille unterbrach.
„Du kannst dich dann gleich erstmal hinlegen. Du bist sicher noch ziemlich müde.“
Eigentlich war ich gar nicht mehr müde. Schließlich hatte ich die gesamte Busfahrt über geschlafen. . Mittlerweile war es sechs Uhr am Abend und das Letzte was ich machen wollte war schlafen.
"Ne Papa, ich bin so wach, ich werde gleich erstmal mit Moonlight meine Zäune abreiten. Oder hast du das schon gemacht?"
"Nicht direkt, aber ich hab dir doch gesagt, dass ich jemanden einstellen will und der konnte gleich anfangen. Als ich losgefahren bin ist er gerade losgeritten."
"Das ging ja schnell."
"Ja, aber ich war ziemlich froh, dass er gleich anfanen konnte. Er ist auch gleich in eines der Arbeiterzimmer gezogen."
Eigentlich war es ja wirklich schön, dass jemand da war, der uns etwas entlasten würde und vor allem meinemVater unter die Arme greifen würde. Andererseits machte es mich auch etwas sauer. Mein Vater hatte ja schnell jemanden gefunden, der meine Arbeit übernehmen konnte. Aber ich wollte mal nicht so sein, schließlich war ich ja nicht da.
"Dann werde ich sehen was ich noch machen kann.Irgendetwas muss bestimmt noch erledigt werden."
"Es findet sich immer was."
Mein Vater parkte den Jeep unter dem Unterstand und trug dann meine Tasche ins Haus. Ich ging gleich in mein Zimmer, schmiss meinen Rucksack in eine Ecke und zog mich um. Unten zog ich mirnoch meine neuen Arbeitsschuhe an, die mein Vater mir gekauft hatte und ging raus um nach Moonlight zu gucken. Doch als ich am Pferdestall ankam, war die Box von Moonliht leer und die Tür stand offen. Ich blicktehastigin alleRichtungen und entschied mich dann den Hügel hinter den Arbeiterzimmern hochzulaufen um eine bessere Sicht zu haben. Doch oben angekommen, war von Moonlight weit und breit keine Spur. Schnell rannte ich zurück zum Hof.
"Papa?"
Doch es kam keine Antwort. Ich versuchte es noch einmal, aber lauter.
"Aidan?"
Aber es kam keine Reaktion. Blitzschnell rannte ich zu den Pferdeställen zurück und sattelte Bless, die Stute von meinem Vater. Ich sprang auf ihren Rücken und gallopierte in Richtung der Südkoppeln. Ich hielt mich an die Zäune um mich nicht zu verirren, da ich das gesamte Gelände noch nicht so gut kannte. Immer wieder spornte ich Bless an damit sie schneller lief. Für einen kurzen Augenblick schloss ich die Augen und genoss die frische Brise, die meine Haare zum flattern. Plötzlich scheute Bless und warf mich ab. Unsanft kam ich auf dem harten Boden auf und kontrollierte zu aller esrt meine Gliemaßen. Zum Glück waren alle noch funktionsfähig und taten nicht weh. Nur mein Hintern würde wahrscheinlich ein paar Tage weh tun. Ich stütze mich mit der Hand ab und stand auf um herauszufinden, was Bless so aufgeschreckt hatte. Ich blickte auf und musste feststellen, dass Bless, immer noch aufgescheucht, über die Felder rannte. Erkennen, was Bless aufgescheucht hatte, konnte ich aber nicht.
Auf einmal hörte ich hinter mir Hufgetrampel und drehte mich um. Im selben Augenblick preschte ein Junge auf einem Pferd an mir vorbei. Erschrocken blickte ich ihnen hinterher. Sie gallopierten hinter Bless hinterher und ich konnte erkennen wie der Reiter ein Seil um sich schwang. Ich kam mir vor wie in einem Wildwestfilm. Er holte Bless ein und fing sie mit dem Lasso.
Beeindruckt und wie festgewachsen stand ich einafch nur da und beobachtete wie der reiter mit Bless neben sich, zu mir geritten kam. Erst als sie nur noch wenige Meter von mir entfernt waren, fing ich mich wieder und musste mit Entsetzten feststellen, dass der reiter nur ein paar Jahre älter zu sein schien als ich. Sofort stieg mir vor Verlegenheit die Röte ins Gesicht. Er kam vor mir zum stehen und stoeg von seinem Pferd ab. Erst jetzt bemerkte ich, dass es Moon war, auf dem er geritten ist. Meine Verlegenheit war wie weggeblasen, doch bvor ich etwas sagen konnte, hatte schon der Typ das Wort ergriffen.
„Was hast du dir dabei gedacht? Du kannst doch nicht einafch wie eine Bekloppte durch die Gegend reiten. Was machst du überhaupt hier auf dem Gelände?“
Vor Empörung klappte mir die Kinnlade runter. Was glaubte er eigentlich wer er war, mich hier so an den Pranger zu stellen? Noch dazu mit meinem Pferd an den Zügeln?
„Das Gleiche könnte ich dich fragen. Schließlich habe ich mehr Rehct heir zu sein als du. Das gelände gehört nämlich meinem Vater und das Pferd das du da hälst gehört mir und ich denke nicht, dass ich dir erlaubt hatte es zu nehmen.“
Jetzt stand ihm das Entsetzten im Gesicht.
„Du bist die Tochter von Aidan?“
„Ja die bin ich. Dürfte ich erfahren wer du bist und was du mit meinem Pferd machst?“
„Ich bin Dave, dein Vater hat mich eingestellt.“
Das glaubte ich jetzt nicht. Ich hatte fest damit gerechnet, dass mein Vater jemanden in seinem Alter einstellt und nicht jemanden der etwas älter war als ich.
„Und so wie es aussieht, hat er meine Hilfe hier dringend nötig!“
„Was soll das denn heißen?“
„Ich habe dich eben reiten gesehen, nicht gerade etwas, dass dir gut zu liegen scheint. Und nach arbeit siehst du auch nicht wirklich aus.“
Das durfte doch wohl nicht wahrsein. Was nahm sich dieser Fatzke denn heraus?
„Ich denke nicht, dass es deine Arbeit ist, das zu beurteilen. Du kennst mich nicht mal.“
„Das brauch ich auch nicht. Ein Blick auf deine offenen Haare verrät mir, dass du nicht viel Erfahrung damit hast auf dem Land zu arbeiten. Außerdem scheint dir deine Frisur zu schade für einen Hut zu sein.“
Ich ärgerte mich darüber, vorhin vor lauter Hektik meinen Hut vergessen zu haben. Ich schenkte Dave einen bösen Blick. Ich wollte mich nicht weiter mit ihm unterhalten und ging auf Moon zu, der ruhig neben Dave stand. Nach drei Schritten hatte ich ihn erreicht und wollte schon aufsteigen als mir auffiel, dass dave immernpoch Moon’s Zügel festhielt.
„Könnte ich bitte die Zügel bekommen?“
Ich versuchte dabei nebensächlich zu klingen und ihn nicht anzuschauen, weitere Sprüche wollte ich mir nämlich ersparen.
„Aber nicht dass ich wieder ein pferd für dich einfangen muss!“
Ich konnte sein hämisches Grinsen fast schon spüren so klar war mir dass es sich auf seinem gesicht wiederspiegeln würde. Doch ich wollte ihm nicht den Gefallen tun und es mir ansehen. Sollte er doch seinen Triumph genießen, meine Chance würde kommen. Ich stieg auf Moon und gallopierte mit ihm davon. Dave ließ ich mit Bless einfach stehen. Dem würde ich schon zeigen was in mir steckte. Nicht nur im arbeiten würde ich ihn überbieten, ich würde ihm auch in allen anderen Bereichen überlegen sein und alles Mögliche tun um ihm das Leben bei uns zur größten Qual überhaupt zu machen!

Ich kam schneller als ich erwartet hatte auf der Farm an. Ich sattelte Moon ab und brachte ihn in seine Box. Zu meiner Verwunderung stand auch Bless bereits in ihrem Stall. Dave schien wirklich ein guter Reiter zu sein. Und wenn schon, rief ich mir in meinen Kopf zurück. Er ist und bleibt ein Idiot. Ich holte Moon einen Eimer voll Heu und zusätzlich einen Apfel. Auch Bless gab ich einen Apfel und die gleiche Menge Heu. Ich füllte noch die Tränke, die sich beide teilten mit Wasser und machte dann das Gatter zu. Ich machte noch einen Rundgang um die Farm. Ich hatte nämlich noch längst nicht alle Winkel erforscht und das musste nachgeholt werden. Es wurde allerdings bereits dunkel und mit der Dunkelheit kam die Kälte. Ich hatte nur ein luftiges Hemd an und beschloss ins Wohnhaus zu gehen. Ich zog meine Stiefel im Flur aus und stellte sie auf die Fußmatte. Ein wunderbarer Geruch stieg mir in die Nase und lockte mich in die Küche. Schon bevor ich diese betrat hatte sich der Duft in meinem Kopf als Dad’s berühmte Gemüsesuppe definiert. Voller Vorfreude machte ich die Schranktür auf um den Tisch zu decken, doch es befanden sich keine Teller mehr im Schrank.
„Paps, wo sind die ganzen Teller hin?“
Ich richtete mich auf und blickte meinen Vater fargend an. Dann schweifte mein Blick in Richtung Spüle und ich begriff: Der Ausdruck Spüle war nicht gerade das, was das beschreiben würde was ich sah. Ein gewaltiger Stapel an dreckigem Geschirr häufte sich im Spülbecken, welches sich nur noch durch den hervorstehenden Wasserhahn definieren ließ.
„Wie hast du es geschafft in nur so kurzer Zeit ein solches Chaos zu veranstlaten? Ich war doch nur zwei Tage weg.“
Verlegen schaute mein Vater auf den Berg Geschirr und zuckte nur die Schultern. Seufzend löste ich meinen Blick von dem Chaos und holte aus einem der Hängeschränke zwei Kornflakesschüsseln hervor. Musste es eben mal so gehen. Löffel fand ich zum Glück noch welche in der Schublade. Mit Gabeln wäre es dann doch etwas schwierig gegangen!
„Holst du bitte noch Dave. Er hat getsren Abend auch mitgegessen, als ich alleine war und wir haben uns darauf geeinigt, dass er auch weiterhin mit uns essen soll.“
Das wurde ja immer schöner. Erst nahm er einfach mein Pferd, dann spielt er sich auf wie ein Alles-Besser-Könner und dann drängt er sich auch noch zum Essen bei uns auf. Aber ich wusste, dass Paps einen Arbeiter brauchte, dass es nun jemand wie Dave sein musste gefiel mir zwar nicht, aber ich wollte jetzt keine Diskusion anfangen. Ich stand also auf und ging raus auf den Hof zu den Arbeiterzimmern rüber und klopfte an die Tür aus der Licht kam.
„Hey, es gibt essen.“
Mit einem Ruck wurde die Tür geöffnet und zwei grüne Augen blickten mich an. Für einen kurzen Moment erschrocken, verlor ich mich in diesen Augen. Dann wurde mir klar, wem diese Augen gehörten und ich versuchte mich zu beherrschen.
„Ähm, essen ist fertig.“
Ich trat einen schritt zurück und bemerkte erst jetzt, dass Dave ohne Hemd vor mir stand. Sein durchtrainierter Oberkörper war mit kleinen weißen Häärchen bedeckt und ein leichtes Zucken umspielte seine Brustmuskeln. Sein blondes Haar war noch nass und fiel ihm lässig ins Geischt, ließen seine Augen aber dadurch noch deutlicher scheinen. Ich war von diesem Anblick vollends geblendet und wurde erst durch Dave auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
„Ich komme sofort.“
Mit einem Knall fiel die Tür wieder ins Schloss und ich erschrak. Völlig perplex und überfordert von der Situation machte ich auf dem Absatz kehrt und ging zurück ins Wohnhaus. Was war da eben passiert? Ich hatte mir doch geschworen Dave da Leben zur Hölle zu machen. Warum haben mich seine Muskeln dann so faszienert? Ich setzte mich noch halb in Tarnce an den Tisch und versuchte mich zu sammeln. Sam, sagte ich mir selbst, das ist ganz normal. Jedes Mädchen ist von männlichen Muskeln beeindruckt. Das ist von kurzer Dauer und auch schnell wieder vergessen. Ich nickte zustimmend. Ich blickte hoch und sah, wie mein Vater irriteirt zu mir rüber schaute. Mit einem gezwungen Lächeln nahm ich die Suppenkelle in die Hand und füllte mir meine Kornflakesschüssel voll. Ich bemerkte, dass mein Vater für Dave bereits eine dritte Schüssel auf den Tisch gestellt hatte, kümmerte mich weiter aber nicht darum, sondern widmete mich meiner wohlschmeckenden Suppe. Erst als ich diese bereits zur Hälfte geleert hatte kam Dave in die Küche, setzte sich wortlos zu uns an den Tisch und füllte sich genauso wortlos eine Schüssel Suppe ein. Mit schnellen Zügen hatte er diese geleert und nahm sich ein zweites Mal. Ich verfolgte jede seiner Bewegungen im Augenwinkel. Dann ermahnte ich mich und schlürfte teilnahmslos an meiner Suppe. Es herrschte eine unerträgliche Stille am Tisch, die mein Vater schließlich beendete.
„Irgendwelche Vorkommnisse auf den Weiden heute Dave?“
Ich schaute von meiner Schüssel hoch. Dave grinste mich überlegen an. Sofort wurde mir wieder klar warum ich diesen Typen nicht ausstehen konnte.
„Ich hab ein Loch im Grenzzaun repariert und die Tränken überprüft. Die Tränke müssten morgen gereinigt werden. Die restlichen Zäune waren soweit in Ordnung.“
„Gut, wir werden morgen beim Frühstück darüber sprechen, wer sich darum kümmert. Ich werde jetzt schlafen gehen.“
Paps stand auf, räumte seine schüssel weg, eigentlich stellte er sie nur auf den bereits vorhandenen Haufen, kam dann auf mich zu und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
„Schlaf gut Sam.“
„Schlaf gut Paps.“
Mit einem leichten Nicken in die Richtung von Dave verließ er die Küche. Nachdem das Knarren der Treppenstufen verklungen war herrschte vollkommende Stille. Dann hielt ich es nicht mehr aus. Ich stand auf und machte mich an den Abwasch. Irgendjemand musste sich ja darum kümmern. Ich holte die Teller heraus und stsapelte sie neben der Spüle, dann ließ ich heiße Wasser einlaufen und machte ordentlich Spüli rein. Nachdem ich alles abgewaschen hatte, machte ich einen Lappen nass um den Tisch zu wischen. Erst als ich mich umdrehte fiel mir au, dass dave bereits gegangen war. Seine Schüssel stand natürlich noch auf seinem platz. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein? Ich nahm die Schüssel, wusch sie, wenn auch nicht gerne, ab und räumte dann die Regale wieder ein.
Vollkommen erschöpft von diesem Tag ließ ich mich in mein Bett fallen und schlief sofort ein.
Die weitere Woche musste ich zur Schule gehen. Da alle anderen Parallelklassen auf Klassenfahrt waren, und somit auch alle Lehrer de uns unterrichteten, konnte kein richtiger Unterricht stattfinden. Stattdessen drückte unser Lehrer uns ein Projekt auf. Wir sollten in der restlichen Woche Referate herausarbeiten über Themen unserer Wahl. Am Freitag sollten dann diese vorgestellt werden. Auch wenn wir nicht wirklich davon begeistert waren, machte es letztendlich eine Menge Spaß. Die Themen bedeckten so ziemlich alle Gebiete und so hatten wir einen Tag voller exotischer Länder und Kulturen, den verrücktesten Sportarten und den beeindruckendsten Perosnen gefüllt. Die nächsten Wochen verlief weniger langweilig. Paps hatte sich endlich nach einer Haushälterin umgesehen und eine passende für uns gefunden. Ronda lebte sich schnell bei uns ein und dank ihr glänzte unsere Küche wie eine frischgebohnerte Eisfläche. Auf dem Hof gab es viel zu tun, was zu meinem Pech in Arbeit mit Dave zu erledigen war. Die Arbeit war von Sarkasmus und blöden Sprüchen geprägt, worüber ich mich eigentlich hätte ärgern sollen, doch ich begann Spaß daran zu haben mich mit Dave zu streiten.
Die Woche verging und das Wochenende kam. Mit dem Wochenende kam auch die neue Schermaschine, die direkt zum Einsatz kommen sollte.
Am Samstagmorgen stand ich sehr früh auf. Ich zog meine alte Jeans an und durchwühlte dann meinen Schrank nach meinem Bikini-Oberteil. Im Schererschuppen würde es nämlich anch spätestens einer viertelstunde total heiß werden. Ich zog es an und darüber ein normales weißes T-shirt. Dann ging ich runter und traf mich mit Paps und Dave beim Frühstück. Ronda schlief noch, da Paps nicht wollte, dass sie wegen uns so früh aufstehen müsste. Außerdem gings Ronda in den letzten Tagen nicht besonders gut. Wir aßen schnell etwas und machten uns dann sofort ans Schafe scheren. Wir hatten die Tiere bereits am Tag davor in den großen Stall gebracht, weil Regen angesagt war. Jeder stellte sich an einen der Scherer und Paps erklärte mir noch schnell wie sie funktionierten. Dann ging es los: Tür auf, Schaf raus, Tür zu, Schaf scheren, Schaf raus. So sollte es den ganzen Tag laufen. Nach einer geschlagenen Stunde meldete sich Paps dann zum Glück zu Wort.
„Lasst uns kurz eine Pause machen und etwas trinken. Die Hitze hier trocknet uns noch komplett aus. Zustimmend nickten Dave und ich. Ausnahmsweise waren wir uns mal einig! Ronda hatte uns vor den Stall eine Kkiste mit Wasserflaschen gestellt. Dankend nahm ich mir eine und hielt sie mir an die Lippen. Mit weniger als fünf Zügen hatte ich sie bis auf den letzten Tropfen geleert. Mit einem lauten Seufzer machte ich die Flache wieder zu und erntete dafür von Dave einen belustigten Blick. Verlegen drehte ich mich um und ging wieder zum scheren in den Stall.
Wir arbeiteten in Hochtouren, da wir noch an diesem Tag fertig werden wollten. Mir lief bereits der Schweiß von der Stirn und mit einem kurzen Blick stellte ich fest, dass es Dave neben mir nicht besser ging. Auch ihm tropfte der schweiß von der Stirn und seine Haare klebten ihm am Kopf. Als er den Kopf hebte und sah, dass ich ihn anguckte, konzentrierte ich mich sofort wieder auf mein Schaf.
Nach weitern dreißig Minuten des schwitzens hielt ich es dann nicht länger aus. Ich scherte noch das Schaf zuende welches ich angefangen hatte und legte danach den Scherer auf einen Holzbalken. Dann zog ich mein schweißnasses T-shirt aus und schmiss es über den gleichen Balken auf dem auch der Scherer noch lag. Durch das längere verstummen der Maschine blickte Dave hoch. Als er mich sah weiteten sich seine Augen. Ich fing seinen Blick ein und er ließ, wie ertappt von mir ab. Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen machte ich mich wieder an die Arbeit. Mein Vater bekam von all dem nichts mit. Nach geschlagenen acht Stunden waren dann endlich alle Schafe nackt.
„Macht ihr zwei dann mal Schluss, wir haben heute viel geschafft. Ich bring die Wolle eben noch weg, aber das schaff ich alleine.“
Dankbar lächelte ich meinen Vater an. Ich brauchte dringend eine kalte Dusche. Mein ganzer Körper glänzte vor Schweiß. Bevor ich ins Haus ging, wollte ich hinter dem schwarzen Schuppen noch meine total dreckigen Schuhe abspülen. Gerade hatte ich den Wasserhahn aufgedreht und einen der Schuhe drunter gehalten, da platschte eine kalte, große Menge Wasser über meinen Kopf.
„Abkühlung gefällig?“
Das hatte er nicht umsonst gemacht. Langsam schnappte ich mir den Schlauch, den Ronda zum Blumen gießen benutzte und schloss ihn am Hahn an. Blitzschnell drehte ich mich um und sah Dave mit einem leeren Eimer in der Hand hinter mir stehen. Sofort richtete ich den Strahl auf ihn. Dave reagierte – zum Glück – viel zu spät! Der Strahl traf ihn unvorbereitet und er verschwand sofort hinter dem Pferdestall. Vor Triumph strotzend machte ich den Schlauch wieder vom Hahn ab und legte ihn zurück. Dann ging ich zurück auf den Hof. Kaum hatte ich den Schutz des Schuppens verlassen, traf mich eine weitere Wasserfontäne. Vor Schreck ließ ich meine Schuhe fallen, die ich eben noch sauber gespült hatte. Ich rannte zurück zum Schuppen und schloss den Schlauch wieder an. Langsam schlich ich um den Schuppen und achtete dabei darauf, dass ich soweit wie möglich an der Wand ging. Dann hatte ich die Ecke erreicht, die mir den Blick zum Hof ermöglichte und gleichzeitig auch den Blick auf den Pferdestall erlaubte. Dort verharrte ich und wartete, dass Dave sich zeigte. Doch ich konnte ihn weder sehen noch hören. Plötzlich piekste mich etwas in die Seite, mit einem Satz drehte ich mich um und stand Dave gegenüber. Er musste sich von hinten angeschlichen haben, sonst hätte ich ihn schließlich gesehen. Ich drückte auf den Knopf, der den Wasserstrahl auslösen sollte, doch es kam kein Wasser. Stattdessen traf mich der Strahl von Daves Wasserpistole. Er grinste überlegen.
„Lass niemals deine Wasserquelle unbeaufsichtigt!“
Hatte er doch tatsächlich den Hahn abgedreht. Er wollte also mit fiesen Mitteln spielen? Das konnte ich auch. Ich Schmiss den Schlauch an die Schuppenwand und rannte davon. Natürlich folgte Dave mir. Mein Ziel war der Garten hinter dem Haus. Was Dave nämlich nicht wusste war, dass Ronda dort eine Sprenkleranlage installiert hatte damit ihr frisch gegrünter Rasen die Farbe auch behielt. Ich lief zu dem Hahn an dem man die Anlage in Betrieb setzte und stellte mich mit dem Rücken davor, die Hand bereits am Regler. Da der Hahn an einer Wand war, die rechts und links ebenfalls von Wänden umgeben war, glaubte Dave mich in der Falle. Er blieb überlegen auf dem Rasen stehen.
„Jetzt hab ich dich!“
Gleichgültig zuckte ich mit der Schulter. In dem Moment in dem Dave den Abzug seiner Wasserpistole drücken wollte, drehte ich den Regler für die Anlage und sofort ging das Wasser los. Dave war verschleiert in einem Sprühregen aus eiskaltem Wasser. Total überrascht und überfordert mit der Situatuion stand er da und ließ die Pistole fallen. Ich konnte mich vor lachen nicht mehr halten und sank mit dem Rücken an der Hauswand auf den Boden, der trocken war, da die Sprenkleranlage nicht in den Bereich ging in dem ich mich befand. Vor lachen hatte ich bereits Tränen in den Augen. Ich blickte auf und sah wie Dave auf mich zu kam. Im ersten Moment musste ich noch lachen, doch je dichter er kam desto schneller verstummte mein lachen. Dafür verstärkte sich aber das Grinsen auf seinem Gesicht.
„Das wagst du nicht!“
Ich hielt ihm abwehrend die Hand entgegen, doch er kam weiter auf mich zu. Ich richtete mich an der Wand auf und versuchte an ihm vorbei zu laufen, doch Dave packte mich kurzerhand und hob mich, als ob ich nichts wiegen würde über seine Schulter. Dann drehte er um und ging zurück zu den Rasensprengern.
„Dave, nein, hör auf!“
Doch ich klang nicht sehr überzeugend denn ich musste wieder lautstark anfangen zu lachen. Ich schlug mit meinen Händen gegen seinen Rücken, der wie ich bemerkte, von keinem T-shirt mehr bedeckt wurde.
„Sam, du wirst doch wohl nicht wasserscheu sein? Und wenn doch, ist es jetzt definitiv zu spät!“
Wir befanden uns im nassesten Bereich der Sprenkleranage: in der Mitte des Rasens. Endlich ließ mich Dave runter. Doch er schien schon ganz genau zu wissen was ich vor hatte und stellte mir ein Bein. Dadurch, dass er noch meinen Arm festhielt fiel ich sachte auf den mittlerweile matschigen Boden. Erst jetzt sah ich, dass Dave eine Gießkanne in der Hand hielt, die sich direkt über meinem Kopf auszuleeren drohte. Schnell griff ich nach Daves Bein und zog ruckartig daran. Es traf ihn unvorbereitet und er ging genau wie ich zu Boden. Lachend griff ich nach der Gießkanne und leerte sie über seinem Kopf. Doch bevor der letzte Tropfen aus der Kanne floss, grif er nach meinem Handgelenk, welches die Kanne umschloss und rollte mich auf den Rücken. Er griff nun auch nach meinem zweiten Handgelenk und ich war komplett Handlungsunfähig. Dave kniete neben mir und hatte sich über mich gebeugt. Ich musste wieder anfangen zu lachen. Es ah aber auch einfach zu komisch aus, wie er da über mich gebäugt saß. Das Wasser hatte einen dichteren, weißen Schleier gebildet und ich konnte nichts mehr um uns herum erkennen.
„Ergibst du dich?“
Dave sah mich finster an, doch ich konnte das lachen in seinen grünen Augen erkennen.
„Niemals!“
„Na das werden wir ja sehen!“
Er ließ eines meiner Handgelenke los und begann mir in die Seite zu piksen. Als er merkte, dass ich wirklich kitzelig war ließ er auch mein anderes Handgelnk los und fing an mich mit beiden Händen durchzukitzeln. Ich kugelte mich vor lachen.
„Bitte hör auf, ich ergeb mich ja schon.“
„Wie war das? Ich glaub ich hab dich nicht gehört!“
Natürlich er wollte seinen Triumph so richtig auskosten. Aber was sollte ich machen. Ich bekam vor lachen kaum noch Luft und das Wasser, dass dabei auf uns niederprasselte machte die Sache nicht wirklich einfacher. Also rief ich laut: „Ich ergebe mich!“
Lachend ließ Dave von mir ab.
„Geht doch. Du hattest eh keine Chance gegen mich.“
Alles andere hätte mich wirklich aufegeben lassen, aber dieser Spruch stachelte mich an. Ich wand mich blitzschnell und brachte Dave in die gleiche Position in der er mich eben noch festgehalten hatte. Der Unterschied war dabei jedoch, dass meine Arme wesentlich kürzer waren als seine und ich dadurch seinem Kopf gefährlich nahe war. Ich hörte seinen leisen Atem und für einen Moment sahen wir uns einfach nur an. Seine Augen waren wirklich von einem wunderschönen grün. Dann spürte ich einen Druck gegen meine Arme und Dave setzte sich auf, dabei drückte er ohne Probleme meine Arme hoch.
Mit einem schälmischen Grinsen sah er mich an.
„Na warte!“
Das war eine Kampfansage. Schnell ließ ich seine Handgelenke los und rannte davon. Doch weit kam ich nicht. Dave war schnell und hatte mich nach noch nicht mal zwei Metern eingeholt. Seine Arme schlangen sich von hinten um meine Taille und meine Füße hebten vom Boden ab. Auch meine Arme waren von seinen umgeben und so hatte ich keine Möglichkeit mich zu wehren. Nur meine Beine versuchte ich so zu bewegen, dass es ihm das Tragen erschweren würde. Dave wirbelte mich umher und wäre ich nicht schon völlig durchnässt gewesen, wäre ich es dann gewesen. Es schien ihm überhaupt nichts auszumachen, dass ich mit meinen Beinen wie ein Fisch auf Trockenem zappelte. Sowieso schien mein Gewicht ihn nicht zu stören. Völlig erschöpft hielt ich also meine Beine still. Nach einem kurzen Moment blieb Dave stehen. Er sprach direkt in mein Ohr.
„Gibst du jetzt endlich auf?“ fragte er leise.
Völlig perplex von dieser Nähe und wundervollen Stimme barchte ich nur ein leichtes Nicken zu stande. Dave ließ mich langsam wieder auf den Boden und drehte mich dann zu sich um. Seine Hände weilten immernoch auf meiner Taille. Wie versteinert stand ich da und sah ihm einfach nur in die Augen. Seine Hand löste sich von meiner Taille und legte diese an meine Wange. Vorsichtig streifte er mit dem Daumen eine Haarsträhne weg, die an meiner Wange klebte. Ich spürte wie mein Herz schneller schlug und bildete mir ein auch seins zu hören. Dann kam sein Gesicht näher und seine andere Hand legte sich unter mein Kinn. Bevor er mich jedoch erreichen konnte, ebbte der Regen auf einmal ab und der Schleier um uns löste sich. Erschrocken über uns selbst ließen wir von einander ab und standen uns verlegen gegenüber.
„Was macht ihr denn da?“
Gleichzeitig drehten wir uns um und sahen in die fragenden Augen von Ronda.
„Ähm … Abkühlung nach dem Schafscheren.“
Zum Glück hatte Dave seine Sprache wiedergfunden denn ich hatte null Ahnung wo ich meine suchen sollte.
„Naja, egal. Zieht euch jetzt gleich trockenen Kleidung an und dann kommt essen.“
Damit drehte sich Ronda um und ging.
Dave und ich standen wieder alleine auf der Rasenfläche und diesmal war ich es die ihre Sprache fand.
„Okay, dann werde ich mir mal was Trockenes anziehen.“
„Ja, ähm, ich auch.“
„Gut, dann bis gleich!“
Mit den Worten gingen wir in unterschiedliche Richtungen um uns für das Abendbrot fertig zu machen.
Als ich die Küche betrat, saßen Paps, Ronda und Dave bereits am Tisch. Ich setzte mich auf den freien Stuhl, der natürlich ausgerechnet gegenüber von Dave stand. Das Essen verlief ziemlich ruhig. Immer wieder blickte ich zu Dave hoch, senkte meine Augen aber sofort wieder wenn unsere Blicke sich trafen. Ein Seitenblick auf meinen Vater verriet mir, dass er bemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte. Aber ich dankte ihm dafür, dass er nicht fragte, denn ich hätte keine Antwort gehabt.
Am Abend fiel ich total müde und erschöpft ins Bett. Trotz der Schmetterlinge die sich in meinem Bauch, bei dem Gedanken an den vergangenen Tag, tummelten, konnte ich ziemlich gut einschlafen. Vielleicht aber auch gerade deswegen!

Kapitel 7


Am nächsten Morgen wurde ich von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, die mein Zimmer mit einem hellen orange durchfluteten. Mit einem Blick auf den Wecker stellte ich voller Entsetzten fest, dass ich bereits um eine Stunde verschlafen hatte. Schnell schmiss ich die Bettdecke zurück und rannte wie ein aufgescheuchtes Huhn im Zimmer umher, bis ich all meine Kleidung gefunden und angezogen hatte. Da ab sofort Ferien waren, brauchte ich meinen Rucksack nicht, also machte mich auf den Weg in die Küche. Schon auf der Treppe stieß mir ein Geruch in die Nase, der mein Magen zum knurren brachte.
Ronda hatte Rüheei gekocht und die volle Pfanne stand noch auf dem Herd. Schnell nahm ich mir einen Teller voll und aß hastig, denn mit einem Blick auf die Uhr stellte ich erschrocken fest, dass es schon ziemlich spät war. Die Zäune mussten früh abgeritten werden damit die Schafe und Rinder am Abend auch alle auf den Weiden waren, auf die wir sie gebracht hatten. Schnell räumte ich das Geschirr weg und ging nach draußen um Moon zu satteln. Ich legte ihm erst die Zügel an und führte ihn dann nach draußen auf die Koppel um ihn zu satteln. Doch auf dem Weg nach draußen musste ich feststellen, dass Moon hinkte. Ich untersuchte die Hufe und sah, dass eines von den Eisen locker war und zusätzlich noch ein Nagel herausguckte. Moon konnte ich heute vergessen. Wir müssten ersteinmal den Hufschmied benachrichtigen. Ich ging über den Hof und suchte Paps. Doch wie am Tag zuvor, war er nirgends zu finden. Ich ging ins Haus und schrieb ihm einen Zettel, damit er dem Hufschmied gleich Bescheid geben konnte. Ich ging wieder raus und überlegte, wie ich ohne Moon die Zäune überprüfen sollte. Mir fiel das Motorrad ein, aber die Tatsache, dass ich eines besaß machte noch keine Fahrerin aus mir. Eigentlich wollte mir Paps das Fahren zeigen, doch das hatte er noch nicht getan. Mir blieb dennoch nichts anderes übrig als das Motorrad zu nehmen wenn ich meine Arbeit erledigen wollte. Ich ging zu dem alten schwarzen Schuppen in dem die Motorräder standen und holte meinen Helm aus dem Regal. Ich schob die Maschine aus raus und stellte sie erstmal mitten auf den Hof. Schnell rannte ich ins Haus und holte den Schlüssel. Als ich wiederkam stand Dave auf dem Hof – vor meinem Motorrad. Kurz blieb ich stehen, und überlegte wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Denn mir war klar, dass sich etwas verändert hatte. Da ich aber sowieso schon spät dran war entschied ich mich dafür, nicht weiter auf ihn einzugehen und ihn einfach zu ignorieren. Sollte er doch den ersten Schritt machen. Also ging ich schnurstracks auf ihn zu und nahm, unbeeindruckt von ihm, meinen Helm vom Sitz und setzte ihn mir auf. Dave verfolgte all meine Bewegungen. Ich schnallte etwas Draht und eine Zange hinten fest und steckte dann die Schlüssel ins Schloss. Langsam drehte ich ihn nach rechts und der Motor sprang tatsächlich an. Ich hätte einen Freudentanz aufgeführt wenn ich Daves Blicke nicht immer noch gespürt hätte. Lässig klappte ich den Ständer mit meinem Fuß um und gab Gas. Zu meinem Erstaunen fuhr es langsam an, also gab ich noch etwas mehr Gas und brauste, Richtung Südkoppel davon.
Ich hatte gerade den Grenzzaun erreicht, da fiel mir ein Loch im Zaun auf. Ich bremste und stieg ab. Mit dem Draht und der Zange bewaffnet machte ich mich daran den Zaun zu reparieren. Auch das klappte ohne Schwierigkeiten. Es schien einfach mein Tag zu sein. Ich schnallte das Werkzeug wieder fest und setzte meinen Helm auf. Ich hievte mein Bein über das Motorrad und drehte den Schlüssel. Meine Hand legte sich auf das Gas und ich fuhr an. Doch mit so einem gewaltigen Ruck hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte noch nicht einmal richtig am Gas gedreht da heulte das Motorrad schon auf und preschte, samt mir, direkt gegen den Grenzzaun, den ich eben noch repariert hatte. Der unsanfte Aufprall ließ die Hinterräder wie bei einem austretenden Pferd hochschnellen und schleuderte mich vom Sitz herunter. Hart landete ich neben dem Motorrad, dass, zu allem Überfluss auch noch in meine Richtung umkippte und meine Beine begrub. Reflexartig richtete ich mich auf und schob das Motorrad von meinen Füßen. Ich zog mich an einem der Grenzpfosten hoch und überprüfte meine Gelenke. Da nichts schmerzte schloss ich, dass auch nichts gebrochen oder gestaucht war. Ein Blick auf das Motorrad sagte mir, dass auch dieses keinen großen Schaden davongetragen hatte. Es war lediglich die Reifenverkleidung etwas verbogen. Das aufheulen des Motors bestätigte meine Vermutung dann und ich machte mich auf den Weg zurück zur Farm. Ich fuhr gerade über den großen Hügel hinter dem sich unsere Farm befand, als kurzzeitig mein Blickfeld verschwamm und ich die Kontrolle über das Motorrad verlor. Doch genauso schnell wie es gekommen war, verschwand es auch wieder und ich hatte das Lenkrad wieder fest im Griff. Ich lenkte zwischen den Schuppen hindurch und parkte das Motorrad auf dem Hof, vor der großen Scheune. Hinter mir hörte ich, wie Dave an dem neuen Hühnerstall hämmerte und dreht mich nach ihm um. Da stand er - ohne T-Schirt! Der Anblick war einfach göttlich. Schnell wand ich meinen Blick wieder von ihm und setzte meinen Helm ab.
Langsam wagte ich noch einen Blick in Richtung Dave, hätte ich allerdings gewusst, dass er direkt hinter mir stehen würde, hätte ich mich anders entschieden. Ich drehte mich vor Schreck blitzschnell um und ließ den Helm krachend fallen. Dann verschwamm wieder alles vor meinen Augen und ich spürte mich wie ich langsam die Kontrolle über meine Beine verlor und mich der Erdanziehungskraft fügte. Ich wartete schon auf den dumpfen Aufprall auf den Boden, doch zu meinem erstaunen kam dieser nicht. Stattdessen, spürte ich zwei starke Arme, die mich auffingen und mich langsam auf den Boden gleiten ließen. Das Schwindelgefühl verblasste wieder und ich öffnete meine Augen. Sofort fingen mich die grünen Augen von Dave ein, die genau über mir waren. Erst da merkte ich, dass ich auf seinem Schoß lag und er meinen Kopf in seinen Händen hielt. Vorsichtig drehte ich meinen Kopf um zu sehen wo wir uns auf dem Hof befanden doch ich stoppte sofort die Bewegung als ich einen Stechenden Schmerz an meiner linken Schläfe spürte.
„Nicht bewegen, Sam, du hast eine Platzwunde am Kopf.“
Ungläubig hob ich meine Hand an meine Stirn und betrachtete dann meine Finger, die von Blut getränkt waren.
„Verdammt, wäre ich doch nie auf dieses dämliche Motorrad gestiegen.“
Ich spürte wie mir eine Träne die Wange herunterzulaufen drohte, und wischte sie schnell weg, damit Dave sie nicht sehen konnte.
„Jetzt beruhige dich erstmal und erzähl mir was passiert ist.“
Die Stimme von Dave war sehr beruhigend. Er strich vorsichtig meine Haare aus dem Gesicht und betrachtete mich fragend.
Gerade als ich zum sprechen ansetzten wollte kam mein Vater auf uns zugerannt.
„Oh mein Gott, Sam, was ist passiert?“
„Sie ist auf einmal Ohnmächtig geworden, war aber sofort wieder bei Bewusstsein. Sie ist gerade mit dem Motorrad zurrückgekommen.“
Ich konnte gar nicht so schnell Luft holen, da hatte Dave schon alles erzählt was er wusste.
„Sam, du bist mit dem Motorrad gefahren? Um Himmels Willen, bist du denn total verrückt? Ich habe dir doch noch gar nicht gezeigt wie das geht.“
Der entsetzte Blick von meinem Vater trieb wieder Wasser in meine Augen. Einerseits spiegelte sich Wut und andererseits Angst in seinen Augen. Ich fühlte mich schrecklich.
„Es tut mir so Leid. Aber Moon hat ein loses Eisen am hinteren Bein und da konnte ich ihn doch nicht nehmen. Und ich hatte verschlafen und musste doch noch die Zäune abreiten, du warst mit deinem Pferd weg und ein anderes haben wir ja nicht. Ich konnte doch nur das Motorrad nehmen. Am Anfang ging es ja auch wirklich gut, ich hatte schon eine Stelle am Grenzzaun repariert doch als ich wieder weiterfahren wollte, hat der Motor aufgeheult und die Machine fuhr ohne weiteres gegen den Grenzpfosten und ich flog in hohem Bogen runter. Im ersten Moment spürte ich keine verletzungen, aber als ich am Hügel war, verschwamm alles vor meinem Blick. Aber es verschwand auch wieder.“
„Und das gleiche ist hier auf dem Hof also wieder passiert?“
Dave beendete meinen Satz und ich blickte ihn dankbar an, denn ich fing an mich zu überschlagen.
Auf seine Frage brachte ich dann nur noch ein Nicken zu stande.
„Okay, wir müssen dich jetzt ersteinmal reinbringen Sam. Dann rufen wir einen Arzt der sich deine Platzwunde am Kopf anguckt.“
Langsam richtete Dave meinen Oberkörper auf und stand dann vorsichtig auf. Dann bückte er sich zu mir herunter und hob mich ohne weiteres hoch.
„Leg deinen Arm um meinen Hals.“
Wortlos tat ich was er gesagt hatte und legte meinen Arm um seinen Hals. Meine andere Hand verweielte an seiner Brust, was mir aber erst kurz vorm Haus auffiel. Verlegen legte ich sie auf mein Knie. Den ganzen Weg ging mein Dad wortlos neben uns her, beobachtete aber jeden Schritt den Dave mit mir auf seinen Armen machte. Oben in meinem Zimer angekommen, legte Dave mich sanft auf mein Bett und blickte mich kurz, aber sehr intensiv an. Seine Augen waren nicht so strahlend wie ich sie in Erinnerung hatte, eher spiegelten sie etwas von Sorge wider. Ich fromte mit meinen Lippen das Wort *Danke* und versuchte ihm ein kleines Lächeln zu schenken. Dave nickte kurz und verschwand dann durch die Tür.

Impressum

Texte: Alyssa Sarmiento
Bildmaterialien: Alyssa Sarmiento, Laura Gabbert
Lektorat: Laura gabbert
Tag der Veröffentlichung: 11.06.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Schau immer nach vorne und glaub daran, dass du alles schaffen kannst was auf dich zu kommt! Dieses Buch ist für Laura.

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