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wir könnten, sagst du. vielleicht im nächsten jahr. du meinst: die gegend wechseln. unser mietshaus liegt schön. sozusagen. in einer gediegenen gegend. mit deichnähe. und 12.000 seelen. ein reetdachhaus, wie aus kinderträumen.



der kindertraum war früher eine scheune. die wohnung ist ebenerdig. ist nur bezahlbar, weil wir quasi auf der straße wohnen. die straße verbindet ost mit west.

ist hauptstraße. berufsverkehrsstraße.
morgens ab fünf und nachmittags ab drei versteht bei offenen fenstern niemand mehr seine gedanken. wäre das nicht so, könnten wir hier nicht sein.




schön ists. vor allem dann, wenn man gern auto fährt. das brauchts. dass es schön ist und man das auto braucht, beweisen viele touristen. sie wollen von den 12.000 seelen deichnnähe abhaben. und schiffegucken. und dicke leiber in obsthöfen mit kaffeehauseinlieger noch dicker füttern.




sie kommen rudelweise. dann werden aus touristen terroristen. sie verüben anschäge. auf ihr und unser leben. springen vor fahrende autos. rollen mit geliehenen fahrrädern auf dem deich lang. was verboten ist. denn es tut dem deich nicht gut und den dort spazierengehenden auch nicht. aber darauf verweisen nur spärlich und zaghaft wenige schilder. die terroristen könnten sonst böse werden.


wer erholen will, will uneingeschränkte freiheit. will keine verbotsschilder lesen. den kaffehäusern blieben sonst die gäste weg und den obstbauern die obstkäufer. das geht nicht.



ist doch gut für die bauern, sagt meine mutter. begeistert darüber, dass es so viel frisches gibt. und dass es für die reichen bauern gut ist. für uns nicht, sage ich und denke daran, wie laut wochenenden werden können. wenn der berufsverkehr wegfällt, stattdessen die terroristen in ihren autos kommen. denn erst mit auto wird unsere gegend richtig schön.




wir könnten auch menschenströme nutzen. und sie dann zärtlich zahlende gäste nennen. wir könnten verkaufen, was es bei uns viel gibt. grübelei in kännchen und tassen. gerichteweise hoffnung, zum nachtisch ein schälchen zukunftspläne. manchmal stünde auch fröhlichkeit auf der speisetafel, gläschenweise. wer zum essen nicht bleiben kann, bekommt als souvenier ein kleines tütchen freude mit. schließlich wollen wir in guter erinnerung behalten werden. und uns über knallende autotüren freuen, die neue gäste ankündigen

.


doch bevor wir es mit lebensmüden touristen, reichen bauern und lautem verkehr aufnehmen, ziehen wir vielleicht doch besser um. und könnten vorher im lotto gewinnen ...

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Tag der Veröffentlichung: 21.01.2009

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