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Neropolis Tourism

1

Es war ein sehr schöner Tag gewesen. Bis jetzt. Denn jetzt landete Bobby in einer großen, rostigen Mülltonne. Sofort zog ihm ein unbeschreiblicher Duft in die Nase und er musste den Drang unterdrücken das Pizza-Colagemisch wiederzubeleben, welches er vor ein paar Stunden noch bei Macass verschlungen hatte.
Es war bisher wirklich ein schöner Tag gewesen. Schlafen bis Mittag, Früstück im Bett bei einer Folge Two and a half men und dreimal Rang Eins bei Counter Strike. Er wäre wohl nach einer Wagner Steinofenpizza einfach wieder ins Bett gegangen. Wäre ihm nicht in dem Moment wo die Pizza gefährlich nah vor der Ofenklappe schwebte eingefallen das heute Macdonaldstag war. Wie hatte Bobby nur vergessen können, dass Freitage sich um
Happy Meals und Cheeseburger drehten, nicht um Tiefkühlpizzen mit aufdringlicher Werbung.
Hätte er sich mal lieber nicht erinnert. Denn mit Macdonalds fing das Unheil an, genauso wie es die Lebensmitelforscher im TV dauernd erzählten. Genau genommen begann der schlechte Teil des Tages mit einem Spaziergang durch den Stadtpark, wo ihm eine Taube auf den Kopf kackte.
Damit hatte sich mal wieder bestätigt das es nicht gesund ist an der frischen Luft zu sein. Das war für Bobby das 11.Gebot. Luther hatte es wohl nur übersehen weil er zu Eitel für eine Brille war. Obwohl man ihm das nicht verübeln konnte. Denn anscheinend gab es damals noch kein Fielmann, wo man einfach nur eines der tausende Exemplare aussuchen musste. Die Leute von damals, die er auf alten Gemälden gesehen hatte, hatten immer nur so riesige Kreisrunde Nertbrillen aufgehabt. Zum feiern ja nicht schlecht, aber Bobby glaubte kaum das Luther so ein Feierbiest gewesen war, wenn er mehrere Jahre in einer Burg hockte und die ganze Bibel übersetzte.
Wie als wären Vogelexkremente in Bobbies Haaren ein Zeichen gewesen, wurde aus dem bisher wunderbaren Tag urplötzlich ein gräßlicher. Nachdem die Haare halbwegs sauber waren hatte er sich vorgenommen schnellstmöglich nach Hause ins Bett zu gehen. Vor lauter Wut über den Vogel stieg er aber in die falsche Bahn und merkte dies auch erst als ihn ein dicker Japse fragte ob sie denn schon in Hongkong seien.
Als Bobby an der nächste Station ausstieg war er zwar nicht in der japanischen Hauptstadt, aber Grintelmannweg kam ihm in diesem Moment genau so falsch vor. Der Blick auf den Fahrplan war auch nicht dazu geeignet seine Laune zu verbessern. Die nächste Bahn kam erst in einer halben Stunde. Da wurde einem in den Medien, von irgendwelchen alten Ökotanten, schon andauernd gpredigt, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und dann war man nicht mal gegen Falschfahren abgesichert.
Trotzdem hätte Bobby wohl einfach die halbe Stunde ausgesessen wenn er nicht das Haltestellenschild für Busse auf der anderen Straßenseite erblickt hätte und dorthin gerannt wäre in der Hoffnung das es einen schnelleren Weg unter seine Spongebobbettwäsche gäbe als diese unselige S-Bahn. In diese würde er sich warscheinlich auch schon kuscheln wäre nicht dieser dumme streunende Köter aufgetaucht, der Bobby anscheinend sehr interessant finden musste, da er die Verfolgung aufnahm, als Bobby anfing wegzulaufen.
Seit seiner Kindeheit hatte er panische Angst vor Hunden. Das fing mit 101 Dalmatinern an, ging mit Pluto weiter und endete mit Helden auf vier Pfoten. Irgendwann viel seiner Mutter auf das er immer anfing zu weinen wenn diese vierbeinigen Monster ihre kalte schwarze Schnauze aus dem Fernseher beinahe hinauszustrecken schienen. Als er noch ganz klein war wurde dieser Gefühlsausbruch immer als lachen fehlinterpretiert. Nach drei angsterfüllten Jahren mit Pluto und Co wurden dann endlich alle Hundefilme aus seiner Wohnung in den Keller verbannt und erlebten erst wieder ihre Renaisance, als Bobbies kleines Schwesterchen anfing nach Wau-waus zu fragen.
Bobby wusste nicht genau wohin er lief. Hauptsache weg vom diesem Monstrum, welches schwanzwedelnd und bellend hinter ihm herrante. In seinen Ohren hörte sich das bellen nach purer Mordlust an und so nahm er noch mehr Tempo auf und raste in die nächstbeste Seitenstraße in der Hoffnung das Biest abgeschüttelt zu haben. Hatte er nicht. Es lief geradewegs um die Ecke und auf ihn zu. Die weitere Flucht gestaltete sich jetzt als Problem, denn Bobby war natürlich in eine Sackgasse gerannt. Seine letzte Möglichkeit war – es ging nicht anders – der große Mülleimer, dessen Klappe zum Glück speerangelweit offen stand. Nur fünf Schritte und er war in Reichweite des Müllcontainers, zum Sprung bereit…
Dies war also der Grund warum er jetzt zwischen vergammelten Fischen, halben Gebissen und einer großen Kakerlake, die sich einen schweren Kampf mit einem langen Wurm lieferte, der aus den Resten von dem, was wohl einmal ein Apfel gewesen sein musste, gekrochen war.
Es war sicherlich nicht das angenehmste Versteck, aber es bot ausreichend Schutz gegen das haarige Untier.
Wo war das Vieh eigentlich? Bobby nahm seinen ganzen Mut zusammen und lugte über den verrosteten Rand. Jetzt konnte er es sehen. Es stand ca. 10 Meter vom Container entfernt. Als das Monster Bobbies obere Gesichtshälfte erspähte näherte es sich langsam dem großen stinkenden Ding an. Nun stand es direkt davor und begann an einem kleinen Loch zu schnüffeln aus dem eine Mischung aus Babybrei, Bierflaschen und ranziger Milch quoll. Auf einmal fing das Ding mit der unheimlichen Nase laut zu jaulen an und rannte, als wäre der Teufel höchstpersönlich auf Hundebraten aus, vom Container weg, bog um die Ecke und war verschwunden.
Der Geruch des Brei-Bier-Milch Gemisches hatte es wohl in die Flucht geschlagen was Bobby auch gut nachvollziehen konnte. Jetzt wo der Verursacher seiner Panik warscheinlich schon bis nach China oder Hongkong gelaufen war, er hätte den Japsen ja gleich mitnehmen können, wollte Bobby keinen Augenblick länger im Müll liegen. Immerhin hatte er durch die Flucht und das Verstecken die Wartezeit auf die Bahn verkürzt. Er hoffte nur das es kein Gesetz gab was öffentlichen Gestank untersagte.
Erst jetzt merkte Bobby das er beinahe knietief im Müll steckte. Die Jeans war wohl selbst von seiner Oma nicht mehr zu retten. Dabei hatte er sie gerade erst für 30 Euro bei New Yorker gekauft.
Er versuchte sein Bein aus dem Abfall zu ziehen. Es funktionierte nicht. Er konnte es keinen Millimeter bewegen merkte aber das er durch die Anstrengung noch tiefer einsank. Mit dem anderen verhielt es sich genauso. Langsam bekam Bobby Angst, denn er war nun schon beinahe bis zum Becken verschwunden und sank langsam immer weiter hinein.
Der Müll verhielt sich so wie Treibsand aus den Wüstenfilmen, die er im Fernsehen gesehen hatte. Aber von Treibmüll hatte er jemals weder etwas gesehen noch etwas gehört. So etwas konnte es gar nicht geben. Sein Becken war nun gänzlich verschwunden. In Filmen sah man immer das man sich in solchen Situationen möglichst wenig bewegen sollte, was in Wirklichkeit ziemlich schwer war, wenn einen gerade Panik zu übermannen drohte. Aus Verzweiflung begann er um Hilfe zu schreien. Vielleicht würde ihn ja jemand hören und zu seiner Rettung eilen, dann gäbe es morgen in der Zeitung einen schönen Bericht über einen Helden des Alltags, der jemanden vor dem ertrinken in einer Mülltonne gerettet hatte. Momentan sah es aber eher danach aus als ob es einen neuen Kandidaten für die Seite der Todesanzeigen gab. Seine Brust versank gerade im Müll. Es konnte nicht mehr lange dauern und Bobby würde in den Himmel auffahren und seinem Schöpfer begegnen. Was sollte Gott bloß von ihm halten, wenn er dort stinkend und dreckig vor ihm stand. Der erste Eindruck war entscheidend. Sein Hals guckte gerade noch so aus der Müllmasse, als Bobby dachte das so ein erfolgreicher, 25-jähriger Hausmeister wie er doch jetzt noch nicht einfach abkratzen konnte. Gerade jetzt wo er bei WoW seinen Troll fast auf Level 80 hatte. Nun schauten nur noch seine Nase und Augen aus dem Müll. Es war irgendwie eine unwürdige Todesart im Abfall zu ersaufen. Aus seinen Augenwinkeln konnte er gerade noch erkennen wie sich der Wurm über die nun reglose Kakerlake hermachte. Dies war auch schon das letzte was er in dieser Welt zu Gesicht bekam bevor ihn totale Schwärze umfing.

2

Es roch nach Sempf. Roch es so etwa im Jenseits? Eigentlich hatte Bobby sich das ganz anders vorgestellt.
Als er die Augen aufschlug sah er einen Himmel über sich. Er war rosa. Seine Verwirrung wuchs noch mehr als er sah, dass große fellbedeckte Kugeln überall am Himmel schwebten und kleine grüne Gaswolken austießen, wodurch ein unregelmäßiges Muster entstand. Für einen kurzen Zeitraum zog ihn dieser Anblick so sehr in seinen Bann, dass Bobby gar nicht merkte, dass er auf ewas lag. Sein Kopf lag im weichen Gras einer riesigen Wiese, aber sein Unterleib und seine Beine lagen auf etwas hartem, unförmigen. Als ihm dies bewusst wurde stand er auf und drehte sich zu dem Ding um, um zu überprüfen, was der Auslöser für seine Rückenschmerzen war. Das Ding war lebendig. Aber so etwas hatte er noch nie in seinem Leben gesehen.
Das Wesen das nun vor ihm stand reichte ihm gerade einmal bis zur Taille. Es trug einen gigantischen blauen Zylinder und eine Weste an deren Taschen jeweils eine Sanduhr hing. Eine Hose trug es nicht. Was aber auch nicht nötig war, da es insbesondere an seinen Beinen stark behaart war, so wie am Großteil seines Körpers. Einzig das Gesicht war davon verschont geblieben und so konnte Bobby einen kleinen bläulichen Mund, eine längliche, spitz zulaufende Nase und zwei kleine gelbe Augen, deren Blick er nicht zu deuten wusste, erkennen. Zwei lange Ohren baumelten nebem dem Kopf hin und her. Am rechten waren drei Glöckchen befestigt und am linken eine mattblau schimmernde Kugel, deren Bedeutung ihm unklar war. Dies war wohl das groteskeste Wesen das er jemals gesehen hatte.
Nun öffnete es auch noch seinen Mund. Wollte es ihn etwa fressen? Nein, dass sah er nach einem Kommunikationsversuch aus.
„Danke! Danke Master!“
Es konnte tatsächlich sprechen. Vielleicht führte dieses Wesen einen ja in den Himmel. Dies musste eine Welt zwischen unserer und dem Jenseits sein. Eine äußerst bizarre Welt allem Anschein nach, aber wenn er es irgendwie schaffen könnte ins Paradies zu gelangen wollte er sich weder durch Fellkugeln noch durch kleine Zylindermännchen aufhalten lassen. Als erstes sollte er versuchen dem Wesen vor ihm ein par Infos zu entlocken was das hier für ein Ort war und vor allem wen oder was er da vor sich hatte. Es schien ja ganz nett zu sein. Auf jeden Fall konnte es Danke sagen. Das beruhigte Bobby irgendwie. Hier war wohl ein zivilisiertes Gespräch möglich. Zuallererst sollte er sich der Höflichkeit halber vorstellen.
„Hallo, mein Name ist Bobby.“
Aus Gewohnheit streckte er dem Ding eine Hand entgegen.
Seine Worte schienen eine Wirkung auf das Ding zu haben, denn direkt nachdem er wieder schwieg, begann es schnelle Bewegungen mit seinen Händen zu machen. Rasend schnelle. Als es damit aprubt aufhörte waren seine Hände verknotet. Und dies war ein richtiger Knoten. Die linke Hand war wie ein Seil an der rechten befestigt. Es schien dem Ding aber keinerlei Schmerzen zuzufügen, da es wärend dieses Vorangs unablässig Bobby angestrahlt hatte. Seine Zähne waren übrigens silbern. Jetzt fing es an zu brummen und hüpfte in Presslufthammergeschwindigkeit im Kreis. Diese Hochgeschwidigkeitsumdrehungen hielten einige Sekunden an. Dann blieb es stehen. Seine Hände hatten sich wieder gelöst und baumelten herab, als wäre nichts mit ihnen passiert.
Bobby glotzte es mit großen Augen an. Vor lauter Erstaunen hatte er seine Ausgestreckte Hand ganz vergessen. Diese streckte er dem Ding immer noch entgegen.
„Man nennt mich Honk Regok 0,5, Master.“
Was war denn das für ein Name? Obwohl er irgendwie zu dem Wesen passte.
Bobby war nun neugierig geworden da ihm von dem Ding namens Honk offensichtlich keine Gefahr drohte.
„Was bist du?“, eine kurze, aber interesante Frage.
Das strahlende Grinsen von Honk wurde noch größer.
„Oh, eine sehr scharfsinnige Frage. Der Master interessiert sich für seinen Skaven. Was für eine Barmherzigkeit. Ich, mein wissender Master, bin eine Grünwälder Hutzel der dritten Generation im halbfertigen Status aus dem Hause der Regoks, die im Valeriawald ansäßig sind.“
Eine Grünwälder Hutzel? Das half Bobby momentan auch nicht weiter. Also nahm er sich vor erst einmal zu fragen wo er sich überhaupt befand.
„Wo sind wir hier…Honk?“
„Natürlich in Neropolis. Genau genommen befinden wir uns im Moment an der Nordküste irgendwo zwischen den Unta Mountains und Aldehyd. Wusstet ihr das denn noch nicht, Master?“
Hutzeln, Neropolis, Aldehyd…? In seinem Kopf schwirrten tausende Fragen. War das hier wirklich eine Zwischenwelt zum Paradies? Sie musste, denn gestorben war er ja. Es gab einfach keine andere logische Erklärung für das was er sah.
„Ähm nein, wusste ich nicht.“
„Entschuldigt meine Neugierde, aber seit ihr denn nicht hierhergereist?“
Gereist? Naja eine Art von Reise war es schon. Und deutlich schneller als mit der Deutschen Bahn.
„Anscheinend schon. Aber eher unfreiwillig. Ach übrigens. Das ich auf dir gelegen habe tut mir leid“, sagte Bobby zu der Hutzel.
Unerwarteterwiese traten dem kleinen Kerlchen jetzt Tränen in die Augen.
„Tut dir Leid, Master? Heißt das du bist nicht absichtlich auf mich gefallen? Heißt das du willst mich gar nicht als Skaven?“
Der kleine stand kurz vor einer Entleerung seiner Tränendrüsen. Falls er sowas überhaupt hatte. Warum nannte ihn Honk eigentlich die ganze Zeit Master und was meinte er damit das Bobby nicht absichtlich auf ihn gefallen war?
Er versuchte die Hutzel zu beschwichtigen indem er sagte: „Tut mir Leid, wenn ich etwas falsches gesagt habe. Aber ich bin gerade noch ziemlich verwirrt. Eben bin ich noch in Müll ertrunken und jetzt stehe ich hier und unterhalte mich mit einem Wesen, dass aus einem schlechtem Fantasyfilm kommen könnte. Ich weiß nicht warum ich hier bin und auch nicht wie ich hierhergekommen bin.“
Nach diesen Worten holte Honk ein zerissenes, gelbliches Taschentuch aus einer seiner Westentaschen und begann seine Tränen abzuwischen.
„Danke, Master. Ihr seit zu gütig. Verzeiht meine Wehleidigkeit.“
„Warum nennst du mich die ganze Zeit Master? Was hat das nun wieder zu bedeuten?“
„Weil ihr mein Master seit, Master. Und ich bin dein Skave. Ich muss dir vom heutigen Tag an dienen. Ohne Murren und Beschwerden.“, erklärte Honk mit vielsagendem Blick.
Dienen? Diese kleine Hutzel wollte sein Diener sein? Von heute an womöglich bis in alle Ewigkeit?
Nein, danke. Bobby verabscheute Sklaventreiberei seit er in Geschichte von der Vermarktung der Afrikaner gehört hatte. Er wollte nicht genauso sein wie diese herzlosen Tyrannen, die andere als Ware ansahen. Er hatte es hier zwar nicht mit einem Menschen zu tun, aber es schien ein nicht minder intelligentes Wesen zu sein. Merkwürdig erschien ihm das Honk offensichtlich erfreut darüber war jemandem dienen zu müssen.
„Ich bin nicht dein Master. Du musst mir nicht dienen. Lebe lieber deine Freiheit und dein bisheriges Leben so weiter wie du willst.“
„Aber Master. Ich muss dir dienen, denn so steht es geschrieben im heiligen Politan der Regoks.“
Auf diese Worte setzte Honk seinen Zylinder vom Kopf ins Gras. Er beugte sich so tief hinab, dass seine Nase ein gutes Stück in den Schatten des Zylinders hineinragte und sprach: „Heiliges Politan,bidde!“
Bevor er seinen Kopf ganz zurückziehen konnte rauschte etwas aus dem Zylinder und klatschte gegen Honks Nase. Der plumpste daraufhin erstmal rücklings ins Gras. Das Ding das ihn umgehauen hatte schwebte nun über dem Zylinder. Bobby konnte gerade noch erkennen das es ein dickes Buch war, bevor es blitzschnell auf Honk zuflog, kurz vor ihm stehen blieb, aufschlug und wieder zuschlug wobei es die lange Nase der kleinen Hutzel einklemmte. Bobby wollte dem armen Wicht gerade zu Hilfe eilen, da konnte er hören wie Honk mit näselnder Stimme schrie: Flusenmuff und Konterbart. Der Käse im Lofen bleibt steinhart!“
Sofort nachdem Honk letzte Wort ausgesprochen hatte viel das Buch so reglos auf die Wiese, wie es sich für einen Haufen gebundenes Papier gehörte.
Bobby lief zu Honk um zu schauen ob mit ihm noch alles in Ordnung war. Bis auf die Farbe seiner Nase schien er aber in bester Ordnung zu sein.
„Verdammt. Ich brauche einen neuen Zylinder. Nicht mal die leichtesten Nasenquetschzauber vermag das Ding zu verharmlosen.“, fluchte Honk.
„Was war denn das?“, Bobby war immer nocht leicht schockiert über das eben vorgefallene.
„Das war das Politan, welches ich soeben aus unserer Familienbibliothek entliehen habe.“
Was hatte Honk gemacht? Er hatte dieses Buch soeben aus seinem Zylinder gezaubert? Genau so wie die Zauberer im Fernsehen, die immer das selbe mit Kaninchen taten. Nur war das hier ganz offensichtlich kein Trick. Was für eine Welt war das bloß?
„Du hast soeben ein Buch von einem anderen Ort an diesen Ort gezaubert? Nur mit diesem Zylinder?“
„Nein, Master. Gezaubert habe nicht ich. Das war der Zylinder.Leider nicht richtig wie man vermutlich an meiner Nasenfarbe erkennen kann.“
„Was ist das für ein Zylinder?“, fragte Bobby um seine Neugierde zu befriedigen.
„Och das ist einer der multopalen Erinnerungszylinder aus den Seifengrotten von Epithel. Ein uraltes Exemplar, welches sich schon seit sieben Generationen in unserem Familienbesitz befindet. Er wird immer der haarigsten Junghutzel vererbt. Sein Zauber liegt aber schon einige hundert Jahre über dem Verfallsdatum. Er schafft nur noch fünf Gegenstände pro Minute. Ans Herz gewachsen ist er mir über die ganzen Jahre aber trotzdem. War schon sehr praktisch. Erinnerungszylinder funktionieren übrigens, wie der Name schon sagt, nach Erinnerungen. Du kannst damit jeden Gegenstand, den du ihm Gedächtnis behällst herbeiholen.“
„Unglaublich!“, rief Bobby aus.
So etwas hätte er auf der Erde gut gebrauchen können.
„Ach das ist nur untere Mittelmagie. Hält nicht länger als tausend Jahre und hat seine Macken, Master.“
„Nenn mich bitte nicht Master. Ich habe dir doch schon gesagt das ich so einer nicht bin. Ich will keinen Skaven so wie ihr das hier nennt.“
Honk schaute ihn mit seinen kleinen ausdruckslosen Augen an.
„Wenn es dir beliebt werde ich dieses Wort nicht mehr in den Mund nehmen, aber ich bin trotzdem dein Skave. Ich muss. Das ist mein Schiksal.“
„Aber warum? Warum musst du mir dienen? Was soll das für einen Sinn ergeben, wenn der Master seinem sogenannten Skaven nicht einmal befehlen kann das er ihn als ebensolchen nicht will?“
„Zum Verständniss dessen habe ich das Politan an diesen Ort geholt.“
Die Hutzel ging jetzt auf das vorhin noch so agresive Buch zu und setzte sich davor ins Gras.
Bobby hielt lieber erstmal einen Sicherheitsabstand. Man konnte ja nie wissen ob das sogenante Politan plötzlich wieder zum Leben erwachen würde. Honk streichelte zuerst über den Einband und murmelte dabei: „Das gute, alte Politan. Wie kunstvoll doch der Einband aus Labelloflügeln angefertigt wurde.“
Honk schlug das Buch auf und fing an nach etwas zu suchen. Er blätterte wild hin und her murmelte seufzend vor sich hin und wackelte mit den Ohren. Plötzlich schoß sein Zeigefinger auf einen Text des Buches und er rief: „Hab ich dich gefunden! Hier steht es. Mein Schiksal dir dienen zu müssen.“
Jetzt näherte Bobby sich dem Buch soweit an, dass er Buchstaben auf der Seite erkennen konnte. Aber das waren gar keine Buchstaben. Die Schrift bestand aus Zeichen. Es gab Dreiecke, Quadrate, Ovale, Fünfecke und besonders gut gelungene Kreise. Sie waren unterschiedlich dick und an jeder dieser Formen waren winzige weitere Symbole, die man erst bei genauerem hinsehen als Zahlen identifizieren konnte, zu erkennen. Alle diese Zahlen und Formen zusammen sahen perfekt aus. Noch nie erschien etwas in Bobbys Augen so perfekt wie die Anordnung dieser Symbole. Sie waren wunderschön.
Ganz fasziniert fragte er: „Was sind das für Symbole?“
„Das sind Tripoliten. Sie bilden die perfekteste Schrift in ganz Neropolis. Seit drei Ewigkeiten hat es niemanden mehr gegeben der befähigt war so zu schreiben. Und auch nur einige wenige können sie heute noch entziffern.“
„Und du kannst das?“, fragte Bobby.
Honk wuchs vor Stolz um 10 cm.
„Mein Opa Kopup hat es mir beigebracht. Immer am betrunkenen Wüstenschwein. Das ist unser Hauptfeiertag. Es ist sehr schwer zu erlernen, denn jedes einzelne dieser Symbole an sich ergibt überhaupt keinen Sinn. Nur wenn man sie diagonal geradeaus liest kann man ihre Bedeutung verstehen.“
„Beeindruckend. Was steht denn da eigentlich?“
„Hier, auf Seite 456, im fünften Schiksalskapitel steht geschrieben warum ich dir dienen muss.“
Honk las nun konzentriert die Symbole von denen Bobby kaum seinen Blick lösen konnte.
„Was steht denn nun dort geschrieben? Warum musst du ein Diener für den Rest deines Lebens sein?“, fragte Bobby ungeduldig.
„Hier steht geschrieben, dass das erste was einer Grünwälder Hutzel auf den Kopf fällt, diese beherrschen soll für den Rest ihres unbedeutenden Lebens.“
Ach ja. Bobby war ja auf Honk gelandet bei seiner Ankunft. Das hatte er schon beinahe vergessen.
„Aber warum? Warum ist das so?“
„Weil es Schiksal ist. Das Schiksal meiner Familie. Und gegen das Schiksal kommt man nicht an. Außerdem war es immer der ganze Stolz unserer Familie dienen zu dürfen. Ein Onkel 2.Grades diente mal einem Politiker der deromanischen Bürgersitzung, wobei dessen Tante wohl ein stinkender Stein auf den Kopf gefallen war. Das Schiksal bestimmt wer unser Master wird und mit mir hat es es wohl sehr gut gemeint.“
Honk strahlte Bobby an. Das machte ihn irgendwie verlegen, dass er als gute Wahl gewertet wurde. Auch wenn es ihm immer noch nicht passte einen Diener zu haben. Aber er war sich auch der Tatsache bewusst das er sich hier in einer ihm völlig fremden Welt bewegte und er wohl oder übel auf die Hilfe von Honk angewiesen war.
„Ich könnte dir eigentlich jetzt doch einfach befehlen hier stehen zu bleiben bis ich deinen Namen rufe und nie wieder kommen oder?“
„Das könntet ihr natürlich machen.“, sagte Honk ungerührt.
„Dir wäre das egal wenn du hier denn Rest deines Lebens einfach stehen bleibst nur weil ich es dir befohlen habe?“
„Nein,nicht egal. Ich wäre voller Stolz einen Befehl meines Masters ausführen zu dürfen.“
„Das ist doch verrückt. Aber ich bin auf dich angewiesen, da ich nicht die leiseste Ahnung von dem habe was in dieser Welt so abgeht. Du wirst mir also helfen mich hier zurechtzufinden. Gib mir Tipps. Erzähl mir so viel wie möglich, was ich über diese Welt wissen muss. Führe mich sicher durch das Land. Sag mir was zu tun ist, wenn ich nicht weiter weiß. Dies ist mein erster Befehl.“
Der Gnom hüpfte vor lauter Freude auf und ab.
„Oh ich bin so stolz. Mein erster Befehl. Ich werde alles tun das der Master sich in Neropolis so wohlfühlen wird, wie als wenn es seine Heimat wäre.“
Aber Bobby war noch nicht fertig.
„Ich habe noch einen zweiten Befehl.“
„Noch einen? Heute ist Honks Glückstag. Was ist es Master?“
„Nenn mich Bobby.“

3

„Darf ich anfangen dir Tipps zu geben, Bobby?“
„Natürlich. Schieß los.“
„Wir sollten hier verschwinden.“
Wärend Honk das sagte trat er nervös von einem Fuß auf den anderen und blickte abwechselnd zum Himmel und über die endlosen Weiten der Wiese. Als Bobby ebenfalls nach oben blickte viel ihm auf, dass der Himmel seine Fabe geändert hatte. Das rosa hatte sich in ein grau verwandelt und es gab jetzt mindestens dreimal soviele Fellknäule am Himmel. Das wirkte irgendwie bedrohlich auf Bobby.
„Was ist mit dem Himmel passiert?“
„Die Veränderung seiner Farbe und die überdurchschnittliche Anzahl an Gasfellen deuten darauf hin das wir heute eine Pechnacht haben werden. Das ist gar nicht gut. Wir sollten uns beeilen einen Gasthof zu finden wo wir geschützt sind und schlafen können.“
Wärend Honk das sagte hatte er aus seinem Zylinder schon eine Karte gezaubert.
„Zwei Kilometer in nöstlicher Richtung liegt ein kleines Gasthaus. Ich würde empfehlen schnell dorthin zu laufen. Was meinst du Bobby?“
Das Grau verdunkelte sich immer mehr. Bobby bekam langsam ein mulmiges Gefühl.
„Lass uns los.“, sagte er schnell.
Sie rannten los. Honk voraus. Bobby folgte ihm.
„Was ist eine Pechnacht?“, fragte Bobby im laufen.
„Eines der fünf tödlichen Naturphänome. Sie entsteht durch übermäßigen Verzehr von Bimbeermarmelade. Dieser Geruch zieht Fellknäule an. Durch diese Maße an Fellknäulen auf engstem Raum werden die von ihnen ausgestoßenen Gase so erhitzt, dass sie mit der Farbgebung des Himmels verschmelzen, wodurch eine schwarze Masse entsteht, die bald einen festen Zustand erreicht. Nach einer bestimmten Zeit, die von einem kafistischem Schacher namens Sudaldin Scharlatan anhand seiner drei Mampfgesetze errechnet wurde, wird die Masse an den dicken Stellen bald zu schwer und bricht ab. Dann fallen diese Stücke aus Farbe und Gasen auf die Erde hinunter und zerquetschen alles was unglücklicherweise gerade an Ort und Stelle stand.
Na das konnte ja heiter werden. Zuerst war er in Müll ertrunken und nun sollte ihm auch noch der Himmel auf den Kopf fallen. Was für ein Tag.
„Siehst du das Haus da hinten?“, rief Honk ihm zu.
Er sah es. Aber es schien noch Meilen entfernt. Die Hoffnung auf eine sichere Unterkunft ließ ihn trotzdem einen Gang zulegen.
„Die Masse hat sich gerade verfestigt. Es kann jeden Augenblick beginnen.“, verriet ihm Honk.
Woher zum Teufel wusste er das? Aber es war jetzt nicht der richtige Augenblick um über Honks Allgemeinwissen über tödliche Naturphänomene nachzudenken. Er sollte lieber versuchen optimistisch zu sein und der Hutzel Mut zu machen.
„Wir werden es schon schaffen!“
„Tut mir leid das zu sagen. Aber du irrst dich Bobby. Wir werden platt wie Spargelhaie sein, wenn wir nicht an Tempo zulegen. Die einzige Lösung wäre…“
Weiter kam Honk nicht. Er wurde vom einem markerschütterndem Knall unterbrochen. Die Masse hatte soeben begonnen auseinanderzubrechen. Und es waren mindestens noch eineinhalb Kilometer bis zur sicheren Unterkunft.
„Die einzige Lösung wäre dich Hukepack zu nehmen. Dann hätten wir wenigstens eine minimale Überlebenschance.“
Wärend seiner Worte krachte es drei weitere Male. Beim dritten bedrohlich laut, so als ob die Masse Bobby nur haarscharf verfehlt hatte. Tatsächlich landete ihr Bruchteil nur 20 Meter von ihm entfernt.
Was hatte Honk gerade gesagt? Er wollte ihn Huckepack nehmen? Wie wollte er denn schneller werden, wenn er 80 Kilo mehr zu tragen hatte. Außerdem hatte er auch noch kurze Beine und würde mehr Schritte brauchen um zum Haus zu gelangen. In seiner alten Welt hätte er Honk wohl für verrückt erklärt, aber an diesem Ort war scheinbar alles möglich. Vor dem besten Beweis dafür lief er ja gerade davon. Er hatte nun schon einen Erinnerungszylinder, eine Grünwälder Hutzel und ein nasenquetschendes Buch erlebt. Er beschloß einfach auf Honk zu hören. Dieser lief gerade in der Hocke und so verlangsamt das Bobby ihm auf die Schulter steigen konnte. Kaum war er oben packte Honk seine Beine mit einem unerwartet festen Griff und rannte los. Er beschleunigte ziemlich schnell. Irgendwie schaffte er es mit Bobby schneller zu laufen als Bobby es alleine jemals gekonnt hätte. Aber würde das reichen?
Es krachte nun immer häufiger und lauter. Immer mehr Masse gab den Gesetzen der Schwerkraft nach. Krach, krach, krach, krach, krach. Ein Stück sauste nur eine fußlänge von ihnen entfernt auf den Boden. Es zerbarst in tausend Teilchen, von denen eines drei von Bobbies Haaren mitriss. Normalerweise hätte er darüber nachgedacht was passierte wäre, wenn das Teilchen einige Zentimeter tiefer geflogen wäre. Aber das hier war nicht normal. Es passierten so viele Dinge gleichzeitig, dass Bobby keine Zeit zum nachdenken hatte. In sekundenschnelle vielen nun die Stücke der schwarzen Masse vom Himmel und zerschmetterten auf der Wiese. Die Teilchen der Bruchstücke vermischten sich mit den Grashalmen, die von der Wucht der Aufpralle herausgerissen wurden und nun tödlich wie Messer durch die Gegend schoßen. Honk hatte die Geschwindigkeit einer Rakete erreicht. So empfand es auf jeden Fall Bobby von dem Rücken der rasend schnellen Hutzel, die immer noch an Tempo zuzulegen schien. Er sah nur wie sich Gras und Teilchen zu einer bunten Wand verschmolzen, die sich um in herum bewegte und ständig ihre Richtung und Farbe änderte. Bald sah es so aus als würde ihn ein Gemälde umgeben das von seinem Künstler permanent verändert wurde. Jetzt tauchte er selber ein in das Bild. Tief hinein flog er. Jetzt sah er auch seine Eltern wie sie mit seiner kleinen Schwester vor dem Fernseher saßen und Snow Dogs guckten. Er saß nun selbst auf der ihm gut bekannten Couch und musste den Fernseher anstarren, aus dem in diesem Moment ein Hund sprang mit weit aufgerissenem Maul. Bobby konnte sich nicht wehren. Konnte sich keinen Millimeter rühren. Gerade in dem Moment wo der Hund nur noch Zentimeter von seinem Gesicht entfernt war verschwamm er plötzlich, genau so wie seine Familie. Aus dem verschwommenen bildete sich ein gelber Klumpen, der eine feste Gestalt annahm. Es war eine Kartoffel. Sie fing hysterisch an zu lachen und auf einmal tauchte der gefesselte Honk auf. Jetzt fing die Kartoffel an zu singen. Zwei von fünf die hab ich schon und den Trupf den krieg ich noch. Als nächstes erschien vor Bobbies Augen ein rotleuchtendes Wort. Am unterem Ende jedes Buchstabens hingen Wurzeln in die unendliche Tiefe hinab. Alle zusammen ergaben das Wort Petersgnom, wie Bobbie gerade noch feststellen konnte, bevor das Wort verschwand. Für den Bruchteil einer Sekunde erkannte er wieder das sich verändernde Gemälde. Im nächsten Moment flog er auch schon gegen etwas hartes und hörte ein Geräusch von durchbrechendem Holz. Es schien seinen Flug nicht aufhalten zu können. Dieser endete dennoch aprubt als er gegen etwas noch härteres flog. Er glaubte zu fühlen wie alle seine Knochen durch den enormen Aufprall brachen. Auf jeden Fall hörte er ein Knacken, als er auf einem braunen Holzboden aufschlug. Ein ohrenbetäubendes Krachen war das letzte was er hörte bevor er in Ohnmacht sank.

4

Er schlug seine Augen auf.
„BOBBY!“, schrie eine ihm wohlbekannte Stimme.
Er richtete sich auf und sah Honk. Dieser saß mit Freudentränen in den Augen neben seinem Bett. Ein Bett? Er lag tatsächlich in einem Bett. Jetzt schaute er sich um und sah das er sich in einem kleinem Zimmer befand. Es gab einen Nachtisch, ein winziges Fenster und eine extrem schmale Tür.
„Wie sind wir hierher gekommen?“, fragte Bobby.
„Weißt du das denn nicht mehr? Gestern sind wir doch hierher gerannt um uns vor der Pechnacht zu schützen.“
Natürlich erinnerte Bobby sich daran noch. Wie sollte man sowas auch vergessen.
„Danke!“, sagte er, „Danke das du mich gerettet hast.“
„Ach, das ist doch selbstverständlich.“
Honk wurde rot und schaute zu Boden. Das Lob schien ihm ziemlich peinlich.
„Wie sind wir denn jetzt genau hierhergekommen, Honk?“
„Naja ich habe dich Huckepack genommen und bin so schnell gerannt wie mich meine Beine tragen konnten. Leider habe ich es wohl etwas übertrieben und außerdem hatte ich ganz vergessen, dass die Tür zum Gasthaus ja gar nicht offen sein wird bei dem was draußen abging und dann habe ich versucht abzubremsen . Klappte auch insofern das Ich stehen blieb. Du bist mir irgendwie durch die Hände gepflutscht und etwas unsanft durch die Tür und voll gegen die Wand geflogen. Die dort drinnen haben vielleicht geguckt.“
Bei diesem Gedanken musste er anfangen zu kichern.
„Ich habe die Wirtin dann überredet uns erstmal ein Zimmer für eine Nacht zu geben. Was gar nicht so leicht war, weil sie sich so über die kaputte Tür aufregen musste. Naja, wir müssen sie ihr jetzt ersetzen und auch die Kosten für das Zimmer heute Nacht müssen wir noch bezahlen, aber so teuer kann das ja nicht sein.“
Auf einmal merkte Bobby das sein Magen knurrte.
„Ich habe einen Mordshunger.“, sagte er deshalb in der Hoffnung, dass Honk wusste wo es etwas essbares gab.
„Dann schlage ich vor das wir ein Frühessen zu uns nehmen sollten. Wenn du wünscht zeige ich dir den Weg in die Esensstube.“
Das klang doch schon mal nicht schlecht. Mit der Aussicht auf neues Essen bekam Bobby eine ganz neuen Schwung, der ihn geradezu aus dem Bett hinauskatapultierte. Da fiel ihm auf, dass ihm keine Stelle seines Körpers auch nur annähernd wehtat. Schon seltsam wo er gestern diesen äußerst unsanften Flug noch deutlichst gespührt hatte. Sein Hunger überdeckt diese Gedanken aber schnell wieder und Bobby lief gehörig wie ein Hund hinter Honk her. Den Gang entlang, an dessen Ende eine lange Treppe nach unten führte. Aus manchen der Zimmer, die sie auf den Weg zur Treppe passierten, drangen gedämpfte Geräusche. Hinter einem vernahm er ein knarren, wie als würde Holz überdehnt und aus einem anderen drang ein Husten, dass so laut war, dass die Tür anfing zu wackeln.
Nachdem sie die Treppe hinuntergegangen waren standen sie vor einer großen Tür auf der stand: Speist und trinkt, bin froh wenn ihr winkt.
„Ein alter neropolischer Speisenspruch.“, erklärte Honk augenzwinkernd und mit diesen Worten öffnete er die Tür.
Die Tische im Esssal standen in einer Reihe an der rechten Wand. An der anderen befand sich ein langer Tresen. Auf diesem türmten sich Gläser mit allen möglichen Getränken. Das einzig ungewöhnliche, was die Essstube von seiner ehemaligen Stammkneipe unterschied, waren die Wesen. Erst jetzt wurde Bobby bewusst das er in dieser Welt bisher nur Honk begegnet war. Er hätte nicht gedacht, dass es hier noch andere Lebewesen gab. Auf der Erde gehörte er ja auch zur einzigen intelligenten Rasse, aber hier gab es wohl ein deutlich größeres Spektrum. Am ersten Tisch den sie passierten, saßen zwei knubbelige Wesen mit sehr langen Armen, die mittels Furzgeräuschen Konversation betrieben. Haare hatten sie keine, dafür einen außergewöhnlich starken Bartwuchs und kleine Schweinsäuglein, die von riesigen Augenbrauen eingerahmt wurden. Ihr Körper war umhüllt von einem riesigen, blauen Mantel.
„Das sind Grubenmuftis.“, flüsterte Honk ihm zu, „Komm denen lieber nicht zu nahe. Ich habe schon von einigen Leuten gehört, dass jeder der sah was unter dem Umhang steckt zwei Jahre lang sein Augenlicht verliert und seinen Mund zunäht.
Bei diesem Gedanken musste Bobby hörbar schlucken.
„Keine Angst. Die bekommen dich gar nicht mit, so lange wie du keinen Geruch von verottenden Altenhäusern an dir hast. Hast du übrigens nicht. Dein Geruch ist eher der von wilden Hulus. Und zwar von denen, die in den Gargonbüschen wachsen.“
Bobby beruhigte sich wieder. Dennoch verpührte er das Bedürfnisse sich schnellstmöglich von den Grubenmuftis zu entfernen. Außerdem fühlte er sich beobachtet. Wurde er tatsächlich. Eine vierköpfige Gruppe mit schlammverschmierten Haaren, schielenden Augen und Hakennasen starrte ihn permanent mit einem sehr bösen Blick an.
Diesmal musste Honk schlucken.
„Ohje! Das sind die berüchtigten feministischen Moortorfe. Die männerfeindlichste Spezies des Kontinents. Seit ihre Organisation auf Grund eines Druckfehlers mal auf Platz 1 der Sektliste, die die wichtigsten Gruppierungen des Kontinents ordnet, stand fühlen sie sich noch mehr bestätigt in ihrem Glauben, dass alle männlichen Wesen Lappen sind. Das steht auf jeden Fall in den Rundbreifen, die sie in Obstkuchen und Schrumpfkäse stecken. In Wirklichkeit glaube ich aber, dass alle Mitglieder durch ihr Aussehen irgendwann merken mussten, das sie so oder so niemals einen Typen abkriegen würden. Von denen sollten wir möglichst großen Abstand halten.“
Gott, was es hier alles für Wesen gab. Zum Glück war er auf Honk gelandet und nicht auf einer dieser Moortorfe.
Sie setzten sich drei Tische von der männerfeindlichen Versammlung entfernt und waren erleichtert als diese aufhörten sie anzustarren. Der Sitz war außergewöhnlich unbequem. Das Polster hatte spitze Beulen, die sich in Bobbies Hintern bohrten.
„Au! Was zum Teufel sind das für Stühle?“
„Das sind Bohrstühle aus der Zeit der Schmerzmöbel. Der Schmerz, so glaubte man damals, würde das Gehirn vergrößern. Aber diese Stühle sind noch harmlose Exemplare aus dem Frühstadium dieser Epoche. In späteren Jahren versuchten sich die Hersteller an immer schmerzhafterem Mobiliar. Da waren Stühle wie diese später mit langen Nägeln ausgestattet. Und selbst die waren noch harmlos im Vergleich zum augenlosen Schrank, eine brillante Erfindung von Pumufiel Silfugis, die demjenigen der den Schrank öffnete ein Gift ins Gesicht spritzte, dass die Augen in heiße Nudelsuppe verwandelte. Berüchtigt ebenso der ,von Pudi Pipol, ein Schrumpffuß aus Espaton, entwickelte fressende Ohrensessel. Demjenigen der sich in ihn setzte krabbelten winzige Käfer in die Ohren, die sehr langsam die Organe fraßen. Sehr berühmt übrigens war auch das Streckbett vom Henkersgnom Ali Bruhmann, dass…“
Eine laute Stimme unterbrach Honks Vortrag.
„Da sind ja meine beiden, verschuldeten Gäste.“rief eine große Frau mit unglaublich tiefer Stimme.
Auf jeden Fall vermutete Bobby das es sich hierbei um ein weibliches Exemplar handelte. Lange Haare hatte es auf jeden Fall. Diese baumelten in vier Zöpfen unterschiedlicher Länge und Farbe auf ihrem Rücken. Das Gesicht war breit und die Nase gigantisch. Diese stellte sogar die von Honk in den Schatten. Der Oberkörper und große Teil der Beine wurden von einer Schürze bedeckt, auf der ein Bild von einem Huhn war unter dem zwei Fleischermesser gekreuzt waren. Alles an ihre war muskulös. Selbst ihre Augenbrauen wirkten durchtrainiert.
Alles in allem war es ein furchterregender Anblick. Dieses Wesen schien anscheinend die Wirtin zu sein.
„Was glotzt ihr so?“, fuhr sie die Moortorfe an.
Die murmelten unzählige Entschuldigungen und verließen schnellstmöglich die Essstube. Offenbar hatten sie einen anderen Platz für ihre Versammlung im Sinn, an dem sie sich genauso gut über ihre neuesten Beweise austauschen konnten warum Männer Lappen waren.
Bobby hätte es ihnen gerne nachgemacht, aber auf ihn und Honk hatte die Monsterfrau es anscheinend abgesehen. Sie näherte sich mit riesigen Schritten ihrem Tisch.
„Trollsin.“, konnte Honk ihm gerade noch zuflüstern, da hatte sich die bedrohliche Wirtin schon vor ihrem Tisch aufgebaut. Sie hätte eine Sonnenfinsternis sein können, so viel Schatten lag auf einmal über Bobby, Honk und den Schmerzmöbeln.
„333.“, sagte sie mit kalter, ruhiger Stimme.
Bobby überlegte einen Moment was mit dieser Zahl gemeint sein könnte. Konnte sich aber keinen Reim darauf machen. Er warf Honk einen fragenden Blick zu, den dieser ebenso erwiederte.
Der Blick der Trollsin verfinsterte sich.
„Seit ihr zu blöd zum sprechen oder was? Ich will mein Geld! 333 Kriesel! Sofort!“
Sie wurde immer lauter wärend sie das sagte und beim letzten Wort wäre Bobby beinahe vom Bohrstuhl gefallen.
Sie wollte also Geld von ihnen haben. So etwas hatte Honk ja schon angedeutet. Bobby hatte natürlich kein neropolisches Geld in seiner Brieftasche. Trotzdem machte er sich keine Sorgen, den er hatte gelernt sich auf Honk zu verlassen. Das hatte ihm gestern das Leben gerettet. Er würde warscheinlich gleich einen großen Batzen Geld aus einer seiner Westentaschen oder seinem Zylinder ziehen und ihre Schulden bei der Trollsin begleichen, sie mit seinem imerwährendem Lächeln beglücken und alles wäre gut.
Gelassen lehnte er sich im Bohrstuhl zurück. Er fand ihn jetzt regelrecht bequem. In freudiger Erwartung schaute er Honk an. Dieser schaute ihn an und lächelte, rührte sich merkwürdigerweise aber nicht. So schauten sie sich eine Weile schweigend an, bis die Trollse wutentbrannt mit ihrem Fuss auf die Erde stampfte, sodass das ganze Mobiliar anfing zu wackeln und einige Flaschen kaputt gingen.
Bobby beugte sich zu Honk vor und sagte zu ihm: „Komm schon. Bezahl unsere Schulden. Wir beide wollen nicht das diese Trollse richtig böse wird.“
„Das…das kann ich nicht.“, sagte Honk mit zittriger Stimme.
Hatte er sich gerade verhört? Honk konnte nicht bezahlen? Nein, das kann doch gar nicht sein.
Er würde ihn ein bischen unter Druck setzen müssen
„Ich befehle dir hiermit unsere Schulden zu begleichen!“, sagte Bobby und verabscheute sich noch im selben Moment dafür, aber die Gesichtsfarbe der Trollsin macht ihm langsam Sorgen.
„Es ist unmöglich für mich, Bobby. Ich habe es dir noch nicht erzählt, aber ich bin seit meiner Geburt krank. Ich habe Wertschwund.“, sagte er mit Tränen in den Augen.
„Wertschwund?“
„Alles wie Geld, Gold oder Wedelsteine kann ich nicht berühren. Es würde auf der Stelle zu Asche zerfallen.“, offenbarte Honk ihm und begann zu weinen.
„Wenn die kleine Heulsuse nicht bezahlen kann, dann musst eben du Stinker zahlen.“ Sagte die Trollse in einem drohendem Tonfall, der Bobby einen Kälteschauer über den Rücken jagte.
„Du wusstest doch ganz genau das ich kein Geld habe. Was hast du dir denn dabei gedacht hier zu übernachten?“,fragte Bobby die Hutzel, die nun permanent den Kopf auf den Tisch schlug. „Ich wusste gestern keinen anderen Weg. Du warst ohnmächtig und verletzt. Draußen lag alles voller Teilchen der schwarzen Masse. Ich alleine hätte es schaffen können, aber ich hatte Angst das du es nicht schaffen würdest. Das habe ich doch nur getan um dich zu schützen.“
„Ist ja rührend.“, sagte die Trollsin in ironischem Tonfall, aber wer schützt euch armselige Würstchen jetzt vor mir? Was soll ich bloß mit euch anstellen? Töten ist ein zu kurzweiliger Spaß. Ihr Schmarotzer müsst lange gequält werden. Sehr lange.“
Man sah ihr an, wie hart sie darüber nachdachte das schlimmstmögliche herauszufinden, womit man uns peinigen könnte.
Aber Bobby war froh, dass sie ihn nicht umbringen würde. Was sollte es schon schlimmeres geben? Als er ihr hämisches Grinsen bemerkte wusste er das sie fündig geworden war.
Langsam, so als wolle sie sich jedes Wort genüsslich auf der Zunge zergehen lassen sagte sie: „Ihr werdet für mich arbeiten.“

5

Von nun an arbeiteten Bobby und Honk also für die Trollsin. Ihre Aufgabe war, einfach ausgedrückt: putzen. Das klang eigentlich nicht nach übermäßig viel Anstrengung. Diese Annahme stellte sich allerding sehr schnell als grandios daneben heraus. Bobby hatte noch nie so viel Müll und Schmutz gesehen. Er war einfach überall. Auf den Zimmern, in der Küche, den Fluren, der Treppe, auf und unter Tischen, in den Kuhlen der Bohrstühle, in Türschlitzen, an den Wänden. Er klebte unter der Decke, an den Bettpfosten und in den kleinen und großen Löchern, die irgendetwas in die Wand gebohrt hatte. Hierbei handelte es sich nicht nur um den normalen Staub und Dreck, der in Bobbies ehemaliger Wohnung in so großer Menge vorhanden war. Hier konnte Staub eine eigene Intelligenz entwickeln, weglaufen oder Faulgase absondern, die einem alle Haare ausfallen ließen. Einmal glaubte Bobby gesehen zu haben, wie eine Gruppe Staubkörnchen Poker spielte.
Gefährlich konnte das putzen werden, wenn der Schmutz beschloß Müll zu absorbieren. Honk wurde einmal von einem zwei Meter hohen, mordlustigem Gebilde aus abgenagten Kripsen, braunen Servietten und mehreren Zweigen Wichtelholz gejagt, dass ihn mit seinen Scherbenhänden wohl exekutiert hätte, wenn Bobby dem Ding nicht einen Eimer Seifenlauge über den Kopf gegossen hätte und Bobby wurde eines Morgens unsanft von einer Staubspinne geweckt die Leberwein in sein rechtes Ohr urinierte. Eine größere Gruppe Fuseln war anscheinend auf die Idee gekommen Strohhalme als Beine, und zwei faulige Rosenbeeren als Augen zu verwenden.
Das sauber machen des Gasthauses glich einem verzweifeltem Kampf gegen eine nie enden wollende Flut von Fuselchen, Staub, kaputten Flaschen, Soßenfützen und Ungeziefer. Da Bobby und Honk nur zu zweit waren mussten sie pausenlos von einem Zimmer in das nächste rennen um den aufmüpfigen Dreck in seine Schranken zu weisen. Zusätzlich zu dem Dauerlauf, dem intelligenten Staub und den lebensgefährlichen Schmutzgebilden kam die Toilette.
Bobby hatte schon so manche Bahnhofstoilette gesehen. Die aus denen immer so ein furchtbarer Gestank drang, kaum hatte man die Tür einen Spalt geöffnet und wo die Wände mit allem möglichem bekritzelt waren. Diese in deren Kabinen es immer so aussah, als hätte jemand einen Wettbewerb veranstaltet, bei dem derjenige gewann der am weitesten die Kloschüssel verfehlte. Sie kamen Bobby nun wie fünf-Sterne-Hotels vor im Gegensatz zu dem was im Rasthaus als Ort für alle kleinen und großen Geschäfte dienen sollte. Er hatte ihr den Spitznamen „Hölle“ gegeben. Dieser Begriff umschrieb das innere der Toilette wohl am besten. Der Geruch der einem entgegenschlug, sobald man die Tür öffnete, war so unerträglich übelriechend, dass Bobbies Gesicht jedesmal violett anlief und er in Ohnmacht fiel. Er konnte erst hinein, als Honk ihm, mittels Zylinder, einen Nasenrüssel aus einem hydronischen Gebrauchtwerk besorgte, der alle Gerüche filterte und sie in berühmte Arien von Gundusla Schmacht verwandelte. Das vertrieb zwar den Geruch, aber wegen der dauernden Arien litt er einige Wochen lang unter Schlafmangel, aufgrund von Ohrwürmern.
Honk heilte ihn, indem er mehrere Stunden lang berühmte Beleidigungsreden von Dr. Olfilius Grobian vortrug. Dieser hatte zu Lebzeiten unzählig viele Anhänger, die er bei seinen regelmäßigen Reden mit Schimpftyraden überhäufte und Schuhen bewarf. Nach fünf unfreundlichen Stunden, mit Wörtern die niemals hätten gennant werden sollen, begingen die zart besaiteten Ohrwürmer Selbstmord, indem sie sich in Bobbies Magensäure ertränkten. Nie wieder litt er unter der Folgekrankheit einprägsamer Lieder.
Die Toilette sah von innen genau so schlimm aus wie es ihr Geruch erahnen ließ. Der Boden war übersäht mit grünen, gelben und bräunlich-schwarzen Fützen. Um die dampfenden machte er einen großen Bogen seitdem er gesehen hatte, wie eine bedauernswerte vieläugige Nacktschwanzlaupe unter wilden Zuckungen langsam in einer zerschmolzen war.
Wo keine Fützen waren, war der Boden mit Pilzen übersäht, die in regelmäßigen Abständen zerplatzten, wobei sie ein Geräusch ausstießen, das wie das stöhnen von Moorbrubbeln klang. Wo keine Pilze waren, hatte das, was man einmal Boden nennen konnte, eine ihm unbekannte Farbe angenommen, die Honk als brelb bezeichnete. Diese Färbung ließ den, der sie dummerweise berührte auf der Stelle verwesen. Gefährlich wirkten auch drei große schwarzen Löcher im Boden, in die bestimmt schon der eine oder andere angeheiterte Gast hineingefallen war, den der Geruch vorher nicht ausgenockt hatte.
Die Wand war mit einem bläulichem Fell bedeckt, aus dem überall kleine Tentakeln ragten. Davon hatte noch nicht einmal Honk jemals etwas gehört. Sie hatten beschlossen das es wohl schlauer wäre erstmal nicht in ihre Reichweite zu kommen.
Die Decke war übersäht von Teufelsdotteln. Ein spinnenartiges Insekt, das in pyramidenförmigen Kokons wohnte, die es aus Alpträumen und Exkrementen errichtete.
Dort oben mussten mindestens fünfzig von den Dingern hängen.
An der rechten Wand befanden sich die sogenannten Toiletten. Eine Reihe aus dicken, verrosteten, ehemals runden Rohren die krumm und schief aus der Erde ragten. Bobby war sich sicher, dass es sich hierbei um ein Schmerzmöbel handeln musste, so scharf wie der Rand aussah.
Bobby und Honk gaben anfangs ihr bestes um die Toilette wieder halbwegs benutzbar zu machen. Nachdem zwei Besen verdampft, ein Putzeimer in das mittige Loch gestürzt war und die Tentakeln drei Handfeger entzweigebrochen hatten, entlieh sich Honk ein Dutzend Reinigungsbücher aus der Hausbibliothek seiner Mutter. Mehrere Wochen lang lasen sie sich durch das fünfbändige Tagebuch von Hongula Reinlich, einem Putzteufel aus den Espaton-Bergen, sie studierten Sachbücher wie „Schwing den Besen richtig rum“, „wenn der Stinkschimmel kommt“ und „Duftlampen ole, das tut dem Schmutz weh“, von Bubi Blasebalg. Ein tausend Seiten dicker Wälzer in dem sich jeder Satz auf Plauderpups reimte, was es eigentlich unlesbar machte.
„Seine Bücher sind alle so. Sie wurden bei öffentlichen Lesungen verboten, weil sich die Vorleser an ihnen die Zunge brachen.“, erklärte ihm Honk einmal wärend der Lektüre.
Das Studium der Bücher machte sich schnell bezahlt. Bobby und Honk hatten sich ein unglaubliches Fachwissen angeeignet, wie man richtig putzte. Sie wussten nicht nur in welchem Winkel man den Besen zu halten hatte, sondern auch wie der dreihändrige Staubvernichter funktionierte, wie man intelligenten Staub dumm aussehen ließ und wie das richtige Mischverhältniss zwischen Seife und Laubgrütze war. Sie wussten welche Bürstenaufsetze nötig waren um Wände und Böden farbig zu putzen, wie man dampfende Golemmilch am umweltfreundlichsten entsorgte und wie man öffentliche Versammlungen nur mithilfe eines brutaunischen Entzwirblers vor Staubstürmen schützte. Vor allem aber wussten sie wie man eine Toilette säuberte.
Sie hatten wärend ihrer unzähligen vorherigen Versuche einfach die falschen Putzutensilien benutzt. Aber nun wussten sie was für Reinigungsmittel und Besen sie für Pfützen, Tentakeln und Teufelsdotteln benötigten.
Die ätzenden Pfützen verdunsteten dank einem extra starken Antifeuchtpulver. Die Tentakeln wurden von Wiedun Remmlus Flammenschleier verbrannt, wobei überraschenderweise einige von ihnen zum Abschied winkten. Dank einer Geruchsflasche aus dem Nasenkeller von Baron Nixrichus zerschmolzen die Pilze und nachdem Honk ein Gesetz des mydianischen Steueramtes über Mietpreise für pyramidale Wohnungen an Toilettendecken vorgelesen hatte, verließen die Teufelsdotteln mit ihren Behausungen in den Ärmchen den Raum. Nicht ohne einige unschöne Bemerkungen über die heutige Bürokratie von sich zu geben. Die scharfkantigen Rohre werteten sie durch pinke Baumwollbeschichtungen auf, wodurch sie so bequem wurden, dass man aufpassen musste nicht auf ihnen einzuschlafen.
Nachdem all das Ungeziefer verschwunden oder vernichtet war begannen Bobby und Honk damit die belbe Farbe abzuwischen, natürlich nicht ohne sich vorher mit Gummilederhandschuhen auszurüsten. Durch den rechtwinkligen Staubtilger, eine Besentechnik aus „Einmaleins des munteren Wischzwangs“, wurde ihre Arbeit zum Kinderspiel. Als sie dann noch Dehnungsboden in die drei Löcher einfügten, der sich so perfekt an die Ränder anschmiegte, dass es eine ware Freude war und letzte Fleckchen belb entfernt hatten bewunderten sie ihr vollendetes Meisterwerk. Man konnte nur noch erahnen, dass dies einmal die widerlichste Toilette von ganz Neropolis gewesen war. Wenn man sie nun betrat wurden die Nase durch ein Aroma aus Glückswein mit einem Hauch Limpfwiebeln verführt, der mit den Geruchsnerven einen Liebestanz vollführte. Im inneren des Raumes musste man aufpassen nicht zu erblinden, so makellos war das weiß der Wände. Wenn man dann auch noch die Plüschtoiletten sah, musste man unwillkürlich in laute Jubelarien ausbrechen.
Honk schlug vor eine Einweihungsfeier zu veranstalten was Bobby auch für angemessen hielt. Diese Gestaltete sich so das sie sich einige Essensreste aus der Küche stiebitzten, die sie vom Boden aßen wärend Honk einige Trockenwitze von seinem Uropa Hunkulop erzählte.
Da sie nun das größte Problem im Gasthaus beseitigt hatten war der Rest ein leichtes für die beiden. Der intelligente Müll musste schnell feststellen, dass er keine Chance gegen die neuen Seifensorten, Kehrtechnicken und Lappenwischer hatte und begann bald damit Bobby und Honk als Todesgötter zu verehren die über ihr dreckiges Dasein richten konnten. Um ihre Lebensspanne zu verlängern warfen sie täglich Opfergaben durch das Schlüsselloch ins Zimmer der beiden. Hierbei handelte es sich meist um Strohhalme, Eisenstocher oder Serviettenfetzen. Einmal hatten sie aber auch vergeblich versucht ein Bananas hindurchzuschieben. Diese Unterwürfigkeit machten sich Bobby und Honk schnell zu nutzen. Bald waren sie Bosse einer Gruppe aus zehn Staubgebilden, denen sie irgendwie den richtigen Umgang mit Besen und Handfegern beibrachten. Seitdem hatten nichts mehr zu tun, denn die Staubgebilde arbeiteten so gründlich und gewissenhaft, dass das Gasthaus permanent mehr als sauber war. Es war rein.
Sie hatten nun massig Freizeit. Wenn sie nicht in ihren Zimmern waren, die sie meist nur zum schlafen benutzten, saßen sie in der Essstube. Dort tranken sie literweise Kodka, wärend Honk Bobby alles mögliche und unmögliche über Neropolis erklärte. Anhand einer Landkarte lernte er wo Mydia, Aldehyd und Espaton lagen, wo sich die Flüsse Blubb und Nass vereinten und wo Honks Heimat der Valaria-Wald stand. Einmal zeigte Honk ihm ein unerforschtes Gebiet das mit einer Reihe schwarzer Zähne gekennzeichnet war.
„Das sind die Totensümpfe. Noch nie in all den Unendlichkeiten die Neropolis existiert, hat jemals ein vernunftbegabtes Wesen diesen Landstrich betreten. Und alle die es trotzdem taten wurden nie wieder gesehen.“ Sprach die Hutzel mit theatralischer Stimme, „Nicht umsonst wird es von den Bergen der Verdammnis vom restlichen Kontinent abgegrenzt.“

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Tag der Veröffentlichung: 02.01.2013

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