„Nein Danke, ich brauche keine Hilfe !“
Jeder der mit dieser Antwort auf ein hilfsbereites Angebot abgespeist wird, wird sich brüskiert, zurückgestoßen oder zumindest abgelehnt behandelt fühlen.
Im täglichen Umgang mit unseren Mitmenschen gibt es unendlich viele scheinbar unbedeutende Gelegenheiten bei denen man sich gegenseitig Hilfe anbietet.
Es ist selbstverständlich dass der erste einer Gruppe eine Türe aufhält während alle anderen durchmarschieren. Es zeigt von gutem Benehmen Damen beim Verladen von Gepäcksstücken behilflich zu sein. Wir empfinden es als selbstverständlich medizinische Unterstützung zu bekommen, auch wenn sich diese nur auf den Ausdruck der Besorgnis um den eingezwickten Finger beschränkt.
Aus der Sicht des „guten Benehmens“ ist also eine Zurückweisung, ein Ablehnen von angebotener Hilfe absolut unerträglich.
Wir müssen uns nun die Frage stellen warum das Annehmen von Hilfestellungsanträgen im gesellschaftlichen Umgang einen so hohen Stellenwert einnimmt dass wir bei der Missachtung dieser Regeln bereits von einem Fauxpas sprechen.
Die Antwort finden wir, wie so oft, in der Geschichte. Der Mensch ist groß geworden weil er es geschafft hat Probleme gemeinsam, im Rudel, zu lösen. Diese Überlebensstrategie, dieses Miteinander, diese perfekt koordinierten Abläufe werden von klein auf täglich geübt und in Form von Höflichkeiten anderen zur Schau gestellt. Wir zeigen damit dass wir in der Lage oder zumindest willens sind, gemeinschaftlich Aufgaben zu lösen.
Personen welche keine Hilfeleistungen anbieten tun ihr Desinteresse an Teamarbeit kund. Personen welche angebotene Hilfeleistungen nicht annehmen, geben zu erkennen kein Interesse an Führungsaufgaben zu haben.
„Nein, ich mache das besser alles selbst“
Warum alles selber machen, sich nicht helfen lassen? Wem wollen wir beweisen dass wir besonders stark sind? Tun wir das denn?
"Ich mache alles selbst weil ich dann gleich weiß wer die Sache vermurkst hat"
Diese Herangehensweise an die Problemstellung ist interessant. Natürlich haben wir oftmals für komplizierte Aufgaben mit unsicherem Ausgang einen Plan B. Aber wir gehen nicht davon aus dass wir scheitern. Und wenn wir ein Scheitern in unsere Überlegungen mit einbeziehen so ist doch die Erarbeitung einer Ersatzstrategie sicherlich wichtiger als die Suche nach einem Schuldigen.
"Ich mache mich nicht abhängig von anderen"
Abhängigkeiten in unserer Gesellschaft zu negieren oder nicht akzeptieren zu wollen ist eine gefährliche Sache. Tatsächlich entwickelt sich unsere Welt in ein vollständig, global voneinander abhängiges System. Jeder der sich an dieser Gesellschaft beteiligt ist in dieser Abhängigkeit gefangen. Sogar unser Auto welches uns ja „Unabhängigkeit“ verspricht funktioniert nur wenn auch die Treibstoffversorgung funktioniert. Und gerade an diesem Beispiel erkennen wir gleich, wie weit unsere, auch ganz persönlichen Abhängigkeiten reichen.
Um unabhängig von einzelnen Personen zu bleiben müssen wir funktionelle Beziehungen und Abhängigkeiten vernetzen, also redundant aufbauen. Doppelte Abhängigkeiten verringern das Risiko, also eine Flucht nach vorne.
"Ich beweise mir und anderen dass ich stark genug fürs Leben (Überleben) bin"
Nein, wir beweisen uns nur dass wir nicht die Fähigkeit zur Teambildung haben. Wir beweisen uns dass uns einige in unserer Welt entscheidende Fähigkeiten fehlen.
Die Fähigkeit mit Anderen gemeinsam ein Vorhaben zu formulieren.
Die Fähigkeit einzuschätzen ob Andere spezielle Aufgaben lösen können.
Die Fähigkeit Vertrauen zu erzeugen und Vertrauen zu haben.
Die Geduld auf das Ergebnis der Leistung der Anderen zu warten.
„Cui bono, wem zum Vorteil ?“
Wo aber bleibt der Vorteil alles selber zu machen, sich nicht helfen zu lassen?
Wir erkennen dass sich die Anforderungen an die Fähigkeit, die Dinge gemeinsam anzupacken, nicht zuletzt durch die zunehmende Größe unserer Vorhaben vermehren.
Der Eigenbrötler, welcher alles selber machen will wird die Reichweite seiner Werke rasch auf seine persönliche Leistungsfähigkeit beschränkt sehen müssen.
Der moderne Mensch, der sich gerne helfen lässt und anderen gerne hilft wird sich unwillkürlich als Schöpfer, zumindest aber als Mitschöpfer einer größeren Sache finden.
Und das ist es doch was wir alle wollen.
Ende
Texte: Copyright: David Alscher
Tag der Veröffentlichung: 09.02.2012
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