Sperrgebiet Gedankenwelt
Ich bin ich. Aber was heisst das genau? Ich meine, ich weiss sehr gut, wer ich bin. Ich sehe in den Spiegel, da bin ich. Ich rede mit anderen und höre meine Stimme, denke meine eigenen Gedanken. Aber das kann so ziemlich jeder von sich behaupten.
Was macht mich aus? Wenn ich darüber grüble, komme ich zu keiner Antwort. Was halten die Menschen um mich von mir? Was denken se? Was sehen sie? Eigentlich interessiert es mich ja, doch tief im Innern weiss ich, wie egal mir das ist. Fühlt jeder so? Man kennt diese Leute, deren Ziel es ist, allen zu gefallen. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen. Jeder denkt 60% seiner Zeit über andere und 40% davon über sich nach. Und weiter? Nichts weiter. Ich denke also über andere nach. Dann über mich. Was will ich? Früher, jetzt, dann später. Wie werden die nächsten Wochen, Monate und Jahre, sollte es denn so weit kommen, ablaufen? Tage lasse ich aus. Die sind mir eigentlich egal. Es wird schon irgendetwas passieren, warum also planen? Eine Woche besteht aus 7 Tagen. Man könnte also weiter rechnen und sagen, ich denke
auch nicht über Wochen nach. Ein Monat besteht aus
gut 4 Wochen. Folglich würde ich auch nicht über Monate nachdenken. Weiter? Genau, ein Jahr besteht aus 12 Monaten. Es wäre also möglich, dass ich auch nicht über Jahre nachdenke. Ich warte einfach ab, was geschieht. Kann man das zugeben? In der Theorie schon. Was passiert? Die Menschen, mit denen man zu tun hat reagieren auf unterschiedlichste Weise. Jene, die am weitesten "entfernt" sind, diskutieren nicht. Ein Nicken, Schulterzucken, "kenne ich" und andere Floskeln. Weiter. Die, die mir etwas näher stehen, lenken vielleicht ab. "Irgendwas hast du bestimmt vor – Lass uns doch demnächst mal was machen – Kommst du auf diese oder jene Party? - Was machst du eigentlich nach dem Urlaub?"
Ein langsames ziehen des Gesprächs in eine Richtung, die sie verstehen? Ablenkung, weil sie denken, es geht mir nicht gut? Ablenkung, weil sie ähnlich denken und es nicht wollen? Selbstverleumdung, weil sie genau so denken, aber es nicht wahrhaben wollen? Zwischen "Etwas nicht wollen" und "Etwas nicht wahrhaben wollen" gibt es riesengroße Unterschiede. Kommt wohl immer auf die Person an.
Ich beschließe also, mir einige Pläne auszudenken. Sie umzusetzen. Sie vielleicht abzuändern, damit es wieder Gesprächsthemen gibt. Ich plane Wochen, Monate und ansatzweise sogar ein paar der langen
Jahre. Warum? Um nicht aufzufallen? Vermutlich. Warum will ich nicht auffallen? Um meine Ruhe zu haben? Vermutlich. Um andere nicht zu verunsichern? Vermutlich. Um andere nicht zu beunruhigen? Vermutlich. Um anderen keine wie auch immer gearteten Unannehmlichkeiten zu bereiten? Vermutlich, warum auch immer.
Ich lebe vor mich hin. Mit wem soll man solche Gedanken teilen? Mit der Familie? Man lese weiter oben, Stichwort beunruhigen, etc. Mit Freunden? Selber Punkt, wenn auch die Kommunikation für manche mit der Familie, für manche mit den Freunden besser funktioniert. Mit beiden? Gibt es bestimmt, kommt mir aber nicht so logisch vor. Man verschliesst sich also. Gegenüber anderen. Gegenüber sich selbst. Aber niemals beides. Jeder braucht auf seine eigene Art eine Ansprechperson. Wer ist meine? Ich selbst. Ich denke, teile mir meine Gedanken mit, denke über diese nach und erfahre so auch direkt und unverfälscht das Ergebnis meiner Überlegungen. Ich vertraue also auf die Echtheit dieser Informationen. Ich belüge mich nicht selbst. Auch das sollen Menschen wohl gelegentlich tun. Dazu habe ich keinen Grund. Zurück zum Thema. Ich verurteile mich nicht für meine Ideen, Gefühle und Gedanken. Immerhin kann ich sie wie kein anderer nachvollziehen. Ich erschaffe mir meine eigenen
Denkmuster, analysiere alles, was mir unterkommt auf meine eigene Weise. Mitunter teile ich diese mit, wenn es sich denn mit dem verträgt, was ich generell denke. Von Millionen Gedanken spreche ich einen winzigen Bruchteil auch aus. Natürlich nur das, was durch meine Kopfeigene Zensur kommt. So wird aus einem unverfälschten "Du bist doch bescheuert, wie kann man nur so einen Dreck erzählen?" ein Neutrales "Hast schon recht, obwohl man wohl dieses und jenes in Betracht ziehen sollte...". Hält das Gespräch in einem entspannten und ruhigen Rahmen. Man muss ja nicht immer austeilen, so viel es geht.
Was aber passiert denn nun, wenn ich alle meine Gedanken mitteile? Ich rede mit jemandem. Er/Sie/Es fragt mich, was ich von ihm halte. "Jedes mal wenn ich dich sehe, ziehe ich in meinem Kopf eine Waffe und schiesse dir eine Kugel ins Gesicht." Dieser Satz würde wohl Standard werden. Stattdessen entwickle ich Taktiken für die verschiedenen Menschen, denen ich nicht entgehen kann. Ich entwickle auch welche, für Menschen denen ich entgehen kann und für die, denen ich nicht entgehen will. Ich hasse nicht grundsätzlich jeden Menschen. Die Menschheit an sich ist eine andere Sache. Trotzdem, ich bin kein Soziopath. Ich bin nicht für einen Weltweiten Genozid. Nicht immer. Wobei
mir die Sorge um meine eigene Unversehrtheit nie in
den Sinn kommt. Ich will nicht sterben, so meine ich es nicht. Ich bin mir eigentlich ziemlich egal.
Wir leben in einer unsicheren Zeit, obwohl wir nach unserem Bildungs- und Entwicklungsstand in einer absolut unwiderruflich sicheren Zeit leben sollten. Vor Zeitaltern rotteten sich die Menschen zusammen, um zu überleben. Zum Jagen, zum eigenen Schutz, zum Schutz der Gruppe. Hat soweit geklappt, wir werden nicht mehr von Säbelzahnviechern oder sonst was für komischen Tieren gejagt. Soll heißen, nur, wenn wir in Afrika Urlaub machen und blöd genug sind, einen Löwen zu ärgern. Sowas nennt man dann wohl kreativen Selbstmord... Wo war ich? Richtig, Sicherheit. Heute sollte es Standard sein, dass sich ein Mensch keine Sorge um sein Leben machen muss. Die Medizin ist einigermaßen hoch entwickelt. Die Sache mit den Natürlichen Feinden hatte ich schon. Die Ausgangssituation ist wünschenswert gut. Wie sieht jedoch das Produkt aus? Mord, Totschlag, Raubmord, Mord im Affekt, Ritualmord, Selbstverteidigung mit Todesfolge, oder auch Suizid. Wobei ich hier einen Gedankenstrich setzen müsste, denn meiner Meinung nach kann Selbstmord durchaus als Mord an einer Person angesehen werden, wenn der Täter//das Opfer nicht bei klarem Verstand ist. Zurück zum Thema. Die Menschheit kennt tausende und abertausende Worte und
Redewendungen zum Thema Tod. Das waren jetzt
einige "kleine". Größere? Sicher. Biologische und chemische Waffen, Atombomben, Wasserstoffbomben, Gewehre, Pistolen, Granaten. Man blickt mit Trauer auf die zurückliegenden Kriege, Verwüstungen, Massen- und Völkermorde. Wie wäre es, wenn stattdessen alle einfach nur froh sind, dass es vorbei ist? Keine Trauer, Angst und Ungewissheit mehr. Das ginge jedoch wohl nur, wenn klar wäre, es ist wirklich zu ende. Aber das Ende wird nicht kommen. So lange es mehr als einen Menschen gibt, wird Krieg ein ständiger Begleiter der Geschichte sein. Vergangene, Gegenwärte, Zukünftige. Einen geschriebenen, realistischen Satz wie "Es wird definitiv nie mehr Krieg geben" kann nicht vorkommen. Nicht, wenn er wahr sein soll. Dafür müssten Zwei Fakten bestehen. Erstens existiert nur noch ein einziges menschliches Wesen. Zweitens hat es lediglich einige letzte Minuten oder Sekunden zu leben. Ein Mensch kann mit allem Krieg führen.
Letztendlich komme ich zu folgendem Schluss: Ich weiss, was ich denke. Ich weiss, was ich fühle. Ich weiss, wer ich zu sein scheine. Aber: Ich weiss nicht, warum ich so denke. Ich weiss nicht, warum ich so fühle. Ich weiss nicht, warum ich so zu sein scheine.
Einer unter vielen.
Nicht der erste, nicht der letzte.
Kein Anfang, doch ein Ende.
Die graue Masse.
Fall es jemanden gibt, der ähnlich denkt... Mein Beileid. Doch bedenke, du bist nicht allein.
Sperrgebiet Gedankenwelt © by Alone.I.Break/Daniel Graves
Tag der Veröffentlichung: 15.08.2009
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