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INHALT



Schwarzes Licht
Herzland
Der Mann neben mir
Winterherz


Schwarzes Licht




Der Wind weht Sterne herbei und spaltet mein Haar. Ich suche die Begegnung mit diesen ANDEREN Menschen, den Menschen, die Nachtgesichter tragen.
Ich kenne ihre Geschichten und ihre Ausreden.
Tagsüber bauen sie ebenso wie die Schläfer der Nacht ihre Paläste und sind Könige, doch in der Dunkelheit beginnt IHR wirkliches Spiel.

Wenn sie sich das Salz zuspielen setzen sie ihre Larven auf, dann runzelt sich keine Stirn mehr an den Tischen auf denen sich Jetons stapeln. Im leisen Surren der Kugel schuldenfrei zu werden, ihre Hoffnung die sich in Karten blauäugig spiegelt, lässt sie wie Perlen aufgereiht am Strumpfband der Nacht ausharren und doch werden sie erschlagen von einem einzigen Wimpernschlag.

Sie werden wieder kommen, wie jede Nacht, die Jugend grell aufgetragen, während ihnen das zu eng gewordene Mieder die Röte auf die Wangen treibt.
Sie wissen wie viel Schmerz sich hinter einem Lachen versteckt.


Herzland




Wir haben beide gelogen, damals unter dem Kirchenfenster.
Ich träumte vom Brunnengesicht, wünschte mir Herzland, du von Schuttbergen vor Glasfassaden und Kränen.
Als mich die Hunde anbellten und man mir das Wasser abstellte hast du mich nicht gerettet.
Minutenlang sehe ich dich wieder zwischen jungen Bäumen, sehe deinen fremden Mund.
Es war so zwecklos die Wände hoch zu laufen. Entblößt fügte ich dem Schlaf noch ein Schaf hinzu und noch eins und noch eins bis ich mich einbuddeln konnte ins Dilemma. Dort harrte ich dann aus bis im Morgenlicht zwischen den Ruinen mein Tanzfeld aufleuchtete.
Knochen fressend, bucklig, steinhart und staubig. Schuttberge mit steilen Gipfeln.
Nun stehe ich tagein tagaus barfuß in der Mittagshitze und klopfe den alten Mörtel von den Steinen.
Sorgfältig schichte ich sie auf zwischen den zerstörten Häusern für neue Häuser mit Glasfassaden.
Bald wird der Nordwind durch den Zerfall pfeifen, das holprige Feld aufrollen und es einfrieren.
Dann will ich mit angerührtem Mehl Rosenblätter an die neuen Wände kleben damit es warm und freundlich wird.


Der Mann neben mir




Der kommt nie an, denke ich noch. Der hinterlässt keine Spuren auf seinen Wanderungen durch die U-Bahnhöfe.
Ungeduldig lauscht er, hofft auf das Pfeifen und Dröhnen aus der Dunkelheit.
Der kommt nie an, denke ich wieder. Der wurde schon zu oft geopfert, von so genannten Freunden und Gönnern.
Der ist einer, der den täglichen Tretminen immer wieder zu entkommen sucht. Mit zusammengefalteten Mund.
Ein Alltagsheld, der sein Brot abends allein am Küchentisch isst. Er trägt keinen Ring am Finger, das Licht im Mund macht ihn kindlich.
Jetzt schlägt ihm der fremde Atem aus dem Tunnel entgegen. Fröstelnd zieht er den Kopf zwischen die Schultern.
Der lächelt nie, denke ich wieder. Sicherlich kennt er auch keine Taschenspielertricks
und zwischen seinen gelben Fingerkuppen zerrinnt ihm alles.
Wie viele Liebesbriefe kann er wohl noch zählen in seinen ausgebrannten Wohnzimmern und den überschwemmten Kellern?
Der ist Nirgends und Niemand, der verschläft den Sendeschluss. Dann ist er tot.


Winterherz




Rotbackige Äpfel brütete der alte Kachelofen aus. Niedrig hing die Decke über der kleinen weiß gekalkten Stube. Oma roch nach Zimt und Mehl. Auf einem Radio mit Stoffbezug stand ein kleines Weidenkörbchen. Darin hütete sie seit vielen Jahren ihr Strickzeug. Der rechte Strumpf war fertig, beim Linken fehlte noch die Fußspitze. Sie wird wohl nicht mehr angestrickt, denn der Opa wollte die fertigen Strümpfe nicht abwarten. Laut tickte die große Uhr über der Kommode im Gleichschritt mit Ordnung und Verfall.
Oma stellte eine Schale mit Weihnachtsgebäck auf den Tisch. Acht ausgestreckte Kinderhände schafften schnell Leere und Oma holte die Äpfel aus der Röhre.

Wie damals nach unseren Wünschen strecke ich wieder meine Hand aus und nehme die Ihre.
Sie haben ihr in der Klinik ein Einzelzimmer gegeben. Ruhig liegt ihr blasses Gesicht vor mir. Es ist kurz vor Weihnachten. Zwei Tage noch und der Schal wäre rechtzeitig zum Fest für sie fertig geworden. Ich habe ihn zusammengerollt und in ein Körbchen gelegt.

Impressum

Texte: Bilder und Texte von Alma Marie Schneider
Tag der Veröffentlichung: 28.12.2008

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