Cover

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Ally Trust

 

 

 

The Hell -

Hol mich hier raus!

 

Thriller

 

 

 

 

 

Impressum

 The Hell – Hol mich hier raus!

Ally Trust

Copyright: © 2011  Ally Trust

 Printbook ISBN: ISBN-13: 9783744898553

EBook ISBN: ISBN-13: 9783746083063

Verlag: BoD – Books on Demand

 

Nachdruck oder Kopie (auch auszugsweise) nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet!

 

Die Handlung und die vorkommenden Personen in dieser fiktiven Geschichte sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu Personen (tot oder lebend), wie Namen, Aussehen, Charaktereigenschaften, etc. sind zufällig und nicht beabsichtigt!

Kapitel 1

 

Kapitel 1

 

 

 

 

Ich habe keine Angst vor der Hölle. Ich lebe in einer. Mein Leben ist die Hölle.

 

Ich wusste nicht, wie ich ihr entkommen sollte und ich hatte niemanden, der mir helfen würde. Keine Familie, keine Freunde, niemanden, dem ich vertrauen konnte. Ich stand von meinem Bett auf und ging in mein Badezimmer, was zu meinem Zimmer gehörte. Erschrocken schaute ich in den Spiegel. Was hatte er mir gestern wieder angetan? Meine Lippe war aufgeplatzt und meine Schulter war blau. Dunkle Augenringe zeichneten sich in meinem Gesicht ab. Ich hatte diese Nacht wieder nicht richtig geschlafen. Ich wurde von Albträumen wie jede Nacht geplagt, wo ich schreiend und schweißnass erwachte. Wieso tat er das? Was hatte ich ihm denn getan? Steve Bozman, fünfundvierzig Jahre alt, ein Meter neunzig groß, mit einem breiten Kreuz war mein gesetzlicher Vormund, bis ich achtzehn war. Zum Glück dauerte es nur noch ein halbes Jahr. Nach dem Tod von meiner Mutter vor einem Jahr sollte ich eigentlich zu meiner Großmutter. Allerdings verstarb sie leider wenige Tage, nachdem meine Mutter gestorben war, an einem Herzinfarkt. So blieb mir nur noch das Heim übrig. Was mir auch lieber gewesen wäre, wenn Steve nicht unbedingt die Vormundschaft für mich gewollt hätte. Da er als stellvertretender Bürgermeister für die Stadt Toronto im kanadischen Bundesstaat Ontario tätig war, hatte er ein sehr hohes Ansehen und war äußerst beliebt, und da Steve eine dreijährige Beziehung mit meiner Mutter hatte, lag es nah, dass er die Vormundschaft bekam. Ich konnte nichts dagegen tun. Ich konnte mich nicht dagegen wehren. Niemand hatte mir geglaubt, dass er mich schlug. Steve behauptete ständig, dass ich durch den Tod von meiner Mutter verstört wäre und deswegen, solche Geschichten über ihn erfand und jeder glaubte ihm seine Lügen. Steve hatte nur die Vormundschaft für mich wegen des Geldes meiner Mutter übernommen. Geld, was ich von meiner Mutter geerbt hatte.

Ach, wie ich meine Mutter doch vermisste. Elisabeth Disseur war eine wunderschöne und gutherzige Frau. Sie hatte eine eigene Produktionsfirma, die Filme und Serien produzierte, die sie von ihrem Vater übernommen hatte. Dadurch hatte ich eine unbeschwerte Kindheit. Meine Mutter hatte durch die Firma viel Geld verdient und finanzierte uns so ein schönes Leben. Wir wohnten in einer kleinen Villa am Rande von Toronto, die sie zusammen mit meinem verstorbenen Vater gekauft hatte und obwohl meine Mutter gut verdiente, war ich nicht eines dieser verwöhnten Mädchen, die sich von den Eltern aushalten ließ. Meine Eltern hatten mir von klein auf beigebracht, dass man für Geld arbeiten musste. Sie verwöhnte mich nicht zu sehr. Ich bekam ein Taschengeld von einhundert kanadischen Dollar, womit ich im Monat auskommen musste. Deshalb hatte ich früher als Babysitterin gearbeitet, um mir noch etwas nebenbei zu verdienen, wobei ich mit dem Geld eigentlich gut auskam. Aber das Babysitten machte mir Spaß. Mein Vater starb, als ich zehn Jahre alt war, bei einem schweren Autounfall. Auf einer Landstraße kam ihm ein anderer Wagen entgegen. Es war Winter und die Straße war glatt. Das Auto kam ins Rutschen und prallte gegen den Wagen von meinem Vater. Noch auf dem Weg ins Krankenhaus ist er gestorben. Es war damals ein schwerer Schicksalsschlag für mich und meine Mutter, aber wir hatten uns aufgerafft und lebten weiter. Mussten wir ja auch. Was sollten wir denn anderes tun? Das Leben musste schließlich weitergehen. Meine Mutter starb dann vor einem Jahr an Krebs. Es war Gebärmutterhalskrebs, und als meine Mutter endlich zum Arzt ging, um sich untersuchen zu lassen, war es schon zu spät. Der Krebs war im Endstadium und hatte schon Metastasen im Körper verstreut. Die Ärzte konnten nichts mehr für sie tun. Plötzlich ging alles ganz schnell. Meiner Mutter ging es von Tag zu Tag immer schlechter und sie hatte starke Schmerzen. Als sie dann starb, war ich gerade in der Schule gewesen und wurde von unserem Direktor aus dem Unterricht geholt. Als er mir erzählte, dass meine Mutter gestorben sei, brach für mich alles zusammen. Sie war nicht nur meine Mutter gewesen, sondern auch meine beste Freundin. Wir haben viel zusammen gemacht gehabt und sie war die Einzige, mit der ich über alles reden konnte. Nach dem Tod von meiner Mutter erbte ich alles. Steve hatte eigentlich damit gerechnet, dass er auch etwas erben würde, aber da lag er falsch. Ich glaube meine Mutter hatte herausgefunden, dass er nur wegen des Geldes mit ihr zusammen war, obwohl er selbst gut verdiente. Aber er war geldgierig und konnte nicht genug bekommen. Der nächste Schock für ihn war, dass meine Mutter in ihrem Testament veranlasst hatte, dass ihr Anwalt, James Wood, mein Treuhänder werden sollte, bis ich volljährig war. Er verwaltete mein Erbe und auch mein Collegefond, den meine Mutter mir zu meiner Geburt angelegt hatte. Ich verfügte also über genug Geld, um mir ein schönes Leben zu machen.

Zweimal die Woche arbeitete ich nachmittags in einem Cafe. Ich brauchte zwar das Geld nicht unbedingt, aber ich tat es, damit ich von Zuhause weg war und Steve nicht begegnen musste. Von dem Geld lebte ich und brauchte nicht an mein Erbe heran. Steve bekam für mich jeden Monat einen gewissen Betrag für Essen und Kleidung. Allerdings sah ich davon kaum etwas. Er behielt es lieber für sich. Er hatte eine Haushaltskasse angeschafft, indem er jeden Monat etwas Geld hereinlegte, wovon ich für den ganzen Monat Getränke und Essen einkaufen sollte. Dieses Geld war recht knapp bemessen worden und es reichte kaum, um mir etwas kaufen zu können. Also kaufte ich es mir von meinem eigenen Geld. Zum Glück wollte Steve nichts davon haben, was mich doch wirklich wunderte. Aber er dachte sich wahrscheinlich, dass er so nicht noch mehr Geld für mich ausgeben musste. Ihm reichte es ja schon, dass er die Nahrungsmittel bezahlen musste. Andererseits war es auch nicht viel, was ich verdiente.

Wieder schaute ich in den Spiegel. Mein blaues Auge war schon so gut wie verblasst. Ein leichter gelblicher Schimmer war noch zu sehen. Das hatte ich von Steve bekommen, als das Abendessen vor ein paar Tagen nicht pünktlich fertig gewesen war.

„Mom, ich vermisse dich so. Warum kannst du nicht bei mir sein und mich beschützen“, fragte ich leise. „Bald habe ich keine Kraft mehr, das alles hier zu überstehen und dann komme ich zu dir in den Himmel.“ Ich hatte schon oft darüber nachgedacht, mich umzubringen. Einige Male war ich auch schon kurz davor, aber dann hatte ich mich doch nicht getraut. Ich war zu feige. Meine innere Stimme sagte mir immer wieder, dass es nicht mehr lange wäre. Dann wäre ich achtzehn und könnte ihn endlich aus meinem Haus hinauswerfen. Ich hoffte, es würde auch so sein. Auch hatte ich mir schon oft überlegt einfach abzuhauen. Allerdings wusste ich, dass es nicht viel bringen würde. Steve würde mich finden und zurückholen. Sein bester Freund war Polizeichef und Steve hatte auch sonst viele gute Kontakte. Es wäre für ihn eine Leichtigkeit mich schnell zu finden und dann würde es alles für mich nur umso schlimmer werden. Wobei konnte es eigentlich noch etwas Schlimmeres als die Hölle geben? Ich glaubte nicht. Ich zog meine Schlafsachen aus und stieg unter die Dusche. Das warme Wasser entspannte meine Muskeln. Anschließend putzte ich mir die Zähne und ging zurück in mein Zimmer um mich anzuziehen. Es war August und heute war Freitag. Seit zwei Wochen besuchte ich die York University hier in Toronto und studierte dort Jura. Ich wollte Anwältin werden und solche Leute, wie Steve, für immer hinter Gittern bringen. Draußen regnete es und es war sehr windig. Also beschloss ich einen blauen Pullover und eine graue Jeans anzuziehen. Ich war nicht so modeverrückt. Ich brauchte nicht in den teuersten Läden einkaufen zu gehen, obwohl ich das Geld dafür hatte.

„Cheyenne, wie lange soll ich noch auf mein Frühstück warten“, schrie Steve vom Erdgeschoss. Schnell kämmte ich mir meine schulterlangen braunen Haare durch, schnappte mir meine Tasche und rannte nach unten in die Küche. Steve saß schon am Tisch und las die Zeitung.

„Na endlich. Wo bleibt mein Kaffee“, schnauzte er mich an.

„Jetzt sei doch etwas netter zu dem armen Mädchen. Du kannst dich schließlich auch selbst bewegen und das Frühstück vorbereiten“, sagte Shelley, die Freundin von Steve, als sie in die Küche kam.

„Nein sie kann auch mal etwas in dem Haus tun.“

Shelley war eine sehr nette Frau. Sie war im gleichen Alter wie Steve und war die Einzige, die sich um mich kümmerte, wenn sie da war. Shelley war Dolmetscherin und dadurch viel unterwegs. Deshalb bekam sie auch nie mit, was hier wirklich los war. Genauso wusste sie nicht, dass Steve noch mehrere Affären mit anderen Frauen hatte, wenn sie nicht da war. Sie tat mir sehr leid. So etwas hatte sie nicht verdient. Ich wollte ihr schon oft die Wahrheit sagen, aber Steve hatte mir gedroht, wenn ich es tat, würde etwas Schlimmes passieren.

„Kind was ist denn mit deiner Lippe passiert“, fragte mich Shelley erschrocken. Steve schaute mich mit einem drohenden Blick an.

„Ich bin zu schnell um die Ecke gerannt und habe den Türrahmen übersehen“, log ich und wandte mich von ihr ab.

„Cheyenne ist halt ziemlich tollpatschig“, lachte Steve. Schnell kochte ich Kaffee und deckte den Küchentisch. Ich selbst hatte wie so oft keinen Hunger, deshalb nahm ich mir nur eine Flasche Wasser und einen Apfel. Beides packte ich in meine Tasche.

„Ich fahr dann mal zur Uni“, sagte ich leise und ging aus dem Haus.

„Komm nicht zu spät nach Hause“, hörte ich Steve noch rufen, bevor ich die Tür hinter mir schloss. Eilig rannte ich zu meinen Wagen. Ich wollte so schnell wie möglich hier weg, startete den Motor und fuhr los. Mein Auto, einen roten Mini Cooper mit einem weißen Dach und hundertzwanzig PS, hatte mir meine Mutter zum bestandenen Führerschein geschenkt. Das Auto war das Einzige, was ich noch behalten durfte. Das hatte mir Steve noch nicht weggenommen. Er selber fuhr den Siebener BMW von meiner Mutter. Ich hasste ihn dafür. Er nahm sich das Auto einfach, als ob es ihm schon immer gehört hätte. Genauso wie das Haus. Er tat vor allem so, als ob es sein Haus wäre, obwohl er genau wusste, dass es mein Haus war. Ich empfand für ihn nur Hass, weil er mir das alles antat. In dem letzten Jahr hatte ich mich sehr verändert. Ich war schon immer schüchtern gewesen, hatte mich aus allem herausgehalten, nur jetzt war es noch schlimmer. Seit dem Tod von meiner Mutter, wo auch die Gewalttaten von Steve anfingen, hatte ich mich immer mehr zurückgezogen. Ich sprach mit kaum jemanden mehr. Nur wenn ich gefragt wurde und vertrauen konnte ich niemanden mehr. Zu oft wurde mein Vertrauen missbraucht. Das war auch der Grund, warum ich keine Freunde hatte. Früher auf der Highschool wurde ich von den Leuten, die sich als meine Freunde ansahen, nur verarscht und jetzt auf der Uni taten es diese Leute weiterhin. Ich hätte auf eine andere Uni in einer anderen Stadt, weit weg von zu Hause studieren können. Ich habe eine Menge Bewerbungen an Universitäten geschickt, aber leider bekam ich nur eine Zusage von dieser hier in Toronto. Ich hatte mich schon gewundert, dass ich von den anderen Universitäten nicht wenigstens eine Absage bekam. Aber ich fand beim Aufräumen in Steves Schlafzimmer durch Zufall einige Briefe von Universitäten. Alles waren Zusagen. Ich hätte also doch weggekonnt. Nur leider war es zu dem Zeitpunkt schon zu spät gewesen. Die Unterrichtszeit hatte schon begonnen. Steve hatte sie versteckt, da er nicht wollte, dass ich in eine andere Stadt zog. Klar er hätte so auch kein Geld mehr für mich bekommen. Deswegen verbot er mir auch hier in ein Wohnheim zu ziehen oder mir eine eigene Wohnung zu nehmen. Alles nur wegen des Geldes. Andererseits hatte ich auch etwas Angst um mein Haus. Was würde er damit tun, wenn ich wegziehen würde? Würde ich es überhaupt wiederbekommen? Oder würde er es auf sich umschreiben lassen? Ihm traute ich alles zu. Einflussreich war er zumindest. Ich fuhr auf dem Parkplatz, der noch leer war, und stellte mein Auto ab. Es war noch recht früh, meine erste Vorlesung begann um neun Uhr und wir hatten erst halb neun. Deshalb blieb ich noch im Auto sitzen und nahm mir ein Kursbuch aus der Tasche und begann darin zu lesen. Meine Noten in der Schule waren immer recht gut gewesen, da mir das Lernen leicht fiel und auch jetzt in der Uni wollte ich, wie auch schon in der Highschool, einen guten Abschluss haben. Ich schaute auf die Uhr und bemerkte, dass es Zeit war, zur Vorlesung zu gehen. Ich packte das Buch wieder ein, nahm meine Tasche und stieg aus dem Auto aus. Anschließend schloss ich ab und ging zum Unigebäude. Die Universität bestand aus verschiedenen Fakultäten und Schulen, die zusammen auf einem großen Gelände standen. Überall waren Wegweiser aufgestellt worden, damit man sich nicht verlief.

„Hey Cheyenne, warte mal“, rief eine männliche Stimme hinter mir. Ich blieb stehen und drehte mich um. Hinter mir stand Cooper, ein Junge, der schon mit mir in die Highschool gegangen war. Mich wunderte es, dass er mich ansprach, denn das hatte er sonst nie getan. Er hatte mich auch nie beachtet und wenn, dann hatte er mit Anderen Witze über mich gemacht. Es lag eigentlich nicht daran, dass ich zu dick gewesen wäre, denn ich wog das letzte Mal, als ich vor zwei Monaten auf der Waage stand noch zweiundfünfzig Kilo und seitdem hatte ich eher weniger gegessen anstatt mehr. Auch verteilten sich die Kilos bei meiner Körpergröße von einem Meter fünfundsechzig recht gut. Meine Mutter hatte immer gesagt, dass ich viel zu dünn wäre, aber ich fand mich immer so gut und wohl, wie ich war. Da ich aber ständig mit blauen Flecken zur Schule kam, wurde ich oft gehänselt und es wurde viel über mich gelacht, obwohl niemand wusste, was wirklich los war. Es hatte auch niemanden interessiert, geschweige denn mal gefragt.

„Ja“, fragte ich erstaunt und schaute ihn an.

„Ich wollte dich mal fragen, ob du nicht Lust hast heute mit mir ins Kino zu gehen. Der neue Actionfilm läuft gerade.“ Ich wusste nicht, ob er es nun erst meinte oder mich nur verarschen wollte. Allerdings wollte ich mir den neuen Film sowieso ansehen, also könnte ich ja auch mit ihm mitgehen.

„Hm. Ich wollte mir den Film sowieso ansehen. Na gut, ich komme mit“, stimmte ich zu und lächelte leicht.

„Echt? Das ist cool. Also, wir treffen uns dann um halb acht vor dem Kino. Bis heute Abend dann“, sagte er und ging wieder zu seinen Freunden. Ich fragte mich immer noch, ob er es ernst meinte, oder mich nur verarschen wollte. Naja, wenn er nicht käme, würde ich halt alleine ins Kino gehen. Das hatte ich auch schon öfter gemacht. Ich setzte meinen Weg fort und ging in den Hörsaal, wo meine erste Vorlesung für heute stattfand.

 

Nach der Uni fuhr ich wieder nach Hause. Ich hoffte, Steve war noch nicht da und ich hatte meine Ruhe. Ich hatte Glück. Steve war noch auf der Arbeit. Als Erstes machte ich mich an den Haushalt. Wobei ich gestern schon das meiste erledigt hatte. Deshalb brauchte ich nur noch die Küche zu säubern. In einer halben Stunde war ich damit fertig und ich ging in mein Zimmer. Ich hob unter meinem Bett die Dielen hoch und holte meinen Laptop darunter hervor. Steve wusste nicht, dass ich einen Laptop besaß. Wenn er das gewusst hätte, dann hätte er ihn mir mit Sicherheit weggenommen. An dem Computer, der im Arbeitszimmer stand, durfte ich nicht drangehen. Ich wusste nicht warum, aber vielleicht hatte er Angst, dass ich dort irgendwelche illegalen Sachen von ihm fand. Wer weiß, in was für illegalen Sachen er so verwickelt war. Ihm traute ich alles zu. Ich schaltete den Laptop ein und wartete, bis er hochgefahren war. Dann öffnete ich die Internetseite und loggte mich im Chat ein, wo ich immer war. Hier lachte wenigstens niemand über mich. Es wusste auch niemand, wer ich war. Ich schrieb mit einigen Leuten über alles Mögliche und schaltete dann den Laptop wieder aus, da ich das Abendessen zubereiten musste. Den Laptop versteckte ich wieder unter den Dielen und ging hinunter in die Küche. Ich suchte mir alles zusammen, was ich für das Gericht brauchte und begann zu kochen. Ich machte Geschnetzeltes mit Spätzle. Kurz bevor ich fertig war, kam Steve auch schon nach Hause. Er stellte seine Tasche ab und kam in die Küche.

„Ist das Essen fertig“, fragte er in einem mürrischen Ton.

„Ja“, sagte ich und deckte den Tisch. Steve setzte sich und begann auch gleich seinen Teller vollzufüllen. Wir redeten eigentlich nie viel zusammen. Meistens schrie er mich nur an, auch ohne Grund. Er suchte regelrecht nach Gründen, weswegen er mich anschreien konnte.

„Ich gehe nachher ins Kino“, sagte ich leise.

„Hast du den Haushalt denn gemacht“, fragte er kauend.

„Ja, es ist alles fertig.“

„Gut. Aber komm direkt nach dem Film nach Hause. Ach übrigens, morgen früh fahre ich wieder zu meinem Ferienhaus. Ich komme Sonntagabend erst wieder. Also stell nichts an. Wehe ich höre etwas von den Nachbarn“, drohte er.

„Nein, werde ich nicht“, erwiderte ich und freute mich innerlich schon darauf das Wochenende wieder für mich zu haben. Steve fuhr jedes Wochenende in sein Ferienhaus, was zwei Stunden von hier entfernt an einem See lag.

 

Nach dem Essen räumte ich die Küche auf. Steve hatte sich ins Wohnzimmer verzogen und schaute sich ein Basketballspiel an. Ich wischte noch schnell den Küchentisch ab und ging dann in mein Zimmer. Ich hatte noch eine halbe Stunde Zeit, bis ich los musste. Ich zweifelte immer noch daran, dass Cooper es mit den Treffen wirklich ernst gemeint hatte. Ich traute ihm nicht. Aber mir war es egal. Ich würde eh nur wegen des Filmes dorthin gehen. Aus meinen Schrank nahm ich mir eine lilafarbige Bluse und eine schwarze Jeans und zog mich um. Anschließend ging ich ins Bad. Ich kämmte meine Haare durch und ließ sie offen über meine Schultern fallen. Dann schminkte ich meine Augen mit einem dunkelgrauen Lidschatten und einem schwarzen Kajal. Ich schminkte mich selten. Nur wenn ich ausging. Und dann auch nur meine Augen. Ich mochte kein Make-up und fand auch, dass ich ohne das Zeug besser aussah. Meine Mutter hatte immer gesagt, dass ich ein sehr schönes Mädchen wäre. Ich selber fand mich eher durchschnittlich. Bis jetzt hatte ich auch nur einen Freund gehabt und selbst den konnte man nicht als Freund bezeichnen. Ian war nie für mich da gewesen, wenn ich ihn gebraucht hatte. Er hatte sich immer nur um sich selbst gekümmert, und als ich nicht mit ihm ins Bett wollte, hatte er Schluss gemacht. Wir waren ein halbes Jahr zusammen gewesen und zwei Wochen, bevor er Schluss gemacht hatte, war meine Mutter gestorben. Ich war aber auch nie das Mädchen, was gleich mit einem Jungen ins Bett ging. Ich wartete auf den Richtigen und das war er auf jeden Fall nicht gewesen, was mir hinterher bewusst wurde. Zum Glück ging Ian jetzt auf ein College in Los Angeles. So brauchte ich ihn nicht mehr sehen. Ich betrachtete mich noch einmal im Spiegel, nahm noch ein bisschen von meinem Lieblingsparfüm und machte mich dann auf den Weg nach unten.

„Ich fahre dann“, rief ich Steve zu, zog meine Jacke an und nahm meine Tasche.

„Komm direkt nach Hause“, erwiderte er. Ich ging hinaus und stieg in mein Auto ein. Das Kino war nicht so weit entfernt. Ich suchte mir einen Parkplatz. Zum Glück war in der Nähe vom Kino einer frei und so brauchte ich nicht so weit zu laufen. Ich stellte mich an den Eingang und schaute auf die Uhr. Es war kurz vor halb acht, aber von Cooper war nichts zu sehen. Ich entschied mich noch bis Viertel vor zu warten und dann hinein zu gehen. Der Film begann um Viertel nach acht. Also hatte ich noch etwas Zeit. Ich wartete und schaute mich des Öfteren um, ob er kam, aber er war nicht zu sehen. Ich schaute zum Eingang und sah, wie Nicolai Fresco mit einem Mädchen im Arm gerade hineinging. Nicolai war der größte Player an der Uni, das hatte ich in den zwei Wochen, in denen ich da war, schon mitbekommen. Es wurde viel über ihn gesprochen. Vor allem die Mädchen schwärmten von ihm und erzählten die wildesten Bettgeschichten. Er ging mit vielen Mädchen aus, hatte aber nie eine feste Freundin. Ich selbst musste gestehen, dass er verdammt gut aussah. Er war neunzehn Jahre alt, ein Meter fünfundachtzig groß, hatte blaue strahlende Augen und dunkelblonde kurze Haare, die mit Gel gestylt waren. Er sah sehr sportlich aus und hatte einen durchtrainierten Körper. Trotzdem wollte ich mich nicht auf ihn einlassen. Ich wollte keines der Mädchen auf seiner Liste sein, die er schon hatte, wobei ich mir sicher war, dass er mit mir nie ausgehen würde. Ich war nichts Besonderes, nicht so hübsch, wie die Mädchen mit denen er ausging. Nicolai kam oft mit seinen Freunden ins Cafe, indem ich Dienstags- und Donnerstagsnachmittag arbeitete. Meistens hatte er ein anderes Mädchen an seiner Seite. Jedes Mal wenn er ins Cafe kam, lächelte er mir zu und grüßte mich freundlich. Plötzlich sah ich auf der anderen Straßenseite Cooper mit einem Mädchen im Arm und seinem Freund Ryan, den ich ebenfalls von der Highschool kannte. Sie gingen in die Bar, die auf der anderen Seite war. Bevor sie hineingingen, sahen sie noch zu mir herüber und lachten. Es versetzte mir einen kleinen Stich ins Herz, obwohl ich vorher schon geahnt hatte, dass sie mich nur verarschten. Warum sollte er auch auf einmal mit mir ins Kino gehen wollen? Ich ließ mir nichts anmerken und ging ins Kino hinein. Ich tat so, als ob ich sie nicht gesehen hätte. Eine kleine Träne des Schmerzes bildete sich in meinem Auge und ich wischte sie schnell weg. An der Kasse kaufte ich mir eine Eintrittskarte und ging in den Kinosaal. Dort suchte ich meinen Platz, zog meine Jacke aus und setzte mich erst einmal hin. Der Saal war noch nicht so voll. Wenn es so blieb, wäre es gut, so konnte man zumindest den Film in Ruhe sehen. Um acht Uhr beschloss ich noch einmal hinauszugehen, um mir Popcorn und etwas zu trinken zu holen. Das gehörte bei mir zu einem Kinobesuch dazu. Zum Glück war es an der Theke leer und ich kam sofort dran. Ich bestellte mir eine Cola und eine kleine Tüte Popcorn. Gerade war ich am Bezahlen, als ich eine Stimme neben mir hörte.

„Na ganz alleine im Kino“, fragte mich jemand. Ich drehte mich zu demjenigen um. Neben mir stand Nicolai und lächelte mich an. Seine Augen strahlten dabei noch mehr.

„Ja, ich schaue mir öfter Filme alleine an“, erwiderte ich.

„Möchtest du dich vielleicht zu uns setzen?“ Mit der Frage hatte ich gar nicht gerechnet.

„Nein. Ich möchte dich und deine Begleitung nicht stören.“

„Das tust du nicht“, versicherte er mir.

„Nein. Trotzdem danke, aber ich glaube, deiner Begleitung wird das nicht gefallen“, sagte ich, nahm mein Popcorn und die Cola und ging wieder in den Saal. Ich machte es mir auf meinen Platz gemütlich und wartete darauf, dass der Film anfing. Ich dachte über das Geschehene nach. Warum wurde ich von den Leuten immer nur verarscht?. Was hatte ich denen denn getan? Ich war immer zu allen freundlich und half auch, wenn mich jemand fragte. Anscheinend war ich einfach zu gutmütig. Und warum fragte mich auf einmal Nicolai, ob ich mich zu ihnen setzten möchte? Warum sprach er mich auf einmal an? Ich verstand das alles nicht. Ich war in meinen Gedanken versunken, als vier Leute plötzlich neben mir standen.

„Hey Chey, können wir uns zu dir setzen“, fragte eine weibliche Stimme. Ich schaute auf und sah, dass Elle mit ihrem Freund Carlos und Nicolai mit seiner Begleitung vor mir standen. Elle war Nicolais jüngere Schwester. Sie war achtzehn Jahre alt und etwas kleiner als ich. Ich schätzte sie auf ein Meter sechzig. Sie hatte braune große Augen und dunkelbraune lange Haare. Abgesehen von meiner Mutter, war sie die Einzige, die mich Chey nannte. Ich mochte diesen Spitznamen und hatte auch nichts dagegen, dass sie mich so nannte. Wir verstanden uns recht gut und ich war froh, dass es einen Menschen gab, mit dem ich normal reden konnte. Allerdings erzählte ich ihr nie, was zu Hause oder auf der Uni los war. Sie wusste nicht, wie mich Steve oder einige Andere behandelten. Mir war es sehr peinlich und ich wollte nicht, dass sie mich für irgendeinen Freak hielt. Ich hatte auch Angst, dass sie sich von mir abwandte, weil sie mit einer Person, wie mir, nichts zu tun haben wollte. Wenn sie mich auf meine Verletzungen ansprach, ließ ich mir immer Ausreden einfallen und sagte ihr, dass ich einfach tollpatschig wäre. Sie ließ es immer darauf beruhen und fragte nicht nach. Sie arbeitete neben der Uni im gleichen Cafe wie ich.

„Äh, ja natürlich“, erwiderte ich etwas verblüfft. Nicolai und seine Begleitung ließen sich rechts von mir auf den Sitzen nieder. Elle und Carlos setzen sich links neben mich. So saß ich in der Mitte von ihnen.

„Nicolai erzählte uns, dass du ganz alleine hier bist und wir wollten dich nicht alleine sitzen lassen. Ich hoffe, das ist okay für dich“, fragte Elle.

„Nein. Ist schon in Ordnung. Ich hoffe, ich störe euch nicht, bei eurem Kinoabend“, sagte ich leise.

„Nein. Wie kommst du denn darauf? Mit mehreren Leuten macht es doch noch mehr Spaß“, erwiderte sie lächelnd.

„Naja ich dachte nur, ihr wollt vielleicht ein Pärchenabend machen.“

„Nein, das hatten wir nicht vor. Aber warum bist du denn alleine im Kino? Warst du verabredet und wurdest versetzt?“ Damit hatte sie genau den Punkt getroffen, aber ich wollte ihr nicht die Wahrheit sagen. Was hätten sie denn dann von mir gedacht?

„Wer so ein schönes Mädchen wie dich versetzt, ist wirklich ein Idiot“, sagte Nicolai. Ich wurde etwas rot im Gesicht.

„Ja, das finde ich auch“, stimmte ihm Carlos zu. Carlos war ebenfalls neunzehn Jahre alt und ein Meter achtzig groß. Er hatte schwarze kurze Haare und war, wie Nicolai, sportlich gebaut. Elle und Carlos waren schon seit zwei Jahren zusammen und sehr glücklich miteinander und er war mit Nicolai recht gut befreundet. Jetzt wurde ich erst recht rot im Gesicht. Ich wusste auch nicht recht, was ich dazu sagen sollte.

„Ich bin halt daran gewöhnt, dass man mich versetzt. Aber das macht nichts. Ich wollte diesen Film sowieso sehen. Deswegen bin ich auch alleine ins Kino gegangen“, erklärte ich kurz. Die Anderen schauten mich geschockt an.

„Was ist das nur für ein Schwein?. Wer war das? Den werde ich mir mal vornehmen“, sagte Nicolai empört.

„Nein, ist schon gut. Auf solche Leute, wie ihn kann ich verzichten“, erwiderte ich. Das Licht ging aus und der Film begann. Es ging um einen Mann, der versehentlich am Flughafen mit einem anderen Mann eine Tasche vertauschte. In dieser falschen Tasche befand sich viel Geld, die das Paar gut gebrauchen konnten, da sie viele Schulden hatten. Nun wurden er und seine Freundin von Gangstern gejagt, welche die Tasche wieder haben wollten. Es wurde zu einer Hetzjagd auf Leben und Tod. Sie schafften es aber, die Gangster zu besiegen und konnten sich ein neues Leben aufbauen.

 

Als der Film zu Ende war, zog ich mir meine Jacke an und ging mit den Anderen aus dem Kino heraus.

„Kommst du noch mit? Wir wollen noch in den neuen Club ein bisschen feiern“, fragte Elle mich. Wie gerne wäre ich mitgegangen aber es ging nicht. Steve würde mich umbringen, wenn ich jetzt nicht nach Hause kam. Es war sowieso schon später geworden, weil der Film länger gegangen war, als gedacht.

„Tut mir leid. Ich muss nach Hause. Ähm, ich muss morgen früh aufstehen und einiges erledigen“, versuchte ich mich raus zu reden.

„Schade. Aber beim nächsten Mal kommst du mit“, sagte Elle und schaute mich an.

„Ja natürlich“, versuchte ich so überzeugend wie möglich. Ich wusste ja nicht, ob es wirklich klappen würde.

„Sollen wir dich noch zum Auto begleiten“, fragte Nicolai, wobei seine Begleitung darüber nicht gerade erfreut aussah.

„Nein, nicht nötig. Ich parke gleich hier vorne“, sagte ich und deutete auf meinen Wagen einige Meter von uns entfernt.

„Okay. Dann komm gut nach Hause.“

„Ja, werde ich schon. Tschüss“, sagte ich und machte mich auf dem Weg zu meinen Wagen. Schnell stieg ich ein und startete den Motor. Ich fuhr nach Hause und hoffte, dass Steve schon schlafen würde, oder dass er wenigstens noch nicht gemerkt hatte, dass es schon elf Uhr war. Vielleicht war er doch schon heute zum Ferienhaus gefahren. Das wäre natürlich noch besser. Aber leider wurde mir die Hoffnung genommen, als ich in unsere Einfahrt hineinfuhr. Das Licht brannte im Haus. Er war also zu Hause. Ich stieg aus meinen Wagen aus und rannte zum Haus. Gerade wollte ich die Tür aufschließen, als sie schon ruckartig geöffnet wurde und ein wütender Steve vor mir stand.

„Wo warst du so lange? Hast du mal auf die Uhr gesehen, wie spät es ist“, brüllte er und zog mich gewaltsam ins Haus. Durch die Wucht flog ich auf den Boden im Flur. Er knallte die Tür zu und kam auf mich zu. „Ich habe dir gesagt, du sollst pünktlich zu Hause sein. Und das heißt zehn Uhr. Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst, hast du zu tun, was ich dir sage“.

„Das ist nicht dein Haus. Es ist meins“, schrie ich ihn an. Das war ein Fehler. Er holte aus und schlug mir mit seiner Hand ins Gesicht.

„Sei froh, dass ich dich aufgenommen habe, sonst wärst du jetzt in einem Heim“, brüllte er.

„Da wäre es besser als hier“, flüsterte ich und rieb mir meine Wange.

„Was hast du gesagt“, schrie er. „Du undankbares Miststück.“ Er trat mit seinem Fuß gegen meine Schulter und ich schrie auf. Die Tränen, die aufkommen wollten, unterdrückte ich, denn ich wollte nicht vor ihm weinen. Ich wollte vor ihm keine einzige Träne zeigen. Ich wollte stark sein. „Mit wem warst du unterwegs? Mit einem Jungen?“

„Nein, ich war alleine im Kino“, log ich. Beziehungsweise war ich ja auch alleine ins Kino gegangen, dass die Anderen sich zu mir gesetzt hatten, dafür konnte ich ja nichts.

„Welcher Junge will auch schon mit dir ausgehen? Niemand will sich mit so einem hässlichen Mädchen, wie dir auch nur abgeben“, lachte er höhnisch. Er machte mich immer nieder. Das war immer schon so. Noch nie hatte ich von ihm ein Lob gehört. Aber hatte er wirklich recht? War ich denn so hässlich, dass kein Junge sich mit mir treffen wollte? Aber warum hatte Nicolai dann gesagt, ich wäre schön? Hatte er es eigentlich ernst gemeint oder war es nur aus Mitleid?

„Du gehst jetzt sofort auf dein Zimmer und ich will keinen Mucks mehr von dir hören“, schrie Steve und riss mich damit aus meinen Gedanken. Schnell machte ich, dass ich in mein Zimmer kam. Ich wollte ihn nicht mehr sehen. Meine Schulter schmerzte höllisch. Es war die, wo er mir gestern schon wehgetan hatte. Shelley hatte davon nichts mitbekommen. Sie war gerade im Bad und duschte. Steve machte es immer sehr geschickt, dass weder sie noch eine von seinen Affären etwas mitbekam. Schließlich sollte keiner wissen, wie er wirklich war. Für alle war er der freundliche liebenswerte Mann, der das arme Mädchen, was ihre Mutter verloren hatte, aufgenommen hatte. Leider konnte ich meine Zimmertür nicht abschließen. Er hatte mir den Schlüssel weggenommen und ihn weggeworfen. Ich ging in mein Badezimmer, zog meinen Pullover aus und betrachtete meine Schulter im Spiegel. Es sah schlimm aus. Alles war rot und geschwollen. Auf meiner Wange war noch sein Handabdruck zu sehen. Ich wusch mich und zog mir meine Schlafsachen an. Ich legte mich ins Bett, nahm meinen MP3-Player und schaltete ihn ein. Meine Lieblingsmusik beruhigte mich etwas und ich schloss die Augen. Ich war kurz vor dem Einschlafen, als meine Tür sich öffnete und Steve hereinkam. Schnell versteckte ich meinen MP3-Player und tat so, als ob ich schlief.

„Du brauchst dich gar nicht schlafend zu stellen. Ich weiß, dass du wach bist“, sagte er und setzte sich zu mir auf mein Bett. Er tat es sonst nie, außer aus einem bestimmten Grund. Und ich wusste, was jetzt passieren würde. Er tat es immer, wenn keiner seiner Frauen da war. Steve schob meine Bettdecke weg und fasste mich hart an den Brüsten an.

„Oh die fühlen sich so gut an“, stöhnte er. Ich bewegte mich nicht und ließ meine Augen geschlossen. Ich wusste, dass ich mich nicht gegen ihn wehren konnte. Er war zu stark und würde doch das bekommen, was er wollte. Er machte sich nicht einmal die Mühe mir das T-Shirt auszuziehen. Stattdessen zog er mir einfach nur meinen Slip aus. Ich zuckte kurz zusammen, als er mich an meiner empfindlichen Stelle berührte. Nicht aus Erregung. Nein erregt war ich nicht. Ich war angewidert von ihm und empfand einfach nur Ekel.

„Na komm, ich weiß doch, dass du es auch willst“, säuselte er und zog sich die Hose aus. Alles, was dann passierte, schaltete ich einfach aus. Ich hatte gelernt, mich in eine andere Welt zu versetzen. Ich stellte mir einen schönen Ort vor. Einen Ort, an dem meine Eltern noch lebten und wir glücklich waren. Es war eigentlich eine Zeit, wo ich noch klein war. Mein Vater kam nach Hause und wir spielten zusammen. Es war einfach schön. Ich bekam nichts mehr mit. Erst als er aus meinem Zimmer verschwunden war, kam ich wieder in die reale Welt zurück. Ich hatte Schmerzen, aber keine körperlichen, sondern seelische. Ich stand auf und ging ins Bad. Schnell hatte ich mich ausgezogen und stellte mich unter die Dusche. Ich fühlte mich so dreckig und wollte seinen Geruch von mir abwaschen. Zum Glück nahm er immer ein Kondom. Er sagte, er wollte sich von mir keine Krankheiten einfangen, dabei war ich gesund. Aber wer weiß, was er sich von seinen Affären so einfing. Allerdings wollte ich von ihm auch nicht schwanger werden. Zwar würde das Kind nichts dafürkönnen, aber wer weiß was er machen würde, wenn er mitbekam, dass ich schwanger wäre. Er würde mich zum Abtreiben zwingen und ich würde nie ein Kind ermorden. Um mich selbst zu schützen, hatte ich mir von meinem Frauenarzt die Antibabypille verschreiben lassen. Sicher war sicher, falls er sich doch mal ungeschützt an mir verging. Ich wusch mich gründlich mit Duschgel ab und hoffte, dass der Geruch verschwinden würde. Anschließend schäumte ich noch meine Haare ein und spülte sie wieder aus. Als ich der Meinung war, ich wäre wieder sauber, stellte ich die Dusche aus und trocknete mich ab. Ich zog mir frisches Schlafzeug an und ging wieder in mein Zimmer. Immer noch hatte ich diese Schmerzen. Sie zogen sich durch meinen ganzen Körper und ich zitterte. Panik machte sich in mir breit und nun begannen die Tränen zu fließen. Es war ein Anfall und den bekam ich immer, wenn er mir das antat. Ich ging zu meiner Tasche und holte eine Tablettenpackung heraus. Ich nahm mir eine Tablette und schluckte sie mit einem Schluck Wasser herunter. Es waren Antidepressivatabletten. Eigentlich hätte ich sie von einem Arzt verschrieben kriegen müssen, aber ich hatte sie mir illegal besorgt. Ein Arzt hätte zu viele Fragen gestellt und das wollte ich nicht. Es hätte mir doch eh niemand geglaubt. Vor allem hätte Steve es herausgefunden, dass ich es jemand erzählt hätte und was er dann mit mir gemacht hätte, wollte ich mir gar nicht vorstellen. Ich wusste, dass es falsch war, die Tabletten zu nehmen, aber sie halfen mir die seelischen Schmerzen erträglicher zu machen. Ich setzte mich an mein Fenster und zündete mir eine Zigarette an. Ich rauchte nur ab und zu, wenn ich Stress hatte, beziehungsweise, wenn ich mich beruhigen musste. Ich schaute hinaus in den Himmel. Er war sternenklar und der Mond leuchtete hell. Ich nahm einen tiefen Zug und blies den Rauch aus. Zum Glück konnte mich niemand von den Nachbarn sehen. Mein Zimmerfenster lag an der Seite, die auf ein Feld zeigte. Unser Haus war das Letzte in der Straße. Die Nachbarn erzählten alles, was ich tat, weiter an Steve. Sie waren richtige Tratschtanten. Ich nahm mir mein Tagebuch, in das ich alles hineinschrieb, was mir passierte und wie ich mich fühlte. Es war so gesehen, wie eine Freundin, die mir zuhörte. Ich schlug eine leere Seite auf und begann zu schreiben.

-Er hat es schon wieder getan. Ich weiß nicht, wie lange ich es noch aushalte. Nicht nur die Schläge, sondern auch das er mich nimmt. Ich will das alles nicht. Warum tut er mir das alles an?. Dazu kommt noch, dass ich heute wieder von den Leuten aus der Uni verarscht wurde. Warum bin ich so doof und glaube noch, dass sie es ernst meinen, wenn einer fragt, ob ich zum Beispiel mit ins Kino komme? Lachend sind sie in die Bar gegenüber gegangen. Sie haben mich ausgelacht, weil ich vor dem Kino gewartet habe. Zum Glück war Elle da und hat sich mit ihrem Bruder und ihrem Freund zu mir gesetzt. Ich wollte eigentlich nicht stören, aber es war schön, nicht alleine zu sein. Nur weiß ich nicht, ob sie es nicht doch nur aus Mitleid getan haben. Vielleicht tue ich ihnen einfach nur leid, dass sie deswegen freundlich zu mir sind. Es ist zwar nett gemeint, aber ich brauche kein Mitleid. Ich möchte einfach nur normal behandelt werden.-

Ich legte das Buch wieder in mein Versteck, sodass es Steve nicht fand, drückte die Zigarette aus und legte mich ins Bett. Es dauerte eine Zeit, bis ich endlich einschlief. Auch diese Nacht war ich von Albträumen nicht verschont. Immer wieder stand Steve im Traum grinsend vor mir. Schreiend erwachte ich.

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Impressum

Texte: Ally Trust
Bildmaterialien: Ally Trust
Cover: Ally Trust
Tag der Veröffentlichung: 10.02.2019

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