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Schulhofszene

Um die beiden Schläger hatte sich ein Kreis gebildet. Ich hatte meine Mitschüler sich noch nie so schnell versammeln sehen wie diesmal. Sie waren schneller am Ort des Geschehens, als Piranhas, im Blutrausch, einen Finger vom Fleisch befreien können. Lag vielleicht daran, dass meine Mitschüler auch im Blutrausch waren und die beiden Gorillas in der Mitte des Mobs, waren drauf und dran sich gegenseitig einen Freifahrtsschein ins Krankenhaus zu besorgen. Warum? Weiß ich nicht, es war mir auch egal. Bestimmt würde es eine gute Show werden, wenn zwei Typen, die ihren Verstand im Fittnesstudio gegen Muskeln und Anabolika eingetauscht hatten, in ihren Augen war das bestimmt auch noch ein guter Tausch gewesen, sich gegenseitig ihre Fäuste um die Ohren schlugen. Blut würde fließen und Zähne würden fliegen. Jeder Physiker hätte seine blanke Freude daran, die Parabel ihrer Flugbahn zu berechnen, gut, dass ich kein Physiker bin, sondern nur ein Schüler, der gerne Zähne fliegen sieht. Der eine Gorilla, der mit der deutlich individuelleren Frisur, einer Glatze, ging jetzt auf den zweiten Gorilla, er trug ein stylisches Augenbrauenpiercing, los. Die Faust des Glattrasierten flog durch die Luft. Um Haaresbreite wich der Gepiercte ihr aus. Der sofort folgende Schlag, verwandelte das silbern glänzende Piercing aber in eine blutige Wunde über dessen Auge. Der Mob grölte begeistert. Von Gymnasiasten, was sie eigetnlicht waren, war nichts mehr zu erkennen, sie waren nur noch eine Menschenmegne, geil auf das Blut und den Schmerz anderer. Auch ich grölte mit. Das dargebotene Bild weckte die animalischen Instikte von jedem einzelnen im Mob. Der nackte Affe ging wieder auf den anderen los, doch diesmal reagierte dieser schneller und trat frontal zu. Der Angreifer hatte mit nichts dergleichen gerechnet, wie auch, er hatte ja seinen Verstand eingetauscht, und rannte so, ohne Schutz in den Tritt seines Gegners. Als der Gepiercte seinen Fuß wieder auf den Boden stellte, krümmte sich der andere schon wimmernd am Boden. Der gesamte Mob merkte, dass der Kampf vorbei war, der Sieger feststand. Trotzdem wollten alle mehr. Schrien ihr Verlangen aus vollen Kehlen heraus. Es war schlimmer als jeder Blutrausch im Tierreich je sein könnte. Der Gepiercte Mann gab dem Mob was dieser verlangte. Als setzte er zu einem Elfmeterschuss an, nahm er Anlauf. Das Standbein setzte kurz vor der Brust des am Boden liegenden auf. Der andere Fuß flog heran und krachte dann, unerbittlich, in den Brustkorb seines Opfers. Das Knacken, welches ich zu hören vermeinte, ging im allgemeinen Gegröle unter. 

Mein Blutrausch war verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben. Ich musste die Augen schließen und als ich sie wieder öffnete und die beiden Rivalen in der Mitte des Mobs ansah, erbrach sich der Glatzkopf gerade, vor Schmerzen gekrümmt. Ein Mix aus Galle, Frühstück und jeder Menge Blut ergoss sich auf das Pflaster des Schulhofs. Ich wendete mich ab, versuchte noch es zum Klo zu schaffen, aber nach ein paar stockenden Schritten rebellierte mein Körper. Zusammen mit meinem Mageninhalt spie ich meinen Selbsthass aus mir heraus. Menschen, nichts anderes als Tiere.

 

 

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 05.11.2013

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