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Kapitel 1

Das rote Abendlicht der Sonne schien Cassim direkt ins Gesicht. Nur langsam kam ihr Verstand wieder zurück. Wann war sie eingeschlafen? Wie spät war es bereits? Noch halb blind vor Schlaf, öffnete sie ihre Augen. Sofort hob sie die Hand vors Gesicht, denn das Licht brannte noch in ihren Augen. Nur widerwillig rappelte sie sich hoch, und gönnte sich einen Blick durchs Fenster.
Tismana sah aus wie immer.
Die fröhlichste Stadt überhaupt. Hier war die Heimat aller Mystiker, Zauberer und Heiler. Kinder und Eltern liefen voller Freude durch die lichterfüllten Straßen Tismanas. Nur ihre Heimat war es nicht, obwohl sie doch auch eine Heilerin ist. Seufzend schaute sie sich im Schuppen um. Tante Luisia war noch nicht zurück, verstand sie dann. Ein Glück. Der Gedanke, nicht doch einfach davon zu laufen wurde so groß, das sie den Versuch fast gestartet hätte. Doch so schnell dieser entstand, verwarf sie ihn auch wieder, wie jeden Morgen, denn igendwann würde man sie so wieso finden, gestand sie sich. Egal wie. Egal wer.
Unmotiviert ging sie zu ihrer eichenfarbenen Komode hin und zog aus einer Schublade ein altes, zerknittertes Bild heraus. Sie musterte ihre Mutter genau. Cassim hatte große Ähnlichkeit mit ihr, deren Augen mit so einem hellen Blauton gefüllt waren, das man denken könnte sie hätten Eisberge verschluckt. Genau wie ihre.
Mama.
Mein einziger Halt, dachte sich und lächelte schwach gegen den Schmerz in ihrer Brust an. Plötzlich riss sie den Kopf hoch und blickte mit großen Augen auf die Uhr. Verdammt!
"Acht Uhr", flüsterte das Mädchen die gebannt vor sich hin. Cassim malte sich das Grauen, das Unaufhaltsam näher kam, schon bildlich im Kopf aus. Na wunderbar.
Tante Luisia würde bald da sein.
Im gleichen Moment schlug jemand gegen die Tür. Für einen Moment machte Cassims Herz einen wilden Satz, bis sie sich wieder beruhigte.
"Hey! Cassim, mach auf!" schrie eine hysterische Stimme auf der anderen Seite der Holzwand. Mit schnellen Schritten lief sie rüber und drückte die verrostete Klinke der Tür hinunter, um sie zu öffnen. Tante Luisia stand in einer wütenden Gestalt vor ihr und schubste sie zu Seite, um in den Schuppen zu marschieren.
"Der Tag kann beginnen", murmelte das Mystikermädchen kaum hörbar.
"Bring mir meinen Alkohol!" rief eine aufgebrachte Stimme ihr aus dem Wohnzimmer zu.
"Aber Tante Luisia, du hattest doch schon genug für heute!", protestierte Cassim, obwohl sie wusste das es nichts bringen würde.
Stille.
Luisia kam um die Ecke, musterte sie.
Cassim konnte in ihrem Blick nichts finden. Sie lachte auf, dann ging es los: "Du verdammtes Stück Dreck! Denkst du, weil du zu der Familie der Urmystiker gehörst, kannst du dich mir widersetzen? Sieh zu das du gehorchst!" schrie sie durch das ganze Haus. Benebelt vom Alkohol, taumelte sie hin und her. Cassim blieb von ihren Worten meist sehr unbeeindruckt, denn das geht schon seit zehn Jahren so, seit ihre Mutter von Dämonen getötet worden ist und sie mit sechs Jahren zu Tante Luisia ziehen musste. Ihren Vater kannte sie nicht.
"Leg dich lieber hin", zischte sie trotzig und reckte das Kinn in die Höhe, schaute ihr Gegenüber dabei ohne jede Furcht an. Sie wusste, wie sich Schmerz anfühlte.
Denn innerlich zerbrach sie daran, jede Sekunde.Luisia stand jetzt vor ihr und machte keinen Halt davor, ihre flache Hand auf Cassims Gesicht los zu lassem.
Ihr Kopf glitt zur Seite und der Schmerz zog sich ihre Wange hoch.
"Gehorche. Sofort." Die Worte prallten hart an Cassim ab, dennoch drehte sich einfach auf ihren Ballen um, und ging zum Schrank, der voll mit Alkohol aufgefüllt war. Mit der nächstbesten Flasche schritt sie auf Tante zu, die ihre Wut nicht mehr kontrollieren konnte und drückte ihr die Flasche in die Arme. Mit klaren, eisblauen Augen, die von langen, dichten Wimpern umgeben waren schaute sie ihre Familienangehörige trostlos an und verschwand im nächsten Zimmer.
Schwer lehnte sie sich gegen die Wand. Sie wollte weinen, wollte schreien und ihre Gefühle freien Lauf lassen.
Doch das konnte sie sich nicht leisten.
Denn heute Nacht würde sie flüchten.


Cassim riss die Augen auf. Jede Müdigkeit war verschwunden und sie setzte sich schnell auf. Die Uhr zeigte zwei Uhr morgens.
Perfekt.
Mit leisen Schritten tastete sie sich im dunklen auf den Flur. Aus dem Nebenzimmer sah sie durch einen Spalt in der Tür, dass Tante Luisia tief und fest schlief. Schnell machte sie kehrt in ihr Zimmer.
"Es kann losgehen", hauchte sie durch die kühle Stille.
Trotz des Morgens war das Wetter schwül und sie entschied sich vor dem Kleiderschrank für eine kurze Hose die ihre schönen Beine zeigte und ein weißes Tuch, was sie sich schulterfrei umband und das ihren eleganten Hals und die breiten Schultern rausstechen ließ.
Wenn man doch schon sein Leben zurücklässt, sollte man wenigstens die Lieblingskleider tragen. Ein Blick in den zerkratzen Spiegel verriet ihr, das alles saß.
Ihre langen, Karamellfarbenen gewellten Haare hatten einen perfekten Kontrast zu ihrer leicht von der Sonne gebräunten Haut, und fielen ihr glänzend über die Schulter. Die hohen Wangenknochen gaben Cassim ein anmutiges Gesicht, welches von zartrosafarbenen, vollen Lippen belegt wurde. Sie seufzte.
Das hier muss sein.
Ich muss weg, denn früher oder später finden sie mich.
Mit diesem Gewissen öffnete sie eine kleine Holzschachtel. Bei dem Anblick kamen die Tränen wieder hoch.
Nein. Nicht jetzt. Ich habe keine Zeit, ermahnte sie sich, ehe sie sich eine Silberkette um den Hals band.
"Danke, Mama", murmelte sie noch vor sich hin und zog die Tür leise hinter sich zu. Das hier wird viele, schlechte Erinnerungen haben.
Die Urmystiker mögen mit mir sein.
Sie grinste.
Und dann verschwand sie in den Schatten der Gassen Tismanas.


Wohin sie ging, wusste sie nicht. Sie nahm einfach den nächst besten Weg.
Durch den Wald.
Nach einigen Minuten blieb sie stehen und drehte sich um. Von Tismana war nichts mehr übrig geblieben. Tief genug. Cassim schloss ihre Augen. Einen Arm hielt sie nach vorne gestreckt und öffnete die Hand.
Leise murmelte sie unverständliche Worte, die über ihre Lippen flogen. Plötzlich fing etwas an, auf ihrer ausgestreckten Hand zu glühen. Mit jeder Sekunde wurde es stärker, bis sie schließlich die Augen wieder öffnete und auf ihrer Handfläche etwas wie ein kleiner Ball flimmerte, der ihre Umgebung in warmes Licht tauchte.
Sie grinste stolz und lief weiter durch den noch immer düsteren Wald. Nun glitten ihre Augen über die verschiedenen Gestalten der Bäume, die der Wind mit jedem mal zum rauschen brachte.
Ihr Herz pochte und machte keine Pause, denn ohne Angst ging sie den Weg auch nicht.
Fledermäuse flatterten wild umher, Eulen sangen ihre Lieder durch die dichten Blätter.
"Drei Stunden durch diesen verdammten Wald!", fluchte sie leise vor sich hin. Zum umkehren war es schon zu spät, und das hätte sie ohnehin nicht gewollt. Nein, lieber wäre sie hier und jetzt gestorben.
Ohne jede Ahnung überquerte sie weiter die Finsternis, bis ein lautes Rascheln der Blätter sie zum stehen brachte. Der Wind pfiff immer noch durch die Äste der mächtigen Bäume, und es kam Cassim so vor, als würde er immer stärker werden. Unsicher blieb sie stehen und schaute über ihre Schultern.
Nichts zu sehen.
Schulterzuckend drehte sie sich wieder um und erstarrte in der nächsten Sekunde.
Erst war sie überrascht und kurz darauf machte ihr Herz gewaltige Sprünge und wollte nicht aufhören, wie wild zu schlagen.
Sie taumelte zurück, musterte diesen jungen Mann mit großen Augen, dann fasste sie den ersten klaren Gedanken: Wer war das?!
Sie blickte zum Mann hoch, der Cassim mit leeren Gesichtszügen anschaute. Er legte den Kopf schief. Für einen Moment entfuhr ihm ein gefährliches Grinsen.
"W-wer bist du?" Das Mädchen konnte die Worte nur heiser und zitternd mit ihren Lippen formen. Der Schwarzhaarige machte einen Schritt auf sie zu. Cassim weich instinktiv nach hinten und fixierte ihn eingehend. Er hatte pechschwarzes Haar, das ihm zerzaust über die Stirn und die Ohren fiel. Er war höchstens ein, wenn auch zwei Jahre älter als sie. Seine Gesichtszüge waren hart, mit hohen Wangenknochen und einer so blassen Haut, das sie im Mondschein glänzte.
Die Augen, so schwarz wie die Nacht und ohne jede Emotion.
Er war wunderschön, doch seine böse und gefährliche Aura war das, was Cassim fast den Atem raubte.
Sie zitterte am ganzen Leib, am liebsten wäre sie weggelaufen doch ihre Beine ließen es nicht zu. Er kam noch einen Schritt auf sie zu und bevor sie nochmals weichen konnte packte er sie am Kinn und zog sie zu sich.
"Du bist also Cassim, hm?", sagte er mit einer Stimme, die so fest klang, dass sie nur noch schlucken konnte.
Sie musste klaren Kopf machen, und das tat sie jetzt auch. Kräftig schlug sie seine Hand von ihrem Gesicht weg und schaute mit ihren eisblauen Augen zu ihm hinauf, was ihm ein höhnisches Lächeln entlockte.
"Wer zur Hölle bist du?! Woher weißt du wie ich heiße und verdammt nochmal, fass mich ja nicht an!" Ihr Ton klang fest und jedes Zittern war verschwunden, auch wenn sie noch Angst hatte.
Abermals lachte er auf und schaute sie dann wieder ernst an.
"Und du sollst die letzte Nachfahrin der Mystiker sein? Und irgendwelche starken Kräfte haben?", fragte er spöttisch.
Ihr Blick weitete sich prompt.
Dass ist gar nicht gut, rief sie sich im Kopf zu.
"Ja, das bin ich! Und nein, ich bin nicht mächtig sonst hätte ich dich schon mit Freude in die Hölle verbannt! Und jetzt antworte, wer bist du?" Sie brüllte ihn schon beinahe an, Cassim hatte all ihren Mut zusammen genommen um ihre Angst zu unterdrücken. Doch binnen einer Sekunde bewegte er sich und als ihr klar wurde, das sie gegen einen Baum gepresst wurde, war jeder Fluchtweg versperrt. Erneut hob er ihren Kopf grob am Kinn hoch, er war nur wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt.
Der Heiße Atem des Mannes legte sich kitzelnd auf ihre Wangen. Sie fühlte sich wie festgebunden, ihre Muskeln waren zu verspannt um sich bewegen zu können.
"Ein Dämon." flüsterte er ihr schadenfroh ins Ohr, und jede Lust in seinem Gesicht, spiegelte sich mit einem Lächeln auf seinen Lippen wieder, "Mein Name ist Tyler Evans."
Für mehrere Sekunden versagte ihr Herz, ihre Lungen waren wie zugeschnürt.
Ein Dämon, wiederholte sie sich innerlich vor Schreck.
Angewidert von dem Biest, das ihre Mutter tötete ließ sie ihren Gefühlen nun freien lauf.
"W-wieso... Wieso habt ihr das getan? Wieso meine Mutter? Und wieso jetzt ich, was wollt ihr von den Urmystikern?!" brüllte sie ohne jede Vernunft los. Wieder schaffte sie es, seine Hand von ihrem Gesicht weg zu stoßen.
Nochmals lachte er auf, und blickte sie mit zuckenden Mundwinkel an, bevor er sich über Cassim an den Baumstamm lehnte.
"Was weiß ich schon von deiner Mutter. Du bist ein Mystiker, der von der ältesten und mächtigsten Familie abstammt. Für dein Blut würde sich jedes Volk fetzen, und das tun sie bereits. Du bist zwar schwach und kannst deine Kräfte kaum einsetzen aber dein Blut beinhaltet so viel ... Es wäre eine Verschwendung, es nicht zu gebrauchen."
Die letzten Worte raunte er ihr gefährlich ins Ohr und Cassim sog scharf die Luft ein, konnte kaum atmen, kaum einen weiteren Gedanken fassen. Der mysteriöse Dämon wich einen Schritt zurück ehe er ihr nun mit seinen nachtschwarzen Augen in ihre eisblauen blickte und das Mädchen sich plötzlich vor Schmerzen auf die Knie fallen ließ.
"Aah.. Was machst du da?! Hör auf! Mein Kopf!", schrie sie und wurde nicht beachtet. Er blickte kalt auf sie herab, während sie sich wimmernd die Schläfen hielt.
"Wirst du brav sein, und einfach mit mir mitkommen?"
"Vergiss es! Bring mich lieber um du Mistkerl!"
Die Schmerzen verstärkten sich und Cassim hatte das Gefühl, ihr Kopf würde gleich explodieren.
"Oh, ist das so? Aber dann hätte ich keinen Spaß mehr. Also entweder lasse ich dich hier so lange liegen bis du zustimmst, oder ich schleife dich einfach mit. Oder wie wäre es, wenn ich dein hübsches Städtchen zerstöre?" Das Grinsen spielte wieder mit seinen Lippen, veränderte seine kompletten Gesichtszüge. Sie glaubte ihm sofort, das er Tismana schaden könnte. Es versetzte ihr ein Stich durchs Herz, und nur widerwillig spuckte sie die Worte aus: "Verdammt, okay! Ich..ich komme mit. Aber du rührst Tismana nicht an..." Sie konnte die Worte, die sie über ihre Lippen brachte kaum glauben.
Tyler schmunzelte finster.
"Perfekt, so einfach ist dass.", sagte er und zog Cassim unsanft am Arm hoch. Sie taumelte noch kurz bevor sie ihn mit müden Augen anschaute. All ihre Kräfte waren wie weggefegt und verschwunden und sie würde am liebsten hier und jetzt schlafen.
"Hände her.", befahl der Dämon ihr fest.Seltsamerweise gehorchte sie, und streckte ihre zitternden Hände aus, ohne zu überlegen. Tyler fesselte sie so stramm an den Gelenken, dass es wehtat und sie aufstöhnte. Er blickte die letzte Familienangehörige der Urmystiker nochmals an und seufzte, bevor er sie hinter sich herzog und Cassim zu schwach zum protestieren war.

-Ende Kapitel 1 -

 

Kapitel 2

Sie wusste nicht, wie lange sie schon unterwegs waren. Ihre Beine hätten schon längst nachgegeben, wäre nicht jedes mal eine brutale Hand da gewesen, die sie stütze und zwang weiter zu laufen.
Die Sonne bahnte sich langsam aber sicher ihren Weg durch die großen Felsen und zertrümmerten Brocken, bis hin zur Spitze des Himmels.
Den Wald hatten Cassim und Tyler schon lange hinter sich gelassen. Die ganze Zeit über schwiegen sie sich an und Cassim fühlte sich mit jeder Sekunde die verstrich nur bedrückter.
„Ich bin müde.“, flüsterte sie, und wusste nicht, ob es ihm oder sich selbst galt. Sie wollte stehen bleiben und sich hinlegen, egal wie hart und dreckig der Boden unter ihr war.
„Weiter!“, befahl Tyler kurz und hart. Cassim malte sich den Rest ihrer Gefangenschaft bildlich aus, wie die Dämonen ihr Blut benutzten und immer mächtiger wurden. Was sie wohl erreichen wollten? Und wann nahm er diese Fesseln ab?
Sie schweißten ihre Hände bereits zusammen, dachte sie sich.
Wenige Minuten später blieb Tyler abrupt stehen, und in ihren Gedanken versunken, stieß sie gegen ihn. Er blickte sie genervt von der Seite an, bevor er ansetzte:
„Wir sind da.“Bei diesen Worten hob Cassim erschrocken den Kopf und ihre Augen strahlten auf ein kleines Dorf, das nicht mehr als aus ein paar Strohhäusern bestand.
Sie hatte sich das alles etwas anders vorgestellt.
Irgendwie düsterer.
„Das ist die Stadt der Dämonen?“, fragte sie verblüfft und blickte mit großer Neugier zu dem Dämon ihrerseits auf. Der erwiderte ihren Blick zuerst vor misstrauen, lachte dann nur in den Himmel und grinste böse.
„War die Frage ernst gemeint? Ich dachte als Mystiker weiß man so was. Das ist nur ein Dorf, in dem wir den Tag verbringen werden.“, erklärte er ihr, bevor er sie mit einem so schadenfrohen Lächeln begutachtete, das ihr Ein eiskalter Schauer über den Rücken lief.
„Glaub mir. Die Stadt der Dämonen könntest du dir nicht mal im Kopf zusammenstellen.“ mit diesen Worten ging er weiter voran und zog Cassim rücksichtslos am Strick mit, die noch immer mit weit aufgerissenen Augen hinterher taumelte.
Kurz vor dem Dorf verlangsamten sie ihre Schritte, bis er stehen blieb, sich zu ihr drehte und in binnen einer Sekunde ihr Kinn mit einem festen Griff in seine Richtung hielt.
„Also“, setzte er an, „Ich werde dir die Fesseln jetzt abnehmen.“ Gerade, als Cassim ein Licht im aufging, fuhr er fort: „Du wirst nicht von meiner Seite weichen. Ein Fluchtversuch und du wirst mit dem Blut der Dorfbewohner dort bezahlen. Und keine Hilfeschreie, oder Botschaften.“ Er sendete ihr genussvolle Todesblicke voller Hass und blickte dabei direkt in ihre angsterfüllten, eisblauen Augen.
Sie musste hart schlucken, dennoch gelang es ihr, schwach zu nicken.
„Na fein.“ bestätigte er, und ließ sie los. Mit wenigen Handbewegungen löste er die Fesseln von ihren Gelenken. Ihr Gesicht strahlte nur beim Anblick freier Hände.
„Dann mal los. Ich hoffe du erinnerst dich an meine Worte.“ drohte er ihr ein letztes mal. Cassim nickte erneut und hielt den Blick gesenkt.
Im Sonnenlicht konnte sie seine Statur nun besser mustern. Er trug schwarze Hosen die ihm locker an den Hüften hingen, darüber eine ebenfalls schwarze Lederjacke. Seine anmutigen Bauchmuskeln zeichneten sich leicht auf seinem dunkelblauen Shirt ab. Er hatte ein schmales, dennoch markantes Gesicht und war einen Kopf größer als sie.
Tyler der Dämon sah unverschämt gut aus. Das musste Cassim schweren Herzens zugeben.


Sie und ihr Entführer – Tyler, betraten ein seltsames Gasthaus.
„Was wollen wir hier?“, setzte Cassim an.
„Unterschlupf finden.“ Antwortete Tyler knapp und Cassim verstand sofort. Der Gedanke daran, sich im selben Raum wie der Dämon aufzuhalten, beunruhigte sie nur noch mehr.
Tyler schaute dem Gastgeber tief in die Augen.
„Gib uns einen Zimmerschlüssel.“ flüsterte er. Wie hypnotisiert griff der Mann den nächstbesten Schlüssel und überreichte ihn dem Dämon, der ihn kalt an sich riss.
Er suchte das Zimmer, welches dem Schlüssel angehörte, während Cassim gelangweilt von dem stöbern der richtigen Tür hinterher stampfte. Nach einigen Versuchen öffnete sich eine Tür. Cassim und Tyler betraten ein kleines Zimmer, wo nicht mehr als ein Bett und ein kleiner Schrank drin zu finden war. Plötzlich wurde ihr wieder bewusst, wie müde sie eigentlich war und ihre Lider wurden wieder seltsam schwer.
„Ich will schlafen.“, murmelte sie.
„Auf keinen Fall.“ unterbrach Tyler.
„W-was? Wieso?!“
„Weil ich jetzt gehen werde, kleine Mystikerin. Und du musst schon hören und sehen können, wer an dir vorbeigeht oder vielleicht ins Zimmer eintreten will. Wer weiß was sonst passieren könnte?“ und wieder zuckte es um seine Mundwinkel.
„Ach“,setzte er nochmals an. „Wenn du flüchtest, werde ich dich finden. Verlass dich drauf. Und dann ist Schluss mit der netten Tour und ich reiße hier jeden im Dorf den Kopf ab, während du zuschauen darfst. Und schlafe keine Sekunde ein.“ Zuerst war sie stumm vor Schock, doch ihr Herzschlag beruhigte sich nach wenigen Sekunden.
“Was hast du draußen überhaupt vor?” zischte sie unter hochgezogenen Augenbrauen.
“Essen.” sagte der Dämon mit einem zuckersüßen Lächeln, das so viel Böses beinhaltete. Cassim verstand sofort, und wollte gar nicht weiter drauf eingehen.
Wer weiß, wie sie das anstellten? Dieses “essen”? Normal konnte das ja nicht ablaufen. Sie war äußerst genervt von seiner “ich-bin-der-Boss Art! Es mag zwar stimmen... doch es nervte halt!
Cassim entschied sich einfach für eine abweisende Handbewegung. Ob es ihm gefiel oder nicht war ihr schnuppe!
„Wunderbar.", zischte er, “Bis später.” und verlies das Zimmer als ob er nie da gewesen wäre. Cassim, die jetzt den Kopf hob war einsam und eingesperrt in fremden vier Wänden. Was Tyler bloß vorhatte, in so einem Dorf? Ihr kamen schlechte Gedanken zum Vorschein und sie beschloss sie einfach zu ignorieren. Stattdessen betrachtete sie lieber das schäbige Zimmer in dem sie sich aufhielt.
Die Wände waren aus Holz und in einem blassen Blauton angestrichen, der eine bedrückende Wirkung ausübte. Es gab zwei kleine Fenster, wo schwaches Tageslicht durchschien. Das Bett stand auf der Gegenüberliegenden Seite und sah ausgenutzt aus. Der kleine Schrank befand sich direkt daneben und lenkte erst jetzt Cassims Aufmerksamkeit auf sich.
Sie ging langsam auf ihn zu und öffnete die zugerosteten Türen, die mit jeder Bewegung ein schreckliches Quietschen von sich gaben.
Alte Kleider stapelten sich von Staub umgeben in ihm.
Nichts spannendes, dachte sie. Nur alte Fetzen.
Zwei Stunden waren bereits um.
Was machte es schon, wenn sie sich kurz ausruhte? Es passiert schon nichts. Mit diesem Gedanken taumelte Cassim zum Bett, das sicher schon bessere Zeiten hinter sich hatte. Aber das war ihr egal, denn sie würde sich nur kurz hinlegen und die Beine entspannen.
Mehr nicht. Sobald sie den Kopf auf das Kissen fallen ließ, wurde ihr schwarz vor Augen.
Nein! Ich werde nicht einschlafen, ermahnte sie sich. Doch die Müdigkeit fesselte sie bereits, legte sich wie eine schwere Decke über ihren regungslosen Körper und in nur wenigen Minuten war sie hin und weg und schlief tief und fest.

- Ende Kapitel 2 -

Kapitel 3

Nur ihr Instinkt trieb sie vorwärts. Sie rannte und rannte, machte keine Pause, aber wusste nicht warum.
Etwas bedrückte sie, machte sie unsicher und ließ sie um ihr Leben laufen. Ihr Shirt war blutdurchtränkt und die tiefen Kratzer zeichneten sich hart auf ihren Schultern ab.
Woher kamen sie?
Sie nutzte jede Chance, ihren Kopf nach hinten zu drehen um die Gefahr die sie umgab auszumachen, doch sie fand nichts.
Und plötzlich, wie Magie brach sie auf dem Boden zusammen, presste ihre Hände an den Hals und rann vergeblich nach Luft.
Sie wollte reden, wollte schreien doch jeder Versuch endete mit einem Husten und Würgen.
Um ihre Augen wurde es immer dunkler, ihre Kraft gab nach, bis sie schließlich locker ließ und ihr Herz langsam aber sicher leiser wurde.
Leiser und leiser, bis sie endgültig ... Cassim riss mit einem Mal den Kopf hoch. Ihr Atem ging in heftigen Zügen, gierig sog sie die Luft ein und hielt ihren Hals fest. Sie brauchte einige Sekunden, um alles zu realisieren und ihre Umgebung wahrzunehmen.
Sie lag immer noch auf dem Bett. Ein Traum? Sie zitterte vor Angst. Draußen war es dunkel, nur ein schwaches Kerzenlicht setzte das Zimmer nicht vollkommen der Nacht aus.
“Schön geträumt?”, fragte eine ernste Stimme aus der dunklen Ecke des Zimmers.
Das Mystikermädchen blickte erschrocken zu ihm – zu Tyler.
“I-ich ... ich wollte nicht ... ich wollte nich!”, hauchte Cassim mit einer bebenden Stimme, die sie nicht kontrollieren konnte, “Tut mir le-”
“Sei still!”, unterbrach er sie. In Bruchteil einer Sekunde stand er vor ihr. Sie schreckte zurück. Grade als Cassim vom Bett runtersteigen wollte, bewegte sich Tyler wieder blitzschnell, packte ihre Handgelenke und drückte sie über ihren Kopf auf die Matratze des Bettes.
Seine Knie befanden sich an beiden Seiten neben ihrer Hüfte und hielten sie dort ebenfalls fest.
So ein Sadist! Er lag unmittelbar auf ihr und blickte Cassim rational in die Augen. Für sie ging das alles zu schnell, und als sie endlich verstand, was geschehen war, musste sie schwer Atmen.
Verfluchte Dämonengeschwindigkeit!
“W-was hast du vor? ... Lass mich los!”, fauchte sie ihn an und versuchte sich seinem eisernen Griff zu entkommen. Ohne Erfolg.
Er reagierte nicht. Natürlich nicht.
“Was wäre also, wenn dich jemand anderes so aufgefunden hätte, während du wie leichte Beute da lagst?”, fragte Tyler voller Sarkasmus und verstärkte seinen Griff mit seinen großen Händen um ihre zierlichen.
“Aua! I-ich ... ich würde mich wehren! Davor wäre ich wach! Jetzt lass mich los!” Der Dämon hob den Kopf und lachte auf.
“Pff, hah! Sieh' dich nur an”, sagte er und rückte mit seinem Gesicht näher an ihres. Seine rabenschwarzen Haare kitzelten ihre Stirn. “Du wärst jetzt schon besiegt und komplett wehrlos.”
Cassim biss sich hilflos auf die Unterlippe.
Er hatte recht.
Sie hatte ihm nichts entgegen zu setzen und fürchtete sich. Tyler genoss den Anblick und grinste schadenfroh.
“Was machen wir nur mit dir?” fragte er mit einem ironischen Unterton.
Cassim schluckte.
“Loslassen?”, fragte sie zittrig. Seine Gesichtszüge wurden wieder hart und kalt.
“Wie wär's mit festketten?” In den ersten Sekunden konnte Cassim seinen Worten keinen Glauben schenken, ehe sie empört aufschrie: “Nein! Das wagst du nicht, lass mich sofort los!”, erneut versuchte sie gegen diesen harten Griff, der ihre Hände immernoch festhielt, zu entkommen. Sie konnte sie keinen Zentimeter bewegen. 
Er nahm seine freie Hand und berührte ihre zärtlich rosafarbenen Lippen im Gesicht, die vor Schock leicht geöffnet waren.
“Dein Widerstand ist köstlich.”, flüsterte er und nahm dann seine Stricke zur Hand. Der Dämon fesselte sie an Händen und Füßen. Grob zog er sie vom Bett und trug sie an die Wand.
Cassim wütete innerlich, schickte ihm ihre Todesblicke und wurde dennoch eiskalt ignoriert. Tyler zog sich am Oberkörper komplett aus, legte sich aufs Bett und kehrte ihr ohne Worte den Rücken zu.
Das Mädchen hielt erstaunt den Atem an. Seine breiten Schultern wurden von schlichten Muskeln umgeben. Am Hals befand sich ein seltsames Mal, Das sie allerdings nicht genau erkennen konnte. Er war weder zu dünn, noch zu dick und an seinem Körper befand sich sicher nicht ein Gramm Fett. Die ebenso harten Muskeln an seinen Oberarmen zeichneten sich angespannt ab.
Verdammtes Arschloch!, knurrte sie. Warum musste er so dermaßen perfekt aussehen? Trotzdem war sie sauer auf ihn, sie einfach so am Boden fest zu ketten!
In ihrer Wut machte sie kein Auge zu. Unzählige Schimpfwörter warf sie ihm insgeheim an den Kopf und hoffte irgendwie, das sie ankommen würden. Und dann auch noch diesen Körper vor der Nase zu haben – dies würde eine lange Nacht werden.
Dabei sollte sie sich lieber überlegen, wie sie das ganze überstehen könnte.

-Ende Kapitel 3 -

Kapitel 4

„Cassim!“
Wer rief sie da? Diese Stimme war ihr allzu bekannt, aber irgendwie auch fremd. War sie etwa doch eingeschlafen? Und woher kam auf einmal dieser Schmerz in ihrer Wa - „Auaa ...“, stöhnte Cassim auf und hielt sofort eine Hand an ihre rechte Wange – oder auch beide, sie waren ja mehr oder weniger aneinander gebunden.
Erst jetzt erkannte sie Tyler, der mit hoher Gewalt ihre Fesseln mit bloßen Händen aufriss. Wieso war er so in Eile?
„Was machst du da? Was ist los, wieso hast du's so eilig?“, fragte sie, obwohl sie wusste, dass es sicher nichts gutes verhieß.
Der Dämon blickte ihr ernst in die Augen.
„Du musst dich verstecken.“, sagte er ruhig, ohne jede Begründung. Hatte sie da gerade richtig gehört?
„Wie bitte? Verstecken? Wovor?“
„Sie haben uns – dich gefunden.“ Er löste das letzte Stück Metall um ihre Hände und zog sie mit einem Satz auf die Beine.
„Wer?“ Als ob sie es nicht besser wüsste. Dennoch fragte sie nach.
„Wer wohl?“, sagte er jetzt amüsiert, „Irgendein Volk, das deine Macht will.“ Bei den letzten Worten kam wieder dieses typische Grinsen zum Vorschein. Cassim allerdings fand das gar nicht witzig und schluckte.
„Woher weißt du das?“ Die wievielte Frage war das jetzt?
„Ich kann sie spüren. Sie sind schon fast da.“
„Und woher wissen die, dass ich hier bin?“, wollte sie erstaunt wissen.
„Ich hab' keine Ahnung.“ Er biss sich auf die Lippe. Mein Gott, sogar in solchen Situationen sah das verdammt sexy aus! Für diesen Gedanken hätte sie sich am liebsten den Kopf abgerissen. Er blickte sie nur kalt an.
„Wir gehen.“, befahl er knapp, packte sie am Arm und zog sie Richtung Fenster, bevor er es mit dem Ellenbogen in kleine Splitter zerschlug, die sich im gesamten Raum verteilten. Cassim hielt reflexartig den Arm vor das Gesicht, um sich zu schützen.
„Was soll das schon wieder heißen?!“, klang sie genervt und entlockte ihm ein freches Lächeln.
Grade wollte sie noch was sagen, doch der Dämon packte sie abermals am Gelenk, zog sie zu sich in die Arme und sprang die drei Stöcke einfach aus dem Fenster!
Für Cassims Augen ging das alles viel zu schnell, doch als sie begriffen hatte, was sich vor ihr abspielte, hatte sie das Gefühl, das ihr Herz gleich aus der Brust springen würde. Sofort klammerte sie sich fest an Tyler, verbarg das Gesicht in seinem Nacken und wollte schreien.
Binnen Sekunden landete er mit dem Mädchen in seinen Armen geschmeidig wie eine Katze auf festem Boden. Er schob sie energisch von sich, ehe er mit einer Kopfbewegung andeutete, dass sie weitergingen. Sie taumelte ihm ohne Ahnung hinter her und wusste nicht was besser war – Der Dämon, oder diese Leute, die sie verfolgten? Was würden sie mit ihr anstellen? Töten? Foltern? Quälen? Ausfragen? Oder vielleicht sogar schützen? All diese Fragen wirbelten in ihrem Kopf herum und sorgen für Chaos. Sie blickte Tyler an, der immer noch im hohen Tempo vor ihr lief.
Wahrscheinlich ist es bei jedem gleich, beantwortete sie ihre Fragen selbst. Der Schwarzhaarige blieb abrupt stehen. Sie kam neben ihm und schaute sein strenges Gesicht von der Seite an.
„Sie haben uns umzingelt.“ Er zischte die Worte durch zusammengebissene Zähne hervor. Der Dämon warf Cassim einen mörderischen Blick zu. In seinen Augen lag etwas, das sie nicht deuten konnte und sie beunruhigte.
Wieder zog er sie blitzschnell in eine schmale Gasse, in der ein kleiner Holzwagen unter vielen Brettern eingequetscht war.
„Versteck dich da drunter. Gib keine Laute von dir – mach dich einfach unbemerkbar!“ Mit diesen Worten verschwand er und ließ sie alleine.
Seltsamerweise verspürte sie von der einen, auf die andere Sekunde große Angst. Zitternd schlich sie unter den Wagen und legte sich flach auf den Bauch.
Sie konnte die breite Hauptstraße noch erkennen, doch wo war Tyler?
Cassim würde übel, sie schüttelte am ganzen Leib und hatte ein schlechtes Gefühl.
Plötzlich hörte sie Stimmen schreien. Sie riss den Kopf hoch, ihr Herz hämmerte in heftigen Schlägen. Wer war das? Sie schluckte.
Mit einem Mal erschien Tyler auf der Straße, der seinen Körper so sehr anspannte, das man einzelne Muskeln zittern sehen konnte. Seine Hände hatte er zu Fäusten geballt.
Sie schloss die Augen und lauschte den Stimmen im Hintergrund.
„Wir haben dich, Dämon! Wo ist der Mystiker? Du wirst uns nicht entkommen, egal ob du der Sohn des Adels bist, oder nicht.“
Sie verschluckte sich bei den Worten.
Sohn des Adels? Sohn des KÖNIGS?! 
Cassim schnappte nach Luft. Wer waren diese Leute? Konzentriert versuchte sie das Geschehen weiter mit zu verfolgen. Sie hörte Tyler laut auflachen.
Dann ging alles zu schnell.
Einer der Männer lief auf ihn zu, in seiner Hand trug er eine schwere Axt, die mit heftigen Stößen nach Tyler schlug, der geschmeidig auswich, dem Mann am Kopf packte und ihn darauf hin zerquetschte. Die Hand vor den Mund gepresst, unterdrückte sie einen Schrei.
In der nächsten Sekunde stürmten alle Männer, die schwer bewaffnet waren auf den Dämon zu. Tylers Augen fingen an wie Feuer zu glühen, sie färbten sich rot und er lächelte dreist rein. Er sprang über einen der Krieger, um dem anderen hinter ihm mit einer kurzen Bewegung das Genick zu brechen. Sein Körper viel regungslos auf den Boden, er grinste weiter.
Dem nächsten blickte er einfach tief in die Augen. Dieser schrie laut auf, viel auf die Knie und hielt sich den Kopf fest, eher er auf dem Boden rollte uns sich nicht mehr regte.
„Nicht aufgeben, Männer!“, motivierte einer der Krieger die anderen. Wieder stürmten sie auf den Sohn des Adels zu – der jetzt übrigens als Prinz enthauptet wurde, und versuchten ihn mit Schwertern und Dolchen auf zu spießen.
Nochmals wich Tyler ihnen aus und legte einen die Hand auf die Brust. Der Mann riss die Augen auf, presste sich die Hände an die Stelle, an der Tyler ihn berührt hatte und kippte einfach um. Die nächsten drei kamen schon von hinten. Der Dämon brach dem ersten sein Handgelenk, nahm sein Schwert zur Hand und ließ es mitten durch sein Herz gleiten, während er es blitzschnell wieder herauszog und dem zweiten mit einer Bewegung nach Hinten den Kopf abtrennte. Cassim beobachtete das Szenario ganz genau und konnte sich beim Anblick nur schwer bei Bewusstsein halten. Sie wusste, das Tyler gefährlich war, hätte aber nie gedacht, dass er im Stande wäre, eine ganze Truppe bewaffneter Krieger aus zu löschen.
Der Boden war mit Leichen übersät, die Dorfbewohner hielten Mistgabeln und Fackeln in der Hand, wussten aber selbst nicht wen sie unterstützen sollten. Die letzten vier Krieger distanzierten sich misstrauisch von Tyler, der immer noch kalt grinste.
„Hör mir zu!“, rief der eine, dem die Dorfbewohner ihre Aufmerksamkeit schenkten.
„Gib uns einfach das Mystikermädchen und wir verschwinden wieder.“
„Oh tut mir leid“, antwortete Tyler amüsant, „aber diese schöne Macht gehört schon mir.“
Die Bewohner wurden unruhig, wussten immer noch nicht was das richtige war, bis einer von ihnen verkündete: „Lasst uns den Dämon töten!“ und mit einem mal waren alle „Waffen“ in die Höhe geschnellt und richtete sich gegen den Dämon, der wieder laut auflachte.
Auch die vier Krieger stemmten ihre Schwerter wieder gegen ihn.
„Bettelt und stirbt.“, flüsterte er kampfbesessen.
Nein! Er durfte den Bewohnern nichts tun! Cassim wollte ins Gefecht laufen, ihn aufhalten, musste sich dann aber dran erinnern, dass sie sie möglicherweise erkennen könnten.
Sie biss sich auf die Lippe. Was wenn sie auf der guten Seite standen und sie beschützen wollten?
„Scheisse!“, fluchte sie vor sich hin.
Zwei Krieger griffen Tyler abermals an, gefolgt von ein paar Dorfbewohnern. Er brach dem einen wieder so schnell das Genick, das es für ein normales Auge kaum zu erkennen war. Dem anderen schlug er seine blanke Faust so hart ins Gesicht, das er meterweit weg geschleudert wurde und gegen eine harte Steinwand prallte, in der er von einer dicken Staubwolke umhüllt wurde. Der Dämon wandte sich zwei Dorfbewohnern zu, wollte in seiner ungebändigten Wut auf sie losgehen. Einen Mann hatte er schon am Kragen gepackt, wollte ihn grade ... Cassim schellte aus der Gasse hervor. Woher sie den Antrieb bekommen hatte, wusste sie nicht.
„Nein! Nein, Tyler!“, schrie sie und lief auf ihn zu. Er versteifte in seiner Bewegung, das Leuchten in den Augen ließ nach, als er Cassim anblickte, die ihn am Arm festhielt.
„Bitte, Tyler! Lass ... lass ihn los.“, sagte sie mit einer sanften Stimme die ihn irgendwie beruhigte. Abrupt ließ er den Mann am Kragen los, der jetzt keuchte und zurück taumelte. „Cassim, was ...“ Tyler wollte was sagen, doch er fing an zu husten, konnte sich nicht mehr halten und fiel einfach in ihre Arme. Seine Augen schlossen sich langsam.
„W-was machst du da? Tyler?!“ Ihr Blick weitete sich, als sie den Giftpfeil in seinem Rücken entdeckte. Sie wusste nicht was gut oder schlecht war, sie wusste nur, dass es ab hier keinen Ausweg mehr geben würde.

- Ende Kapitel 4 -

Kapitel 5

Die zwei Krieger marschierten vorsichtig auf sie zu, nur um sich zu vergewissern, das der Dämon außer Gefecht gesetzt wurde. Cassim war noch immer mit Tyler in ihrem Armen in ihrem Schock gefangen und konnte kein einziges Wort herüberbringen.
Um sie herum jubelten die Dorfbewohner, einer schrie sogar: „Sie ist bestimmt eine Hexe!“, was für mehr Tumult sorgte.
„Er ist nicht mehr bei Bewusstsein!“, schrie einer aus dem fremden Volk stolz. Nun kam auch der andere hinüber. Das verzweifelte Mädchen wusste nicht wie sie sich fühlen sollte.
Gut, weil sie Tyler los war, oder schlecht, weil sie womöglich das gleiche mit ihr vorhatten? Ehe sie den Gedanken weiterverfolgte riss sie jemand brutal am Arm hoch. Erschrocken blickte sie zum Mann in der harten Stahlrüstung auf, der sie finster angrinste.
„Haben wir dich endlich, Mystikermädchen.“ , zischte er ihr zu. Cassims Augen weiteten sich.
Du musst etwas tun!, sprach sie sich ins Gewissen.
„Nein!“, schrie sie. Mit einem kräftigen Rück bekam sie ihren Arm frei. Der Mann sah überrascht aus, doch in seinem Gesicht zogen sich wütende Grimassen. Sie und der Dämon, der immer noch regungslos am Boden lag waren komplett umzingelt.
Verdammt, Tyler! Wenn ich dich am liebsten in die Hölle schicken würde – wo du offensichtlich auch herkamst, klebst du an mir, und jetzt wo es um unser Leben geht, pennst du!
„Entweder du kommst frewillig hier her, oder wir werden dich mit Gewalt holen. Deinen kleinen Dämonenfreund kannst du vergessen.“, sagte einer der gerüsteten Männer mit einem amüsierten Unterton. Cassim war maßlos gefangen, in ihrer Verzweiflung wagte sie es nicht, sich den Kriegern auch nur einen Schritt zu nähren.
„Vergesst es!“, rief sie mit all ihrem Mut. Das hier würde ohnehin schiefgehen.
Einer der Männer kam langsamen, aber unaufhaltsam auf sie zu. Hinter seinem Umhang zuckte er etwas hervor. Sie konnte noch nichts erkennen, doch als sie die Stahlpeitsche in seiner Hand entdeckte, überkam sie ein Schauer, der ihr eiskalt den Rücken hinunter lief. Sie musterte den Mann, der nur noch wenige Meter vor ihr Stand und grinste, als plötzlich jemand ihre Haare packte, und ihren Kopf nach hinten riss.
Das einzige, was sie noch wahrnahm, war das Zittern der Peitsche, die in der Luft wirbelte und mit einem heftigen Schlag ihr Gesicht traf, das dabei zur Seite Glitt.
Der Schmerz zog sich ihre Wange hoch und fing an zu pulsieren. Das Blut strömte ihr offen über den ganzen Hals, floss weiter in ihre Kleidung und über die freigehaltene Schulter.
Cassim wollte schreien, doch sie unterdrückte all ihre Laute und blickte dem Mann ungestört in seine trüben Augen.
„Tapfer, unsere Machtquelle.“, lächelte er sie an.
Tyler hatte auch diese Art von Lächeln, dachte sie sich. Auch wenn es alles Böse ausstrahlte, war seines stets charmant gehalten.
Die Hand hinter ihr zog fester an ihren Haaren und brachte Cassim zum stöhnen. Das Dorf jubelte, hielt Waffen und Stöcke hoch in der Luft und wartete nur auf den Tot des letzten Urmystiker.
Sie wollte sich einen Blick auf Tyler gönnen, doch der Mann hob die Peitsche erneut. Diesmal zuckte Cassim zurück und wartete auf den harten Aufprall.
Doch stattdessen ... fing der Mann an, grauenhaft zu schreien! Sie riss die Augen auf und auch jetzt erkannte jeder, was da grade passiert war.
Unmittelbar vor ihr stand eine Person mit schwarzem, zerzausten Haar, und ebenso schwarzen Klamotten: Tyler Evans, der das Herz des Kriegers in den Händen hielt.
Cassim klappte der Kiefer auf. Auch die Hand in ihrem Haar ließ sie jetzt los und in der nächsten Sekunde schrien die Bewohner auf, die meisten liefen, als stände der Teufel persönlich vor ihnen, andere versteckten sich im nächstbesten Schuppen. Sie stellte sich weiter neben ihn, um ihn zu mustern. Er stand einfach nur da, die Stahlpeitsche befand sich bereits in seiner Hand. Cassim spürte seine Aura, sie wirbelte um ihn herum, dunkel und voller Wut. Seine Augen leuchteten rot auf, das Mal an seinem Hals begann ebenfalls zu flimmern wie Feuer und erstickte die Luft in Hitze. Sie erkannte ihn nicht mehr wieder.
„T-Tyler? Wie bist du ...?“ Sie wollte die Frage zu ende stellen, als er in weniger als einer Sekunde nicht mehr neben ihr stand und kurz darauf erneut ein Schrei durch die Straßen jagte. Schnell drehte sie sich um.
Der letzte Krieger wollte sich davonschleichen.
„Wohin so schnell?“, fragte Tyler mit voller Ironie. Der Mann in seiner Silbernen Rüstung stotterte nur blöd vor sich hin, ehe Tyler seinen Schädel mit bloßen Fingern so stark zerdrückte, das er mit knackenden Geräuschen blutverströmt in sich zusammen fiel und er mit harten Schreien wie eine Puppe zu Boden glitt.
Im nächsten Moment wollte ein einfacher Mann den wütenden Dämon von hinten mit seiner Mistgabel erstechen, doch dieser wich zu schnell für ein menschliches Auge zur Seite und brach ihm einfach das Genick. Cassim schrie hysterisch auf. Ihr Endpunkt war erreicht.
„TYLER! Hör auf, sie sind tot!“, schrie sie ihn entsetzt für das Massaker auf der Straße an. Der Dämon wandte den Blick jetzt auf Cassim. Sie wollte noch was sagen, doch er stand schon vor ihr, und würgte sie mit seinem eisernen Griff am Hals. Sie keuchte und versuchte vergeblich seine Hände, die mit dem Blut an ihrem Hals klebten zu lösen. Doch ihre Mittel brachten nichts und sie spürte wie ihre Kräfte sie immer mehr verließen. Sie sah bereits blaue und schwarze Punkte vor ihren Augen, und versuchte sie ohne Erfolg weg zu blinzeln.
Sie ließ locker.
„Tyler ...“, flüsterte sie heiser. „Beruhig dich.“ Sie sprach jedes einzelne Wort so leise, dass nur er es mit bekam. Plötzlich erlosch das flimmernde Mal an seinem Hals mit jeder Sekunde mehr und auch seine Augen nahmen wieder die Farbe der schwarzen Nacht an.
Sofort ließ er sie los. Cassim keuchte mehrmals hintereinander und sog gierig nach Luft. Tyler musterte sie mit klarem Verstand, ehe er seinen Blick über die Leichenubersäte Straße wandern ließ.
„Nett“ murmelte er und ... grinste! Cassim blieb der Mund offen.
„Du hättest mich fast umgebracht!“, brüllte sie ihn voller Wut an.
„Nein“, widersprach er hart, „ich war bei Verstand, aber in meiner Wut hast du mich so gehetzt, das ich dich am liebsten getötet hätte.“
„Du spinnst wohl!“ Seine Augen wanderten wieder zu der zierlichen Gestalt hinter ihm. Cassim schenkte ihm nur böse Blicke. Er beobachtete die Wunde der Peitsche, die sich tief vom Wangenknochen schräg bis zum Kinn zog. Die Hälfte des Gesichts war mit Blut überzogen, das bis über den Hals auf der offenen Schulter ruhte. Auf ihrem Leinentuch waren große rote Flecken zu sehen.
Sie senkte den Kopf als sie merkte, wie er sie musterte. Tyler wollte den Blick dennoch nicht abwenden. Trotz dessen war sie wunderschön.
Über die Straßen legte sich Stille und Einsamkeit, es war kein anderer als die beiden zu sehen. Tyler fuhr sich mit der Hand durchs wirre Haar. „Wir werden jetzt gehen.“, verkündete er schließlich, „Das Mal hat mir zu viel Kraft genommen.“ Cassim wollte fragen, was es damit auf sich hatte, doch dazu blieb später genug Zeit.
Sie ließ sich einfach von ihm mitziehen und in wenigen Minuten ließen sie das Dorf hinter sich.

- Ende Kapitel 5 -

 

Kapitel 6

Die Aussicht war wundervoll. Mal ging es Berg ab und gleich darauf wieder runter, die kleinen Hügel dominierten einfach überall. Es war kein Wald, doch Bäume und Sträucher waren mehr als nur genug vorhanden. Das ganze Tal glänzte in der Abendsonne in einem matten Grün, das alles in Wärme tauchte.
Cassim glitt mit ihren Augen über die mächtigen Bäume und den sauberen Fluss, der mit leisen Geräuschen neben ihnen seinen eigenen Weg bahnte.
Die frische Luft strömte durch ihre Lungen und ließ sie schwer aufatmen. Vor ihr lief der Dämon in geschmeidigen Bewegungen, seine Lederjacke war noch immer blutig und in ihrer Mitte befand sich ein aufgerissenes Loch, wo sich mal ein großer Giftspeer befand.
Da blieb er auch schon abrupt stehen. „Für heute werden wir hier bleiben.“, sagte er mit dem Blick in den roten Himmel gewandt. Cassim nickte zustimmend.
Sie ließen sich träge neben einen großen Baum nieder, der ihnen genügend Schatten spendierte. Tyler wandte sich ihr zu.
„Ich werde Holz für die Nacht holen gehen. Bleib hier.“, befahl er knapp und gleich darauf war er nicht mehr zu sehen. Dieses Verschwinden und gleich darauf wieder da sein verwirrte sie jedes mal!
Gierig schob sich ein Stück Maisbrot in den Mund, das sie sich kurz vor dem Verlassen des Dorfes mitnahm und in vollen Zügen genoss. Ihr Blick hing am Fluss, über den sie sich gleich darauf niederbeugte und ihre Schmutzige Wunde, sowie ihren Hals gründlich wusch.
Das Wasser spiegelte ihr Gesicht wieder. Seufzend betrachtete Cassim den Schnitt, der sich rot von ihrer Haut abhob und strich sanft darüber. Sofort zog sie die Finger wieder ein, denn der Schmerz fing bei der kleinsten Berührung an zu pulsieren.
Ändern konnte sie es ohnehin nicht mehr. Herablassend fuhr sie mit der Hand durch das kristallklare Wasser, das in ihren Händen glänzte und kippte sich einen großen Schluck in den Mund. Es lief ihr wie Honig die Kehle runter und erfrischte sie mit jedem Atemzug.
Müde zerrte sie sich zum Baum zurück und sichtete auch schon Tyler, der bereits mit genügend Holz vor dem Stamm kniete. Stumm setzte sie sich gegenüber und betrachtete den Himmel, der mit jeder Minute dunkler wurde, bis die Nacht den Rest des Tages verschluckte, und die gesamte Landschaft in einem dunklen Mantel umhüllte.
Das Feuer brannte in den schwarzen Himmel hinein und ließ Cassim nicht vollkommen alleine. Sie saß so nahe wie möglich dran und wärmte genüsslich ihren Körper auf. Unmittelbar gegenüber ihr, spürte sie kalte Blicke auf sich, die sie bedrückten.
Die Stille zwischen ihnen war wie eine Last auf ihren Schultern, die immer schwerer wurde. Cassim wollte sie brechen, doch irgendwie hatte sie Angst. Zu ihrem erstaunen war es Tyler, der das erste Wort ergriff und sie sich seltsam erleichtert fühlte.
„Warum kannst du sie nicht einsetzen?“, fragte eine Stimme so klar und dunkel, das sie Cassim schaudern ließ, ehe sie den Kopf hob und ihn fragend musterte.
„Was meinst du?“ Er verdrehte genervt die Augen. Nette Geste.
„Deine Kräfte, was sonst?“, zischte er unter hochgezogenen Augenbrauen hervor. Cassim blickte nur verwirrt in das farbenfreudige Feuer, das vor ihren Augen tanzte.
„Ich weiß es nicht. Niemand konnte mir eine Antwort darauf geben.“, flüsterte sie vor sich hin.
„Aber einen Teil kannst du benutzen.“, stellte er fest.
„Es ist sehr begrenzt. Selbst ein normaler Mystiker kann mehr als ich.“ Die Worte waren kaum mehr als ein hauchen. Cassim biss sich auf die Lippe. Sie spürte Tylers verfluchtes, schadenfrohes Lächeln auf sich!
Nun war sie es, die ihn konfrontierte.
„Ist es ein Befehl? Ich meine, dass ihr mich sucht.“ Sie musste einfach alles darüber wissen.
„Ja. Ist es. Und es war Zufall, dass du mir im Wald begegnet bist. Ansonsten hätte ich dich in der Stadt suchen müssen.“
„Wieso hast du mit gesucht? Bist du nicht der Prinz?“, fragte sie mit ihrer vollen Aufmerksamkeit auf den Dämon gewandt.
Und wiedereinmal dieses unverschämte Lächeln.
„Ich wollte dich einfach als erstes finden und sehen, wie so ein „mächtiger“ Mystiker drauf ist.“
„Pff.“, zischte sie beleidigt. Seine nachtschwarzen Augen sahen sie neugierig an.
„Wieso bist du weggelaufen?“, schoss die Frage aus ihm heraus. Ihr Gesicht füllte sich mit Verwunderung und sie brauchte einige Sekunden, um die passende Antwort zu finden.
„Ich wusste, dass mich früher oder später jemand finden würde.“ Sie presste die Lippen aufeinander, ehe sie ansetzte: „Außerdem war mein altes Leben nicht viel besser als jetzt.“
„Warum?“ die Neugier war wirklich nicht zu überhören.
„Wieso willst du das wissen?“
„Antworte einfach.“ Tylers tödlicher Blick verschwand nicht einen Moment lang aus seinem Gesicht. Nervös fing Cassim an, mit ihren Fingern zu spielen.
Und da, schon wieder dieses freche Grinsen! Er schien es genau zu spüren.
„Nun ... Ich habe bei meiner Tante gelebt.“ Bei diesen Gedanken setzte der Schmerz in ihrer Brust wieder aus.
„Und?“, drängelte der Dämon.
„Sie hat mich regelmäßig geschlagen und ist Alkoholikerin.“ Sie seufzte. „Nach einiger Zeit hat mich das alles nicht mehr beeindruckt.“ Cassim gönnte dem Prinzen einen kurzen, schmerzhaften Blick.
„Was war mit deinen Eltern?“ Sie schluckte. Und sie wurde wütend. Unbewusst.
„Meine Mutter wurde von so einem wie dir umgebracht.“, zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Hasserfüllt wandte sie ihm das Gesicht zu.
„Und dein Vater?“ wollte er unberührt wissen.
„Kenne ich nicht.“, gab sie knapp zurück. Die Tränen brannten in ihren Augen, wollten ihr über die Wangen laufen, ihre Gefühle schildern, doch mit ihrem Stolz unterdrückte sie sie und wandte sich vollkommen den Sternen zu, die die Nacht erleuchteten.
„Was war das letztens?“, ächzte sie aus einer trockenen Kehle. Tyler, der die Augenbrauen erneut hochzog, musterte sie fragend.
„Was genau meinst du?“
„Das Mal an deinem Hals.“, verbesserte sie sich. Nun war es der Dämon, der den Blick abwandte und den Kopf zur Seite drehte.
„Es gehört zu der adeligen Familie meinerseits und symbolisiert unsere Macht.“ Es klang seltsam, irgendwie verachtend. Cassim wollte allerdings nicht nachlassen, nicht jetzt.
„Und wieso glühte es beim letzten mal so?“, fragte sie neugierig.
„Das Mal setzt aus, wenn wir wütend sind. Es verleiht mir zusätzliche Kräfte, doch das alles basiert auf meinen Gefühlen.“ Wenn du überhaupt welche hast, setzte Cassim in Gedanken dazu und grinste in sich hinein.
„Ist es genau so mächtig wie die Kräfte der damaligen Urmystiker?“
„Nein. Diese beiden Machtquellen gleichen sich vollkommen aus. Mystiker und Dämonen haben schon damals einen nie endenden Krieg geführt, und die Völker hassen sich bis heute.“ Er lächelte sie dreist an.
Kein Wunder, dich hasse ich ja auch!, dachte sie sich.
„Also kann ich mir beim König extra Pluspunkte verdienen?“, sagte sie so sarkastisch es ging und schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln.
Er erwiderte ihre Geste und antwortete streng: „Genau.“ Mit einem Mal fühlte sie sich träge und ihr Lächeln verschwand genau so schnell, wie es gekommen war.
Cassim schaute in seine unergründlichen Augen.
„Wirst du mich töten?“, hauchte sie es aus zitternden Lippen hervor. Die Frage schien ihn zu überraschen, denn er legte die Stirn in Falten und musterte sie gründlich.
„Ich entscheide nicht alleine darüber. Entweder ich werde dich töten, oder ...“
„Oder was?“, wollte sie drängelnd wissen doch konnte sich einem schaurigen Zittern nicht entziehen.
„Oder du wirst einer meiner persönlichen Sklaven.“ Er sprach die Worte leise und deutlich aus und um seine Mundwinkel zuckte es gewaltig.
Das Mystikermädchen sog scharf die Luft ein, ein gewaltiger Schauer rieselte ihren Rücken herunter und ließ sie leicht zurück zucken.
„D-das würdest du niemals!“
Natürlich würde er.
Ihre Lippen bebten bei jedem Wort, das sie aussprach. Aus der Kehle des Dämons entfuhr ein schallendes Gelächter, bevor er sich beruhigte, sich näher zu ihr beugte und sie immer noch lächelnd ansah.
„Und ob ich würde.“, konterte er in einem amüsierten Unterton, der sie herausforderte.
Plötzlich wurde Cassim seltsam schwindelig. Sie fand keine Antwort mehr, war viel zu geschockt und langsam auch zu müde.
Das Feuer war bereits vollkommen verglüht und setzte sie hilflos der Nacht aus. Mit einem Psychopathen!
„Ich werde jetzt schlafen.“, sagte sie trocken und kehrte ihm ohne ein weiteres Wort den Rücken zu.
Der Wind, der mit eisigen Zügen durch die dichten Blätter wehte, ließ sie frösteln und versteckte ihre Angst durch das ständige Zittern ihres Körpers. Unmittelbar hinter sich spürte sie ebenso kalte Blicke, die sie durchbohrten.
Soll er doch, sprach sie sich ins Gewissen und kurz darauf war sie in ihrem Schlaf versunken.
Die Nacht war kühl. Cassim versuchte ihr schüttelndes Leib immer wieder unter Kontrolle zu bringen, doch die eiskalte Luft legte sich wie ein Schleier um sie und ließ es nicht zu. Noch immer im Tiefschlaf fuhr sie mit der Hand über den Boden, um eine Decke zu finden, doch stattdessen umklammerten ihre Finger etwas mattes, hartes. Dennoch strahlte es Wärme aus und sie wollte es nicht loslassen, was immer es auch war.

- Ende Kapitel 6 -

 

Kapitel 7

Ein süßer Duft schlängelte ihr durch die Nase und die angenehme Wärme zog sich durch ihren ganzen Körper. Sie lag auf etwas hartem, das dennoch gemütlich war und kuschelte sich weiter rein.
Cassim spürte die weichen Strahlen der Sonne, die ihr Gesicht streichelten und mit jeder Sekunde ihren Verstand zurückriefen.
Sie wollte sich bewegen, doch irgendetwas hinderte sie daran. Schwer öffnete sie ihre Lider, bis sie sie plötzlich weit aufriss, und mit aller Kraft einen Schrei unterdrückte.
Ihr Herz setzte wilde Sprünge an, wollte sich kaum beruhigen und sie konnte vor Schock nicht mal mehr einen weiteren Gedanken fassen, denn wenige Millimeter von ihrem Gesicht entfernt, blickte sie hoch zu das des Dämons.
Langsam begriff sie, was hier vor sich gegangen war, als sie sich musterte.
Mit dem Oberkörper lag sie halb auf seiner stählernen Brust, ihre Beine waren neben ihm angewinkelt auf dem Boden. Scharf sog sie die Luft ein.
Er war noch schöner als sonst, wie sein zerzaustes Haar ihm an allen Seiten abstand und leicht über die Stirn fiel, und seine anmutigen Muskeln sich unter ihren Händen wölbten. Jedoch breitete sich Wut in ihr aus als sie bemerkte, dass es sein harter Arm war, der sich an ihrer Taille festklammerte.
Cassim senkte vorsichtig den Kopf. Sie Atmete in heißen Stößen in seinen Nacken hinein und versuchte sich mit ihren Händen, die noch immer auf seiner Brust lagen, abzustützen.
Mit einem Mal verstärkte sich Tylers Griff um ihren Körper, und als sie vor Schock mit den Augen hochfuhr, fiel ihr Blick in ein ihr allzu bekanntes, unverschämtes Lächeln.
„Nimm sofort deine widerlichen Hände von mir, du Perversling! Was fällt dir ein!“, schrie sie ohne Vernunft los und stemmte sich gegen die Kraft des Dämons, in der Hoffnung so schnell wie möglich frei zu kommen.
Die Antwort, die sie bekam war das Dröhnen eines Gelächters in ihren Ohren.
Tyler schenkte ihr amüsierende Blicke, ehe er sagte: „Nicht so frech, kleines Mädchen. Wieso bin ich der Perverse? Du hast dich in der Nacht einfach an mich gezogen.“ Ungläubig schaute sie ihn an.
Cassim wollte gerade was sagen, als ihre Lippen in der Bewegung verharrten und ihre Wangen sich knallrot färbten. In ihrem Scham wandte sie das Gesicht von ihm ab.
Dass kann doch nicht wahr sein!, rief sie sich ins Gewissen. Ja, sie würde jetzt am liebsten einfach tot umfallen.
Sie konnte die Schadenfreude des Dämons förmlich riechen.
Mistkerl.
„Lass mich los.“, flüsterte sie in einem bebenden Ton. Der Dämon reagierte mit einem zischenden Knurren und binnen Sekunden war er es, der sich über Cassims schlanken, dennoch kurvigen Körper befand.
Erst nach weiteren Sekunden registrierte sie, was da gerade passiert war, bis sie ihr Gesicht sauer verzog und sie sich abermals unter dem festen Griff des Dämons befand. Unter seinen strammen Beinen konnte sie sich kein Stück rühren, es fühlte sich wie Stahlketten an.
„Bist du schwerhörig, oder was? Ich sagte, lass los!“, schrie sie hysterisch.
„Zicke.“, war seine einzige Antwort darauf, während er schmunzelte. Das war eindeutig zu viel für ihre Nerven, denn sie wusste ganz genau, das Tyler sich köstlich dabei amüsierte.
Seine Augen funkelten nur so dahin. Wieder stemmte sie sich gegen seinen eisernen Griff.
Erfolgslos, wie sonst auch. Er grinste sie fröhlich dabei an.
Als sie abermals etwas sagen wollte, legte Tyler sanft zwei Finger auf ihre zärtlichen Lippen, die noch halb geöffnet waren, um sie zum schweigen zu bringen. Er rückte mit seinem Gesicht näher an ihres.
Cassim spürte, wie die Hitze, die er ausstrahlte durch ihren Körper schoss. Ihre Kräfte waren wie ausgelöscht, sie gab sich einfach dem Dämon hin. Was war plötzlich nur los mit ihr? Seine nachtschwarzen Augen glänzten wie Diamanten, als hätten sich Sterne in ihnen gefunden.
„Warum wandst du mir dein Gesicht ab? Du bist zuckersüß wenn du so rot bist.“, flüsterte er ihr zärtlich in den Hals. Cassim schluckte.
Ihre Kehle war wie ausgetrocknet, sie konnte keine Laute von sich geben.
Was zur Hölle willst du von mir?, war die einzige Frage die sie sich stellen konnte.
Der Dämon hob den Kopf, nur wenige Zentimeter trennten ihre Berührung. In seinen Blicken spiegelte sich Belustigung wieder, während sie mit großen Rehaugen ängstlich zu ihm hoch sah.
„W-was willst du?“, stotterte sie leise vor sich hin. Er schenkte ihr ein unwiderstehliches Lächeln, eher er sagte: „Ich kann dein schönes Gesicht aus dieser Wunde befreien.“ Der Dämon sprach die Worte langsam und gewählt aus, sodass Cassim der Atem stockte.
„W-wie? Was verlangst du von mir?“, hauchte sie zitternd unter ihm hervor. Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde ein ganzes Stück breiter.
„Nicht viel, wirklich. Nur deine volle Gehorsamkeit.“
„Und wie willst du das machen?“
„Stimmst du mir zu, oder nicht?“ Seine Züge wurden einen Deut düsterer.
Sie biss sich auf die Lippe. Wenn es das wäre, was er verlangt, dann würde sie es eingehen. Nicht, weil ihr Gesicht danach wieder makellos war, sondern weil es immer noch höllisch brannte.
„Verdammt ... ja! Ich verspreche es.“, zischte sie ihn an.
„Schön. Also wirst du nicht mehr einfach so auf die Straße rennen, wenn ich sage, das du dich gefälligst versteckt halten sollst.“, presste er unter zusammengebissenen Zähnen hervor. Erneut wollte Cassim sich zu Wort melden, als er sie mit einer knappen Handbewegung abermals zum schweigen brachte.
„Keine Widerrede.“ Bevor sie noch etwas sagen konnte, packte er blitzschnell ihr Kinn und setzte seine weichen Lippen auf ihre Wange. Von Schock überrumpelt, schnürte es ihr die Kehle zu, nur ein leises Stöhnen entfloh ihr hoch, als er ihr sachte mir der Zungenspitze den Schnitt auf ihrer Wange nachfuhr.
An jeder berührten Stelle brannte es, was in wenigen Sekunden von einem leichten kribbeln überdeckt wurde.
Sie spürte wie sich die Hitze weiter in ihr ausbreitete und musste sich irgendwie gestehen, dass das Gefühl angenehm war. Als Tyler den Kopf hochhob, strahlten seine Züge nur noch Kälte und Ernsthaftigkeit aus.
„Das war's.“, sagte er knapp und ließ ihre Hände aus seinen, die sich vorhin noch wie Ketten um ihre legten, frei.
Sofort streichelte Cassim ihr Gesicht an der Stelle, an der der Schnitt sein müsste, doch alles was sie ertastete, war glatte Haut.Mit einer schnellen Bewegung stand Tyler auf, und zog sie mit sich auf die Beine. Jetzt wurde auch sie ernst, und wandte ihm das Gesicht zu.
„Danke“, sagte sie leise. Tyler ging nicht weiter darauf ein und legte seine übliche, emotionslose Miene auf.
„Wir gehen weiter. Sonst wird uns noch jemand einholen.“, befahl er und sie machten sich stumm auf den weg in Cassims immer näher kommenden Albtraum.
Sie fragte sich, was Tante Luisia gerade anstellte und ob Tismana ihr Verschwinden schon bemerkt hatte.

- Ende Kapitel 7 -

Kapitel 8

Cassim zerrte sich mit schlaffen Beinen schon Stunden durch die verwüstete Stadt, die nach ihrem Anschein nie enden wollte. Schmerzerfüllt setzte sie einen Fuß vor den anderen und betrachtete dabei abwesend doch zugleich schockiert die verlassenen Häuser, deren Mauern und Wände bis auf das letzte Stück in sich zusammen gebrochen waren.
Die Stille legte sich über das ganze Land, nur die einzelnen Schritte und Schuhe quietschten unter ihren Gängen.
Leise pfiff der eisige Wind an ihr vorbei, warf ihr goldbraunes Haar nach hinten und zog seinen Weg weiter durch die eingebrochenen Türen und Fenster aller Häuser, die mit knarrenden Geräuschen antworteten.
Cassim musterte jedes Haus, an dem sie vorbeikamen ganz genau. Keines war vollständig vorhanden geblieben. Die steinige Straße unter ihnen war ebenfalls in einzelnen Stücken gespalten.
Es gab nur eine Frage, die sich immer wieder in ihrem Kopf wiederholte: Was zur Hölle war das hier?
Noch in der gleichen Sekunde ergriff Tyler das erste Wort und brach die Stille: „Werwölfe“, sagte er neben ihr so lässig, dass sie sein Gesicht nicht mehr deuten konnte. Als sie nach mehreren Augenblicken begriff, was er meinte blieb ihr für den Bruchteil einer Sekunde die Luft weg.
„Werwölfe? Wieso zerstören sie eine ganze Stadt?“, fragte sie mit großen Augen an den Dämon gewandt.
„Vampire“ war seine einzig knappe Antwort. Cassim wurde langsam ungeduldig und warf ihm stechende Blicke zu, ehe sie ansetzte: „Bitte, könntest du dich mal ein bisschen deutlicher ausdrücken? Ich hab keine Lust mit deinen Wörtern zu rätseln.“ Mit dieser Geste runzelte Tyler die Stirn und wandte sich mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihr.
„Nicht so frech, kleines.“ Sie nahm seine Worte ernst, doch kochte sie vor Wut und ihr entging nicht das Lächeln, das sich auf seinen Lippen bildete.
„Tyler!“, rief sie aufgebracht und ballte wütend die Hände zu Fäusten. Er verdrehte genervt die Augen.
„Vor einigen Jahren haben Werwölfe die Vampire hier überfallen und ausgerottet. Sie hassten sich, aber sie hatten einen Friedensvertrag.“, maulte er kühl und richtete sein Gesicht gegen die prallende Sonne, die die Stadt hoch am Horizont erleuchtete.
„Wieso haben sie das getan?“, fragte sie neugierig. Augenblicklich verhärteten seine Gesichtszüge.
„Man weiß es nicht. Doch dies wird niemals mit den Dämonen geschehen.“
Cassim senkte den Kopf und fragte sich, ob sie auch hinter ihr her waren. Abermals glitt sie mit den Augen über die Trümmerhaufen und verspürte Angst dabei.
Was, wenn es irgendwann mit den Mystiker geschieht? Bevor sie sich eine Antwort darauf reimen konnte, verscheuchte sie die Frage aus ihrem Kopf und setzte stumm ihren weg fort.


Die Hitze umhüllte sie wie ein schwerer Mantel und wollte kaum loslassen. Cassim hatte das Gefühl, dass ihre Knie jeden Moment nachgeben würden. Wie oft sie Tyler darum gebeten hatte Pause zu machen, wusste sie nicht.
„Tyler ... Bitte.“, flüsterte sie abermals angestrengt aus einer trockenen Kehle hervor und wurde, wie schon die ganze Zeit vom Dämon ignoriert, der sie bereits an ihren Handgelenken hinter sich her zog und seine Schritte energisch fortsetzte. Allein sein Halt zwang Cassim dazu ihm schlendernd hinterher zu humpeln, bis er nach einigen Minuten anhielt und seine Augen sich deutlich verengten.
Ihr entging sein Blick nicht und gleich darauf fühlte sie sich beobachtet und wurde mit zitternden Händen nervös. Misstrauisch bewegte sie ihren Kopf hin und her und versuchte etwas fremdes in ihrer Kahlen Umgebung auszumachen. „Sie sind da.“, war das einzige was sie aus Tylers Lippen lesen konnte, als sie sich fragend zu ihm wandte und er in der gleichen Sekunde Cassim erneut am Arm packte und nun so schnell rannte, das sie das Tempo nur durch seine Kraft mithielt.
Ihr Herz raste beinahe so schnell wie der Dämon über die Trümmerhaufen. Sie keuchte und rang flehend nach Luft, wobei sie oft stolperte und kurz vor dem Aufprall hart am Arm hochgerissen wurde, nur damit sie ihre schmerzenden Füße wieder so schnell wie möglich bewegte.
Sie hatte das Gefühl in Ohnmacht zu fallen, denn ihr ganzer Kopf pochte und hämmerte von innen. Tyler rannte in eine abgeschobene Gasse, die durch die zerfallenen Mauern nur schwer zu erkennen war. Sauer zog er sie bis in die Mitte und ließ sie abrupt los.
Hustend gaben Cassims Beine unter ihrem Gewicht nach und knickten wie schmale Stöcke in sich zusammen, weshalb sie ohne ein weiteres Wort ängstlich die Mauer mit tastenden Händen hinunter glitt. Erst jetzt nahm sie den Dämon wahr, der wütend auf und ab rannte.
Als dieser ihren Blick fing, ging er aufgebracht auf sie zu, packte sie am Nacken und drückte sie sanft näher an sich, während sie sich seiner Berührung nicht widersetzten konnte.
„Cassim ...“, flüsterte er ihr ernst zu, ehe er ihren schwachen Körper mit stechend schwarzen Augen sorgsam musterte, und ruhig weitersprach: „Bleib hier. Nicht bewegen, egal was passiert. Verstanden?“ Sein Ton war fest, doch das kleine, unsichere Beben darin entging ihr nicht und rief unzählig schlimme Gedanken in ihr hervor.
„W-was geht hier vor?“, hauchte sie mit großen Augen an ihn gewandt. Er stand wortlos auf und massierte sich mit seinen schlanken Fingern den Nasenrücken, während er die Lippen zu einem harten Strich zusammenpresste.
„Dunkelelfen. Sie haben unsere Anwesenheit gespürt und suchen uns. Dich.“, sagte er und nahm seinen Blick nicht von Cassims eisblauen Augen, die ihn unergründlich steif musterten.
Bei seinen Worten jagten abermals eisige Schauer ihren Rücken herunter.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte sie unsicher und schluckte ängstlich gegen den Klos an, der fest in ihrem Hals saß. Tyler fuhr sich nachdenklich durch die Haare, ehe er antwortete: „Ich werde nur schnell nachgucken gehen. Sei einfach leise. Und egal, was passiert, Cassim – bleib hier.“ seine Worte klangen seltsam sanft, doch gerade als sie den Mund zum protestieren öffnete, brachte er sie mit einer knappen Handbewegung zum schweigen und war im kommenden Moment auch schon außer ihrem Blickfeld.
Dafür würde Cassim ihn immer wieder gerne schlagen, doch dazu blieb noch später Zeit, beruhigte sie sich und schob sich so leise wie möglich enger an die Wand. Die zerbrochenen Steine und Holzstücke legten sich schützend um sie und Cassim bettete sich vorsichtig weiter rein.
Erschrocken blickte sie in den Himmel, wo dunkle, massige Wolken die prallende Sonne verschluckten und den Himmel in die Nacht hinein färbten. Unsicher kaute sie auf ihren Lippen herum und musste sich gestehen, dass sie Tyler am liebsten wieder neben sich hätte. Sie spürte die Essenz von böser Macht, die sich deutlich von seiner unterschied und mit jedem Mal schleichend näher kam.
Gerade wollte sie sich nach ihm umsehen, als sie ein hörbares Knurren wahrnahm das von einem knappen Schrei überdeckt würde.
Oh Gott. Bitte nicht er, war der einzige Gedanke, der wie ein Blitz durch ihren Kopf schoss.
„Ty-“ Mehr konnte sie aus ihrem ausgelaugten Körper nicht hervorbringen, denn eine fesselnde Hand schloss sich wie aus dem Nichts um ihre Haare und riss ihren Kopf mit voller Wucht nach hinten. Mit aller Kraft unterdrückte sie einen Schrei, ehe sie verstand, was da gerade passiert war.
„Nein! Tyler!“, rief sie und versuchte die kühle Hand an ihren Haaren zu zerkratzen und irgendwie wegzubekommen. Erfolgslos.
Immer wieder bohrte sie ihre Fingernägel in das Fleisch, das sie umgab. Hinter ihr entblößte sich ein amüsiertes Lachen und gleich darauf stach eisiges Metall in ihren Rücken hinein. Auf einmal fühlte sich Cassim noch müder, als sie es ohnehin schon war. Ihr Wille wollte abermals nach Tyler schreien und ihn suchen, doch um ihre Augen tanzten bereits schwarze Punkte, die sich wie Schatten ausbreiteten und ihr jede Kraft dazu nahmen.
"Nein ... ", wimmerte sie ein letztes Mal.
Bebend schlossen sich ihre Lider, bis sie sich endgültig der Müdigkeit hingab und tief in Ohnmacht fiel.

-Ende Kapitel 8-

Kapitel 9

Es es war kalt. Ungemütlich. Die feuchte Luft klebte an ihrer Haut und ließ sie unaufhörlich zittern.
Cassim, flüsterte ihr die Stimme ihrer Mutter ins Ohr. Sie rief ihr immer wieder die Worte ''steh auf'' in den Kopf.
„Lass mich Mama, ich bin so müde.“, murmelte sie im Schlaf vor sich hin.
Steh auf, wiederholte sich die Stimme, während sie in jeder Sekunde immer mehr verblasste, bis sie endgültig erlosch.
Aufstehen, wiederholte sich Cassim selber und plötzlich sog sie scharf die Luft ein und riss mit einem Mal ihre Augen auf.
Hustend stützte sie sich auf ihre Ellenbogen, die sie gleich darauf um ihren vor Kälte schüttelnden Leib schwang.
Ihre Zähne klimperten aufeinander, während sie mit großen Augen schweigsam über die grauen Wände glitt, die sie vollkommen der Dunkelheit aussetzten.
Nur ein kleines, Gitterumramtes Fenster wurde weit oben angebracht und spendierte ihr den kleinsten Funken Licht. Erst jetzt verstand sie, wo sie sich befand: In einem Kerker.
Der Gedanke verursachte ihr Kopfschmerzen und ließ ihr Herz hysterisch schneller schlagen. Sie wollte schreien, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Schluchzend stemmte sie sich auf die Beine und wankte zu den mächtigen Stahlstäben hin, die sie einengten.
Wo bin ich? Wie bin ich hier hergekommen?, fragte sie sich ins Gewissen und versuchte ihre Umgebung genau auszumachen, ohne eine Antwort zu bekommen. Langsam verließen auch ihre letzten Kräfte sie, und sie rutschte an den Stäben zu Boden.
„Was ist hier los?“, flüsterte sie heiser in die Dunkelheit hinein und schluchzte nur noch lauter, während ihre Augen feucht wurden. Sie wollte nur noch aufwachen und hoffen, das dies ein Traum war. Immer müder wankte sie zu Boden um einzuschlafen.
„Cassim“, hauchte plötzlich eine raue, und vertraute Stimme. Abrupt hob sie den Kopf und sofort pochte ihr Schädel und die Erinnerungen meldeten sich allesamt zurück.
„Tyler!“, rief sie und die Tränen, die sie so lange zurückgehalten hatte, flossen nun unaufhaltsam ihre Wangen hinunter. Es war eine große Erleichterung, die sie für einen kurzen Moment aufblühen ließ.
„Schh. Du musst leiser sein, sonst merken sie, dass wir wach sind.“, ermahnte der Dämon sie.
„Oh mein Gott ... T-Tyler. Wo sind wir hier? Was ist passiert?" Die Stimme des Mädchens versagte mit jedem mal mehr, während ihre Lippen unter ihren Worten bebten.
„Beruhige dich! Sie haben uns Gift gegeben und uns in ihr Reich gebracht. Sie haben es auf dich abgesehen.“, keuchte er unter zusammengepressten Lippen hervor.
Sofort wurde ihr ein ganzen Stück kälter und ein Schauer nach dem anderen durchzuckten ihren Körper. Sie zwang sich nicht daran zu denken und ignorierte es mit aller Kraft.
„Wo bist du?“, flüsterte sie stattdessen schwach.
„In der Zelle gegenüber dir.“ Seine Stimme fing an zu schwanken und es hörte sich so an, als wenn sie zerbrechen würde.
„Geht es dir nicht gut?“
„Ich hab mehr Gift abbekommen und bin fest gekettet. Aber es geht.“, versicherte er ihr.
Gerade wollte sie was sagen, als Schritte von Außen ihr die Kehle zuschnürten und ihr Herz abermals anfing heftig gegen ihre Brust zu schlagen. Sofort schleifte sie sich bis nach hinten an die kalte Wand und wimmerte vergeblich. Beide hörten Gemurmel, das immer näher kam, bis Tyler leise vor sich hin knurrte, während Cassim sich das Grauen ausmalte.

-Ende Kapitel 9-

Kapitel 10

Das Geräusch von marschierenden Schritten kam immer näher. Mit jedem auftreten zuckte Cassim zusammen versuchte sich vergeblich tiefer an die Wand rein zu pressen.
Sie atmete in schweren Stößen um das Zittern, das ihren Körper nicht verlassen wollte, unter Kontrolle zu halten. Plötzlich wurde der gesamte Kerkerflur von Licht durchflutet, was beide Gefangenen sofort blendete.
Ihr Herz raste und wollte sich nicht beruhigen. Ängstlich zwang sie sich ihre eisblauen Augen zu öffnen und wagte sich einen Blick auf ihr Gegenüber. Tyler saß ebenfalls hinten an der Mauer gelehnt, seine Arme ruhten auf seinen Angewinkelten Knien, während sein Kopf träge hing und seine zerzausten, schwarzen Haare, die in seine Stirn fielen, ihr den Blick versperrten. An seinen Handgelenken befanden sich jeweils dicke Ketten, die an die Mauer geschweißt wurden. Schockiert schnappte sie nach Luft.
Sie wollte, dass er mit ihr Sprach, nur einmal seine Stimme hören, um sich zu vergewissern, dass es ihm gut ging, doch bevor sie den Gedanken weiter verfolgen konnte, nahm sie Schatten wahr, die sich an der steinernen Wand streckten, und sich mit jeder weiteren Sekunde vergrößerten.
Cassim konnte sich einem leisen Quietschen nicht entziehen und hob gleich darauf die Hand zum Mund.
Vor ihr erstreckten sich zwei große Gestalten. Sie waren Schlank und mit deutlich weniger Muskeln als Tyler versehen. Sie erkannte im Schimmer des Lichtes, dass sie eine blasse, bis bläuliche Hautfarbe hatten und die Klauen sich um mehrere Zentimeter erstreckten. Sie rappelte sich mühselig auf die Beine und betrachtete die schmalen Gesichtszüge der Dunkelelfen, die von ihren violetten Augen noch mehr zum Vorschein gebracht wurden. Einer der beiden riss ihre Zellentür auf und kam energisch auf sie zu.
„Hallo, Mystikermädchen.“, entgegnete er ihr mit einem spöttischen Lächeln. Cassim Kämpfte gegen ihren schwachen Körper an und trat zur Seite, um der Person, die unaufhaltsam auf sie zukam, auszuweichen.
Sie schluckte gegen ihre Angst an und versuchte, ihren Atem zu regulieren.
„W-was wollt ihr von m-mir?“, stotterte sie mit aller Kraft an den Dunkelelfen gewandt. Dieser schenkte ihr ein grauenhaftes Grinsen, ehe er sie in wenigen Sekunden am Arm packte und zu sich riss.
Seine krallen bohrten sich immer mehr in ihr Fleisch, doch Cassim blieb Standhaft gegen den Schmerz, der sich in ihrem kompletten Glied hochzog.
„Nur deinen Körper und deine köstliche Macht.“, antwortete der Elf knapp.
Sie fing an, erneut zu zittern und erst jetzt nahm sie das stetige Knurren des Dämons wahr, das sich mit jedem Mal gefährlicher anhörte. Sie schaute an dem Elfen vorbei und zu Tyler hinüber, der bereits auf seinen wackeligen Beinen stand und die Zähne fletschte, während er sich noch gebückt mit einer Hand an der Mauer abstützte.
Die anderen zwei Bestien ignorierten ihn und widmeten ihre ganze Aufmerksamkeit ihrer Machtquelle.
Cassim bemerkte nicht mehr, wie der Dunkelelf vor ihr die Hand hob und mit gewaltigen Schwung in ihr Gesicht schlug, wobei ihr Kopf zur Seite glitt und sie sich ihre Lippe blutig aufbiss, um einen Schrei zu unterdrücken.
Sie taumelte mehrere Schritte zurück, bis sich hinter ihr die kalte Wand erstreckte, an der sie sofort Halt fand. Im Hintergrund nahm sie schwache, dennoch rotglühende Augen wahr, doch ehe ihre Aufmerksamkeit weiter auf ihnen ruhen konnte, wandte sie sich wieder der anderen Bestie zu, die abermals energisch auf sie zukam.
Diesmal packte er sie an den Haaren und zog sie weiter vor.
„Lass mich los du widerliches Ding!“, schrie Cassim, von sich selbst überrascht und schlug wild um sich. Jetzt kam auch der andere Dunkelelf in die Zelle und trat ihr mit voller Wucht in den Magen.
Atemringend keuchte sie einmal laut auf, während sie krampfhaft zu Boden glitt und sich alles in ihr zusammenzog. Nur wenige Augenblicke später packte der erste der beiden Elfen sie wieder an ihren Haaren und zog sie schmerzhaft hoch.
„Was hast du gesagt?“, zischte er ihr mit einem bösen Unterton ins Gesicht. Sie erwiderte seinen Blick und krallte seine Hand an ihrem Hinterkopf.
Ohne Erfolg kratze und kniff sie sie, was dazu folgte, das sie an ihren Haaren brutal nach hinten gerissen wurde und ihr ein leises Stöhnen aus der Kehle entfuhr.
"Ohne dein Blut bist du nichts und nicht einmal mehr Wert, als ein jämmerlicher Sklave, der du auch sein wirst.", fauchte er nun etwas freudiger.
Cassim ignorierte seine Worte. Sie wusste ganz genau, wie ihre Zukunft aussehen würde.
Der andere Dunkelelf zuckte ein kleines Messer hervor und begann amüsiert zu Lächeln.
„Nein!“, knurrte gleich darauf eine kraftvolle Stimme die eindeutig Tyler zu gehören schien, denn alle Blicke wandten sich nun nach ihm um. Er atmete in gierigen Stößen und umklammerte die Stahlstäbe so hart, das seine Knochen weiß hervortraten. Dennoch sah man ihm seine Schwäche an, auch, wenn Cassim das Gefühl hatte, das sein Mal am Hals deutlich mehr Macht von sich gab.
Abermals entglitt beiden ein widerliches Lächeln von ihren Lippen, ehe der eine provizierend ansetzte: „Fang an, Asul.“ und damit passierte es zu schnell für ihren Verstand. Wie aus dem Nichts setzte Asul die Klinge an Cassims Kehle, und drückte mit ihr immer tiefer rein, bis sie ein Qualvolles Keuchen von sich gab. Sie wollte schreien und um sich treten, doch starke Arme hinderten sie daran und hielten sie da, wo sie war. Langsam aber sicher ging ihr die Luft aus und die Dunkelelfen spürten, das ihre Körperliche Schwäche sich nun durchsetzte.
Cassim bekam mit, wie ihr zu schneller Herzschlag pochte und das Nicken des Dunkelelfen, das an Asul gewandt war. Und damit war es bestimmt: Mit einem mal schnitt er ihr sauber und der Länge nach die Kehle auf. Sofort weiteten sich ihre Augen und sie entriss ihre Arme aus den kalten Griffen, die sie sofort auf ihren schmalen Hals presste. Das Blut quoll unaufhörlich an allen Rillen hinunter und klebte ihr überall auf der freien Schulter.
Sie nahm nur doch das Gelächter der Elfen wahr, gefolgt von einem düsteren Knurren. Sie spürte wie die Elfen das Blut in Behälter aufgossen, ehe es um ihre Augen immer schwärzer wurde und sie mühelos zu Boden glitt.
Die Kraft, die sie vor wenigen Sekunden noch besaß war wie ausgelöscht. Sie fühlte, wie ihr Leben aus ihren Adern gesaugt wurde und ihre Hände um ihren Hals nun auch locker ließen.
Das starke Mystikerherz, was vor kurzem noch so kraftvoll in ihrer Brust geschlagen hatte, verstummte mit jeder Sekunde mehr und machte sich fast unbemerkbar. Am Rande nahm sie nur noch Tyler wahr, dessen Augen nun wie Feuer loderten und alles Böse in ihm verkörperten.
Mit nur einer Handbewegung riss er die Stahlstäbe raus und fletschte seine scharfen Zähne. Jeder einzelne Muskel war bis zum zerreißen angespannt. Seine Aura wirbelte in Form von schwarzen Rauch um ihn herum und nun waren die Dunkelelfen diejenigen, die vor Schreck und Angst wahrhaftig zurücktraten.
Asul umklammerte abermals seinen scharfen Dolch, der unter seinen zittrigen Händen schwankte.
„K-K-Komm n-nicht näher!“, versuchte er mit stotternder Stimme zu drohen. Tyler hingegen trat einfach auf ihn zu und packte ihm am Handgelenk, was gleich darauf mit knackenden Geräuschen brach.
Er schrie laut auf. Der andere von ihnen setzte die Flucht an und versuchte in seinem Sprint, dem Dämon zu entkommen. Tyler stoß Asul kräftig zur Seite, während er sofort darauf schon vor dem anderen Elfen stand und ihn mit wütenden Augen, die töten könnten, anblickte. Er erstarrte in seiner Bewegung und konnte sich kaum mehr einen Schritt rühren.
In seiner Bösen Gestalt packte Tyler ihm an die Kehle und ließ ihn im eisernen Griff seiner Hand mühelos in der Luft taumeln. Der Dunkelelf rang vergeblich nach Sauerstoff die er nicht bekam und zappelte wild umher. Er packte ihm noch in seiner Bewegung am Schädel und zerschmetterte diesen mit einem kraftvollen Stoß an der Wand seinerseits.
Das Blut spritzte in alle Richtungen und seine leblose Leiche rutschte mit gebrochenem Genick die Wand entlang nach unten.
Asul betrachtete das Geschehen mit stockendem Atem und kauerte hinten auf dem Boden.„B-bitte, nicht! Bitte... I-ich... Es tut mir leid! Bitte! Du kannst das Blut haben, ich will es nicht!“
Der Dämon wütete umher und riss letztendlich mit bloßen Händen eine Stange aus den schweren Zellentüren. Er überhörte die flehenden Bitten des übriggebliebenen Dunkelelfen und kam in unaufhaltsamen Schritten auf ihn zu. Diesem blieb vor schock der Mund offen und sein Herz stoß mit zu vielen Aussetzern gegen seine Brust.
Tyler hingegen spürte das Adrenalin das seine Adern anfachtete und bohrte das Stahlgebilde in seiner verkrampften Hand blitzschnell durch Asuls Brust.
Er stöhnte das letzte mal laut auf und fasste an das eisige Metall. Die letzten Atemzüge quälten ihn durch seinen sterbenden Körper, ehe er zur Seite viel und kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Tyler wütete weiterhin umher und zerstörte jeden Gegenstand, der sich ihm in den Weg stellte.
Plötzlich nahm er ein leises Keuchen wahr, was seine sofortige Aufmerksamkeit auf sich zog. Stampfend folgte er dem Geräusch, das er vor kurzem noch wahrnahm und endete in einer Zelle. Er stand auf einer kleinen Pfütze die mit Blut übersät war, das unter seinen Schuhen klebte. Vor seinen Füßen lag die leblose Gestalt von Cassim, die in wenigen Minuten dahinsterben würde. Seine Augen strahlten noch immer die lodernden Flammen aus, die seine Macht kennzeichneten.
Er fletschte Cassim gegenüber die Zähne und wollte gar nicht weiter auf sie eingehen, als ihre sterbende Stimme etwas tief in ihm Berührte.
„Tyler ...“ hauchte sie so leise, das nur ein Dämonengehör es wahrnehmen konnte. Abrupt legte sich der Tornado, der vorhin noch wirbelnd um ihn schlug. Sein Blick ging von dem wütenden ins schockierte über und auch das Feuer in seinen Augen erlosch, sodass sie ihre schwarze Farbe wieder annahmen.
Tyler holte tief Luft und bevor er noch eine Sekunde verschwendete, kniete er sich neben sie und wagte es kaum sie zu berühren. Ihre Haare klebten ihr wirr im Gesicht. Schnell strich er diese zur Seite und musterte sie, bevor er mit einer gequälten Stimme ansetzte: „Cassim!“ Doch sie war schon so weit weggetreten, das sich ihre Lider schlossen und sie den Tod schon kommen sah.

-Ende Kapitel 10-

Kapitel 11

Sie war furchtbar müde und wollte sich gehen lassen, wollte einfach alleine sein und langsam einschlafen. Doch irgendetwas hielt sie immer wieder davon ab, indem es sie rüttelte und pausenlos ihren Namen rief.
Was ist das nur?, fragte sie sich ins Gewissen hinein. Sie wollte weiter darüber nachdenken, als sich etwas auf ihren Mund presste und ihr Kopf hochgehalten wurde.
Vergeblich versuchte sie sich gegen den Druck zu stemmen, doch sie konnte keinen einzigen Finger rühren. Ungewollt rann ihr schleichend ein süßer, metalliger Geschmack die Kehle herunter. Es versetzte sie in Schock und sie spürte, wie ihr Herz immer schneller werdende und kräftigere Schläge ansetzte.
Es bahnte sich durch ihren ganzen Körper und ließ sie heiß anlaufen.
„Mhmm...!“ Abermals wollte sie sich wehren, doch ihre Zunge leckte nur noch gieriger nach der warmen Flüssigkeit.
Ihre Adern brannten bereits, doch es hatte etwas unwiderstehliches, was sie nicht aufgeben wollte. Aus weiter ferne nahm sie ein mulmiges Zischen wahr, das sie vollkommen ignorierte, ehe ihr der Druck auf den Lippen entrissen wurde.
Sie wollte protestieren und mehr haben, doch die Müdigkeit gewann innerhalb in wenigen Sekunden sofort wieder die Oberhand über ihren leblosen Körper und ließ sie sanft in den Schlaf gleiten.


Langsam öffneten sich Cassims Lider und sie blickte in dichte Sternenbündel, die den schwarzen Himmel in silbernes Licht tauchten. Müde fuhr sie sich mit den Händen über die Augen und stützte sich leicht ab.
Wo bin ich?, war nur eines der vielen Fragen, die sich in ihrem Kopf sammelten, doch bevor sie sich eine Antwort darauf reimen konnte, erstreckte sich eine große Gestalt vor ihr, die sie besorgt, fast wütend musterte.
„Cassim!“, rief ihr eine männliche Stimme entgegen.
Abrupt meldete sich ihr Verstand – Tyler.
„Oh mein Gott ...Tyler.“, flüsterte sie und fing an heftig zu schluchzen. Ihr Top wies keine offene Stelle mehr auf, die nicht von ihrem Blut durchtränkt worden war. Er kniete sich neben sie und wischte mit seinen Fingern sanft über ihre nasse Wange.
„Es sollte so nicht kommen.“ Er sprach seine Worte gedämpft aus und die Wut, die sich abermals in ihm ausbreitete spiegelte sich mit harten Zügen auf seinem Gesicht wieder.
„Wieso lebe ich noch? Was hast du mit mir gemacht?, fragte sie zittrig und rappelte sich ein Stück weiter hoch, um ihm geradewegs in die Augen schauen zu können.
„Ich hab dir mein Blut gegeben.“, antwortete er knapp und zuckte mit den Schultern. Cassim klappte das Kinn hinunter. Die Angst, die sie vorhin noch verspürt hatte, war wie weggefegt.
„Du hast, WAS?!“
„Du wärst mir fast gestorben, was hätte ich denn machen sollen?!“, knurrte er.
Sie breruhigte sich einen Moment, um seine gesprochenen Worte einordnen zu können, und setzte abermals zu einer Frage an: „Wieso dein Blut?“
Tylers Augen funkelten die Überlegenheit förmlich aus und strahlten sie an.
„Dämonenblut ist das mächtigste Blut unter den Nachtwesen. Außerdem bin ich ein Adel, unseres ist noch stärker.“, sagte er und schenkte ihr ein herausforderndes Lächeln.
Sie ging nicht weiter darauf ein und konfrontierte ihn weiter: „Und wie hast du uns von da wegbekommen?“
„Das möchtest du nicht wissen.“
Cassim biss sich auf die Lippe und wandte den Blick von ihm ab. Die grausamen Erinnerungen, die sie von den Dunkelelfen plagten meldeten sich mit einem Mal zurück. Zittrig fuhr sie mit den Fingern über ihre Kehle an der sie eine raue Stelle fühlte, die beim Ertasten den Schmerz durch ihren Körper pulsieren ließ. Tyler beobachtete sie dabei und legte den Kopf schief.
„Soll ich mich drum kümmern?“, fragte er amüsiert und leckte sich gespielt über die Lippen. Sie verdrehte genervt ihre Augen. Sie mochte es nicht, doch manchmal war es nötig sich als schwächer zu erweisen.
„Aber mach schnell.“, forderte sie ihn leise auf und gab sich ihm widerwillig hin. Er funkelte sie noch einen Moment an, ehe sich seine Hand um ihren Hinterkopf schloss, den sie langsam in den Nacken legte. Ihr schlanker Hals war komplett entblößt und sie spürte seinen heißen Atem auf ihrer Haut und seine Lippen, die sich die richtige Stelle ertasteten.
Cassim fühlte sich unsicher sich dem Dämon so hinzugeben. Wieder leckte er mit seiner Zungenspitze zart über den Schnitt, der sich mit prickelnden Stichen schloss, bis nichts mehr von ihm zu sehen war. Er entfernte sich von ihr und setzte sich wie ursprünglich gerade auf.
„Danke.“, murmelte sie vor sich hin. Er nahm ihre Geste mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis und fuhr mit der Hand durch sein wirres Haar.
Sie wollte es verdrängen, doch in ihr brannte eine Frage, die sie nicht loslassen wollte und sich beim Anblick des Dämons immer mehr in den Vordergrund schob.
„T-Tyler ... Wieso hast du dir nicht einfach das Blut genommen?“
Verwundert wandte er sich zu ihr und legte seine Stirn in Falten.
„Wie meinst du das?“
„Du hast die beiden getötet und wurdest so wütend, ich ... ich konnte es genau spüren. Du hättest dir einfach mein nötiges Blut nehmen können.“ Sie blickte fest in seine schwarzen Augen, die sich nun selbst mit Fragen füllten.
„Wie bitte? Die hätten dich beinahe getötet! Kannst du dir vorstellen wie verdammt wütend ich geworden bin? Sie wollten dich einfach verbluten lassen und dir deine Macht nehmen!“ Er schrie sie schon fast an und sie merkte, wie sich seine Züge in Wut und Hass verwandelten. Ein letztes mal gönnte sie ihm einen traurigen Blick und setzte dann an: „Worin liegt der Unterschied zwischen dem, was sie mir angetan haben und dem, was du mir noch antun wirst?“ Die Augen des Dämons weiteten sich und schauten sie verdattert an.
Er gab ihr einen mörderischen Blick, der sie nahe der Angst versetzte und kurz aufzittern ließ.
„Du hast Recht. Es gibt keinen. Dennoch werde ich dich dem König persönlich ausliefern.“, sagte er kühl und stand auf, während seine Miene nicht mehr zu deuten war.
„Ich weiß.“, hauchte Cassim enttäuscht hinterher und schob sich an ihm vorbei. Sie wollte einfach weg von ihm, denn in ihrer Brust breitete sich ein unbekannter Schmerz aus, der sie zu Tränen rührte. Erschöpft wandte sich sie sich zu den leuchtenden Sternen, die ihr ein kleines Stück Mut gaben. Am liebsten wäre sie dort einfach gestorben.

-Ende Kapitel 11-

 

Kapitel 12

Die Nacht glich einer folternden Qual. Der Wind wehte mit mächtigen Zügen durch die leblosen Bäume, die ihre Blätter schüttelten. Unruhig wendete sie sich auf dem feuchten Boden hin und her und konnte dabei all ihre Gedanken nicht abschalten.
Er wird sie töten. Ganz sicher.
Ohne auch nur zurück zu zucken, einfach gnadenlos. Sie stellte sich die möglichen Variationen vor, wie sich ein eisernes Schwert durch ihr Fleisch frisst und ihren Körper in zwei teilt, was man mit ihrem Leichnam machen würde. Bei all diesen unbestimmten Vorhersagen wurde ihr schlagartig übel und sie schlang ihre Arme reflexartig um den Bauch. Da war etwas, was sie bedrückte und ein falsches Gefühl von sich gab.
Etwas wie Enttäuschung, verbunden mit der Angst, nur konnte sie nicht ausmachen, warum.
Cassim spürte seine Anwesenheit in der Nähe. Sie lauschte seiner dunklen Aura nach, die sich Zornig in der Umgebung ausbreitete und jeden in Angst versetzt hätte. Seine Wut war deutlich zu spüren, sie knisterte in der Luft, hüllte sie mit einem prickeln auf ihrer Haut ein. Es war ein unangenehmes Gefühl, als ob sie vollkommen von ihr verschluckt werden würde und gefangen wäre.
Vorsichtig wagte sie einen Blick über die Schulter, doch alles was sie sah war die Nachtschwarze Dämmerung, die sie blind werden ließ. Seufzend wandte sie sich wieder den Sternen zu, die wie ihre eigene Hoffnung schimmerten.


Seine Kontrolle war gering. In seinem Zorn war er kaum zu bändigen und unterdrückte mit voller Kraft jede Andeutung, seine Umgebung komplett zu zerstören. Wild ging er auf und ab, in dem glauben seine Wut damit niederzwingen zu können. Jeder seiner stählernen Muskeln war bis zum letzten Punkt angespannt, seine Hände zu Fäusten geballt.
In seinen unergründlich schwarzen Augen lag Schmerz. Schmerz, der ihn um den Verstand brachte und den er nicht in Worte fassen konnte. Er würde seine versprochenen Kräfte bekommen, würde ihr den letzten Tropfen Blut aus den Adern nehmen, denn dann würde sich seine Wut und Gier wieder legen.


Unsanft wurde sie aus ihrem Schlaf gerissen. Langsam öffnete sie ihre noch verschwommenen Augen und wischte mit der Hand drüber. Vor ihr erstreckte sich das ernste Gesicht von Tyler, dessen schwarzes Haar diesmal noch Wilder abstand und ihn unheimlich sexy aussehen ließ.
Schlechter Zeitpunkt, um an so was zu denken!, ermahnte sich Cassim und wandte beschämt den Blick ab.
„Mach schnell“, forderte er sie mit einer eiskalten Stimme auf, bei der sie kurz zusammenzucken musste, ehe sie sich widerstandslos erhob und unsicher auf ihn zuging. Das Gespräch der letzten Nacht schwirrte ihr immer wieder in den Kopf und sie wusste nicht, wie sie sich dem Dämon gegenüber verhalten sollte.
Mit gesenktem Kopf schlenderte sie ihm wortlos hinterher. Die kalte Ausstrahlung, die er von sich gab bedrückte sie immer weiter und eisige Schauer schlängelten oftmals durch ihren Körper. Gezwungen versuchte Cassim, die angespannte Atmosphäre zwischen ihnen zu ignorieren und widmete ihre Aufmerksamkeit der Umgebung zu, in der sie sich befanden.
Ein kahles Tal stach in toten Farben hervor und umrahmte das gesamte Bild. Einzelne Berge schossen in den Himmel hinauf, der Boden unter ihren flachen Schuhen war uneben, während sich kantige Steine immer wieder in ihre zierlichen Füße bohrten.
Der ganzen Weg, den sie zurücklegten ging Bergauf. Sie merkte, wie ihre Beine unter ihrem Körper immer öfter zu wackeln begannen und sie mit jeder Minute, die im schweigen verstrich, träger wurde. Sie hatte das Gefühl, jeden Moment in sich zusammenzubrechen.
„Tyler ... ich kann nicht mehr.“, flüsterte sie nach einer Weile ungewollt, doch es schoss reflexartig aus ihr heraus, als sie sich mit den Händen auf dem Boden abstützte. Der Dämon verharrte in seiner Bewegung und wandte das Gesicht zu ihr.
In seinem nachtschwarzen Augen erkannte sie, dass er sauer war. Energisch ging er auf sie zu und riss sie wieder auf ihre zerbrechlichen Beine. Ein leises, schmerzerfülltes Stöhnen entfuhr ihr dabei.
„Weiter!“, knurrte er knapp und zerrte sie ohne einen weiteren Protest ihrerseits hinter sich her.


Sie konnte nicht sagen, wie lange sie nun schon unterwegs waren, denn jegliches Zeitgefühl wich von ihr ab. Je weiter sie geradeaus liefen, desto düsterer wurde die komplette Landschaft. Unruhig glitten ihre Augen ängstlich hin und her, in der Hoffnung, ein kleines Stück leben zu finden, doch alles was sie sah waren abgestorbene Bäume und ausgetrocknete Flüsse. Auch das Wetter schlug um und ließ Cassim unter ihrem kalten Wind frösteln.
„Wir sind da.“, verkündete plötzlich eine eiserne Stimme und schleuderte sie aus ihren Gedanken.
„Was ... Wo?“, doch bevor sie ihre Frage weiter aussprechen konnte, erblickte sie ein übergroßes Metalltor, das auf beiden Seiten jeweils mit stählernen Mauern verbunden war, die nach ihrer Wahrscheinlichkeit eine Stadt umgaben. Sofort überkam sie ein Gefühl der Angst und sie merkte nicht, wie sie ihre Fingernägel in Tylers arm bohrte.
„I-ist das ... Unser Ziel?“, würgte Cassim aus ihrer völlig ausgetrockneten Kehle hervor.
Der Dämon hingegen lachte leise auf und entfernte ihre verkrampften Finger aus seinem Fleisch.
„Für heute, ja.“, sagte er sichtlich amüsierter.
„Das heißt?“, hakte sie mit zittriger Stimme nach, wobei sie den Blick von der kühlen Mauer nicht eine Sekunde lang abwandte.
„Wir sind in Montera. Eine eher mittelgroße Stadt in der eigentlich nur Vampire, Seelenfresser oder Schattenwesen leben.“, antwortete er lässig und setzte seinen Weg auf die Stadt fort.
„Also sind wir nicht in -“ Sie wollte weiter ansetzen, doch er schnitt ihr das Wort ab.
„Darkin. Nein, aber es ist nicht mehr weit bis dahin.“ Sie schluckte den harten Klos in ihrem Hals herunter, sammelte all ihren Mut zusammen und verscheuchte jeden Gedanken der Angst aus ihrem Kopf.
Jetzt wollte sie auch mal ihre Stärke zeigen.

-Ende Kapitel 12-

Kapitel 13

Mit zusammengebissenen Zähnen stapfte Cassim entschlossen hinter Tyler her, bis sie vor dem eisernen Eingang zu Montera standen. Misstrauisch musterte sie die düstere Mauer, die weit über ihren Köpfen hochschoss.
„Hast du Angst?“, flüsterte eine amüsierte Stimme plötzlich neben ihrem Ohr. Erschrocken fuhr sie zurück und blickte in das süffisante Lächeln des Dämons, der die Situation genoss.
„Tzeh! Hab ich nicht.“ Sie versuchte ihre Stimme so gut es ging zu kontrollieren, denn ihr Herz raste bereits wieder.
Tyler schmunzelte und in der nächsten Sekunde hielt er ihre Hände gekreuzt hinterm Rücken. Sie stieß einen leisen Schmerzensschrei aus, ehe sie das Geschehene mitverfolgte, und ihn mit hochgezogenen Augenbrauen anstarrte.
„Was soll das jetzt wieder? Lass. Mich. Los!“, fauchte sie giftig und stemmte sich gegen seinen Griff.
„Tut mir Leid, Kleines – oder auch nicht. Wenn ich schon keine Stricke habe, dann musst du dich wohl damit zufriedengeben.“, sagte er voller Sarkasmus und stieß sie von hinten an, um zu erläutern, dass es voran geht.
„Du machst wohl Witze!“
„Nein.“
„Tyler!“
„Jup?“
„Lass mich los! Das tut weh!“
„Nope.“
Cassim spürte bereits die Wut die in ihr aufstieg und stellte sich sein arrogantes Grinsen vor, das sich jetzt wieder über sein Gesicht legte. Noch nie hatte sie eine so temperamentvolle Person gesehen, die sie in wenigen Sekunden zur Weißglut bringen konnte und selber einen Launenumschwung von einem Lidschlag besaß.
Bei dem Gedanken würde sie ihn am liebsten tot prügeln, doch sie entschloss ich für die ruhigere Variante und senkte gekonnt ihren Ton.
„Hätten wir jetzt also Stricke, würdest du mich festbinden.“ Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage.
„Du hast's erfasst.“
„Und warum?“, setzte sie erneut an.
„Weil das eine Stadt der Nachtwesen ist. Heiligenwesen wie du, Elfen oder sonst was sind hier nicht erwünscht. Außer sie sind Sklaven. Ach und ... Hätte ich Stricke, würde ich dich auch so festbinden. Zumindest würde mir das meine Arbeit um das zehnfache erleichtern.“ , antwortete er hinter ihr gelassen.
Cassim klappte der Unterkiefer herunter, und sie hoffte inständig, dass sie sich verhört hatte.
Vergebens.
„Sklaven ... Sklaven?! Du willst mir sagen, ich bin jetzt deine Sklavin?!“, schrie sie beinahe hysterisch und atmete in schweren Stößen, während sie sich reflexartig in seinem Griff wand, den er mühelos verstärkte.
Der Dämon kicherte leise, ehe er im überlegenen Ton feststellte: „So sieht's wohl aus.“
„Bei den heiligen Göttern ... Wo bleibt euer Schutz.“, murmelte sie noch niedergeschlagen vor sich hin.
Das Tor wurde in quetschenden Geräuschen aufgeschoben und entblößte immer mehr der dunklen Stadt.
Sie spürte den Klos, der sich erneut in ihrer Kehle sammelte und Schluckte ihn nervös herunter.
Zwei Männer in schwarzen Metallrüstungen marschierten geradewegs auf sie zu. Ihre Gesichter waren schwer zu deuten, doch Cassim spürte die düstere Aura um sie herum.
Einen Meter vor ihnen kamen sie immer langsamer zum stehen, ehe die Männer die Augen weit aufrissen und sich mit einer schnellen Bewegung verneigten. Runzelnd betrachtete Cassim die Männer und blickte dann zu Tyler auf, dessen Augen wie schwarze Diamanten funkelten.
„Seid willkommen, mein Prinz. Können wir etwas für sie tun?“, fragte einer der Männer in einer noch immer verbeugten Geste.
Erst jetzt meldete sich ihr Verstand wieder zurück. Tyler Evans, Prinz der Dämonen aus der vierten Generation, Sohn von Graham Evans, der mächtigste Herrscher der gesamten Nachtwesen. Sofort überschlug sie die Angst und ihr wurde wieder klar, neben wem sie sich befand.
„Macht ihr nur eure Arbeit, ich werde mit meiner Sklavin", dabei nickte er in Cassims Richtung, die den Blick gesenkt hielt „nur ein wenig hier verweilen.“
„Ja, Herr.“, nickten beide Wachen, ehe sie das Mystikermädchen noch einmal abschätzend musterten. Tyler marschierte geradewegs durch und schob sie unter seinen schmerzenden Griff vorwärts.


Die Straßen wären bis auf das letzte Stück in Dunkelheit versunken, gäbe es nicht alle paar Meter eine schwach leuchtende Lichtquelle. Seit zwanzig Minuten liefen sie durch die Gassen wobei sich Cassim hilflos und allein vorkam, während Tyler nach ihrem Anschein genau wusste wo es lang geht.
„Tyler, wohin gehen wir?“, fragte sie nach einer Weile des Schweigens. Abrupt blieb er stehen, gab ihre Hände frei und drehte ihr Gesicht zu sich, während er sie am Kinn packte und sie zwang, ihn anzusehen. Im ersten Moment lag Schreck in ihren Augen, der sich nach wenigen Sekunden legte.
„Hör zu. In dieser Stadt bin ich nicht Tyler, sondern der Prinz. Und du, wie auch alle anderen hier, bist meine Untergebene. Das heißt, du nennst mich Prinz oder Herr. So läuft dass, und du hältst dich gefälligst dran. Ansonsten fliegen wir auf und jeder Merkt wer du eigentlich bist. Ich denke, du kannst dir auch vorstellen, wie das dann ausgeht. Ich zumindest habe keine Lust von einer Horde Seelenfresser oder sonst was verfolgt zu werden. Also befolge jeden meiner Befehle und verhalte dich sonst ruhig. Verstanden?“ Jeder freundliche Ton aus seiner Stimme war gewichen und ließ die eiserne Kälte dort zurück. Bei seinen Worten bekam sie etwas Angst, doch sie verstand worauf er hinaus wollte. Diesmal kein Blutbad.
Cassim nickte schwach und wandte den Blick aus seinen fesselnden Augen ab.
„Schön. Dann wäre das ja geklärt.“, bestätigte er und setzte den Weg fort.


Jede Sekunde kam ihr wie eine Ewigkeit vor, in der sie einfach weiter durch kaputte Straßen schlenderten. Sie konnte nur Bruchteile von Häusern ausmachen, die im schwachen Licht ihre schwarze Farbe zeigten, was die Stadt noch düsterer wirken ließ. In der bereits Vergangenen Stunde ist ihnen noch keine andere Gestalt begegnet, doch manchmal hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden, was sie mit jedem mal zu unterdrücke versuchte.
Plötzlich blieb der Dämon ein weiteres mal unangekündigt vor einem großen schwarz-roten Gebäude stehen. Cassim durchfuhr eine eisige Gänsehaut, die jedes Funken Wärme aus ihr raus jagte. Ihr Atem ging in unregelmäßigen Zügen, während Tyler gelassen an einer ebenfalls schwarzen Tür klopfte. Sofort öffnete sie sich und helles Licht fiel ihr in die Augen, blendete sie.
Darunter zeichnete sich auch ein großer Junge ab, der Tyler erst missmutig anstarrte, doch gleich darauf in ein freudiges Grinsen verfiel. Zu ihrem Schrecken hatte auch Tyler ein strahlendes Lächeln aufgesetzt, das sich als echt erwies.
Was geht hier vor?, war nur einer von vielen Fragen in ihrem Kopf.

-Ende Kapitel 13-

 

Kapitel 14

„Na sieh mal einer an, besucht uns der Prinz also auch mal wieder“, sagte der junge Mann mit einem spöttischen Lächeln und deutete mit einer freundlichen Geste, dass sie eintreten konnten.
„Ich dachte schon, du hättest mich vermisst.“, konterte Tyler mit dem selben Ausdruck und trat in das Haus, während er Cassim vor sich herschob. Der Mann lachte auf und reichte ihm seine Hand, die der Dämon freudig ergriff und seinen Freund mit einer Umarmung kurz auf den Rücken klopfte.
Das Mädchen neben ihm war sichtlich verwirrt und runzelte die Stirn. Sie betrachtete den Jungen, dessen kurzes, braunes Haar leicht nach oben gegelt worden war. Seine Züge waren Markant, ebenso wie sein Körper der trotz der Klamotten mehrere Muskeln aufwies.
Sie schluckte. Er war umwerfend, dennoch stellte Tyler ihn gnadenlos in den Schatten.
Smaragdgrüne Augen musterten sie streng und blitzten im hellen Licht auf.
„Das ist sie?“, fragte er den Dämon mit einer rauen Stimme, ohne den Blick von ihr abzuwenden, den er über ihren gesamten Körper wandern lies. Panik ergriff sie, und sie trat unsicher einen Schritt zurück.
„Mh-hm.“, gab Tyler uninteressiert zurück und streckte sich.
Auf dem Mund des Mannes zeichnete sich ein deutliches Grinsen ab, das Cassim in Angst versetzte. Ungewollt fing ihr Körper an zu zittern und sie konnte ihn nicht mehr richtig unter Kontrolle bringen.
„Nicht schlecht.“, gab er zu, ehe er sie nochmals von oben bis unten genau musterte.
„Und trotzdem anstrengend.“, sagte Tyler und lächelte ebenfalls frech. Sie verstand die Welt nicht mehr und wollte gerade was sagen, als die Worte des Prinzen in ihrem Kopf widerhallten. Sie durfte unter keinen Umständen einfach mit ihm reden.
Nervös ließ sie den Blick ihrer eisblauen Augen gesenkt.
„Er weiß bereits von dir, Cassim.“ Die Stimme ließ sie zusammenzucken, und sie wandte sich abrupt an Tyler.
„Aber ich dachte ... Keiner darf wissen, dass ich hier bin und wer ich bin.“
„Da wird Arian ausgeschlossen.“, antwortete er knapp und gönnte seinem Freund nochmals ein schiefes Lächeln. Dieser tat es ihm nach und entblößte dabei seine spitzen Reißzähne, die ihm aus den Ecken rausragten.
Cassims Augen weiteten sich entsetzt.
„D-Du ... Du bist ein Vampir?“, fragte sie unsicher und voller Misstrauen.
„Noch nie einen gesehen?“ In Arians Stimme lag amüsanter Spott und er legte sein dickes Grinsen nicht einen Moment lang ab.
„Nicht wirklich.“, gab sie sichtlich zu. Die Angst, die sie vor wenigen Minuten noch verspürt hatte, nahm nicht ab, doch sie versuchte sie so gut es ging zu unterdrücken. Der Gedanke daran mit einem Dämon und einem Blutsauger zu sein, verursachte ihr ärgerliche Kopfschmerzen. Tyler musterte die beiden mit engen Augen, während er mit gekreuzten Armen vor der Brust an der Wand lehnte.
„Bringst du uns auf unser Zimmer?“, unterbrach er beide und Arian schaute zuerst verwirrt rein, nickte ihm aber dann stumm zu, ehe er mit einer weiteren Kopfbewegung deutete, ihm zu folgen. Cassim und Tyler taten es ihm gleich und liefen einen langen Flur entlang, der schlicht in weiß gehalten wurde. Sie betraten eine hinaufführende Treppe, die an ihren Wänden verschiedene Gemälde aufwies, die die tote Farbe mit ihren bunten überdeckten und alles wärmer aussehen ließen.
„Einfach geradeaus weiter.“, erklärte Arian am ende der Stufen knapp und zeigte auf eine einfache Holztür am ende des Ganges. Was war das plötzlich für eine unangenehme Aura zwischen den beiden, die sie gespürt hatte?  „Danke“ Tyler trat voran und winkte sie neben sich, ehe sie das Zimmer betraten und die Tür hinter ihnen mit quietschenden Geräuschen in ihr Schloss fiel.
Schon wieder in einem Zimmer mit ihm, dachte sie sich und schluckte den Klos in ihrem Hals runter.
Nichts besonderes, stellte Cassim fest. Der Boden war mit dunklem Holz ausgelegt, es befand sich nicht mehr als ein etwas größeres Bett und eine kleine Kommode in dem Raum. Auch hier wurde alles in einfachem Weiß gehalten. Die Fenster jedoch waren mit schwarzen Gardinen versehen, die den Blick in die Nacht versperrten.
„Ausziehen.“, ertönte plötzlich eine kalte Stimme und riss sie aus ihren Gedanken.
„Wie bitte?“, fragte sie verwirrt nach.
„Ausziehen!“ Sie verstand es nicht ganz, jedoch breitete Panik sich im nächsten Moment in ihr aus und sie wusste nicht, ob sie sich nicht doch verhört hatte.
„Was heißt hier „ausziehen“ ?“, hakte sie vorsichtig nach, doch ihr zittriger Ton verriet ihre Angst.
„Was verstehst du daran nicht?“ Verärgert hob er eine Augenbraue hoch.
„W-Was hast du vor?“ Ihr Herzschlag setzte zu unregelmäßigen und zu schnellen Stößen an.
Der Dämon betrachtete sie noch einen Moment so, ehe er plötzlich vor sich hin kicherte.
„Gar nichts hab ich vor.“ Er schmiss ihr ein normales, weißes Shirt zu.
„Dein Blutgeruch macht mich einfach nur wahnsinnig und Arian hält sich sicher auch nur schwer zurück. Jetzt zieh dich um.“ Der Mund blieb ihr offen stehen. Tyler genoss den Anblick mit seinem süffisanten Lächeln. Sie spürte wie ihre Wangen anfingen zu glühen und das Grinsen des Dämons sich umso mehr weitete. Wortlos drehte sie sich um, zog ihr blutgetränktes Top aus und warf es achtlos in eine Ecke. Tyler verfolgte jede ihrer Bewegungen und ließ seinen Blick über ihren kurvigen Körper gleiten und den karamellfarbenen Haaren, die sich mit schweren Wellen über ihren gesamten Rücken legten. Sie fühlte seine bohrenden Blicke und zog sich das Stück Stoff hektisch über. Mit gesenktem Kopf drehte sie sich wieder zu ihm und murmelte ein kaum hörbares "Danke" vor sich hin.
„Schon besser.“, gab er nach einem Moment zu, zog sein Shirt ebenfalls aus und ließ sich aufs Bett fallen. Der Anblick seiner stählernen Bauchmuskeln, die sich geschmeidig auf seinem großen Körper abzeichneten, entging ihr nicht. Sofort fingen ihre Wangen wieder an zu brennen und sie würde sich am liebsten selbst ohrfeigen.
„Also“, setzte Tyler nun an „entweder der Boden, oder der Platz neben mir.“, sagte er voller Sarkasmus und konnte sich einem genussvollen Grinsen nicht entziehen, als er ihren geweiteten Blick sah. Im ersten Moment lief ihr bei dem Gedanken ein eiskalter Schauer über den Rücken.
„Du machst wohl wieder Witze?“, fragte sie ihn geschockt, wusste es selbst aber besser. Er meinte es ernst.
„Ich überlasse dir nur die Wahl.“
Arroganter geht es wohl nicht!, dachte sich Cassim und zog die Nase kraus.
„Das kannst du vergessen. Ich würde eher draußen schlafen, als auf dem selben Quadratmeter wie du!“, fauchte sie.
„Diese Möglichkeit hätten wir auch, wenn du magst. Die Seelenfresser würden sich über so ein leckeres Stück sicher freuen.“ Der äußerst amüsante Unterton seiner Stimme senkte sich keinen Moment. Für kurze Sekunden stockte ihr der Atem. Sie kannte all diese Wesen nicht. Noch nicht. Sofort fasste sie sich wieder und bemühte sich um eine fest klingende Antwort: „Tja, dann hat der Boden bessere Karten als der Platz neben dir.“
„Gut. Angenehme Nacht.“, sagte er noch mit einem Zwinkern und knipste das Licht aus.
Der will mich wohl wirklich provozieren!, fluchte sie und kochte beinahe vor Wut. Immer wieder schaffte er es, sie um den Verstand zu bringen. Das wiederum weckte ihre ganzen Aggressionen. Widerwillig setzte sie sich mit angewinkelten Beinen an die kalte Wand neben dem Bett und schmiegte das Gesicht in die Arme.


Mit zitterndem Leib hoben sich Cassims schwere Lider und entblößten ihre hellen Augen, die in der Dunkelheit leuchteten. Die Nacht in dieser Stadt war im Gegensatz zu draußen eisig. Zähneklappernd schlang sie die Arme um ihren mittlerweile kalten Körper.
Wie konnte er da nur so ruhig liegen?, fragte sie sich, den Blick auf Tylers nackten Oberkörper gelegt, der in der Schwärze nur schwach zur Geltung kam. Ihre Augen hefteten sich am Bett fest, und ruhten dort für einen Moment lang. Sie schluckte. Auf dem kühlen Boden würde sie sich noch den Tot holen, was ohnehin keine Rolle mehr spielte.
Ängstlich, und so geräuschlos wie möglich erhob sie sich und steuerte direkt auf das Gestell zu, wo ihr zukünftiger Mörder drin lag. Sie zögerte noch einen Augenblick, ehe sie ihre Kiefermuskeln entschlossen anspannte und vorsichtig auf die weiche Matratze kletterte. Cassims Herz raste bereits wieder und sie legte sich an das Bettende, darauf bedacht so weit wie möglich von ihm entfernt zu bleiben. Sofort spürte sie die angenehme Wärme, die der Dämon ausstrahlte und seufzte wohlig auf. Ihr zitterndes Leib beruhigte sich mit jeder Sekunde mehr, und sie ließ sich komplett von dieser ausgehenden Hitze einhüllen. Cassim vergaß die Welt um sich wieder, und die Müdigkeit vernebelte abermals ihre Sinne und ließ sie sorglos in den Schlaf gleiten.

-Ende Kapitel 14-

 

Kapitel 15

Sie spürte eine wohlige Wärme, die von ihrem Rücken ausging und schmiegte sich tiefer in sie hinein. Sofort durchzuckten heiße Schauer ihren kleinen Körper, sodass sie zufrieden seufzte, bis das grelle Licht des kalten Morgens von Montera mit hellen Strahlen direkt durch ihre Lider schien. Genervt wollte sie das Gesicht abwenden und mit einer drehenden Bewegung entkommen, doch irgendetwas hielt sie dabei auf.
Stirnrunzelnd schlug sie die Augen auf, und blinzelte noch einen Moment lang gegen die Benommenheit an. Und erschrak mittendrin.
Cassim wollte schreien, doch ihre Kehle war zu trocken und unterdrückte die Laute, als sie den stählernen Arm des Dämons um ihre Taille entdeckte. Sie war ebenfalls warm und groß, der Griff, der ihren zierlichen Körper umschlang saß durch die markanten Muskeln Felsenfest.
Oh Gott, oh Gott!, dachte sie sich. Mehrere Atemzüge lang starrte sie nur auf diesen Arm und beruhigte sich schlussendlich wieder. Sie spürte sein Gesicht in ihrem Nacken versteckt, und seine heißen Atemstöße die ihre weiche Haut streiften und sie in Verlegenheit brachten.
Er sog genüsslich den frischen Vanilleduft ihres langen Haares ein. Sie schluckte. Ihr Körper war mehr als heiß. Nein, er verbrannte beinahe.
Vorsichtig setzte sie eine Hand auf seinen schweren Arm und versuchte diese vergeblich wegzuschieben, als der Griff sich augenblicklich verstärkte und Cassim scharf nach Luft schnappte.
Er spielt mit mir, stellte sie wütend fest und biss die Zähne zusammen.
„Du kannst mich auch wieder loslassen!“, zischte sie. Sie sah sein schönes Gesicht nicht, doch wusste, das sich auf diesem wieder ein breites Lächeln gebildet hatte.
„Was führt dich denn hierher?“, fragte er gespielt.
„Lass mich einfach los, Tyler!“
„Nur wenn du mir sagst, was du hier zu suchen hast.“ Seine Stimme trug den ganzen Sarkasmus den er hatte, in sich. Cassims Wangen brannten bereits wieder, als sie stotternd antwortete: „Mir war nur kalt!“ Abermals versuchte sie sich gegen seine unermessliche Kraft zu stemmen, doch sie rührte sich keinen Zentimeter. Tyler lachte amüsiert auf. Er wusste, wie warm er war. Der Dämon hatte in der Nacht bereits ihren Zittrigen Körper gespürt, doch nie hätte er erwartet, dass sie sich neben ihn legt. Er sah ihr weiches Gesicht in der Dunkelheit, die schmalen Umrisse ihrer hohen Wangenknochen und die langen schwarzen Wimpern, die sonst immer das Eis ihrer Augen umrahmten. Interessiert hatte er ihre Lippen gemustert, die nicht mehr vor Kälte bebten, sondern einen zarten rosa Farbton annahmen, wie er es kannte.
„Gut, aber mich trifft da keine Schuld, wenn du dich ständig an mich zerrst.“, sagte er mit einem breiten Lächeln und gab sie frei. Abrupt drehte sie sich zu ihm und stützte sich mit einem Arm auf der Matratze ab, um ihn genauer ansehen zu können. In ihren Augen loderte eine gewaltige Wutwelle, ihr Kiefer war angespannt.
Wieder kicherte Tyler vor sich hin.
„Ich finde das gar nicht lustig!“, knurrte sie ihn giftig an.
Herausfordernd zog er eine Augenbraue in die Höhe, wobei sein süffisantes Lächeln nicht einen Moment lang aus seinem Gesicht wich.
„Also ich schon.“, gab er amüsiert zu und streckte sich.
Cassim blieb der Mund offen. Sie rang um die richtigen Worte doch wusste, das er keines davon ernst nehmen würde und sich daraus wieder einen Spaß machte um sie zu ärgern. Wutschnaubend stieg sie aus dem Bett, er tat es ihr gleich. Tyler übernahm die Führung, als sie die Treppenstufen durch den weißen Flur hinunterschlenderten. Sie betraten einen Raum, der für das Mädchen vorher noch unbekannt war. Sie starrte perplex in das Wohnzimmer, dessen Wände ebenso weiß gehalten wurden, wie nach ihrem Anschein auch der Rest des Hauses. An ihnen befanden sich kleine Regale in denen vereinzelt verschiedenfarbige Vasen aufgestellt wurden. Mittendrin erblickte sie vier rote Sessel die abgenutzt und spröde aussahen, vor ihnen ein kleiner, dunkler Holztisch.
Alles in einem war es nichts besonderes, säße nicht in einem der Sessel ein strahlend Lächelnder Arian der bei ihrem Auftreten sofort auf die Beine sprang.
„Gut geschlafen?“, fragte er wohltuend und zwinkerte Tyler dabei zu. Dieser zog seine Augenbrauen hoch, während Cassim skeptisch zwischen beiden hin und her schaute.
„War 'n Spaß!“, flötete er vor sich hin und nahm Cassim in Betracht. Seine Augen hefteten sich für kurze Zeit an ihrem Hals fest, an dem er ihr Blut durch die Hauptschlagader rauschen hörte, sowie ihr Herz, das momentan viel zu schnell schlug und ihre Nervosität verriet. Irritiert schaute er wieder zu Tyler hoch, dessen Züge angespannt und wütend wirkten. Nochmals huschte ein unsicheres Lächeln über Arians Lippen, ehe er mit einer Kopfbewegung deutete, ihm zu folgen.
Der Dämon ließ ihn dabei nicht einen Moment aus seinem Blickfeld, während er Cassim unsanft hinter sich her zog. Auch ihr entging diese kühle Atmosphäre nicht.
Was ist los mit ihnen? In einem Moment sind sie beste Freunde und im nächsten kann Tyler sich nur schwer zurückhalten ihn nicht zu zerfetzen, fragte sie sich und bekam durch das ganze grübeln schon wieder Kopfschmerzen, als sie in einer schlichten Küche saßen und Arian ihr etwas Brot gab. Seufzend hielt sie sich die Schläfen mit zwei Fingern, die sie langsam massierte.
„Was ist?“, fragte plötzlich eine kühle Stimme, die sie hochschrecken ließ. Dabei begegnete sie Tylers durchdringenden Blick. Seine schwarzen Augen verrieten keinerlei Gefühlsregungen, man schaute in ein tiefes Loch, doch seine Aura strahlte eine bebende Hitze aus.
„Eh ... Nichts.“, antwortete sie nach einer Weile, wobei ihre Stimme nicht so fest klang, wie sie wollte.
Er nickte nur verständlich und konfrontierte sie nicht weiter, wofür sie dankbar war.


Die beiden Jungs unterhielten sich über uninteressante Sachen, weshalb sich Cassim noch etwas Brot gönnte und mit einem gesättigten Bauch in ihrem Stuhl versank. Der Blutsauger unter ihnen bemerkte dies, und lächelte sie freundlich an. Cassim erwiderte die Geste stockend.
„Hat es wenigstens gut getan, Mystikermädchen? Es tut mir Leid, dass wir hier nicht mehr haben als Brot. Doch wir brauchen so was nicht.“ Seine Stimme war warm und ehrlich, sodass sie sofort verstand, was er meinte.
„Ich danke vielmals.“, gab sie als Antwort und schenkte ihm ein schiefes Lächeln. Langsam kam er auf sie zu und nahm ihre Hand in seine. Sie zuckte kurz zusammen, als sie merkte wie kalt diese war, obwohl man ihm das nicht anmerkte. Er drückte ihr einen zarten Kuss auf den Handrücken, wobei er sagte: „Nichts zu danken, Cassim.“ Sofort überfiel sie der Scham, und sie entzog ihm ihre Hand.
Mit geröteten Wangen wandte sie sich ab. Ein ungutes Gefühl packte sie, als sie eine allzu bekannte Aura im Raum spürte, die ihre Wut nur schwer unter Kontrolle halten konnte und als sie in Tylers rotanlaufende Augen blickte, bekam sie die Bestätigung und ihr Herz setzte aus.
Dann ging alles viel zu schnell, als hätte sie es mit verfolgen können.
Der Vampir wurde noch in der gleichen Sekunde weg geschleudert, wo gleich darauf eine stählerne Hand, die sich um seinen Hals schloss und gegen eine Wand presste. Die Augen des Dämon waren bereits komplett verfärbt und die Wut nahm die Kontrolle über ihn. Unter seinem Griff keuchte Arian und versuchte vergeblich sich zu befreien, doch seine Kraft schien nicht gemessen zu sein. Tyler drückte immer weiter zu, bis das Blut dem Vampir aus dem Mund quoll.
„T-Tyler.“ Seine Stimme war nicht mehr als ein sterbendes Husten, das aus einer zusammengepressten Kehle kam. Der Dämon zeigte keine Regung, sondern hob Arian vom Boden und schmetterte ihn gegen die nächste Wand, woraufhin er mit der Faust zu einem kräftigen Schlag nachrückte.
Ein tiefes Knurren entfloh ihm, als er zum endgültigen Hieb beifügen wollte, hätte sich nicht eine zierliche Person vor ihn gestellt. Eisblaue Augen bohrten sich in seine, er versank in ihnen wie in Trance, so schnell ging es. Immer wieder bekam er Worte zu fassen, doch aufnahmefähig war er nicht.
Ein beruhigendes Gefühl wich in die Glieder des Dämons, bis er sie erkannte: Cassim. Und damit kam er zur Besinnung zurück. Seine Augen verdunkelten sich bis in die Farbe der Nacht hinein, seine Wut bändigte sich.
„Tyler, was hast du getan! Er ist dein Freund!“, schrie Cassim ihn aufgebracht an und wandte sich zurück zu Arian, der wieder mehr Luft zu sich nahm.
„Man Tyler, reiß mir demnächst bitte einfach das Herz raus!“, keuchte der Blutsauger hervor, doch in seiner Stimme schwang Ironie und Spaß mit. Und Vergebung.
Tyler war wie ausgewechselt und half seinem Freund auf seine wackeligen Beine.
„Tut mir Leid, Arian.“ Er klang etwas verwirrt und gekränkt über sich selbst. Denn er wusste nicht, wieso er das getan hatte. Arians Wunden heilten bereits und seine Stimme hatte mehr Ton in sich aufgenommen.
„Wir alle drehen mal durch.“, gab er schwach zurück und lächelte ebenfalls leicht.
Für Cassim war das alles zu unverständlich. Sie konnte sich nicht beantworten, weshalb Tyler das gemacht hatte. Tausend Fragen brannten sich in sie hinein und sie bezweifelte, jemals eine Antwort darauf zu bekommen.
Doch einem war sie sich sicher – Sie fürchtete zwar immer noch den Dämon in seiner wütendsten Gestalt, aber sie konnte seine scheinbar unkontrollierbare Kraft zügeln.
Besorgt musterte sie wieder Arian, der sich auf einen der Stühle niederließ und seinen Hals abtastete. Als Tylers Blick an die Wand ging, presste er die Lippen aufeinander, und sagte: „Sorry Kumpel, die Blutflecken kriegst du da vielleicht raus, aber die Dellen wohl nicht mehr.“ Auch der Vampir und die Mystikerin wandten ihre Aufmerksamkeit der Wand zu, die zu ihrem Schock tiefe Beulen und Löcher aufwies, die Tyler mit der blanken Faust rein geschlagen hatte.
„Mach dir keine Sorgen.“, erwiderte Arian und zwinkerte ihm zu. Cassim kam ich etwas benommen vor, als ob die Sache hier nie passiert wäre, obwohl Tyler seinen Freund vor wenigen Minuten noch umbringen wollte. Bei dem Gedanken schoss ein gewaltiges Zittern durch ihren Körper, das sie nervös werden ließ. Noch heute würden sie aufbrechen – nach Darkin. Das Unheil, das schon seit längerem in ihrer Zukunft auf sie lauert und das sie bis heute so gut wie möglich ignorierte.

-Ende Kapitel 15-

 

Kapitel 16

Sie alle drei standen an der braunen Ausgangstür, die mit verschiedenen Mustern verziert worden war, während Arian sich vor schmerzen noch immer den Kopf hielt und Cassim nervös hin und her wippte. Es war Zeit zu gehen.
Zeit, ihren Tod ein Stück näher zu rücken und Zeit, den Dämonen das zu geben, nach dem sie sich schon so lange verschlungen.Es gab keinen Ausweg, und den würde es bis ans Ende auch niemals für sie geben.
Eine raue, dennoch kraftvolle Stimme schnitt die kühle Stille durch: „Wenn die Sache hier vorbei ist“, dabei nickte Tyler zu Cassim hinüber, „werde ich dich wieder besuchen kommen.“ Sie schauderte, und die Panik ergriff abermals die Oberhand und ließ sie Automatisch einen Schritt zurückweichen, während sich auf Arians Lippen ein anerkennendes Lächeln bildete. „Du bist immer willkommen.“, sagte er und stieß dem Dämon freundschaftlich gegen die Schulter. Dabei beachtete keiner der beiden Cassim, die anfing an ihren Fingernägeln zu kauen.
„Danke, dass ich mich auf dich verlassen kann.“, erwiderte Tyler mit einem strahlenden Lächeln, wobei er eine Reihe perfekter weiße Zähne entblößte und sich mit der Hand lässig durch das wirre, schwarze Haar fuhr. Es war eine indirekte Entschuldigung dafür, das er seinen Freund beinahe ins Jenseits befördert hatte.
Dieser nickte bloß verständnisvoll zu und öffnete mit einer freundlichen Geste die Tür.
Sofort wanderte Tylers Blick zurück zu Cassim, die sich fehl am Platz vorkam und packte grob ihr Handgelenk.
„Bis dann!“, rief er seinem Freund beim gehen über die Schulter zu. Der Blutsauger hob zum Abschied die Hand.
Seine Miene, die vor wenigen Minuten noch so gestrahlt hatte, verfinsterte sich um mehrere Züge. Sie wusste warum. Es brannte in ihm, fraß sich wie eine züngelnde Flamme durch seinen Körper und genau das nutze sie als Gelegenheit, um ihn mit folgender Frage zu konfrontieren, die sich in ihrem Kopf festsetzte: „Wieso hast du das getan? Er ist dein Freund.“
Cassim merkte, wie Tylers Gestalt vor ihr zusammenzuckte. Es war wie ein Schlag in die Magengrube, als hätte man die goldene Mitte getroffen und somit seinen Stolz angekratzt. Langsam drehte er sich zu ihr um, seine Augen funkelten böse. „Hier heißt es 'Prinz'“, zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, und beachtete ihre Frage nicht weiter.
Die Wahrheit war jedoch, dass er nicht wusste, wie er antworten sollte. Denn er wusste nicht einmal, wieso er das getan hatte. Und was er in dem Moment gefühlt hatte, außer brennende Wut.
Ja, wieso eigentlich?
Arian hat im Grunde nichts falsch gemacht. Er war freundlich.
Sie hatte ihn sogar angelächelt. Und er hatte seine Lippen auf ihre Haut gelegt ... Es sollte nichts bei sein.
Doch damit war Tylers Maß vollkommen. Er hätte seinen eigenen Freund beinahe getötet, wegen Nichts. Er verspürte ohne Grund, unheimliche Wut und Lust, zu töten. Seine Kontrolle verfiel seinen Gefühlen, wieder wegen Nichts.
Arian hat es ihm einfach verziehen, als würde er Tyler besser verstehen als er es selber tat.
Und grade dieses mickrige Mystikermädchen hinter ihm, hat es verhindern können. Sie hatte den tobenden Dämon in ihm beruhigt, und das nicht das erste Mal.
All diese Fragen ließen ihn nicht los, und machten ihn sichtlich aggressiv. Seine Muskeln spannten sich allesamt an, der Griff um ihr Gelenk wurde härter, bis sie schmerzvoll aufstöhnte.
Er wollte Antworten, die er nur bei sich finden konnte, aber nie suchen würde.
„Tyler!“, stöhnte sie, und riss ihn aus seinen Gedanken.
Er drehte sich aufgebracht um, und schrie: „Was?!“ Bei seinem Ton zuckte Cassim kurz zusammen, fasste sich jedoch schnell wieder. Sie würde nicht aufgeben. „Wieso hast du“, sie schluckte, „Arian angegriffen?“ Sie wusste es selbst nicht besser.
Er antwortete wieder nicht, weshalb sie ihn näher musterte, und erschauderte.
„Du ...“ Ehe sie den Satz beenden konnte, fand sie sich an der nächsten Wand in der Gasse wieder. Es ging zu schnell, als hätte sie auch nur irgendwie versuchen können, Widerstand zu leisten. Mit Angst zuckten ihre Lider Stück für Stück in die Höhe, und ihre eisblauen Augen trafen auf ein funkelndes Orange, das schon bald in die Farbe des Blutes wandern würde, wenn sie nichts unternahm.
Das Klopfen in ihrer Brust wurde immer schneller. Seine Hände stützten sich neben ihrem Kopf an der Wand ab, wo sie ihr jede Fluchtmöglichkeit versperrten, sein Muskelbepackter Körper gönnte ihrem schmalen nur wenig Platz.
„Hör zu, Tyler ...“ Es war nicht mehr als ein Hauchen, das der pfeifende Wind davontrug und Cassims winzige Stimme durchbrach.
„Nein, du hörst zu“ Der Dämon sprach mit einer Stimme, die jedes Nebengeräusch wie eine Klinge schnitt.
Sie schauderte und eine stechende Gänsehaut fuhr ihre Haut entlang. Sie war sprachlos.
Irgendwas in ihr schrie, dass sie laufen solle, doch ihre Beine waren wie erstarrt.
Er kam mit seinem verspannten Gesicht gefährlich nahe an ihres, beider schwere Atemzüge kreuzten sich. Seine Lippen streiften nur kurz ihr Ohr, ehe sie dort blieben. Ihre Wangen würden sich nach wenigen Millimetern berühren, dann würde er das Brennen auf ihrer spüren können.
„Du gehörst mir“ Jedes Wort wurde deutlich unterstrichen, wie ein harter Schlag traf es sie, als er dies mit gebleckten Zähnen in ihr Ohr knurrte.
Es war gleichzeitig eine Warnung und eine unvermeidliche Feststellung von ihm. Der Schock legte sich wie Blei um sie, er hatte Recht und Unrecht zugleich.
Nur mit viel Mühe räumte sie ihren Verstand und würgte abgehackte Wörter hoch: „A-Aber ... Ty-“
„Nichts Aber!“ Tylers Stimme zuckte wie Blitz und Donner durch sie hindurch, während eine Hand neben ihr zur Faust geballt auf die Wand traf, die unter seiner Kraft splittete, ehe diese sich verkrampft wieder auf die Stelle dort legte.
„Du bist mein. Alles an dir. Keiner, aber auch keiner darf dich anfassen! Du gehörst nur mir, dein Blut deine Macht die durch deinen Adern pulsiert, dein Herz, was dieses Blut überhaupt erst durch deinen lebendigen Körper pumpt.“, flüsterte er in einem bedrohlichen Ton, der jeden, der hier und jetzt an ihnen vorbeilief, töten würde. Tyler hatte es sich nicht überlegt, es sprudelte einfach aus ihm heraus, als ob jemand anderes in ihm sprechen würde.
Waren das etwa seine Gefühle? Gier und Wut? Cassim fing an zu zittern. Sie hatte diese Worte noch nicht ganz aufnehmen können, doch trotzdem bohrten sie sich tiefer in sie hinein.
Alles an und in ihr war taub, als wäre sie durch diese plötzliche Kälte um ihn zu Eis erfroren.
Unfähig zu sprechen, stand sie dort einfach mit geöffneten Lippen, die wie der Rest ihres Gesichtes eine blasse Farbe annahmen.
Ihre Angst dehnte sich deutlich nach außen hin, wo sie den Dämon traf. Er bemerkte es, und antwortete mir einem süffisanten, dennoch bedrohlichen und triumphierenden Lächeln. Es war nicht abzuschlagen. Er bekam immer das, was er wollte, ob auf die richtige, oder falsche Art.
Und diesmal wollte er sie, lebendig mit all den Dingen, die unter ihrer bronzefarbenen Haut schlummerten und bald schon ihm gehören würden.
Abrupt löste er sich von ihr, wobei man seine Augen wieder mit einer sternenlosen Nacht verwechseln könnte. Sofort drohte Cassim, in sich zusammen zu sacken, doch er war schneller und zog sie abermals grob am Handgelenk zurück auf ihre wackeligen Beine. Sie war noch wie in Trance dabei, seine mächtigen Worte einzuordnen, und taumelte einfach hinterher, während sich alles in ihr langsam zu beruhigen schien.

-Ende Kapitel 16-

Kapitel 17

Ihre Beine bewegten sich, doch spüren konnte sie sie noch nicht. Verwirrt schaute Cassim hin und her.
In den dunklen Gassen verkrochen sich ab und zu schnelle Schatten. Schon öfter sind ihr stechend gelbe Augen begegnet, die Körperumrisse waren deutlich durch sichtbare Knochen und abgemagerten Gesichtern zu erkennen. Diese Wesen waren klein und zerbrechlich, doch ihre Seele böse und schwarz. Sie würden auf Cassim loslaufen, sie anspringen und anschließend ihren Geist aus ihrem eigenen Körper saugen, doch sie taten es nicht. Dafür fürchteten sie den Dämon zu sehr, mit seiner unheimlichen Präsenz, die so viel Macht, Stärke und böses in sich trug. Doch gerade in dieser schwarzen Aura, die still liegen konnte, oder vor Zorn wie ein Tornado wirbeln konnte, fühlte sie sich öfters seltsam wohl.
Sie wusste, dass er keinen an sie ran lassen würde, das hatte er ihr in den letzten Minuten voller Wut geschildert. Doch wusste sie auch, dass sie sich mit dieser Vertrautheit ins Verderben stürzen würde. Und dieses Verderben würde ihr Tyler höchstpersönlich vorlegen.


Der peitschende Wind tat ihr ausnahmsweise Mal einen Gefallen und kühlte ihren Kopf, während sie die Gedanken der letzten Stunden hochholte.
Was hat er vor, nach dem ich tot bin?, schoss es ihr durch den Kopf. Es war jene Frage, die sie schon seit langem beschäftigte.
Was, wenn er Tismana dem Erdboden gleichmachte? Was, wenn er den Krieg gegen die Mystiker anzetteln würde, den sie hoffnungslos verlieren würden?
Was dann?
Die Antwort war ihr klar, sie wollte es sich nur nicht wahrhaben. Das Gleichgewicht der Welt wäre zerstört, die Völker würden unter den Einflüssen der Dämonen leiden, so einfach.
Ein schmerzvoller Klos bildete sich in ihrem Hals, und Cassim wurde schlagartig übel.
„Was ist?“ Die Stimme, die sie zurück in die Gegenwart schleuderte, war kalt, rau und gelangweilt. Eine eigentlich sehr schöne Stimme würde sie nicht Tyler gehören, der genau gespürt haben muss, was in ihr vorging.
„N-Nichts.“, stotterte sie unsicher vor sich hin. Sie war froh darüber, das er nichts darauf erwiderte und sie weiter durch den dichten Nebel zog, der sich wie eine zweite Haut auf ihre Körper legte, feucht und kalt.
Mit einem Ruck blieb er vor ihr stehen, was Cassim erst bemerkte, als sie gegen seinen harten Rücken rannte, und sich schmerzvoll die Stirn rieb.
„Mhh?“
„Wir werden hier eine Pause einlegen, bis der Nebel nachlässt.“ Ohne weiter zu überlegen ließ sie sich auf den harten Steinboden plumsen. Diese Nachricht erfreute sie ausnahmsweise mal.
Der Dämon tat es ihr gleich, wenn auch etwas eleganter.
„Wann sind wir da?“, flüsterte sie ihm zu. Die Antwort würde ihr Angst bereiten, dessen war sie sich sicher.
Tyler blickte in den Himmel, in dem sich endlose Sterne sammelten die mit ihrem Funkeln die dicke Nebelwand durchbrachen.
Dann sagte er: „Morgen. Am Mittag, oder etwas früher. Komm drauf an, wie lange der Nebel hier noch andauert.“ Er tat so, als ob vor wenigen Stunden nichts gewesen wäre. Sie schluckte.
Morgen also schon. Dann sollte ihr Urteil gefällt werden. Sie hatte Angst, furchtbare Angst. Nicht vor ihrem Tod, eher von der Ungewissheit, nicht zu wissen, was die Dämonen danach alles anrichten würden.
Nervös biss sie sich auf die Unterlippe. Sie nahm all ihren Mut zusammen, und traute sich: „Wenn du“, sie überlegte kurz, wie sie es umformen könnte, „Sagen wir, wenn ich weg bin. Was wirst du dann tun?“
„Dich vermissen natürlich, was sonst?“, sagte er mit einer Welle voller Ironie und gab ihr ein allzu bekanntes, breites Grinsen.
„Ich mein's ernst, verdammt!“, fuhr sie ihn bissig an. Er rieb sich kurz über die Augen, anschließend schüttelte er bestürzt den Kopf. Überlegte er?
„Dir geht es um die Mystiker.“, stellte er fest.
„Und Tismana.“, fügte sie korrigierend hinzu und wunderte sich über eine so fest klingende Stimme.
„Ich weiß es noch nicht. Tismana interessiert mich nicht besonders, aber wenn die Mystiker sich nicht freiwillig zurückziehen, dann werde ich gegen sie vorgehen. Doch eigentlich hab ich ganz anderen Pläne.“, gab er schlicht zu. Das beruhigte sie zumindest um einen kleinen Teil, der große Auswirkungen der Erleichterung in ihr weckten.
„Welche anderen Pläne?“ Die Neugier in ihrem Ton war kaum zu überhören, sodass Tyler die Augenbrauen hochzog.
„Ich wüsste nicht, warum dich das zu interessieren hat.“ Beleidigt verschränkte sie die Arme vor der Brust.
„Du willst das nicht mal einer Person erzählen, die es bald nicht mehr gibt?“ Tyler musste anfangen, lauthals zu Lachen, und lächelte breit. „Du hast recht.“, sagte er knapp und fixierte sie mit einem seltsamen Blick.
Einen, den sie davor noch nie bei ihm gesehen hat, von dem sie nicht wusste, was sie halten sollte und vor allem nicht wusste, was er ausdrücken sollte. Doch bevor sie noch weiter in diese Richtung der Gedanken versank, fuhr er fort: „Meinen Vater töten, zum Beispiel.“ Unwillkürlich riss Cassim die Augen auf. „Deinen Vater t-töten?!“, pures Entsetzen, weiter kam sie nicht.
Es war keine Überlegung wert, um seinen Worten Glauben zu schenken, denn wenn er das so sagte dann meinte er das auch so.
„Dieser Bastard hat meine Mutter getötet, um die alleinige Herrschaft zu bekommen. Ich hatte schon immer vor, ihn irgendwann umzulegen.“ Sein Blick zeigte keine Gefühle, nichts dergleichen war dort zu finden, jedoch verriet sein Zähneknirschen ihn.
Sie senkte die Augen, die ihr Mitgefühl widerspiegelten. Der unerträgliche Schmerz in ihrer Brust, den sie wann es ging unterdrückte, quoll diesmal in vollem Maße aus, als sie an ihre Mutter dachte. Es war schon lange her, doch sie erinnerte sich genau an diese freudestrahlenden Momente wenn sie zusammen lachten oder Cassim einfach nur traurig war und in den vertrauten Armen nach Schutz suchte.
Doch den gab es nicht mehr, seit die Dämonen in ihren eisernen, schwarzen Rüstungen Ferayra, die Stadt der Sonne, in Schutt und Asche legten.
Sie, die letzte Nachfahrin der Urmystiker konnte fliehen und war somit einer der wenigen Überlebenden. Und von da an Gejagte.
Sofort schlang sie ihre eigenen Arme ums Leib, unwissend ob die Erinnerungen der Vergangenheit, oder der kalte Wind im Einklang mit dem Nebel ihr die Schauer über den Körper rieseln ließen.
„Dir ist kalt.“ , sagte er trocken. Er musterte sie von oben bis unten und runzelte die Stirn als er sich wieder im klaren der kurzen Hosen war, die sie trug.
„Es geht“, gab sie alt knappe Antwort, doch die Wahrheit schien anders.
Mit einem Eleganten Sprung stand er auf den Beinen, ehe er näher bei ihr in die Hocke ging. Überrascht wich sie kurz zurück, und blinzelte ihn benommen an.
„Gehen wir schon?“
Und da kam es, ein schiefes Lächeln das sie von nächster Nähe betrachten konnte. Es umschmeichelte seine Lippen wie süßen Honig, ließ ihn plötzlich ganz harmlos wirken. Zudem strahlte es eine ihr Unbekannte Wärme und Besorgnis aus. Noch immer starrte sie ihn Ahnungslos an.
„Nein. Noch nicht. Aber du solltest jetzt schlafen, Cassim.“ Das schöne Lächeln verschwand prompt.
Schade, sie würde es gerne nochmal sehen ... Reiß dich zusammen!, rief sie sich selber zu.
„Schlafen? Warum? Ich bin nicht müde.“, protestierte sie leise. Mit einem Mal war der Dämon näher, als je zuvor. Ihre Nasenspitzen berührten sich, auch wenn es kaum mehr als ein Streifen war. Voller Schock, saß sie da, ihr Puls schoss binnen Sekunden in die Höhe, ihr ganzer Körper schien nun zu brennen.
Sie blickten sich tief in die Augen, bis Cassim sich komplett in Tylers schwärze verlor.
„Schlaf, Cassim.“, flüsterte er ihr zu, und ganz plötzlich, wie in Trance, spürte sie, wie sie immer schwerer wurde und ihr die Lider zufielen. Beinahe wäre sie auf dem Boden aufgeschlagen, doch Tyler hielt sie mit einer Hand locker fest und zog sie soweit zu sich, das ihr Kopf auf seinem Schoß ruhte, statt auf den spitzen Steinen. Ein letztes Mal seufzte er gen Himmel, seine Augen verschmolzen mit der Nacht.

-Ende Kapitel 17-

 

Kapitel 18

Er betrachtete ihre zierliche Gestalt, wie sie dort lag.
So verletzlich, so verwundbar, er bräuchte nicht mehr als eine Sekunde, um dieses kleine, schlagende Herz in ihrer Brust zum schweigen zu bringen.
Doch innerlich hatte sie ein großes Vermögen an Mut, Tapferkeit, Kampfgeist und vor allem Liebe. Und genau diese Eigenschaften machten sie aus, machten sie stark.
Stark, auf ihre ganz persönliche Art und Weise.
Langsam bewältigten seine Augen jeden Teil ihres Körpers. Angefangen bei den hohen Wangenknochen auf dem schmalen Gesicht, das ihr so viel Anmut gab. An den Lidern hingen lange, schwarze Wimpern die normalerweise funkelnde, hellblaue Augen umrahmten und sie in diesem Kontrast zum leuchten brachten. Selbst die Nase war perfekt geschnitten, klein und passend zu ihrem Gesamtbild. Genau darunter lagen Lippen, wie sie jeder gerne hätte. Sie sahen einladend und köstlich aus, mit ihrem zarten Rosa-Ton und der Fülle darin, die so sinnlich geschwungen wurde. Er fragte sich, was für einen Geschmack sie wohl hatte.
Ihr engelhaftes Gesicht wurde von dichten, dunkelbraunen Haaren umrahmt, die ihr in voller Länge wellig über die Brüste fielen und einen herrlichen Vanilleduft freigaben. Die Busen waren schön Rund geformt und angepasst zu ihrer kleinen Körpergröße.
Doch trotzdem stellte sie die mit ihren wahrhaft wunderbaren Kurven die Weiblichkeit in Person dar. Weiter unten angekommen spähten schlanke, grade Beine aus einer kurzen Hose hervor, die gebräunte Haut funkelte im hellen Mondschein.
Sie gehörte ihm, ganz allein ihm. Das hatte er so entschieden und das bleibt auch so. Nur er durfte sie verletzten, alle anderen die das taten würde er qualvoll in den Tod schicken.
Der Nebel hatte sich bereits beruhigt und abgenommen, doch die kahle und ausdruckslose Landschaft drum herum, machten den Anblick nicht schöner. Schon lange sollten sie eigentlich aufgebrochen sein, doch er wollte sie nicht wecken. Nein, er wollte sie noch lieber ein Stück betrachten, nur für sich allein. Darkin konnte warten, der König ebenfalls. Und seine Macht auch.
Sie hatten genug Zeit, es machte keinen Unterschied ob sie nun am Mittag, oder am Abend ankamen.



Schwer schlug sie die Lider hoch und entblößte ihre müden, eisblauen Augen die verwirrt umher wanderten.
Was war passiert?, fragte sie sich. Sie konnte sich nicht daran erinnern, eingeschlafen zu sein. Langsam richtete sie ihren Blick weiter nach oben und erstarrte.
„Guten Morgen“, schnurrte Tyler der sich mit dem Kopf über sie gebeugt hatte, und spöttisch lächelte.
Sofort kamen all ihre Kräfte zurück, sie sprang von seinem Schoß runter, krabbelte nach hinten.
„W-Was ... Wann bin ich eingeschlafen?“
„Vor einigen Stunden.“, entgegnete er ihr noch immer mit diesem süffisanten Grinsen.
„Wieso hast du mich nicht geweckt?“
„Hast du es denn so eilig auf deinen Tod?“ In seiner Stimme lag ein ganzer Schwung voller Sarkasmus.
Oh, wie er es liebte sie zu necken und anschließend diesen sauren Gesichtsausdruck zu sehen.
„Ich hasse dich!“, fauchte sie bissig und bewarf ihn mit dem nächstbesten Stein, den er ohne Mühe lachend auffing. „Dir geht’s wohl wieder gut. Steh auf, wir gehen weiter.“ Sie brummte noch etwas unverständliches vor sich hin, ehe sie auf die Beine sprang und sich den Dreck von den Klamotten klopfte. Sie richtete ihren Blick in den Himmel, der Wind lies ihre Haare um sie herum wirbeln. Die Sonne war noch nicht am Horizont zu sehen, erfüllte mit ihrem Endlosen Licht jedoch das komplette Land.
Es war früher Morgen wie sie feststellte, die Luft war kühl. Stirnrunzelnd fasste Cassim ihre letzten Erinnerungen zusammen, doch es war nicht viel übrig geblieben. Es hörte dort auf, als sie die Pause eingelegt hatten.
Gut, sie war zu diesem Zeitpunkt sehr müde, doch an schlafen in so einer kühlen Nacht hätte sie nicht gedacht. Sie zuckte mit den Schultern. Es machte keinen Sinn über vergessenes nach zu grübeln.
„Woran denkst du?“ Die Frage kam von der Seite des Dämons und ließ sie aufschrecken. Sofort wandte sie ihr Gesicht in seine Richtung, die Augen verrieten ihre Unsicherheit. Erst jetzt bemerkte sie, dass er sie die ganze Zeit über beobachtete.
„Hm? Eh, ach ... an nichts.“
„Gut“, grinste er wieder boshaft, „spar' dir deine Kräfte lieber für die hier.“, surrte er gefährlich, und hielt ihr vor der Nase etwas hoch.
Cassim riss unwillkürlich die Augen auf, der Mund ebenfalls weit geöffnet. Der Dämon genoss den Anblick, kostete jede Sekunde aus und schien sich bei ihren Ängsten wohlig zu amüsieren.
„NIEMALS!“, schrie sie plötzlich völlig aufgebracht uns in der nächsten Sekunde setze sie zu einem Fluchtsprint an. Tyler zog eine Augenbraue hoch, lächelte im nächsten Moment jedoch wieder.
Weit würde sie nicht kommen, dass wusste er. Niemand konnte ihm entkommen.
Schneller als sein eigener Schatten bewegte er sich anmutig wie eine große Katze und sah Cassims hysterische Gestalt vor seinen Augen.
Und das war auch schon das Ende, denn sie viel geradewegs auf den harten Boden, sein starker Körper auf ihrem. Er saß auf ihrem Rücken, drückte die kleinen Hände tiefer in den Boden und machte sie somit bewegungsunfähig.
„Hab dich, Kätzchen“, schnurrte er amüsiert in ihr Ohr hinein, sodass es dort gewaltig kribbelte.
„N-Nein, Tyler! Lass mich los, verdammt! Du bist verdammt schwer!“ Das Mädchen versuchte zu zappeln und sich mit allen möglichen Methoden zu befreien, doch sie wusste, es war vergeblich. Es führte nur dazu, das der eiserne Griff um ihre Gelenke fester wurde. Es verstärkte seine Gier zu Jagen und amüsierte ihn, denn er kostete seine Überlegenheit immer wieder an ihr aus, machte sie schwach. Er verschränkte beide Arme auf ihrem Rücken, auf dem er noch immer drauf saß.
Mit einem strammen Strick quetschte er ihre Hände aneinander.
„Nein, nein, nein! Warum? Sag mir, Wa-rum?! Ich habe nichts getan! Nichts!“ Cassim war komplett außer sich, Angst und Wut wechselten sich immer wieder ab und ließen sie vollkommen überlaufen.Tyler prustete los und fing dann an, genüsslich zu lachen. „Wir nähern uns Darkin und es könnte durchaus sein, dass uns jemand begegnet. Es muss so sein, außerdem bist du sowieso viel zu frech.“, sagte er in einem lachenden Ton.
„Das ist nicht dein Ernst! Ich hasse dich! Woher hast du das Ding überhaupt?“
„Das sagtest du bereits. Von Arian.“, gestand er.
„Was? Wie konnte er nur, dieser ...“
„Nun, Arian war nett zu dir, doch er ist immer noch auf meiner Seite.“ Bei dem Gedanken an seinen Freund und das, was er getan hatte verzogen sich seine Mundwinkel kurz. Mit einem kurzen Satz zog er sie auf die Beine, da ihre neuen Fesseln dies nicht erlaubten. Noch immer versuchte sie, ihre Hände freizubekommen, doch nichts half, die Stricke waren zu fest, zu stramm.
„Ich glaube, ich werde noch vor Darkin wegen dir sterben.“, knurrte sie und ging an ihm vorbei, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen.
„Kann sein“, erwiderte er grinsend und folgte ihr.

-Ende Kapitel 18-

Kapitel 19

Während sie immer noch durch die düstere Landschaft schritten, fragte sich Cassim, ob sie jemals in ihrem Leben eine Person so sehr gehasst hatte.
Die Antwort war definitiv Nein.
Damit konnte sie nicht umgehen, und auch nicht leben, niemals. Es war einfach erniedrigend, wie er sie nur mit den kleinsten Taten zur Weißglut brachte und sie konnte sich nicht wehren, nichts ausrichten, sondern war ihm hilflos ausgeliefert. Dennoch spürte sie diese Hitze in seiner Nähe, die immer wieder in ihr aufstieg, wenn er sie berührte oder auch nur mit seinen tiefschwarzen, unergründlichen Augen anblickte. Man könnte in ihnen versinken, so wie es ihr schon oftmals passiert war.
Doch jedes Mal, wenn sie versuchte tiefere Gefühle in ihnen zu finden, stieß sie auf Hass, Wut und Kälte, was ihr so viel Angst bereitete, das sie das Gesicht wieder abwandte. Es war für sie unbeschreiblich, welche Wirkung er auf sie hatte, und diese Wirkung empfand sie für schlecht.
Sehr schlecht sogar, denn sie fing an, ihm zu vertrauen – und dass war das schlimmste, was ihr passieren konnte, denn er würde ihr schon bald eines besseren belehren. Wenn nur noch eine Leiche, eine leere Hülle von ihr übrig blieb. Bei diesen Gedanken wurde ihr schlagartig schwindelig, ihre Beine wollten einfach wegknicken, eine unangenehme Welle Hitze überlastete sie. Schwere Kopfschmerzen erschütterten Cassim, raubten die letzten Kräfte. Keuchend drückte sie die Augen zu, und im nächsten Moment blieb es dunkel.
„Was ist nur los mit dir?“, zischte Tyler genervt. Erst dann realisierte das Mädchen, dass sie beinahe gefallen wäre, doch sie befand sich in den armen des Mörders, der auf dem Boden kniete. Ihr Gesicht ruhte in seiner muskulösen Brust. Sofort schoss ihr die Röte ins Gesicht und sie wollte sich aus seinen starken Armen freibekommen, was ihr jedoch nicht gelang, zum einen weil ihre Hände noch immer festgebunden waren, zum anderen, weil Tylers Griff zu stark war.
„Äh ... Tur mir leid, mir war schwindelig.“, flüsterte sie leise nach einer Weile des Zögerns.
Er antwortete ihr nicht, sondern schaute sie stumm an, ehe er sich im nächsten Moment nahe über sie gebeugt hatte. Unwillkürlich zuckte sie zurück und wollte ihre momentan nicht vorhandenen Arme und Hände benutzen. Es machte sie nervös, wenn er ihr so nahe war, gerade jetzt, wo sich sein Gesicht wieder nur wenige Zentimeter über ihrem befand.
Unsicher setzte sie an: „D-Du kannst mich jetzt wieder loslassen ... Danke.“, sagte sie mit zittriger Stimme und biss sich auf die Lippe, als er nur spöttisch lächelte. Er war bereits so nahe, das seine schwarzen Haare, die nach vorne vielen ihre Stirn kitzelten. „Du hattest Angst.“, raunte er ihr gefährlich ins Ohr, schien diese Situation jedoch amüsant zu finden.
Sofort weiteten sich Cassims Augen, ihr Puls vervielfältigte sich um das zehnfache. Darauf konnte sie nichts erwidern. Er hatte recht.
Seufzend glitt der Dämon wieder ein Stück nach oben, wobei er mit seinen Lippen kurz ihre Wange streifte, wo sich keine Sekunde später genau an der Stelle ein erschreckendes Kribbeln ausbreitete.
Sie war einfach nicht in der Lage zu reden, ihre Kehle war wie zugeschnürt, und das schockte sie gewaltig, denn so eine Situation vor Verlegenheit hatte sie noch nie. So was kannte sie einfach nicht. Wieder dieses schwache, erniedrigende Gefühl.
Ohne weitere Worte rückte sie wieder von ihm ab, was er zuließ. Doch das boshafte Grinsen hatte sie schon bemerkt.


Es war bereits später Nachmittag, und mit jedem Schritt in ihr Verderben fühlte sie sich schlechter. Es ist nicht mehr weit, das hatte ihr Tyler vorhin noch gesagt.
Nicht mehr weit. Wann würde das alles eigentlich stattfinden?, fragte sie in sich hinein.
Vermutlich sofort nachdem ich angekommen bin, antwortete sie ihrem Gewissen dann selbst. Das Gefühl bald zu sterben, aber nicht zu wissen, wann genau, war schrecklich. Kaum auszuhalten.
Sie hatte sich schon öfter dabei erwischt, wie sie ihn das fast gefragt hätte, hielt sich im nächsten Augenblick jedoch wieder zurück. Und plötzlich hallten Worte in die Luft, vor denen sie Angst hatte. Es war wie eine Peitsche die durchschnitt, so kühl und ernst: „Wir sind da.“, verkündete eine tiefe Stimme hinter ihr.
Da? Wir sind da? Abwesend blieb sie stehen. Sie waren tatsächlich am Ziel.
Sofort trat sie mehrere Schritte zurück, ihre Augen waren vor entsetzen geweitet.
Vor ihr erschien eine Riesige Mauer. Monteras Tor dagegen war ein Witz. Wieder erstreckte sich in der Mitte ein riesiges Tor, an beiden Seiten war ein Dreiköpfiger Hund abgebildet der seine unnatürlich großen Fänge zeigte. Natürlich der Höllenhund. Alles war aus massivem Stein und Dunkelgrau. Die Mauer ging endlos ins Weite, wo sie Darkin Schutz bot und hinten im leichten Nebel verschwand.
Bei allen Mystikern, wie konnte mir dieses Ding nicht aufgefallen sein? War ich so in Gedanken? Tausend Fragen schossen in ihren Kopf. Sie konnte es immer noch nicht fassen. Erst jetzt spürte sie auch all diese negativen Auren, die gnadenlos auf sie einströmten.
Cassim zitterte am ganzen Körper wie nie zu vor, ihre Gedanken schweiften vollkommen ab.
Sie blickte zu Tyler hoch, der sie streng musterte. Er selbst und seine Worte waren rau, doch sein eigener Körper brannte förmlich. Und zwar vor Wut. Wieso?
Wieder war das Mystikermädchen sprachlos und unfähig, sich zu bewegen, als eine grobe Hand sie von hinten nach vorne drückte. „Geh!“, fauchte Tyler in einem gefährlichen Ton, der keine Spur warm oder freundlich war. Es war eher wie ein eiserner Schneesturm der auf sie zuwehte.
Unweigerlich setzten sich ihre Füße voreinander, bildeten einen Schritt, und kamen der Festung immer näher.
Das war's, endgültig.
Vor dem eisernen Tor standen zwei Wachen, die Cassim und Tyler mit offenen Mund beobachteten. Sie wussten wohl schon von ihr, bemerkte sie schroff. Die beiden Männer trugen schwarze Rüstungen, die sich wie ein Panzer um ihre Körper legten, genau wie sie es damals in Erinnerung hatte, als Ferayra von ihnen Zerstört wurde. Der blasse Gesichtsausdruck der beiden wurde zu einem bösen, widerlichen Grinsen als sie ihr Zittern spürten.
Einfach ekelhaft, dachte sie sich. Jedoch wurden sie wieder ernst, als Tyler ihnen einen tötenden Blick zuwarf, dass es selbst sie erschütterte.
„Mein Prinz“, verkündete der dunkelhaarige, um sie Stille zu brechen, „Es ist schön, sie wieder bei uns zu haben.“ Das Gesicht des Dämons wurde einen ganzen Deut düsterer. „Öffne. Das. Tor.“, zischte er, wobei in jedem einzelnen Wort ungeheure Macht mitschwang.
„Natürlich. Verzeiht.“, entgegnete der andere und machte eine elegante Verbeugung, ehe er seinen Männern hinter dem Tor zurief, dem Prinzen den Weg frei zu machen. Das große Tor öffnete sich mit lauten, knarzenden Geräuschen, bis beide Torflügel komplett zur Seite gerückt waren.
Tyler trat in das innere Darkins, wobei er die stumme Cassim hinter sich herzog.
Das was sie sah, überraschte sie. Die Häuser sahen allesamt aus, wie kleine Burgen die ebenfalls aus massiven Stein bestanden. Es tauchte die komplette Stadt in ein mattes grau, was besser aussah, als gedacht. In der Mitte weiter hinten erstreckte sich ein großer Turm bis an die Spitze des Himmels.
Sie versuchte wieder diesen Klos in ihrem Hals runter zu schlucken. Das war definitiv der Standort des Königs. Und jetzt wurden ihr auch die vielen Blicke bewusst die gierig auf ihr ruhten. Eine Stadt voller Dämonen, das hatte sie ganz vergessen.
Auffällig musterte sie einen Jungen Mann, mittleren alters. Er besaß hellgraues Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte. Seine Augen waren von einem dunklen Blauton gefüllt, dazu trug er einen schwarzen Umhang, der sein komplettes Leib umhüllte. Ja, er sah aus wie eine Art Wächter, sie konnte sich vorstellen, dass sich unter diesem Umhang mehrere, grässliche Waffen verbargen.
„Genug geglotzt?“, riss der Mann vor ihr sie aus den Tagträumen – Tyler. Er klang etwas zu aggressiv, gleichzeitig jedoch beleidigt und warf dem grauhaarigen einen stechenden Blick zu.
Woher wusste er, dass sie geguckt hatte?
„Geht dich wohl kaum was an.“, murmelte sie unsicher vor sich hin und legte den Kopf nachdenklich schief. Ihm schien das wohl gar nicht zu passen, denn der drohte ihre Handgelenke zu zerquetschen. Sofort stöhnte sie vor Schmerz auf und schenkte ihm selbst einen miesen Blick. Abrupt blieb er stehen und es war genau, wie sie es sich gedacht hatte. Der Große Turm, eine riesige Festung drum herum. Alle paar Meter standen große Wachen, die still schwiegen und geradeaus schauten. Allesamt in schwarzen Eisenrüstungen.
Vor dem Haupteingang bedachten sie erst wieder Cassim, dann Tyler. Mit einem wohl wissenden Nickend öffneten sie die große Metalltür und traten zur Seite. Mit jeder Sekunde wurde es schlimmer für sie, fast unerträglich, als der Dämon sie wieder zwang, sich in Bewegung zu setzen.
Bald würde es soweit sein. Nur noch wenige Minuten.
Die schwarzen Treppen des inneren hatten sie bereits überwältigt. Auch er wirkte etwas unruhig, fasste sich jedoch immer wieder. An jeder erdenklichen Ecke standen Wachen mit ihren gierigen Blicken, was ihr eine unangenehme Gänsehaut verschaffte. Die Atmosphäre allgemein war erdrückend, sie liefen einzig und allein durch Schmale, graue Gänge, bis sie plötzlich ein helles Licht am Ende wahrnahm.
Vor einer großen Holztür, die mit brennenden Fackeln beleuchtet wurde, blieben sie stehen.
Sie waren da, ihr endgültiges Ziel. Automatisch stemmte sie sich zurück, ihr Herz hämmerte wie verrückt in ihrer Brust. Das ist alles nur ein Alptraum, redete sie sich ein, doch die Wahrheit schien ganz klar anders.
„Nein ...“, hauchte sie mehr zu sich selbst, doch ihre Stimme brach. Tyler ihrerseits musterte sie desinteressiert, und mit dem nächsten Ruck riss er die Tür auf.
Ein großer Raum in seiner vollen Pracht erstrahlte. Die grauen Wände waren in regelmäßigen Abständen ebenfalls mit leuchtenden Fackeln versehen. Sie folgte mit den Augen dem roten Teppich, der von ihren Fußspitzen ausging. Am ende stockte ihr Atem, ihr Herz schien für den Bruchteil einer Sekunde stehengeblieben zu sein. Es lag ein Stück weiter oben im Raum, sodass man ein paar Treppen hochsteigen müsste. Von dort aus hatte man sicherlich den Perfekten Überblick, doch das war nicht das, was sie störte.
Nein, eher die Gestalt die sich nun Geschmeidig aus dem roten Ledersessel erhob, der an den Rändern mit Gold verziert war. Es war ein Mann mit pechschwarzen Haaren und ebenso nachtschwarzen Augen. Markante Gesichtszüge, eine große Gestalt. Er trug einen ebenfalls schwarzen Umhang, der den Boden leicht streifte. Dazu passend einen grauen Anzug und schwarze Stiefel. An seiner Seite regierte ein goldenes Schwert, jederzeit zum Kampf bereit.
Er war das komplette Ebenbild von Tyler Evans, jedoch sah er bereits älter und träge aus, was nicht heißt, dass ihn keine grazile Schönheit umgab. Und eine genauso Schwarze, böse Aura die mit Tylers stritt.
Es war ein Machtspiel, auch wenn es nur Blicke waren, die Vater und Sohn sich zuwarfen.
Das klopfen von Schuhen auf festem Boden war zu hören, und erst jetzt merkte Cassim auch, das der König sich ihnen unaufhaltsam näherte. Auf seinem Gesicht lag ein hinterhältiges Lächeln, dass erkannte sie als Mystiker sofort.
„Mein Sohn“, rief er laut aus, „wie schön es ist, dich wiederzusehen.“ Seine Stimme war warm und ohne jeden verräterischen Ton.
„Hallo, Vater.“, ertönte es gleichgültig neben ihr.
„Wie ich sehe hast du es geschafft.“, bemerkte der König gering und schien Cassim mit seinen Blicken zu verschlingen. Sofort spannte sie sich an und wollte zurückweichen, doch der Dämon hinderte sie daran und knurrte, sagte jedoch nichts. Sein Vater packte sie weniger sanft am Kinn und betrachtete sie eingehend, bevor er sprach: „Hallo, Cassim“, seine komplette Aufmerksamkeit galt nun ihr, „Ich bin König Graham Evans, wie du vielleicht schon weißt. Bitte fühle dich nicht ganz so fremd.“, raunte er mit einem bedrohlichen Lächeln und zwinkerte ihr zu.
Der Schock saß tief, doch sie fasste sich relativ schnell.
Jetzt oder nie, Cassim. Du bist nicht schwach, sprach sie zu sich selbst.
„Wie könnte ich, König Graham? Ich fühle mich ganz wie zu Hause.“, antwortete sie scharf und setzte dann selbst ein zuckersüßes Lächeln auf. Der König schnaubte abfällig und musterte sie. „Tu das. Aber warte nur ab.“, drohte er im Flüsterton, was eher ihm selbst galt. Sein Sohn musterte die Situation eingehend, blieb jedoch Stumm.
„Ich denke, es wird zeit zu plaudern, Vater. Was meinst du?“ Tyler beherrschte sich nur schwer und sah ihn kühl an. Das Mädchen schaute zwischen beiden verwirrt hin und her, als der König laut rief: „Zack“ Binnen Sekunden befand sich ein Junger Mann neben dem König.
Anthrazitfarbene, kurze Haare schmückten seinen Kopf, seine Augen hatten den gleichen Farbton. Es hatte die Wirkung von kühlem Metall auf sie. Seine Züge waren schmal mit hohen Wangenknochen, er war nur etwas kleiner als Tyler und wies einen gut gebauten Körper auf. An seiner linken Wange zog sich eine dichte Narbe von der Schläfe aus bis zum Kinn. Er trug keine Rüstung, eher etwas wie einen schwarzen Kampfanzug.
„Zu euren Diensten, mein König.“, hallte seine gleichgültige Stimme durch den Raum.
„Bring sie in ins Verließ.“, befahl er matt, wobei er das letzte Wort deutlich aussprach.
„W-Was?“, fragte Cassim irritiert, doch im nächsten Moment wurde sie Grob am Arm gepackt. Sofort schritt sie zu Wehr an, doch mit seinem festen Griff und ihren Verbundenen Händen war es vergeblich. Hilfesuchend blickte sie zu Tyler hoch, der seine emotionslose Mine nicht verändert hatte.
Es war ihm wohl egal, und diese Tatsache reizte sie gewaltig.
„Wie ihr wünscht, Mylord.“, ertönte die Stimme von Zack.
„Schön, dann wäre das geklärt. Folge mir, Sohn.“ Ein letztes mal sah Graham sie abschätzend an, wandte sich dann ab und stolzierte davon.
Gerade als Zack das Mystikermädchen mit sich zerren wolle, wurde er ebenso fest am Arm gepackt und mühelos zurückgezogen. Tyler bändigte seine Kräfte und sah den Helfer des Königs mit verspanntem Gesicht an. Seine Augen funkelten bereits vor Zorn, ehe er leise dennoch bedrohlich knurrte: „Ich warne dich. Ein falscher Eingriff von dir, und du bist tot.“ Beide lieferten sich ein kaltes Blickduell, ehe Zack den Kopf neigte und stumm nickte. Damit wandte sich Tyler komplett ab und folge dem König – wohin auch immer. Cassim schluckte. Sie ging mit dem Helfer ohne den Blick von Tylers Rücken abzulegen. Er warf sie einfach ihrem Schicksal vor.
Doch was hatte sie auch anderes erwartet?

-Ende Kapitel 19-

Kapitel 20

Zack beachtete ihren Widerstand nicht, sondern zog sie einfach geradewegs mit sich.
„Lass mich los, verdammt nochmal!“, schrie sie wild und versuchte die Hand mit dem eisernen Griff um ihren Arm auf irgendeine Weise zu schädigen.
Es war Vergebens, sie bewegte sich nicht einmal einen Zentimeter, und wenn sie es doch geschafft hatte, ihn blutig zu kratzen, so schloss die kleine Wunde sich innerhalb von Sekunden.
Der Gang in dem der Kämpfer sie gewaltsam schleifte ging immer weiter in die Tiefe, sodass selbst die hellen Fackeln in dieser grausamen Dunkelheit untergingen. Ein dicker Klos bildete sich in ihrer Staubtrockenen Kehle.
Was würde nun auf sie zukommen? Würden sie sie quälen? Ganz bestimmt. Zack schob eine schwere Metalltür mit einem Arm zur Seite und passierte in den Raum.
Das was sie sah, ließ sie hörbar nach Luft schnappen, die sie vergessen hatte einzuatmen. Weder Fenster noch Lampen waren zu sehen, es war eine komplette Schwärze. Nur die offene Tür hinter ihnen gewährte diesem Raum dumpfes Licht. An den Seiten befanden sich kleine Zellen, eine neben der anderen. Nichts als kalte und feuchte vier Wände waren in ihnen aufzufinden.
Wieder zerrte er Cassim mit sich, die sich nun heftig zu wehren begann: „Nein! Das kannst du vergessen!“, fauchte sie und mit einem schnellen Ruck nach hinten entwich sie seiner starken Hand.
Ohne nach zu denken bewegten sich ihre Beine so schnell sie konnten auf die Tür zu, der weg in das Licht. Es tat weh zu rennen, doch sie tat es mechanisch, ihr Instinkt ging einfach mit ihr durch. Ohne noch einmal nach hinten zu gucken bog sie so gut es ging mit Fesseln in den verschiedensten Ecken ab, in der Hoffnung in keiner Sackgasse zu landen. Der Turm war einfach riesig und ihre Angst weitete sich, als sie an die vielen Wachen dachte, die hier ihr Unwesen trieben. Ihre lauten Schritte hallten im ganzen Gang wieder, so dass sie nicht zögerte, schneller zu rennen, zu flüchten.
An der nächsten Ecke hörte sie Stimmen die wild miteinander redeten und drosselte das Tempo sofort.
Verdammt, das sind Wachen!, rief sie sich hysterisch zu. Ein Blick über die Schultern verriet ihr, das Zack sie noch nicht gefunden hatte. Doch wer weiß, wie viel Zeit ihr noch übrig blieb? Schweißgebadet presste sie sich an mit dem Rücken an die Wand. Die zwei Männer bemerkten sie noch immer nicht. Wenn sie ihre Aufmerksamkeit auf sich zog, dann hätte sie nur noch mehr Probleme und so beschloss sie, sich leise zurück zu ziehen und einen neuen Weg zu suchen. Einen in die Freiheit. Doch auch wenn sie sich das am meisten wünschte, schweiften ihre Gedanken immer wieder zu Tyler.
Was er und sein Vater wohl beredeten? Vermutlich ging es um sie.
Abermals beschleunigte sie ihre Schritte wieder, die Angst jedoch wuchs mit ihrem Tempo.
Zu viel Zeit habe ich verloren!, ermahnte sie sich schroff. Sie lief und lief, der kühle graue Weg den sie vor sich hatte schien ohne Ende zu sein. Cassim spähte um die Ecke, doch sie hatte nicht aufgepasst. Es war bereits zu spät, als sie mit einem lauten Prall zurück taumelte und direkt in die Arme eines grimmig aussehenden Mannes rein gelaufen war, der zu ihren Übel auch eine schwarze Rüstung trug.
„Hey, Mädchen!“, knurrte er und packte sie grob an der Schulter. In der nächsten Sekunde verengte er seine Augen zu schlitzen um sie skeptisch zu betrachten, nur um dann wieder breit und böse zu lächeln. „Du bist das Mystikermädchen, nicht wahr? Du steckst ziemlich in Schwierigkeiten, Süße.“, sagte er bedrohlich und beugte sich weiter zu ihr, so das sie seinen widerlichen Atem riechen konnte. „Bitte, ich ...“, versuchte sie zu reden, doch ihre Stimme brach. Selbst in der Nähe des Des Helfers fühlte sie sich wohler, obwohl dieser ständige Kälte ausstrahlte.
„Lass sie los, Ralph.“, ertönte es plötzlich von hinten. Erschrocken fuhr sie herum und erkannte den Krieger mit den Anthrazitfarbenen Haaren und der Narbe, die ihn so geheimnisvoll und attraktiv aussehen ließ. An seinem schwarzen Kampfanzug hielt er zwei silberne Schwerter, bereit sie hinaus zu zücken wenn es zu einem Kampf kommen sollte.
Die Wache erhob sich wieder, und blickte den jungen Mann mit zornigen Augen an.
„Ist das etwa deine Beute, die du hast entwischen lassen, Zack?“, fragte er süffisant.
„Für jetzt, ja. Ich entschuldige mich bei dir, falls sie dir irgendwelche Unannehmlichkeiten bereitet hat.“, antwortete der Krieger völlig gleichgültig und matt, wobei er Cassim keines Blickes würdigte. Der große Mann ließ sie abrupt frei, wobei sie sich sofort die schmerzende Schulter reiben wollte. Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück. Das alles war eine ziemliche Zwickmühle und diesmal gab es kein entkommen.
„Das nächste mal hast du nicht so viel Glück.“, raunte der ältere Mann ihr wütend zu. Zack ging auf keinen weiteren Streit mehr ein, und zog sie wortlos am Arm, zurück in das Grauen. Diesmal wehrte sie sich nicht, sondern taumelte ihm einfach hinter her.
„Das war äußerst dumm von dir.“, bemerkte er nach einer geringen Zeit kühl. Verwirrt blickte sie hoch und runzelte die Stirn, erwiderte jedoch nichts, als er fortsetzte: „Man kann aus diesem Turm als Gefangene nicht entkommen. Wer weiß, was die Wache sonst mit dir angestellt hätte.“, erklärte er sachlich.
Seufzend sagte sie: „Ich weiß“, und klang dabei ziemlich genervt. Als ob man mit einem kleinen Kind reden würde.
Weder sanft noch energisch schob er sie wieder in das kahle Verließ, darauf bedacht sie gut festzuhalten.
„Rein.“ Mit einem kurzen Nicken deutete Zack in die Zelle. Kurz zögerte sie noch, doch dann trat sie mit zittrigen Gelenken hinein. Der Spuk würde bald ein Ende haben. Zumindest hoffte sie das. Der Krieger selbst trat mir ihr durch die Stahlgitter. An der hinteren Wand drückte er sie an den Schultern auffordernd zu Boden, so dass sie sich mit angewinkelten Beinen hinsetzte. Ängstlich schaute sie zu ihm Hoch und erkannte in dem dumpfen Licht nur wenig von seinen Zügen. Plötzlich ging er an ihre Seite und kniete sich kurz hin, um an ihren Fesseln herumzuspielen.
„Tut mir ja wirklich Leid.“, flüsterte er angestrengt, während er sich noch immer hinter ihr zu schaffen machte.
Leid, wofür? Und in der nächsten Sekunde in der er sich wieder elegant erhob, wusste sie es. Man hatte sie einfach an die Wand gekettet. „Nicht schon wieder!“, fluchte sie kleinlaut. Verstehen konnte sie es jedoch immer noch nicht. Sie war keine Gefahr und das würde sie auch nie darstellen, also warum gingen sie jedes Mal solche Vorsichtsmaßnahmen ein?
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, antwortete er auch schon: „Es sind Befehle, die ich zu befolgen habe.“
„Ja, ja.“, murrte sie und biss die Zähne vor Wut zusammen.
Ohne weitere Worte verriegelte er ihre Zelltüre zu und verließ den Raum. Sie beobachtete noch, wie die Tür langsam quietschend ins Schloss viel und in jeder Sekunde mehr Licht raubte.



Es war kalt. Doch was sie mehr beunruhigte, war die Dunkelheit in der Cassim sich befand. Selbst jetzt konnte sie noch nichts ausmachen, nicht einmal ansatzweise etwas erkennen. Irgendwo fiel in regelmäßigem Abständen ein Wassertropfen zu Boden, der sich wegen der Feuchtigkeit an der Decke angesammelt hatte. Ab und zu suchte sie sich eine angenehmere Position, wobei die Fesseln klirrten und nur noch mehr in ihre Gelenke schnitten. Es war grausam, schrecklich – es gab kein Ausmaß von Worten für ihre jetzige Situation.
Ruckartig riss sie den Kopf hoch.
Was war das?, fragte sie sich verwundert. Das Geräusch ähnelte Schritten, die mit jeder verstrichenen Sekunde näher kamen. Schmerzvoll zog sich ihr Herz zusammen, sie röchelte hektisch nach Luft.
War es jetzt soweit? Die Antwort würde sie wohl bald bekommen, denn mittlerweile wurde die Tür weit aufgeschoben, und eine große Gestalt trat herein.
Wirres, schwarzes Haar und eine ebenso schwarze Lederjacke konnte sie von hier ausmachen.
Er kam immer näher, und letztendlich schloss er mit einer knappen Handbewegung die Zelltür auf und kam herein. Schwarze, stechende Augen musterten sie von oben. Mit geweiteten Blick sah das Mädchen zu ihm auf, zitternd vor Angst und Kälte. Die Eingangstür verweigerte bereits wieder jedes bisschen Licht.
„W-Was willst du?“, fragte sie heiser wobei ihre Lippen bei jedem Wort bebten.
Plötzlich spürte sie heißen Atem auf ihrem nackten Hals. Der Dämon hatte sich zu ihr niedergekniet, war von einer Berührung nur wenige Millimeter entfernt. Schlagartig verkrampfte sie sich. Trotz dieser Schwärze konnte sie seine Umrisse deutlich ausmachen. All seine Muskeln waren gefährlich angespannt und Cassim erwartete etwas schmerzvolles, so etwas wie ein Schlag, doch es kam nichts dergleichen.
Sie nahm ein raues Lachen wahr. „Immer noch so ängstlich.“, schnurrte Tyler in der Nähe ihres Ohres. Sofort drehte sie den Kopf zur Seite. Wieder pochte ihr Herz wie Wild, die Kälte war mit einem Mal verschwunden. Stattdessen machte sich eine wohlige Hitze in in ihrem Körper breit. Eine große Hand nahm Cassims Kinn in die Mangel und schob es wieder in seine Richtung, so dass sie gezwungen war, ihn anzugucken. Sein Atem wurde immer heißer und heißer, bis er so nahe war, das sie seine Stirn auf ihrer spürte.
Er lehnte gegen sie, die Nasenspitzen streiften sich kaum merklich.
Selbst das war zu viel für sie. Ihr Herz schien keine Pause mehr zu machen, sondern wurde immer schneller und schneller, weder Gedanken noch Worte konnte sie zusammenfassen. Eigentlich sollte sie verkrampft sein, doch ihr Körper war die Ruhe selbst, auch wenn ihr hektisches einatmen etwas anderes behauptete.
Wieder ein leises Lachen seinerseits, unmittelbar vor ihren eigenen Lippen. „Du gehörst mir“, säuselte er ihr wieder genussvoll ins Ohr und fuhr mit seinen Lippen sanft über ihre Wange, streifte dabei kurz ihren Mundwinkel.
Bei dieser Geste zuckte sie sofort zusammen, doch er hielt sie bereits gut fest, was sie erst jetzt bemerkte.
„T-Ty...“, weiter kam sie nicht denn ihre Stimme verebbte. Amüsiert legte er dem Mädchen einen Finger auf den Mund um jedes weitere Wort zu ersticken.
„Shh“, flüsterte der Dämon ihr dabei zu und war noch immer viel zu nah. Sie war komplett Steif, weshalb sein Finger von ihren Lippen weiter runter glitt und ihren Hals hinunter wanderte. Wieder schnappte sie hart nach Luft, ihr ganzer Leib kribbelte und zitterte bei seinen Berührungen. Er schien es genau zu merken und grinste. An dem Kragen ihres T-Shirts angekommen, zog der Dämon es ein Stückchen weiter runter und fuhr auch dort mit dem Finger um ihr Schlüsselbein, ohne den Blick von ihren erschrockenen Augen abzuwenden.
Ob sie dieses knisternde Gefühl mochte oder nicht, konnte sie nicht sagen, doch ihr Körper reagierte jedes Mal ohne zu zögern auf seine Berührungen.
Abermals fuhr er mit seinen Lippen über ihre reine, gerötete Haut wobei er seine Hand um ihren Hinterkopf legte und sie näher an sich zog. Ihre Lippen streiften sich kurz doch noch immer war sie ihm näher denn je.
Langsam und mit Bedacht näherte er sich ihrem Hals, drückte ihren Kopf dabei etwas in seine Richtung.
Seine weich geschwungenen Lippen kosteten ihre empfindliche Haut dort aus, setzten kleine, heiße Küsse auf den eleganten Hals, machten immer weiter. Er selbst schien wie in Trance zu sein.
Das Mädchen war versteift, wollte was sagen, doch selbst das Atmen fiel ihr zu schwer. Es war wie ein Traum, als ob sie jeden Moment erwachen würde. Die Küsse brannten förmlich auf ihr, knisterten in der Luft und ließen sie leise wimmern.
Der gefährliche Dämon kam wieder ein Stück höher um ihr in ihe eisblauen Augen zu schauen.
Beider heißer Atem kreuzten sich, wobei Cassims noch immer zu unregelmäßig war. Zögernd schloss sie die Augen. Sie hatte Angst und doch fühlte sie sich vertraut und geborgen. Es war wie ein Teufelskreis aus dem sie nicht herauskommen konnte, da sie sich selbst nicht mehr verstand.
„Du magst dieses Gefühl, nicht wahr?“, schnurrte er abermals vor ihr und strich mit seinem Finger wieder ihren Hals entlang, wo sich gleich darauf ein warmes kribbeln bildete.
„Ich ... Ich w-weiß ... nicht.“, gab sie stotternd zu und hatte Angst, das ihr Ton wieder brechen würde.
Was sage ich da nur? Er soll gehen!, rief sie sich verweifelt zu.
„Lügnerin.“, raunte er strickt und mit einem Mal, viel zu schnell als hätte sie sich wehren können versenkten sich seine rauen Lippen in ihren.
Ihr Herz stoppte für einen Moment, auch Luft konnte sie keine mehr holen. Sein Kuss war fordernd und fest, zugleich hatte er auch etwas sanftes. Es war ein sinnliches, starkes Gefühl, denn das Prickeln löste eine ganze Welle voller Hitze in ihr aus. Das Kribbeln verstärkte sich enorm und beherrschte jeden Muskel von ihr, während seine lüsternen Lippen noch immer ihre begehrten. Es war ein berauschendes Gefühl, als ob Millionen kleine Elektrostöße durch sie hindurch fließen würden und auf ihrer Haut pulsierten. Zu erst wollte sie nicht, doch mittlerweile wurde die Kontrolle über ihren Körper abgeschaltet. Sie erwiderte den Kuss nicht, doch sie ließ es mit sich machen. Er zügelte seine Gier nach ihr relativ schnell, denn nach diesem gewaltsamen Aufeinandertreffen ihrer Lippen wurde er nach einer geringen Zeit so zärtlich, das es nur noch kleine Berührungen waren, als ob der Angst hätte sie könne sonst zerbrechen.
Widerwillig löste er sich von ihrer schönen Gestalt und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Cassim war nicht in der Lage zu reden, sie blickte in nur stumm an, die Augen vor Schreck und Ungläubigkeit geweitet. Tyler lächelte sie schwach an, ehe er in einem bitteren Ton sagte: „Du siehst mich bald wieder.“ Und damit verschwand er aus ihrer Nähe, ließ sie zurück in der Dunkelheit während die Kälte sich bereits wieder über sie schob.
Er hat mich geküsst. Und ich habe es genossen, beichtete sie sich selbst.
Aber warum hat er mich geküsst? Spielt er mit mir? Ganz sicher.
Und das war auch ihr Limit – ungewollte Tränen flossen ihr über die Wangen, sie schluchzte heftig.
„Was ist nur los mit mir?“, hauchte sie in die Stille, in der Hoffnung eine Antwort zu bekommen. Was war nur dieser beinahe unerträgliche Schmerz, den sie empfand wenn sie an ihn dachte? Nun, wie wusste es nicht.
Und wie würde es vermutlich auch niemals erfahren, wenn er sie bald tötete.Doch es zerriss sie innerlich wie einfaches Papier.

-Ende Kapitel 20-

Kapitel 21

Klirrend zersprang die teure Vase auf dem Steinboden und schleuderte seine einzelnen Teile durch den Raum. Langsam zog er seine Hand zurück, Wut brodelte in ihm.
Was hab' ich mir nur dabei gedacht?!, schrie er sich förmlich selbst an, und versuchte in ruhigen Bewegungen seine Schläfen zu massieren.
Es stimmte, dass sie sein war, und auch nur sein. Doch er verfolgte andere Pläne, als sie zu küssen.
Bei dem Gedanken musste er unwillkürlich über sich selbst lachen und verspürte sofort das Knistern an seinen Lippen. Sie schmeckte genauso unwiderstehlich, wie sie roch. Ein weiteres Grinsen umspielte seine Mundwinkel, als er ihr geschocktes Gesicht und ihren schnellen Herzschlag spüren konnte. Ja, das war wirklich amüsant, sie so gemein zu necken.
Doch ihre schöne Gestalt sah in dem Moment einfach zu reizvoll aus. Die weit geöffneten Lippen vor Angst, luden ihn förmlich ein sie zu kosten und zu begehren. Genau das tat er dann auch, ohne vorher zu überlegen.
Seufzend schloss er die Augen, die Gedanken an ihr hatten ihn beruhigt. Dennoch erkannte er sich selbst nicht.
„Die Vase war nicht gerade billig.“, hallte plötzlich eine Stimme von hinten auf ihn zu und riss ihn aus seinen schönen Tagtraum. Prompt drehte er sich um und erkannte sein Ebenbild. Der König musterte ihn mit nachdenklicher Mine.
Tyler zuckte nur mit den Schultern und sah seinen Vater desinteressiert an. Dieser nahm einen Tiefen Atemzug und trat näher an ihn heran. „Du hasst mich immer noch, was?“, stellte er mit einem spöttischen Lächeln fest.
„Wie könnte ich auch nicht?“, erwiderte Tyler mit der gleichen Geste.
Graham lachte finster auf, ehe er flüsterte: „So ist richtig. Wut macht stark.“ Doch sein Blick hing nicht mehr an einem Sohn, er war abwesend. Der Dämonenprinz runzelte unverständlich die Stirn.
„Wir werden gleich anfangen.“, verkündete sein Vater nun wieder bei vollen Bewusstsein und marschierte aus dem Raum.
Knurrend ballte Tyler seine Hände zu Fäusten.
Erst sie, dann du. Versprochen.


„Zack.“, sagte Tyler monoton, und schon einige Sekunden später befand sich ein gefährlicher Krieger neben ihm.
„Ja, Tyler?“, fragte der junge Mann mit den Anthrazitfarbenen Augen und Haaren.
„Wir können loslegen. Bring sie hier her, wenn wir mit ihr fertig sind kümmern wir uns um meinen gottverdammten Vater.“, zischte er leise. Seltsamerweise fing Zack an freudig zu grinsen. Ihm gefiel der letzte Teil sehr gut.
„Mit dem größten Vergnügen.“ Und schon war er wieder weg.



Mit quietschenden Geräuschen wurde die Tür ihrer Zelle geöffnet, was ihr stechende Kopfschmerzen verursachte. Müde blinzelte sie die Gestalt vor ihr an, die sie an seiner Statur erkannte – Zack.
Stöhnend ließ Cassim ihren Kopf wieder sinken. „Sind wir schon soweit?“, flüsterte sie mit schwacher Stimme an ihn gewandt.
„Scheint so.“, entgegnete er nur matt und machte sich abermals an ihren Fesseln zu schaffen. Seine scharfen Augen nahmen jeden Fleck in der Dunkelheit genau wahr, weshalb er kurzer Hand die Ketten von ihren Gelenken löste. Ein Gefühl der Erlösung schoss durch ihre leblosen Finger, die sie nun wieder leicht krümmen konnte. An den Gelenken zeichneten sich tiefe Wunden ab, die von den Ketten kamen, die immer wieder durch ihre Haut schnitten. Für sie war das momentan Nebensächlich.
„Komm, steh auf.“, befahl er mit sanfter Stimme und reichte ihr eine Hand hin.
Ungläubig sah sie zu ihm hoch, wusste aber nicht, was sie sagen sollte.
Ist er jetzt plötzlich freundlich oder was?, stellte sie sich die Frage im Kopf und zog eine Augenbraue hoch.
Zack gab einen tiefen Seufzer von sich, dann sagte er: „Nun, wenn du meine Hilfe nicht annehmen möchtest ...“ Er war gerade im Begriff sie wieder an sich zu nehmen, als Cassims Hand sich mit schwachem Griff plötzlich um seine schloss. Ein Schauer nach dem anderen durchlief sie, als sie ihn berührte.
Das war keine normale Hand, nein. Es war kühl und hart, man konnte es nicht zusammendrücken. Bevor sie noch etwas dazu sagen konnte. Zog der Krieger sie jedoch auf ihre wackeligen Beine. Nach kurzem Zögern entzog sie sich dieser Kälte und folgte ihm still aus dem Verließ. Sollte sie jetzt erleichtert sein? Einerseits, wenn König und Prinz Gnade mit ihr hatten, würde sie einen schnellen Tot bekommen. Wenn nicht, dann war ihre Zelle sogar weitaus gemütlicher.
Als sie endlich das Licht erreichten, sah sie dieses kühle etwas und presste abrupt die Finger auf den Mund, um einen kleinen Schreckensschrei zu unterdrücken. Die Hand des Kriegers bestand bis zum Gelenk vollständig aus Metall. Als sie sie berührt hatte, konnte sie kein Leben in diesem Teil finden, jetzt wusste sie auch, warum. Jedoch bewegte er all seine Muskeln dort ganz normal, als wäre es nur eine Hülle.
Gott, wieso ist mir das nicht früher aufgefallen?
Sie beschloss sich keine weiteren Gedanken darüber zu machen und schluckte die Galle, die sich in ihrem Hals gebildet hatte, einfach runter. Mittlerweile waren sie schon fast da. Wachen an denen sie vorbeigingen pfiffen ihr jedes Mal hinterher oder ließen einen Spruch raus, den selbst Zack gekonnt ignorierte.
Mit jedem Schritt, den sie in ihren eigenen Tod machte, wurde sie unsicherer, nervöser.
Unbehagen machte sich in ihr breit, ihre Gedanken schweiften immer wieder zurück zu Tyler. Wie von selbst fasste sie sich an die Lippen, die er zuvor begehrt hatte.
Dieses Rauschgefühl als wäre sie in Trance, dieses Kribbeln in ihrem ganzen Körper machten sich im Hintergrund wieder bemerkbar. Und gleich würde sie all das nie wieder erleben, würde ihn nie wieder fühlen können. Schwach senkte sie den Kopf, schloss die Augen und lachte insgeheim über ihre eigene Dummheit.
Ihr Herz zog sich krampfhaft zusammen, so dass sie gegen ihre Brust drückte, um es zu stillen.
Vergebens. Alles an ihr zitterte und wollte sich nicht beruhigen, als sie wieder durch diese bekannte Holztür traten. Selbst Zack gab ihr ein nachdenkliches Gesicht, doch nichts half.
Sie hatte die Augen geschlossen, die sie jetzt langsam öffnete. Die eisige Aura die vor einen Wimpernschlag noch neben ihr war, konnte sie nun nicht mehr spüren.
Zack war weg, und sie stand allein in diesem mit Fakeln beleuchteten Raum. Jedoch änderte sich ihr Gefühl schlagartig, als sie die Impulse einer schwarzen Aura wahrnahm, die sie einhüllte.
Dies war eindeutig Er. Es schwang so viel Macht, Wut und Gleichgültigkeit drinnen das sie mehrere Schritte zurück taumelte, doch ihr Vorhaben wurde gestoppt, als sie mit dem Rücken gegen etwas hartes stieß. Erschrocken fuhr sie zusammen, ihre eisblauen Augen trafen auf seine nachtschwarzen.
„Tyler“, hauchte sie leise vor sich hin. Sein Gesicht zeigte keinerlei Regung, keine Gefühle, doch seine Ausstrahlung sprach Bände.
Er machte einen gewagten Schritt auf sie zu, bei dem sie automatisch einen nach hinten setzte. Der gleichmäßige Puls den sie vorhin hatte, steigerte sich mit jeder Sekunde mehr.
Wie eine gefährliche Raubkatze umkreiste er sie, ohne den Blick von ihr zu nehmen. Sie war die Beute, sie sollte flüchten, rennen und schreien, doch sie konnte nur dort stehen und ihn wachsam mustern.
„Hast du denn so sehr Angst?“, flüsterte er plötzlich neben ihr.
„Nicht vom sterben.“, antwortete sie ruhig. Das war die Wahrheit. Sie hatte nur Angst davor, wie er es machen würde. Der Dämon lachte rau. „Stimmt, hatte ich vergessen. Tismana liegt dir ja so sehr am Herzen.“, sagt er in einem Ton voller Spott. Sie öffnete den Mund, um zu sprechen, doch ehe sie auch nur ein Wort herausbekam, fand sie sich auf dem Boden wieder. Sie hob den pochenden Kopf und verstand die Situation zu erst nicht. Langsam stemmte sich mit den Unterarmen etwas auf, doch sie hielt inne, als plötzlich etwas kühles ihre Kehle streichelte.
Mit großen Augen schaute sie hoch zu Tyler, der neben ihr stand und ihr lässig die Spitze eines silbernen Schwertes an den Hals hielt. Dann sah sie noch, wie er ausholte und blinzelte weg.
Cassim erwartete einen stechenden Schmerz, der nicht kam. Zögernd öffnete sie ihre Lider und bekam ein schadenfrohes Lächeln von ihm. „Nein, so einfach mach' ich's dir nicht.“, säuselte er. Wieder dieser Krampfhafte Zug in ihrem Herzen.
„Wieso nicht?, fragte sie im Flüsterton, weil ihre Stimme zu sehr zitterte.
Hab keine Angst, ermutigte sie sich selbst wieder. Der Prinz beugte sich abermals nahe zu ihr, betrachtete ihr reines Gesicht. „Du bist ein Mystiker. Du bist ein Feind.“, sagte er mit einer solchen Kälte, das sie erschrocken nach Luft schnappte. Tränen brannten ihr in den Augen, doch sie blinzelte sie entschlossen weg.
Keine Schwäche, nicht jetzt. Mit einem schnellen Ruck packte er sie am Shirt, und drückte sie mit einer zu schnellen Geschwindigkeit an die Wand. Ihre Hände nahm er über ihren Kopf in seinen eisigen Griff, während er sich mit seinen stählernen Körper an ihren presste. Sie stöhnte kurz einen kleinen Schmerzensschrei aus, fing sich aber sofort wieder. Ihre Handgelenke brannten wie Feuer, der Schmerz glitt durch ihren ganzen Leib, so das sie die Zähne fest zusammenbiss. Augenblicklich lockerte sich sein Griff, was Cassim einen nachdenklichen Ausdruck auf ihrem Gesicht gab, doch Tylers Mine blieb gleich.
Mit einem Finger fuhr er die Konturen ihres Gesichtes nach, es war eine solch zarte Berührung als würde er Porzellan anfassen.
Ihr Herz raste wie verrückt, er konnte es sicher schon hören. Um seine Mundwinkel zuckte es kurz, zumindest glaubte sie das. Dann wanderten seine Finger wie zuvor in der Zelle bis an die Stelle, an der ein schnelles Pochen zu spüren war. Ein arrogantes Lächeln umspielte seine Lippen nun im vollen Zuge, während er sich mit dem Kopf ein Stück tiefer runter beugte. Beschämt wandte sie das Gesicht ab, doch er packte sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen.
„Bald bist du nutzlos“, zischte Tyler nochmal leise, ehe er einen kleinen Dolch zur Hand nahm. Sofort versuchte sie zurück zu weichen, doch es gab keinen Weg mehr hier raus.
„Wieso tust du das? Wieso machst du dir ein Spiel daraus?“ In ihrer kleinen Stimme fand sich viel Schmerz wieder.
Stark sein, munterte sie sich erneut auf und nahm großzügig Luft in sich auf. Es reduzierte das starke Schwindelgefühl, was sie zuvor verspürt hatte. Doch eigentlich fühlte sie sich verloren und zutiefst verletzt.
Sie nahm ein inniges Vertrauen zu ihrem Gegenüber wahr, und das war definitiv falsch, dass wusste sie. Es blieb ihr nichts anderes übrig.
Alles was sie an ihm sah, war Kälte die sich nicht auftauen ließ.
„Wann hab ich schon das Vergnügen jemanden wie dich zu töten? Du hast Recht, du bist mein Spiel.“, gestand er gleichgültig. Langsam nahm sein kräftiger Griff immer mehr ab, bis ihre blutigen Hände durch seine hindurch sickerten und träge an den Platz neben ihren Körper fielen.
Ein erneuter Stoß seinerseits beförderte sie schmerzvoll zurück auf den Boden, und auch dieses Mal ging er um sie herum, wie ein Panther auf seiner Jagd.Viel zu schwach, viel zu verletzlich war sie in diesem Moment. Und das wusste er. Dennoch bewunderte er ihre Stärke und Ausdauer, all das fast schweigend über sich ergehen zu lassen.
„Du hättest mir niemals vertrauen dürfen, nicht wahr? Das war so dumm von dir.“, bemerkte er lüstern.
„Ist mir egal.“, schluchzte sie.
Kurz runzelte er die Stirn, doch er fasste sich schnell. „Dummes Mädchen“ Da hatte er Recht.
„Ich möchte dich was fragen.“, kam es plötzlich von Cassims Seite aus und sie blickte ihm trotzig entgegen.
Spöttisch hob er eine Augenbraue hoch, war gespannt auf ihre kommende Frage.
„Da das wohl der einzige Gefallen ist, den ich dir bieten kann ... Frag.“
„Warum hast du mich geküsst?“, schoss es ohne Zögern aus ihr heraus.
Das war jetzt ein harter Schlag. Er hatte keine Antwort dafür übrig und fühlte sich seltsam Gefangen zwischen Wahrheit und Lüge.
Doch was war Wahr, und was nicht? Er hasste es, in seinem Ton zu stocken, dass ließ seine Persönlichkeit einfach nicht zu. „Du warst ein nettes Spielzeug.“, sagte er einfach schroff. Sie ging nicht darauf ein, wollte es auch gar nicht. Es war unwichtig.
„Es hat gekribbelt, überall. Mir war so heiß.“, und mit einem Mal sprach sie alles aus, all ihre verdrängten Gefühle und Gedanken strömten jetzt unaufhaltsam aus ihr empor, „Immer als du mich berührt hast, war ich verunsichert und nervös. Es raste durch meinen ganzen Körper, ich konnte nicht einmal mehr richtig denken.“ Nun erhob sie sich, darauf bedacht ihn immer noch fest in die Augen zu sehen.
Es machte sie stärker.
Gott, warum erzähl ich ihm das?, schrie sie sich selbst an, doch hörte dennoch nicht auf: „Du warst nicht bei mir, doch dieses Gefühl war nie ganz weg. Und immer wenn ich an dich denke, verstärkt es sich. Warum?“, flüsterte sie, „Was hast du getan?“ Verstört musterte er sie. Was war nur in ihn gefahren? Und was erzählte dieses Mädchen ihm da?
Eine seltsame Regung durchfuhr ihn.
Blitzschnell schob er sie unter sich und Drückte den Dolch so fest gegen ihre Kehle, das ein kleiner Schnitt entstand, aus dem ihr mächtiges Blut in kleinen Tropfen herausquoll. Vor Schreck keuchte sie kurz auf. Es war seine verzweifelte Tat.
„Und nun?“, fragte er unbekümmert, wusste jedoch genau, was sie verspürt hatte.
„Gestern“, begann er, „das war nichts.“ Seine Stimme war irgendwie abwesend, obwohl sein Blick sie noch immer fixierte. Ich bin wirklich dumm, gestand sie sich nochmals.
„Aber süß von dir, nochmal daran zu denken.“, hauchte er mit viel Hohn.
Beschämt hoffte Cassim endlich auf ein Ende. Sie hat sich in eine eigene Falle gelockt.
„Mach schon endlich! Ich will nicht mehr, Tyler!“ Ihre Stimme wurde laut und hysterisch, ihr Atem ging zu unregelmäßig, was den Schmerz am Hals nur verstärkte. Er richtete sich wieder auf und entfernte sich ein Stück, den Dolch diesmal auf das lebende Herz gerichtet. „Hier“, er drückte mit der Waffe kurz etwas fester um es sie spüren zu lassen, „oder hier?“, raunte er ihr zu, während die Klinge sich zurück an ihre Halsschlagader zog. Ein amüsantes Grinsen machte sich sich wieder in seinen Zügen breit. Er ignorierte alles, was sie davor gesagt hatte. Zumindest versuchte er das.
Cassim floss eine einzelne Träne aus dem Augenwinkel. Sie sagte nichts, überließ ihm die Entscheidung. Er war immerhin der Mörder.
Wieder nahm er mehr Freiraum zwischen ihnen ein. Die scharfe Klinge des Dolches wanderte zurück an ihre Brust, genau über dem lauten Pochen. „Dann entscheide ich. Hier.“
Das war also mein Ende. So würde ich sterben. Durch die Hand des Mannes, bei dem es mir nicht egal ist. Welch Ironie...
Langsam und in einer fließenden Bewegung holte er mit seiner Hand aus. Sie meinte, eine kleine Unsicherheit in seinem Gesicht zu sehen, doch sie redete sich eine Einbildung ein. Zitternd schloss sie ihre Augen erneut und krallte sich mit den Fingern in sein Shirt fest.
Und dann folgte es.
Mit einer blitzschnellen Bewegung ließ er den Dolch auf sein Ziel zurasen.
Der Boden zersprang, ein erstickter Schrei war zu hören. Es knackte und knarrte, als würden Knochen klein zermahlen und durchbrochen werden. Die Splitter des Steins flogen wirr durch die Gegend und auf ihren stummen Körper.
Sie atmete nicht.
Ein wütendes fletschen ertönte.
Und mit einem Mal riss sie völlig verstört die Augen auf, das erste was ihr begegnete, waren seine.
Unergründlich schwarz, ein Blick tief in seine Seele.
Trauer, Schmerz und Wut. Benommenheit, Verwirrtheit. Unverständlichkeit.
Schwer keuchend glitt ihr Blick neben sich, an dem der Boden bestimmt nur wenige Millimeter vor ihr zersprungen war. Tief drin steckte die Waffe, die sie töten sollte. Über ihr der junge Mann, der es vollführen sollte.
Tyler beachtete ihre ungläubigen Blicke nicht, er beugte sich einfach immer näher über ihre Gestalt, die noch am Boden lag. Ihre hektischen Atemzüge trafen ihn und er streichelte behutsam ihre Wange und schloss für einen Moment ebenfalls die Augen.
„Was...“ Kein Wort kam mehr durch, denn zu viele Tränen auf einmal überschlugen sich auf ihren Wangen. Es war ein Schock, der sich jetzt in den Vordergrund streckte.
Ich lebe, schluchzte sie in sich hinein. Eine klare Feststellung.
Er hat dich nicht getötet. Warum nicht?



Weitere Augenblicke vergingen, in der er sie einfach stumm beäugte. Ohne Emotionen. Seine Hand jedoch ruhte immer noch verkrampft am Ledergriff des Dolches, den er mit einer solchen Wucht in den Boden gerammt hatte, das selbst das Massive Gestein unter seiner unbändigen Kraft aufgab und sich zerschmettern ließ.
Was tust du da? Töte sie! Für dein Volk, für deine vollkommene Macht. Für deine Rache. Für dich, hallte es energisch in seinem Kopf wieder. Etwas wollte dieses verletzliche Wesen unter ihm töten, doch der größere Teil seines Verstandes schrie dagegen an, lähmte all seine Muskeln bei einer falschen Bewegung, die ihr schaden könnte.
„Warum?“, hauchte sie und fand einen kleinen Teil ihrer Stimme wieder, doch wurde um gleichen Moment unterbrochen.
„Was ist hier los? Tyler? Was machst du da, Junge!“, knallte die Stimme des Königs wie eine einschlagende Bombe in die Stille. Der Jäger schreckte kurz hoch, stand dann geschmeidig auf und sah seinen Vater kühl an. Dieser musterte nun das Mystikermädchen, das völlig fertig auf dem Boden lag und mit den Beinen langsam zurück rückte.
„Eigentlich, Vater ... Wollte ich dich hintergehen und dich töten. Nur leider bist du mir wieder dazwischen gekommen.“, sagte er und lächelte ihn sorglos an. Die Züge des Königs waren zu erst unglaubwürdig, doch das änderte sich prompt, als er immer düsterer wirkte, und man sein Zähneknirschen hörte.
„Verdammter Bengel“, nun Schritt er auf ihn zu, „du hast mir nichts zu bieten!“, knurrte er bissig, während seine Wut anstieg. Doch auch der Dämon wurde unruhiger und erstickte die Luft mit seiner brennenden Hitze.
Beide Männer strömten eine ungeheure Präsenz an Macht aus, die sich gegenseitig bekämpfte.
„Oh, ich denke schon.“, sagte der Sohn des Königs etwas leiser.
„Du hattest vor sie für dich zu nehmen und nicht zu teilen. Doch wie ich sehe, bist du noch nicht ganz fertig mit ihr.“, stellte Graham matt fest. Tyler fing an, rau zu lachen, so dass sie ängstlich hin und her schaute. Die Situation war ihr zu zweifelhaft geworden und nahm eine komplett andere Wendung.
Plötzlich zog der König mit einer fließenden Bewegung sein goldenes Schwert hervor, das kreischend aus der Scheide fuhr.
„Du ... Du solltest schon längst nicht mehr leben!“, schrie er nun wild umher, „Ihr seid nutzlos in eurer Existenz. Wisst nicht einmal, was ihr mit eurer teuren Macht alles anrichten könnt.“ Hysterisch fing er an zu lachen, sein Hass nahm die komplette Kontrolle über ihn.
Er stand unmittelbar vor ihr, die goldene Klinge schimmerte wie das Feuer selbst in dem grellen Fakellicht. Ruhig regulierte sie ihren Atem und stand langsam auf, darauf bedacht den Blick von der Gestalt des Königs nicht zu entziehen. Der Dämon stand nur da und musterte das Spektakel schweigsam, doch in seiner Schwärze glitzerte etwas böses, gefährliches.
König Graham nahm seine Umgebung kaum noch war, sondern marschierte zielstrebig auf sie zu.
„Nutzlos, genau wie deine Mutter es damals war.“, sagte er dann voller Spott. Ruckartig blieb ihr Herz stehen.
Was meint er damit?
Es war ihr zu unverständlich. „Meine ... Mutter? Was haben sie mit meiner Mutter zu tun?“, fragte sie verdattert. Ihre Konzentration wich langsam weg, sie studierte noch einmal seine Worte durchgehend im Kopf.
Ein Boshaftes Lachen entfuhr ihm aus der Kehle, was im gesamten Raum widerhallte. „Natürlich. Ich habe sie mit meinen eigenen Händen getötet.“, er senkte den Blick. „Was für eine jämmerliche Frau.“ Und damit war es aus. Kochende Wut stieg in ihr an, vermischte sich mit der Aura, und zum ersten mal spürte sie ein Knistern im ganzen Körper. Es war schwach, dennoch vorhanden und überflutete sie mit einem kraftvollen Schub Energie. Selbst Tyler, der nun ihre Wut zu spüren bekam, stellte sich aufrecht hin und musterte sie mit zusammengekniffenen Augen.
Cassim war nicht mehr sie selbst, sie war anders. Mächtiger.
Auch, wenn es nur ein kleiner Funken war, der sich in ihr bemerkbar machte. Ihr strahlendes Blau leuchtete heller als sonst, ihre Gesichtszüge waren Edel und glatt.
Langsam und beherrscht, sprach sie dann: „Dass. War. Ein. Fehler.“ Und da hatte sie Recht.
Noch immer schien Graham nicht ganz bei sich selbst zu sein und lachte geräuschvoll in den Raum hinein. In seinem Zustand nahm er nicht einmal mehr das Mädchen wahr, die mächtiger denn je wirkte.
Mit seiner goldenen Waffe zeigte er gelassen auf sie. „Ich freue mich auf dein köstliches Blut.“, raunte er und rannte plötzlich mit erhobener Waffe auf sie zu. Der Dämon regte sich nicht, er stand nur da und beobachtete alles ganz genau, was ihm seltsamerweise ein kleines Lächeln auf seine Lippen zauberte.
Sein Vater setzte zum Schlag an, doch alles was geschah, war das sein schimmerndes Schwert kurz vor der Berührung mit ihr hart abprallte. Ein starker Luftzug wirbelte durch den Raum, traf den König und schleuderte ihn etwas weg, so dass er nach hinten taumeln musste. Dennoch stand sie seelenruhig da.
Dieses Gefühl war fantastisch, rein und gut. Es gab ihr die Kraft weiterzukämpfen, als sie bereits aufgab. Innerlich brodelte sie.
Er hat meine Mutter getötet? Ja, anscheinend. Er wird büßen! Zahl es ihm heim!, zwang sie sich.
„Was zum ...?“ Der König verstand es nicht, doch auf einmal schien auch ihm ihre neue Ausstrahlung aufgefallen zu sein. Seine Züge veränderten sich.„So, so. Haben wir also unsere Kräfte gefunden, was? Nur schade das sie dir nichts bringen werden, denn sie sind zu schwach.“, bekräftigte er amüsiert, während sich im gleichen Moment seine Augen färbten. Sie Nahmen ein schwaches Rot an, was mit jeder Sekunde deutlicher und stärker wurde, an seinem Handrücken brannte ein ähnliches Mal, wie Tyler es besaß. Die dunkle Aura kämpfte mit ihrer und drückte sie immer weiter nieder, bis es die Oberhand gewann.
Es war eine angespannte Elektrizität in der Luft, die alles zu ersticken drohte. Die böse Macht umhüllte Cassim immer weiter, bis sie nun etwas verunsicherter wirkte. Es drang tief in sie hinein, unterdrückte den kleinen winzigen Energieschub, der sie zuvor durchströmte und nahm ihr somit alle Kraft.
Er hat Recht, ich bin noch zu schwach!, schoss es ihr durch den Kopf. Die Schlaffheit überzog sie wieder. Es war nur ein kleiner Moment ihrer Macht, den sie auskosten konnte. Und das tat unendlich gut.
Graham setzte ein boshaften Grinsen auf, er war wie besessen von dem, was er gerade als Vorgeschmack erleben durfte. Wie ein Tornado fegte er alles um sich herum weg, und direkt auf sie zu. Das Goldschwert wurde ausgeholt, sie schloss die Augen, blieb ganz ruhig. Der Dämonenkönig setzte eine riesige Welle an kraft in den Hieb, ließ es wie ein Sturm auf sie zurasen, als die scharfe Klinge kurz vor ihrer Kehle in der Bewegung verharrte.
Ein gequälter Schmerzensschrei stieg aus ihm empor, er biss die Zähne fest zusammen. Langsam hob er den Kopf, und sah seinen Sohn an, der seinen Arm nun mit einem eisernen Griff festhielt, so dass selbst Stahlketten dagegen nutzlos gewesen wären. All seine Muskeln waren bis zum zerreißen angespannt, seine Augen schienen noch stärker, noch einflussreicher zu glühen als die, seines Vaters.
Das Mädchen setzte verdattert mehrere Schritte zurück, das unangenehme Gefühl entfernte sich aus ihrem Leib und Geist. „Was ist plötzlich los mit dir? Ich dachte du wolltest mich töten!“, scherzte der Vater trocken und nickte in Cassims Richtung. Der verkrampfte Halt um den Arm wurde fester, tiefer. „Sie. Gehört. Mir.“, knurrte Tyler mit solch einer Kälte, das selbst der König kurz stockte. Er ließ von ihm ab und drückte seinen Arm gewaltsam weg, analysierte jedoch weiterhin jeder seiner Bewegungen.
Sie konnte es kaum fassen. Hatte er sie gerade tatsächlich gerettet? Wieder dieses herzzerreißende Gefühl, dem sie weder Vertrauen, noch Misstrauen geben konnte.
„So ist das also.“, er trat mehrere Schritte zurück, „Du verrätst dein gesamtes Volk, für eine solch nutzlose Existenz?“, stellte er missmutig fest. Der Prinz erwiderte nichts. „Welch eine Schande.“, er ließ die feurig schimmernde Waffe zu Boden sinken, und schnippte einmal kurz mit dem Finger.
Keine Sekunde später füllte sich der Raum mit lauter Männer, in Eisigen, schwarzen Rüstungen. Allesamt verfügten über eine durch und durch negative Ausstrahlung und zuckten ihre Äxte und Schwerter Kampfbereit über die Brust.
Ihr blieb die Luft weg. Fassungslos sah sie zu Tyler hoch, suchte dort nach Hilfe, der keine Regung zeigte. Doch das Feuer in seinem inneren entfaltete sich bereits wieder in vollem Ausmaß. Er war wütend, und wie.
Sein Mal züngelte sich um den kompletten Hals, glimmte in den Farben einer Flamme und ließ die Luft um sie herum unsanft heiß werden.
Sie schluckte eine tiefsitzende Angst hinunter, eine böse Vorahnung jagte sie. Wem würde sie jetzt noch vertrauen können?

-Ende Kapitel 21-

Kapitel 22

Schlechte Gedanken verfolgten sie, als sie das siegessichere Gesicht des Königs sah. Hatten sie denn überhaupt eine Chance? Hatte Tyler eine? Sie wusste es nicht, doch es war ein schlechtes Gefühl, das sich in ihrem Magen ausbreitete und ihr einen leichten Schwindelwirbel gab. Der Dämon jedoch war die Ruhe selbst, abgesehen von seinen tiefroten Augen, die darauf aus waren, alles hier zu zerstören.
„Es war so dumm von dir, mich hintergehen zu wollen, Junge. Du hättest deinen Anteil und ich meinen bekommen, dieses Mädchen da wäre weg und wir hätten unsere Ruhe.“, sagte König Graham in einem verhandelnden Ton. Tyler zog ungläubig eine Augenbraue hoch, eher er in ein kurzes Gelächter ausbrach. „Vergiss es. Ich hasse dich“ Er machte einen Schritt auf seinen Vater zu, so das die Wachen ihre Waffen sofort gegen ihn richteten, „und ich will dich tot sehen. Vor meinen Füßen.“, knurrte er, den ganzen Klingen keine Beachtung schenkend.
Abrupt bleckte der König wütend seine Zähne. „Zack!“, brüllte er voller Zorn.
Ein Grauäugiger Mann trat aus dem Schatten und bewegte sich elegant in die Masse. Seine Züge waren Ausdruckslos, an seiner Seite schmiegten sich zwei silberne Schwerter an die schwarze Kampfuniform. Seine Metallhand ruhte lässig an den Griffen seiner Waffen. Er schaute zwischen Sohn und Vater hin und her, unbeeindruckt von den Wachen in ihren Rüstungen, ehe er sagte: „Was?“
Sein Herrscher kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und musterte ihn gefährlich. „Töte sie!“, befahl er laut und ballte seine Hände zu Fäusten.
Er war ebenso wütend wie alle anderen, doch er konnte es nicht verbergen. Zack suchte seinen Weg wieder zu Tyler und schmunzelte leicht. Danach begegnete er Cassims Augen und setzte in ihre Richtung an. Der Prinz zeigte keine Regung, nichts. Er stand nur weiter vor seinem Mädchen und fixierte seinen Vater mit tötenden Blicken.
„Was ist los mit dir? Greif an!“, schrie der König wild umher.
„Nun“, setzte sein Leibwächter kritisch an, „ich muss dich enttäuschen. Eigentlich will ich dich auch tot sehen.“, gestand Zack seelenruhig und stellte sich neben seinen Freund. Beide strahlten eine unbändige Präsenz aus. Auch Cassim suchte sich ihren eigenen Weg nach oben, während sie an der Steinmauer hinter sich Halt fand.
Graham blieb der Mund offen stehen. „Du wagst es also ebenfalls, mich zu hintergehen.“, stellte er neutral fest. Seine Hände zitterten noch gewaltiger als vorhin, jedoch vor Wut.
„Du versteckst dich nur hinter anderen. Wie jämmerlich du bist.“, reizte Tyler ihn weiter. Graham atmete in tiefen Zügen ein und aus, darauf bedacht Beherrschung über sich zu halten.
Und dann kamen die Worte, vor denen Cassim sich am meisten fürchtete. Wie ein heftiger Hurricane fegte seine Ausstrahlung über den Platz, als er laut brüllte: „TÖTET SIE ALLE!“
Tyler verspannte sich sofort, doch nicht vor Angst.
Nein, im Gegenteil, denn er brannte bereits darauf, allen ihre einzelnen Glieder herauszureißen. Seine Angriffslust stieg enorm an, Adrenalin pulsierte durch seine Adern und gaben ihm neue Kraft. Er wartete nur darauf, dass sie den ersten Schritt wagten.
Sein Freund mit den Anthrazitfarbenen Haaren und Augen zog mit einem lauten Schrillen seine zwei Schwerter hervor, die er zum Kampf bereit vor seinem Körper hielt. Grollende Wachen und Krieger ließen ihre Äxte und Dolche auf sie nieder, doch beide waren zu schnell für sie. Tyler bewegte sich geschmeidig und flink durch die Menge, wie ein schwarzer Panther bei der Jagd. Er sprang über einen Glatzköpfigen Mann, der vergeblich mit seiner Axt in die Luft stach, doch ehe er seinen Feind überhaupt erst anvisieren konnte, befand der sich hinter ihm und brach mit einer schnellen Handbewegung sein Genick, so das der lebloser Körper zu Boden sackte.
Gerade wollte von hinten jemand auf ihn einstechen, doch er blieb nur regungslos stehen. Er hatte ihn schon längst bemerkt. Die Wache dachte, sie hätte seine Chance und holte mit dem Schwert aus. Tyler schmunzelte leicht und plötzlich hielt der Mann inne, keuchte und hustete nach Luft. Aus seiner Brust ragte eine silberne Klinge heraus, und im nächsten Moment fiel er achtlos auf seine Knie und anschließend ruhte sein ganzer Leib auf dem Stein. Zack zog sein blutverschmiertes Schwert aus seiner Brust und nickte seinem Freund zu.
Das Duo trennte sich erneut, der Prinz war binnen Sekunden vor seinem nächsten Opfer und riss ihm durch seine Eisenrüstung das Herz heraus. Es scherte ihn nicht, wie die Leiche zu Grunde fiel, daher drehte er sich prompt um und schlug mit der Faust sofort auf einen Krieger ein, der ebenfalls zwei Schwerter besaß. Seine Haltung war deutlich besser, er besaß eine ausgeprägtere Kampftechnik.
„Wie konntest du es nur wagen, deinen eigenen Vater zu verraten!“, zischte er und stieß mit seiner Waffe nach Tyler, der gekonnt auswich. „Was weißt du schon“, sagte er matt.
Der Krieger wurde noch wütender, wich einem Schlag ebenfalls aus und griff seinen Prinzen von unten an.
Er war schnell.
Tyler war schneller.
Mit einem blitzschnellen Satz packte er seinen Arm und brach ihn entzwei. Der Braunhaarige Leibwächter schrie schmerzvoll auf, doch sein Gegenüber ersparte sich den Rest und brach ihm einfach mit knackenden Geräuschen den Halswirbel.
Jämmerlich, dachte er noch und fixierte den nächsten, der ihn zu Boden drängen wollte.
Zack erledigte seinen Job in kurzen Abschnitten. Es waren keine Gegner für sie. Von rechts und links steuerten nochmals zwei der Wachen auf ihn zu. Er regte sich nicht, sondern lauschte ihren Schritten nach. Ruckartig setzten beide Seiten zum Hieb an und ihre Waffen schnellten an die Stelle, an der er sich befand. Doch alles was sie trafen, war Luft. Sie trafen nichts. „Was? Wo ist er?“, brüllte ein dümmlicher, zwei Meter große Klotz herum. Alle zuckten nichtsahnend die Schultern, bis der große Typ plötzlich leblos hinunter sank. Aus dem Schatten heraus floss eine unbekannte Form, die sich der Länge nach aufstellte. Alle drum herum schnappten panisch nach Luft und konnten für den Moment nicht angreifen.
Aus dem dunklen Schatten trat der verschwundene Krieger wieder hervor.
„Ein Schattenwandler!“, riefen sich alle gegenseitig zu und wussten irgendwie nicht mehr, was zu tun war.
Ja, das war er. Ein Schattenwandler, und dazu noch der einzige in ganz Darkin. Nur wusste das keiner außer Tyler und der König.
Als Zack ihnen keine Beachtung mehr schenkte weil er wahrnahmen, das jemand leise und zügig auf den Thron zustrebte, stieß er die Menge um sich herum weg. Eine weitere Wache stellte sich vor ihn, die Axt schwang hin und her. Er bückte sich geschickt hinunter, drehte sich dabei auf den Ballen hinter seinen Feind und rammte sein Schwert in dessen Herz. Das alles hatte nur wenige Sekunden gedauert. Er stellte sich mit den Rücken an Tylers, und zeigte mit einer kurzen Kopfbewegung auf den Thron. Der andere Dämon folgte seiner Geste und entdeckte denjenigen, der ihr Schaden zufügen wollte. Das Feuer in seinem inneren verwandelte sich in ein brennendes Inferno und übertönte alle Macht, die ihm Raum schwebten.
Da versuchte so ein Versager von Wache doch tatsächlich, sich seinem Mädchen zu nähern.
Schneller als sonst stellte er sich vor ihn. Der Mann zuckte beängstigt zusammen.
„Na? Was wolltest du denn dahinten?“, stellte der mächtigere der beiden ihn mit kontrolliertem Zorn auf die Probe. Auch wenn er ihm am liebsten sofort den Kopf abreißen würde. Hinter ihm sahen die anderen verwundert über sein so plötzliches Verschwinden auf. Als sie ihn fanden, rasten sie sofort auf ihn zu, doch Zack regelte das mit fließenden Bewegungen, trennte mehreren mit seinen Zwillingsschwertern den Kopf ab, stach ihnen in verschiedenen, verwirrenden Positionen ins Herz oder verschmilz mit ihren Schatten und überlistete sie auf diese Weise
Wie mutig. Tyler lachte über die Dummheit von diesen Personen. Sich ihm in den Weg zu stellen, bedeutete, sich seinem eigenen Tod in den Weg zu stellen. Mürrisch beäugte er wieder die verstörte Wache.
Seine Augen flammten vor Verlangen, diesen einen Typen zu töten.
„I-ich wollte ... Der König hat befohlen ...“ Und das war's auch schon. Der zornige Dämon packte dem Hund seines Vaters mit schnellem Griff an die Kehle. Er röchelte vergeblich nach Luft und zappelte wild umher, doch er war zu schwach. Tyler drückte so fest zu, das seine Finger das Fleisch seines Gegners durchbohrten.
Schmerzerfüllt kreischte und schrie er, doch seine Stimme versagte in einem Husten. Mit dem letzten Stoß wurde seine Kehle komplett zerquetscht und aus allen Löchern floss unaufhaltsames Blut.
Der Prinz warf die Leiche achtlos neben sich und erlöste seinen Freund, der schon ins Schwitzen gekommen war. Es war hoffnungslos für die, die auf der Seite des Königs standen. Zögernd wichen einige zurück, nahmen jedoch nicht den Blick von dem Duo, das beinahe eine gesamte Armee ausgelöscht hatte. Der einzig verbliebene mutige rannte mit seinen Dolchen brüllend auf Tyler zu. Dieser packte ihm mühelos am Kopf und schaute mit seinen roten Augen tiefsinnig in seine. Plötzlich regte sich kein Muskel mehr in ihm, in seinem Blick lag pure Angst.
Seine Waffen fielen klackend auf das Blutüberströmte Stein. Die Eisenrüstung kam ihm nicht mehr so sicher vor. Abrupt fing er an, laut zu kreischen und tat es seiner Waffe gleich. Er hielt sich den Kopf und schrie sich die Seele aus dem Leib, während er sich auf dem Boden hin und zu wälzte. Die Stimme brach, wurde immer leiser und leiser, bis nichts mehr als ein lebloser Körper übrig geblieben war. Der Prinz schaute ungerührt und die Menge hinein, die hart schluckte.
Zack trat einige Schritte vor, die anderen wichen zurück. Ohne zu zögern gewährten sie dem Krieger platz, einige hauten gänzlich ab. Sowohl des Dämons, als auch seines Freundes Blickes wanderten durch den Raum, suchten eine bestimmte Person und fanden ... nichts.
„Wo. Ist. Er?“, wollte Tyler mit bebender Wut wissen und wandte sich an den Rest. Keiner sagte was.
„WO IST ER?“, schrie er brüllend los. Sein Zorn entfaltete sich in jeden Winkel und seine Aura wurde noch gewaltiger, noch schwerer und dehnte sich in alle Richtungen. Wieder ein Kopfschütteln von den anderen. Und damit war es aus mit seiner Geduld.



Keiner außer ihren zwei Vertrauten hatte bemerkt, dass sie sich ein, wenn auch nicht so sicheres, Versteck gesucht hatte. Sie presste sich gegen die Lehne und beobachtete mit großen Augen das Spektakel vor ihr. Cassim hatte nichts zu bieten, sie konnte nicht helfen sondern nur hoffen, das sie niemand hinter dem Thronsessel entdeckte. Die ungeheuren Kräfte, die sie vorher verspürt hatte waren wie weggeblasen, als hätten sie nie existiert.
Gott, was soll ich nur tun?, beklagte sie sich über sich selbst und fuhr mit den Fingern durch das samtige Haar.
Schwach und nutzlos kam sie sich vor. Und das war auch so. Weder helfen noch abhauen konnte sie. Außerdem verspürte sie den Drang, das Tyler gerade sie jetzt brauchte. Woher? Das wusste sie nicht, ebenso wie die ganzen anderen Tatsachen. Er war ihr wichtig. Irgendwie. Ob es Richtig war, konnte sie nicht sagen.
Schlagartig versagte ihr Atem. Alle Muskeln des Mädchens verkrampften sich. Weit riss sie die Augen auf, lauschte dem leisen Ton den sie hörte und die wuchtige Aura, die sie wahrnahm.
Das war definitiv nicht Tyler. Unentschlossen und langsam richtete sie ihre Augen auf die andere Seite und erstarrte.
Jemand räusperte sich neben ihr. „Hallo, Cassim“, raunte er leise, „wir hatten keinen guten Start. Aber das erspare ich dir auch.“ Ein gefährlicher Ton kam von ihm hervor, in seinem roten Blick glitzerte es gierig.
„Wie verschwenderisch, so eine Schönheit zu töten.“ Er nahm ihr weiches Haar in die Hand und drehte es zwischen Daumen und Zeigefinger. Und obwohl sie es nicht spürte, überkam sie ein Gefühl der Übelkeit und Hass bei seiner Berührung. Prompt schlug sie seine Hand weg und fasste sich wieder.
„Fass mich nicht an!“, zischte sie ebenso im Flüstern und krabbelte weiter nach hinten.
Renn!, schrie eine innere Stimme in ihr. Aber wohin?
„Und weißt du was? Du wirst mich nicht bekommen!“ Halt endlich deine verfluchte Klappe! Du bist so dumm, so dumm!
Sie Schluckte. Grahams Gesicht verfinsterte sich, er biss die Zähne fest zusammen.
„So, so. Wir werden sehen.“ Ein boshaftes Grinsen umspielte seine Lippen, als er wieder sein bekanntes, goldenes Schwert hervorzog. Innerhalb weniger Meter hallten Schreie und gequälte Rufe wider.
„Deine Leute sterben.“
„Ich weiß.“ Er lächelte. Widerlich. Sie stand bereits auf den Beinen und versuchte, nicht auf Tyler zu achten.
„Du wirst dafür büßen.“, stellte sie gleichgültig fest.
„Für was?“, wieder dieses Grinsen, „Dafür das ich sie dort verrecken lasse, wie dich auch schon bald?“
„Nein.“ Sie trat einen großen Schritt zurück. Er bemerkte es nicht, war viel zu begierig auf ihre Antwort, „Für meine Mutter.“ Und dann rannte sie los. Ihre Augen untersuchten den Raum, Leichen Blut und einzelne Stücke, überall. Sie hielt die Hand vor den Mund, doch sie musste schreien.
Tyler! Das brachte nichts.
„Tyler“ Zu leise.
„TYLER!“ Cassim hatte ihren Tonfall wiedergefunden und ließ ihn jetzt schrillend im Raum verteilen. Sie entdeckte den jungen Mann mit dem pechschwarzem Haar, das wirr in seine Stirn fiel. Er drehte sich prompt um und beäugte sie verwundert, fing sich aber im nächsten Moment wieder.
Wenn er mir schon einmal geholfen hat, wird er es dann wieder tun?
„Cassim, weg da!“, schrie er völlig aufgebracht, war im nächsten Augenblick hinter ihr und ließ seinen Vater an seiner Faust schmerzlich abprallen, so dass er nach hinten schwankte. Wäre er auch nur eine Sekunde zu spät gekommen, wäre sie jetzt vermutlich in seinen scheußlichen Händen.
Erneute Wut, größer, mächtiger. Das Mädchen befand sich hinter ihrem Beschützer, torkelte vor Schreck jedoch immer weiter nach hinten, bis jemand sie sanft an der Schulter aufhielt. Es war nicht Tyler, und auch nicht sein Vater. Eine Wache? Unsicher drehte sie den Kopf zurück und blickte in kalte, dunkelgraue Augen und ebenso dunkelgraues Haar. Sie identifizierte den Krieger, der an Tylers Seite gekämpft hatte.
„Z-zack.“, kam es ihr Automatisch aus dem Mund. Er nickte.
„Wir müssen ihm helfen!“ Diesmal schüttelte er den Kopf: „Nein“, kam es achtlos von ihm.
„Was? Doch!“ Sie wollte sich losreißen, doch er packte nur fester zu und zerrte sie weiter nach hinten.
„Das ist sein Kampf! Und willst du schon gegen sie ausrichten? Du würdest nur im Weg stehen. Außerdem ist es zu gefährlich für dich. Ich weiß nicht, wie sehr sich Tyler kontrollieren kann.“ Den letzten Satz sprach er leise aus, doch sie hörte es. Es war wie ein harter Schlag in den Magen. Diese Ungewissheit beunruhigte sie zutiefst und sie wollte nun noch dringender zu ihm. Zu Tyler. „Du hast Recht.“, schluchzte sie.
Der König schritt wieder mit einem miesen Gesicht auf seinen Sohn zu und schleppte das goldene, schimmernde Schwert mit sich. „Das war verdammt nochmal ein Fehler!“, brüllte er bissig und abrupt war er vor Tyler, holte aus. Dieser jedoch wich beweglich aus und wollte ihn von hinten angreifen. Dass sein Vater ihn durchschaut hatte, bemerkte er nicht.
Die goldene Waffe schnellte in die Richtung seines Kopfes, mit einer Hand fing er sie rechtzeitig ab. Die Kanten bohrten sich in sein Fleisch, doch das machte ihm nichts. Graham drückte fester und fester zu, es war ein Spiel um Kraft und Stärke. Keiner der beiden gab auf, bis Tyler ihn mit einem kraftvollen Ruck von sich stieß. Seine Innenhandflächen wiesen tiefe Schnitte auf, aus denen Blut herausquoll. Alles lief in schnellen und flinken Bewegungen ab, doch auch die Auren bekämpften sich.
Wut und Hass, nichts anderes konnte Cassim in ihnen fühlen. Alles um sie herum knisterte und brodelte, es wurde immer heißer und heißer, so dass das Atmen nach geringer Zeit schon bedrückend war und schwerfiel.
Jetzt war es der jüngere Dämon, der zum Angriff ansetzte und die Hiebe verteilte. Seine blanke Faust traf das Kinn des Königs, es befand sich so viel unermessliche Kraft darin, das er gegen eine Wand flog. Die starken Schmerzen vergingen nach kurzem, denn der Heilprozess hatte eingesetzt. Übrig blieb nur ein kleines Pochen, das nicht weiter störte.
Wieder war es der Prinz, der mit verschiedenen Techniken und Positionen seine günstigste Möglichkeit suchte. Listig fand Graham eine Lösung, jedem Schlag, Griff und Dolch zu entkommen. Er wartete auf den Moment der Schwäche. Und der war jetzt gekommen.
Tyler befand sich in weniger als einer Sekunde an der Seite und war darauf aus, seine scharfe Klinge in das Fleisch seines eigenen Vaters zu bohren. Dieser allerdings war ebenso schnell, packte Tylers Arm, zog ihn zu sich und rammte ihm das Knie durch die trainierten, stählernen Muskeln in den Bauch. Er keuchte und krümmte sich, doch bevor er sich ganz erholen konnte, stieß der König ihn mit dem Kopf gegen den Stein. Abrupt schnellte sein Schwert in die Luft und wollte auf seinen Sohn treffen.
„NEIN!“ Er wurde kurz abgelenkt. Wer wagte es, ihn gerade jetzt zu stören? Seine roten Augen wanderten langsam zu Cassim hinüber, die nun wie erstarrt dort stand.
Töte sie, fuhr es ihm durch den Kopf. Seiner Meinung nach war das eine äußerst gute Idee. Der ehemalige Leibwächter stand noch hinter ihr, seine Waffen ruhten Kampfbereit in seinen Händen. Für den König sollte das kein Problem darstellen. Unerwartet stand er schon vor ihnen. Zack war nicht darauf vorbereitet, und sah den Schlag zu spät kommen. Graham jagte seine Schimmernde Klinge durch seine Knochen und beförderte ihn mit einem Tritt weiter weg. Quälend hielt der Schattenwandler seine blutende Stelle und kauerte auf dem Boden. Es verheilte, jedoch zu langsam.
Cassim stand wie angewurzelt dort, sie konnte nichts tun. „Was ...Was hast d-du ...“, stotterte sie wie verrückt vor sich hin und wusste nicht, ob sie Tyler oder Zack ansehen sollte. Oder den König.
„Was ich getan habe?“, er lachte laut auf, „Rache nehmen, Liebes! Und vor allem dein Blut!“, grollte er gierig, zog sie an ihrem Haar fest und schwang seine Klinge nach hinten. Sie wehrte sich mit Händen und Füßen, was nur dazu führte das sein Griff noch schmerzhafter wurde.
Diesmal gab es kein entkommen. Sie hatte verloren, und das musste sie sich eingestehen. Ein letztes mal sehnte sich das Mädchen nach Tylers Berührungen, seine zärtlichen Lippen und das Verlangen in seinen Augen nach ihr.
„Steh auf, Tyler! Bitte! Steh auf!“, japste sie. Ihre Bitten waren nur ihre innigsten Wünsche, und würden ihr nun nichts mehr bringen.
Grausamer Mistkerl, dachte sie sich, blieb aber stumm. Sie beäugte nochmal den Prinzen, seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Er kam wieder zur Besinnung und suchte sie mit seinen Blicken. Als er sie fand, hörte der gleichmäßige Rhythmus in seines Herzens für einen kurzen Moment auf. Und zum ersten Mal konnte sie Angst in seinen Augen sehen. Und was für welche, da war sie sich ganz sicher.
Aber Angst wo vor? Er hatte noch eine Chance.
Mit viel Kraft wurde die goldene Klinge auf sie zu gestoßen, augenblicklich schloss sie die Augen. Es muss ein grauenvoller Schmerz sein, ein abstoßendes Gefühl wie zuerst das Fleisch durchstochen, und anschließend die Knochen unter viel Druck zermahlen werden.
Aber aus irgendeinem Grund kam das nie bei ihr an. Hatte er sich anders entschieden? Oder war sie etwa schon tot?
Eine warme Flüssigkeit tropfte auf ihre Brust hinab und lief ihre Haut abwärts.
Nein, das kann nicht sein. Sie spürte noch etwas. Aber was? Das kräftige Ziehen an ihren Haaren hatte abgelassen.
Jemand hustete und keuchte streng vor ihr. Gequälte, unterdrückte kleine Schreie, das Knirschen von Zähnen aufeinander. Eine Aura die ganz nahe bei ihr war. Eigentlich war diese mächtig und immerzu stark, doch diesmal wurde sie immer schwächer und schwächer, bis fast nichts mehr übrig geblieben war.
Das war ... Voller Angst öffnete sie die Augen und begegnete im gleichen Moment den schwarzen von ihm. Er war so nahe, das sie seinen heißen Atem hätte merken müssen, doch da war nichts.
Auch der wilde Ausdruck seines Blickes war nicht mehr zu finden.
Ein letzter, tiefer Atemzug kam von ihm, der ihn sehr viel Kraft kostete – bis er seine Lider schloss und sein Kopf auf ihre Schulter hinunter sackte.
„Tyler?“, flüsterte sie so leise, das es wahrscheinlich nicht mal er so nahe bei ihr mitbekommen hätte. Ihre Stimme verlor sich. Ein plötzliches Zittern durchfuhr sie überall, sie traute sich nicht weite runter zu schauen, doch aus den Winkeln nahm sie es schon wahr. Das goldene Schwert des Königs ragte aus seiner Brust heraus, das Blut drum herum weitete sich immer weiter nach außen.
Sie fühlte nichts. Gar nichts. Sie wusste nicht einmal, was das jetzt alles zu bedeuten hatte, doch tief innen drin zerbrach sie gerade.
„Pff. Wie sinnlos.“, zischte eine ungerührte Stimme hinter Tylers Gestalt. Sein Vater schwang das Schwert zur Seite, so das er es aus der Brust des Prinzen hinausziehen konnte, der ohne sich zu widersetzen zu Boden glitt. Sein Blut strömte nun aus dem Herzen und vermischte sich mit dem der anderen.
„Tyler? Steh auf ...“, hauchte Cassim heiser. Sie hatte die ganze Situation noch immer nicht richtig wahrgenommen. Mit zitternden Knien lief sie direkt auf ihn zu, den König hatte sie schon vergessen. Es gab nur ihn.
Neben seinem leblosen Körper ließ sie sich au die Knie fallen, fixierte wie benommen seine Wunde.
„Oh Gott“, hustete jemand weiter weg, „verschwinde von da, Cassim!“, rief er voller Entsetzen, doch sie schenkte demjenigen keine Aufmerksamkeit.
Mit einer Hand fuhr sie über seine Wange, die Berührung war so zart, das sie dachte, sie könnte ihn sonst noch mehr Schaden zufügen. Keine Gedanken waren in ihrem Kopf aufzufinden.
„Er ist tot! Cassim! Verschwinde!“ Wieder diese Stimme. Aber nicht die, die sie hören wollte.
Tot?, der erste Gedanke. „Tot?“, flüsterte sie ihn nun vor sich hin. Der verwirrte Ausdruck ihrer Augen verschwand, machte Platz für alle anderen Gefühle.
„Er ist ... Tot?“ Und plötzlich traf es sie mitten in ihr eigenes Herz. „Nein ... Nein! Das kann nicht sein! Tyler, komm schon!“, schrie sie hysterisch, schüttelte ihn und zog an seinen Klamotten. Sie war wie ausgewechselt.
Panik ergriff sie, ihr Verstand meldete sich langsam wieder. Ihre Rufe versagten, die Tränen strömten ihr nun in vollem Maße ihre Wange hinab, auf sein schönes Gesicht. Immer wieder schrie sie Worte, die in ihrem Schluchzen untergingen, sie kauerte neben ihm, ihre Finger verkrampft in seinem schwarzen Haar.
Nichts in ihm rührte sich. Nichts.
Jemand lachte spöttisch neben ihr, gab ihr zu verstehen, das es nichts bringen würde. Das wusste sie selbst.
Doch ein Leben ohne ihn gab es mittlerweile nicht mehr, das war für sie schon unvorstellbar. Ihre ganze Seele zerbrach in diesem Moment, jedes bisschen Mut, jeder Funken Hoffnung und jede minimale Stärke wurde ihr genommen. Sie verspürte ein tiefes Loch in ihrer Brust, wie er es auch hatte. Es war ein Schmerz, der alles in ihrem Leben bis jetzt ersetzte und die sie selbst zu töten drohte.
Geh nicht!, schrie ihre eigene, verzweifelte Stimme in ihr. Jedes Gefühl von Zeit verließ sie. „Bleib“, schluchzte sie unter einem von Tränen verströmten Gesicht. Sie legte beide Hände auf seine kalten Wangen und strich mit dem Daumen über seine weiche Haut, die eigentlich stets glühte. Es befand sich nicht ein Hauch von Kraft in ihren Gliedern.
Müde legte sie ihre Wange nun auf seine und bettete dort ihr Gesicht ein. Die Tränen wurden unaufhaltsam, tropften auf ihn und ruhten dort. So was hatte sie seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr erlebt, sie hatte vergessen wie Grauenhaft dieser Schmerz war.
Ein Zittern ihres Körpers, das wahrscheinlich nie mehr entweichen würde. Für eine kurze Zeit setzte ihr Herzschlag aus, seines für alle Ewigkeit.
„Cassim, bitte! Hör mir zu“, schrie und keuchte eine vertraute Person, „Sieh mich an!“ Doch das Mädchen tat es nicht, es war nutzlos und trennte sie von ihm. Sie lauschte lieber weiterhin seinem stummen Herzschlag. Als eine kalte Hand sich auf ihren Rücken legte, sah sie doch hoch und wurde von zwei grauen Augen fixiert. An seiner Schulter befand sich eine große Wunde, die sich schon zu erholen begann.
Wieder neigte Cassim die blutunterlaufenen Augen nach unten, zu Tyler. Alles andere war so uninteressant.
Der Schattenwandler erhob sich auf seine Beine und musterte den grinsenden König kühl, der jede Sekunde zu genießen schien. „Seid ihr fertig mit der Trauerfeier?“, sagte er voller Hohn, „Ich hab nämlich noch anderes zu tun.“
„Du bist so widerlich. Grausam. Ich wünsche mir die Hölle für dich.“, knurrte Zack und hob sogleich seine zwei Waffen hoch. Seine Züge waren voller Trauer und verletzt, doch gleichzeitig stieg eine enorme Welle an Wut in ihm an. Er war bereit bis zu bitteren Ende seinerseits zu kämpfen. Für ihn, seinen Freund.
Erneutes Gelächter des Königs, der sich lässig an einem Pfosten gelehnt, sicher und geschützt vorkam. Sein ehemaliger Leibwächter hob die Klingen, stürmte in einer enormen Geschwindigkeit auf ihn zu, wobei er immer wieder durch Schatten tauchte und sich durch sie bewegte.
Cassim starrte unaufhörlich und wie betäubt auf den schönen Mann unter ihr. So leblos.
Er hatte immer das Sagen, immer eine gewisse Autorität und nun liegt er dort, ohne ein spöttisches Lächeln, ohne seine rotbrennenden Augen. Hatte das denn alles noch einen Sinn? Unmittelbar neben ihr wurde sie von einem jungen Mann beschützt, den sie nicht einmal richtig kannte. Trotzdem saß sie einfach nur leise und wie versteinert dort, in der Hoffnung ihr Leben würde sich von alleine wieder gerade biegen – Vergeblich.
Und mit einem Mal stoppten die Tränen. Sie hatte begriffen, dass das alles nichts bringen würde.
Er hatte sein Leben für ihres gegeben, und nun tat das auch schon Zack. Aber sie, sie war wie gefesselt von ihren Gefühlen und ließ jegliches mit sich geschehen. Ihre Kontrolle ließ nach, ihr Geist gab auf, und endlich wurde der Teil in ihr wach, der schon so lange geschlummert hatte.
Ein pulsieren in ihrem Unterbewusstsein, so stark wie noch nie – und mit jedem verstrichenen Augenblick nahm es zu.
Ihr kompletter Körper kribbelte bis in die Fingerspitzen, an jeder Stelle, immer stärker und schneller. Herzrasen setzte an, eine Welle voller Adrenalin schoss durch ihre Adern, gab ihr neuen Mut, neue Kraft zu kämpfen.
Es fühlte sich fremd und doch so vertraut an, es war ein Teil ihrer Seele. Und genau dieser Teil zog sich immer weiter an ihr hoch, entfaltete seine unermessliche Macht nun in jeder erdenklichen Ecke.
Dieses Gefühl ... Sie kannte es. Es war nicht vergleichbar mit dem letzten Mal, als sie dies verspürt hatte, denn eine falsche Bewegung könnte Momentan die komplette Stadt vernichten. Cassims Augen strahlten so hell, dass sie jede Dunkelheit durchbrechen könnten, nichts und niemand konnte ihr jetzt schaden – und das war noch lange nicht das Ende, denn es pulsierte noch immer durch sie hindurch, so massiv, gewaltig und vor allem unstillbar.
Ihre Hände lagen nach wie vor an seinen kühlen Wangen, sie fühlte wie ihre Mächte in ihren Fingern kitzelten und konnte nicht sagen, ob sie jemandem damit helfen oder gar töten konnte. Vermutlich beides.
Ab da versuchte sie das unmögliche. Helfen.
Ihre Finger glitten samt über seine Haut, die enorme Ladung an Energie floss über sie, in ihn hinein. Ein elektrisierendes Gefühl setzte an, sie fühle wie sein lebloser Körper trotz dessen ihre Kräfte verschlang, in sich rein saugte. Und plötzlich empfand sie etwas. Das Rauschen seines Blutes, das begonnen hatte in langsamen Zügen durch seine Adern zu wandern.
Verstört sog Cassim scharf die Luft ein, wusste nicht ob das nun richtig oder falsch, gut oder schlecht war, und setzte ihr Vorhaben dennoch fort. Bedrückend legte sie ihre kompletten Handflächen an seine Schläfen und strich das blutbeschmierte, schwarze Haar zur Seite.
Im Hintergrund hörte man lautes Keuchen und hektische Atemzüge, das Kreischen von Metall, das aufeinander traf.
„Gut so, Cassim ... mach ... weiter.“, lobte sie eine erschöpfte Stimme. Beide Männer spürten das Spektakel in ihr, doch einer von ihnen war nicht einverstanden damit. Das Mädchen ging nicht darauf ein, doch auch in Tyler regte sich nichts.
„Oh, bitte ...“, hauchte sie verzweifelt. Es gab nichts, was sie jetzt noch falsch machen konnte. Verunsichert wanderte sie mit ihrer Hand an seine Brust, dort wo sein stilles Herz lag und dort, wo eine rote, offene Wunde herausragte.
Ein tiefer Atemzug, und sie ließ ihren Willen freien Lauf, keine Gedanken oder Gefühle die sie jetzt stören oder daran hindern konnten. Und das war die Grenze – ihre unterdrückte Aura kam wie ein Tornado aus ihr herausgeschossen, stürmte ohne Hindernisse durch den Raum und fegte jeden, losen Gegenstand hinfort. Auch Zack und der König wurden wild herumgeschleudert und landeten unsanft an der Wand. Doch alles was sie interessierte, war der Prinz unter ihr. Die Hände des Mädchens schwebten über seiner Brust, eine Druckwelle wuchtiger Kraft strömte durch ihn hindurch, die Wunde schloss sich, doch Cassim war nicht in der Lage, aufzuhören. Milliarden Stiche in seinem Körper, eine Bindung die nicht unterbrochen werden durfte.
Ein Herzschlag.
So leise, so schwach, das es kaum wahrzunehmen schien – doch es war da. Und genau so schnell auch wieder verschwunden.
Ihres setzte in dem Moment kurz aus. Keine Gedanken, vor Schock.
Ein weiteres Pochen. Gefolgt von noch einem. Schwach, dennoch vorhanden.
„Nein! Verdammtes Weib!“ Grahams Sorge spiegelte sich deutlich in seinem Gesicht wieder. Er schubste seinen Gegner mit viel Schwung von sich, rannte auf das Mädchen zu und wurde Augenblicklich von Wilden Stürmen gejagt und durchlöchert, während sie sich nicht rührte. Sie wurde von einer durchsichtigen Mauer umgeben die sie stets schützte, so viel Macht hatte keiner. Und das hatte er auch noch nie gesehen. Noch nie.
Sie hätte ihren Feind kinderleicht töten können, die ganze Stadt mit einem Ruck auslöschen können, denn sie war das mächtigste, das die Mystiker zu bieten hatten. Genau das wollte sich Graham nicht eingestehen, und vor allem wollte er es sich nicht gefallen lassen. Wie ein jämmerlicher Junge stürmte er auf seinen Sohn zu, brüllend und voller Hass.
Zack war da, jedoch zu langsam, als die schimmernde Klinge abermals auf seinen Freund zuraste. Doch als in der nächsten Sekunde dass, was sie am wenigsten erwartete geschah, wendete sich das Blatt – und wie.
Trotz ihrer Anfälligkeit, baute sich abermals ein Schutzschild des Windes vor ihr auf, aber es war nicht nur ihr eigener – da war noch etwas, so schwarz wie die Nacht und wütend, wie nur einer es sein konnte: Tyler.
Ungläubig schaute sie auf ihn herab, stechend rote Augen lagen frei und Blickten einfach an die Decke, ehe er sie ebenso kaltblütig musterte und sich langsam aufrichtete.

-Ende Kapitel 22-

Kapitel 23

Jedes kleine Geräusch verstummte Augenblicklich. Keine aufeinander treffenden Schwerter, keine Schreie, keine Rufe. Nicht einmal das hektische Ausatmen der kämpfenden Personen war zu hören.
Als wäre er nie verletzt worden, als wäre er nie gestorben erhob die Gestalt des Dämon sich geschmeidig, mit seinen glühendheißen, roten Augen. Er stand lässig dort, auf seinem Shirt war nur noch ein großer Blutfleck zu sehen.
„Unmöglich.“, brach eine dünne Stimme die Stille. Der König wollte es nicht wahrhaben, konnte es einfach nicht glauben. Auch Cassim schien geschockt von seinem Auftreten und krabbelte mehrere Meter zurück.
Tyler war nicht mehr er selbst – er war momentan das mächtigste Wesen überhaupt. Die reine Kraft des Mystikermädchens schoss durch seine brennenden Adern, verschmolz mit seinem Blut und ließ ihn noch stärker, noch gefährlicher werden.
Cassim betrachtete ihre eigenen Hände, drehte sie immer wieder hin und her, um sich zu vergewissern das es nicht ihre Tat war, doch sie kribbelten nach wie vor bis in die Spitzen. Sie spürte eine Verbundenheit, die sich zwischen Tyler und ihr aufgebaut hatte, sie konnte ihre eigene Kraft genau in ihm wahrnehmen, wie es durch ihn hindurch rauschte, das lodernde Feuer in ihm wieder zum brennen brachte.
„T-Tyler?“, flüsterte sie leise, in der Hoffnung seine raue und Kraftvolle Stimme wieder zu hören. Keine Antwort.
Dennoch stand er da, ruhig und gelassen, als wäre nichts passiert. Es konnte nicht wahr sein, so was gab es nicht, niemals – oder doch?
„Das ist alles deine Schuld du Miststück! Was bildest du dir eigentlich ein, du Weib?“, meldete sich dennoch jemand anderes. Graham wurde nervös, Schweiß rann ihm vom ganzen Gesicht hinunter, als er seinen Sohn beobachtete, den er vorhin noch selbst ermordet hatte. Wie ein Feigling stieg seine Angst mehr und mehr, er fühlte sich unterlegen, denn Tylers Ausstrahlung könnte alles in einem Augenblick zerstören. Das angesprochene Mädchen nahm all dies nur halb mit. Denn etwas viel wichtigeres spielte sich momentan vor ihr ab – er lebt.
Eine vertraute, kühle Hand legte sich um ihren zitternden Arm, jemand sprach dann leise: „Komm schon.“
Sie nickte geistesabwesend, denn all ihre Gedanken kreisten um den schwarzhaarigen Mann vor ihr. Langsam wurde sie hochgezogen, nur um etwas mehr Abstand von Sohn und König zu gewinnen. Zack kniete sich neben sie in die Hocke auf den Boden. Er sah Müde und total fertig aus, mit einer nur noch kleinen Wunde an der Schulter. Seine Schwerter packte er zurück an ihren Platz, als wäre dieser Kampf bereits entschieden.
„Danke, Cassim. Ich weiß nicht wie du das gemacht hast, aber ich danke dir einfach.“ Er schaute sie eindringlich an, seine dunkelgrauen Augen schienen sich in ihre zu bohren. Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen, noch nie hatte sie so was von einem wahren Krieger gehört. „War ich das wirklich?“
„Ja. Du hast es geschafft – du hast sie endlich gefunden, deine Kräfte. Und du hast Tyler“, er nickte in seine Richtung, „geholfen. Irgendwie ...“ Sie wandte den Blick zurück zu dem Prinzen, dessen Aura sich unbesiegbar über seinen Vater legte.
Zack hatte Recht, der Kampf war entschieden. Ein Sturm nach dem anderen jagte im selben Moment alles durch den Raum, verwüstete die Decke und alle Wände. Graham legte schützende die Arme vor den Körper, doch es brachte nichts. Wie eine armselige Feder riss ihn der schwarze Windstoß mit und ließ ihn krachend gegen die massive Steinwand schmettern. Keuchend fiel er zu Boden, hielt sich die blutende Wunde am Kopf, die sich schon wieder schloss.
Doch ehe dies vollständig passierte, wurde sein Kopf erneut herumgeschleudert und er befand sich in der nächsten Ecke. Erst dann registrierte er den heftigen Tritt, den er bekommen hatte. „H-Hör zu ... Tyler... Ich bin dein Vater!“, versuchte der König die Situation irgendwie zu retten. Sich selbst zu retten – vergeblich, denn abermals stand der mächtige Dämon vor ihm, sah ungerührt auf seinen Vater hinab. Alles an ihm schmerzte, selbst die Heilung dauerte länger als sonst. Mit viel Mühe, versuchte er sich auf die Augenhöhe seines Sohnes zu kämpfen, doch dieser packte ihm hart an die Kehle und hob ihn langsam in die Höhe.
„Ich werde dir niemals vergeben.“, sagte er monoton, und in der nächsten Sekunde schleuderte er die Gestalt des Königs auch schon an die nächste Wand. Das Gestein zersplitterte unter seinem harten Aufprall, ließ ihn schwach und ärmlich wieder auf dem Boden aufschlagen. Er konnte nichts entgegensetzen, war viel zu schwach im Vergleich zu Tyler.
Überall an seinem Körper kamen große Wunden hervor, sein eigenes Blut umspielte jede freie Stelle. Auch das Gesicht sah demoliert und völlig kaputt aus.
„Ich habe so viele Fehler gemacht. Ich habe dir gehorcht, immer auf dein Wort gehört.“, stieß Tyler kalt hervor, während er sich langsam auf den Weg zu ihm machte. Die einzige Antwort des Königs war ein weiteres Wimmern.
„Du hast meine Mutter einfach umgebracht, nur um deine widerliche Gier zu besänftigen. Und deinen einzigen Sohn hast du benutzt, als wäre er nichts Wert“, er zog den König abermals an der Kehle hoch, durchbohrte ihn mit heißen, roten Augen, „doch eigentlich bist du doch der jämmerlichste hier. Sich hinter seinen Wachen zu verstecken, dem eigenen Sohn nicht wie ein Mann entgegenzutreten.“ Sein Griff wurde immer härter, unbändige Wut trat auf sein Gesicht. Die schwarze Aura durchstach jede kleine Wunde, fraß Graham langsam von innen auf und stoppte die Selbstheilung.
Ein schmerzlicher Schrei erklang, er zappelte wild umher, kreischte und wimmerte. „Ja, ich“, weiteres husten, „habe all dies getan! Gott, ich hasse dich! Und deine Mutter erst ... Es war wirklich schön, meine Klinge in ihr Herz zu stoßen. Findest du nicht auch?“ Ein hysterisches Lachen erklang, jämmerlich und arm.
Doch für Tyler wurde die Grenze eindeutig überschritten – Er rammte das Leib des Königs mit seiner ganzen Kraft in den Stein. Überall flogen einzelne Brocken und Splitter, Blut befleckte alle Steine, floss durch jede Rinne. Die Augen der halbtoten Leiche verloren die Farbe, nur kurze, schwache Atemzüge traten hervor.
„Ich hasse dich auch.“ Und damit stieß der Prinz mit seiner Hand tief in die Brust seines Vaters hinein, durchbrach alle Knochen im Weg und zerrte das Fleisch auseinander, bis er beim kränklich schlagenden Herz ankam, und es ohne zu zucken, hinaus riss.
Es war vorbei. Endgültig.
Das Blut des eigenen Vaters klebte an seinem Arm, er hat ihm sein Leben genommen.
Abrupt legte sich all die Verzweiflung und all die Wut in ihm – Er wurde ruhiger, das Adrenalin schwand, seine Gedanken wurden wieder klarer. Er hatte seine Rache bekommen, es war das, wofür er solange gekämpft und gelebt hatte. Und nun sah er seinen toten Vater, der nichts mehr anrichten konnte.
Tyler hatte gewonnen. Cassim hatte gewonnen, und sogar Zack.
Ein kleines schluchzen zog seine Aufmerksamkeit zurück auf die zwei. Das Mädchen verbarg das Gesicht in der Schulter des treuen Kriegers, der über ihren Rücken strich. Es rief eine tiefe Trauer in ihm hervor, er fühlte sich verpflichtet dazu, sie zu beschützen.
„Cassim ... Hey. Hör mir zu“, flüsterte Tyler und bewegte sich langsam auf sie zu.
Behutsam kniete er sich neben sie und richtete ihren Kopf sanft, dennoch forsch in seine Richtung. Die roten Augen verblassten, das brennende Mal züngelte sich ebenfalls in ein tiefes Schwarz.
Er sah sie traurig an, strich mit dem Daumen über ihre Wange, ehe er sagte: „Es ist vorbei. Alles hier. Siehst du? Er ist tot.“, versuchte er irgendwie zu erklären. Skeptisch musterte das Mädchen den gesamten Raum, der ruhig stand. Sie entdeckte Graham, wie er regungslos und völlig verwüstet dalag. Keine böse Aura erreichte sie, kein bedrückendes Gefühl, nichts. Nur die Wärme seiner Hände trafen sie.
„Wir ... wir haben wirklich ...“, sie verebbte.
„Ja. Du hast gewonnen.“, vollendete er den Satz und lächelte dabei schief.
„Oh mein Gott, Tyler! Wir haben es wirklich geschafft?“, schrie sie nun etwas wilder. Ein Gefühl der Erleichterung überschüttete sie, sie konnte es einfach noch nicht glauben. Dennoch schmiss sie sich ohne darüber nachzudenken um seinen Hals, weinte tief hinein.
Er umschloss sie fest mit beiden Armen, wollte dieses Mädchen nie mehr loslassen.
„Danke ... Für alles.“, flüsterte er in ihr Ohr hinein, war dankbar dafür, das sie hier bei ihm war.
Sie lachte daraufhin nur leise, nahm seine indirekte Entschuldigung und seinen wahren Dank herzlich entgegen.
„Ich kann es nicht glauben.“ Tyler drückte sie noch fester, ließ sie dann schließlich los, um sich seinem Freund zuzuwenden. „Auch dir danke ich, Zack. Ich weiß nicht, wie weit ich ohne dich gekommen wäre.“
Dieser lächelte nur schwach, schlug dem neuen König freundschaftlich auf die Schulter und sagte: „Ich bin einfach froh, dass das jetzt alles vorbei ist.“ Tyler nickte zustimmend zu: „Ich Auch.“ Noch nie hatte er sich so befreit gefühlt, ohne Sorgen, ohne Ängste, Ohne Wut und ohne Rachegefühl.
„Hey, ich hätte da noch einen Gefallen an dich“, gestand er dann unter zusammengepressten Lippen.
„Ich ahne, das es nichts gutes ist.“, stellte der Krieger misstrauisch fest.
„Ich möchte nur, das du meinen Platz einnimmst ... Als König.“ Er lächelte.
Zack schaute ihn mit großen Augen an, glaubte ihm einfach nicht.
„Nein. Du machst wohl Witze.“
„Bitte, Zack. Ich brauch das alles hier nicht mehr.“ Auch Cassim sah ihn geschockt an.
Das kann der doch nicht ernst meinen!, schoss es ihr durch den Kopf.
„Tyler, was hast du vor? Wieso willst du deine Stadt verlassen? Weißt du eigentlich, was für einer Verantwortung du dich widersetzt?“, herrschte der Krieger ihn an.
„Ja verdammt, weiß ich. Und ich habe diese Verantwortung schon zu lange mit mir herumgetragen. Keine Ahnung wohin mich mein Weg führt“, dabei lächelte er das Mädchen neben ihm breit an, „aber es wird sicher der Richtige sein. Ich will weg hier. Bitte.“
Zack schluckte hörbar, er rieb sich sein pochenden Schläfen, hielt den Blick gesenkt und dachte darüber nach.
„Wie soll ich das nur anstellen ...“
„Ich vertraue dir.“
„Ich werde es so bereuen. Schon allein diese ganzen Leichen wegzuräumen. Verdammt Tyler, ich hasse dich!“, knurrte er böse und wandte das Gesicht ab.
„Du machst es also?“
„Ja.“
„Gott, danke! Du packst das schon. Besser als ich, glaub mir.“ Lachend umarmte er seinen Freund, raufte ihm anschließend durch die Haare.
„Tyler, warum?“, meldete sich Cassim zu Wort.
Freudig blickte er sie an, zog sie enger an sich. „Darum“, hauchte er sachte und küsste ihre brennende Wange. Dann setzte er noch an: „Wir sehen und später mal, Zack. Oder auch König.“, zwinkerte er ihm zu, verabschiedete sich von seinem Freund und zerrte die ahnungslose Cassim einfach mit sich, hinaus ins Freie.
So Glücklich war er noch nie gewesen. Unter ihrer Verwirrtheit versteckte sich das gleiche Gefühl des Glückes. Sie konnte es immer noch nicht so richtig glauben, dass sie es geschafft hatten. Der Kampf war tatsächlich entschieden, als sie ihre Kräfte wiederfand.
Frische Luft strömte durch ihre Lungen nahm ihr den Schwindel und die Kopfschmerzen.
„Alles okay mit dir?“, fragte Tyler sorgsam .„Soweit, schon. Aber was passiert jetzt?“ Sie klang leicht verzweifelt und unsicher, denn sie wusste selbst nicht, wie es weiter gehen sollte.
„Ganz einfach. Du bleibst bei mir.“, befahl der Dämon und drückte ihre zierliche Hand leicht.
„Was soll das heißen?!“, fauchte sie mürrisch und musterte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Nun ... Das ich dich nie mehr gehen lasse, und du mir gehörst.“, schnurrte er leise und beugte sich näher zu ihr.
Sofort glühten ihre Wangen auf und sie schaute beschämt weg. Gewaltsam zwang er sie, ihn anzuschauen, und flüsterte erneut: „Ich lass dich nicht gehen.“ Ihre Lippen streiften sich kurz, dann legte er seine sanft, dennoch fordern auf ihre. Wie im Rausch gaben beide abrupt nach.
Endlich konnten sie ihrem Verlangen nacheinander wieder nachgeben, sich wieder fühlen. Beider Lippen verschmolzen miteinander, ihre Zungen spielten wie im Tanz. Sie stöhnte kurz auf, und in der nächsten Sekunde vergrub sie ihre Hände in seinem dichten, schwarzen Haar, an dessen Spitzen noch Blut klebte.
Ihm gefiel ihre Schwäche und er wurde noch fordernder, noch gieriger nach ihr. Ihr Körper brannte und kribbelte gleichzeitig überall, dieses Gefühl war vertraut und dennoch fremd. Ihm ging es nicht anders, er fiel in einen tiefen Rausch, wollte mehr und mehr.
Niemals würde er dieses Mädchen hergeben und jeder der es wagte, ihr böses zu tun, würde auf die qualvollste Art sterben müssen.
Er presste sie enger an sich, dann lösten sie den Kuss auf, um wieder nach Luft zu röcheln.
„Ich will mit dir.“, flüsterte sie leise in sein Gesicht, blickte ihn hoffnungsvoll an.
„Du wirst auch mitkommen.“, bestätigte der Dämon lächelnd. Er legte seine Stirn auf ihre.
„Wohin gehen wir?“, fragte sie.
„Wohin du willst. Hauptsache du bist bei mir.“
Sie kicherte glücklich, ihr Herz fing an, schneller zu schlagen. „Gut, dann nehmen wir irgendeinen Weg.“ wies Cassim mit leuchtenden Augen an.
Tyler nickte nur, lächelte ebenfalls mit strahlendem Blick. Sie war diejenige, die den ersten Schritt in eine neue Zukunft und in ein Neues Leben machte – Er vertraute ihr, ließ sich einfach mitziehen.

~Ende~

 

 

 

Impressum

Texte: Die Texte stammen ganz allein von mir, Alisa C. Ebenso die Charaktere sowie die Handlung gehört mir und war auch meine eigene Idee. Ich verbiete jegliche Veröffentlichung meines Buches auf anderen Plattformen oder Webseiten. Alle Rechte liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 06.05.2012

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