Cover

Die Hauptpersonen




Victoria Sanchez




Brain White




Lucy Montgomery/Morgan




Richard/Ricky Morgan

My name is




Als ich morgens wieder aufwachte, war Steve bereits weg. So lief das immer: Er stand um sechs Uhr auf und fuhr mit seinen getunten Chevrolet Camaro zu einer großen IT-Firma, in der er jr. Chef und sein Daddy natürlich Big Boss war, während ich um sieben Uhr aufstand um um halb neun in einem Coffee- Shop um die Ecke anzukommen, in dem ich das Glück hatte arbeiten zu dürfen.
Was ich am meisten an meiner Arbeit liebte war klar: meine Chefin, auch bekannt als meine beste Freundin Lucy Montgomery.
Seufzend erhob ich mich aus dem warmen Bett, fischte mir meinen roten Morgenmantel aus den Tiefen meines Kleiderschranks und streifte ihn über. Müde betrachtete ich mich im Kleiderschrankspiegel. Meckern konnte ich über mein Aussehen nun wirklich nicht. In meinen Adern floss mexikanisches Blut, denn meine gesamte Verwandtschaft mütterlicher Seitz war mexikanischer Abstammung. Von meiner Mutter hatte ich auch die schwarzen, sanft gelockten Haare geerbt, die mir bis ca. Mitte des Rückens reichten, sowie den zugegebenermaßen üppigen Busen. Ich hatte ein recht kantiges Gesicht, mit hohen Wangenknochen. Meine dunkelbraunen Augen wurden von dichten, langen Wimpern umrandet. Außerdem hatte ich wunderbar volle Lippen.
Kurz gesagt: Das Aussehen hatte ich von meiner Mutter, Maria Sanchez, meinen Charakter aber von meinem deutschen Vater, Paul Sanchez. Er hatte den Nachnamen meiner Mutter angenommen. Sein Mädchenname (hihi) war Meyer. Ich war hilfsbereit, gutmütig und neugierig, aber auch aufbrausend, ein wenig eingebildet und manchmal ziemlich stur.
(Nett mit dir Bekanntschaft zu machen, mein Name ist Victoria Sanchez).
Langsam taumelte ich in die Küche und zapfte mir einen Kaffee. Ohne Kaffee lief bei mir vorerst nichts.
Während ich an meinem Kaffee nippte, nur um immer wieder festzustellen, dass er noch zu heiß war und mir die Zunge zu verbrennen, durchblätterte ich die Zeitung Los Angeles´. Man musste schließlich wissen was so los war

7.06.10



Einbruch in einem Juwelier-Geschäft in der *** Street



Gestern am späten Abend des 6.Junis meldete der Inhaber des Juwelier-Geschäfts XXX einen Einbruch durch den stummen Alarm.
Der Dieb bedrohte den Inhaber mit einer Pistole und forderte ihn den Inhalt des Tresors zu leeren und ihm zu geben.
Der Dieb konnte in der Nacht gestellt werden. Es kam zu einer Schießerei bei der der Dieb und ein Polizist lebensgefährlich verletzt wurden. Beide wurden per Helikopter in ein externes Krankenhaus verfrachtet.


Schwere Serienmorde gehen weiter!



Die drei Morde in der vergangenen Woche sind auf vier gestiegen. Alle Opfer waren ausschließlich weiblich. Alle starben auf dieselbe Art und Weise: Der Mörder schlitzte die Halsschlagader sowie die Pulsadern auf. Allen vier Opfern wurden die Haare entfernt, was dem Killer im Volksmund den Namen „der Friseur“ einbrachte. Vergewaltigungsanzeichen sind bei zwei der vier Opfer anzutreffen. Die Polizei tappt weiter im Dunkeln. Nun ruft sie die Bevölkerung zu Mithilfe auf. Bei Hinweisen melden sie sich bi…


Kopfschüttelnd ließ ich die Zeitung sinken. Wie krank muss einer sein?

Als ich einen gebutterten Toast aß, sah ich auf die Uhr. Shit!


Ich hatte nur noch eine dreiviertel Stunde Zeit um mich zu duschen, anzuziehen und mich fertig zu machen. Noch kauend hüpfte ich unter die Dusche und seufzte als sich meine verkrampften Muskeln unter dem niederprasselnden Wasser lösten. Ich dachte über alles Mögliche nach, denn nachdenken konnte ich am besten während ich duschte. Denn für mich schien es immer so, als ob all meine Sorgen mit dem Wasser im Abfluss verschwanden.
Ich dachte an Steve: Daran, dass wir schon zwei Jahre zusammen waren. Trotz unseres Altersunterschiedes. Ich war 19, er 26. Wie glücklich ich mit ihm war. Er war der Mann den ich heiraten wollte. Und dennoch…gefragt hatte er mich noch nicht. Egal wenn er bis heute Abend nicht gefragt hat, dann mach ich´s!


Ich dachte über meinen Job nach: Über Lucy mit der ich befreundet war, seit dem ich in die Schule ging. An den Coffee-Shop und daran DASS ICH ZU SPÄT KOMMEN WÜRDE wenn ich weiter nachdachte. Wütend drehte ich die scheiß Dusche aus und murmelte: „Doofe Berta…“ Berta war Dusches Name. Sie hatte wie viele meiner Haushaltsgeräte einen Namen. So hieß die Spülmaschine Emma, der Staubsauger Norbert, der Mixer Willi und die Dusche nun mal Berta. Ich trocknete mich ab, föhnte meine Haare, band sie zu einem hohen Zopf zusammen und rannte ins Schlafzimmer, wo ich meine braune Röhrenjeans, mein Arbeits-T-Shirt (dunkelgrün mit einem neongrünen Lutscher darauf, passend zu dem Namen des Coffee-Shops: Green Lollipop

) und meine schwarzen Ballerinas an. Schließlich stürzte ich in die Küche, würgte meinen nun kalten Kaffee hinunter und warf mir ein Kaugummi ein. Endlich zog ich mir meine graue Jersey-Jacke über, schnappte mir meine schwarze Tasche von Kleiderhaken und verschwand durch die Haustür.

***



Leicht schnaufend stand ich vor dem Coffee-Shop. „Hey Süße! Schön, dass du auch mal kommst.“, meinte Lucy als ich rein ging. Wäää, ist doch nur eine Viertelstunde

. „Die Sachen müssen noch aus dem Lagerraum geholt werden. Mach du das mal, ich stelle in der Zeit die Stühle von den Tischen.“
Gespielt empört räusperte ich mich. „Ach ja.“ Lucy kam auf mich zu um mir meinen üblichen ‚Hallo-Drücker‘ zu geben. Rasch nahm ich meine Jacke und meine Tasche und hängte sie an einen Kleiderhaken, von dem ich meine dunkelbraune Arbeitsschürze abgenommen hatte und mir um die Hüften band. Dann huschte ich in den Lagerraum und nahm mir einen der zahlreichen braunen Kartons. In ihm befanden sich Blaubeer-, Schokolanden- und Überraschungsmuffins. Von den Überraschungsmuffins stibitze ich mir einen und biss hinein. Ich verdrehte erfreut die Augen als der Geschmack von Honigmelone in meinem Mund explodierte. Man konnte nie wissen wonach diese Muffins schmeckten, denn der Bäcker von dem wir bestellten mischte immer wieder andere -selbstverständlich natürliche- Aromen unter den Teig. Mal schmeckten sie nach Erdbeere, Kiwi, Waldmeister, Himbeere, Ananas oder Vanille. Ich liebte diese Muffins! Der Versuchung mir einen weiteren zu nehmen widerstehend stellte ich sie einzeln hinter die gläserne Theke und stellte kleine, weiße Preisschildchen davor- 1$ da konnte man doch nichts gegen sagen, oder? Seufzend holte ich zwei weitere Kartons. Einen mit weiten Muffins und einen mit Apfellutschern gefüllt (wir hießen ja nicht umsonst ``Green Lollipop´´). Die Muffins stellte ich zu ihren Artgenossen, während ich jeweils fünf Lollis sternförmig auf den Tischen verteilte, von denen Lucy bereits die Stühle herunter gestellt hatte. Ach ja… Lucy war schon auf völlig unlesbische Art süß. Sie war klein und hatte schulterlange, goldblonde Korkenzieherlocken mit einzelnen grünen Strähnchen, die immer auf und ab hüpften während sie ging. Außerdem hatte sie eine lustige Art und besaß das Talent für jedes Problem eine Lösung zu finden. Was bei mir leider völlig umgekehrt ist: für jede Lösung ein Problem

. Ich seufzte.
Eine halbe Stunde später trudelten die ersten Kunden ein: kleine Schulkinder, deren Eltern keine Zeit, oder Lust hatten ihren Kindern ein Frühstück mitzugeben.

Es waren drei Mädchen. Eines kannte ich, es hieß Michelle oder -wie sie alle anderen nannten- Micky. Sie war klein, hatte ein schmales Gesicht, eine Brille, die ihr immer wieder auf die Spitze ihrer Stupsnase rutschte und hatte immer zwei braune Affenschaukeln (geflochtene Zöpfe, deren Enden nochmal oben am ersten Zopfgummi befestigt waren, so dass es eine Schaukel ergibt) links und rechts am Kopf herunterbaumeln. Außerdem hatte sie eine süße Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen, die immer hervorblitzte, wenn die einen anlächelte. „Hallo Micky, wen hast du mir denn da mitgebracht?“, fragte ich sie.
„Das sind Rachel und Miranda,“, sie deutete auf das blonde Mädchen rechts von ihr, das ein paar Zentimeter größer war wie sie und auf das brünette links, welches sie böse, aus ihren dunklen Augen anfunkelte, „ aber sie mag es nicht, wenn man sie Miranda nennt, sie will immer ‘Mina‘ genannt werden.“ Sie zuckte mit den Schultern.
Mina sah jetzt wieder zufrieden aus. „Ok. Hallo, Rachel und Mina, mein Name ist Victoria, aber nennt mich ruhig Vicky, ich kann Victoria auch nicht leiden.“ Ich zwinkerte Mina zu, die kicherte und zusammen mit Rachel ein schüchternes „Hi“ zwitscherte. „Was darf‘s denn sein?“ „Drei Überraschungsmuffins, bitte.“, sagte Micky. „Mhm, ich hatte heute Morgen auch einen. Honigmelone.“ , antwortete ich ihrem erwartungsvollem Blick. „Hoffentlich wird meiner auch einer“, seufzte sie. „Wer weiß, man kann ja nie wissen.“, meinte ich und packte die Muffins in drei braune Tüten, mit unserem Logo. „Das macht dann drei Dollar, bitte.“ Ich kassierte das Geld und reichte den dreien ihre Tüten über die Theke. Dann nahm ich drei Lollipops, ging um die Theke herum und vor den dreien in die Hocke. „Dass ihr mir die bloß nicht während des Unterrichts vernascht.“, meinte ich grinsend. Die drei schüttelten synchron den Kopf und steckten sich die Lollis ebenso synchron in den Mund. Zu süß. „Tschüss, ihr Süßen.“, sagte ich und zerzauste Rachel die kurzen Löckchen. Diese fing zu gackern an und versuchte an meine Haare heran zu kommen. Wenig später hatten die drei den Laden verlassen.
Der Rest der Arbeit verlief ruhig, keine besonderen Vorfälle. Um 16.30 Uhr beendeten Lucy und ich unsere Arbeit, und Susan und Claire, meine Kolleginnen, kamen um uns abzulösen. „Hast du noch Lust was mit mir zu unternehmen, Süße?“, fragte mich Lucy vor dem „green Lollipop“. „Sorry, Kleine, aber ich muss noch einkaufen und du weißt doch was ich heute Abend noch vorhabe.“ „Ouuuu… jaa…sorry... hatte ich vergessen. Kein Problem Tory. Dann eben ein anderes Mal. Ich übe mich heute einfach im Extreme-Couching.“ Sie grinste mich an. „Ok“ Wir tauschten noch eine kleine Umarmung und dann trennten wir uns. Sie ging nach rechts in Richtung Downtown und ich in die entgegengesetzte.
Ich nahm den Bus und fuhr zu einer gängigen Supermarktkette, wo ich alles für mein Abendessen kaufte: Creme fraîche, Chips, eine Zucchini, eine Dose Coke und zwei Red Bull, eine rote Paprika und geriebenen Pizzakäse. Ich kaufte nur für mich, denn ich war Vegetarier und Steve hasste dieses „Grünzeug“, deshalb aß er immer direkt nach der Arbeit bei McDonalds, oder was weiß ich. Ich nahm den Bus wieder zurück und als ich zu Hause angekommen war, machte ich mich sogleich ans Werk.
Ich packte alle Sachen weg, bis auf die Zucchini, die Paprika, den Käse und das Creme fraîche. Wie ich das jetzt gekocht habe, möchte ich nicht sagen. Es gab auf jeden Fall gefüllte Zucchini. Ich schob gerade die Auflaufform in den Backofen, als Steve heim kam. Dieser umarmte mich von hinten und murmelte: „Na, Kätzchen, wie war’s auf der Arbeit?“
Den Namen Kätzchen hatte ich mir bei unserem ersten Mal eingehandelt, denn damals hatte ich ihm vor lauter Erregung den halben Rücken aufgekratzt. „Du sollst mich doch nicht immer so nennen.“, meinte ich nur halb ernst, denn ich war zu abgelenkt von seinen Händen, die mir gerade den verspannten Nacken massierten. Mir entfuhr ein wohliges… oh nein… Schnurren. Und da hatten wir mal wieder meinen Namen.
Wie frustrierend! Steves Massage weitete sich nun auf andere Körperteile aus und mir wurde langsam heiß. Ich drehte mich um und meine Lippen fanden die seinen. Seine großen Hände umfassten meinen Hintern und hoben mich auf die Anrichte. Mit meinen Beinen umklammerte ich sein Becken. Jedes Mal wenn sich unsere Zungen berührten war es, als ob elektrische Stöße von meiner Körpermitte ausgingen. Als sich seine Finger unter meinem T-Shirt dem Verschluss des BHs näherten, gingen bei mir aber die Alarmglocken an.
Erstens: Ich wollte ihn heute fragen, ob er mich heiraten will, also war es bestimmt nicht der beste Zeitpunkt für Sex.
Zweitens: Ich hatte meine Tage.
Und drittens: Ich hatte etwas im Ofen!!!
Also rückte ich sanft von ihm ab. „Entschuldige Schatz, aber es geht gerade nicht. Ich muss mit dir reden.“ „Äh. Okay...?“, er sah mich irritiert an. „Dann guck ich eben Baseball.“ Als mein Essen fertig war, setzte ich mich zu ihm. „Willst du auch mal?“, fragte ich ihr und zeigte ihm die volle Gabel. „Ist Fleisch drin!?“ Ich sah ihn nur an und wandte mich wieder dem Spiel zu. Als ich fertig gegessen hatte, stand ich auf und spülte die Auflaufform und den Teller, dann ging ich zu Steve. „Steve, machst du mal bitte den Fernseher aus?“ „Muss das sein? Das Spiel ist gleich vorbei!“ Ich schnaufte „Ist ja gut, ist ja gut.“ Der Bildschirm wurde schwarz „Zufrieden?“ Steve sah mich wehleidig an. „Ja.“ Ich setzte mich neben ihn. „Steve, du weißt, dass ich dich liebe.“
„Jaa…?“
Ahh, maaaan ich habe noch nie einen Heiratsantrag gemacht. Wie soll ich das hinkriegen, schrie es in mir, doch äußerlich blieb ich ruhig. „Okay, ich sage es jetzt einfach heraus: Willst du mich heiraten?“ Puh, es war raus. Sekundenlang war es still und wir sahen uns einfach nur an. Ich ihn hoffnungsvoll, er mich ungläubig und überrascht. Dann fing er an zu lachen! Es war kein verhaltenes kleines Lachen vor Glück, sondern eins wo man hätte denken können, ich hätte den Witz des Jahrhunderts gebracht. Zwischen vielen weiteren Lachkrämpfen gluckste er hervor: „Ich? Dich! Heiraten?“
Ein weiterer Lachkrampf überrollte ihn.
„Mädel, du bist grad mal zum Ficken gut, pack dir mal an‘ Kopf!“ Wumm, dass hatte gesessen. Genauso wie meine Ohrfeige, die ich ihm daraufhin gab. „Du arschgefickter, kleiner Spasti!“, brüllte ich ihn an. „Verpiss dich! Du, du…“, mir fiel kein weiteres Schimpfwort ein als: „Du Bonobo!!!“ Steve hatte sich bereits erhoben und die Hände vorm Gesicht erhoben, um sich vor weiteren Schlägen meinerseits zu schützen.
Er grinste immer noch, als er mir gespielt mitleidig sagte: „Och, wie schade! Jetzt habe ich nur noch Mandy.“ „Waaaaaaaaas!!!!“, ich kreischte ihn an, denn Mandy war seine Ex. Wütend wie ein spanischer Stier schupste, prügelte und warf ich ihn aus der Wohnungstür, schlug sie ihm vor der Nase zu und rannte in MEIN Schlafzimmer. Dort riss ich MEINEN Schrank auf und schnappte mir SEINE Klamotten, nur um sie sogleich aus dem Fenster hin zur Straße heraus zu werfen. Dann rannte ich wieder runter ins Bad und machte MEINEN Spiegelschrank auf um Steves Zahnbürste usw. zu entnehmen.
Dann riss ich die Haustür auf und erblickte Steve, der gerade dabei war seine Klamotten in seinen Wagen zu räumen. Mit seinem Badzeug zielte ich auf seinen Kopf, warf und machte die Tür von innen zu. Ich hörte, wie Steve ein „Au“ entfuhr. Oh… hatte den werten Herr etwa sein Gucci-Parfum am Köpfchen getroffen??


Dieses Ereignis schrie nur so dazu, sich die Kante zu geben. Doch das machte allein keinen Spaß. Ich holte mein Handy aus meiner Handtasche und lief im Erdgeschoss herum, während ich darauf wartete, dass die Person, die ich jetzt am meisten brauchte abnahm. „Hey, Süße? Wie ist es gelaufen?“, fragte mich Lucy am anderen Ende der Leitung. „Scheiße!“ Ich holte tief Luft, ging zum Kühlschrank um mir die Red Bull-Dose raus zu nehmen. Um die ganze Geschichte nochmal durchzugehen, würde ich eine Menge Energie brauchen. Also nahm ich einen großen Schluck und erzählte Lucy alles von vorne. Als ich geendet hatte schrie Lucy: „Fuck! So ein verdammtes Fickschnitzel. Wie kann dieser hirnamputierte, großkotzige, außerdem arrogante, affenarschige, holzköpfige, idiotische Flachwichser es auch nur WAGEN dir so etwas an zu tun?“ Nach ihrer Schimpftriade fühlte ich mich gleich tausend Mal besser.
„Zeit ins ‚double‘ zu gehen!“, sagte sie dann schnaufend. Das ‚double‘ war ein angesagter Club in einem der Los Angeler Suburbs, nicht so auf schicki micki gemacht, wie die Bars und Discos in der Innenstadt und außerdem Lucys und mein Stammlokal. „Ich hole dich in zwei Stunden ab.“, sagte Lucy und legte auf. Man merkte, wie aufgebracht sie war, denn sonst hätte sie nicht vergessen ‚Bye‘ oder ‚Ciao‘ zu sagen. Ich trank den Rest Red Bull auf ex, zerknüllte die Dose und warf sie in den Mülleimer unter der Spüle, dann ging ich ins Bad und Duschte mich nochmals, denn ich wollte nicht länger seinen Gestank an mir haben. Ich fühlte mich so, als wäre der Geruch von ihm ein hartnäckiger Kleister, der unbedingt weggeschruppt werden musste. Als ich fertig war trocknete ich mich ab, föhnte und glättete mir die Haare, so dass sie mir beinahe bis zur Hüfte reichten. Dann ging ich ins Schlafzimmer und zog mir dunkle Hotpants, meine schwarzen Pumps und ein graues, rückenfreies T-Shirt an, das ich mir übrigens selbst geschneidert hatte. Als letztes ging ich wieder ins Bad und schminkte mich. Schließlich setzte ich mich mit kirschrotem Mund und Smokey Eyes vor den Fernseher und wartete auf Lucy.
Als ich ihr die Tür öffnete, hatte meine Lucy ihre Metamorphose begangen. Aus einem kleinen Engel war der Teufel geworden, aus dem weisen Schwan, der bedrohliche Vogelgreif, aus Lucy der Coffee-Shop-Besitzerin, Lucy der Punk. Auch sie hatte ihre Haare geglättet, so dass sie ihr ca. bis zur Brust reichten, ihre grünen Strähnen sahen aus, als würde ihr eine ätzende Säure den Kopf herunter fließen. Sie trug offene Bikerstiefel, durchscheinende, schwarze Nailon-Strumpfhosen mit Blumenrankenmuster, einen schwarzen Minirock, einen Nietengürtel, ein ebenso schwarzes Top, das den Blick voll auf ihr Bauchnabelpiercing frei gab. Darüber trug sie eine offene schwarze Sweatshirt-Jacke, deren Kapuze in zwei langen Hasenohren endete. Ihre Fingernägel hatte sie lila lackiert, den Mund blutrot gefärbt und ihren Nasenstecker hatte sie auch eingesetzt. Sie sah wie immer einfach klasse aus. Ich fragte mich immer, wie sie es schaffte in diese zwei Rollen zu schlüpfen. In die der süßen Maus von nebenan, in diese bedrohliche Erscheinung. Naja, eine süße Maus war sie immer noch, nur lies ihr Aussehen nicht darauf schließen. Doch wie sollte sie es anders machen? Wer außer den Szeneleuten würde noch bei uns kursieren, wenn sie ihre Alltagsklamotten trüge? Außerdem stand ihr beides gut. „Du sieht klasse aus.“, sagten wir beide und fingen an zu lachen. „Hast du alles?“, fragte sie mich. „Ja.. oh nein, warte!“ ich rannte nochmal hoch um mir meinen schwarzen Blazer zu holen, dann war ich fertig. Ich nahm mir meine Tasche vom Kleiderhaken und gemeinsam verließen wir das Haus. Draußen erwartete mich Lucys schwarzes Motorrad von BMW. Ich verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. „Mensch, Luc‘ du weißt doch dass ich nicht gerne darauf fahre.“ „Hab dich mal nicht so, Süße. No risk...“ „No fun.“, beendete ich ihr Motto. Seufzend drehte ich mich um und öffnete nochmal die Haustür. Wenig später schloss ich sie wieder, mit einem schwarzen Helm am Arm. Ich setzte mich hinter Lucy und hielt mich fest. Lucy startete den Motor und raste wenig später über die Straßen Los Angeles‘. Das sie aber auch nie das Pech hat geblitzt zu werden, dachte ich und seufzte.
Von draußen dröhnte uns schon laute Musik entgegen. Lucy und ich gingen an der bereits meterlangen Schlange vorbei, die uns empört ansah. Einige Wenige riefen „Hey, hinten anstellen ihr…(daraufhin folgte eine Beschimpfung)“ Oder „Nicht vordrängeln.“ Doch wir ignorierten die Rufe und gingen geradewegs auf den bulligen Türsteher zu, der übrigens genauso hieß wie mein Mixer. Naja, eigentlich hieß er William, aber Lucy und ich durften ihn Willi nennen. Da wir schon seit einigen Jahren Stammgäste waren, haben wir uns mit ihm angefreundet. Wir grüßten Willi mit den typischen Französischen Küsschen auf die Wangen. „Hey Mädels, lang nicht mehr gesehn‘. Wo habt ihr so lange gesteckt?“ „Es gab ein wenig Stress auf der Arbeit und so. Außerdem hat sich Tory heute von ihrem Macker getrennt, da hatten wir das dringende Bedürfnis mal wieder vorbei zu schauen.“, erklärte Lucy. Ich konnte es mir nicht verkneifen nochmal die Gesichter der Wartenden zu sehen. Alle starrten uns an. Mit Kinnladen bis auf den Boden und Augen so groß wie Handteller, glotzen sie wie ein Auto. „Macht die Münder zu, sonst sausen euch die Fliegen rein.“, meinte ich und zwinkerte ihnen zu. Nach ihren Blicken nach zu urteilen, hatte ich mir gerade ein paar neue Feinde gemacht. Was soll‘s, dachte ich mir und zuckte mit der Schulter. Dann stöckelte ich hinter Lucy in den Club, wo die DJane gerade lautstark verkündete: „Lucy and Tory in the House!!!“ Wir waren seit dem wir zwei Mal den Tabledance-Wettbewerb gewonnen hatten und ungeschlagene Kussmeisterinnen waren so etwas wie lebende Legenden im ‚double‘. Wir grinsten, machten eine kleine Verbeugung und wanken der DJane zu „Hey Lia.“ „Für dich!“, rief sie, das Mikrofon hatte sie ausgeschaltet, muss ja nicht jeder wissen, wie viel sie für uns tat, sonst forderten das demnächst alle. Lia legte mein Lieblingslied auf. I just wanna run von The Downtown Fiction. Sofort nahm ich Lucy am Arm und stürmte mit ihr auf die volle Tanzstelle, wo wir uns die Seele aus dem Leib tanzten. Anscheinend tanzten wir ein wenig zu sexy, denn nicht lange und jede von uns hatte zwei Typen an uns hängen mit denen wir ziemlich eng (hallo, die Tanzfläche war nun mal voll und außerdem waren das zwei heiße Geschöpfe) tanzten. Als ich nicht mehr konnte ergatterte ich mir zusammen mit einem der beiden Typen, zwei freie Plätze an der Bar. „Na, Sexy, darf ich dir einen ausgeben?“, fragte er mich gerade. „Sexy?!“, fragte ich zurück und war kurz davor aufzustehen. „Ja, sorry, aber du hast dich noch nicht vorgestellt und da war ‚Sexy‘ nun mal der passendste Name der mir zu dir einfiel.“ Er zuckte entschuldigend mit seinen muskulösen Schultern. So ein Schleimer, dachte ich mir, aber es wirkt, ich werde ihm keine knallen. „Tequila Sunrise.“, gab ich zurück. „ Das ist dein Name?“, fragte er mich lachend. „Nein, das möchte ich trinken.“ „Ich bin Brian.“ Ok, weiter. Ich musste grinsen. Brian schüttelte lachend den Kopf. Und winkte dem Barkeeper zu. „Einmal Tequila Sunrise und einmal Wodka… pur.“ Er sah mich wieder grinsend an. „Du bist ja crazy drauf.“, meinte ich. Ich ließ mir meine Bewunderung (nicht wegen dem Wodka) nicht anmerken, beziehungsweise hoffte ich es. Brian zuckte nur mit den Schultern. Jetzt, da er so nah vor mir saß, schaute ich ihn ein wenig genauer an. Er hatte die typische Skaterfrisur, nur sah es bei ihm besonders gut aus, da er rabenschwarzes Haar hatte, blaue Augen und eine gerade Nase. Er musste Sportler sein, denn solche Muskeln, die sich unter seinem blauen T-Shirt zeigten, konnten nicht von Lucys Lieblingssport –Extrem-Couching- kommen.
Ich nippte einmal an meinem Drink, der soeben vor mich auf die Theke gestellt wurde und sagte: „Victoria, freut mich dich kennen zu lernen.“ Brian hob nur eine Augenbraue. Fasziniert sah ich ihm dabei zu, denn ich konnte das nicht. „Hi. Wie kommt‘s, dass du mir deinen Namen verrätst?“
Ich antwortete wahrheitsgemäß und mit vollem Ernst: „Du bist verrückt.“ „Und das macht dich an?“, fragte er mir rauchiger Stimme. Als Bekennung zuckte ich nur mit der Schulter. Jedoch drehte ich mich kurz weg um nochmals einen Schluck zu trinken um zu verbergen, dass ich ein wenig rot geworden war. Brian rutschte näher zu mir heran.
„Bist du alleine hier, oder hast du deinen Freund dabei?“ Ou… Freundchen, pass auf was du sagst. „So etwas wie einen ‚Freund‘ gibt es nicht, nur ein Arschloch, dem ich heute hoffentlich gewaltige Kopfschmerzen beschert habe und wegen dem ich mir jetzt die Kante geben werde.“
Und zu dem Barkeeper sagte ich: „Einen doppelten Wodka -bitte!!!“ „Oh, da hab ich wohl das falsche Thema angeschnitten.“, sagte Brian betroffen.
Ich warf ihm einen Blick zu, der ihn hätte zu Staub zerfallen lassen, wäre die möglich und trank meinen Tequila aus ex. Auch der Wodka leistete ihm wenige Sekunden später Gesellschaft. So langsam zeigte der Alkohol seine Wirkung, denn wenig später tanzte ich mit Brian eng umschlungen. Von etwas weiter hinten hörte ich Lucy rufen: „Hey Lia, leg mal was Besseres auf. Wir brauchen Stimmung!“
Lucy lachte ihr Ich-Habe-Einen-Plan-Und-Werde-Ihn-Durchziehen-Lachen. Und ich dachte nur Ohoh. Die Stimmung, die Lucy meinte wallte auch mit dem nächsten Lied auf, das Lia auflegte: Birthday Sex von Jeremih. Leider konnte man darauf nur langsam tanzen, aber Lucy kam es vor allem auf den Text an.
Sie tanzte mit einem typischen Surferboy –gebräunt, sonnengebleichtes Haar- ein typischer Strahlemann. Auf so einen stand ich ja nun gar nicht! Da war mir Brian doch schon viel lieber. Aber… wollte ich mich so schnell schon wieder auf einen anderen einlassen? Ich ließ es auf mich zukommen. Auf jeden Fall sah es so aus, als ob Lucy heute noch mit ihrem Tanzpartner im Bett landen. Sie war der Typ, der sich gerne mal auf One Night Stands einließ. Ich hatte es schon des Öfteren ausprobiert und für mich war das nichts.
Nach einer Weile küsste sie sich wild mit diesem Typen. Tja, sollte sie eben ihren Spaß haben. Mich rief wieder die Verlockung des Alkohols. Ich gab Brian ein Zeichen und gesellte mich wieder an die Bar. Als ich mich wieder auf einen freigewordenen Barhocker setzte, tippte mir jemand von hinten auf die Schulter. Es war ein alter Sack, vielleicht schon Ende 40. Er hatte blutunterlaufene Augen, fettige Haare, stank nach Schweiß und hatte mindestens drei Mal so viel intus als ich. Seine Fahne wehte mir entgegen und ich musste meinen Brechreiz unterdrücken, als er lallte: „Hey Süße, Lust auf en Quickie?
Ich schwöre, ich habe den Längsten.“ Nach dieser Meisterleitung von zwei Sätzen rülpste er mir ins Gesicht. Und dann konnte ich nicht mehr. Ich ballerte ihm eine, so, dass er zurück taumelte. Er starrte mich mit kranken Augen an und stürzte sich auf mich. Er presste seine wulstigen Lippen auf meine.
Das war so ekelhaft, dass ich mich nicht mehr halten konnte und erbrach mich mitten auf sein beflecktes Nadelstreifenhemd. „ Da mieses Flittchen. Mit sowas wie dir wollte ich glücklich werden!“, schrie er mich an und ballte die Hände. Er hätte wohl auf mich eingeschlagen, wäre nicht im letzten Moment Willi dazwischen gegangen.
Danach drängten sich zahlreiche Menschen um mich und redeten alle auf mich ein. Ich hörte sie allerdings nicht, denn das Rauschen in meinen Ohren übertönte alles. Ich sah Sternchen vor den Augen und Sekunden später fiel ich in Ohnmacht.

Oh happy day




Als ich wieder klar denken konnte und merkte dass ich wach war und mich nicht in einem bizarren Albtraum befand –der schlimmste war bis jetzt der gewesen, in dem ich ein riesiger Hotdog war, vor einem hungrigen Dackel wegrennen musste und um ihm zu entfliehen durch ein Meer aus Senf und Ketchup schwamm- schlug ich die Augen auf. Ich lag in meinem Bett.
Das Licht in meinem Zimmer wurde durch die halb heruntergelassenen Rollläden gedämpft und dennoch konnte es meine rasenden Kopfschmerzen nicht mindern. Stöhnend drehte ich mich zur Seite. „Guten Morgen, Sonnenschein. Na, lange genug geschlafen?“ Kreischend riss ich meine jüngst geschlossenen Augen wieder auf und Blickte in Brians geschocktes Gesicht. Ich musste ihn wohl mit meinem Gekreische erschreckt haben, aber das war ja auch egal für diesen Moment. Jedenfalls sprang ich auf und rannte wie von der Tarantel gestochen mit wedelnden Armen aus dem Zimmer. Dabei störte es mich auch nicht, dass ich einmal der Länge nach hinflog, nachdem ich über meinen am letzten Tag achtlos dahingeschmissenen Bademantel stolperte.
Als ich mich wieder aufrichtete und kontrollierte ob ich irgendwelche Schäden davongetragen hatte bemerkte ich, dass ich lediglich einen String und ein altes Schlabbert-Shirt meines Vaters anhatte wo in Deutsch drauf stand: >> Biste schwul, biste cool! <<. Allerdings hatte ich keinen blassen Schimmer was es bedeutete. Mein Deutsch reichte gerade mal aus für: „Ich bin ein Krapfen.“ Ein Gag, den mein Daddy mir einst beigebracht hatte. Jedenfalls, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass der Sturz keine bleibenden Schäden hinterlassen hatte, nahm ich mein verstummtes Kreischen wieder auf und rannte in das gegenüberliegende Gästezimmer, um mir den Baseballschläger hinter der Tür zu schnappen und mich wild damit rumfuchtelnd vor Brian aufzubauen. „Was hast du in meinem Bett zu suchen, warum hast du nur Boxershorts an und was ist gestern Nacht passiert?“ „Hm. Was soll schon groß passiert sein? Du bist im ‚double‘ zusammengebrochen und da musste dich ja wohl jemand wieder nach Hause bringen, denn ich glaube nicht, dass du da hättest liegen bleiben wollen, oder?“ „Nein, natürlich nicht!
Aber warum hast DU mich heimgebracht und nicht Lucy und WARUM bist du noch hier und wo hast du überhaupt meine Adresse her?!“, blaffte ich. „Ich habe dich heimgebracht, weil deine Freundin -ich schätze mal, dass das diese Lucy ist, von der du sprachst- mit meinem Kumpel und WG-Partner Ricky abgehauen ist. Was mich dazu bringt, warum ich noch hier bin: Ricky hatte den Wohnungsschlüssel und ich hatte meinen zu Hause vergessen und da ich nicht unter ‘ner Brücke schlafen wollte, bin ich hier geblieben. Deine Adresse hab ich von Lia.“, erklärte er. „Aha.“, ich schnaufte, „Na, dann kannst du ja jetzt gehen!“ Oh ja, ich hatte einen Kater, denn sonst wäre ich vielleicht ein wenig netter gewesen –vielleicht. „Du bist ja gut gelaunt, Vic.“ „Für dich immer noch Victoria!“, knurrte ich. „In Ordnung. Victoria.“, dabei wackelte er seltsam mit dem Kopf. „Hast du was dagegen, wenn ich vorher noch Ricky anrufe?“ „Nein, mach nur. Hauptsache, du verpisst dich.“ Ich stützte mich auf den Baseballschläger, den Brian mit nervösem Blick beäugte. Er fischte sein Handy aus seiner am Boden liegenden Jeans und wählte eine Nummer.
„Hey, Alter. Wo bist du?“ Eine kurze Stille folgte. „Ihr seid wo?! Fuck, Mann. Was willst du da!?“ In der darauffolgenden Weile raufte sich Brian die Haare. „Hast du sie nicht mehr alle!“, fuhr er Ricky an. Daraufhin brüllte Ricky ihn so laut an, dass ich verstehen konnte, was vorher nur unverständliches Gemurmel war. „Was geht dich das denn an! Das ist allein unsere Entscheidung!“, schrie er. Brian versuchte ihn zu beschwichtigen: „Komm mal runter! Kein Grund auszurasten.“ „Kein Grund auszurasten? Kein Grund auszurasten! Du hast ja keine Ahnung! Wir können tun was wir wollen!“ Daraufhin meine Brian besorgt: „Rick? Bist du besoffen?“ Darauf gab Ricky keine Antwort, sondern legte einfach auf. Verblüfft sah mich Brian an. „Oh maaaan!“ Er fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht und sah auf einmal sehr müde aus. Jetzt machte ich mir ein wenig Sorgen. „Was ist los?“ Ein Stöhnen entwich Brians Lippen. „Sie sind in Vegas.“ Ich verstand nur Bahnhof, mein Hirn arbeitete nur auf Energiesparmodus, so schien es. „Ja und?“ Perplex sah ich ihn an. „Mein Gott, Mädchen. Vegas!!! Ricky will Lucy heiraten! Deine Freundin heißt demnächst Mrs Morgan.“ Oh nein. Das war… „Waaaaas!!! Haben die se nichtmehr alle! Fuck!“ Ou man. „Ich brauch eine Aspirin und nen Kaffee. Willst du auch einen?“ Brian nickte, ließ sich schnaufend zurück aufs Bett fallen und bedeckte die Augen mit seinem muskulösen Arm. Ich ging in die Küche und warf die Kaffeemaschine an. Ich sah zu, wie der Kaffee in die Kanne floss und dachte über Lucy und Ricky nach. Lucy war schon immer sehr spontan gewesen, aber ich hätte ihr nie eine so überstürzte Leichtsinnigkeit zugetraut.
Sie kannte diesen komischen Mungo doch kaum. War sie beim Ficken auf diese dumme Idee gekommen? Oder sollte es etwas wie Liebe auf den ersten Blick wirklich geben? Mit den letzten Tropfen Kaffee, die fielen, beruhigten sich auch meine Gedanken. Ich ging ins Badezimmer. Dort holte ich mir aus dem Spiegelschrank ein Päckchen Aspirin und kämmte mir die Haare, denn sie sahen aus wie ein aufgeplatztes Sofakissen. Gedankenverloren ging ich wieder in die Küche und setzte mich auf den Barhocker neben Brian. „Geht’s?“, fragte er und ich sah ihn mit verwirrter Miene an. Was meinte er? „Na, deine Kopfschmerzen? Du musst doch sicher welche haben, nachdem du gestern so gebechert hast.“ „Achso, ja, ich hab welche. Und was für welche.“ Ich zeigte ihm die Aspirin in meiner Hand und stand auf um sie in einem Glas Leitungswasser aufzulösen. Ich seufzte als ich das Glas all getrunken hatte. Schleichend goss ich Brian und mir Kaffee in zwei große Tassen. „Milch?“ „Nein, danke.“ „Zucker?“ „Passt schon.“ Aha, er wollte also noch schön werden. Naja… Ich ließ meinen Blick über seinen Körper schweifen. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht sich wieder anzuziehen. Wie ich vermutet hatte besaß er ein ordentliches Sixpack. Er stand auf und kam auf mich zu. Mit einem bösen Lächeln drängte er mich gegen die Arbeitsplatte und stützte sich mit den Armen links und rechts von mir ab.
Es gab also kein Entrinnen. Als ich begriff in was für einer Lage ich mich befand, wurde ich zur Eisstatue und sah ihn mit großen Augen an, als er sich hinunter zu meinem Ohr beugte, denn er war einen guten Kopf größer als ich. So nah, dass er beim Sprechen mein Ohrläppchen berührte murmelte er: „Na Sexy, hast du gefunden was du gesucht hast?“ Beim Klang seiner Stimme richteten sich die kleinen Härchen an meinem Körper auf und ich bekam eine Gänsehaut. Ok, dann lassen wir es mal darauf ankommen, dachte ich mir und schüttelte langsam den Kopf. Brian grinste und sein warmer Atem streichelte meine Haut. Ich musste unwillkürlich zittern. Mit seinen Lippen fuhr er meinen Hals entlang. Von der empfindlichen Stelle unter meinem Ohr, bis zu meinem Schlüsselbein und wieder zurück. „Jetzt?“, hauchte er und ich schüttelte wieder den Kopf. Seine Hände wanderten zu meiner Taille und auch meine fanden den Weg zu seinem Körper. Ich seufzte als ich seine Muskeln unter meinen Händen spürte. Diesmal war er es, der ein Zittern unterdrückte, oder es wenigstens vergeblich versuchte. Es schein ihm zu gefallen, wie ich so über seinen Rücken strich. Also machte ich weiter. Er strich mir seinen Händen runter zu meinen Oberschenkel und wieder ein Stückchen wieder hoch zu meinem Hintern.
Je eine seiner Hände legte er auf meine runden Pobacken und griff feste zu, um mich auf die Arbeitsplatte zu heben. Gleichzeitig fanden seine Lippen die meinen und seine Zunge forderte um Einlass. „Au!“, lispelte er, nachdem ich ihm auf die Zunge gebissen hatte. Ich schrie: „Hast du sie noch alle? Pass doch auf, du grobklotziger Dideldum!“ Er sah mich wütend an und ich zeigte ihm die Scheiße indem ich mich umdrehte. Meine Arschbacken waren feuerrot, denn dieser vor mir stehende Schwanzlutscher hatte mich auf die zwei Kaffeetassen gesetzt und deren heißer Inhalt ergoss sich über meinen Po. Wütend stapfte ich ins Bad und steckte einen Stöpsel in die Badewanne und ließ eiskaltes Wasser ungefähr bis zu einer Höhe von zehn Zentimetern einlaufen, um mich mit voller Montur hineinzusetzen. Brian, der mir besorgt nachgelaufen war musste sich ein Lachen verkneifen. „Guck nicht so dumm. Mach mir lieber einen Kakao!“, grummelte ich ihn an. Nun konnte er sich nicht mehr halten und lachte Tränen. „Einen Kakao?!“, stieß er hervor. „Ja, einen Kakao. Das bist du mir ja wohl schuldig.“, antwortete ich und zog eine Schnute. „Einen Kakao für Prinzessin Lillifee, kommt sofort… Ähm, wo hast du denn Kakaopulver?“
Ich grinste ihn böse an. „Ich hab gar keins.“ „Aber?“ „Drei Blocks weiter ist ein Tante Emma Laden, da gibt’s bestimmt welches.“, meinte ich teuflisch grinsend. „Hmpf… Ok.“ Er hatte es ja zu verschulden, dass ich hier saß, also pp –persönliches Pech.
Ich schloss die Augen und hörte wie wenig später die Tür zufiel. Mit einem Seufzen lehnte ich mich zurück und legte meinen Kopf an die weißen Fliesen. Resigniert stieg ich wenig später aus der Wanne aus und inspizierte besorgt meinen Hintern. Die Rötung hatte nachgelassen und auch die Schwellung klang langsam ab. Aus dem Medizinschrank holte ich eine Tube Bepanthen und verteilte diese großzügig auf meinem Hintern. „Soll ich das nicht lieber machen? Schließlich bin ich dran schuld.“
Erschrocken fuhr ich zu Brian herum, der mit einem verschmitzten Lächeln im Türrahmen lehnte. „Heilige Scheiße! Musst du mich so erschrecken!“ Ich sah ihn mit einem Schmollmund an. Mit einem entschuldigendem Lächeln kam er auf mich zu und umfasste sanft mein Kinn. Mit seinem Daumen strich er über meine Unterlippe. „Tut mir leid.“ Er sah mich mit großen Hundeaugen an. Wie sollte ich ihm da schon böse sein? „Hmpf… Schon gut. Hast du wenigstens meinen Kakao?“ Ein Grinsen erhellte seine Züge. „Mhmm“, murmelte er und sah noch immer hinunter zu meinen Lippen, auf denen ich nun unbehaglich herumnagte. Mit dem Zeigefinger löste er sie und hauchte mir einen sanften Kuss darauf. Wow, so viel Zärtlichkeit hätte ich ihm gar nicht zugetraut.
„Es tut mir wirklich leid, Prinzessin. Lass mich das gute Stück mal ansehen.“ Unsicher drehte ich ihm mein Hinterteil zu und beobachtete über die Schulter, wie er sich hinkniete und vorsichtig die Hände an meine Hüfte legte. „Das sieht doch schon… gut aus.“ „Nur gut?“ Ich grinste ihn an. „Okay… ja… erwischt. Sehr gut.“ Wieder zeigte sich dieses atemberaubende, verschmitzte Lächeln auf seinem Gesicht, das seine Augen mehr denn je zum Funkeln brachte. „Soll ich dir jetzt den Kakao machen? In der Zeit kannst du dich ja wieder anziehen.“ Ich sah an mir herunter. Noch immer hatte ich nur einen String und das Schlabbert-shirt an, mit dem einzigen unterschied, dass es jetzt bis ca. zur Höhe meines Bauchnabels durchnässt war. „Gute Idee.“, sagte ich und ging hoch in mein Schlafzimmer. Es war Samstag, ich hatte frei und nichts Besonderes vor. Also zog ich mir lediglich einen gelben Jogginganzug -wobei ich als ich die samtene Hose hochzog sehr vorsichtig war- und dicke Wollsocken an, da meine Fuße sonst bald Eisklötzen geglichen hätten.
Außerdem suchte ich noch alte Klamotten von Steve heraus, die ich ihm nicht hinterhergeschmissen hatte –kaum zu glauben, dass das erst einen Tag her war. Ich fand noch ein altes Hemd und eine verblichene Jeans, die beide Brian passen müssten, denn er konnte ja nicht täglich in den gleichen Klamotten rumlaufen, bis Ricky wieder da war.
Ein paar Boxershorts fand ich auch noch. Schließlich ging ich wieder runter in die Küche. Dort saß Brian an dem schmalen Küchentisch. Zwei Tassen mit dampfendem Kakao standen vor ihm. Brian hatte den Kopf in die Hände gelegt. „Was ist ‘n los?“ „Ach Scheiße… Ich mache mir Sorgen um Ricky und Lucy.“ Ach du Kacka. Die hatte ich ja ganz vergessen. Ich setzte mich schwerfällig auf den ihm gegenüber liegenden Stuhl, bettete meinen Kopf in meine rechte Handfläche und schlürfte an meinem Kakao. „Okay, sehen wir das mal realistisch.“, sagte ich nach einigem Überlegen. „Können wir etwas daran ändern? Nein. Ist es ihre oder unsere Entscheidung? Ihre. Ist es so schlimm? Nein. Geht es uns überhaupt was an? Ok… Darauf weiß ich keine Antwort.“ Ich schnaufte. „Sie sind unsere besten Freunde, oder?“, fragte mich Brian. Ich nickte. „Aber es ist sinnlos darüber nachzudenken. Mein erster Punkt ist vollkommen richtig. Weißt du, was mir schon immer geholfen hat? Ich habe mir nicht den Kopf über Dinge zerbrochen, an denen ich sowieso nichts ändern kann. Und genau das tue ich jetzt auch.“ Ich sah Brian entschlossen an. „ Ich gucke jetzt Transformers. Willst du mitgucken oder nicht?“ Er sah mich mit leuchtenden Augen an. „Heißt wohl ja. Ich habe dir übrigens Klamotten oben aufs Bett gelegt. Du willst sicher nicht die ganze Zeit über in den gleichen Klamotten rumlaufen.“ „Danke.“ „No problemo amigo.”, meinte ich augenzwinkernd. Brian und ich gingen in das angrenzende Wohnzimmer, Brian fläzte sich auf die Couch, was ich mit hochgezogenen Brauen quittierte und ich legte die DVD ein um mich dann neben Brian zu setzten. Dieser breitete fragend und etwas zögerlich die Arme aus, in die ich mich mit einem Seufzen hineinkuschelte, während Optimus Prime gegen den Bösewicht kämpfte.

>> „Tick Tack, Tick Tack… Mi ángel, el tiempo se acaba.”, sprach die Stimme meiner Großmutter zu mir. Allein daran merkte ich, dass ich träumte, denn sie war seit zehn Jahren tot. „Es la época de los corredores.”, murmelte ihre alte, vom Zigarren rauchen geprägte Stimme, die sich langsam in meinem Erwachen verlor. Das Letzte was ich von ihr vernahm war nur noch ein Hauch: „Huye!“<<
Geweckt wurde ich durch die gleichmäßigen Schritte von diesem Deppen von Brian, der mich in den Armen hielt wie ein kleines Kind und mich die Treppe hinauf trug. „Was soll der Scheiß?“, murmelte ich wenig begeisterst. Ich war ein wenig ungehalten darüber, dass er mich geweckt hatte, bevor Nana mir erklärt hatte, was sie mit ihrem mysteriösen Gebabbel von wegen „Die Zeit läuft“ und „Es ist die Zeit der Läufer“ meinte. Und warum sollte ich fliehen und vor allem vor was? „Du bist eingeschlafen.“, riss mich Brian aus meinen Gedanken, „ Nicht, dass ich was dagegen gehabt hätte, aber als du dich irgendwann auf meinem Schoß herumgewälzt hast und mir beinahe meine Eier zerquetscht hättest, wurde es mir doch zu viel. Und dein Geschnarche erst!“ Er schüttelte resignierend den Kopf „Unerträglich!“ Er gab einen dumpfen Laut von sich als ich ihm gegen die Rippen boxte. „Aua“ Ich grinste ihn nur böse an. Als er mich in mein Zimmer trug, stieß ich mir am Türrahmen den Kopf und Brian dieser Hornochse gab ein amüsiertes „ups“ von sich. Dafür biss ich ihm in die Brust. „Scheiße! Warum tust du so was?“, rief er entsetzt als er mich erschrocken von sich schmiss. Zu seinem Glück landete ich direkt auf meinem Bett, sonst wäre ich wohlmöglich auf ihn mit dem Baseballschläger losgegangen. Auf seine Frage hin sah ich ihn nur unschuldig an und legte den Kopf leicht schief. Resignieren seufzte er und wollte sich von der anderen Seite aus zu mir legen. „Was soll das den werden?“, fragte ich und zog eine Augenbraue nach oben. „Wonach sieht‘s denn aus?“ „Falls du dich gerade in MEIN Bett legen wolltest: Vergiss es!“ Ich zeigte mit dem Daumen nach rechts auf die Tür und nickte in die gleiche Richtung. „Drüben ist ein Gästezimmer. Da hast du ein Bett ganz für dich alleine.“ Ich lächelte süß als ich noch sagte: „Gute Nacht“. Mit den Fingerspitzen winkte ich ihm hinterher, rief jedoch noch: „Brian?“, wodurch er den Kopf hoffnungsvoll wieder in mein Zimmer steckt. Ich jedoch zeigte nur auf die Kleidung zu meinen Füßen und meinte trocken:“ Vergess‘ die nicht.“
Als er gegangen war, dachte ich eine Zeit lang nach und merkte, dass ich relativ wenig dagegen hatte, dass er da war. Doch dass wir uns mehrmals geküsst hatten ging mir gewaltig auf die Nüsse. In dem Moment fiel mir ein, dass ich wirklich ein gewaltiges Verlangen nach Pistazien verspürte. Ich ging aus meinem Schlafzimmer und klopfte an die gegenüberliegende Tür. Von innen ertönte ein „Komm rein.“ Als ich die Tür aufgestoßen hatte erblickte ich Brian, der sich gerade das weise Hemd zuknöpfte. „Danke für die Sachen. Passen echt super.“ Er drehte sich einmal um die eigene Achse, damit ich ihn begutachten konnte. „Äh, ja…ähm super. Hier, ich geh mal schnell was einkaufen. Brauchst du noch irgendwas?“ Brian schmiss sich auf sein Bett und verschränkte die Arme hinterm Kopf. „Er wäre sau lieb, wenn du mir ein paar Badsachen mitbringen würdest. So Zahnbürste und Rasierer und so.“ Er überlegte kurz „Ach ja… und Kondome.“ Er grinste mich dreckig an. Ich zuckte nur mit den Schultern, denn ich war mir 110% sicher, dass die nie bei mir zum Einsatz kämen. „Geht klar. Sonst noch was?“ Er schüttelte den Kopf. „Gut, dann geh ich mal. Du weißt wo alles ist?“ „Ja.“ Ich wandte mich zum Gehen, doch da hatte ich noch einen Einfall. „Ah… Wenn du dann auch noch so freundlich wärst und die Sauerei in der Küche wegputzt… Wäre sau lieb.“ Ich grinste leicht und ging aus der Tür. Unten ging ich auf die Suche nach meiner Tasche, denn ich wusste nicht, wo Brian sie hingetan hatte. Schließlich fand ich sie in der Besenkammer, die sich zwischen Küche und Bad befand. Kopfschüttelnd verließ ich die Wohnung.


„Victoria!“ Swetlana, die Besitzerin des Tante Emma Ladens, mit ihrem russischen Akzent, kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. Sie war eine rundliche Person mit dauergewellten, grauen Haaren, in denen sie immer alles Mögliche drin stecken hatte. Heute war es ein Lockenwickler und ein Kugelschreiber. „Was kann ich für dich tun?“ Ich umarmte sie und antwortete: „Pistazien…“ „Ah! Du haben deine Tage?“ Ich schmunzelte, denn ich holte mir immer welche, wenn ich meine Tage hatte und das schon seit acht Jahren und ich hatte einen teuflischen Plan. „Ja, stimmt. Außerdem braue ich noch Zahnpasta-am liebsten mit Erdbeergeschmack, eine Kinderzahnbürste, Shampoo, das nicht in den Augen brennt, Duschgel-am besten das, was du mir neulich für mein Patenkind empfohlen hast, also das pinke meine ich… und Kondome in Größe S.“ „Nix Problem mein Kind. Wen möchtest du verarschen?“ Oh sie kannte mich zu gut. „Den Typen, der vorhin Kakao gekauft hat.“ „Oh! Dieses Schnuckelchen? Ich habe gleich schöne Augen gemacht. Meinst du ich haben Chancen?“ Ich grinste sie an. „Ganz sicher, Swetlana. Komm doch morgen zum Abendessen vorbei, dann stelle ich euch einander vor.“ „Gerne! Ich bringen Kuchen mit.“ „Ok. Ich plane dann für acht Uhr. Ist das ok?“ „Da… ich meine Ja.“ „Schön. Ich muss dann aber jetzt auch los.“ Ich bezahlte schnell die paar Sachen und trug alles in einer Tüte wieder nach Hause. Daheim angekommen ging ich direkt in die Küche und suchte nach meiner Dose Red Bull. Die war leider nicht mehr da. Wütend räumte ich Brians neue Sachen in den Schrank im Badezimmer und ging auf die Suche nach dem Red Bull-Dieb. Den fand ich auch sogleich im Wohnzimmer auf der Couch liegend in laut schnarchend. Er lag auf dem Bauch und der linke Arm baumelte von der Couch herunter. Seine Fingerspitzen berührten die Dose, die auf dem Boden lag und deren halber Inhalt sich über das Parkett ergoss. „Scheiße!“ Fluchend stürmte ich in die Küche zurück und holte unter der Spüle Reiniger und ein Tuch hervor. Des Weiteren füllte ich ein Glas mit Wasser und schleppte all die Sachen ins Wohnzimmer und stellte sie vor Brian auf den Couchtisch. Das Wasser nahm ich jedoch und schüttete es sehr langsam und mit süffisantem Lächeln über Brians Kopf. Mit einem „Nein, keine Walnüsse!“ schrak er aus seinem Schlaf. „Sexy! Was soll die Scheiße?! Ich hätte gerade fast meine Brownies bekommen.“ „Tja, das kommt davon wenn man zu viel Zucker im Blut hat. Das hat man nun mal so wirre Träume. Und jetzt wisch das Red Bull auf. Ich muss noch gleich noch mal einkaufen. Wir bekommen morgen Abend Besuch, den ich zum Essen eingeladen habe. Kommst du mit?“ „Joar… wenn du mir was zum schnucken kaufst?“ „Was ist „schnucken“ denn?“ „Na Süßigkeiten und so“, meinte Brian grinsend, während ich ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf gab.

Take it easy

„Sag mal, Brian.“, dachte ich laut, „Hab ich dich eigentlich schon nach deinem Nachnamen gefragt? Es kann ja nicht angehen, dass ich jemanden bei mir wohnen habe, dessen Namen ich nicht kenne.“ Ich grinste ihn an und ging Richtung Bad um Brian ein Handtuch zu geben, damit er sich seine tropfenden Haare trocknen konnte. „Brian White, Miss Sanchez, es ist mir eine Ehre mit euch Bekanntschaft zu machen.“ Etwas perplex blieb er hinter mir stehen, als wäre ihm etwas eingefallen. „Ich wohne bei dir?“, fragte er mit erhobener Augenbraue. „Du willst mich nicht mehr baseballschlägerschwingend aus der Wohnung werfen?“ Leicht verlegen antwortete  ich: „Naja, bis unsere beiden Spaßvögel wieder da sind, zumindest. Hmm… woher kennst du eigentlich meinen Nachnamen?“ „Steht an deiner Klingel“ „Achso… ahja. Richtig.“  Ich beugte mich nach unten, um ein Handtuch aus dem Fach unter dem Waschbecken zu holen und bot Brian somit einen tollen Ausblick auf meinen Hintern, der mittlerweile in einer weißen Jeans steckte. Anhand von Brians Blick konnte ich sehen, dass ihm gefiel, was er sah. „Hier, für deine Haare.“ Ich drückte ihm das Handtuch in die Arme und ging provozierend mit meinem Hintern wackelnd an ihm vorbei und wich dabei seiner Hand aus, die sonst mit Sicherheit mein Prachtexemplar getroffen hätte. Ich schenkte ihm noch einen tadelnden Blick und wackelte mit dem Zeigefinger. „Tz tz tz, das ist Privateigentumde mí.“ „Hä?“ „Von mir, kleiner Brianipups“. Ich ging nach oben und zog mir ein paar ausgelatschte Sneakers an. Dann ging ich in die Küche und trank meine Cola. Als Brian dann wieder kam, waren seine Haare sexy verwuschelt und noch ein wenig feucht. Schnell lenkte ich mich mit der Cola ab, indem ich die Inhaltsstoffe durchlas und hoffte, dass Brian mein Gestarre nicht aufgefallen war- vergeblich. Denn nicht wenig  später spürte ich, wie er von hinten  meine Schultern umfasste und sein Kinn auf meinen Kopf legte. „Sehe ich denn so schlecht aus, dass du von mir wegschauen musst?“, murmelte er leicht vorwurfsvoll. „Nein“,  gab ich verlegen zurück, „zu gut.“ „So so.“ Man hörte das Schmunzeln in seiner Stimme heraus. Schnell stellte ich die Dose weg, als er mich hochhob und auf die Arbeitsfläche setzte. Ich wollte schließlich nicht, dass wieder etwas dazwischen kam. Mit erwartungsvoll geöffneten Augen sah ich ihn an.  „Hm…“, er blickte mir in die Augen und dann Auf die Lippen, über die er sanft mit seinem Daumen strich. „Ich sollte die Red Bull aufwischen, sonst verklebt der Zucker noch deinen ganzen Boden.“ Mit schelmischem Grinsen entfernte er sich ein Stück von mir und fragte: „Wo ist denn so Putzzeug?“ Ich dachte dem hat einer ins Hirn geschissen. Mir Aussichten auf einen Kuss zu stellen und dann nach Putzzeug fragen. Genauso musste ich ihn auch angesehen haben. „Sehe ich aus, wie die Putze vom Dienst, dass ich weiß, wo in meiner Wohnung Putzmittel ist?!“ Brian verkniff sich ein Lachen und erwiderte: „Tut mir Leid, dass ich in der Annahme war, Miss, dass Sie in Ihrer Wohnung wüssten, wo sich das Putzmittel befindet.“ Vielleicht solltest du dir mal eine Brille zulegen.“ „ Hä?“ Brian kratzte sich am Kopf und sah mich verständnislos an. „Ich habe sie auf den Couchtisch gestellt, du Bonobo.“  Immer noch leicht angesäuert, wegen dem nicht vorhandenem Kuss ging ich ins Schlafzimmer und zog mir das Oberteil des Jogginganzuges über den Kopf und ersetze es durch ein weißes, bedrucktes T-Shirt. Es passte zwar nicht zu der kanariengelben Hose und auch die knallroten Sportschuhe, in die ich meine wollbesockten Füße steckte, konnten meinen Anblick nicht verschönern, doch es war mir egal. Zum einen, weil ich ja in Los Angeles lebte und hier allerhand schrille Vögel umher liefen und zum anderen die meisten Leute, denen ich nachher beim Einkaufen begegnen würde nie wieder sehen würde. Also was juckte es mich, was sie von mir dachten. Ich ging gerade herunter in den Flur, als ich meinen Blazer entdeckte. Mit spitzen Fingern hob ich ihn an und inspizierte ihn. Er stank nach Alkohol, Rauch und Erbrochenem. Angeekelt warf ich ihn im Bad in die Waschmaschine. „Brian! Wo bist du?“ Der Kerl lief mir doch gewöhnlich hinterher, wie ein treudoofer Dackel. Ich sah im Wohnzimmer nach und entdeckte ihn auf dem Boden zwischen dem Couchtisch und dem Sofa hockend. „Brian?“ Mit einem erschrockenen Laut fuhr er hoch und stieß sich den Kopf am Tisch. „Au!“ Dann erblickte er mich und fing an zu lachen. „Ist denn schon Karneval?“ „ Keine Zeit für dumme Fragen, du willst doch was zu Schnucken, oder?“ Mit diesen Worten drehte ich mich um schnappte mir meine Jacke und Tasche, verließ die Wohnung und trabte die sechs Stockwerke herunter zur Straße. Ich war gerade ein paar Meter gegangen, als ich ein „Hey, warte doch mal!“ hinter mir vernahm. Circa fünfzig Meter weiter hinten lief mir Brian eiligen Schrittes hinterher. Seufzend verlangsamte  ich meine Schritte, bis er zu mir aufgeholte. „Warum hast du es denn so eilig?“, fragte er ein wenig aus der Puste. „Ich will zu meinem Lieblingsobsthändler und der schließt um 18:00 Uhr.“ Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass wir noch eine Dreiviertelstunde  Zeit hatten.  Wir überkreuzten ein paar Mal die Straßen,  bogen dann und wann nach links oder rechts ab. Nach zwanzig Minuten Gehweg standen wir dann vor „Roberts‘ Vegetables „ und betraten den Laden. Innen war es angenehm kühl und roch nach Obst und Gemüse. Hinter der Theke stand Robert, ein stattlicher Mann Mitte Vierzig. Graue Haare durchzogen sein schwarzes Haar und sein Gesicht zierte ein gepflegter Schnauzbart, wie Horst Lichter, ein deutscher Koch, von dem mein Vater mir immer wieder vorschwärmte. „Hey Kleines, was gibt’s?“, fragte er mich gut gelaunt. „Aubergine, Zucchini, Kartoffeln, Paprika, Oliven, Rosmarin und ähh… ach ja, Zwiebeln. Wenn du hast, dann vielleicht noch Schafskäse.“ „Alles da.“, antwortete er, „Ich suche dir alles zusammen, seht euch ruhig ein wenig um, aber nascht nicht zu viel.“ Robert lief hastig zwischen den Regalen umher und suchte alles aus den grünen Plastikkisten zusammen und packte es in einen Holzkorb. Währenddessen gingen Brian und ich zwischen den Regalen umher und ich musste ihm immer wieder auf die Finger klopfen, da er meiner Ansicht nach zu viel naschte. Ich meine ein, zwei Erdbeeren sind ja ok, aber zwei Hände voll gehen dann doch zu weit. „Was denn?!“, nuschelte er mit vollem Mund entgegen. „Ich habe heute noch nichts gegessen!“ „Benimm dich noch ein wenig weiter so, und es wird sich nicht ändern!“, entgegnete ich höchst brummelig. „Robert gibt mir immer Prozente und etwas nebenbei sowieso. Ist es dann so viel verlangt ihm seine Ware zu lassen?!“ Schuldbewusst schluckte  Brian das Obst hinunter und ging weiter durch den kleinen Laden. Ich hingegen ging zurück zur Kasse, wo Robert inzwischen die Waren eintippte. „Na Vic, ist ja selbst für dich ein ziemlich viel. Festgelage geplant?“ „Nicht wirklich.“ Ich lächelte leicht, „Ich habe für morgen Swetlana eingeladen und wir wollen zusammen zu  Abend essen. Du willst doch nicht zufällig auch kommen?“  Mit verschmitztem Lächeln zwirbelte er seinen Bart zwischen Daumen und Zeigefinger. „Swetlana sagst du? Hmmm… Hmmm… Ja… Gerne. Sehr gerne.“ Ah ja, da geht doch was, dachte ich, sagte jedoch: „Cool, freut mich. Der Erdbeerpflücker da drüben“, ich deutete mit dem Daumen auf Brian, der gerade mit sehr kritischem Blick eine  Pitaya in den Händen hielt und daran roch, „ist morgen auch da. Er wohnt momentan bei mir, bis Lucy mit ihrem Mann wieder da ist.“ „Lucy mit ihrem Mann? Welchem Mann? Ehemann!? Hab ich was verpasst?“  Fragte er verwirrt. „Oh, ich glaube wir alle haben was verpasst.“ „Und hat Steve nichts dagegen, wenn der Typ da da ist?“ Ich räusperte mich und schüttelte mich leicht, als mit ein kalter Schauer über den Rücken lief, als ich den Namen meines Ex hörte. „Den hat das nicht mehr zu interessieren, wer bei mir wohnt und wer nicht. Ich erzähle dir das morgen.“ „Hmm… ok. Alles ok bei dir, Kleines?“ „Ja, sicher. Mach dir keine Sorgen.“ „Na, dann gut. Ich muss dann mal schließen. Wir haben ja schon fünf nach.“ Ich blickte auf die Uhr die über Roberts Kopf hing und nickte. „Tut mir leid, wenn ich dich von deinem Feierabend abhalte.“ „Schon ok. Du musst jetzt wenigstens nicht auf den Bus warten.“ Nochmals wanderte mein Blick zur Uhr. „18:05…18:15 kommt der Buuus…das siiind…13 Minuten…davon sieben Gehminuten…“, murmelte ich vor mich hin. „Ja stimmt, kaum Wartezeit. Dann müssen wir auch jetzt los. Komm Brian.“, sagte ich. „Ok dann bis morgen. Ach ja… ich muss ja noch kassieren. 11,40 $ bekomme ich von dir und die Pitaya gibt’s dann auch noch extra für deinen Freund.“ Ich gab ihm das Geld und sagte noch im Gehen: „Danke, bis morgen und er ist nicht mein Freund!“ Ich meinte noch ein belustigtes ‚Jaja‘ gehört zu haben und ging kopfschüttelnd, mit Brian im Schlepptau die Straße zur Bushaltestelle entlang. „Wollen wir noch was essen fahren? Ich habe nichts Essbares zu Hause, außer ein paar Eier.“, fragte ich mein Anhängsel. „Klar, wie gesagt ich hab‘ Hunger.“, antwortete er grinsend. „Wo geht’s hin?“ „Da lass dich mal überraschen. Ich bin übrigens Vegetarierin.“ „Oh Gott…“Nun saßen wir in einer Salatbar in der Innenstadt. Gelangweilt piekte ich eine Cherrytomate heraus und steckte mir sie langsam in den Mund, während ich die gelben Taxis durch das Glasfenster beobachtete. „Was ist mit dir?“, fragte mich Brian und riss meinen Blick von der Außenwelt zu ihm. Mit dem Handrücken wischte er sich kurz über den Mundwinkel und sah mich mit besorgtem Blick an. „Was soll sein?“, ich war leicht verwirrt. „Du hast seit fast zehn Minuten nichts gesagt.“ Ich sah Brian direkt in die Augen. „Ich will keinen Sex mit dir.“  Meine Direktheit verblüffte ihn. Er versuchte es jedoch zu überspielen, lehnte sich nach hinten, verschränkte die Arme, streckte sein linkes Bein von sich. „Wie kommst du darauf, dass ich Sex mit dir will?“ „ Deine Blicke, die mich praktisch ausziehen, unsere Tuchfühlung, die der Kaffee beendet hat. Du willst doch nicht sagen, dass du einfach aufgehört hättest, mich zu küssen?“ „ Doch.“, erwiderte mit einem Machogrinsen. ich seufzte resignierend und schaute wieder aus dem Fenster. Ich hatte keinen Hunger mehr. Kaum hörte ich wieder Brians schmatzen, rief ich die Kellnerin zu mir und bezahlte meinen Teil der Rechnung. Brian schaute mich währenddessen mit großen Augen an. „Ich schätze du findest den Weg zurück?“, fragte ich ihn genervt und ging ohne eine Antwort zu erwarten auf die Straße. Dort winkte ich mir ein Taxi heran und fuhr zum Supermarkt um für morgen einzukaufen. Der Taxifahrer beäugte mich kritisch, wohl wegen meines Aufzuges, aber mir war das latte. Genau wie zuvor bei dir Kellnerin auch. Am Supermarkt angekommen, suchte ich mir schnell meine sieben Sachen zusammen und bezahlte. Für den Rückweg nahm ich weder Bus noch Taxi. Ich brauchte die frische Luft, auch, wenn man in L.A. nicht wirklich davon reden kann. Ich war in der Nähe des Meeres und lief in ca. 20 Minuten bis zum Strand. An einem Steg setze ich mich hin und ließ die Füße herunterbaumeln. Mir ging es nicht sonderlich gut. Ich war verwirrt. Mir machte die Trennung von Steve nicht so viel aus, wie ich dachte. Im Sinne von kaum. Es müsste eigentlich anders sein. Müsste ich nicht mit Eis und Rotztüchern auf der Couch sitzen und Titanic gucken? Müsste ich nicht alte Fotos zerreißen, ihn in Facebook löschen, ihn für immer hassen? Es war so seltsam. Er war mir völlig egal. Das Loch, das er hätte hinterlassen müssen, war nicht da? Ich machte mir Sorgen. Sollte es etwa Brian gestopft haben, ehe ich merkte, dass es da war? War ich verliebt in ihn? Oder war es voll von Sorgen über Lucy? Das konnte irgendwie auch nicht stimmen. Ich machte mir keine Sorgen um sie. Just in diesem Moment klingelte mein Handy. Ich blickte auf den Bildschirm und lächelte. Es war ihr spezielles Talent, mich anzurufen, wenn es mir nicht allzu prächtig ging. „Hola, Mama.“ Sagte ich mit einem Seufzer und blickte aufs Meer hinaus. „Hola, mi ángel. Wie geht es dir?“ „Geht…“, seufzte ich wieder. „Was ist los?“ „Ich habe mich von Steven getrennt.“  „Ne? Echt!?“ Mama war perplex. „Er hatte ‘ne Affäre.“ „Was? Oh nein. Kein Wunder das du dich schrecklich fühlst.“„Naja… Zum einen nicht schrecklich, eher… wie soll ich es nennen? Mir tut der Nacken weh und ich muss andauernd seufzen. Eher unleidlich. Und das auch nicht deswegen, was wiederum der Grund ist, warum ich mich so fühle.“ „Hört sich kompliziert an. Erzähl’s mamá!“ Ich schmunzelte über „Mama“. „Mein Problem ist, dass es kein Problem für mich darstellt, was es doch eigentlich sollte!“ „Aha aha aha…“ Ich hörte förmlich wie sie ihre rechte Augenbraue hob, als schätze sie mich fragend ab. „Wie heißt er?!“ Ich ließ den Kopf ein wenig mehr hängen und patschte mit der Schuhsohle aufs Wasser. Leugnen brächte nichts! „Brian.“, grummelte ich ins Telefon. „Und dieser Brian… Sieht er gut aus? Ach egal! Ich überzeuge mich einfach selbst. Bin morgen zum Abendessen da. Bringe Nachtisch mit.“ Perplex schaute ich das Handy an. Sie hatte einfach aufgelegt, ohne ein Wort des Abschieds oder mich überhaupt zu fragen, ob mir der Besuch recht war.

Resignierend steckte ich das Handy in meine Tasche.

Impressum

Texte: Der Text und alle Inhalte gehört mir
Bildmaterialien: google
Tag der Veröffentlichung: 05.01.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An alle Bookrixer, die genauso krank sind, wie ich.

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