Cover

Prolog

Gelangweilt setzte ich mich auf die steinernde Bank, die sich direkt neben der Tür befand. Ich seufzte und rutschte etwas tiefer. Der ganze Tag war ereignislos und unspektakulär gewesen. Normalerweise hätten wir schon unsere spitzen Zähne in die Haut eines hilflosen und schwachen Menschens gebohrt, aber Heidi schien sich zu verspäten. Es war einer der Tage, an dem sie ahnungslosen Touristen vorspielte sie durch Volterra zu führen, doch stattdessen, führte sie sie in ihr
Verderben. Nervös biss ich mir auf die Unterlippe und rutschte hin und her. Schon der Gedanke an das warme Blut eines Menschen, ließ das Gift in meinem Mund zusammenlaufen. Ich brauchte das Blut so, wie ein Mensch die Luft zum atmen brauchten. Ich hatte seit mehreren Tagen keines mehr getrunken und der Durst wurde unerträglicher, je länger ich warten musste. Zwar war ich schon seit geraumer Zeit ein Vampir gewesen, doch den Durst konnte ich nicht so recht kontrollieren. Ich mochte das Leben bei den Volturi nicht sonderlich. Ich freundete mich zwar mit einigen der Wachen an, doch Jane hasste mich. Sie hasste mich, weil ich von Aro verwandelt worden war, da dieser gefallen an meiner Art gefunden hatte. Es war nicht üblich für Aro, dass er Vampire ohne Gaben bei sich aufnahm, doch ich war die Ausnahme. Nach einiger Zeit des Wartens, beschloss ich Alec aufzusuchen, um mich von meinem brennenden Verlangen nach Blut abzulenken. Doch bevor ich der Tür nahe kommen konnte, schlug sie auf und Aro, Caius und Markus traten herein. Markus und Caius setzten sich auf ihre Throne, Aro rief die Wachen zu sich und winkte auch mich zu sich herüber. Schnell lief ich an seine Seite und wartete gespannt auf das bevorstehende Ereignis. Mein Gehör verriet mir, dass einige Vampire hierher unterwegs waren. Ich wusste es genau, da ich keinerlei Blutzirkulation hörte. Ob es Freunde waren oder welche, die gegen das Gesetzt verstießen, wusste ich nicht. Mein Blick wanderte zu Aro und Caius, da beide die Tür fixierten. Markus hingegen, sah sich ausgiebig in der Halle um. Sein gelangweilter Blick ließ mich für wenige Sekunden schmunzeln, bis die Tür ein weiteres Mal geöffnet wurde. Felix kam hinein gestürmt und stellte sich neben die Tür, als ob er den Fremden den Ausgang versperren wollte, falls diese vorhatten zu fliehen.
Zwei, mir unbekannte Vampire kamen auf Aro und mich zu und positionierten sich vor uns. Aro lächelte sie beide an und begrüßte sie freundlich.
„Carlisle. Alice. Wie schön euch wiederzusehen.“
In dem Moment wurde mir klar, wer sie waren. Aro erzählte mir oft von ihnen und auch Jane redete viel über sie. Aro sagte mir immer wieder, wie sehr er diese Alice wegen ihrer Gabe bewunderte. Sie konnte allem Anschein nach in die Zukunft sehen. Er sagte, immer wenn sie dies tat, wurde ihr Blick starr und ausdruckslos, fast leblos und undurchdringlich. Ihre Statur ließ sie eher winzig und äußerst schwach erscheinen, doch wenn man Aros Worten Glauben schenken würde, dann dürfe man sie keineswegs unterschätzen. Ihr Gesicht wandte sich langsam meinem zu und Alice große, topasfarbigen Augen sahen direkt in meine. Ein kleiner Schock durchfuhr meine granitfeste Haut und ich musste feststellen, dass sie anders war. Doch warum waren keine roten Augen zu sehen, die wie meine, einem Rubin glichen? Noch einmal überprüfte ich ihren zierlichen Körper, der in Designermode gekleidet war. Sie besaß keinen Herzschlag, was darauf schließen konnte, dass sie trotz allem ein Vampir war. Wie war das möglich?
Auch der Mann, der neben ihr stand und Carlisle hieß, besaß die gleichen, klaren Topasaugen. Sie waren rein und ohne jeglichen Rotschimmer, der wie bei mir, meine ganze Iris einfärbte. Meine Hände ballten sich fast automatisch zu Fäusten und ich zog meine Augenbrauen zusammen.War dies eine neue Art Vampir?
Aro hatte nichts dergleichen in meiner Anwesenheit erwähnt, nur, dass sie anders waren. Anders beschrieb dieses Gefühl, welches sie in mir auslösten, nicht man ansatzweise.
Carlisle unterhielt sich mit Aro und sah hin und wieder zu mir. Ich jedoch lauschte ihrem Gespräch nicht, da ich damit beschäftigt war, Alice zu mustern. Ihr Körper versteifte sich und ihr Blick wurde so, wie Aro es mir beschrieben hatte, starr und ausdruckslos. Sie musste eine Zukunftsvision gehabt haben. In dem Moment hätte ich zu gerne gewusst, wovon sie handelte.
Nach wenigen Augenblicken, bemerkten auch Aro und Carlisle ihre geistige Abwesenheit und sahen sie gespannt an. Aro bat Alice freundlich, ihm ihre Hand zu reichen, um auch sehen zu können, was sich ereignen würde. Zaghaft reichte sie ihm ihre Hand und wartete gespannt auf eine Reaktion. Seine Miene wurde ebenso ausdruckslos, wie die zuvor von Alice. Währenddessen sah diese mich verwundert und fragend zugleich an. Ich wurde aus irgendeinem Grund unheimlich nervös und schaute abwechselnd in ihre Gesichter. Auch in das von Aro, welcher sich mittlerweile auch zu mir gewandt hatte. Nun sahen sie mich alle an. Was hatte das zu bedeuten? Hatte die Vision von Alice, etwas mit mir zu tun? Ich wusste es nicht aber ich war mir sicher, dass ich es sehr bald erfahren würde. Aro sah mich enttäuscht an und wendete sich von mir ab, ehe er Platz auf seinem Thron nahm. Carlisle nickte ihm zu und verschwand mit Alice in der Tür. Sie drehte sich ein letztes Mal um und lächelte mich flüchtig an.
Ihre Schritte verstummten allmählich und ich begann mich verwirrt umzusehen. Was wird geschehen, dass Aro so enttäuscht ausgesehen hatte und was für eine Rolle spielte ich alldem? Ich wusste es nicht, aber ich war bereit, es herauszufinden.


1.




Schnell lief ich zur Tür und drehte mich zu Aro um, der Caius und Markus alles berichtete, was er sah. Caius funkelte mich wütend an, doch das beeindruckte mich wenig, da ich nicht viel mit ihm zu tun gehabt hatte. Das Leben bei den Volturi war so eintönig und lieblos. Ich brauchte jemanden, mit dem ich reden konnte. Den einzigen, den ich hier vermissen würde, war Alec gewesen, der mir ein guter Freund geworden war. Wenn ich hätte weinen können, wären mir in dieser Sekunde ein paar Tränen über meine bleichen Wangen gelaufen. Ich wollte nicht länger bei den Volturi leben. Entschlossen ging ich zur Tür hinaus und folgte der Spur von Alice und Carlisle. Ihren Geruch konnte ich schnell aufnehmen und folgen, da ich von Felix und Demitri ausgebildet worden war. Sie brachten mir bei, wie man kämpft, wenn es drauf ankam, zu gewinnen. Eine Niederlage war bei den Volturi nicht gestattet.
Je weiter ich lief, desto stärker konnte ich ihren Geruch wahrnehmen. Ich lief die Hauptstraße entlang, bis ich an den Flughafen kam. Ich griff in meine Jackentasche und setze mir meine schwarze Sonnenbrille auf, die meine karmesinroten Augen verbargen. Immer wenn ein Auto vorbei kam, wurde ich langsamer, um nicht aufzufallen. Ein paar von den Fahrern hupten wie wild, wenn sie mich sahen und am liebsten hätte ich ihnen meine Zähne gezeigt. Aber eine der wichtigsten Regeln, die ich bei den Volturi gelernt hatte, war nicht aufzufallen. Am Flughafen versuchte ich Alice wahrzunehmen, da diese süßlicher roch als Carlisle und somit leichter zu finden war. Als ich sie endlich fand, war es zu spät. Sie saßen bereits in ihrem Flugzeug, welches gerade dabei war abzuheben. Bevor es aus meiner Sichtweite war, sah ich die Aufschrift genauer an und erkannte ganz deutlich ´Westport´. Ich begab mich auf den Weg zum Schalter, wo ich mir ein Ticket kaufen wollte. Eine kleinere Italienerin begrüßte mich freundlich und lächelte unaufhörlich. Ihr pulsierendes Blut machte mich hungriger, als ich es eh schon war. Ich durfte um keinen Preis auffallen, also hielt ich während des Gespräch meinen Atem an. Ich sagte nur das nötigste zu ihr, um nicht atmen zu müssen. „Westport.Amerika“, sagte ich knapp. Verwundert sah sie mich an und hielt mir das erwartete Ticket hin.
Nachdem ich das Ticket in meinen Händen hielt, wartete ich auf den Flieger, der mich zu meinem Ziel bringen sollte. Nervös lief ich hin und her und vermied jegliche Art von Konversationen. Die Menschen sahen mich argwöhnisch an und vermieden es, mir nahe zu kommen. Unauffällig setzte ich mich auf eine der Bänke und tat so, als ob ich eine Pause nötig hatte.
Eine monotone Stimme verkündete, dass der Flug nach Westport in wenigen Minuten starten würde.
Zielstrebig ging ich auf das Gate zu, von wo das Flugzeug startete und gab der Stewardess mein Ticket. Sie musterte mich ausgiebig, doch ich sah starr gerade aus und beachtete sie nicht weiter.
Sofort fand ich meinen Platz und setze mich. Als auch die letzten Passagiere eingestiegen waren, hob das Flugzeug ab. Meine Gedanken kreisten um Carlisle und Alice. „Warum hatten sie diese außergewöhnliche Augenfarbe? Hatten alle Mitglieder ihr Clans diese Farbe? Warum besaß ich sie nicht?“, fragte ich mich selbst, und vergaß dabei, dass ich nicht alleine war. Ein kleiner Junge, der vor mir saß, stellte sich auf seinen Sitz und sah mich verwundert an.
„Wieso redest du mit dir selbst?“, fragte er mit seiner kindlichen Stimme.
Ich ersparte es mir, eine Antwort zu suchen, welche den Jungen nicht zu Tode erschrecken würde und runzelte stattdessen meine Stirn. Er streckte mir die Zunge raus und drehte sich beleidigt um.
Mir schwirrten viele Gedanken durch den Kopf und ließen mir keine Ruhe. Ich vermutete, dass sie eine neue Art von Vampir waren. Etwas anderes konnte ich mir nicht vorstellen. Und was hatte diese Vision mit mir zu tun? Ich musste es herausfinden. Ich rutsche tiefer in den Sitz und schloss meine Augen. Schlafen konnte ich nicht aber ich versuchte meine Gedanken zu verdrängen und mich zu entspannen. Die Ruhe hielt nicht lange an, da eine der Stewardessen die Sicherheitsmaßnahmen wiederholte, obwohl wir schon mehr als eine halbe Stunde in der Luft waren. Ziemlich spät, dachte ich mir, aber sicherlich hatte sie wichtigeres zu tun gehabt. Als sie fertig war, verkündete sie, dass wir in fünf Minuten landen würden. Der Flug ging schneller vorbei, als ich dachte und je näher ich meinem Ziel kam, desto nervöser wurde ich. Ich wusste nur, dass sie in Westport wohnten, aber wo genau? Fragen über Fragen und meine Antworten vielen mehr als dürftig aus. Aus wie vielen Mitgliedern bestand der Clan? Wie sollte ich ihnen gegenübertreten, wenn ich angekommen bin? Was sollte ich sagen? Und das Wichtigste. Wo bekomme ich auf die Schnelle Blut her? Mein Hals brannte unaufhörlich. Hätte ich einen Herzschlag gehabt, dann wäre er im ganzen Passagierbereich hörbar gewesen. Der Pilot bat uns, unsere Sicherheitsgurte wieder anzulegen, da wir in kürze landen sollten. Die Räder trugen das Flugzeug eine hundert Meter weiter, bis es endlich zum Stoppen kam. Ich öffnete meinen Sicherheitsgurt und wartete, bis ein paar der Menschen aufgestanden waren. Als fast alle ausgestiegen waren, stand auch ich auf und begab mich nach draußen, wo die Sonne hell am Himmel schien. Meine Kleidung ließ nicht zu, dass auch nur ein einziger Sonnenstrahl meine Haut berührte. Die Suche nach den Cullens hatte begonnen. Ich ging durch den kleinen Flughafen zum Ausgang. Die Landschaft von Westport erstaunte mich. Ich dachte an eine Stadt, in der man nicht viel Grün sah, doch genau das Gegenteil war der Fall. Neben der Hauptstraße befand sich ein Wald, dessen Bäume in dem schönsten Grün leuchteten. Langsam ging ich in den Wald und lief los, da ich mir sicher war, dass mich niemand sah. Blumen verschiedener Arten wuchsen am Rande des Weges, welchen ich in überdurchschnittlicher Geschwindigkeit durchquerte. Direkt der Fährte von Alice hinterher, welche mir süßlich in der Nase brannte. Der Geruch wurde stärker. Ich musste ganz in ihrer Nähe gewesen sein. Ich wurde etwas langsamer, da ich schon ein großes Haus sah. Ich ging näher drauf zu und bewunderte es in seiner vollen Pracht. Es war mit einer Glasfront versehen, welche den Bewohnern des Hauses einen wundervollen Ausblick auf den Wald gewährte. Weiße Marmorsäulen zierten den Eingang und ließen das Gebäude edler wirken. Es war überwältigend. Ringrum wuchsen Blumen und ein kleiner Bach plätscherte in der Nähe. Auch wenn ich mir die Landschaft hätte stundenlang ansehen können, vergaß ich mein Ziel nicht. Ich war mir sicher, dass dies das Haus der Cullens war und machte weitere Schritte darauf zu. Was sollte ich ihnen nur sagen? Wie soll ich mich ihnen gegenüber verhalten? Ich hatte keine Ahnung. Zielstrebig machte ich die letzten Schritte zum Eingang und klopfte an die Tür. Ein flüstern von drinnen war zu hören.
Mir stieg ganz plötzlich ein widerlich süßer Geruch in die Nase, den ich noch nicht kannte. Alice und Carlisle konnten es also nicht gewesen sein. Die Sekunden verstrichen, bevor mir jemand die Tür öffnete. Eine große Blondine öffnete sie und knurrte mich wütend an. Sie fletschte ihre Zähne und knurrte unaufhörlich. Ich schreckte kurz zurück, da ich nicht darauf gefasst war und konterte dann mit einem dezenten Zischen.Vielleicht mochte sie keine Fremden und wollte mir nur zeigen, was sie von mir hielt. Ich tat so, als ob mich ihre Feindseligkeit nicht beeindruckte und musterte sie genau. Ihre blonden, welligen Haare gingen ihr bis zur Mitte ihres Rückens und sie hatte dieselben Topasaugen, wie Carlisle und Alice. Ihr Knurren wurde immer bedrohlicher, bis eine sanfte Männerstimme von drinnen zu ihr sprach.
„Rosalie bitte“, tadelte diese sie. Genervt drehte sie sich auf ihren High-Heels weg und funkelte mich noch einmal an, bevor sie verschwand. Regungslos blieb ich vor der Tür stehen und versuche die Situation zu verstehen. Sie war sicherlich eines der Mitglieder des Clans. Eines, das mich dem Anschein nach nicht sonderlich mochte.
Carlisle kam zu mir an die Tür und sah mich fragend an.
Ich wusste immer noch nicht, was ich ihnen sagen sollte, schließlich wusste ich selbst nicht, warum genau ich hier war.
„Ich...ich.“ Mehr brachte ich nicht zu Stande. Mein Atem wurde schnell und ich bekam kein weiteres Wort raus. Seine Miene wirkte sanft und nachdenklich. Er schien gewusst zu haben, dass ich kommen wollte und sprach aus, was ich nicht wagte zu fragen.
„Du musst Josephine sein. Wir haben dich bereits erwartet. Das ist meine Frau Esme“, sagte er ruhig und deutete auf eine junge Frau, die sich an seine Seite gestellt hatte. Freundlich lächelte diese mich an und begrüßte mich sogleich.
„Freut mich dich kennen zu lernen. Komm doch erstmal rein“, sagte sie und ging voraus. Freundlich bedankte ich mich bei ihr und folgte ihr in das Wohnzimmer. Sie setzte sich auf das große, weiße Sofa, welches in der Mitte des Raumes stand. Staunend blieb ich stehen und sah mich etwas um. Ich hörte noch, wie Carlisle die Tür schloss. Mein Blick wanderte durch den Raum. Die Wände waren weiß und an einer von ihnen hing ein kleiner Kasten mit Absolventenkappen. Der Boden bestand aus weißem Marmor, der so rein war, das man sich darin spiegelte. Alles war sehr schlicht und in kalten Farben gehalten.
Im Nebenraum konnte ich einen wunderschönen Tisch sehen, dessen Beine mit Gold verziert worden waren. Auch die dazugehörigen Stuhl waren vorhanden.
In meiner geistigen Abwesenheit, merkte ich nicht, dass Alice sich neben mich gestellt hatte. Carlisle räusperte sich.
„Das ist Alice, meine Tochter“, sagte er. Bevor ich sie begrüßen konnte, umarmte sie mich.
Zaghaft erwiderte ich diese unerwartete, doch willkommene Umarmung.
„Hi. Ich bin Alice. Ich habe dich bereits kommen sehen. Ich bin so froh, dass du endlich da bist“, sagte sie schnell und wirkte in meinen Augen etwas aufgedreht.
Nach wenigen Sekunden löste sie sich aus der Umarmung und sah mich freudestrahlend an. Ich wusste nicht, was sie gesehen hatte aber ich war mir sicher, dass sie es mir irgendwann sagen würde.
Sie fasste mich am Arm und zog mich hinter sich her. Bereitwillig folgte ich ihr die Treppe hoch, welche Stufen aus Marmor waren. Als wir im Obergeschoss angekommen waren, ließ sie mich los und lächelte freundlich. Wir standen vor einer weißen Tür, die von Alice einige Sekunden später aufgestoßen worden war. Hinter ihr befand sich ein mittelgroßer Raum, der Alices Zimmer zu sein schien. Helle Rottöne zogen sich wie ein Faden durchs ganze Zimmer und ließen ihn verspielt und einladend aussehen. Ich trat hinein und sah mich etwas um. Das Bett aus schwarzem Metall passte mit seinen Schnörkeln sehr gut zu dem Rest der Einrichtung. Die Kommode hatten ebenso schwungvolle Schnörkel, doch diese waren wie der Schrank selbst aus Holz und mit Gold verziert.
In der Ecke stand ein kleines Sofa, welches mit einem alabasterfarbenen Stoff überzogen war. Alice setzte sich auf das Sofa und klopfte auf den freien Platz neben sich und deutete mir damit, mich zu setzen. Ich tat dies und sah sie fragend an.
„Ich hab dich hier hoch gebracht, damit wir und in Ruhe unterhalten können. Ich weiß, dass die anderen uns trotzdem hören können, doch so ist es doch etwas persönlicher.“
Ich nickte etwas unbeholfen und fragte mich selbst, ob sie mir nun endlich verrate würde, was es mit der Vision auf sich hatte.
„Als wir in Volterra waren, hatte ich eine Version gehabt, in der ich sah, wie du...“
Sie stockte und sah zur Tür. Gespannt lauschte ich den Geräuschen vom Flur, die sich wie Schritte anhörten. Alice kicherte leise.
„Emmett“, murmelte sie leise. Ein großer, muskulöser Mann öffnete die Tür und kam herein. Seine Augen waren auf mich gerichtet und sein Gesichtsausdruck wirkte belustigt, als er mich kaum merkbar musterte. Seine kurzen, schwarzen Haare ließen ihm noch eindrucksvoller aussehen. Abgesehen von seiner Körpergröße. Er war so viel größer als ich, dass ich mich fast fühlte, als wäre ich ein kleines Mädchen.
Er begrüßte mich mit einem kräftigen Händedruck. Wenn mein Körper nicht massiv wie Stahl gewesen wäre, hätte man denken können, er zerquetsche meine Hand.
Bevor er mich losließ, drückte ich so fest zu, wie ich konnte. Doch dies nützte nichts und ließ ihn relativ unbeeindruckt.
„Ich bin Emmett.“ Ich versuchte so nett zu wirken wie ich konnte und lächelte freundlich.
Er ging lässig aus dem Raum und ließ die Tür offen stehen. Wenige Sekunden nach Emmett, verschwand auch Alice. Leise folgte ich ihr aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Wir gingen den Flur entlang, die Treppe runter, wo Emmett auf dem Sofa saß und mich amüsiert ansah.
Ich wusste nicht, warum er so grinste, aber ich tat es ihm gleich und lächelte breiter als zuvor.
Alice und ich gingen in dem Raum, neben dem Wohnzimmer, der wahrscheinlich als Esszimmer genutzte worden war. Dort nahmen wir auf den Stühlen platz, wo es sich auch schon Esme und Carlisle bequem gemacht hatten. Alice sprach zuerst und warf mir dabei immer wieder verstohlene und doch strahlende Blicke zu.
„Es wird so geschehen, wie ich es gesehen habe. Sie hat sich schon jetzt bereits entschieden, ich kann es immer deutlicher vor mir sehen“, meinte sie nun mit völliger Hingabe. Ich runzelte leicht die Stirn sah in ihre wunderschönen Augen und war fasziniert von ihrer Gabe. In die Zukunft schauen zu können und zu wissen, dass etwas in absehbarer Zeit passieren wird und dabei auch noch eine Gewissheit zum Detail zu haben, erstaunte mich.
Plötzlich hörte ich Geräusche von draußen und wandte mich zur Eingangstür. Alice versteifte sich und krallte sich am Tisch fest. Sie wusste wahrscheinlich, wer da zu ihnen kam, denn im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgemacht und ein kleines Mädchen mit schnellem Herzschlag und wunderschönen, bronzenen Haaren kam herein gestürmt. Als ich ihr süßes Blut roch, spannte sich mein Kiefer und meine Muskeln an. Doch als das Mädchen in mein Gesicht blickte und meinen zornigen und schmerzverzerrten Gesichtsausdruck sah, erschrak sie und rannte hinter einen Mann und versteckte sich hinter seinen Beinen.
Schnell drehte ich mein Gesicht weg und ballte die Hände unter dem Tisch zusammen. Ich wollte nicht mehr so leben wie bei den Volturi und das musste ich jetzt ändern. Trotz der starken Schmerzen und dem brennenden Verlangen in meiner Kehle, welches sich wie ein Strohfeuer in meinem ganzen Körper ausbreitete.
„Nein“, flüsterte ich leise und sah zurück zu den Neuen, die immer noch unschlüssig im Raum standen. Dieses mal war das Mädchen auf den Armen einer Frau, die mich leicht anlächelte. Mein Blick huschte zu dem großen Kerl, der, im Gegensatz zu Emmett eher schlank und wenig muskulös aussah. Ich zog eine Augenbraue hoch als er mich erst gleichgültig, dann verwundert und dann wieder zornig ansah. Eine sanfte Stimme meldete sich zu Wort und ließ mich zusammenfahren.
„Edward“, sagte Carlisle und der Vaterinstinkt in ihm spiegelte sich deutlich in seiner Stimme wieder.
`Edward´ sah kurz zu Carlisle dann wieder zu mir. Sein Blick schien beruhigter und ich verstand nichts von dem, was sie hier abspielte. Deshalb sah ich unschlüssig zu Alice, die Edward triumphierend ansah.
„Du kannst nichts daran ändern, wir haben uns entschieden, sie hat sich entschieden...“, sprach sie ernst und Emmett klopfte mir sofort etwas zu stark auf den Rücken.
„Willkommen in der Familie, Kleines“, meinte er schlicht und grinste breit.
Zaghaft lächelte ich in die Runde und stellte fest, dass ein mir unbekannter Vampir hinzugekommen war. Er hatte eine schlanke Figur, honigfarbene Haare und diese unbeschreiblich schönen Augen, wie der Rest der Cullens. Seiner Miene nach zu urteilen, bedrückte ihn irgendwas. Er sah mich mitleidig an und schloss alle paar Minuten für längere Zeit die Augen, als wolle er einen bestimmten Schmerz verdrängen.
„Ich glaube es ist Zeit für die Jagd“, sagte er.
Jagd? Was sollte man denn hier Jagen? Ich hatte keine Ahnung, was die Cullens taten, um an Blut zukommen, doch ich war bereit alles zu tun, damit ich überhaupt welches bekam.
Carlisle stand auf und sah zuerst mir und dann dem Fremden ins Gesicht, der unmissverständlich nickte.
„Du hast recht Jasper“, bestätigte Carlisle ruhig, während er um den Tisch und auf mich zu ging. Er bat mich höflich ihm zu folgen, wie auch Alice und Jasper. Langsam stand ich auf und ging ihnen nach. Ich trat aus dem Esszimmer und schlenderte auf die Haustür zu. Mein Durst wurde von Minute zu Minute unerträglicher. Gemeinsam gingen wir ums Haus in den Wald, der in den schönsten Grüntönen leuchtete. Skeptisch sah ich mich im Wald um und vertraute auf meine Fähigkeiten. Meine Augen sahen nur ein paar Bäume und Gräser, aber mein Gehör verriet die Anwesenheit von Tieren, die sich im Dickicht in Sicherheit wogen.
Je tiefer wir in den Wald hinein gingen, desto mehr Leben war zu hören. Als wir auf einer kleinen Lichtung stoppten, drehte sich Carlisle um und sprach mit seiner sanften Stimme zu mir: "Du hast sicher schon einen Unterschied zwischen unseren und deinen Augen feststellen können."
Ich nickte vorsichtig und sah in seine topasfarbigen Augen.
"Nun", erzählte er weiter und sah zu den Tieren, die einen Kilometer weiter von uns entfernt waren. "Wir ernähren uns anders als die anderen Clane. Da wir Menschenleben sehr zu schätzen wissen, trinken wir das Blut der Tiere, die uns dadurch bei Kräften halten."
Ich wusste nicht, dass es welche gab, die sich von Tierblut ernährten. Umso mehr war ich verwundert und erstaunt, dass sowas möglich war.
Ungläubig sah ich zu Alice die mir aufmunternd zu lächelte. Jasper hingegen sah eher besorgt aus und musterte mich kritisch. Glaubte er etwa, dass ich damit nicht umgehen konnte?
„Also fangen wir sie jetzt oder wie?“, fragte ich leicht beleidigt.
Carlisle lachte und deutete auf eine Rotwildherde, die am anderen Ende der Lichtung friedlich grasten. Entschlossen ging ich erst ein paar Meter im normalen Tempo, bevor ich zu sprinten anfing. Ich lief direkt auf den Hirsch zu. Wie würde es denn aussehen, wenn ich nur einer Hirschkuh hinterher gejagt wäre? Es musste der Hirsch sein, der mit seinem prachtvollen Geweih umher stolzierte. Ich kam meinem Ziel näher und näher. Die kleinen Stöcke, die auf dem Boden lagen, brachen unter meinen Füßen und knackten leise. Mittlerweile witterten die Tiere mich und auch mein auserkorenes Opfer, lief um sein Leben. Ich rannte ihm so schnell ich konnte nach. Als ich ihn erreichte, erfasste ich seinen Hals und brach ihm mit Leichtigkeit sein Genick.
Mit einem dumpfen Geräusch fiel sein lebloser Körper zu Boden. Ich beugte mich über ihn und schlug meine Reißzähne in seine Halsschlagader. Das warme Blut floss geradezu meine Kehle hinunter. Ich genoss jeden Schluck, obwohl es nicht schmeckte, wie das eines Menschen. Gierig saugte ich an der Wunde des Tieres und stillte meinen zuvor brennenden Durst.
Zufrieden stand ich auf und leckte mir über meine blutverschmierten Lippen, bevor ich mich wieder zu Carlisle, Alice und Jasper gesellte. Sie standen fast neben mir und warteten bis ich fertig war, sodass wir zurück zum Haus gehen konnten. Wir gingen etwas schneller als zuvor und unterhielten uns über die Gaben, die sie besaßen. Aufmerksam und interessiert hörte ich ihnen zu.
„Alice kann, wie du sicherlich schon weißt, in die Zukunft sehen. Jasper kann die Gefühle Anderer steuern und selbst miterleben. Edward kann die Gedanken von uns allen lesen, nur die von seiner Frau Bella nicht“, sagte Carlisle, ehe Alice ihn unterbrach.
„Wir sind gleich zu Hause. Ich glaube ich sollte dir gleich mal dein neues Zimmer zeigen.“
Dankbar lächelte ich und folgte Alice ins Haus. Carlisle schloss die Tür hinter sich und verschwand mit Jasper im Esszimmer. Gemeinsam liefen wir die Treppen hinauf. Äußerlich ließ ich mir meine Freude nicht anmerken, doch innerlich machte ich Luftsprünge. Ich freute mich unheimlich, dass die Cullens mich so herzlich bei sich aufgenommen hatten.
Wir hielten vor einer weißen Tür, die sich am Ende des Flures befand.
„Ich weiß, dass es dir gefallen wird“, trällerte sie.
Sie schob die Tür auf und betrat den hellen Raum.
„Et voilá. Das ist nun dein Reich. Ich habe mir die Freiheit genommen und es ein wenig dekoriert.“
Wie angewurzelt blieb ich stehen und staunte über mein Zimmer. Die Wände wurden in einem satten Blauton gehalten, welches meine Lieblingsfarbe repräsentierte. Sofort musste ich schmunzeln. Hatte Carlisle das mit den Zukunftsvisionen gemeint? Weiter schaute ich mich mit offenem Mund um. In der Mitte des Raumes war ein weich aussehender und dazu passender weißer Teppich ausgelegt, der ein bisschen den Marmorboden unter ihm verdeckte. An einer der blauen Wände, stand ein großes Doppelbett.
Ich setzte mich vorsichtig auf das weiche Bett und fühlte die Seidige Bettwäsche unter meinen Händen.

Impressum

Texte: Charaktere sind außer Josephine und Rebecca, ausschließlich von Stephenie Meyer. Die Handlungen beginnen nach dem vierten Buch von Bis(s) zum Ende der Nacht. Das Cover wurde von Amiira angefertigt.
Tag der Veröffentlichung: 03.02.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich wie immer meiner besten Freundin Nadine xD Sie hat mir sehr geholfen und mich tatkräftig unterstüzt^^ Du bist eine ganz besondere Person. Ich hab dich lieb :*

Nächste Seite
Seite 1 /