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Prolog




Unsanft erwachte ich aus einem traumlosen Schlaf. Der Regen prasselte lautstark gegen das Fenster und der Wind wehte bunte Blätter umher. Es sah fast so aus, als würden sie tanzen. Noch etwas benommen kroch ich aus meinem Himmelbett und taumelte zu dem übergroßen Kleiderschrank.
Ich riss eine der Türen auf und schnappte mir eine schwarze Röhrenjeans, die ich mir über meine Beine zog.
Schnell streifte ich mir meinen Lieblingspulli über, der im Winter schön warm hielt und dazu noch meiner Figur schmeichelte.
Die Suche nach den passenden Schuhen fiel mir nicht schwer.
Meine grauen Stiefel standen in der Ecke und warteten darauf, dass ich sie anzog. Geschickt schlüpfte ich hinein und zog den Reißverschluss hoch.
Nun war es an der Zeit meine Koffer zu packen, denn mein Vater hatte beschlossen mich auf ein Internat zu schicken. Er meinten, es wäre das beste Internat in ganz England. Er wollten immer nur das Beste für mich, doch nie fragte er mich nach meiner Meinung. Mürrisch holte ich meinen Koffer unterm Bett hervor und stopfte achtlos Klamotten hinein.
Nach wenigen Minuten war der Koffer prall gefüllt und ließ sich nur noch schwer verschließen. Ein leises Seufzen entwich meiner Kehle.
Langsam stand ich auf und ging zum Spiegel, der über einer kleinen Kommode hing. Er hatte einen goldenen Rahmen, der mit fantasievollen Schnörkeln versehen war. Ich stellte mich vor ihn und bürstete meine schwarzen Haare, die mir bis ans Kinn reichten. Die Wut über die Ignoranz meines Vaters stieg in mir auf. Mit voller Wucht warf ich die gläserne Bürste gegen die Wand. Das Glas zersprang und verteilte viele Splitter auf dem Boden. Fast im selben Augenblick klopfte es an die Tür.
„Celine bist du fertig?“, fragte mein Vater etwas hektisch.
Ich ignorierte ihn und sah erneut in den Spiegel, wo mich smaragdgrüne Augen begutachteten.
„Celine?“
Schon wieder klopfte es an die Tür. Ich wusste, dass es wieder mein intoleranter Vater war, der meine Nerven strapazierte.
„Ja man. Ich komme gleich runter“, knurrte ich.
Stampfend machte er sich davon und murmelte vor sich hin.
Wäre die Bürste nicht schon kaputt gewesen, hätte ich die Tür aufgerissen und sie ihm an den Hinterkopf geschmissen.
Ich gab nach und schnappte mir meinen Koffer. Schwungvoll riss ich die Tür auf und trat hinaus. Mein Vater stand mit verschränkten Armen an der Treppe und wartete auf mich. Schnell ging ich an ihm vorbei und drückte ihm meinen Koffer in die Hand. Auch ich strapazierte zu gerne seine Nerven. Mir war bewusst, dass er irgendwann die Geduld verlieren würde, doch es machte mir zu viel Spaß, um es sein zu lassen.
Ich kehrte ihm den Rücken und grinste schadenfroh.
Am Ende der Treppe blieb ich stehen, drehte mich jedoch nicht um.
„Du kannst ja schon meinen Koffer zum Auto bringen. Ich werde ein bisschen spazieren gehen.“
„Aber wir müssen los“, sagte er leicht aufgebracht.
Schnell ging ich zur Haustür und rief ihm zu: „Es wird nicht lange dauern!“
Ich ließ ihn nichts Weiteres sagen und schmiss die Tür hinter mir zu. Mit schnellen Schritten entfernte ich mich von unserem Haus, sodass er mich nicht zurück rufen konnte.
Nach der ersten Ecke wurde ich etwas langsamer und betrachtete zum letzten Mal meine gewohnte Umgebung. Jedes Haus stand akkurat neben dem Nächsten. Sie sahen sich alle zum Verwechseln ähnlich. Wenn an ihnen keine Nummern angebracht gewesen wären, wäre ich sicherlich bei den Nachbarn eingebrochen. Die Vorstellung daran ließ mich schmunzeln. Die Vorgärten waren gepflegt und es sah so aus, als ob alle Grashalme gleich lang wären. Teure Autos parkten in den Einfahrten und ließen alles noch perfekter aussehen. Das Leben in einer Vorstadt war für mich ein Traum und ich liebte es hier zu wohnen. Hier lebten die nettesten Leute, die ich je kennen gelernt hatte. Gelangweilt schlenderte ich durch die Straßen und suchte nach einer Idee, die mich ablenken würde.
Ich beschloss zu meiner Freundin Nadine zu gehen. Sie wusste immer ganz genau, wie ich mich fühlte und konnte mich super auf andere Gedanken bringen. Sie wohnte zwar ein paar Straßen weiter, doch das war es mir wert. Sie war immer an meiner Seite und unterstützte mich, umso mehr schmerzte es, dass sich unsere Wege nun trennten. Vor ihrem Haus angekommen, kämpfte ich mit den Tränen.
„Hör auf zu heulen“, sagte ich zu mir selbst.
Doch ich konnte meine Trauer nicht unterdrücken. Die warmen Tränen liefen mir übers Gesicht. Ich wollte nicht, dass Nadine sieht wie ich weine, denn auch sie war nah am Wasser gebaut. Der Regen setzte ein und hinterließ winzige Punkte auf dem Asphalt. Die Tropfen streiften mein Gesicht und ließen mich seufzen. Es war eine gute Möglichkeit, Nadine vorzutäuschen, dass es keine Tränen waren die mein Gesicht nass werden ließen, sondern der Regen. Zaghaft klingelte ich und wartete darauf, dass sie mir öffnete. Nadine öffnete die Tür und sah mich freundlich an. Wir umarmten uns und sie bat mich herein. Leise schloss ich die Tür und folgte ihr. Unsere Schritte waren auf dem dunklen Teppich kaum zu hören. Sie führte mich in ein gemütliches Wohnzimmer, wo in der Mitte des Raumes ein großes, braunes Sofa zum Verbleiben einlud.
Ein kleiner Kamin füllte den Raum mit wohltuender Wärme.
In der Ecke stand ein riesiger Esstisch, der mit weißen Kerzen dekoriert war. Alles passte perfekt zueinander. Nadine und ich setzten uns auf das weiche Sofa und redeten belanglos. Die Minuten verstrichen und ich war geistesabwesend, während Nadine redete wie ein Wasserfall.
Sie konnte Stundenlang reden, ohne den Faden zu verlieren. Meist war es so, als ob sie sich nur für sich interessierte, doch wer sie gut kannte, wusste, dass sie nicht egoistisch war.
„Celine? Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte sie leicht zickig.
Wenn Nadine etwas nicht ausstehen konnte, dann war es dass, das man sie ignorierte.
„Tut mir leid“, beteuerte ich.
„Schon gut. Ich wollte nur wissen wann du losfahren musst“, schluchzte sie. Ich antwortete nicht, denn dann hätte ich erneut mit den Tränen zu kämpfen gehabt. Meine Muskeln spannten sich an, als ich an das Internat dachte.
„Wieso will dich dein Vater überhaupt auf das Internat schicken?“, fragte sie neugierig.
„Er sagt, dass ich da einen sehr guten Abschluss bekommen kann, doch meine Meinung dazu, ist eine ganz andere.“
Mehr sagte ich nicht und sank tiefer ins Sofa. Langsam schloss ich meine Augen und träumte vor mich hin. Ich träumte davon, wie schön es wäre, wenn ich nicht auf dieses dumme Internat hätte gehen müssen.
Meine Gedanken kreisten wieder um meinen Vater, denn ich hatte gesagt, dass es nicht lange dauern würde. Ich öffnete meine Augen und seufzte leise.
„Kannst du mir sagen wie spät es ist?“, fragte ich fast bettelnd.
Ein kurzer Blick auf ihre Armbanduhr würde mich gleich meinen Tot offenbaren. „Es ist kurz vor drei“, sagte sie ruhig.
Entsetzt riss ich meine Augen noch weiter auf und sprang vom Sofa.
„Oh nein! Es tut mir leid, aber ich muss weg“, schrie ich fast.
Sie stand auf und nahm mich in ihre zierlichen Arme.
„Pass gut auf dich auf und vergiss mich nicht“, sagte sie und lächelte zaghaft.
„Wie könnte ich dich jemals vergessen“, flüsterte ich ihr ins Ohr.
Ich löste mich aus ihrer Umarmung und lief zur Haustür. Lauter als gedacht fiel sie ins Schloss, doch darum machte ich mir weniger Sorgen, als um die Wut meines Vaters.
„Der reißt mir den Kopf ab“, sagte ich hysterisch zu mir selbst.
Langsam schüttelte ich meinen Kopf und vertrieb den von mir gefürchteten Gedanken. Es war keine Zeit für Hysterie.
Schnell lief ich weiter und stolperte fast über meine eigenen Füße.
Der Regen setzte zu und durchnässte meine Kleidung.
An der Ecke vor unserem Haus stoppte ich und straffte meine Schultern.
Jetzt war es Zeit für einen coolen Auftritt, soweit es mit nassen Haaren und verweinten Augen eben ging.
Mit großen Schritten stolzierte ich um die Ecke und lehnte mich lässig an das Auto meines Vaters.
Er sah mich nur mit großen Augen an und musterte mich von oben bis unten. Wo war der von mir gefürchtete Wutanfall? Wo war sein vorwurfsvoller Gesichtsausdruck?
„Wo warst du solange?“, fragte er ruhig.
„Ich war spazieren, wie ich es gesagt habe.“
„Okay. Können wir jetzt endlich los?“
„Ja, wenn es sein muss“, entgegnete ich ihm mit einem Hauch von Feindseligkeit. Fast gleichzeitig rissen wir die Autotüren auf und setzten uns hinein. Ich nahm hinten Platz, denn so war ich nicht die ganze Zeit seinen Blicken ausgeliefert. Ich presste meine Knie gegen den Fahrersitz und versuchte mich zu entspannen.
„Kannst es ja kaum erwarten, mich loszuwerden“, murmelte ich absichtlich leise.
Er ignorierte meinen Kommentar und löste die Handbremse.


1. Kapitel Albtraum




Mit quietschenden Reifen fuhr er aus der Einfahrt und die Straße hinunter.
Mein Vater schien das Gaspedal durchgetreten zu haben, denn ich rutschte immer tiefer in den Sitz. Genervt seufzte ich auf und schaute aus dem Fenster. Der Asphalt flog geradezu unter den Reifen des Autos davon.
Die Häuser rauschten an uns vorbei, ebenso wie die Bäume, die am Straßenrand zu einem grünen Fleck verschmolzen.
Nach circa zwanzig Minuten wurde es mir zu langweilig aus dem Fenster zu sehen, also zog ich meinen MP4-Player aus der Hosentasche und schaltete ihn auf volle Lautstärke. Mein Vater bewegte seine Lippen, doch das interessierte mich nicht.
Gekonnt ignorierte ich ihn und konzentrierte mich Voll und Ganz auf den Text des Liedes. Schnell griff er in meine Richtung, ohne von der Straße zu sehen und zog mir die Kopfhörer aus den Ohren. „Hey!“
Er reagierte nicht auf meinen Protest und brachte den Wagen ruckartig zum Stoppen. „Wir sind da.“
In diesem Augenblick war es fast so, als würde mir jemand die Luft abschneiden. Hörbar schluckte ich und versuchte mich zu entspannen.
„So schlimm kann es doch nicht werden“, redete ich mir fälschlicherweise ein. Mein Vater stieg aus und holte meinen Koffer, den er auf dem ordentlich gepflasterten Bürgersteig abstellte.
Ich nahm allen Mut zusammen, den ich in diesem Moment besaß und stieg aus. Vorsichtig trat ich meinem Vater gegenüber. Mein Blick war auf ihn geheftet, doch aus den Augenwinkeln konnte ich den Umriss eines großen Gebäudes erkennen. Mein Vater bückte sich etwas und nahm mich in die Arme. Zaghaft erwiderte ich seine Umarmung. Sein Atem war ruhig und gleichmäßig. Meiner dagegen fiel schnell und flach aus. Er löste die Umarmung und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter.
„Benimm dich und schreibe gute Noten.“
„Natürlich werde ich mich benehmen“, sagte ich leicht schnippisch, doch für gute Noten konnte ich nicht garantieren.
Schnell ging er ums Auto und stieg ein. Er verschloss die Türen von Innen, als ob er dachte, ich würde vor Angst wieder ins Auto springen.
Meine Augen verfolgten seine Schritte und vernahmen seine erneute Hektik. Mit einem letzten Hupen fuhr er davon und verschwand hinter der nächsten Ecke. Ich straffte meine Schultern und drehte mich langsam um.
Ich traute meinen Augen kaum, als ich das Gebäude in seiner vollen Größe wahrnahm. Ich griff nach meinem Koffer und machte mich langsam auf den Weg zum Büro der Schulleitung, wo ich mich ankündigen sollte.
Meinem forschen Blick, entging normalerweise kein Makel, doch ich konnte keinen einzigen entdecken. Die Fassade des Internats bestand aus Honigfarbenden Backsteinen und sie wies keine Risse vor. Der Rasen, der um das Gebäude wuchs, sah gleichmäßig und ordentlich aus. Ein paar Schüler jagten sich gegenseitig über den Rasen und wurden gleich von einer finster aussehenden Frau zurechtgewiesen. Schneller, als zuvor verschwanden die Jungs vom Rasen und lachten laut los. Die am Rande stehende Frau zog beide Augenbrauen hoch und legte die Stirn in Falten, die schon von der Ferne aus zusehen waren. So wie es aussah, war sie eine Lehrerin, die man lieber meiden sollte.
Sie hatte dunkelbraune Haare und einen deutlich zu erkennenden grauen Haaransatz. Sie trug ein graues Kostüm und dazu eher unpassende braune Stiefel. Wenn sie nicht so gruselig ausgesehen hätte, hätte ich sie nach dem Weg zum Schulleitungsbüro gefragt, doch sie war mir mehr als unheimlich. Als sie in meine Richtung sah, wandte ich schnell meinen Blick von ihr und ging auf eine riesige Tür zu, die den Eingang darstellte.
Mit all meiner Kraft schob ich die schwere Holztür auf und trat hinein. Neugierig sah ich mich um und machte ein paar Schritte in die Mitte des Raumes. Eine lange Treppe führte in ein weiteres Stockwerk.
Sie stand an einer weißes Wand, an der sich ein Schüler lässig lehnte. Er hatte bronzefarbene Haare, die in der Sonne, die durch die großen Deckenfenster schien, Gold glänzten. Seine Augen waren Schokoladenbraun. Eigentlich waren braune Augen häufig, doch seine hatten einen leichten, aber deutlich zu erkennenden roten Rand um die Pupille. Sie waren einzigartig. Mein Herz schlug schneller in meiner Brust und mein Atem war unregelmäßig. Tief holte ich Luft und suchte nach einer freundlich aussehenden Person, die ich nach dem Weg fragen konnte.
Ich hätte ihn noch länger mit meinen Blicken vernascht, doch mir war bewusst, dass ich von der Schulleitung erwartet wurde.
Wen sollte ich fragen? Dieser unwahrscheinlich süße Typ fiel aus meiner engeren Wahl, denn höchstwahrscheinlich würde ich rot anlaufen und sinnloses Zeug plappern. Hilfesuchend sah ich mich um und entdeckte sofort ein nett aussehendes Mädchen. Sie saß mit einem weiterem Mädchen auf einer der Marmorbänke, die nicht gerade bequem wirkte.
Als ich wenige Schritt auf sie zuging, drehte sie sich um und lächelte mich an. Ich erwiderte es zaghaft und fragte sie nach dem Weg zur Schulleitung.
Sie stand auf und warf ihre haselnussbraunen Haare über ihre Schulter.
„Ich bring dich hin“, sagte sie und lächelte einnehmend.
Sie ging etwas schneller wie ich, denn ich hatte ja noch meinen Koffer zutragen. „Ich bin Celine Parker und du?“
„Ich bin Holly Sullivan“, antwortete sie knapp.
Schweigend folgte ich ihr und musterte ihre Klamotten. Sie trug einen Faltenrock mit roten und grauen Karomustern, der ihr bis zu den Knien reichte. Ein grauer Pullover passte perfekt zu dem sonst so scheußlichen Outfit. Das Schlimmste waren die grellweißen Kniestümpfe.
„Wenn das die Schuluniform ist, breche ich zusammen“, murmelte ich absichtlich leise. Sie schien es nicht bemerkt zu haben und ging zielstrebig auf eine Glastür zu. Abrupt blieb sie stehen und klopfte vorsichtig an die Tür. Ein freundliches „Herein“ ertönte und Holly trat in den kahlen Raum.
„Miss Roberts“, begann Holly langsam.
„Hier möchte jemand zu ihnen.“
Möchte? Wenn ich etwas gewollt hätte, dann wäre ich sicherlich nicht hier gelandet. Vorsichtig machte ich einen kleinen Schritt hinein und stellte mich neben Holly.
An den Wänden standen viele Regale mit Papieren und Ordnern darin. Ein großer, schwarzer Schreibtisch war in der Mitte des Raumes platziert, an dem eine blonde Frau saß. Sie stand auf, als ihre blauen Augen mich wahrnahmen. Sie wirkte freundlich und zur Bestätigung meiner Vermutung streckte sie eine Hand aus, die ich zaghaft entgegen nahm.
„Meine Name ist Miss Roberts und du musst Celine Parker sein.“
„Ja Ma´am“, bestätigte ich.
Sie ließ die Hand neben ihren Körper sinken und ging auf einen Schrank hinter ihrem Schreibtisch zu, woraus sie ein paar Klamotten zog.
Sofort schoss mir ein Wort in den Kopf. NEIN. Hörbar schluckte ich und nahm die Kleidung gespielt gleichgültig an.
„Das ist die Schuluniform. Du musst sie jeden Tag tragen und daran ändern darfst du leider nichts“, sagte sie mit etwas Mitgefühl in ihrer Stimme.
So etwas, konnte man doch unmöglich tragen. Sie schien die Uniform auch nicht besonders toll zu finden, aber warum änderte sie nicht einfach die Regeln? Ich kümmerte mich nicht weiter darum und achtete genau darauf, was sie tat. Sie drehte sich wieder um und öffnete eine Schublade von ihrem Schreibtisch. Ein dickes Buch kam zum Vorschein, dass sie mir auf den Stapel mit der Kleidung legte, den ich in meinen Armen hielt.
Ich taumelte einen Schritt zurück und wieder vor.
„Die Schulordnung ist sehr wichtig. Du musst sie lernen und einhalten. Okay?“ Ich nickte und Holly grinste mich schadenfroh an.
Miss Roberts fing an über die Schule zu reden. Es war mein Stichwort um weg zuhören. Mich interessierte dieses Internat nicht und das drückte ich mit einem leisen Seufzen aus. Ein endloser Redeschwall bahnte sich an, doch bevor sie richtig in Fahrt kam, unterbrach Holly sie mit einem Räuspern.
„Ähm Miss Roberts, ich denke, ich sollte Celine zu ihrem Zimmer begleiten“, sagte sie bestimmt.
„Das trifft sich gut, denn sie wird in dein Zimmer kommen.“
Meine Lippen verzogen sich zu einem zurückhaltenden Lächeln. Ich war froh, dass ich mit Holly in ein Zimmer kam, denn sie war die Erste, die ich kennen lernte, somit hatte ich gleich Anschluss. Erleichtert atmete ich tief ein und grinste etwas breiter.
„Okay, dann zeig ich ihr alles“, sagte Holly schnell und verschwand aus der Tür. Ich verabschiedete mich von Miss Roberts und lief hinter Holly her, die an der nächsten Ecke auf mich wartete. Zusammen gingen wir wieder in die große Halle und unterhielten uns belanglos.
„Die Zimmer der Mädchen sind im 1. Stock auf der rechten Seite, die der Jungs auf der linken Seite“, sagte sie und ging auf die Treppe zu, die nach oben führte. Elegant nahm sie jede Stufe der Treppe und redete weiter. Gespannt lauschte ich ihren Worten.
„Jetzt mal zum Unterricht“, begann sie.
„Französisch ist Pflicht, doch du kannst zwischen Latein und Spanisch wählen. Ich persönlich bevorzuge Spanisch, aber es ist ja deine Entscheidung“, sagte sie freundlich mit einem Lächeln auf den Lippen.
Wir schlenderten durch die vielen verwinkelten Gänge und ich betrachtete ausgiebig die Einrichtung. Das Obergeschoss war mit vielen Blumen bestückt, die himmlisch dufteten. Sie leuchteten in den verschiedensten Farben und bildeten einen tollen Kontrast zu den weißen Wänden.
„Achja, bevor ich es vergesse“, begann Holly vorsichtig und riss mich damit aus meinen Gedanken. Wir hielten vor einer Tür, die sich in der Mitte des Ganges befand. Ich zog eine Augenbraue hoch und sah sie fragend an.
„Ich bin etwas unordentlich“, sagte sie und schmiss die Tür auf.
Sie sagte nichts mehr und schwieg, denn sie schien auf meine Reaktion zu warten, doch ich brachte in dem Moment nichts raus. Fassungslos sah ich mich in dem Raum um, der mehr als nur unordentlich war. Überall lagen Klamotten rum, sodass man kaum noch den Boden sehen konnte. Auf einem der Betten waren verschiedene Bücher verstreut.
Entsetzt über das Chaos, blieb ich ein paar Minuten mitten im Zimmer stehen und starrte Holly an. Diese kaute ungeduldig auf ihrer Unterlippe und wartete geduldig auf meine Antwort.
„Oh mein Gott“, sagte ich leise, denn zu mehr war ich nicht imstande.
„Es ist halb so schlimm, wie es aussieht“, sagte sie beschwichtigend, doch das half wenig.
„Wir müssen nur die Bücher ins Regal stellen und die Kleidung in meinen Schrank stopfen.“
„Wir?“ „Wir machen nichts. Das machst du schön allein!“
Ich funkelte sie an und schon setzte sie sich in Bewegung und fing an aufzuräumen. Etwas genervt schmiss ich meinen Koffer und die Uniformen auf mein Bett. Ein leises Seufzen war zu hören und ich beschloss Holly etwas zu helfen. Ich begab mich zu ihrem Bett und sammelte die vielen Bücher ein, die ich gleich danach in ein Regal über dem Schreibtisch stellte. Ich sortierte sie nach der Größe und lächelte zufrieden, als ich fertig war. Die Kleidung, die auf dem Boden lag wurde von Holly zusammengelegt und im Schrank verstaut. Mit einem Knall schlug sie die Schranktür zu und seufzte nun lauter als zuvor.
„Lass uns aufhören“, sagte ich kichernd und ließ mich auf mein Bett fallen. Sie warf sich neben mich und starrte an die Decke.
Die Minuten vergingen und wir schwiegen. Gelangweilt spielte ich mit meinen Haaren und zwirbelte sie mir um den Finger. Plötzlich kam mir dieser außergewöhnliche Junge aus der Eingangshalle wieder in den Sinn. Seine Augen faszinierten mich und sein Gesicht war auch nicht zu verachten. Seine Haare sahen aus wie reines Gold und waren wirr gestylt. Sie standen in alle Richtungen ab, doch dass machte ihn noch unwiderstehlicher. Leise lachte ich und drehte mich ruckartig zu Holly um, die etwas erschrocken schien. Ihre graugrünen Augen musterten mich und ich fing langsam an zu reden.
„Wie heißt eigentlich dieser sexy Typ in der Eingangshalle?“
„Welchen meinst du denn?“, fragte sie etwas verwirrt.
Wie konnte sie nicht wissen, wen ich meinte? Gab es mehrere, die so super aussahen wie er? Ich rollte die Augen und seufzte theatralisch.
„Ich meine den mit den bronzefarbenen Haaren und den braunroten Augen.“ Schon wenn ich an ihn dachte, fing mein Herz an zu rasen.
„Ach, das war Julien“, sagte sie gleichgültig. Julien. Der Name passte wirklich gut zu ihm. In Gedanken schwärmte ich weiter von ihm, doch ich wurde von einer monotonen Stimme unterbrochen, die uns sagte, wir sollen schlafen gehen.
„Oh nein! Es gibt hier sogar feste Schlafzeiten!“
Holly stand auf und schlenderte zu ihrem Kleiderschrank, wo sie eine schwarze Shorts heraus nahm und sie sich über ihre Beine zog.
Ich achtete nicht weiter auf sie und öffnete meinen Koffer, wo ich mein kurzes, schwarzes Nachthemd rauszog. Ich stülpte es mir über und ging zu meinem Bett zurück. Erschöpft legte ich mich hinein und zog mir die Bettdecke ins Gesicht. Ich grinste, als ich sah, wie Holly sich in ihr Bett warf und sich unter der Decke vergrub. Ich sah aus dem Fenster, dass von meinem Bett aus ziemlich hoch wirkte. Der Mond war deutlich zu erkennen und flutete unser Zimmer mit einem behaglichen Licht. Meine Gedanken kreisten um meinen Vater, der mir das alles hier angetan hatte. Wie konnte er mich hierher schicken?
Meine Antwort viel mehr als dürftig aus und ich konzentrierte mich auf die wenigen guten Dinge. Holly war mir schon in dem Augenblick, als ich sie sah, sympathisch gewesen. Sie war so, wie Nadine es gewesen war. Und Julien war einfach unglaublich süß. Seine Augen waren einzigartig und durch das weiße Hemd, konnte man deutlich seine Muskeln sehen. Er hatte irgendetwas verführerisches an sich, doch war es nur sein Aussehen, was mich magisch anzog?
Ich kuschelte mich tiefer in das nicht ganz so weiche Kissen und schloss müde meine Augen. Kurz darauf, glitt in einen tiefen Schlaf.

Impressum

Texte: Die Geschichte, sowie die Charaktere sind von mir und frei erfunden.
Tag der Veröffentlichung: 17.10.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich meiner liebsten Freundin Nadine (Amiira) xD Sie hat mir wie immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden =) Sie ist mein persönliches Vorbild. Ich hab dich lieb <3

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