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Bitte nicht wieder anfangen zu regnen! Bitte nicht wieder anfangen zu denken!

Es war genug, und außerdem war es nass! Was für ein Schwachsinn, bei diesem Sauwetter mit dem Fahrrad loszufahren, ihre Freundin würde bestimmt nicht mehr kommen. Und jetzt saß sie auf einer Bank im Park, sah aus wie eine nasse Katze und fühlte sich wie eine tote Katze, Quatsch, wie sentimental und theatralisch! Nein, sie war lebendig, noch sehr lebendig. Im Gegensatz zu anderen Leuten, die vielleicht... Nein, nicht dran denken!

Kurzfristig schaute die Abendsonne durch die dicken grauen Wolken, und dann fing es wieder an zu regnen, diesmal wolkenbruchartig. Langsam schlenderte sie in Richtung Biergarten, wo es große Schirme über verlassenen Tischen gab. Sie setzte sich auf einen halbtrockenen Stuhl, hinter ihr bemerkte sie flüchtig das pulsierende Kneipenleben, hinter der Glasscheibe saßen alle im Trockenen, sie speisten und waren zufrieden.

Warum nicht ich, dachte sie. Warum nicht ich? Ich bin dem Leben nicht so verhaftet wie sie. Sie hat ein Kind, und sie hat auch Enkel, die sie sehr liebt. Sie wird sie nicht aufwachsen sehen. Sie war immer so lebenshungrig, dass es mich manchmal angekotzt hat. Ich nannte es „lebensgierig“. Vielleicht war ich auch nur eifersüchtig auf ihren Lebenshunger, aber das ist jetzt egal. Sie kann doch nicht einfach sterben, Dafür ist sie zu stark. Oder nicht? Verdammt! Und diese ganze Scheiße, die man da mitmachen muss und die letztendlich doch vergebens ist, nein, du bist stark, du schaffst es, Du musst es schaffen, Schwesterchen!

Als sie nach Hause fuhr, regnete es immer noch, und irgendwie schmeckte der Regen salzig.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.11.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine Schwester

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