Cover

Es gibt ...

... gute Orte, und es gibt böse Orte. Zum Beispiel halte ich das Siepental im Essener Süden - es reicht fast bis an die Ruhr - für einen bösen Ort. Dieses Tal ist eigentlich nur eine langgezogene Senke mit etwas erhöhten Seiten. Aber diese haben es in sich.
Wie eine Freundin mir berichtete, versuchte sie nach einem ausgelassenen Biergartenabend die Senke seitlich zu verlassen, statt gemütlich auf dem Talboden herauszuspazieren. Sie krabbelte mit ihrem Freund stundenlang die Talränder hoch, purzelte immer wieder herunter und musste von vorn anfangen. Bis sie dann schließlich von Panik ergriffen den normalen Weg wählte. Tja, ist schon unheimlich ...
Doch auch ich selber erlebte dort merkwürdige Geisteszustände. Es war nach einer durchzechten Nacht, als Mann und ich mit einem Bekannten am späten Morgen ein Gartenlokal namens "Zum Grünen" im Siepental besuchten - und dort stundenlang sitzenblieben. Als Mann und ich uns endlich auf den Nachhauseweg machten, war es seltsamerweise schon bedrohlich dunkel draußen. Und überall sah ich das Böse, hinter jedem Busch schaute es hervor, es lauerte im Gras und grinste von den Bäumen herab. Ich war so aufgebracht darüber, dass ich sogar Leute beschimpfte, böse zu sein (wurde mir später berichtet) und dass ich mehrere Scheibenwischer von mehreren Autos abbrach. Wahrscheinlich war das Böse auch in mich selber gelangt. Könnte aber auch sein, dass mir einer was ins Bier getan hat.
Wie auch immer, irgendetwas stimmt mit diesem Tal nicht. Meine Theorie ist: In Wirklichkeit fand HIER die 'Schlacht im Teutoburger Wald' statt, in der die Varus-Legionen von einem gewissen Arminius, alias Hermann vernichtet wurden. Wahrscheinlich schlummert unterschwellig soviel Blut in diesem Tal, dass es manche Leute ganz meschugge macht.

Aber es gibt auch gute Orte. Zum Beispiel die XXXXXX-Terrassen im Grugapark. Warum die XXXXXX? Weil ich absolut keine Lust habe, diesen herrlichen friedlichen Ort mit zehntausend anderen Leuten zu teilen. Denn dann wäre er nicht mehr so herrlich und friedlich. Das ist egoistisch gedacht, gelle? Aber ich kann nicht anders.
Ich bin an diesem Ort zu Hause, es ist wie auf dem Lande, wo ich aufgewachsen bin, ich sitze mitten in duftendem Lavendel, ich schaue auf hohes Schilfgras, und dahinter fängt der Wald an. Er ist echt, weil ich ihn sehe und ihn fühle. Obwohl er natürlich eine perfekte illusion ist, ich befinde mich mitten in der Stadt, und hinter mir erhebt sich die gläserne Wand eines Messegebäudes inklusive Kantine. Aber das ist vollkommen egal.

Auch der Storch


scheint dieser Illusion zu erliegen. Er ist fast jeden Abend da, der Gute. Vielleicht wartet er auf seine Gefährtin, die ihn verlassen hat, oder die vielleicht umgekommen ist.

Und ich will nicht fort von hier, ich bin so eingehüllt in Frieden und in gute Gedanken, dass ich mich kaum trennen kann.
Manchmal sehe ich einen einsamen Jogger, der die Wege entlangschnauft, ohne auf die Natur zu achten. Er benutzt den Weg nur, weil es hier keine Autos gibt, er hat keinen Blick für die untergehende Sonne und für die bizarren Wolken. Er hat keinen Blick für die üppige Vegetation und die vielen Insekten und Vögel. Er läuft einfach nur daher, stumpf und blind für alles. Er spürt nichts...
Aber ich spüre viel hier. Und irgendwie habe ich schon Angst vor dem Herbst und dem Winter, wenn es zu kalt sein wird, um hier zu sitzen und in den Himmel über den Baumwipfeln zu schauen, sich am Blau und am Duft des wuchernden Lavendels zu berauschen und sich von den hohen, im Wind hin und herschwankenden Gräsern in Trance versetzen zu lassen.

 

 

Es folgen Bilder aus dem Park (sind von mir gemacht) ----------->

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.08.2009

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /