des Dramas Personen
Kasperl:
die fidele Hauptperson
Seppl:
ein klassischer Sidekick
Gretel:
die blonde Stimme der Vernunft
Großmutter:
zwischen Besorgnis und Resolutheit
Wachtmeister:
pedantisch, aber ein wenig überfordert
Räuber:
leidenschaftlich, aber nicht gründlich genug
Zoodirektor:
sehr verzweifelt
König:
ebenfalls sehr verzweifelt
Requisiteur:
moderner Deus Ex Machina
Direktor:
glaubt, er sei der Chef
und
natürlich
Krokodil
der stumme Star
PROLOG
Vorhang auf. Auf dem Marktplatz
Bühnenbild sollte kleinstädtischen Marktplatz zeigen, am besten mit Brunnen.
von links tritt auf das Krokodil, eine riesige Wurstkette im Maul, verfolgt vom Kasperl.
Krokodil flüchtet, nur unverständliches nuschelnd.
Kasperl
Haaaalt! Bleib stehen! Na warte! Dich werd´ ich schon noch kriegen, du unverschämter Würstelräuber, du! Gleich hab ich dich! Du wirst schon sehen.
Kasperl jagt das Krokodil über die Bühne hin und her, bis beide außer Atem sind.
Krokodil
Keucht
Kasperl
Oh! Pfffffft Ojeojeoje! Pfffft! Ich kann nicht mehr. Wenn ich auch nur noch einen Schritt weiterrennen soll, Pffffft!, dann fall ich um und bin scheintot! Pfffft! Und wenn ich Pfffft! das Krokodil so anschau´, dann ufff! geht es dem auch nicht viel besser!
Krokodil
Nickt eifrig mit schlenkernden Würstchen.
Kasperl
Was meinst du, du Rindswurst- Pffffft! -stibitzer, wollen wir für einen Moment rasten, bis wir wieder zu Atem kommen?
Krokodil
Nickt sehr eifrig mit wild schlenkernden Würstchen.
Kasperl
zum Publikum
Ah! Hallo Kinder! Seid ich schon da?--- JAAAA --- Hat es etwa schon angefangen? ---JAAAA --- Ohweh! Ich bin ja noch gar nicht vorbereitet! Ist es denn wirklich schon so spät? ---JAAAA---
Auweh- Zwick! Das ist aber dumm! Ich bin doch noch gar nicht bühnenfertig geschminkt! Und meine Kasperlmütze mit dem Glöckchen hab´ ich auch noch nicht auf! Und das Theaterstück kann auch nicht anfangen, weil ich ja noch immer das Krokodil jage.
Krokodil
Nickt eifrig mit schlenkernden Würstchen.
Kasperl
Und ich kriege es einfach nicht zufassen! Das Krokodil ist genau so schnell wie ich! So fange ich es niemals.
Krokodil
Nickt eifrig mit schlenkernden Würstchen.
Kasperl
Ich muß mir was einfallen lassen! Ich muß mir was einfallen lassen. Was Gutes!
Ja! Ich glaube, so geht's!
Ich glaub´, ich hab´ da eine tolle Idee! Aber ich brauche etwas Hilfe dazu.
ruft
Hallo! Herr Theaterdirektor! Hallo! Herr Direktor!
Oje! Der hört mich nicht! Kinder, könnt, ihr mir helfen, den Herrn Direktor zu rufen? Wollt ihr das tun? Ja?
-1- -2- -3- : HERR DIREKTOR!
Ich glaube ihr müsst lauter rufen! Probieren wir es noch einmal:
-1- -2- -3- H E R R D I R E K T O R
Direktor
Tritt von vorne an die Bühne heran
.
Was ist denn Kasperl? Was machst du denn da? Du sollst doch jetzt gar nicht auf der Bühne sein. So kann das Theaterstück doch nicht anfangen.
Kasperl
Das weiß ich doch. Aber ich muß erst dem Krokodil die Würste abjagen. Die brauchen wir doch im Theaterstück! Das sind doch die Requisiten für den dritten Akt.
Direktor
Aber...
Kasperl
Und ich krieg´ das dumme Krokodil nicht, weil es ebenso schnell rennen kann wie ich. Deshalb mußt Du mir helfen.
Krokodil
schüttelt eifrig mit schlenkernden Würstchen den Kopf.
Direktor
Aber...
Kasperl
Kein ABER! Du mußt mir helfen. Du hast doch bestimmt ein Stück Papier dabei.
Krokodil
schüttelt eifrig mit schlenkernden Würstchen den Kopf.
Direktor
Ja...! Aber...
Kasperl
Kein Aber! Hol´ jetzt endlich ein Blatt Papier heraus, du alter Papiertiger! Loslosloslos! Na mach schon!
Direktor
Nimmt einen großen Bogen Papier heraus.
Kasperl, das ist jetzt wirklich nicht......
Kasperl
Papperlapapp! Bitte falte das Papier jetzt der Lange nach zusammen. Der LÄNGE nach, Mensch!
Krokodil
schüttelt eifrig mit schlenkernden Würstchen den Kopf.
Direktor
Aber...
Kasperl
Gut so. Und nun noch einmal! Jaaaa. Und nochmal. Gut. Und nochmal!
Direktor
Tut es.
Kasperl
Gut gemacht, Herr Direktor! Danke schön. Uuuuund jetzt, HER DAMIT!
Nimmt dem Direktor die Papierpatsche ab und stürzt sich wie wild auf das Krokodil.
Da, du Schuft, du Würstelgangster, du elender! Nimm das und das und das und das....!
Wild auf das arme Krokodil einpatschend jagt Kasperl das Krokodil von der Bühne.
Kasperl und Krokodil ab!
Direktor
in die Bühne hineinschauend
Aber Kasperl: Was machst Du denn...
zum Publikum
Jetzt ist er weg! Hoffentlich übersteht das arme Krokodil das Gepatsche.
Aber wenigstens ist jetzt die Bühne frei für unser Puppenspiel:
ICH PRÄSENTIERE STOLZ UND IN WELTURAUFFÜHRUNG
das heißt, dass das Stück heute zum allerersten mal gespielt wird
DAS STÜCK DES HEUTIGEN TAGES:
KASPERL UND DIE ZAUBERPATSCHE
Ich wünsche allen Zuschauer, den Kleinen und den Großen, viel Vergnügen.
Vorhang
ERSTER AKT
1.SZENE
Vorhang auf: Auf dem Marktplatz
Krokodil
Erscheint mit großer Tafel Schokolade.
Zeigt die Schokolade dem Publikum und kichert
Verschwindet auf der anderen Seite der Bühne wieder.
Räuber Rupert
Schleicht in entgegengesetzter Richtung mit Schnappsack auf die Bühne.
Entdeckt das Publikum
Oh! Mist! Kinder!
zum Publikum
Seid ja still ihr kleinen Quieker, dass ihr mich nicht verratet! Pssst! Es darf nämlich keiner wissen, dass ich in der Stadt bin.
PssSSST! Zum Donnerwetter! Könnt ihr denn nicht leise sein? Die Räuberei ist ein heimliches Geschäft! Hier seht ihr das?
Zieht ein Buch aus dem Sack. Hier steht es drin. „Modernes Handbuch der Räuberei“! Das ist das beste Lehrbuch über das Räuberhandwerk, das man stehlen kann! Da kann man alles lesen, was ein Räuber so wissen muss. Drum habe ich es auch immer dabei. Und hier drin steht schon im allerersten Kapitel: „Beim Räubern ist unbedingt auf absolute Ruhe zu achten!“ Absolute RUHE!!!! Das ist eine ganz wichtige REGEL! Was in diesem Buch steht stimmt nämlich ganz genau! Das Buch wurde von ganz hervorragenden Räubern geschrieben, sogar zwei Finanzminister haben mitgewirkt. Als still jetzt, denn beim Rauben muß man leise sein! Und ich war gerade rauben! HohohohoHOHOHO! Lacht unräuberisch laut! Steckt das Buch wieder weg.
Wisst ihr, was ich hier in meinem Schnappsack hier drin habe? ---NEIN!!!--- Soll ich es Euch verraten? ---Jaaaa!!!---
Es ist der Nachttopf des Königs! HOHOHO! DER NACHTTOPF DES KÖNIGS! Mit einem sehr geschmackvollen Blümchendekor. HOHOHO!
Wisst ihr, was das heißt? Wisst ihr was DAS heißt? Wenn ich in Zukunft mal müssen muss, dann wird dieses Müssen ein ganz königlicher Spaß werden. Ein ganz königlicher Spaß Haha!
Aber nun muß ich sehen, dass ich weiterkomme, bevor mich irgendwer sieht! Denn sehen lassen darf sich ein Räuber auch nicht. Steht in Kapitel 2. Hahahaha, ein ganz und gar königlicher Spaß wird das werden!
Räuber ab
Krokodil
erscheint mit großer Tafel Schokolade zeigt die Schokolade dem Publikum und kichert.
Von hinten hört man schwere Schritte. Krokodil schrickt zusammen und geht ab.
2. SZENE
auftritt Wachtmeister, sich umblickend
Wachtmeister
Ich hab doch da jemanden lachen hören! Das klang aber sehr verdächtig nach dem Räuber Rupert. Ist aber keiner da....
blickt sich überall um
Nein
sehr gewichtig:
Amtlicherseits kann keinerlei Anwesenheit irgendeiner Verdachtsperson festgestellt werden.
zum Publikum:
Das heißt soviel wie: Keiner war da, als ich nachgeschaut hab´. Und das stimmt ja, es ist ja wirklich niemand da.
Von zwei Seiten stürmen plötzlich Gretel mit Großmutter einerseits und der Zoodirektor andererseits auf die Bühne.
Alle drei
Herr Wachtmeister! Herr Wachtmeister! Herr Wachtmeister!
Alle durcheinander
Gretel
Man hat uns was gestohlen!
Zoodirektor
Das Krokodil, das Krokodil!
Großmutter
Schokolade! Einfach so gestohlen! Einfach so!
Zoodirektor
Es ist weg! Weg!
Gretel
Eine ganze Tafel! Traubennuß!
Zoodirektor
Es muß ausgebrochen sein.
Gretel
Ganz frech gestohlen.
Großmutter
Also, dass ich das noch erleben muß!
Wachtmeister
Ruhe bitte alle zusammen! RuHE!
Ich kann ja so kein Wort verstehen: Etwas langsamer, wenn ich bitten darf.
Alle drei blicken sich an, zucken mit den Achseln und wiederholen langsamer, bewußt deutlich sprechend, aber noch immer durcheinander
Gretel
Man hat uns bestohlen!
Zoodirektor
Das Krokodil, das Krokodil!
Großmutter
Eine Tafel Schokolade. Einfach so gestohlen! Einfach so!
Zoodirektor
Es ist weg! Weg!
Gretel
Eine ganze Tafel! Traubennuß!
Zoodirektor
Es muß ausgebrochen sein.
Gretel
Ganz frech gestohlen.
Großmutter
Also, dass ich das noch erleben muß!
Wachtmeister
verwirrt:
Äähhhjaaa.Soso. Gutgut. Das war also der Sachverhalt in Kürze. Ich werde sie nun vernehmen. Und zwar einzeln:
Ich fange bei ihnen an, Frau Großmutter: Ihnen ist also etwas gestohlen worden?
Großmutter
Genau so ist es.
Wachtmeister
Ein Krokodil?
Großmutter
Nein! Mir ist...
Wachtmeister
unterbricht die Großmutter
Haben sie eigentlich eine behördliche Genehmigung, die ihnen die Haltung eines Krokodils erlaubt?
Großmutter
irritiert
Nein, wieso soll ich eine Genehmigung brauchen, ich habe doch gar kein...
Wachtmeister
unterbricht erneut die Großmutter
Sie haben keine behördliche Genehmigung, ein Krokodil zu halten? Also Großmutter! Die brauchen sie aber.
Großmutter
entrüstet
Aber wieso denn?
Wachtmeister
Weil ein Krokodil ein gefährliches Tier ist. Ein gefährliches Tier ist aber gefährlich und darf deshalb nur mit einer behördlicher Genehmigung gehalten werden. Außerdem ist ein Krokodil ohnehin kein geeignetes Haustier, liebe Großmutter. Es gehört eigentlich in den Nil oder in den Zoo.
Sehen sie hier, das ist unser Herr Zoodirektor! Der hat in seinem Zoo auch ein Krokodil und der hat natürlich auch eine behördliche Genehmigung.
Zoodirektor
Nein!
Wachtmeister
Sie haben keine Genehmigung?
Zoodirektor
entrüstet
Doch, natürlich habe ich eine Genehmigung!
Wachtmeister
Na, dann ist ja alles in Ordnung. Das ist schön...
Zoodirektor
Nichts ist in Ordnung! Ich habe nämlich kein Krokodil mehr! Mein Krokodil ist weg!
Wachtmeister
Ihnen ist auch ein Krokodil gestohlen worden? Aha! Ein Serientäter!
Gretel, Zoodirektor und Großmutter
NEIN!
Gretel
Wir haben doch nie ein Krokodil gehabt. Deswegen brauchen wir doch auch keine Genehmigung. Uns hat man SCHOKOLADE gestohlen.
Wachtmeister
Kein Krokodil?
Gretel und Großmutter
Nein! Kein Krokodil.
Großmutter
Eine ganze Tafel Schokolade! Traubennuß! Einfach so aus meinem Kaufladen. Einfach so!
Wachtmeister
Tatsächlich? Das ist ja ein ganz schwerer Fall von Diebstahl. Unerhört. In meinem Revier dulde ich das nicht! Ich werde dem unverzüglich nachgehen.
Großmutter, jetzt passen sie mal auf. Sie sperren sofort ihren Laden zu! Ihr Laden ist nämlich jetzt der Tatort und ein Tatort muß gesichert werden. Sie können nichts mehr verkaufen, bis ich alles persönlich in Augenschein genommen habe. Diese Sache hat HÖCHSTE PRIORITÄT!
Zoodirektor
Und ich???
Wachtmeister
Ja, was ist denn mit ihnen? Was wollen sie denn eigentlich?
Zoodirektor
Mir ist des Krokodil aus dem Zoo weggelaufen.
Wachtmeister
Also um entlaufene Haustiere kann ich mich jetzt wirklich nicht kümmern. In Großmutters Laden ist ein dreister Diebstahl begangen worden. Und jeder gute Kriminalist weiß ja, solange die Spuren noch frisch sind ...
Zoodirektor
So hören Sie doch um Himmels Willen! Das Krokodil läuft irgendwo frei herum.
Wachtmeister
Das sagten sie ja gerade.
Zoodirektor
Ein Krokodil! Ein gefährliches Tier!
Wachtmeister
Ja Sappralott! Das ist ja eine Gefährdung der Öffentlichkeit! Damit müssen sie doch sofort zu mir kommen! Warum warten Sie denn damit solange! Kommen sie mit. Dagegen muß ja sofort etwas unternommen werden. Zum Schutz der Öffentlichkeit. Ich werde sofort ein Protokoll aufnehmen.
Wachtmeister und Zoodirektor ab
3.SZENE
Großmutter
Ojeohjeoje! Jetzt ist er weg. Ich glaube fast, unser Herr Wachtmeister will sich jetzt gerade so gar nicht um den Schokoladenräuber kümmern. Und wenn er das Krokodil gefangen hat,...
Gretel
Du meinst wohl eher: Falls er es fangen kann,...
Großmutter
...dann wird er bestimmt unseren Schokoladendieb vergessen haben.
auftreten Kasperl und Seppel. An Kasperls Mütze ist nun ein Glöckchen!
Kasperl
Ja hallo Großmutter, servus Gretel! Was schaut ihr denn so traurig wie drei Tage Regenwetter und keinen Schirm dabei?
Großmutter
Ach ihr Jungs! Ich bin bestohlen worden. In meinem Laden!
Seppel
Echt, oder? Und das darf man einfach so?
Kasperl und Gretel:
Natürlich nicht, du Holzkopf!
Gretel
Vom Ladentisch ist einfach eine Tafel Traubennußschokolade gestohlen worden.
Großmutter
Einfach so weg! Einfach so....
Gretel
Und außerdem ist jetzt das Krokodil aus dem Zoo ausgebrochen. Deshalb hat unser Herr Wachtmeister gerade andere Sorgen als unseren Dieb zu suchen.
Kasperl
Das kann ich mir denken. Der Herr Wachtmeister ist ein ganz famoser Ordnungshüter. Wenn alles ruhig und friedlich ist, kann er ganz prima die Ordnung hüten. Aber schon die kleinste Unordnung macht ihn nervös. Bei so einem Diebstahl gerät er wahrscheinlich ganz aus dem Häuschen.
Gretel
Und ob. Er hat ganz glänzende Augen bekommen, als wir ihm davon berichtet haben. Und das Krokodil hat ihm den Rest gegeben. Jetzt nimmt er ein Protokoll auf.
Seppl
Was ist denn das, ein Fotoroll?
Gretel
Das heißt Protokoll! Er schreibt sich ganz genau auf, was passiert ist und wo und wie und warum. Aber so schnell wie und unser Wachtmeister schreibt, wird das eine ganze Weile dauern.
Großmutter
Aber ihr wisst ja noch gar nicht, was das Schlimmste ist!
Gretel, Kasperl und Seppl
Nein.
Großmutter
Ich werde verhungern müssen! Ich muß meinen Laden zusperren, bis sich der Herr Wachtmeister alles angeschaut hat! Und der Herr Wachtmeister kann nicht kommen und alles anschauen, weil er das Krokodil jagen muß. Und deshalb muß ich meinen Laden zulassen und kann kein Geld verdienen. Von der Rente kann ja heutzutage kein Mensch mehr leben. Ich werde mittellos und muß verhungern. Ich kann mich ja noch nicht mal arbeitslos melden, denn dafür brauche ich ein Formular. Aber das Formular gibt's beim Wachtmeister. Und der jagt ja das Krokodihihihihil! bricht in Tränen aus.
Ich werde verhungern.
Seppl
Ich hab noch ein Wurstbrot. Magst vielleicht mal beißen?
Gretel
Danke Seppl. Aber ich glaube, für heute hat die Großmutter noch Käsekuchen vom Sonntag zu essen. Ich bring sie mal besser nach Hause. Eine Tasse Tee und ein wenig Ruhe auf dem Sofa, dann geht's ihr bald wieder besser.
Gretel mit Großmutter ab
4.SZENE
König tritt auf, schnauft und ist aufgeregt.
König
Hallo Burschen. Habt ihr den Wachtmeister gesehen?
Seppel
Nein, Herr König, den haben wir nicht gesehen.
Kasperl
Der hat zu tun. Extrem wichtige Angelegenheit!
König
Wichtiger als Hausfriedensbruch im Schloß?
Seppl und Kasperl
nicken
König
Wichtiger als Majestätsbeleidigung?
Seppl und Kasperl
nicken
Mhm
König
Wichtiger als Diebstahl?
Seppl
Tja, Herr König, Diebstahl hatten wir auch schon. Und sogar der hat warten müssen, weil der Herr Wachtmeister ein Krokodil fangen muß.
Da fürchte ich, sie werden sich hinten anstellen müssen.
Kasperl
Was ist ihnen denn gestohlen worden, Herr König?
König
verlegen, windet sich, winkt den Kasperl heran und flüstert ihm etwas ins Ohr.
Kasperl
Ein Popo-Shampoo?
König
entrüstet
Nein! Du ungebildeter Tropf! Meinen Pot du Chambre. Das ist ein vornehmes Wort für Nachttopf!
Seppl und Kasperl
prusten
Ihnen ist der Nachttopf gestohlen worden?
Gelächter
König
sehr entrüstet
Das ist überhaupt nicht witzig. Mein Nachttopf ist sehr wichtig für mich! Aus ganz verschiedenen Gründen: Erstens ist er ein Erbstück meiner Großtante, der Erzgroßherzogin Amalie. Schon allein deshalb ist er mir teuer. Wegen dem Erinnerungswert.
Seppl
Jaja, die gute alte Erzgroßherzogin Amalie. Am Ende war sie schon ein bißchen sonderbar. Zuletzt trug sie den Nachttopf auf dem Kopf wie einen Hut.
König
Zweitens hatte der Nachttopf ein sehr geschmackvolles Blümchenmuster! Es war so hübsch und fröhlich.
Seppl
Sie hatte auch ein dazu passendes Kleid!
König
Und drittens war es mein einziger Nachttopf! Weißt du, wie groß mein Schloss ist? Weißt du, wie weit ich vom Schlafzimmer zum Klo gehen muß? Drei lange Korridore und vier Treppen mit insgesamt 83 Stufen. Weißt du, wie kalt nachts die Flure im Schloß sind, Kasperl? Auf dem Steinboden holt man sich ganz kalte Füße! Und einen Schnupfen noch dazu! Danach kann ich nicht wieder einschlafen, weil ich so friere. Am nächsten Tag bin ich dann unausgeschlafen und unkonzentriert. So kann man kein Land regieren, Kasperl! Das geht nicht. Der Nachttopf hat deshalb geradezu staatstragende Bedeutung. Ich kann ohne Nachtgeschirr nicht König sein. Wenn ich ihn nicht wiederbekomme, dann danke ich ab. Dann könnt ihr eine Demokratie machen. Ihr werdet schon sehen, wie weit ihr damit kommt!
Kasperl
Ja wenn man das so betrachtet, ist das natürlich eine ganz andere Geschichte.
König
Das ist nicht nur Hausfriedensbruch, genauer gesagt Schloßfriedensbruch, sondern ein schwerer Diebstahl. In letzter Konsequenz ist es sogar Hochverrat in Tateinheit mit fortgesetzter nächtlicher Ruhestörung und Landfriedensbruch. Man muß schon fast von Terrorismus sprechen.
Seppl
Aber, aber! Wer macht denn sowas?
König
Ich weiß es nicht. Aber ich habe einen sehr wichtigen Hinweis gefunden. Den hat der Täter bei mir am Nachttisch zurückgelassen: Einen anonymen Brief!
Zeigt Brief vor.
Seppl
Schau mal Kasperl! Da ist ja gar kein Absender drauf.
Kasperl
Das ist ja gerade der Witz bei anonymen Briefen: Niemand soll wissen, wer sie geschrieben hat.
Seppl
Das ist aber dumm. Man sollte IMMER einen Absender auf den Brief schreiben. Auch als anonymer Räuber, den keiner kennt.
Wenn der anonyme Räuber, den keiner kennt, den Brief bei den falschen Leuten liegen läßt, dann kann man daraufschreiben: „FALSCH ZUGESTELLT“ und schickt ihn zurück. Dann muß der anonyme Räuber den Brief nicht nochmal schreiben. Das macht doch Mühe!
Kasperl
Mein Gott Seppl! Du bist ja so doof, dass einem die Knöpfe aufgehen! Wenn der Räuber seinen Namen und seine Adresse draufschreibt, dann weiß man ja, wer er ist!
Seppl
verwundert Ahh so...echt, oder?
Kasperl
schüttelt den Kopf
Seppl, Seppl... du bleibst ein Einfaltspinsel.
zum König
Ähh, sie, Herr König, was steht denn nun da drin, in diesem anonymen Brief...
Seppl
Vielleicht steht ja die Adresse auf dem Briefpapier!
Kasperl
Oh Seppl!
König
In dem Brief steht ein Art Gedicht. Hört zu dann lese ich es vor:
Liest vor
Deinen Nachttopf find´ich nett.
Bald steht er unter meinem Bett.
Mach kein so trauriges Gesicht,
denn du bist reich, ich bin es nicht!
Bei Dir ist noch so viel zu holen.
Ich komme bald auf leisen Sohlen
wieder zu Dir und grabsch mir was.
Das ist ein echter Räuberspaß!
Hohoho
R. R. R.
Seppl
Wie schön! Es reimt sich alles so gut!
König
Schön? Du findest es SCHÖN? Das ist eine gemeine Beleidigung. Und er droht mit weiteren Schandtaten! Ich kann daran gar nichts schön finden.
Kasperl
Darf ich mal kucken, Herr König?
Drängt sich an den König und schaut sich Brief an.
Oje, der hat eine Schmierschrift. Schlimmer, als der Seppl! Aber er in Rechtschreibung hat er mindestens einen zweier!
Seppl
nachdenklich
... R.R.R. Das ist eine seltsame Unterschrift. Ich schreib unter meine Briefe immer: „es grüßt dich, dein Seppl“. ...oder: „es grüßt dich herzlich, dein Seppl“. „Hohoho, R.R.R.“habe ich noch nie geschrieben. Das macht ja auch gar keinen Sinn! Da weiß man ja gar nicht, wer einem geschrieben hat.
Kasperl
Oje Seppl! Wenn es irgendwann mal Hirn regnet, bleib ja im Freien stehen, damit du auch was abkriegst! Der Schreiber des Briefes will doch gerade, dass niemand weiß, wer er ist. Deshalb schreibt er nicht seinen Namen drunter! Das ist doch nicht so schwer zu verstehen, oder? Sonst weißt du doch wer er ist!
Seppl
Und was heißt dann R.R.R.
Kasperl
Das muß gar nix heißen! Das ist eine Art Ersatzunterschrift, damit er nicht mit seinem Namen unterschreiben muß. Er hätte auch Mister X schreiben können.
Wahrscheinlich macht er das immer so. Vielleicht schreibt der Dieb immer Briefe an seine Opfer und unterschreibt sie mit R.R.R.
König
Genau das denke ich auch. Vielleicht ist dieser Renegat der Polizei schon von anderen Schurkenstücken bekannt. Das kann gut sein. Und dafür ist der Herr Wachtmeister zuständig. Darum sagt mir jetzt endlich, wo ich ihn finden kann ihr Burschen!
Kasperl
Gerade ist er mit dem Herrn Zoodirektor zu Wache gegangen um, ein Protokoll aufzunehmen.
König
Gerade eben erst? Ein Dienstprotokoll? Das macht unser Wachtmeister ja immer sehr gewissenhaft und in Schönschrift. Das dauert meistens ein wenig. Dann werde ich ihn ganz sicher noch dort finden.
König ab
Lieber Leser,
danke, dass Sie in diese Leseprobe hineingeschaut haben. Es ist nur ein Teaser und muss natürlich das Geheimnis der Geschichte wahren.
Wenn Sie die Geschichte ganz kennenlernen wollen, oder sie gar aufführen möchten, kontaktieren Sie mich bitte über meine Homepage:
www.alexander-bally.de
Auf Wiederlesen!
Alexander Bálly
Texte: © Alexander Bálly
Niederscheyern 2005
Alle Rechte vorbehalten.
Wenn sie eine Papierversion des Stücks für eine Aufführung wünschen, setzen Sie sich bitte mit mir per e-mail in Verbindung.
alexander@alexander-bally.de
Bewertungen und Kommentare sind hochwillkommen.
Ehrenerklärung:
Beim Schreiben dieses Stücks wurden
keine Krokodile gequält oder verletzt.
Zumindest nicht mehr, als nötig.
Tag der Veröffentlichung: 07.04.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Meinem Sohn und
meiner Frau
gewidmet ...
... und
Bernd.
Es macht Spaß, für
Euch zu schreiben.