Cover

Ich lag in dem Garten meines Freundes und blickte hinauf in den Himmel. Das Muster, das die Wolken dort erzeugten, war unbeschreiblich schön. Manchmal stellte ich mir vor wie es wohl wäre, auf einer Wolke zu sitzen und damit am Himmel entlang zu fliegen. Dies war einer meiner unerfüllbaren Wünsche.
Mein Freund Elias kam, mit zwei Gläsern Orangensaft in der Hand, zu mir in den Garten. Er stellte die Gläser auf den Tisch neben der Tür und legte sich neben mich. Ich bemerkte seinen Blick auf mir ruhen und drehte meinen Kopf in seine Richtung.
„Was?“
Er sagte in einem liebevollen Ton „Du bist so wunderschön, Aimée“, und küsste mich anschließend.
Er liebte mich von ganzem Herzen, das war nicht zu übersehen. Immer wenn er mich sah , wurde er nervös und hatte Angst etwas falsches zu machen. Wenn er mit mir sprach wurde er rot und schaute oft auf den Boden. Und wenn er mich küsste, zitterte er am ganzen Körper.
Liebe musste etwas wunderschönes sein. Doch leider war es mir nicht möglich jemanden zu lieben. Niemandem von uns war es möglich, damit mussten wir leben. Liebe war ein Luxus, den wir uns nicht leisten konnten. Wenn wir eine Familie gründen wollen, dann suchen wir uns denjenigen aus, der am besten zu unserer Denkweise und unseren Zukunftsplänen passt. Wir nutzen den Verstand. Nicht das Herz, so wie diese erbärmlichen Menschen.
„Ich muss jetzt nach Hause“, sagte ich.
Ich verabschiedete mich von ihm und machte mich auf dem Weg zu dem Campingplatz. Elias wusste nicht, dass ich ohne meine Eltern hier war. Eigentlich wusste er rein gar nichts von mir. Er wusste, dass ich Aimée heiße und fünfzehn Jahre alt war. Das war aber auch schon alles. Er durfte nichts von mir Wissen, das hätte meinen Auftrag nur unnötig erschwert.

Als ich auf dem Campingplatz ankam musste ich erst einmal wieder nach meinem Zelt suchen. Ich vergaß immer wieder, wo es stand. Mein Gedächtnis war noch nie das Beste.
Nach einigen Minuten fand ich schließlich mein Zelt und schlüpfte hinein. Doch dort erwartete mich eine Überraschung.
„Hallo Aiméelein“.
Dort auf dem Boden saß mein Bruder und sah mich lächelnd an. Was hatte er nur hier zu suchen? Vater hatte mir doch ausdrücklich versprochen, dass ich diesen Auftrag alleine erledigen durfte.
„Was machst du hier?“, fragte ich ihn verwundet.
„Vater schickt mich. Ich soll fragen, wie lange du noch brauchst um es zu erledigen.“
„Das nächste Mal, wenn ich Elias sehe, werde ich versuchen es zu erledigen.“
„Es versuchen? Aimée, du brauchst doch nur etwas Blut von diesem Menschen, so schwer ich das doch nicht.“
„Ach nein“, fragte ich verärgert, „willst du es dann vielleicht für mich erledigen, wenn es ja gar nicht so schwer ist“.
„Nein, nein. Schon gut. Aber beeil dich, Vater wartet“, sagte er und verließ das Zelt.
Warum müssen die mich nur so hetzen? Ich war doch erst seit sechs Wochen hier. Es dauert nun mal seine Zeit, bis jemand vollstes Vertrauen zu einem hat.
Aber ich wollte es ja auch so schnell wie möglich hinter mich bringen, damit ich wieder nach Hause konnte. Ich fasste den Entschluss, dass ich es morgen hinter mich bringen würde. Egal wie und egal wo.

Am nächsten Tag traf ich mich mit meinem Freund im Park. Wir saßen auf einer Pank, hielten uns an den Händen und redeten über viele verschiedene Dinge. Also machten wir eigentlich genau das, was wir immer machten.
„Jetzt oder nie“, dachte ich. Unauffällig versuchte ich, die Spritze aus meiner Hosentasche zu ziehen. Ich hatte sie dort rein getan, bevor ich in den Park ging. Es war leichter und auch unauffälliger sie aus der Hosentasche zu holen, als aus meiner Handtasche. Ich drehte meinen Kopf in Elias Richtung und begann ihn zu küssen. Er erwiderte meinen Kuss und drehte seinen Körper zu mir um. Perfekt. Ohne zu zögern stach ich die Spritze in seinen Rücken. Er hatte es komischerweise nicht bemerkt. Normalerweise müsste man es doch merken, wenn jemand dir eine Spritze mit voller Wucht in den Rücken haut, oder?
Vorsichtig ließ ich etwas von Elias' Blut in die Spritze laufen. Anschließend zog ich sie sachte wieder heraus und löste mich von dem Kuss. Elias bemerkte sofort die Spritze in meiner Hand.
„Was ist das? Was hast du damit vor“, fragte er erstaunt.
„Das wirst du gleich sehen“, sagte ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht, „aber vorher muss ich noch mal telefonieren.
Ich nahm meine Tasche und ging ein paar Schritte weg, damit er mein Gespräch nicht mit anhören konnte.
Ich holte mein Handy aus der Tasche heraus, wählte die Nummer von meinem Bruder und wartete darauf das er ans Telefon ging.
„Halle Aimée, was gibts“, sagte er schließlich.
„Ich bin jetzt bereit. Sei in zwei Minuten hier“. Ich legte wieder auf und ging zurück zu Elias.
„Also, was soll das alles“, fragte er verwirrt.
Ohne auf seine Frage zu antworten, kramte ich ein Gerät aus meiner Tasche heraus.
Elias starrte es wie versteinert an.
„I-ist das... ist das eine Bombe?“, stotterte er.
„Sowas ähnliches“ antwortete ich gleichgültig. Ich öffnete eine kleine Klappe an dem Gerät, ließ das Blut hinein tropfen und legte es auf den Boden. Ich sah nun den Countdown, auf der Anzeige. Noch sechzig Sekunden. Ich drehte mich um und sah auch schon den Flieger von meinem Bruder kommen. Blitzschnell kam er auf uns zugeflogen und landete schlie einige Meter von uns entfernt. Ich rannte auf ihn zu, ohne auf Elias zu achten, der mir irgendwas zurief.
„Leb' wohl, Elias“, rief ich lachend und stieg in den Flieger, der daraufhin auch schon startete. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit flogen wir Richtung Weltall. Gerade noch rechtzeitig kamen wir an. Als ich aus dem Fenster blickte, war nicht mehr viel von der Erde übrig. Nur noch schwarzer Staub, der sich nach und nach in Luft auflöste. Ich lächelte zufrieden und freute mich darauf, meinen Vater gleich wiedersehen zu können. Den König des Planeten Saturn.

Impressum

Texte: © Text by Alea-Sophie Bachmann
Tag der Veröffentlichung: 26.08.2011

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /