Ein Mann saß vor einem Spiegel und betrachtete nachdenklich sein Spiegelbild. Während er über sich und sein Leben nachdachte, spürte er, wie langsam eine Träne über seine Wange kullerte. Er wischte sie wortlos weg, denn er durfte jetzt nicht weinen. Gleich war doch dein Auftritt. Er würde gleich die Menschen da draußen zum lachen bringen und anschließend, wie jeden Abend, alleine daheim auf dem Sofa sitzen und sich das neuste Fußballspiel ansehen.
Nachdem nun die Tränen versiegt waren, nahm er sich seinen Schminkkoffer und kramte darin nach der Farbe und dem Pinsel. Nun begann er damit, sich ein Lächeln ins Gesicht zu malen.
Als er fertig war und den Pinsel zur Seite legte, betrachtete er sich erneut im Spiegel. Das Bild, das er nun sah, schockte ihn so sehr, dass er aufstand und sich ein paar Meter von dem Spiegel entfernte. Immer wieder, wenn er diese im Spiegel sah, wünschte er sich, er hätte einen anderen Beruf gewählt. Einen, bei dem er sich nicht verstellen brauchte.
Als er sich wieder auf den Stuhl vor dem Spiegel setzte, fasste er einen Entschluss. Er wollte nicht mehr lügen, er wollte den Menschen da draußen endlich die Wahrheit sagen und ihnen zeigen, wer er wirklich war. Und so begann er das Lächeln in seinem Gesicht zu verschmieren. Anschließend griff er erneut nach dem Pinsel und malte sich nun so, wie er wirklich war. Als er fertig war, blickte er zufrieden in den Spiegel. Alles, was er nun sah, war die Wahrheit. Dort waren keine Lügen mehr zu sehen.
Er stellte sich hinter den Vorhang und wartete darauf, das die Lichter ausgehen würden. Schließlich wurde das Licht ausgeschaltet und seine Musik ertönte. Lauter Applaus drang in seine Ohren, während er sich in langsamen Schritten der Manegenmitte näherte. Doch als sich die Scheinwerfer auf den Mann in der Mitte richteten, verstummte der Applaus augenblicklich. Niemand sagte mehr ein Wort und niemand wagte es, sich in irgendeiner Weise zu rühren. Alles war totenstill. Dann richtete ein kleines Mädchen, vielleicht fünf Jahre alt, die Augen auf seine Mutter und fragte: „Mama, warum weint denn der Clown?“.
Texte: © Text by Alea-Sophie Bachmann
Tag der Veröffentlichung: 26.08.2011
Alle Rechte vorbehalten