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Die Schulklingel riss mich unsanft aus meinen Gedanken. Ich hob den Kopf und sah mich um. Meine Mitschüler packten ihre Sachen ein, lachten fröhlich und freuten sich auf die Pause. Ich ließ mir sehr viel Zeit für das verstauen meiner Bücher. Langsam, ganz langsam verschwanden meine Bücher in der Tasche. Anschließend suchte ich nach meinem Pausenbrot. Ich bemerkte, dass die anderen den Klassenraum schon längst verlassen hatten. Meine Lehrerin sah ungeduldig zu mir herüber und sagte, dass ich mich gefälligst beeilen sollte. Widerwillig stand auf und schlenderte aus dem Raum hinaus. Die meisten Schüler waren schon draußen auf dem Schulhof, aber einige begegneten mir noch auf den Gängen.
Ich hasste die Pausen. Auf dem ganzen Schulgelände gab es keinen Ort, an dem ich mich hätte verstecken können. Egal wo ich mich befand, sie fanden mich immer. Obwohl sie nie etwas zu mir sagten, wusste ich, dass sie mich hassten. Ich spürte ihre Blicke auf mir ruhen. Blicke, voller Hass und Verachtung. Doch einmal hatte sich ein junges Mädchen in der Pause zu mir gesetzt. Sie fragte mich, ob ich auch keine Freunde hätte. Das war noch viel schlimmer als alles andere, was mir in dieser Schule passiert war. Es hatte mich wütend gemacht. Ich hasste Schüler.
Ich öffnete die Türe und schielte hinüber zu den Toiletten. Einige Mädchen aus meiner Klasse saßen auf den Bänken davor. Ich starrte stur geradeaus, als ich an ihnen vorbei ging und versuchte, sie zu ignorieren. Ich ging zu den Toiletten und schloss mich in einer der Kabinen ein. Es war dreckig und es stank unerträglich, aber es war okay. Besser, als wenn ich draußen, bei diesen schrecklichen Menschen wäre.
Ich lehnte mich an die Wand, holte mein Buch aus der Tasche und begann zu lesen. Nachdem ich zwei Seiten gelesen hatte, öffnete sich die Toilettentür. Jemand kam lachend herein. Ich hasste fröhliche Menschen in meiner Gegenwart. Als ich die Schulklingel hörte, wartete ich einen Moment, bevor ich die Tür öffnete. Ich wollte erst ganz sicher sein, das niemand mehr hier war.
Als ich aus der Kabine trat viel mein Blick sofort auf den Spiegel. Ich ging näher auf ihn zu und betrachtete mein Gesicht darin. Pickel, Brille, Zahnspange. Das was ich sah war hässlich und ich schämte mich dafür. „Ich hasse mich“, schrie ich mein Spiegelbild an und schlug mit voller Kraft gegen den Spiegel, sodass er in tausend Teile zersprang. Meine Hand begann sofort zu bluten und es tat weh. Aber das war nicht weiter schlimm. Es gab einen Schmerz, der viel schlimmer war. Und den hatte ich jeden Tag.

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Texte: © Text by Alea-Sophie Bachmann
Tag der Veröffentlichung: 25.08.2011

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