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Vorwort




Die folgenden Text-Miniaturen sind das Ergebnis einer jeweils dreiminütigen intensiven Bildbetrachtung. Bei diesem Verfahren entsteht eine Art psychologischer Automatismus. Also ein Regelkreis zwischen Hand und Hirn, bei dem sich ein zentraler Begriff oder Ausdruck (Cluster-Zentrum) bildet, um den herum sich Assoziationsketten bilden, die zu automatischem Schreiben anregen.
Oberstes Gebot ist dabei, dass der Text unter Ausschaltung rationaler Überlegungen jeglicher Art entstehen muss. Die Geschwindigkeit des Schreibens wird dann allein von der Hand diktiert.


Brandmale




Wo auf Nickelblech Brandmale meiner erkalteten Wunden ohne Stabilitätsverlust gesunden und sich das Rot auflöst, um auf den Tod wartend zurückbleibt, blüht das Leben, ohne der Liebe Geduld und ohne Schmach im Morgenrot, um mir Begegnungen mit den wandernden Nachtgeistern zu ermöglichen

Kollektive Flucht




Kollektive Flucht führt über fremdes Land, wo Friede sich leise dem Elend entwindet, ausgrenzt, weil heimlicher Liebesverrat einkehrt; so im Verbund mit den Elementen, wenn der Tag aufschrickt vor dem Feuer der Sternenwelt, ehe gemeinsamer Wille bricht und folgsam in stählerner Geduld wartend am verlorenen Abend zugrunde geht

Gen Westen




Gen Westen fliehend, gejagt von menschlichen Bestien, bleibt die Armut in der Steppendürre zurück, wo der Regen verblasst unter den Wurzeln aufgelockerter Sehnsüchte, gefesselt in Zeitlinien, vorbei an Folterdrohungen das Gelb der Reichlinge im Auf und Ab, in der Atmosphäre ertrinkend, auch wenn Becher gefüllt sind mit Erstlingsmilch der Dromedare.

Bedrohung




Bedrohung durch die Akkuratesse der Blasenzähler ohne Fingerspitzengefühl, wartend auf fromme Begegnungen beim Sturz in das Vakuum unter aufgerautem Atem, blind den Zeitgeistpropheten folgend, bis der Stillstand allen Lebens von korrupten Politikern beschworen wird.

Fallende Winde




Ein Elend wäre es, sich im fallenden Wind zu drehen. Besser wäre es, wenn flatterndes Licht durch das Violett eines Schwarzen Loches in die Nebenwelt der Klasse G-385. Von Billionen Keimzellen könne nur einzelne die komplementären Farblinien auf eine Mindestlänge kürzen, damit sie in den Innenräumen atomarer Strukturen einen Platz finden.

Fallende Federn




Fallende Federn zwischen blauen Striemen wachen über den abendlichen Gesang der Graugänse am Abgrund in die dienstbeflissenen Träume, während Vögel ihre Gelege im lauschigen Wind wiegen und sich ihr stummer Schatten über den Hanf des späten Sommers ausbreitet. Oh, welche Klagen der Gänse verstummen nicht, wenn sie den Atem über dem Wasser der Rheinbeuferung verlieren?

Schwarze Prinzessin




Wenn der schwarzen Prinzessin von Medusa der Kopf abgetrennt und in goldene Tücher gewickelt auf meinem Wagen zusammen mit ihrem behäbigen Leib hinauf auf den Teufelskappenberg gefahren wird, jubeln die Flussjungfrauen der Tauber im Kielwasser der Fischerboote und ich ziehe mich demütig in ihr Land zurück, wo ich fortan die morschen Gräber bewache.

Ein Tanz




Ein Tanz tritt auf, während ich den Spuren des Verlassenseins folge. Bis tief unter die Haut von Frauen, die über Leben und Tod richten, wellengleich und wiederkehrend in viel zu kleinen unschuldigen Schwingungen auf weichen Lagerstätten. Ich verschenke mein Gemüt an Bedürftige, die nach Liebe betteln und ihr Herz in meiner Galerie abgeben. Jene Lagerstätten sind Treffpunkte jenseits unter gewöhnlichen Bosheiten nach Hunderten von tückischen Experimenten und kleinen Geschwindigkeiten.

Grünschnäbel




Grünschnäbel landen auf Bächen und Seen, bohren schlauchförmige Löcher durch stahlharte Winterscheiben und verzehren die hungrigen Flossen von folgsamen Fischen. Ich messe die Fluggeschwindigkeit benachbarter Insekten beim Tiefflug über den unterirdischen Gängen und ebenso die Zyklen ihrer verlorenen Schatten nach einem Schall- und Rauch-Verfahren, das ich der Literatur entnommen habe.

Die Teufelsspinne




Die Teufelsspinne fällt sanft wie die Hand einer Frau aus dem hellen und evakuierten Raum und verfolgt die flüchtenden Pferde in ein fernes Land, wo sich Flüchtlinge schützend verbergen können. Ich greife nach dem Gewebe der Spinne und verflechte es unter meinen Füßen mit den Gräsern der trostlosen Steppe, über der Condore Schleifen an den kultivierten Meereshimmel heften, um Steppe-Reisenden von ihren Vorhaben abzuschrecken. Ein sandiger Graben ohne Wagenspuren mag ihnen Schutz gewähren.

Kniefall




Unter violettem Kniefall strebt die Suche nach frisch erstandenem Weißzeug einer Höhe zu, aus der das Echo des leeren Raumes flieht, um den speisenden Wächtern Einlass ins Reich der Fantasie zu gewähren. Während unter morschen Bögen und in nächtlicher Atmosphäre Kränze aus Perlmuttfäden geflochten, wird das erhoffte Ziel erreicht werden können. Und ich muss nicht fürchten, dass müde Wanderer in der Endloszeit unter die Räder kommen könnten.

Panther




Panther zwängen sich mit ihrem Nachwuchs durch einen Kriechgang der Marke Eigenbau und folgen dem verloren gegangenen Instinkt, der sie vor der Gefahr einer Safari von beuteheischenden und politisch motivierten Generälen hätte zur tödlichen Gefahr werden können.
Ich werde den Rückzug der toten Generäle anordnen und ihnen von neuem Schlachten liefern, die sie verloren haben. Und ich werde erzwingen, dass sie eine Fälschungsanklage gegen die gerechtesten Urteile der Welt bei Gericht einreichen und das Palais de Justice überflutet wird.

Konformistische Paragrafenreiter




Konformistische Paragraphenreiter ziehen über fremdes Land, vorangetrieben von abklingendem Wellengetöse, das einem Notprogramm folgend Auflösungsversuche an gesellschaftlichen Irrläufer-Märschen startet. Doch bleibt alle Mühe vergebens, weil sich der Zusammenschluss der sie umgebenden Mauerwerke abzeichnet und ein Massensterben droht.
Ich gebe dem Reitervolk grausige Rätsel auf zerknittertem rotem Seidenpapier. Und ich kenne keinen der Paragraphenreiter, an den ich mich wenden könnte, außer in Fragen über Löhne und Warenpreise. Kein Gedanke kann mich belehren.

Kniefront




Kniefront auf dem Vormarsch in wellenförmig wiederkehrender Absicht gegen die vom Grün eingeflößten Ängste vor Veränderung der brandschätzenden Gewinnziffern ins Negative. Sie bestimmen den Widerstand gegen alles Selbstverständliche, das sich ansammelt in den grün tapezierten Schlafgemächern.
Wir reden mit mehreren Zungen, um die Zeit durchzubringen mithilfe des Staates. Und dort wissen wir nicht, wo und wozu die Macht ist, die in der Kniefront steckt. Da stolpern wir umher in den erdachten und ersehnten Möglichkeitsformen.

Überdimensionale Nadelstiche




Überdimensionale Nadelstiche verletzen die Empfindsamkeit wohlwollender Nachbarschaft, wenn die Nacht über sie hereinbricht und den Schlaf der Träumer zerstört, um Gefälligkeiten zu erbitten. Stahlhart weht der Sturm über das Gelände mit erwartungsvollen Bohr-Öffnungen, aus denen das schwarze Gold fließt, um die Mühsal der städtischen Bediensteten zu lindern; denn viele Häuser sind nicht eingerichtet zum Sterben. Touristen fühlen sich fremd darin, trotz herzlicher Einladung. Und wir sagen ihnen, Kinderträume sind die einzigen ernsthaften Unternehmungen, welche die Bürger der Stadt je bewegt haben. Ihre Zukunft sieht nicht rosig aus.

Folgsam




Folgsam und demütig gehorchen die Eindringlinge dem königlichen Herrscher, den sie gnädig um Einlass bitten. Ich würde gerne diese Jünglinge kennenlernen und sie fragen, warum sie nicht mit starkem Willen nur des Königs Schatten folgen. Ihre Bräute sind wer weiß wohin gelaufen und haben keine Streichhölzer mehr für die kommende Nacht. Ich stehe rat- und hilflos in einiger Entfernung und süße Träume locken mich fort aus der Nähe zu den Eindringlingen. Ich denke die besten Erinnerungen sind die kürzesten. Das können sie getrost glauben. Sehen sie sich nur die umherstoßende Wut der städtischen Anstreicher und unsere Stadtväter an.

Brillengras




Brillengras entwächst den Plattformen über den Dächern von Paris, wo Wäsche zum Trocknen im Wind baumelt, an einem Tag, an den die Langweile gekettet hinabsteigt auf den Boulevard de Saint Michel.
Auf Erden ist es spät geworden, und ich fürchte, dass sich die Vorhänge der Kalender schließen, wenn die Langeweile verbunden mit dem Tag auf ihrem Spaziergang von den Besitzern der umliegenden Häuser nach den Vermietungskonditionen befragt werden. Die Preise liegen ohnehin in schwindelerregender Höhe und die Armut kann hier nicht einziehen.

Brandwürmer




Brandwürmer brechen auf, um dem höllischen Feuer ihrer Brutstätten zu entfliehen. Zurücklassend die von der Sonne geliehene Weißglut, in der die Lüge gediehen und vom Satan in die Welt gebracht, damit diese der meistbietenden Dämmerung anheimfällt. Ich befestige als diplomierter Nachtwächter tagtäglich rote Laternen an den Toren zu den fränkischen Gehöften, in denen ich von Kindesbeinen an mich mit jenen Leuchten stundenlang über ihre Arbeitgeber, den Mitgliedern der Stadtverwaltung, wegen unterlassener Nichtigkeiten herumstreite.

Angst-Kollektiv




Ein verklumptes Angst-Kollektiv startet einen Angriff gegen das ockerfarbene Vakuum, das sich wie eine globale Atemseuche über Länder und Meere ausbreitet, ohne dafür einen Lohn zu erhalten. Es gibt staubige Hügel darauf, an dessen Abhängen hell-rosa gefärbte Nebel kleben und dringend abgewaschen werden müssten, wofür das Stadtparlament ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt hat. Das habe sie jedenfalls versprochen. Doch ging das Vertrauen beim Baden im städtischen Hallenbad verloren.

Wellenfronten




Das zitierte Angst-Kollektiv flieht vor stechenden Wellenfronten, welche sie verfolgen und bedrängen. Sie greifen mit Speeren an und versetzen das ängstliche Kollektiv in Furcht und Schrecken. Zur Abwehr verstreuen diese Eisenfeilspäne.
Es ist mir gleichgültig, weil die einzigen Transportmittel, welche unterwegs sind, den einzigen instinktiven Luxus in meine Reichweite bringen. Ich suche nichts so sehr, als eine reine Region, außerhalb der die von Auseinandersetzungen aufgewühlten Sandwinde vorüberziehen und meine Lunge unbeschadet lassen.

Überwältigt




Das zitierte Angst-Kollektiv ist überwältigt worden. Aufgespickt von den Speeren der dicht gedrängten Wellenfronten. Wie schweigende Rauchfahnen ziehen sie vorüber. Erbarmungslos ergreift das verliebte Schaukeln der Wellenberge voller Bewunderung das ängstliche Bündel von Individuen, ehe diese sich in Bäche stürzen, um ihre Wunden zu kühlen. Und Teile der abgebrochenen Speere stieben über die Armeen von Würmern hinweg und davon.

Kurvenflug




Im Kurvenflug erprobt sich Semiramis Gold in den Gärten Nebukadnezars, dem Zweiten. Wie verloren im Dunkeln und belastet von ihren Sünden, wegen ihrer dem Spiegel vorgehaltenen Eitelkeit.
Und ich zähle die Wunden in meinen Adern, durch die der bittere Gesang von Regentropfen gebrochen in den Abend gleitet, während ich mir nichts aus dem Schreien und nichts aus den Tränen mache, solange mein Rückgrad nicht bricht bei den Heidelbeerwanderungen durch den Pfälzer Wald. Das Gold der Wälder erprobt den Kurvenflug.

Zermalmt




Blau- oder Heidelbeeren gleiten wie in Keltern zermalmt auf jene Straßen, die durch den Gesang von Krumhörnern abgelenkt über mehrere Täler wandern, wo sie vollmundig fremden Dichtern ein Halleluja gesungen, weil sie mutlos geworden sind. Wie Tinte über Schattenland fliehen Gräser und Grobiane. Im Blau, wo die Brandung der Möwen Flügel streckt verbergen sich hinter meinen Lippen ihre Lieder. Die Farbe der sagenhaften Gesänge verdunkelt meine Absicht, bis zum geringsten Röcheln: Es ruhen die relativen Seufzer, wo Blaubeeren in Keltern landen.

Explosiv




Explosiv verabschieden sich Gedanken-Experimente aus den Laboratorien der Hirnforschung, wo in Retorten unbegrenzte Zeiten für Ferienreisen destilliert werden. Freude bereitend den Hunden und dem Schnee auf Spitzbergen, die lächelnd wie Hehler und Frauenverführer. Aus den Waldschneisen kommend versinken im Flammenmeer bis auf den Grund unterhalb Semiramis Gärten die geheimnisvoll gelängten Schatten. In über zweieinhalbtausend Jahren gebiert aufs neue der Schnee auf Spitzbergen lächelnde Hehler und Eheschwindler. Es werden weitere Experimente erforderlich sein, die explosiv den Raum erweitern.

Wandern




Auf Vakuumwegen wandern. Zwischen Dissoziation und atomarem Willen verweben sich differenzialgleichungsvernetzt und raumräuberisch Wurzelkronen gespiegelt auf Nullebenen, um der Welt eine weitere hinzuzufügen. Wartend auf die Ergebnisse wandere ich durch Wälder, die vorhangverhangen, um mich nicht vor der Sonne zu verlieren.
Eine Geschichte hat mich beeindruckt: Die der dröhnenden Höhlen, deren Sinn sich mir nicht erschließt. Gras schürft daraus des nachts eine große Menge weißer Kiesel und singt dabei schriller, als der dröhnende Gesang der Höhlen. Ich werde dennoch weiter wandern auf Vakuumwegen.

Löffeltanz




Im Löffeltanz fege ich über die Wiesenlandschaft unter den hohlen Matten wie die Ahornblätter auf dem Winterberg im Sommer, wenn in den Bahnhöfen Karten für Tanzveranstaltungen verlost werden. Ich misstraue den strahlenden Bahnhöfen und durchstreife lieber die Vorstädte mit ihren kümmerlichen Gartenhäuschen, die mit melancholischen Augen in der Sonne blinzeln, während auf mich trostlose Arbeiten warten. Ich erinnere die abscheulichen Kränze aus Gänseblümchen und den widerlichen Geruch des zerriebenen Geißblatts. Doch den Löffeltanz möchte ich nicht missen.

Fall out




Fall out in den nächtlichen Wäldern erschrickt mich, wenngleich er lieblich anzuschauen ist. Wie der Regen über strahlender Erde. Wie das Warten in eisiger Weltraumkälte, niedersinkend die Atmosphäre voll toter Materie. Es ist der Sturm der Jahre, der die Vögel verstummen lässt und ihnen den Gesang stiehlt, ohne dafür gestraft zu werden. Trauergesänge sind übriggeblieben und begleiten mich durchs Leben, voller Hoffnung, wenn keine Erfüllung mehr zu erwarten ist. Der blauen Nacht sind die Sterne gestohlen worden, die als Unterpfand galten gegen das unterlassene Schweigen, mehr noch als der Ruf nach dem Rufen der windgepeitschten Ozeane. Fall out ein Ende?

Geborstenes Triebwerk




Geborstenes Triebwerk gleich verhinderter Traumsuche im All. Ein Splitterschwarm regnet auf gewebte Teppiche. Plattgedrückt und gedämpft sind die Farben wie Stückwerk aus Miniaturen bunter Glasreste – für immer verloren. Die Zukunft aus geschmolzenen Leitern, in Barionen und Quarks ist mir gestohlen worden. Das Leben in kleinen Schlucken genossen und in fiebriger Sorge vergangen. Die Verabredungen der Veröffentlichungen wurden zu majestätischen Verlockungen durch riesige Auflagen. Nun weiß ich, dass namhafte Unruhe schläft.

Verkohlter Erzregen




Verkohlter Erz-Regen vor solarem Feuer. Wie eine Feuerlawine hebt die Zeit sich auf und lässt auch keinen Schmelzfluss der Tage zu, wo der Raum sich dehnt. Wenn sich die Starrheit die Materie vakuumgekühlt auflöst, wird das Wachstum der Erde gefördert. Gleich bleichem Sinnen über den wechselhaft wabernden Zeitstrom verbirgt sich hinter der Sonne die Fülle des Ganzen. Und das Universum huldigt seinem Schöpfer. Das ruhige Lächeln der Leichenträger spiegelt sich in den Augen unzähliger Weltenreisender.

Fallendes Licht




Das fallende Licht reitet über die Steppe, aus der ich hervorgegangen bin und die mir Leben einhauchte für eine bemessene Zeit zwischen Geburt und Tod, gefangen in einem physikalischen Gerüst, das mich unter der Schwerkraft nicht loslässt und mir ein Leben auf der Erde ermöglicht, damit ich allen der Natur gegebenen Prämissen unterworfen bin, und teilnehmen kann am Fortschritt, an den Errungenschaften der Technik und der physikalischen Welt, um Luxus ohne Armut erleben zu können, sofern ich dazu beitrage durch Anstrengungen jeglicher Art. Es ist jener rote Stern, der mich ausgespuckt und auf die Steppe geworfen und unter das einfallende Licht gelegt hat.

Impressum

Texte: Alle Rechte liegen beim Autor
Tag der Veröffentlichung: 14.02.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Klaerchen

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