Im Jahre 2153 gelang es der Organisation Tora Kiso einen unglaublichen Riesenroboter mit dem Aussehen eines Tigers fertig zu stellen. Er wurde gebaut, um der Erde den Frieden zu schenken, wenn es wieder einmal zu einem Krieg kommen sollte. Nach den Testphasen wird der Riesentiger für einsatzfähig erklärt. Nur Jugendliche im Alter ab 16 Jahre sind in der Lage diesen Roboter zu steuern. Ein kleiner Junge namens Eien Kin steigt eines Tages voller Tatendrang in den Tiger ein, doch er wusste noch nicht auf was er sich da eingelassen hatte. Da er noch keine spezielle Ausbildung hatte, wusste er auch nicht, wie so ein Roboter funktionierte. Heimlich flog er mit ihm in das Weltall und feuerte ungewollt von dort aus riesige Raketen auf den wunderschönen Planeten Erde herab, die den Planeten fast vollständig zerstörten. Es kam zu einer noch nie da gewesene Katastrophe: „Die gewaltige Explosion!“ Der Meeresspiegel stieg enorm an und Unruhen folgten. Die Menschheit reduzierte sich in wenigen Sekunden um die Hälfte. Das hatte Eien nicht gewollt. Völlig weggetreten floh er mit dem Riesentiger aus seiner Heimatstadt New Tokyo.
Zwanzig Jahre später wurde die Organisation Tora Kiso wieder aufgebaut und die Pläne neu in Arbeit genommen. Die Produktion des Tigers war offiziell streng geheim. Kein einziger Zivilist wusste etwas davon. Die Leiterin der neu aufgebauten Organisation plante sogar die Produktion von noch mehreren Tigern. Sie verteilte Aufträge in den verschiedensten Ländern der Erde.
Weitere fünf Jahre später waren die ersten drei Tiger fertig. Man beschloss mit ihnen, nun den seit über zwanzig Jahren verlorenen Tiger wieder zu finden. Doch es mussten noch die richtigen Piloten gefunden werden.
Es gab aber auch eine dunkle Seite. Die Sharks, so genannte Riesenroboterhaie, waren auf der Suche nach den zehn Kristallen, die den allmächtigen Tiger erwecken sollten. Einer Legende nach, kann er nicht nur die Welt retten, sondern sie auch vernichten. Nachdem nun auch Tora Kiso hinter dem Geheimnis der Kristalle gekommen waren, begann ein erbitterter Kampf um den Planeten Erde.
Die gewaltige Explosion!
Ich hätte nicht geglaubt, dass ich es jemals schaffen würde. Heute Nachmittag habe ich meine beste Erfindung erschaffen. Es ist ein Riesen-Roboter. Ich habe ihn gold-farbig lackiert. Mein Chef wollte, dass ich ihm eine geheime Waffe erbauen solle, die den nächsten Weltkrieg verhindern kann. In den nächsten Tagen werden wir einige Tests mit dem Roboter durchführen. Aber wir benötigen dazu noch einen Piloten. Ich wünsche mir, dass sich mein Sohn Eien damit einverstanden erklärt, diese Test durchzuführen. Doch leider habe ich dabei irgendwie bedenken ...
Auszug aus dem Tagebuch von Yuka Kin, 2153-02-14
Yuka Kin wusste, weshalb sie ihn erbauen sollte. Als Leiterin der geheimen Organisation Tora Kiso hatte sie den Auftrag bekommen, eine ultimative Geheimwaffe zu erschaffen, die jedenfalls den nächsten Weltkrieg verhindern sollte.
Endlich, nach langen Jahren voller harter Arbeit, gelang es ihr endlich, diese so genannte Geheimwaffe zu entwickeln. Ihr vollendetes Werk war ein Roboter gewesen. Er hatte das Aussehen eines großen Tigers gehabt, allerdings aus einem furchtbar teurem Metall, das jegliche Kratzer vermied. Noch einmal strich sie über die metallharte Rüstung des Roboters.
„Ein wahrlich wunderschönes Werk.“, lobte sie sich selber.
Voller Stolz verließ sie ihr mit Fensterglas versiegeltes Atelier und ging zu ihrem Büro, welches nicht gerade weit entfernt lag. Sie konnte jederzeit sehen, wann sich jemand an ihrem Kunstwerk zu schaffen versuchte. Ihr Büro war voller Computer und aller möglichen High-Tech-Geräten ausgestattet. Langsam nahm sie ihr auf dem Schreibtisch liegende Handy in die Hand, wählte einige Zahlentasten und wartete gespannt, dass der von ihr angerufene Kollege auf der anderen Seite der Leitung abnehmen würde. Sie hörte ein leises tuten. Die Leitung war also nicht besetzt. Sie konnte sogar damit rechnen, dass jemand das klingelnde Handy oder Telefon abnehmen würde. Nach nur wenigen Sekunden hörte das tuten auf und eine ältere Stimme meldete sich: „Zentrales Leitungsbüro. Tsuwa hier.“
Yuka kannte diese Stimme und antworte: „Ich bin es. Tsuru, es ist vollbracht. Ich habe ihn fertig gebaut. Sie müssen sich ihn ansehen!“
„Sehr gut, Yuka-Schatz. Eine wahrlich feine Arbeit, die du da geleistet hast. Einen Augenblick bitte, ich komme gleich zu dir herüber.“, sagte Herr Tsuwa und legte auf.
Yuka legte ebenfalls auf und wartete auf ihren Chef. Nervös ging sie in ihrem Arbeitszimmer hin und her, blickte einige Male auf ihren Computer und lief wieder zu ihrem meisterhaft gold- glänzenden Roboter. Mit Stolz in ihren grünen Augen kletterte sie auf ein Gerüst, welches rings um den Tiger erstellt wurden war und wischte mit einem halb feuchten Tuch, das auf der Brüstung des Gerüstes lag, den nun neu herunter gefallenen Staub ab. Sie blickte zur Türe und schaute sich im ganzen Raum um. Früher diente dieser Raum als Lagerhalle, aber mit Müh und Not baute die fleißige Bastlerin ein riesiges Atelier daraus. Viel größer und höher als eine normale Wohnung sollte es werden. Ein Traum war in Erfüllung gegangen. Jetzt hoffte sie nur, dass ihr Meisterwerk auch wirklich funktionierte. Da ertönte ein Signal im Raum und Yuka wusste, dass jemand vor der Eingangstür stand. Sie ging vom Gerüst herunter, lief zur Tür und betätigte eine kleine grüne Taste, die sogleich die Tür zur Seite hin öffnen ließ. Ein Herr im Rentenalter in einem feinen grauen Anzug betrat den Raum.
„Wo ist er?“, fragte Tsuru Tsuwa sofort als er Yuka bemerkte.
Yuka antworte: „Er ist wie jedes meiner Erfindungen im Atelier.“
„Darf ich ihn sehen?“ Herr Tsuwa wartete nicht auf die Antwort und lief im schnellen Tempo hinüber zum Atelier und bestaunte den Roboter.
Yuka hatte kaum eine Chance mit ihm mitzuhalten. Im Atelier angekommen meinte sie zu ihrem Chef: „Ich nennen ihn T-00. Das ‚T‘ steht für Tora, also Tiger. Die Null habe ich ihm gegeben, weil er erst einmal ein Prototyp ist. Wenn die späteren Tests gut verlaufen, möchte ich gerne noch mehrere bauen. Mit ihrer Erlaubnis natürlich, Chef.“
Aber ihr Chef vernahm ihre Worte nicht. Er war so faszinierend von dem über etwa dreißig Meter hohen Robotertiger, dass er noch mal nach fragen musste.
„Aber selbstverständlich, werde ich die Anordnung für weitere solche Roboter geben. Ich möchte doch unsere Sicherheit nicht aufs Spiel setzen.“, antworte er, als Yuka ihre Worte wiederholte.
Yuka bedankte sich bei ihrem Vorgesetzten. „Ich danke ihnen! Ich habe auch schon dafür einige Ideen.“
Herr Tsuwa nahm endlich den Blick von dem Roboter und schaute Yuka ernsthaft an. „Heute nicht mehr, Yuka. Geh nach Hause und entspanne dich für den Rest der Woche. Ich werde dann sämtliche Maßnahmen veranstalten, damit wir rechtzeitig nächste Woche mit den Tests beginnen können. Ich rufe dich dann an, wenn ich dich auch unbedingt brauchen sollte.“
Yuka gab ihr Einverständnis und fing an, ihre Sachen zu packen. Sie nahm einen großen Aktenordner vom Schreibtisch, steckte ihn in einen Koffer und holte noch ihre Jacke von einem Garderobenhacken, der in der weißen Wand verankert war. Sie ließ ihren Tiger nur zu ungern alleine. Schließlich ging sie zusammen mit ihrem Chef zur Tür, löschte das Licht und schloss die Tür hinter sich ab.
Nun standen beide auf dem Gang, welcher mindestens drei bis vier Elefantenbreiten groß war. Wenige Deckenlampen ließen den Gang erhellen.
„Wo gedenken sie eigentlich die Tests zu durchzuführen?“, fragte Yuka ihren Chef als sie über den Flur marschierten.
Herr Tsuwa überlegte einen Moment und antwortete dann: „Ich glaube, wir können ihn am Fujiyama testen. Das Gebirge ist so gewaltig, dass es auf ein paar kleine Berge weniger nicht mehr darauf ankommen wird.“
Yuka blieb die Spucke im Halse hängen als die treue Naturliebhaberin diese Worte hören musste. „Ich kann da nun wirklich nicht zusehen. Sie wollen ein paar Berge, nur wegen einige kleine Tests mit diesem Riesending, einfach so zerstören. Ich als Naturfreundin sage ihnen, dass sie ihre Tests lieber in einer Wüste veranstalten sollten.“
Doch gegen das folgende Argument ihres Chefs, konnte sie sich nicht durchsetzen. „Wir wollen nicht wissen, wie viel Grad Celsius das Ding aushalten kann. Ich möchte wissen, wie groß seine Durchschlagskraft ist.“
Yuka schnaufte und zog eine ziemlich arge Grimasse. Nicht einverstanden verabschiedete sie sich von ihrem Chef an der Personal-Hinterausgangstür und sagte mit etwas Wut im Bauch ihm auf Wiedersehen. Vor dem Gebäude schloss sie zweimal die Tür zu und lief die Eisentreppe zur Straße herunter. Ihr Fahrrad war an einem Eisengitter unterhalb der Treppe angekettet. Ihre schlechte Laune verzog sich, als sie mit dem Drahtesel die Einfahrt herab fuhr. Auf der Straße unten angekommen, schaute sie das auf einem Berg stehende Gebäude an. Ganz oben auf dem Dach leuchtete die Reklameaufschrift eines Krankenhauses.
„Das dient doch nur zur Tarnung.“, dachte sie sich, „Trotzdem gibt es wirklich auf der anderen Seite dieses Gebäude ein echtes Krankenhaus.“
Dann neigte sie ihren Blick wieder auf die Straße, trat kräftig in die Pedalen und ließ den Sonnenuntergang hinter sich.
***
Ungeduldig saß Eien Kin vor dem Fernseher im Wohnzimmer. Es kam gerade einer seiner Lieblings-Animes. Doch diese Folge kannte er schon, deshalb schaltete der 17-jährige sich mit der Fernbedienung durch etliche TV-Kanäle. Mehrmals schaute er dabei auf die Uhr. Sieben Uhr und Zweiunddreißig Minuten zeigte sie jetzt an. Es dauerte also mindestens noch einige Stunden, bis seine Mutter nach Hause kam. Er wollte ihr eine Freude tun, schaltete den Fernseher aus, legte die Fernbedienung auf den Boden und stand auf.
Dann zog er sich seine Windjacke und die Straßenschuhe an, holte noch seinen Wohnungsschlüssel und schloss hinter sich die Tür. Er war fertig angezogen und bereit seine Mutter von der Arbeit abzuholen. Doch erreichen würde der blauhaarige Teenager sie dort nicht mehr, denn er wusste ja nicht, dass seine Mutter schon auf dem Heimweg zu ihm war. Hier und da bog er in einige Straßen ein und erreichte bald die U-Bahn-Stadion. Zehn Haltestellen musste er nur bis zu ihrer Arbeit fahren.
„Was das wieder an Fahrgeld kosten wird?“, überlegte er sich.
Doch dann viel ihm noch ein, dass er sich erst neulich eine Jahreskarte geholt hatte. Er brauchte nicht lange zu warten bis die U-Bahn kam. Als sich die Türen öffneten, stieg er geschwind ein. Im nächsten Augenblick schlossen sich die Türen auch wieder und Eien fuhr in die Richtung, wo die Arbeit seiner Mutter lag.
Langsam drängelte er sich durch die Menschenmenge, die den Gang halbwegs versperrten. Als er fast das Ende der Untergrundbahn erreicht hatte, sah er noch einen leeren Sitzplatz. Sogleich setzte er sich hin und die etwas ältere Dame, die sich ebenfalls diesen Sitzplatz ausgesucht hatte, musste zusehen, wie Eien seinen MP3-Player aus der Jackentasche holte, die Kopfhörer in die Ohren steckte und mitsummend die Lieder anhörte, die er sich vor wenigen Tage aus dem Internet herunter geladen hatte. Die Fahrt dauerte lange und Eien wäre beinahe eingenickt, wenn er nicht die Haltestellenansage wahrgenommen hätte. Er erhob sich vom Platz und gesellte sich zur Ausgangstür und schaute hinaus. Schnell raste die U-Bahn durch die langen Tunnels von Japan hindurch und bald vernahm er eines kleines Licht aus der Ferne. Im Hand umdrehen hielt die U-Bahn an der Haltestelle, wo er aussteigen musste. Die Türen öffneten sich automatisch und Eien bewegte seine Füße auf den Bahnsteig. Eilig ging er zu der Treppe hin, die mit dem Schild „Ausgang“ versehen war. Er schaute zurück und sah nur noch dir Rücklichter der U-Bahn, bis diese am Horizont verschwanden. Mit flottem Tempo nahm er gleich zwei Stufen auf einmal.
An der Oberfläche wieder angelangt, ging er einige Meter gerade aus, die Straßenpassage entlang. Hier und da standen einige kleine Imbissbuden, die ihn nicht weiter interessierten. Die Passage endete an einem Bahnhof und dahinter sah man riesigen Gebirgsketten. Eien betrat die große Eingangshalle des Bahnhofes und lief hinüber zu einem Schalter. Ein Schild wies ihn darauf hin, dass der Fahrkartenverkäufer nicht da war. Er musste sich also die Fahrkarte an einem Automaten holen, der auf dem Bahnsteig stand. Der Teenie wartete etliche Minuten, bis die neuste S-Bahn dieser Strecke anhielt. Eien hörte dass Quietschen der Bremsen nicht und so brauchte er sich nicht mehr die Ohren zuhalten, wie es vor paar Jahren, als er noch ein kleines Kind war, der Fall gewesen war. Kurzerhand später öffnete er die Türen mit der linken Taste neben der Tür. Er stieg ein und fuhr weiter. Zwei Stationen später stieg er auch schon wieder aus und verließ den Bahnsteig und ebenfalls den Bahnhof.
Vor dem Bahnhof war eine Straße, welche bis zum Gebirge hin reichte. Er ging zum rechten Straßenrand. Somit sah er jedes auf ihn zukommende Verkehrsmittel, denn in Japan und seiner Hauptstadt herrschte Linksverkehr auf den Straßen. Zehn Minuten später stand er vor der Auffahrt eines Berges zu einem Krankenhaus. Da er wusste, dass seine Mutter vom Hinterausgang kam, lief er im schnellen Tempo um das Krankenhaus herum und stieg die große Eisentreppe hinauf. Er klopfte mit geballter Faust kräftig an die Hintertür, doch niemand öffnete ihm. Vorsichtig bewegte er die Türklinke nach unten und welch ein Glück. Jemand hatte vergessen diese Tür abzuschließen. Langsam betrat er den für ihn unbekannten mit wenig Licht beleuchteten Gang. Denn jedes Mal wenn er seine Mutter abholen ging, musste er draußen auf sie warten.
Weit und breit war niemand zusehen. Nicht einmal ein einziger Mitarbeiter des Krankenhauses. Leise schlich er sich durch das Gebäude. Etwa dreiunddreißig Meter von ihm entfernt, sah er eine Tür, die etwas geöffnet aufstand. In diesem Raum brannte noch Licht. Er trat näher heran und neben dem Türrahmen hang ein Schild: „Atelier und Büro. Frau Yuka Kin. Abteilungsleiterin Projekt Tiger“. Eien wunderte sich, was das Schild zu bedeuten hatte. Er versuchte einen Blick durch die Tür zu erhaschen. Doch als er seinen Kopf durch den Spalt steckte, zog er ihn auch wieder schnell zurück. Seine blauen Augen bemerkten einen Mann nicht mehr jungen Alters. Dieser Herr schaute ein riesiges goldschimmerndes Ding an. Es sah aus wie ein auf zwei Beinen stehender Riesentiger in einer goldenen Farbenpracht. Noch einmal schaute er durch den Türspalt. Jetzt stand der ältere Herr an einem Schreibtisch und nahm den Hörer eines Telefons in die Hand. Er wählte einige Ziffern, die Eien aber nicht lesen konnte, da der Schreibtisch weit von ihm entfernt war. Er hörte den Mann sagen: „Ich bin es. Es ist soweit. Den Tiger werden wir übermorgen auf das Gelände lassen. Komm bitte mit dem Lastwagen, damit wir ihn dann ins Gebirge bringen können. Frau Kin und ich werden die Testphasen dann durchführen. Pass aber auf, dass keiner einen Verdacht schöpft!“
Es folgte eine Pause und Eien bemerkte den links neben ihm aus Mahagoniholz stehenden Schrank. Die Schranktür war nicht zu und somit huschte er schnell hinein. Blitzartig schloss er die Schranktüre, ließ sie aber eine Fingerbreite offen, damit er alles verstehen konnte, was der komische Typ im Anzug zu sagen hatte. Die Pause war zu Ende und der ältere Herr sprach weiter: „Übermorgen. Punkt 9 Uhr. Ich werde soweit alles fertig vorbereitet haben.“
Der alte Mann legte auf, schaute noch einmal zu dem riesigen Kunstwerk von Yuka Kin, dann verließ der Vollrentner den Raum. Das Licht ließ er aber an. Eien vermutete, dass der Rentner wieder zurück kommen würde. Eien öffnete die Schranktür mit einem krächzen und trat heraus. Er lief zu dem Riesenroboter, blickte von unten auf ihn hinauf und kam aus dem Staunen nicht mehr hinaus. Für einen kurzen Moment glaubte er, dass der Tiger ihn angelächelt hatte. Langsam betrat er die Leitersprossen, die am Gerüst um den Roboter, aufgebaut wurden waren. Völlig gespannt blickte er in die wie zwei aussehenden Augen des Roboters. Er sah sehr viele Knöpfe und Hebel. Eien fragte sich, wofür der Roboter gebaut wurde war und warum seine Mutter für dieses Projekt arbeitete. Er musste sie also fragen.
Nun wollte er noch mehr sehen und presste sein Gesicht härter an die dunklen Plastikscheiben. Wenig später kletterte er auf einer anderen Leiter weiter hoch, bis er endlich am Kopf des Tigers angekommen war. Durch eine ungeschickte Bewegung, rutschte er plötzlich vom Gerüst und versuchte sich irgendwo festzuhalten, doch nirgends war ein guter Griff und somit fiel er durch die Scheiben in das Innere des Roboters.
***
Völlig verschwitzt stellte Yuka ihr Fahrrad vor der Haustür ab. Nahm ihren Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Haustür. Drinnen wechselte sie sofort ihr Schuhe mit warmen Pantoffeln aus, verankerte danach die Tür im Schloss und stellte ihre Tasche daneben ab.
„Ich bin wieder da!“, rief sie durch die Wohnung und wartete darauf, dass ihr Sohn ihr entgegen kam. Doch Eien kam nicht. Eilig lief sie die Treppenstufe zu seinem Kinderzimmer hinauf und blickte in sein Zimmer. Es war ordentlich aufgeräumt, doch ihr geliebter Sohn war nicht da. An nichts schlimmes denkend ging sie die Treppenstufen wieder herunter und lief in die Küche. Dann setzte sie sich einen Kaffee auf und schlürfte zurück ins Wohnzimmer.
Nicht einmal einen Zettel hatte ihr Sohn ihr hinterlegt, obwohl sie ihm eingetrichtert hatte, wenn er das Haus verlassen würde, eine kleine Notiz für sie zu hinterlassen. Sie konnte ja nicht ahnen, dass Eien gerade auf ihrer Arbeit ist und sie abholen würde. Etwas angespannt schaltete sie den Fernseher an. Die Fernbedienung lag auf dem Fußboden. Sie vermutete, dass Eien wohl noch vor kurzem fern gesehen hatte. Entspannt setzte sie sich auf den Sessel, doch da klingelte das Telefon. Mühselig stand sie wieder auf und ging zum Treppengelände, wo auf einem kleinen Tisch, das Telefon stand. Gelassen nahm die 43-jährige den Hörer ab. Eine ihr bekannt Stimme meldete sich. Es war ihr Ex-Mann.
„Was willst du denn schon wieder!“, brüllte sie in den Hörer.
„Ich weiß, dass du mich nicht mehr sehen willst, aber am nächsten Wochenende ist es wieder so weit, dass ich Eien für die zwei Tage bekommen darf. Und ich will mit ihm einmal nach China fliegen. Er liebt das Ausland doch so sehr.“
„Ja schon, aber hast du gestern mal an seinen 17. Geburtstag gedacht?“, fragte sie ihren Ex-Mann.
„Deswegen rufe ich doch jetzt an! Ich hatte gestern etwas wichtiges zu tun. Man braucht mich am Set und ich bin nun mal der Regisseur - der wichtigste Mann also.“, beruhigte er Yuka.
„Ja, ja. Du und dein Beruf!“
„Kann ich mit Eien reden?“
„Tut mir leid. Dein Sohn ist gerade nicht zu Hause. Vermutlich spielt er irgendwo mit seinen Freunden. Ach, was weiß ich!“
„Das ist aber Schade! Sagst du ihm wenigsten, dass ich angerufen habe. Ich bin noch bis gegen 23 Uhr auf.“
„Ist gut. Ich werde es ihm ausrichten. Tschüß.“, sagte Yuka gelassen.
Yukas geschiedener Ehemann verabschiedete sich ebenfalls. Dann schaltete sie das Telefon ab. Sie wollte jetzt ihre Ruhe haben. Diesmal setzte sie sich auf die Couch und schaute von dort aus weiter fern.
***
Er erwachte aus seiner Bewusstlosigkeit. Seine Augen zeigten ihm völlige Dunkelheit und es dauerte eine Weile bis sich seine Augen daran gewöhnt hatten. Endlich konnte er die Steuerzentrale des Roboters genauer betrachten. Direkt vor ihm lag ein riesiges Armaturenbrett mit vielen Knöpfen und einem Standmikrofon. Er schaute sich um und bemerkte, dass er auf einem wunderbaren schwarzen Ledersessel saß. Eiens Augen wurden größer und in einer Art Trance betätigte er einen hellgrünen Knopf, auf dem mit einen Aufkleber geschrieben stand: Start.
Mit einem unbetäubendem Lärm kamen mehrere Stichflammen aus den Raketen am Rücken des Tigers, die relativ größer wurden. Langsam erhob sich der Tiger in die Luft. Dann wurde er schneller und schnellerer. Eien bekam durch den Druck, den der Tiger beim fliegen erzeugte, einen kleinen Schock. Dabei berührte er einen großen blauen Hebel. Jetzt beschleunigte der Tiger seine Geschwindigkeit noch mehr und zerbrach mit einem gewaltigen Krachen das Dach des Gebäudes. Lauter kleiner Splitter des Daches flogen auf den Boden hinab und hinterließ eine gewaltige Staubwolke, die sich später auflöste. Der Druck wurde nun ebenfalls im Cockpit größer und Eien fiel ohnmächtig in den Sessel.
Durch den gewaltigen Krach, den der Tiger verursacht hatte, wurde der Leiter der Organisation, Tsuru Tsuwa, aufmerksam und eilte mit einem enormen Tempo in das Atelier von Eiens Mutter. Eilig riss er die Tür auf und bemerkte sofort, dass der Tiger nicht mehr da stand, wo er eigentlich stehen sollte. Aber das Gerüst stand noch. Schnell ging er zu der Stelle, wo die Splitter des Daches zu sehen waren. Dann schaute er in die Luft und wunderte sich über das große Loch in der Deckenwand. Nur ungenau nahm er noch den kleinen schwarzen Punkt im Himmel wahr. „Ist das der Tiger?“, wunderte er sich halblaut. „Wer mag ihn wohl steuern? Frau Kin habe ich doch nach Hause geschickt und den Rest des Personals auch.“ Ungeduldig lief der Chef der Tora Kiso hin und her, ergriff dann den Hörer des Telefons und wählte eine Nummer.
***
Eine Weile später erwachte Eien wieder auf und schaute aus den Augen des Tigers hinaus. Die Sonne verschwand und allmählich wurde es dunkel. Der Tiger stand in der Luft. Eien drehte sich zur linken Seite. Am Arm des Sessels war eine kleine Schublade eingebaut. Er öffnete diese und holte ein kleines Heft heraus. Es war die Kopie einer Bedienungsanleitung für den Tiger. Neugierig blätterte Eien die Anleitung durch und blieb bei dem Stichpunkt „So bewegen sie den Tiger“ stehen. Hin und wieder schaute er auf das Armaturenbrett und in die Anleitung. Dann drückte er einige Knöpfe auf dem verschieden Pfeilen aufgeklebt waren.
Der Tiger lehnte sich langsam nach vorne und flog dann gerade aus in Richtung Horizont. Eien konnte nun den Tiger steuern. Seine Augen leuchteten auf. Dann betätigte er einen Hebel nach unten und der Tiger flog weiter in die Höhe. Entspannt lehnte er sich in den Pilotensessel und lenkte ihn, wie es ihm gefiel. Es sah so aus, als ob er einen kleinen Ausflug mit dem mechanischen Wesen vorhätte. Das sollte einige Stunden dauern.
Ungefähr zwei Stunden später war Eien wieder mit dem Tiger über dem Dach des Ateliers seiner Mutter angekommen. Die Nacht war inzwischen herein gebrochen. In Ruhe steuerte er den Tiger zu Boden. Als er unten ankam, stieg er eilig aus und schaute sich um. Der Tiger stand nicht haargenau an der Stelle, wo er eigentlich vorher stand. Das Licht war noch an, aber keiner war im Zimmer. Eien beeilte sich, aus dem Raum zu kommen. Er lief in schnellen Schritten den Gang zur Ausgangstür zurück und schloss mit einem leisen Klicken das Türschloss. Eigentlich hatte Eien schon unglaubliche Abendteuer erlebt, aber keines war so spannend für ihn gewesen, als diese kurze Flugreise mit dem Tiger. Er wusste jetzt schon, dass er bald wieder kommen würde. Nichts sollte den jungen Mann davon abhalten.
Hastig eilte er die Treppe hinunter und lief so schnell, wie ihn die Beine trugen, den gleichen Weg mir der S- und U-Bahn nach Hause, wie er hergekommen war.
***
Am nächsten Morgen stand Eien schon sehr zeitig auf. Noch etwas verschlafen kroch er langsam aus seinem Bett und zog sich gemütlich an. In frischen neuen Sachen machte er das Bett, zog die Decke glatt und schüttelte das zerknitterte Kissen aus. Anschließend legte er noch eine ordentliche Tagesdecke über den Bettbezug. Jetzt war Eien schon munterer, ging aus seinem Zimmer und huschte ins Bad. Dort wusch er sein Gesicht, putzte die Zähne und trank noch schnell eine Handvoll klares Trinkwasser. Nun war er total munter. Gut gelaunt ging er die Treppe in das Wohnzimmer hinunter. Aus der Küche hörte er einige Geräusche. In der ganzen Wohnung duftete es nach frischen Pfannkuchen. Schnell eilte er dem Geruch der Nase nach.
Der Tisch war gedeckt und Yuka Kin stand mit einem Teller fertiger Pfannkuchen vor ihrem Sohn. „Guten Morgen, Eien!“
„Morgen, Mutter!“, begrüßte er sie.
„Komm und setzt dich, du brauchst erst mal etwas in deinen Magen!“
„Dankeschön.“ Eien setzte sich an den Tisch und holte sich mit den Fingern einen Pfannkuchen auf seinen Teller. Genüsslich verspeiste er das gut duftende Gericht seiner lieben Mutter.
„Wo warst du gestern eigentlich noch?“, fragte Yuka ihren Sohn, die sich gerade neben Eien setzte.
„Ach weißt du, ich bin gestern noch zu Toji gegangen.“, log Eien seine Mutter an. „Wir haben sein neues Computerspiel ausprobiert. Das war echt der Wahnsinn, das muss mich mir unbedingt noch kaufen.“
„Dann ist ja gut. Ach übrigens dein Vater hat gestern noch angerufen. Er wollte dich noch etwas fragen. Rufst du ihn dann zurück?“
„Der meldet sich erst jetzt?“, Eien hätte sich beinahe verschluckt. „Der kann noch auf seinen Rückruf warten! Ich gehe dann erst mal zu Shinichi. Wir wollen heute wieder Racerball spielen gehen. Toji wird auch kommen!“
„Racerball? Was ist denn das?“ Yuka stutzte.
„Das hat eine Ähnlichkeit mit Fußball“, begann Eien. „Nur dass der Ball, der sogenannte Air-Ball, elektromagnetisch ist und in der Luft schwebt. Wir fahren mit den Air-Boards hin und her und versuchen den Air-Ball in das gegnerische Tor zu kicken.“
„Aha. Da weiß ich erst mal bescheid. Verstehe.“
„Also, ich muss dann los! Tschüß. Es wird spät werden.“, verabschiedete sich Eien und kaute noch einen letzten Pfannkuchen hinunter. Dann schlüpfte er eilig in seine Schuhe und verließ die Wohnung.
„Pass auf dich auf!“, rief Yuka ihm noch hinterher.
Dann setzte sie die Tür ins Schloss, räumte noch schnell den Tisch ab und holte den Wohnungsschlüssel vom Schlüsselbrett. Sogleich zog sie sich - wie Eien vorhin - die Schuhe und ihre Jacke an. Angezogen öffnete sie die Tür und schloss diese wieder. Dann öffnete sie das Schloss, das gut mit einem Zahlencode verkettenden Fahrradschloss versehen war. Und mit kraftvollen Tritten in die Pedalen, fuhr sie zu ihrer Arbeit. Sie hatte gestern Nacht noch einen Anruf bekommen, über den sie heute noch mit ihrem Patenonkel reden musste.
***
Ihre Kleidung war durchgenässt, als sie an der Eisentreppe ankam. Dann schloss sie ihr Fahrrad an der selben Stelle - wie immer - am Eisengitter an. Sogleich hastete sie die Treppe hinauf, holte für die Tür den richtigen Schlüssel aus ihrer Tasche heraus und öffnete diese sofort. Die Tür gab gar kein Geräusch von sich. Langsam blickte Yuka in den Gang. Er war immer noch so dunkel. Tsuru sollte die Glühbirnen einmal wechseln, meinte sie. Dann fiel ihr Blick auf eine hagere Gestalt auf sie zukommen.
„Da bist du ja, Yuka.“, sagte die Person, die nun im Lichtschein sichtbar wurde.
Es war Tsuru Tsuwa, Leiter der Organisation und sogleich Patenonkel von Yuka Kin. „Komm mit, ich muss dir es zeigen.“, begann er und beide machten sich auf den Weg zu Yukas Büro. „In deinem Atelier ist gestern Abend eingebrochen wurden. Ich kann mir nicht vorstellen, wer es war. Keiner außer mir war gestern noch da.“
„Ist etwas weggekommen?“, erkundigte sich sofort Yuka.
„Ich war gerade in meinem Büro, als ich auf einmal ein lautes Klirren hörte. Sofort eilte ich in dein Büro, um nachzusehen, was da vor sich ging und da sah ich es ...“
„Was hast du gesehen, Tsuru?“
"Der Tiger. Er war weg! Einfach weg und im Dach schaute mich ein riesiges Loch von oben an.“
Yuka öffnete die ihre Bürotür und sah den Tiger in der Mitte des Raumes stehen. „Er ist doch gar nicht weg. Siehst du ihn denn nicht, Onkel? Da steht er doch!“ Sie deutete auf die riesige Blechgestalt.
Stimmt. Er ist wieder da, aber das Loch ist noch da. Also habe ich nicht geträumt. Jemand hatte für kurze Zeit den Tiger entwendet. Ich glaube es waren mehr als zwei Stunden.“, kombinierte der ältere Mann mit aufregender Stimme.
„Ja ich sehe es. Ich werde mich gleich um diese Angelegenheit kümmern. Geh ruhig in dein Büro. Lass mich nur alles machen.“
„Ist gut, Yuka. Wenn etwas sein sollte, komm zu mir rüber.“, sagte Tsuru und eilte aus dem riesigen Zimmer hinaus.
***
Der Tag neigte sich zum Ende. Die Sonne ging schon unter, als Eien vor der großen Tür des Hinterausgangs der Organisation Tora Kiso ankam. „Hoffentlich ist meine Mutter schon weg. Jedenfalls sehe ich ihr Fahrrad nicht mehr.“, überlegte er.
Langsam drückte er die Türklinke nach unten, doch diesmal war sie verschlossen. Was nun, dachte er sich und fing an, mächtig zu überlegen. Er biss auf seiner Unterlippe herum - was er übrigens jedes Mal tat, wenn er überlegte. Er kam aber zu keiner passenden Lösung.
Da fiel der Blick seiner Augen auf ein Messer, das unterhalb der Eisentreppe lag. Das war es! So konnte er in das Gebäude hinein gelangen. Schnell eilte er die Eisentreppe hinunter und hob das verdreckte Messer auf. Anschließend versuchte er das Türschloss mit dem dreckigem Messer zu öffnen. Es gelang ihm. Nach nur wenigen Sekunden, schaffte er es. Die Tür war offen und Eien trat in das Gebäude hinein.
Der Gang war immer noch dunkel beleuchtet und Eien lief ihn wieder entlang, bis zur Tür von dem Büro seiner Mutter. Doch diese Tür war auch verschlossen und somit musste er nun zum zweiten Mal eine Tür mit einem Messer als Dietrich öffnen. Und wieder gelang es ihm. Er dachte schon an einen Beruf als Türschlosser.
Behutsam betrat er den Raum. Der Tiger stand noch immer in der Mitte. Das Geländer um den Roboter herum war auch verschwunden. Eien schaute sich um. Die Glassplitter waren weg und die Decke des Gebäudes war in Ordnung. Es sah so aus, als wäre gestern Abend gar nichts gewesen. Langsam ging er hinter den Tiger und begutachtete die großen Raketenantriebe. Dann bemerkte er einen Knopf mit der Aufschrift „Push“. Neugierig betätigte er den Knopf und eine Seitentür öffnete sich. Nach und nach kam eine Leiter zum Vorschein, die in das Innere des Tiger hinein führte. Entschlossen betrat Eien die erste Leitersprosse. Dann bestieg er die Zweite, die Dritte und so weiter, bis er im Inneren nicht mehr zusehen war.
Leider hatte Eien keine Ahnung gehabt, das er diesmal von einer Kamera beobachtet wurde, die jede kleine Beobachtung im Raum sofort aufnahm. Yuka Kin hatte sie vor wenigen Stunden in einer Ecke des Zimmer eingebaut, denn sie wollte unbedingt wissen, wer den Tiger letzte Nacht entwendet hatte.
Die Tür schloss sich automatisch und Eien war nun entgültig im Tiger verschwunden. Als er im Cockpit des Tigers ankam, bemerkte er sofort, dass das Auge des Tigers ebenfalls repariert wurden war. Langsam eilte er aus der Luke hinaus, die ihm den Weg nach oben verschafft hatte, und setzte sich auf den Ledersessel. Mit einem schnellen Zischen eilten aus der Lehne einige Gurte heraus und fesselten ihm im Sessel fest. Ungeduldig zerrte er an den Gurten heran. Doch das half nicht. Die Gurte verengten sich immer mehr. Eien fing an zu schwitzen. Er beruhigte sich und saß dann ganz still im Sessel. Langsam hörte das Zerren der Gurte auf. Gespannt schaute er um sich herum und an den Lehnen sah er einen lila Knopf. Wieder drückte er einen Knopf, ohne jegliche Ahnung, was danach wohl passieren würde. Eien war einfach zu neugierig. Seine Mutter hatte ihm oft gesagt, dass ihm seine Neugier eines Tages umbringen würde. Doch er wollte einfach nicht auf seine Mutter hören.
Ein leises Geräusch wurde lauter und lauter, bis es zu einem Ohrenbetäubenden Fiepen in seinen Ohren kam. Eien drückte sie mit seinen Händen zusammen. Er konnte das Fiepen einfach nicht hören. Wieder fing er an zu schwitzen und verlor diesmal seine Selbstbeherrschung. Hastig drückte er den grünen Startknopf. Er dachte sich, dass das Fiepen somit aufhörte. Er hatte Recht. Es wurde still im Inneren des Roboters. Abermals kamen die großen Stichflammen aus den Raketen und der Tiger erzeugte wieder einen Lärm und zum zweiten Mal steuerte Eien den Tiger in die Luft. Dabei zerstörte er auch nun wieder das neue Dach. Er staunte nicht schlecht, als er zum zweiten Mal den Tiger steuerte. Sein Herz pochte, wie als würde er von einem heißblütigem Killer gejagt werden. Auch diesmal stieg wieder ein riesiger Druck im Inneren des Tigers an und Eien wurde abermals bewusstlos.
***
Der Tiger schwebte ihm Weltraum umher, als Eien wieder zu Bewusstsein kam. Er schreckte auf und drückte unwillkürlich mit seinem Fuß einen kleinen roten Knopf unterhalb des Armaturenbretts des Tigers. Ein ungewollter Fehler von ihm. Er würde es noch bereuen, jemals in den Tiger eingestiegen zu sein. Denn durch die Betätigung es Knopfes öffneten sich an der Brust des Tigers mehrere riesige Öffnungen und mindestens ein duzend Raketen flogen auf die Erde hinab, welche eine ungeheuerliche Wärme ausstrahlte. Doch das sollte bald vorbei sein. Die Raketen wurden schneller und schneller. Sie flogen direkt auf den wunderbaren Planeten zu. Eien wurde hastig und seine blauen Augen wurden größer und größer. Langsam liefen ihm Tränen. Er ahnte schon, was passieren würde. Das hatte er nicht gewollt. Nun musste er zusehen, wie in wenigen Augenblicken die Raketen auf den Planeten einschlugen.
Eine gewaltige Explosion folgte, die in die Geschichte eingehen werden wird. Sie war für jedermann einfach unübersehbar. Die Raketen verursachten eine große Katastrophe. Gebäude, Autos, Telefonzellen, Haltestellen, usw. - einfach alles flog durch die Gegend. Kein Mensch hatte die große Chance zu überleben. Innerhalb weniger Sekunden sammelten sich ungeheure Mengen Wasser und überspülten die Kontinente, Länder und deren Städten und Siedlungen. Viele Menschen und andere Lebewesen ertranken in den riesigen Fluten. In wenigen Minuten reduzierte sich die Menschheit um die Hälfte.
Eien konnte das von oben aus nicht genau sehen. Er konnte nur sehen, wie sich der gewaltige Rauch verteilte und die Ozeane sich kreuzten. Nach dem gewaltigen Schauspiel fing er nun richtig an zu weinen. Er heulte wie jemand, der eine Beerdigung eines anhänglichen Verwandten besuchte. Dann steuerte er den Tiger irgendwo hin, wo ihn niemand finden sollte. Nicht einmal seine Mutter, falls sie überlebt hatte. Keiner sollte ihn so schnell wie möglichst finden. Niemand.
Heute morgen benahm sich mein Sohn merkwürdig. Am Frühstückstisch hatte er mich sogar belogen, als ich ihn fragte, wo er letzte Nacht gewesen war. Eilig machte er sich auch von zu Hause davon. Auf der Arbeit erzählte mir mein Patenonkel Tsuru, dass letzte Nacht der Tiger entwendet wurde. In mir stieg ein Verdacht auf ...
Auszug aus dem Tagebuch von Yuka Kin, 2153-02-15
Wiederaufbau – 20 Jahre später
Es ist soweit. Letzte Woche habe ich einige geheime Unterlagen der vergessenen Organisation Tora Kiso auf der Festplatte eines alten Computers gefunden, den ich von meiner verstorbenen Oma vererbt bekam. Neugierig schaute ich mir alle Daten durch. Dabei war sogar eine detaillierte Beschreibung zur Herstellung eines Riesenroboters gewesen, der eigentlich einen Weltkrieg verhindern sollte. Nach den Berichten war er schon einen Tag fertig, als die gewaltige Explosion unsere Lage auf dem Planeten total veränderte. Ich habe nun beschlossen, auch so einen Tiger zu bauen und die Organisation Tora Kiso eines Tages wieder aufstehen zu lassen.
Auszug aus den Tagebuch von Yuka Kashiro, 2173-08-19
„Wie weit sind die Pläne des Architekten? Er sollte sie mir schon gestern bringen. Heute ist schon der 29. August. Und ich will unbedingt, dass die Arbeiten für das Gebäude schon am 1. September beginnen.“, sagte Yuka mit genervter Stimme zu einer guten Freundin, die neben ihr stand und ihr zuhörte.
„Herr Saiayama lässt sich entschuldigen. Er sagte vorhin, dass er schon auf dem Weg hierher sei. Es kann also nicht mehr lange dauern.“, versicherte Ami ihrer Freundin.
Ami Tsubara war dreiunddreißig Jahre, verheiratet und hatte bereits zwei Kinder zur Welt gebracht. Ihr braunen Haare passten zu ihren hellblauen Kulleraugen. Seit ihrer Schulzeit kannte sie Yuka Kashiro und seitdem verbrachten sie eigentlich jeden Tag mit ihr zusammen.
Neugierig schwenkte sie ihr Blick durch die wäldliche Gegend. Zu ihrer rechten Seite hörte sie das unten ankommenden Platschen eines etwa fünfzig Meter hohen Wasserfalls. Rings um den Wasserfall war ein Gebirge entstanden, dass sich im Laufe der Zeit - nach der gewaltigen Explosion - neu gebildet hatte.
„Und du willst wirklich hier die Organisation neu entstehen lassen?“, fragte Ami ihre Freundin, die in Yukas Plänen eingeweiht war.
„Ja, das will ich und du wirst mir dabei helfen, Ami.“
Ami nickte. „Meinetwegen.“
Da hörten die beiden Frauen ein leises Geräusch aus weiter Ferne. Neugierig schauten sie auf die Lichtung. Das Geräusch wurde lauter und lauter, bis endlich ein sandgelbes Air-Car vor ihren Füßen anhielt.
„Da sind sie ja. Mensch, wo haben sie denn nur gesteckt?“, wollte Yuka wissen.
„Tut mir Leid, Frau Kashiro. Aber ich habe gestern noch die letzten Skizzen fertig gezeichnet.“, begann er sich zu entschuldigen und holte dabei mehrere Papierrollen aus seinem Wagen heraus. „Hier, die müssen sie sich ansehen. Das ist bestimmt genau das, wie sie es sich vorgestellt haben. Hier bitte.“ Er überreichte ihr die Papierrolle mit den Bauplänen. Yuka rollte eine Papierrolle auf und beobachtet sich die Zeichnung genau an.
„Sehr gute Arbeit, Mister Saiayama.“, musterte Yuka. „Sie können schon morgen mit den Arbeiten beginnen, fangen sie erst mal mit dem Inneren der Berghöhle hinter dem Wasserfall an. Dort soll der Eingang entstehen.“
„Wie sie wünschen, Frau Kashiro. Ich werde umgehend meine Männer rufen. Kommen sie doch einfach vorbei, wann sie wollen.“
„Das werde ich auch tun.“, erwiderte Yuka und lief in die Höhle hinter dem Wasserfall hinein. Sie wurde ein wenig dabei nass gespritzt, aber das machte ihr nichts aus, denn sie hatte ihren Blazer mit Nanurobotern herstellen lassen, die jegliche Verunreinigungen auf ihrer Kleidung so schnell wie möglichst entfernten. Nanuroboter waren sehr klein und winzig. Nicht einmal das menschliche Auge konnte sie sehen. Für das Näherbetrachten benötigte man schon eine stark vergrößerte Lupe oder sogar ein Mikroskop.
***
In den nächsten Tagen verlief alles ohne großen Pannen. Der Architekt Saiayama und seine Leute vom Bau bohrten, schraubten und schweißten, was das Zeug hielt. Schon nach einer Woche war der geheime Eingang hinter dem Wasserfall fertig.
Yuka Kashiro hielt mit ihrem roten Air-Car vor dem Wasserfall an und stieg aus. Im schnellen Tempo lief sie in die herunter fließenden Ströme des Flusses. Die Höhle war nicht mehr da. Überall waren Stahlplatten errichtet wurden. Mit kräftigen Schlägen hämmerte sie mit ihrer Faust gegen die Stahlwand und nach einigen Minuten öffnete sich neben ihr eine Tür. Herr Saiayama hatte ihr geöffnet.
„Herzlich willkommen, Frau Kashiro. Wir sind soeben mit dem Eingang fertig geworden.“
„Schön für sie.“, sagte Yuka und trat in die Stahlhöhle hinein.
Auch in der Höhle drinnen war alles voller Stahlplatten. An den Wänden waren sogar Mini-Computer eingebaut und jede mögliche Art von Hightech, die man heutzutage benötigte, um hier ein Basiszentrum für eine geheime Organisation zu gründen.
Wieder klopfte es von außen und diesmal öffnete Yuka die schwere Stahltüre. Sie brauchte bloß einen kleinen Knopf drücken und im Hand um drehen setzte sich die Tür in Bewegung. Ami stand draußen.
„Kann ich reinkommen?“, fragte sie.
„Selbstverständlich, Ami.“, antwortete ihr ihre beste Freundin.
„Das ist ja der Wahnsinn.“, bestaunte sie das Kunstwerk des Architekten, „Die ganze Höhle. haben sie in nur einer Woche geschafft?“
„Heutzutage ist das kein Problem mehr. Wir nehmen uns einfach unsere Air-Boots und fliegen damit direkt zur Decke hinauf. Der Rest wird dann von Androiden und den Künstlichen Intelligenzen übernommen.“
„Ihr könnt später noch darüber diskutieren.“, unterbrach Yuka die Beiden. „Könnte ich sie für einen kurzen Moment unter vier Augen sprechen, Herr Saiayama?“
„Sicher doch. Gehen wir in den Wagen.“ Er deutete mit dem Zeigefinger auf einen kleinen Wohnwagen, der nicht weit von ihnen entfernt stand.
„Ich hätte da noch mehr für sie zu bieten. Mit einer saftigen Gehaltserhöhung, selbstverständlich.“, begann Yuka zu erzählen, als die Zwei sich zum Wohnwagen begaben. „Ich möchte, dass sie für mich den ganzen Berg umbauen - Kommandozentrale, Büros, Wohnungen und so weiter - bis wir mit dem Projekt Tiger beginnen können. Ich gebe ihnen noch sechs Monate Zeit.“
„Sie müssen mir alles erzählen, wie sie es gerne haben möchten. Ich werde mich gleich in die Arbeiten vertiefen.“, sagte der Architekt und beide gingen in den Wohnwagen hinein.
***
Auch die restlichen Monaten vergingen wie im Flug. Hier und da wurde hart gearbeitet, um Yukas Wünsche zu erfüllen. Einige nahmen sogar dafür Überstunden. Und im April des Folgejahres war alles fertig. Yuka hatte schon eine Menge neue Arbeitsstellen errichten lassen. Hochachtungsvoll nahm sie den Hörer des klingelnden Telefons ab: „Yuka Kashiro hier.“
„Wir sind fertig geworden, Frau Kashiro. Sie können sich morgen früh überzeugen“, begann der Anrufer. Es war der Architekt Saiayama.
„In Ordnung, Herr Saiayama. Ich bin morgen um zehn Uhr am Wasserfall. Ist der Hinterausgang auch schon fertig?“
„Alles ist in Ordnung.“, vergewisserte ihr der Architekt.
„Sehr gut. Also bis morgen.“, verabschiedete sich Yuka.
Dann setzte sie sich auf ihr Bett und nahm erneut den Hörer in die Hand. Dann rief sie ihre beste Freundin, Ami Tsubara, an.
„Tsubara. Wer ist da?“, fragte eine kleine Jungenstimme auf der anderen Leitung.
„Guten Abend, Yoshiki. Ich würde gerne deine Mutter sprechen. Ich bin Yuka, eine gute Freundin deiner Mutter.“
„Einen Augenblick, bitte.“, sagte der Junge und eine kleine Pause folgte.
Ungeduldig lief nun Yuka in ihrem Schlafzimmer hin und her.
„Ja, Yuka. Ich bin nun dran.“, sagte Ami und setzte das Telefonat weiter fort.
„Herr Saiayama hat mich gerade angerufen. Er und seine Männer sind fertig. Ich bin morgen um zehn Uhr am Wasserfall. Bist du dann auch da?“
„Morgen um Zehn? Das lässt sich einrichten. Gut, ich komme. Ich bringe dir auch morgen gleich die Urlaubsfotos mit.“
„Geht klar. Gute Nacht.“
„Gute Nacht. Bis morgen.“, verabschiedete sich Ami und Yuka schaltete ihr Telefon aus.
Dann nahm sie sich ein Buch aus dem Bücherregal und fing an, es zu lesen. Doch lange konnte sie nicht lesen, denn ihre Augen fielen bald zu und Yuka schlief ein.
Es war schon nach neun Uhr durch, als Yuka am nächsten Morgen aufwachte. Etwas verschlafen schaute sie auf ihre Weckeruhr. Überrascht sprang sie aus ihrem Bett. Dann zog sie sich eilig an und verließ ihre Wohnung. Mit vollem Elan setzte sie sich in ihr rotes Air-Car und brauste los. Sie wollte unbedingt die geheime Zentralbasis der seit letzter Woche gegründeten Organisation Tora Kiso bestaunen. „Endlich ist es fertig.“, jubelte sie.
Yuka fuhr schnell. Zu schnell um wahr zu sein. Sie missachtete jede Ampel und hätte beinahe einen Unfall gebaut. Die 34-jährige kam noch pünktlich zu ihrer Verabredung. Vor dem Wasserfall wartet der Architekt, ihre Freundin Ami und ein ihr unbekannter Mann im feinen hellen Anzug schon auf sie.
„Wir haben schon auf dich gewartet, Yuka.“, begrüßte Ami ihre Freundin, als Yuka aus dem Air-Car ausstieg.
„Schneller ging es nicht, Ami.“
„Schon gut.“, sagte Ami und stellte ihren Begleiter ihrer Freundin vor. „Herr Ohada, das ist Yuka Kashiro, Chefin und Kommandantin der Organisation Tora Kiso.“
Der fremdartige Mann begutachte die ältere Frau von unten nach oben. Seine Glatze glitzerte in der Sonne. Er stellte sich vor: „Sehr angenehm, Frau Kashiro. Mein Name ist Keichi Ohada. Frau Tsubara hat mir die Stelle als Chef-Ingenieur und Basis-Techniker angeboten. Ich darf für sie die Roboter bauen.“
„Wenn das so ist. Ami ist er in Ordnung?“, vergewisserte sie sich bei ihrer Freundin.
„In Ordnung? Ja, das ist er. Er ist der dritte Bruder meines Mannes. Vorige Woche hat er noch bei Mo-T-Elektronik als sehr guter Elektroniker gearbeitet. Ich habe ihn schon in alles eingeweiht.“
„Deshalb warst du wohl so lange im Urlaub. Du verheimlichst mir doch immer etwas.“
„Ich kenne dich doch. Du verzeihst mir ja sowieso immer wieder.“
„Hm.“, sagte Yuka nur noch und wendete sich zu Herrn Ohada, „Einverstanden. Ich werde ihnen gleich die Pläne zeigen. Aber erst mal muss ich die Basis inspirieren.“
Und alle vier verschwanden zusammen hinter dem Wasserfall.
***
Yuka und Herr Ohada schauten sich zusammen den Entwurfsplan für den Roboter-Tiger in ihrem neuen Büro an. Das ganze Büro war verglast und Yuka konnten jeden sehen, wann jemand an ihrem Arbeitsplatz vorbeikam.
„Das hier ist der Plan für den Tiger, der vor ungefähr zwanzig Jahren gebaut wurden war.“, begann Yuka ihre Geschichte, während sie mit dem Bruder von Amis Mann die Pläne durch schaute. „Meine Großmutter hat mir vieles von ihm erzählt. Zwei Tage nach dem 17. Geburtstag ihres Sohnes, der Bruder meiner Mutter - also mein Onkel, verschwand nicht nur der Tiger sondern auch er. Sie vermutete, dass er den Tiger gestohlen haben sollte. Und noch am selben Tag wurde „Die gewaltige Explosion“ verursacht. Keiner weiß, wer daran Schuld war und warum man so etwas gemacht hatte. Und bis jetzt ist mein Onkel nicht mehr aufgetaucht. Die Polizei vermutet, dass er auch bei der Explosion irgendwie ums Leben gekommen war. Sein Leichnam wurde nie gefunden. Vermutlich ist sie verbrannt.“
„Danke, dass sie mir ihre Familiengeschichte erzählen. Aber einiges kenne ich schon von Ami. Sie ist eine richtige Schnattertasche. Bei ihr ist kein Geheimnis sicher.“
„Ich vertraue ihr aber. Sie wird niemanden sagen, was Tora Kiso ist, und wo hier die Zentrale liegt. Und wenn doch dann ... - Nein, daran will ich nicht glauben.“
„Na dann ist ja alles gut.“ Herr Ohada wendete sich einem anderen Thema zu. „Die Plänen sind perfekt. Ich glaube, ich brauche etwa vier Jahre, bis der Erste fertig sein wird. So etwas Großes habe ich noch nie gebaut. Dafür werde ich wohl viele Stunden harter Arbeit benötigen.“
„Mir ist das klar. Ich habe auch noch etwas anderes vor.“
„Und was, wenn ich fragen darf?“
„Ich möchte, dass sie mir drei solcher Roboter bauen.“
„Drei Tiger?“ Der Elekriker zögerte. „Ich weiß nicht?“
„Ja, drei Roboter. Ami und Herr Saiayama lassen noch weitere geheime Basen unserer Organisation in den verschiedensten Kontinenten der Erde bauen. Ich möchte, dass wir irgendwann zehn Tiger hier bei uns stehen haben.“
„Und warum? Weiß Ami schon davon?“
„Warum? Das müssen sie jetzt noch nicht wissen. Ich sage es ihr, wenn es soweit sein sollte. Ich lasse sie jetzt mit den Plänen allein.“
Yuka verabschiedete sich noch von Herrn Ohada. Dann verließ sie ihr Büro und ging hinüber zum Fahrstuhl.
***
Froh gelaunt lief sie die lange Straße hinab, bis sie vor einer Villa stehen blieb. Yuka musterte die sandgelbe Fassade des Hauses. Sie ging zur Tür und klingelte an der Haustürklingel und hörte eine Ding-Gong-Melodie, als sie den Klingelknopf losließ. Nach einer Weile öffnete sich die Haustüre und ein kleiner Junge stand im Türrahmen.
„Hallo, Kleiner. Ist deine Mutter da?“, fragte Yuka sogleich den Jungen.
„Mama, Tante Yuka steht vor der Tür.“, schrie der blonde Junge ins Haus.
„Ist gut, Yoshiki. Ich komme gleich.“, meldete sich Ami Tsubara, wahrscheinlich aus der Küche.
Der kleine Junge war schätzungsweise gerade zehn Jahre alt. Er war das zweite Kind von Ami und Kogoro Tsubara. Yoshiki stand noch immer im Türrahmen und Yuka wartete ebenfalls auf ihre Freundin, als Ami schon angelaufen kam.
„Komm nur rein, Yuka. Mein Mann ist gerade einkaufen.“, und Ami deutete mit einer Geste, dass ihr Gast das Haus betraten durfte.
Ami wunderte sich. „Weshalb bist du hier? Du besuchst mich doch nur ganz selten, außer wenn wir mal zusammen ins Kino wollen.“
„Na ja, das ist so ...“, begann Yuka, doch sie wollte noch nicht gleich reden.
„Was ist so?“, fragte Ami nach und half ihrer Freundin aus ihrer Jacke.
„Du kennst doch die Aufzeichnungen meiner Großmutter?“
„Ja, ich kenne sie alle.“
„Dann weißt du auch, dass wir einen Piloten benötigen, oder?“
„Sicher, warum fragst du?“
„Ich möchte gerne, dass du für die Organisation einen Computer baust, in dem wir die Daten aller Personen aus ganz Japan gespeichert haben und dass dieser uns dann durch bestimmte Daten einen Piloten aussuchen kann. Denn wenn ich jedes Mal nach einem auf die Suche gehe, dann ...“
„... dann wird das für dich eine schwierige Aufgabe. Verstehe.“, vollendete sie den Satz ihrer Freundin. Yuka lächelte sie an.
„Also gut. Meinetwegen. Das kann aber noch dauern.“ Ami gab dann schließlich nach.
„Danke, Ami.“, freute sich Yuka und warf sich Ami um den Hals.
„Also, wie stellst du dir das vor?“
Yuka fing an zu erzählen und Ami hörte ihr gespannt zu. „Ich brauche bestimmte Daten jeder Person. Wo sie geboren ist, auf welche Schule sie geht, Blutgruppe, Alter, ...“
Nach und nach erzählte Yuka ihrer Freundin alles in Ruhe und Ami machte sich einige Notizen dazu. Zwei Stunden später verließ Yuka wieder die Wohnung.
***
Etwas genervt stöberte sie durch etliche gewaltige Akten, die auf ihrem ganzen Schreibtisch herum verteilt waren. Doch sie hatte keine Lust jetzt, alle durchzulesen. Yuka stand von ihrem Drehstuhl auf und lief hinüber zum Aquarium, welches sie extra von ihrer Wohnung in ihr Büro transportiert hatte. Das Aquarium war bis zur Mitte hin voll mit Wasser und darin schwamm eine kleine Wasserschildkröte mit etwa fünfzehn Zentimeter Längsdurchmesser.
„Ach, Kaména. Es ist wirklich eine schwierige Aufgabe, so eine geheime Organisation zu leiten. Ich wollte es nun mal. Jetzt kann ich auch nichts mehr ändern.“
Ein leises tuten unterbrach ihre Unterhaltung mit der Schildkröte. Jemand stand vor der Tür ihres Büros. Durch die Glasfenster erkannte sie Keichi Ohada, den Hersteller der Roboter.
„Herein!“, rief sie und die Tür öffnete sich zu den Seiten hin
„Guten Morgen, Frau Kashiro. Voll im Stress, was?“, begrüßte er Yuka, als er ihre Aktenordnung auf dem Schreibtisch sah.
„Geht, so. Und sie, was führt sie zu mir?“
„Ich habe die Pläne noch einmal durch gesehen und habe einige kleine Änderung vorgenommen, die ich ihnen gerne zeigen möchte.“ Keichi reichte Yuka eine Papierrolle herüber.
„Das ist zwar gut gemeint, aber Ami und ich haben ihnen die Verantwortung zu dem Bau der Tiger gegeben. Sie können mit den Plänen machen, was sie wollen.“
„Na schön, dann eben nicht.“
Keichi wollte schon das Büro verlassen, als Yuka ihn noch abhielt. „Wann können sie mit dem Bau beginnen?“, fragte sie konkret.
Herr Ohada überlegte. „Ich schätze, ich kann schon übermorgen beginnen. Ich habe schon alles besorgt, was ich für den Bau des ersten Tigers gebrauchen kann. Ich sage ihnen dann Bescheid, wie weit ich bin.“
„In Ordnung.“
„Bis später.“ Dann verließ Herr Ohada das Büro und Yuka wendete sich wieder ihrer Schildkröte zu.
***
Ungeduldig lief sie durch das ganze Gebäude, bis sie zu einer riesigen Stahlwand in einer großen Halle ankam. Als Yuka nach oben schaute, sah sie die Fenster ihres Büros und daneben war die Kommandozentrale, wo sich die diensthabenden Offiziere trafen. Sie bemerkte, dass jemand schon dort anwesen war. Ein kleiner Schatten huschte an den Fenstern vorbei. Yuka hielt inne. Nach dem Aussehen der Siluette, musste es eine Frau gewesen sein. Vermutlich war es Ami, dachte sich Yuka. Dann bewegte sie sich weiter. In nicht allzu weiter Ferne stand eine junge Frau, wessen Namen sie nicht kannte. Yuka lief auf sie zu.
„Ist der Hinterausgang funktionsfähig?“, fragte sie die junge Frau.
„Alles Klarissa.“, sagte die Blondine. Yuka verstand ihre Worte nicht. Die kleine Blondine hatte eine andere Sprache benutzt, nicht die Heimatsprache Japanisch. Vermutlich war es deutsch.
„Wie bitte?“, fragte Yuka nach.
„Er funktioniert bestens.“, antwortete nun die junge Frau in der Landessprache. „Wollen sie sich überzeugen?“
Yuka war angespannt. „Das möchte ich gerne.“
Und sogleich setzte die junge Blondine einige Hebel an der Stahlwand in Bewegung und langsam wurde die wunderbare Landschaft Japans hinter den Stahlwänden sichtbar. Yuka lief hinaus. Sie standen nun außerhalb des Berges. Dann wand sie sich herum und wollte gerade wieder hineingehen, doch vor ihr war nur die gewaltige Bergwand zusehen. Sie konnte nicht einmal die junge Blondine sehen.
„Es klappt, es funktioniert tatsächlich.“, jubelte sie.
„Und gefällt es ihnen?“, Yuka hörte die Stimme der jungen Blondine aus dem Inneren des Berges.
„Natürlich gefällt es mir. Es ist hervorragend.“, antwortete Yuka und lief ohne jegliche Probleme durch die Bergwand hindurch. Sie war nun wieder in der großen Halle.
„Das habt ihr genial gemacht!“, lobte sie die Blondine, „Sie können den Tarnmodus wieder ausschalten. Es reicht, wenn wir somit die Tiger aufbrechen lassen können. Keiner wird einen Verdacht schöpfen, wo die Tiger herkommen werden. Einfach perfekt.“
Die kleine Blondine bewegte nun dieselben Hebel in die andere Richtung. Dann ließ Yuka sie allein und eilte wieder in ihr Büro hinauf.
Keichi wollte nicht die drei Tigern bauen und somit ließ ich weitere Abteilungen der Tora Kiso in Japan errichten. Ich nenne unsere Abteilung JTA-01, die erste Japanische Tigerabteilung. In wenigen Jahren ist es soweit. Die ersten drei Tiger werden dann fertig sein und ich kann mich auf die Suche nach einem guten Tiger-Piloten machen. Der Tiger soll unsere Geheimwaffe werden. Ich werde nun die Aufgabe meiner Großmutter übernehmen. Tora Kiso wird wieder auferstehen!
Auszug aus dem Tagebuch von Yuka Kashiro, 2174-06-12
Mission 1: Das Geheimnis der Kristalle - Die rechte Vorderpfote
Die Zeit ist gekommen, der Erste der drei Tiger ist fertig und mit voller Stolz schaue ich ihn an. Jetzt benötige ich nur noch einen Piloten. Ich frage mich, wer es wohl sein wird ... Der Suchcomputer - Ami und ich nennen ihn Sagasu -, gab mir den ersten Pilot bekannt. Er heißt Kuroi, Ryo. Nun werde ich mich auf den Weg machen, um ihn zu finden. Ich lasse erst mal einen Suchtrupp nach ihm suchen. Hoffentlich versteht er, was die Organisation von ihm will?
Auszug aus den geheimen Berichten der Kommandantin Yuka Kashiro, 2178-03-24
weitere vier Jahre später
Im schnellen Tempo lief er durch die große Halle und ging hinüber zu einem Fahrstuhl. Behutsam drückte er einen Knopf, der den Fahrstuhl hinwies, dass jemand nach oben fahren möchte. Es dauerte mindestens zwei Minuten, bis sich die Türen des Aufzugs öffneten. Dann betrat Keichi ihn und betätigte den Knopf für das fünfte Stockwerk. Sogleich schlossen sich wieder die Türen und ein leises Rütteln vermag, dass sich der Fahrstuhl in Gang gesetzt hatte. Es dauerte nicht lange, bis sich die Türen wieder öffneten und Keichi kurz vor seinem Ziel war. Keichi ließ den Fahrstuhl hinter sich und lief schnurstracks gerade aus zum Büro von Frau Yuka Kashiro. Er konnte seine Chefin durch die Glaswand sehen. Diesmal saß sie hinter ihrem Schreibtisch und trank eine Tasse Kaffe. Vermutlich wieder total schwarzer Kaffe, dachte sich Keichi. Er wusste, dass Yuka jeden Tag mindesten vier Tassen heißen schwarzen Kaffe trank. Sie meint, dass sei gut für die Seele. Keichi wollte gerade anklopfen, als Yuka ihn schon bemerkte. Schnell bewegte sie sich von ihrem Stuhl hoch und öffnete Keichi die Tür.
„Gut, dass sie da sind. Ich wollte gerade mit ihnen etwas besprechen.“, meinte sie zu ihrem Kollegen.
„Das kann warten. Ich habe es geschafft. Der erste Tiger ist fertig. Er ist wunderbar geworden. Los kommen sie, ich zeige es ihnen.“
Yuka hielt inne. „Wirklich? Das ist ja der Wahnsinn.“
„Das meine ich auch.“, erwiderte Keichi.
„Zeigen sie ihn mir.“
„Geht klar.“
Und beide gingen zum Aufzug und fuhren mit ihm in die große Halle hinunter. Unten angekommen gingen beide zielstrebig in das Labor des Tigererbauers. Seine Werkstatt lag auf der anderen Seite der großen Halle. Gleich rechts neben dem getarnten Hinterausgang. Nebeneinander stiegen sie mehrere Treppen empor. Schon bald waren sie vor der Werkstatt angekommen. Keichi griff in die Tasche seiner blauen Uniform, die jedes Mitglied bei Tora Kiso bekam. Seine Seitenstreifen schimmerten rötlich. Yuka ihre dagegen waren vergoldet. Es zeigte die Rangabzeichnung jedes Mitglied der geheimen Organisation. Keichi holte eine kleine Plastik-Karte heraus, darauf waren Name, Status und Geheimnummer in einem winzigen Chip gespeichert. Auf der Rückseite der Karte war ein Magnetstreifen. Er zog die Karte durch einen Schlitz, der an einem Kasten an der Tür eingebaut wurden war. Der Computer in dem Kasten fing an zu arbeiten und ließ mehr oder weniger grüne und rote Lampen aufblinken. Schließlich blieb die Lampe bei einem grünen Licht stehen. Die Tür war aufgeriegelt und Keichi gab der Tür einen leichten Schubs. Sie war nun offen. Yuka ging als erste in den Raum. Sie schaute sich um, was sie eigentlich in jedem Zimmer tat, nachdem sie es betreten hatte. Ihr Blick richtete sich auf mehrere Stahlplatten und elektronischen Geräten, die weit und breit im ganzen Raum verteilt waren. Dann hielt ihr Blick in der Mitte der Werkstatt an. Da stand er. Der Tiger. Yuka schaute ihn von unten nach oben an. Sie erkannte die stehenden Hinterpfoten, denn Rumpf und dann den ganzen Kopf. Ihr funkelten zwei große rote Tigeraugen in ihr Angesicht.
„Ist der aber groß.“, staunte sie.
„Ja. Er ist 3320 Zentimeter groß und 1468 Zentimetermeter breit.“, beschrieb Keichi den Tiger.
„Und warum ausgerechnet schwarz?“
„Ich hatte leider keine andere Farbe besorgt, ich wollte nur mal Testen, wie das schwarz so aussieht. Und gefällt er ihnen?“
„Oh, ja. Das tut er. Haben sie es Ami schon erzählt?“
„Nein, das habe ich noch nicht. Aber warten sie ich lasse sie rufen.“
Keichi ging zur Tür und betätigte einen grauen Knopf und sprach in ein kleines in der Wand eingebautes Mikrofon. „Computer, wo befindet sich Frau Tsubara?“
Eine digitale Frauenstimme ertönte: „Frau Tsubara befindet sich in der Kommandozentrale“
„Danke, Computer.“, bedankte sich Keichi bei dem eingebauten Computer. Dann drückte er einen anderen Knopf und musste einen Moment warten, bis Ami auf einem Bild zusehen war.
„Ja.“, sagte sie
„Ami, der Tiger ist fertig. Könntest du bitte hier in die Werkstatt kommen?“
„Bin sofort da.“ Keichi konnte sehen, wie Ami in der Kommandozentrale den Bildschirm erloschen ließ.
Derweil hatte sich Yuka den Tiger angeschaut. Sie lief schon das fünfte Mal um ihn herum. Dann drückte sie einen grünen Knopf mit der Aufschrift „Push“. Eine Tür öffnete sich am Rücken des Tigers. Sie wollte schon den Tiger betreten, als Keichi sie noch aufhalten konnte. „Nicht doch. Er ist für sie nicht geeignet. Sie wissen doch, dass nur Kinder ab dem 16. Lebensjahr den Tiger betreten dürfen. Ab dem 25. Alter einer Person weigert er sich mit Elektroschocks - und das sind keine Sanften. Sie können das Cockpit von den Computern in der Kommandozentrale sehen. Ich habe dafür extra eine Kamera einbauen lassen.“
„Stimmt, sie haben recht. Hoffentlich kommt Ami bald. Ich muss sie fragen, ob wir mit der Computersuche nach einem geeigneten Piloten beginnen können.“
Ein Sprichwort sagt, dass der Teufel erscheint, wenn man gerade von ihm Spricht. Denn genau in diesem Moment, gab sich einen kleines Tuten von sich zu hören. Jemand stand vor der Tür zur Werkstatt.
„Herein.“, rief Keichi und die Tür öffnete sich.
Ami betrat den Raum und ihre Augen wurden wuchsen in die Höhe.
„Ist er das?“, fragte sie, als sie den Tiger sah.
„Ja, das ist er. Ist er nicht prächtig geworden?“, fragte Yuka zurück.
„Na, ja. Schwarz ist nicht so mein Ding.“
„Können sie noch die Beschriftung an der Schulter durchführen?“, fragte Yuka den Erbauer des Tigers.
„Gewiss doch. Was soll ich den schreiben?“
„Auf der rechten Seite das Tora Kiso Zeichen und auf der linken bitte ein großes ‚T‘ und eine 0 und eine 1. Das soll der Tiger T-01 werden. Das T stand bei dem ersten Tiger für Tora. Und so soll es auch hier sein. Wenn sie damit fertig sind, sagen sie mir Bescheid.“
Dann wendete sich Yuka zu ihrer Freundin. „Können wir mit der Suche des ersten Piloten beginnen?“
„Wenn du willst, können wir sofort loslegen. Der Computer steht ja in einem besondern Raum. Sagasu - ich habe den Computer so genannt - wartet auf unsere Eingaben.“
„Also nix wie hin. Herr Ohada, sie kommen allein zu recht?“, gab Yuka von sich.
Keichi Ohada bejahte die Frage und dann ließen die beiden Freundinnen ihn mit dem schwarzen Tiger T-01 alleine.
***
Er rannte was das Zeug hielt. Seine Kontrolle mit dem Ball war einzigartig. Dann holte er mit dem rechten Bein aus und katapultierte das schwarz-weiße Leder voll in die rechte obere Ecke des Tores. Das Spiel hatte gerade begonnen und schon stand es 1 zu 0 in den ersten fünf Minuten.
Gerade in diesem Moment setzte sich Yuka - diesmal ohne Uniform - auf die Zuschauertribüne und begutachtete das Fußballspiel. Es spielten die Tokyo Spirits gegen die Osaka Metrostars. Sie beobachtete ihn genau. Ryo Kuroi war talentiert, dachte sich Yuka, als sie ihn so spielen sah. Mit seinen 18 Jahren, war er der beste seiner Mannschaft. Er liebte Fußball, obwohl die alte Sportart fast ausgestorben war. Viele in seinem Alter spielten jetzt lieber Air-Ball. Air-Ball wird genauso wie Fußball gespielt, nur halt eben mit einem elektromagnetischen Ball, der in der Luft schwebt und die Spieler auf fliegende Brettern über dem Erdboden schweben. Ryo mochte die alten Sportspiele, doch für Baseball interessierte er sich nicht. Er meinte, dass Fußball viel besser sei. Doch seine Meinung sollte sich später mal ändern.
Yuka blieb auf ihrem Platz sitzen, bis der Schiedsrichter die erste Halbzeit beendete. Völlig durchnässt gingen die Spieler mit ihrem Trainer in die Kabinen. Schnell hob sich Yuka von ihrem Platz und versuchte Ryo abzufangen. Sie schaffte es noch.
„Entschuldigung, junger Mann.“, begann Yuka sich vor zustellen, „Ich bin Yuka Kashiro und ich möchte dich kurz sprechen. Es ist wichtig, Ryo.“
Ryo achtete nicht auf sie und lief an ihr vorbei. „Tut mir leid, keine Zeit!“
Yuka konnte ihn nicht überreden. Egal was sie sagte, Ryo wies sie immer wieder ab.
„Ryo, wo bleibst du, wir warten schon auf dich!“, rief eine ältere Stimme aus den Kabinen.
„Bin schon unterwegs, Trainer. Entschuldigen Sie mich. Ich muss gehen.“ Ryo drehte Yuka den Rücken zu und verschwand in den Kabinen.
Yuka zog eine Grimasse und setzte sich wieder auf ihren Platz. Ungeduldig wartete sie auf den Beginn der zweiten Halbzeit. Sie musste es schaffen, dass Ryo mit ihr redete. Yuka brauchte ihn als ersten Pilot für den schwarzen Tiger. Sie musste ihn überzeugen.
Nach einer viertel Stunde kamen die Spieler endlich aus ihrem Kabinen. Dann verteilten sich die Spieler wieder auf das Spielfeld und dann ließ der Schiedsrichter die zweite Runde beginnen. Kräftig blies er in seine Metallpfeife. Es dauerte auch nicht lange, bis Ryo wieder den Ball an seinen Füßen spürte. Mit gekonntem Tempo schleuderte er den Fußball diesmal in die linke untere Ecke des Tores. Das war gerade sein drittes Tor, sein vierter Hattrick der Saison in diesem Spiel und die Tokyo Spirits führten nun mit acht zu drei Toren.
Yuka bewegte sich von ihrem Platz und lief hinunter zu den Spielerplätzen. Zwei Wachposten hielten sie auf. Doch als sie ihnen einen Ausweis zeigte - keine Ahnung, was für einer es war, ließen sie die 37-jährige problemlos vorbei.
„Ach, Yuka. Nett dich zu sehen.“, sagte der Trainer der Tokyo Spirits, als er Yuka auf ihn zukommen sah. „Wo warst du denn die ganze Zeit, ich habe dich immer und wieder angerufen.“
„Schön dich wieder zusehen, Takaya. Sorry, aber ich hatte mein Gründe. Ich brauchte etwas Auszeit und Ruhe. Du verstehst schon, oder?“
Takaya Kawaguchi war und ist immer noch ein sehr guter Freund von Yuka. Sie hatten sich in ihrer Schulzeit kennen gelernt. Doch als Yuka sich von ihm zu bedrängt fühlte, ließ sie ihn allein. Sie hatte ihn weh getan und das wusste sie. Als kleines junges Mädchen hatte sie ihn geliebt, aber nun ist diese Liebe nicht mehr dieselbe.
„Sicher. Übrigens, was machst du hier? Ich dachte du interessierst dich nicht für diesen altmodischen Sport.“
„Ich habe eine kleine Bitte an dich.“
„Was auch immer für ein Problem du hast, ich helfe dir gerne es zu lösen.“ Takaya wusste, dass Yuka und er nur noch eine gute freundschaftliche Beziehung führten. Er war für sie da und sie für ihn.
Der Ball sauste an dem gegnerischen Torwart vorbei und das Netz des Tores stoppte die Geschwindigkeit des Balls. Wieder hatte es Ryo geschafft. Heute war sein Glückstag. Frohjubelnd ließ er sich von seinen Kameraden umarmen. Dann schaute er zu seinem Trainer. Doch dieser jubelte jetzt nicht, sondern er sprach mit einer blonden Frau. Sie war es, die ihn in der Halbzeit angesprochen hatte, stellte er fest. Was wollte sie von ihm und seinem Trainer. Ab und zu schauten die beiden zu ihm hinüber. Er hatte keine Ahnung. Nachdenklich zeigte er seinem Trainer den Rücken und kümmerte sich um das Spiel.
***
Sie wartete vor dem Eingang des Stadions auf ihn. Nachdenklich lief sie hin und her. Auf einmal klingelte ihre Jacke und Yuka nahm ein Handy aus einer der Seitentaschen.
„Ja, bitte.“, meldete sich die Dame mittleren Alters
Am anderen Ende der Leitung war Ami dran, die beste Freundin von Yuka. „Yuka, es ist soweit. Die JTA-02 hat gerade angerufen.“
„Und was wollte Herr Kishimoto?“
„Sie haben es geschafft. Der zweite Tiger ist fertig.“
„Wirklich. Das ging aber schnell.“, freute sich Yuka, „Veranlage sofort eine Suche nach den zweiten Piloten.“
„Ist gut, Yuka. Herr Kishimoto hat mir erzählt, dass er weiß aussieht. Mit schwarzen Streifen. Ich freu mich schon, wenn wir ihn bei uns stehen haben. Übrigens steht der erste schon in der Halle. Keichi hat die Beschriftung noch vorgenommen. Der Tiger ist perfekt geworden.“
„Freut mich das zu hören, Ami.“
„Und wie läuft es bei dir so? Lässt sich Ryo überreden?“
„Er spielt gerade noch. Sein Talent ist unglaublich. Hoffentlich versteht er, was wir von ihm wollen?“
„Das wird er ganz bestimmt, vertrau mir.“
„Ist gut. Ich lege jetzt auf.“ Yuka beendete das Gespräch.
Sie blickte hinüber zum Eingang. Die Spieler kamen gerade aus dem Stadion. Herr Kawaguchi verließ mit Ryo als letzter das Stadion. Er unterhielt sich gerade mit dem 18-jährigen Jungen. Als Takaya seine alte Freundin bemerkte, winkte er ihr. Yuka erwiderte sein Handzeichen. Er hatte es also geschafft, dass Ryo mit ihr redete. Dann ließ der Trainer Ryo allein und Yuka bewegte sich auf den schwarzhaarigen Jungen zu.
Ryo war nicht besonders gut gelaunt und schaute Yuka genervt an. Yuka wusste durch Amis Computer, dass er hier in Japan alleine lebte. Seine Mutter starb vor zwei Jahren durch einen unnatürlichen Todes. Ryos Vater litt danach nur noch unter Depressionen und verzog sich ins Ausland - wo er jetzt noch lebte. Jeden Monat überwies er seinem Sohn etliche Yen auf sein Bankkonto. Auch wusste Yuka, dass er keine Freundin hatte. Jedenfalls führte er keine feste Beziehung. Ryo widmete sein Leben dem Sport.
„Entschuldigung, Ryo. Ich bin Yuka Kashiro ...“, stellte sich Yuka erneut vor.
Ryo unterbrach sie. „Ich weiß, wie sie heißen. Mein Trainer wollte, dass ich mit ihnen rede. Also was wollen sie von mir?“
„Na, ja wie soll ich sagen.“, begann Yuka, „Ich arbeite für eine Organisation namens Tora Kiso. Ich weiß nicht ob du sie kennst? Jedenfalls existierte sie vor über zwanzig Jahren.“
„Sorry, noch nie davon etwas gehört.“
„Ist ja auch egal. Nun damals wurde eine riesige Geheimwaffe gebaut, die den nächsten Weltkrieg verhindern sollte.“
„Genutzt hat es ja nicht. Sonst wäre es zur ‚Gewaltigen Explosion‘ nicht gekommen, oder?“
„Sicher, aber der Roboter...“
„Roboter?“ Ryo unterbrach Yuka.
„Ja, ein Roboter. Nachdem der Roboter gerade fertig gebaut wurden war, wurde er für einige Test benötigt. Doch dann folgte ‚Die gewaltige Explosion‘. Es war zu spät. Der Roboter war nicht da. Er war weg, wie vom Erdboden verschluckt. Jemand hatte ihn mitgenommen. Keiner konnte etwas gegen diese gewaltige Katastrophe unternehmen.“
„Ist ja schön und gut. Aber was habe ich mit der Sache zu tun?“
„Sorry“, entschuldigte sich Yuka. „Ich bin vom Hauptfaden abgekommen.“
„Kann man sagen!“
„Jedenfalls habe meine Leute und ich wieder so einen Tiger erbauen lassen.“
„Tiger. Ich denke es war ein Roboter?“
„Der Tiger ist ein Roboter. Weshalb ich dich nun brauche Ryo, ist der Grund, dass wir einen Piloten benötigen, der den Robotertiger steuert.“
„Wollen sie damit sagen, dass ...“
„Ja, ich möchte gerne, dass du der erste Pilot wirst. Du bist von uns ausgewählt worden. Ich glaube an dein Talent.“
„Und warum ausgerechnet ich?“
„Nur Jugendliche ab 16 Jahren können den Tiger steuern. Wir haben eine Vorsichts-Maßnahme eingebaut, so dass nicht jeder ihn benutzen kann.“
„Und warum benötigen sie eigentlich einen Tiger?“
„Ich habe mir geschworen, die damalige Organisation wieder auferstehen zulassen. Und damals sollte der Tiger doch den Weltkrieg verhindern. Und jetzt ist soweit. Der Tiger ist nun funktionsfähig. Dort drüben steht mein Air-Car.“
„Verstehe.“ Ryo zögerte, doch dann setzte er sich bereitwillig neben Yuka ins Auto. Dann holte Yuka eine Schlüsselkarte aus ihrer Handtasche und trat mit voller Wucht auf das Gaspedal. Die Motoren des Wagens fingen an zu brummen und mit einem Ruck wurde es still. Sanft und gemütlich hob sich das Automobil von Boden und flog los.
„Und wie geht es jetzt nun weiter?“, fragte Ryo Yuka, als er es sich auf dem Ledersitz bequem gemacht hatte.
„Ich bringe dich nun zu unserer Basis, wo der Tiger schon bereit steht. Du musst dich dann entscheiden, ob du einsteigen willst oder nicht.“
„Und was, wenn ich nicht will?“
„Dann habe ich ein Problem.“, meinte Yuka ehrlich. „Aber überleg dir doch mal, du kannst mit Hilfe des Tigers die Welt retten und die Zukunft der Menschheit ändern.“
„Na, gut. Ich komme mit. Aber versprechen kann ich noch nichts.“
„Schön, das von dir zu hören, Ryo.“
***
Ami wartete schon ungeduldig vor dem Eingang. Vor wenigen Minuten hatte Yuka sie angerufen und ihr mitgeteilt, dass ihre Freundin und der vorgesehene erste Pilot in Kürze ankommen werden. Schon bald hörte sie das leise Surren eines roten Air-Cars. Schnell pustete sie eine kleine Locke hoch in ihre Haare.
„Na endlich. Da seid ihr ja. Das hat aber gedauert.“, begrüßte sie die Zwei.
„Hallo Ami, es ging nicht anders. Das Spiel dauerte so lange.“
Ami schaute Ryo neugierig an, als er aus dem Wagen stieg. „Ist er das?“
„Gestatten, dass ich ihn dir vorstelle. Ami, das ist Ryo Kuroi. Ryo, das ist Ami, meine beste Freundin.“
„Tag auch.“, begrüßte Ryo Ami lässig.
„Komm, Ryo. Ich zeige ihn dir jetzt.“ Yuka wies den jungen Mann hin, dass er ihr folgen sollte.
Gemütlich gingen die beiden Frauen als Erste durch den Wasserfall.
„Na komm schon.“, rief Ami Ryo hinterher.
Es dauerte eine Weile, bis sich Ryo durch den Wasserfall begab. Nachdem nun alle Drei beisammen waren, klopfte Yuka mit geballter Faust an die Stahltür. Innen vermag sie ein leises Getrampel zu hören. Dann wurde an der Stahltür eine kleine Luke geöffnet.
„Passwort?“, meldete sich ein Wächter.
„Meine Mutter mag mich.“, rief ihm Ami zu und der Wächter ließ für die Drei die Tür öffnen.
***
„Hier geht es lang, Ryo! Wir sind gleich da.“, sagte Yuka und führte die kleine Dreiergruppe an. Sie hatte einen schnellen Schritt drauf. Ami und Ryo hatte Mühe mitzuhalten. Doch kurze Zeit später hielten sie alle vor einer großen Tür stehen und die Chefin holte ihre Key-Card heraus und öffnete die verriegelte Tür mit Hilfe des Codes im Magnetstreifen. Mit einem Zischen bewegte sich die große, schwere Tür und Ryo konnte in die riesige Halle sehen.
Von außen hatte er nicht einmal den Verdacht geschöpft, dass die Halle in dem Berg so riesig war. Zusammen trat er mit Ami in die Halle und schaute sich um. Sein Blick zur Decke dauerte lange. Der Raum, in dem er sich befand war nach seiner Meinung über fünfzig Meter hoch. Wer so etwas nur erbaut hat, fragte er sich.
„Wir sind gleich da.“, entfuhr es Ami und lenkte Ryos Blick wieder nach unten.
Ryo war erstaunt. „Das ist ja gewaltig!“
„Ja, das ist es“, meinte Yuka. „Wir haben über einen halben Jahr daran gearbeitet, so dass die Höhle eine gute Basis-Zentrum für unsere Organisation geworden ist. Die Tiger brauchen doch Platz und deshalb musste das ganze Innere der Höhle besonders groß ausgebaut werden.“
„Haben Sie gerade ‚Die Tiger‘ gesagt?“, fragte Ryo.
„Richtig, das habe ich ...“, erklärte die Chefin. „Aber wieso ich das gesagt habe, dass erkläre ich dir ein anderes Mal. Gehen wir jetzt erst Mal zu dem Tiger.“ Sie deutete auf eine weitere Türe. „Dahinter steht er.“
Vor der Tür angekommen, holte sie wieder ihre Key-Card heraus und entriegelte auch diese geschlossene Tür. Yuka wies Ryo darauf hin, dass er als Erster reingehen sollte. Er gehorchte ihr und lief über die Schwelle.
Und da stand er. Der Tiger. Riesengroß und prachtvoll. „Wow!“
„Das ist er. Der erste Tiger, den Tora Kiso erbauen ließ. Wir nennen ihn T-01.“, stellte Yuka den Riesenroboter vor. „Er ist wahrlich ein echtes Wunderwerk.2
„Ich muss sagen, er sieht gut aus. Aber warum schwarz?“
"Da musst du den Erbauer, Herr Ohada, fragen. Er kennt sich auch mit der Steuerung aus. Wenn du Probleme hast, frage ihn einfach!“
„Sorry, aber ich habe mich noch nicht entschieden.“
„Wann willst du dich denn entscheiden?“, fragte nun Ami.
Das Gespräch zwischen den Dreien wurde unterbrochen. Das helle Licht in der Halle änderte seine Farbe auf rot. Und das bedeutete: Alarm. Schnell griff Yuka an ihren Kragen und betätigte einen sehr kleinen Knopf. "Yuka an Kommandobrücke. Was ist denn los?“
Jemand antwortete ihr. Dabei war die Stimme so klanghaft frisch, als ob der Gesprächspartner gerade neben der Leiterin stehen würde. Kein einziges Rauschen war zu hören. „Sie müssen schnell hoch kommen. Wir haben ein unbekanntes Objekt in der Nähe des Waldes geortet.“, fing die männliche Stimme an zu erklären. „Laut der Datensensoren ist es etwa so groß wie unserer Tiger. Nach der Strukturenanalyse zu beurteilen, besteht seine äußerste Schicht aus reinen Metall. Wir wissen nicht, was es ist und was es will.“
Yukas Stimme war nun heftiger geworden. „Ich bin sofort oben.“, sagte sie in den kleinen Mikrofunkübermittler. Sie ließ es an, anstatt es aus zu schalten. Vielleicht bräuchte sie es noch. Dann schaute sie zu ihrer Freundin und zu Ryo. „Kommt schon, wir müssen uns beeilen!“
Flink wie die Wiesel rannte Yuka und ihre Freundin los. Ryo den beiden Frauen hinterher. Sie blieben vor einem Aufzug stehen.
"Nun komm schon. Mensch, beeile dich!“, fauchte Yuka die geschlossen Fahrstuhltüren an. Jetzt war Yuka natürlich viel zu genervt um Ruhe zu bewahren. Früher hatte sie oft die Geduld verloren, doch jetzt, nach einer guten, dennoch teuren Therapie, konnte sie sich einiger Maßen besser beherrschen, als ihre lange Schulfreundin. Es dauerte nicht lange, bis der Fahrstuhl unten anhielt. Geschwind stiegen die Drei ein und fuhren so schnell es ging nach Oben.
In der Kommandozentrale endlich angekommen stoß Yuka die Glastür heftig auf. Drei Personen waren anwesend. Keichi Ohada, der Erfinder der Tiger, sowie ein junger Mann. Yuka vermutete, dass er sie gerufen hatte. Sie kannten seinen Namen nicht, denn sie hatte viel wichtigeres zu tun, als alle Namen jedes Mitarbeiters sich einzuprägen. Aber sie nahm sich vor, die Namen irgendwann einmal alle im Kopf zu haben. Auch den Namen der jungen Frau, die neben Keichi stand, wusste sie nicht.
„Da sind sie ja, Yuka. Wir wissen nicht was es ist ...“, berichte Keichi sogleich los.
„Das wurde mich schon gesagt, Keichi.“, unterbrach sie den ältesten Mann im Raum.
„Entschuldigung, aber was sollen wir tun? Gerade eben wurde einige Hitzestrahlen am Waldrand geortet. Ich vermute, dass es irgendetwas sucht. Aber was? Vielleicht unsere Basis?“
„Nun gut.“, sagt Yuka und legte eine Strähne ihres Haar wieder über ihre Ohren. „Ich möchte nicht, dass es uns entdeckt.“ Sie wandte sich zu dem Neuling.
Ryo schaute sich gerade in der Kommandozentrale um. Der ganze Raum war mit den neusten und modernsten Geräten ausgestattet. Nur flüchtig hatte er mitbekommen, dass sich irgendetwas auf den Weg hierher machte. Ein gewaltiges Etwas in der Größe des Tigers von unbekannter Herkunft. Er schaute zu Yuka, die ihn vorwurfsvoll anschaute.
„Ryo, wir haben keine Zeit mehr.“, begann die Leiterin. Ihre Stimme war ruhiger geworden. Sie hatte die Stimmlage so perfekt hinbekommen, dass der Angesprochene von ihr hypnotisiert wurde. „Du musst dich jetzt entscheiden! Das riesige Ding ist auf den Weg hierher und nur du kannst es stoppen!“
„Wieso ich?“, wunderte sich der volljährige Junge.
„Der Tiger. Er kann nicht ohne einen Piloten funktionieren. Willst du ihn nun steuern?“
Ryo fing an zu überlegen. Im Schnellgang rief er einige Pro und Kontras für die Benutzung des Roboters auf. Ein fremdes Ding, kam immer näher und er hatte die Kraft gehabt, es daran zu hintern. Er hatte also keine Wahl gehabt. Er musste sich für eine positive Antwort entscheiden. Ja, er würde sich dafür entscheiden.
„Also schön.“, sagte er dann und sogleich salutierte er mit der rechten Hand zur Stirn gewinkelt vor Yuka und den Anderen. „Ryo Kuroi meldet sich zum Dienst!“
Entspannt atmete die Chefin aus, wie als ob ihr ein Stein vom Herzen gefallen war. „Nun gut, Ryo. Ab jetzt bist du unser erster Tiger-Pilot. Ich gebe dir nun den Befehl, den Feind zu bezwingen!“
„Und wie schaffe ich das?“, fragte Ryo unwissend.
„Der Herr hier neben mir - er heißt übrigens Keichi Ohada - wird dir alles per Funk erklären. Gehe nun wieder runter zum Tiger. Am linken Hinterbein findest du eine Einstiegstüre. Um diese zu öffnen, benötigst du einen Zahlencode. Doch das ist für heute unwichtig. Wir haben noch keine Codes erarbeitet.“
„Also gut.“ Ryo verließ die Kommandozentrale und eilte zum Fahrstuhl.
Der Aufzug war noch oben, was eigentlich sonnenklar war, denn niemand hatte ihn seit dem letzten Mal benutzt. Eilig fuhr er hinunter.
***
Kurze Zeit später stand er vor ihm. Der Tiger war ein gewaltiger Koloss. Mindestens 17 Mal größer als er selber, war der Roboter gewesen. Jetzt musste er nur noch in ihn hineinsteigen. Schnell, aber dennoch neugierig lief er um den Tiger herum und fand auch schon die von Yuka erwähnte Tür. Ryo betätigte gleich auch den Kopf, damit sich die Tür öffnen ließ. Er brauchte nur auf die Enter-Taste zu drücken und schon knarrte die Eisentür. Der schwarzhaarige Junge sah eine gewaltige Leiter. „Die muss ich also hoch klettern. Na toll, das wird ja ein Spaß!“
Um schneller sein Ziel zu erreichen, nahm er gleich zwei Sprossen auf einmal. Sofort schloss sich die Tür. Eien hatte beim Eintreten die untere Lichtschranke berührt und somit wurde die Türe automatisch verriegelt. Er wusste nicht, wie viele Sprossen die Leiter hatte. Bei Nummer 38 hatte er aufgehört zu zählen. Es kam ihn so vor, als ob er noch mehrere Stunden weiter empor steigen musste. Doch schließlich schaffte er es und sah die kleine geöffnete Luke. Obwohl er ein super Fußballspieler war, musste er erst Mal verschnaufen. Wenn er weiterhin Pilot sein möchte, müsste er für so einen Zweck mehr trainieren, überlegte er sich.
Endlich angekommen kletterte er fix aus dem Loch hinaus. Jetzt stand er im Cockpit des Roboters. Dreißig Meter über den Boden. Geschwind ging er zu den zwei Fenstern hin. Das mussten wohl die Augen des Tigers sein. Er sah hinunter und musste sich die Augen zukneifen. Er war noch nie soweit oben gewesen. Es war für ihn ein unbeschreibliches gutes Gefühl.
Auf ein Mal ertönte die Stimme der Leiterin. „Ryo, bist du oben? Wenn ja, melde dich! Ich spreche mit dir über eine eingebaute interne Funkverbindung. Ich kann alles Hören, was sich bei dir oben abspielt.“
„Ich bin oben. Was soll ich machen?“, fragte der Teenie.
Keichi Ohada antwortete ihm: „So, Ryo. Jetzt setzt du dich erst Mal in den Sessel.“
Ryo setzte sich hin. „O.K. Ich sitze.“
„Sehr schön. Siehst du jetzt vor dir den schwarzen Knopf? Den musst du nun drücken, um dich anzuschnallen, damit du gut gesichert bist.“
Ryo betätigte den Knopf, wie es von ihm verlangt wurde. Sofort öffneten sich am oberen Ende des Sessels links und rechts eine kleine Öffnungen und zwei Gurten kamen heraus geschnallt. Der Gurt von rechts schnallte sich am linken Ende des Sessels fest. Der andere auf der anderen Seite. „Erledigt! Ich sitze fest. Die Gurte haben sich an meinen Körper angepasst.“
„Das sollte auch so sein. Nun weiter, über dir befindet sich ein kleiner Schalthebel, schalte diesen um!“
„In Ordnung.“ Ryo schaltete den Hebel um und eine größere Luke öffnete sich. Ein kleines Headset mit Mikro und Ohrstöpsel befestigten sich an Ryos Kopf. „Was ist das?“
„Das ist ein Headset zur Kommunikation mit deinen anderen Team-Kameraden. Heute und in den nächsten Tagen wirst du es nicht gebrauchen.“
„Teamkameraden?“ Ryo wunderte sich.
Jetzt mischte sich die Chefin in das Gespräch ein. „Ryo, ich erkläre dir das später. Du musst den Tiger nun hinaus steuern!“
„Na und wie denn?“
„Also, zuerst ...“, begann der Erfinder die Einführung, zur Benutzung des Tigers weiter zu erklären. „Zuerst muss du den grünen Knopf drücken. Der Tiger wird sich dann in Bewegung setzten. Danach nimmst du einfach die Pfeiltasten auf der Tastatur. Verstanden?“
„Oui, je compris!“, sagte Ryo.
Ryo kannte sich mit einigen Fremdsprachen aus. In seiner Freizeit lernt er neben Fußball auch noch anderen Sprachen. Seine Lieblingssprache war Französisch. Er lernte sie, um damit Frauen beeindrucken zu können.
Er schaute sich um. Im Armaturenbrett war wirklich eine Tastatur eingebaut. Genau wie der Computer so eine hat. „Wofür ist denn eigentlich die Tastatur?“
„Damit kannst du Botschaften senden. Zu uns oder zu deinen Kameraden, wenn du uns etwas wichtiges mitzuteilen hast, oder wenn du denkst, jemand könnte unseren Funk abhören.“
„Ach so. Also gut. Ich drücke jetzt die grüne Taste.“ Seine Hand zitterte nicht. Er war gelassen und trotzdem angespannt. Behutsam betätigte er die grüne Taste und im selben Augenblick setzte sich der Roboter in Bewegung.
„Gut so, und jetzt steure ihn mit den Pfeiltasten!“
Ryo drückte die Vorwärtstaste und der Tiger gehorchte dem Piloten. Der Roboter bewegte seine Beine nach vorne. Ryo blieb mit seinem Finger auf der Taste und der Tiger marschierte los. „Wohin soll ich das Ding lenken?“
„Siehst du die große Stahlwand, wo nichts steht? Dort muss du lang gehen. Die Frau die dort an einem kleinen Pult steht, öffnet für dich den Ausgang.“
Ryo steuerte den Tiger zu der großen Stahlwand, die einst Yuka durchschritten hatte. Die junge Blondine sah den Tiger auf sie zukommen. Sie wusste bescheid. Langsam hob sie einen Hebel nach oben und die Stahlwand öffnete sich zur Seite. Ryo ließ den Tiger vor dem Ausgang stehen. „Was soll ich nun machen?“
„Nun musst du nur noch durchgehen, Ryo. Wir haben sogar einen Radar eingebaut. Du müsstest jetzt ein Signal des fremden Wesens aufnehmen können.“
Ein kleiner roter Punkt leuchte neben der Tastatur auf. „Ich sehe ihn. Soll ich den Tiger dort hin bewegen?“
„Ja, der rote Punkt muss direkt in der Mitte des Fadenkreuzes stehen, denn dann stehst du genau vor dem seltsamen Ungeheuer.“
„Ist gut. ich laufe jetzt los!“ Der schwarzhaarige Teenager steuerte den Tiger aus dem Gebäude hinaus. Sofort zog die Blondine den Hebel nach unten und die Stahlwand schloss sich. Ryo drehte sich mit dem Tiger um. Durch die Augen des Roboters sah er nur noch eine große Felswand. „Was hat das zu bedeuten?“
„Das ist nur eine Tarnung, damit der Gegner uns nicht entdecken kann. Beeile dich, das Wesen kommt immer näher!“
„Alles Klar. Ich bewege den Tiger direkt in die Mitte des Kreuzes.“ Ryo lief mit dem Tiger direkt in den Wald hinein. Der Erdboden fing an zu beben, als der Tiger mit den Füßen aufkam.
***
Es verwüstete den Wald, es zerkleinerte die Bäume mit dem bloßen Arm. Das Monster war gewaltig. Es ließ nichts stehen, das nicht nagelfest genug war um stand zu halten. Doch auf einmal hörte es auf. Der Boden bebte. Jemand kam zu ihn. Es drehte den Kopf zu Seite und nahm eine dunkle Gestalt aus weitere Ferne war. Das roboterähnliche Ding fing an zu brüllen. Es war eher ein quiekendes Schreien, als ein Brüllen.
Das auf ihn zukommende Monster wurde langsam sichtbar. Es war ein Roboter. Ein gewaltig Großer sogar. Das riesige Ding sah aus wie ein Tiger. Der Tiger stoppte seine Bewegung und hielt genau vor dem unbekannten Wesen an.
Ryo ließ die Hand von der Steuerung. Er sah vor ihm stehende Monster an. Es hatte eine lang gezogene Schnauze mit starken Zähnen unterhalb seiner Augen gehabt. Auch bemerkte Ryo, dass das fremde Wesen eine spitze Flosse auf dem Rücken hatte. „Der sieht ja aus wie ein Hai!“, stellte er laut fest, so dass Yuka ihn hören konnte.
„Yuka, was soll ich nun tun?“, fragte der junge Pilot.
„Geh auf ihn zu, du musst ihn besiegen!“
„Das ist gar nicht so leicht. Wie kann ich denn angreifen?“
Keichi meldete sich nun wieder. „Siehst zu neben dir die Greifhebel. Mit denen kannst du die Vorderpfoten des Tigers bewegen.“
„Geht klar!“ Ryo sah die Greifhebel und zog heftig an einem. Mit vollem Elan bewegte sich der rechte Arm des Tigers und traf den gegnerischen Hai mitten in die Blechschnauze. Wieder brüllte er auf. Jetzt schlug der Hai auf den Tiger ein. Eine Weile lang ging es so weiter. Da ein paar auf die Schnauze und dann dort wieder.
„Ryo, du musst nun die Kanone einsetzten, sonst gibt es hier bald kein Ende, wenn ihr euch nur schlägt!“
„Und, wie kann ich die Kanone abfeuern?“
„Du hast am rechten Greifhebel einen kleinen Knopf.“, erklärte Keichi dem jungen Piloten.
„Verstehe. Also Gut!“ Ryo zog noch einmal heftig am rechten Greifhebel. Der Schlag des Tigers war so gewaltig gewesen, dass der Hai kurzer Hand nach hinten taumelte. Dabei ließ er etwas fallen. Etwas weiß glänzendes flog zu Boden. „Alles kehrt zum Nichts zurück!“, rief der schwarzhaarige Teenager laut aus und betätigte den kleinen grauen Knopf am rechten Greifhebel.
Die Vorderpfote des Tigers bewegte sich nach oben und hielt auf direkter Linie mit dem Hai an und dann kam eine gewaltige Rauchwolke aus einer gewölbten Öffnung heraus. Mann konnte es nicht sehen, was daraus kam. Es war so schnell, dass der Hai nichts mehr mitbekam. Nur Ryo und die anderen in der Kommandozentrale sahen es noch, wie der Hai in nur wenigen Sekunden mit einem ohrenbetäubenden Lärm explodierte. Mehrere Blechteile flogen durch die Luft und rissen einige im Weg stehende Bäume mit sich um. Mit einem lauten krachen fielen sie zu Boden.
Der Rauch der Explosion verschwand langsam und Ryos Tiger stand noch auf zwei Beinen. Ryo wusste nicht, wie ihm geschah. Es war ein gewaltige Explosion, die er noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte. Mit nur einem Mal flog der Gegner in die Luft. "Wow!", sagte er nur, als er um sich herum, wieder alles sehen konnte.
„Komm zurück, Ryo!“, befahl ihm seine Vorgesetzte.
„Warte noch, Yuka! Der Hai hat vorhin etwas verloren, lass mich es noch suchen!“
„In Ordnung, aber beeile dich. Ich lass jetzt einen Trupp zu dir kommen, der noch einige Blechteile des Hais mit nehmen wird, damit wir sie untersuchen können.“
Der Teenie gab kein Wort von sich und stapfte mit dem Tiger durch die wäldliche Gegend. Er lief mit dem Tiger ungefähr zweihundert Meter in den Wald hinein. Denn durch die Explosion, musste das glänzende mit der Druckwelle weggeschleudert worden sein. Doch Ryo fand an dieser stelle nichts. Langsam drehte er sich um und da sah er es. Das glitzernde Etwas funkelte ihn durch die gewaltigen Tigeraugen an. „Ich habe es gefunden!“, rief er Yuka per Funk zu.
„Alles klar, komm nun zurück!“
„Ich komme gleich, aber wie kann ich mich mit dem Tiger bücken?“, wollte Ryo wissen.
Keichi half ihm. „Ryo, auf der Tastatur ist eine große Pfeiltaste abgebildet. Du musst diese zusammen mit der ‚u-Taste‘ drücken. Dann bückt sich der Tiger für dich. Und mit der Enter-Taste greifst du dann danach.“
Ryo betätigte die Tastenkombination und der Tiger bückte sich und sogleich hob er das schimmernde Ding auf. Langsam hielt er es in das Sonnenlicht. Es funkelte wunderschön. „Das ist ja ein Kristall.“, stellte Ryo fest.
„Ich komm jetzt zurück!“, sagte er und stapfte durch den Wald zurück zur Basis, dabei kamen ihm eine Sonder-Einsatztruppe entgegen. Das sind vermutlich diejenigen, die die übrig gebliebene Metallhülle untersuchen sollen, überlegte sich Ryo.
***
„Und was machen wir jetzt?“, fragte Ami ihre Freundin, als der kurze Kampf gegen den mysteriösen Hai vorbei war.
„Wir untersuchen erst Mal die Außenhülle des Sharks ...“, begann Yuka ihre Pläne zu erörtern.
„Sharks?“, unterbrach Ami die Chefin.
„Ja, Sharks! Sie sehen für mich aus wie Haie, also nennen wir sie auch so!“, klärte Yuka ihre Freundin auf.
„Ryo hatte etwas von einem Kristall gesagt. Wissen Sie, was er meinte?“, fragte nun auch Keichi in die Runde.
„Dazu kann ich jetzt noch nichts sagen. Ryo zeigt ihn uns und dann werden wir wohl weiter wissen.“
Das Gespräch verstummte. Jeder im Raum überlegte gerade, was er sagen sollte. Doch da mischte sich die junge Frau am Pult ein. „Sir, T-01 steht vor dem Hinterausgang! Soll ich ihn reinschicken, oder ...?“
Genau im selben Augenblick unterbrach Ryo die Frage der jungen Frau. „Yuka, ich stehe nun vor dem Ausgang, aus dem ich letztens kam. Wie komme ich wieder rein?“
Einen Moment, Ryo!“, sagte Yuka und wendete sich erst mal zu der jungen Frau am Pult. „Ja, sagen sie der Blondine - ich habe ihren Namen nicht im Kopf -, dass sie die Tarntüre öffnen soll.“, befahl Yuka ihr.
„In Ordnung.“ Die junge Frau nahm einen grauen Hörer eines im Schreibtisch eingebauten Telefons von der Schreibtischablage in die Hand und wählte die Durchwahlnummer, die mit der Türe am Hinterausgang verbaut wurden war. Yuka konnte sehen, wie sich die Blondine zur Stahltüre hinbewegte und einen Hörer abnahm.
„Sie können nun den Tiger wieder reinlassen!“, sagte die junge Frau am Pult und sofort betätigte die Blondine am Ausgang unseren allzu gut bekannten Hebel. Der Tiger stand direkt vor der Tür und wartete nur darauf, eingelassen zu werden. Mit einem starken Stampfen betrat er die Basis der geheimen Organisation Tora Kiso.
***
Er betrat die Kommandozentrale durch die Glastür und schaute Yuka fragend an. „Was war das?“
„Keine Ahnung, aber ich glaube es war aus einem bestimmten Grund hier.“, meinte Yuka.
„Der Kristall, nicht wahr?“
„Richtig!“
„Hier!“ Der Junge Tiger-Pilot übergab ihr den Kristall. Der Kristall war länglich gezogen. Am vorderen Ende waren mehrere faustdicke Wölbungen mit jeweils einen Krallenförmigen Splitter. Die Leiter und der Erfinder der Organisation - Ryo eingeschlossen - schauten sich den Kristall genauer an. Er ähnelte einer Tierpfote. Eine Pfote einer wilden Katze, wie die eines Tigers.
„Das ist die Vorderpfote eines Tigers!“, durchbrach Yuka die Stille.
„Ich habe schon einmal etwas über einen Tigerkristall gelesen, weiß bloß nicht wo!“, mischte sich Ami ein.
„Die Legende des allmächtigen Tigers!“, jauchzte die Chefin der Organisation auf. „Das muss es sein!“
Dann eilte Yuka aus der Kommandozentrale heraus und rannte zu ihrem Büro.
„Was hast du vor, Yuka?“, fragte ihre beste Freundin.
„Kennst du die Legende des allmächtigen Tigers?“, antwortete Yuka mit einer Gegenfrage.
„Nein.“
„Ich habe in meinem Büro ein Buch, indem die Legende aufgeschrieben steht.“ Yuka öffnete ihre Bürotür und lief Schnellwegs zu einem Aktenschrank, durchwühlte sämtliche Papiere und holte ein veraltetes Buch heraus. Sie zeigte es den anderen. „Hier ist es!“
„The legendary of the almighty tiger.“, las sie laut den Titel des alten Buches vor.
„Ich habe auch noch nie, etwas davon gehört.“, beteuerte Ryo.
„Ich lese euch mal einige bedeutende Textstellen vor, die Hinagiku Watashiwa geschrieben hatte, nachdem die Amerikaner im Jahre 2006 Tokyo überfielen haben“, sagte Yuka schließlich und fing an vor zu lesen:
„Die Amerikaner sind da und wollen unser Land erobern - doch das lassen wir nicht zu. Unser Ende scheint nah zu sein. Alles liegt in Schutt und Asche. Doch wir haben noch eine einzige Hoffnung. Der allmächtige Tiger! Wir waren froh und hatten alle Kristalle beisammen. Ungeduldig bauten wir ihn mit den zehn dazu gehörigen Kristallen zusammen. Dann geschah es! Der Tiger erschien und der Himmel wurde rötlich. Ich war überrascht. Er war riesig, megagroß. Er fragte uns, was wir von ihm wollen. Wir sagten ihm, dass er die Amerikaner vertreiben soll und unser Land wieder so wird, wie es noch vor kurzer Zeit der Fall war. Der allmächtige Tiger erzeugte einen Strudel - wie der eines Tornados - und danach wurden wir vermutlich bewusstlos. Keiner weiß was vor sich ging. Doch als wir aufschauten lächelte uns die Sonne an. Der allmächtige Tiger und die Kristalle waren verschwunden. Er hatte unseren Wunsch erfüllt. Tokyo strahlte wieder in seinem alten Glanz. Wir benannten Tokyo in New Tokyo um, um die Erinnerungen lebendig bleiben zu lassen.“
Alle Mann im Raum hatten ihr zugehört und jedes Wort mitbekommen. Keiner pflegte etwas zu sagen, bis Ryo dann ein gekonntes „Wow!“ hervor brach.
„Wer war denn diese Hinagigu?“, fragte Keichi.
Yuka gab die Antwort auf seine Frage: „Hinagigu Watashiwa war die Anführerin einer religiösen Gemeinschaft namens Tora. Zusammen mit ihren Angehörigen - es waren um die 200 Mitglieder - verehrte die Gruppe die Tiger, so wie die Inder die Kühe verehrten. Der Tiger waren ihr Allerheiligstes und als man dann herausfand, dass es einen allmächtigen Tiger gab, der sogar die Welt verändern konnte, beschlossen sie, die Kristalle zu finden und erst einzusetzen, wenn der Erde oder Japan Gefahr drohen würde. Schließlich fanden sie die Kristalle und verwahrten sie diese in einer Krypta auf. Bis 2006 wurden sie strengstens bewacht...“
„Und woher weißt du das alles?“, fragte Ami neugierig.
„Steht alles im Buch!“, lächelte Yuka ihre Freundin an und hielt ihr das Buch vor die Nase. „Bisher habe ich geglaubt, es sei nur eine Legende oder eine alte Geschichte. Doch es scheint war zu sein.“ Yuka betrachtete sich den Kristall näher an. „Nach dem Buch zufolge ist das die rechte Vorderpfote.“
„Ich ahne schlimmes.“, gab Ryo von sich.
„Was ahnst du?“, fragten alle anderen zugleich im Chor.
„Der Hai ...“, setzte Ryo an.
„Ich nenne ihn Shark!“, unterbrach Yuka ihm.
„Der Shark hatte den Kristall also irgendwo hier gefunden. Das heißt, dass die anderen Kristalle ganz in der Nähe liegen müssten.“
„Bestimmt. Worauf willst du hinaus?“
„Der Shark schien mir auf der Seite des Bösen zu stehen.“
„... und Böses will nur schlimmes. Verstehe ich dich richtig, Kleiner?“, fragte Keichi.
„So ist es! Der Hai, äh Shark, will also die Kristalle, um Japan zu vernichten!“
„Wieso nicht gleich die ganze Welt?“, fragte nun Ami.
„Wir müssen wohl damit rechnen.“, antwortete Yuka.
„Dann brauchen wir die Kristalle, um dies zu verhindern!“, sagte Keichi.
„Es scheint so.“, gab Yuka von sich und drehte sich zu Ryo, „Das heißt also für dich und die Anderen, sowohl auch die ganze Organisation, dass es einen Kampf geben wird. Bist du bereit?“
„Sicher bin ich das!“, sagte Ryo voller Selbstvertrauen.
„Dann ist ja gut. Lasst mich jetzt allein. Ich muss über alles nachdenken.“ Yuka öffnete den Anwesenden die Tür und ließ die kleine Gruppe hinaus.
***
Am nächsten Morgen wachte Ryo durch das Klingeln des Telefons auf. Langsam erhob er sich und griff nach den Hörer.
„Ja?“, meldete er sich.
„Ryo, ich bin es!“
„Yuka? Woher habe sie meine Nummer?“
"Geheimsache! Komm so schnell du kannst in mein Büro. Ich muss die etwas sagen.“
„Meinetwegen.“ Ryo legte den Hörer auf. Dann kroch er aus dem Bett und zog sich rasch an. Schnell schob er sich noch eine Toastscheibe in den Toaster und zog sich Jacke und Schuhe an. Als die Toastschnitte fertig geröstet war, kaute er sie mit hastigen Bissen hinunter und machte sich sogleich auf den Weg. Er schmiss sich in sein rotes Cabrio und fuhr los. Der Teenie gab mächtig viel Gas und sauste gekonnt durch die Straßen von New² Tokyo. New Tokyo gab es nun ja nicht mehr, da „Die gewaltige Explosion“, die Hälfte der Menschheit Vernichtet hatte.
Schon bald hatte er sein Ziel erreicht. Profimäßig hielt er sein Air-Car im Dickicht des Waldes und lief hinüber zum Wasserfall. Sofort ging er durch die herunter fließenden Ströme des Flusses und klopfte mit mehreren kräftigen Schlägen an die Stahltür. Wieder verlangte jemand nach dem Passwort. Ryo wusste es noch und wurde hinein gelassen.
Im schnellen Tempo lief er zum Aufzug und fuhr hinauf zum dem Büro von Yuka Kashiro, der Chefin von Tora Kiso. Er klopfte an ihre Glastür. Sie bemerkte ihn und wies ihn hinein. „Das ging aber schnell. Wir müssen los!“
„Wohin?“
„Zu mir!“, sagte die Chefin gelassen. "Du wirst bei mir einziehen, solange wir hier noch keine eine Unterkunft errichtet haben. Bald werden auch noch andere Ti-Pi´s - Tiger-Piloten - kommen und dich unterstützen. Ich möchte, dass alle Piloten hier in der Basis zusammen leben werden, deshalb lasse ich hier eine Unterkunft erbauen. Die Basis soll unser größter Stützpunkt gegen die Sharks werden. Wir müssen euch für den Kampf trainieren.“
„Für den Kampf trainieren?“, wiederholte Ryo.
„Ja, nach meinen gestrigen Überlegungen, ist mir klar geworden, dass vermutlich noch mehrere Sharks die Kristalle suchen werden - und sie werden nicht einzeln auftauchen! Glaube mir, Ryo. Es ist sicherer, wenn du bei mir wohnst.“
Der 18-jährige willigte ein. „In Ordnung! Der Kampf beginnt also.“
„Ja, der Kampf beginnt!“, gab Yuka als letztes Wort von sich und zusammen verließen sie ihr Büro.
Mein Leben hatte sich geändert. Zwar genau an dem Tag, wo mich eine blonde Frau namens Yuka Kashiro bei einem Fußballspiel anquatschte. Ich hatte sie erst abgewiesen. Doch hätte mich mein Trainer nicht überzeugt, mit ihr zu reden - ich glaube die beiden kennen sich irgendwo her - hätte sich mein Leben nie verändert. Ich bin jetzt froh ein Tiger-Pilot zu sein. Yuka nimmt gerne die Abkürzung Ti-Pi. Wie ich mitbekam, sollen noch mehr Tiger auftauchen. Vielleicht werde ich auf neue Freunde treffen?
Auszug aus dem Tagebuch von Ryo Kuroi, 2178-03-24
Anmerkung des Autors
Die Idee zu dieser Geschichte enstand 2003, als ich angefangen habe zu schreiben. Sollte ihre Verlaufsfehler finden oder Ähnliches, sagt es mir, damit ich diese ausbessern kann. Bei Interesse werde ich sogar mal weiter schreiben und wenn möglich alles nochmal überarbeiten und dateilliert getreuer schreiben.
Euer
Lars Buchwald
Texte: Die Geschichte ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre zufällig und nicht beabsichtigt.
Tag der Veröffentlichung: 23.07.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
für B. Beer