It kills me not to know this but I've all but just forgotten
What the color of her eyes were and her scars or how she got them
As the telling signs of age rain down a single tear is dropping
Through the valleys of an aging face that this world has forgotten
There is no reconciliation that will put me in my place
And there is no time like the present to drink these draining seconds
But seldom do these words ring true when I'm constantly failing you Like walls that we just can't break through until we disappear
So tell me now If this ain't love then how do we get out?
Because I don't know That's when she said I don't hate you boy I just want to save you while there's still something left to save
That's when I told her I love you girl
But I'm not the answer for the questions that you still have
But the day pressed on like crushing weights
For no man does it ever wait
Like memories of dying days That deafen us like hurricanes
Bathed in flames we held the brand
Uncurled the fingers in your hand
Pressed into the flesh like sand Now do you understand? So tell me now
(RISE AGAINST - SAVIOUR LYRICS)
Schläfrig öffne ich die Augen und erhebe mich leicht. Als mein Blick auf den Wecker fällt,springe ich alamiert auf.Ich habe verschlafen!Schnell schlüpfe ich aus meinem kuschligen Pyjama in eine Armyhose und einen beigen Pullover.Nachdem ich mich gewaschen,Zähne geputzt und dezent geschminkt,sowie aus meinen blonden Wellen einen Pferdeschwanz geformt habe,sitze ich in der Küche und trinke meinen morgendlichen Tee.
Meine Mutter schlurft mit schläfrigem Blick herein und nuschelt ein „Guten Morgen“ Anscheinend ist es das für sie aber nicht. Sie schleppt sich schwerfällig zu einem Stuhl und bindet sich die ebenfalls blonden Haare zusammen.Sie sieht müde aus.Manchmal wüsche ich mir, ihr ein wenig Arbeit abnehmen zu können.Wir sind keinesfalls arm, schon eher reich, aber meine Mutter meint ,bis zum umfallen schuften zu müssen.Ich schreie erschrocken auf.Ich verpasse meinen Bus!!! Ich sprinte los,werfe meine Tasche über meine Schulter und verabschiede mich von Mum.Sie brummt nur etwas ,das sich wie ein„Tschüss“ anhört.
Dann beginnt der eigentliche Marathon.Ich bemerke, nebenbei, es ist recht glatt. Ich bremse mich ein wenig ab renne weiter. Mein Hals brennt von der kalten Luft und ich muss husten.In diesen Momenten verfluche ich mein Asthma.In Gedanken vertieft, bemerke ich nicht die Person vor mir und wir stoßen zusammen.Als wir fallen, drehe ich mich komischerweise so,dass die Person auf mich fällt. Das Gewicht drückt die Luft aus meinen Lungen, auch wenn er oder sie nicht schwer ist, die Augen halte ich geschlossen. „Könntest du bitte von mir runtergehen?“,presse ich mühsam hervor.Schließlich öffne ich die Augen wieder.
Vor mir schwebt ein fahles,weißes Gesicht.Es ist ein Junge etwa in meinem Alter.Seine schwarz-braunen.Haare hängen ihm frech in die Stirn und seine Iris ist von einem hellen Blau ,das auch von Kontaklinsen stammen könnte.Langsam rappeln wir uns auf.Ich muss den Kopf fast in den Nacken legen,er ist ziemlich groß ,er sieht relativ durchtrainiert aus.Er ist hübsch, auf eine seltsame Weise.Seine Augen sind sind dunkel umrandet, als hätte er lange nicht geschlafen. Ruhig steht er vor mir und starrt mir, um es unverschämt auszudrücken, in die Augen.Ich muss mir ein Lachen verkneifen, denn es sieht so aus, als wäre seine Kleidung, die aus einer Jeans und einem abgetragenem schwarzen Hoddie besteht, uralt und voller Blut. „Bist du ein Mörder?“, entwischt es meinen Lippen und ich verfluche meine große Klappe.
Er sieht mich ratlos an, aber eigentlich kann ich nicht eimal sagen, ob er ratlos aussieht, weil er anscheinend kaum Mimik zeigen kann.Er ist nicht hässlich, aber die Narben an seinem Hals, das Blut an seinem Mund, das mir erst jetzt auffällt ,schreien förmlich:Gefahr! Vorsichtshalber weiche ich ein Stück zurück, er bleibt stehen. Ich warte noch immer auf seine Antwort. „Ein Mörder?“, stammelt er und es scheint mir, als hätte er große Probleme zu sprechen. „Wegen dem Blut...“,ich deute auf seine Wange und seine Lippen. Mein Blick verharrt kurz an seinen Lippen, er hat schöne ,volle Lippen die zum Küssen einladen...Ich spüre ,wie ich rot werde.Er lacht, zumindest denke ich das, doch aus seinem Mund kommt kein Laut. „Blut ja ...von Toten“,murmelt er und zuckt mit den Schultern.Ich lache los und halte es für einen Scherz, denn das muss es sein. Wie könnte so jemand...
In diesem Moment fährt der Bus an uns vorbei und Wut durchströmt mich.Er hat mich so abgelenkt, dass ich tatsächlich nicht mehr an meinen Bus gedacht habe! „Na toll!Danke!Jetzt habe ich den Bus verpasst.Weißt du wann der nächste fährt?In einer verdammten Stunde!Mein Unterricht beginnt um acht!“, knurre ich gereizt. Er blickt mich versucht unschuldig an, sofern ich das richtig interpretiere. „Entschuldige“Ich nicke gereizt.„Und wie komme ich jetzt zur Schule?“, blaffe ich weiter und sehe ihn wütend an.Hilflos zuckt er mit den Schultern.In diesem Moment spüre ich ,wie meine Wut verpufft.
„Tut mir Leid, bei mir ist es zurzeit etwas stresstig“,nuschle ich kleinlaut.Er seufzt leise und sagt, es wäre nicht so schlimm. „Wo wohnst du?“,frage ich ihn stattessen , da ich in einem recht kleinen Dorf lebe und ihn noch nie vorher gesehen.habe.Hier kennt eigentlich jeder jeden.Wieder zuckt er mit den Schultern.„Ich komme nicht von hier...Ich ..habe kein Zu..haus.Ich...kenne nichts hier.“ Ich spüre Mitleid aufkommen und fasse einen verrückten Beschluss. „Komm mit“Ich packe seinen Arm und ziehe ihn hinter mir her.
Ich muss meine Geschwindigkeit drosseln, da sein Gang recht steif ist, als wären seine Muskeln eingerostet. Im Moment bin ich gerade selbst von mir , ich meine ich kenne ihn nicht, sein Gesicht und sein Oberteil sind voller Blut und seine Augen seltsam blau.Doch irgendwie vertraue ich ihm ,wie man einem alten Freund vertraut, es ist verrückt.Er könnte alles sein was böse ist , aber selbst wenn es so wäre, ist es mir egal.Die Gehirnfresser haben mich wohl befallen.Es ist mir sogar egal , dass ich meinen Bus verpasst habe und wegen ihm fehle, denn das werde ich. Ich sollte Gabbe sagen ,dass sie sich eine passende Erklärung für mein Fernbleiben einfallen lassen soll.
„Wie heißt du eigentlich?“, durchbreche ich unser Schweigen neugierig. „Charlie“,murmelt er versucht flüssig. „Und wie noch?“
„Das habe...ich...vergessen“,flüstert er und ein Hauch von Traurigkeit, nicht mehr als eine Träne , die in den Ozean fällt, weht mit. Ich hake nicht nach ,warum.Er möchte nicht darüber sprechen und ich nicke nur kurz. Er muss viel durchgestanden haben, das spüre ich.
Ein wenig später (sehr viel), da er ja Probleme beim Gehen hat,.stehen wir vor meinem Zuhause.Als mein Blick auf das Blut an seinem Mund fällt, nehme ich ein Taschentuch und wische es notdürftig weg. Er wirkt nervös.Zwar hampelt er nicht herum oder beißt auf seine Lippe, mein Blick bleibt kurz hängen,aber in seinen Augen steht es geschrieben.Ich frage mich kurz,warum er mit mir mitgegangen ist.Er kennt mich doch genauso wenig, wie ich ihn., er weiß noch nicht einmal meinen Namen....„Charlie ,ich bin übrigens Chass“
Ich schließe die Tür auf und wir treten ein.Es ist angenehm warm und ich spüre ,wie die eisige Faust des Winters allmählich abfällt.
„Mom?“,rufe ich doch es kommt keine Antwort.Perfekt, dann habe ich noch genügend Zeit , um mir eine Ausrede einfallen zu lassen!
„So , das ist mein Zuhause “,lächle ich und winke ihn herein.Charlie blickt sich leicht erstaunt um.Klar, unser Haus ist recht modern eingerichtet, aber so toll auch wieder nicht. „Ist es für dich okay, wenn du in meinem Zimmer mitschläfst?“, möchte ich von ihm wissen, im Moment ist das Gästezimmer im Umbau“ Er stimmt zu und ich ziehe ihn die Treppe hinauf in mein kleines Reich.
Kurz schicke ich Gabbe eine Sms, dann lasse ich mich auf das Bett fallen.Mein Zimmer ist edel, aber schlicht gehalten. Neben dem Balkon steht das schwarze Bett,das sich von der weißen Tapete abhebt.Mein Schrank steht rechts neben der Kommode und dem Schreibtisch.Die Möbel sind allesamt schwarz.An einer Wand steht ein Schriftzug, „There's always a light in the darkness however small it is“.
Charlie steht etwas unschlüssig herum und ich klopfe einladent neben mich.„Ich beiße nicht“,witzle ich , doch er verzieht sein Gesicht. Habe ich etwas falsches gesagt? „Also nochmal, du heißt Charlie, deinen Nachnamen weißt du nicht mehr und die Blutflecken stammen woher?“ „Ich...weiß nicht.Sie...von Toten.“, stammelt er.Ich schlucke und warte darauf,dass er erklärt es sei ein Scherz. Er lächelt ironisch. „Nein...es...mein Vater ist...naja Metzger in Ohio und mein...Vater griff mich an,also bin....ich geflüchtet.Seitdem irre ich...hier...ich habe ...als ....klein war einen.schweren Unfall gehabt .Es ist schwer....für...mich Gefühle zu zeigen, zu laufen und zu...sprechen...“,das sagt er in zehn Minuten, so sehr muss er um Worte ringen.Ehrlich ich habe auf meine Uhr, die über dem Schreibtisch hängt geschaut.
Mir entfährt nur ein„Oh“ und er hebt die rechte Hand.Was versucht er denn jetzt?Mir fällt dabei ein rundes, ausgefranstes Loch in seinem Hoodie auf.Ich runzle die Augenbrauen.„Wurdest du angeschossen“Charlie möchte nicken,doch es geht in ein Kopfschütteln über.Ja oder nein?„Ich schätze mal,.du hast keine Kleidung?“ Wieder Kopfschütteln. „Gut dann gehen.wir dir jetzt mal welche kaufen. Du darfst mich alles fragen, was du möchtest.“
Aber davor verschwinde ich kurz im angrenzenden Badezimmer und hole einen feuchten Waschlappen.
Damit fahre ich über sein Gesicht,bis auch der letzte Rest verschwunden ist. Trotzdem bleiben seine Lippen seltsam rot und seine Augen dunkel umschattet.Still lässt er es über sich ergehen.„Chass?“, beginnt er.„Ja?“ „Warum...tust du ...das?“ „Weil du mir Leid tust“,seufze ich und käme seine Haar kurz durch. Charlie lächelt, versucht es zumindest und ich grinse .„Ich sollte....nicht...leidtun“„Doch“,entgegne ich. Traurig schüttelt er seinen Kopf und ich fahre mit der Hand beruhigend über seinen Rücken.Nebenbei bemerkt, seine Haltung ist grottig!
„Es ist okay, ich tue das gerne.“, meine ich sanft.Stotternd entschuldigt er sich.Wow, seine Augen.Was manch einer als gruselig bezeichnen würde, fasziniert mich.Sie sind krass hellblau und die Iris ist von einem schwarzen Ring umrandet. „Trägst du Kontaklinsen?“,frage ich ihn wie in Trance. „Nein“, antwortet er belustigt.Jetzt ist er sauber. Ich gebe ihm unten eine Jacke von meinem Vater und wir laufen zur Bushaldestelle.
Allählich kommt der Bus angefahren und wir steigen ein. Der Busfahrer sieht ihn schief an und ich werde wütend.Er weiß gar nicht warum Charlie so vor sich hinstolpert.Wir schweigen bei der Fahrt.Ich sehe azs dem Fenster und er sieht mich an, glaube ich. Nach einer Stunde sind wir angekommen.Er bemüht sich wirklich nicht zu langsam und steif zu laufen.Ich werde langsamer und nehme seine Hand , damit....ja warum eigentlich?Ich kenne ihn seit etwa drei Stunden und doch fühlt es sich an , wie ein ganzes Jahrhundert.Es gefällt mir ,seine Hand zu halten.
Wir sind in vielen Läden, bis wir etwas finden.Vorwiegend suche ich ihm Hoodies, lange Sweatshirts, T-shirts und ein paar Hosen, sowie Socken.Ich finde die Kleidung schön, sie passt zu ihm.Sogar Boxershorts, was er mit leicht pikiertem Blick kommentiert.Eigentlic sieht er sogar eher erschrocken aus, was mich zum grinsen bringt.Wir reden nicht viel, aber das ist okay.Die Menschen, die uns begegnen sehen ihn abfällig an.Klar, er ist blass, seine Augen in ihren vielleicht seltsam und sein Gang fürchterlich, aber sie wissen nicht ,was ich weiß. Das hoffe ich, das es die Wahrheit ist,denn wenn ich ihm nicht vertrauen kann, wem dann sonst?Das habe ich,denke ich schon von der ersten Sekunde an getan.Ich kann es mir selbst nicht erklären.
„Was machen wir jetzt?“,frage ich , als wir beide, sichtlich erschöpft, uns auf eine Bank fallen lassen.„...Weiß nicht“ „Hast du Hunger?“ „Eig...entlich....schon“ „Auf was?Einen Café?Einen Burger?Fisch,Brot?“ „Einfach....etwas mit Fleisch und möglichst ungewürzt, sonst ...vertrage ich .... nicht“ Ich nicke und gehe los, während er auf die Einkäufe aufpasst.Das sind immerhin um die vierhunder Euro!
Als ich mit zwei Hotdogs, einer ohne Ketchup und Röstzwiebeln, sitzt Charlie noch da,aber er sieht wütend aus.Ich beschleunige meinen Schritt.„Alles in Ordnung?“, ich blicke ihn besorgt an.Der Jugendliche lächelt sarkastisch, die Wut verschwindet nicht aus seinem Gesicht.„Ja...da ...waren nur so nervige..Leute,...die meinten etwas klauen zu ...müssen“ Ich reiße die Augen auf.„Keine....Sorge.Ichhabe...sie vertrieben“ „Ach ja und wie?“ Er ist still und ein seltsamer Ausdruck schleicht sich auf sein Gesicht.Er jagt mir Angst ein.Kalt und unmenschlich starren mich seine Augen an.So berechnend und abschätzend,dass es mir eiskalt den Rücken herunterläuft und ich mich frage,was er getan hat.
“So cold, I know you can't believe it
Sometimes you gotta face the feelin'
You don't care if you don't get up again
There's a thousand things I will not understand
Now you're dealin' with the hell I put you through
If I had my way I would be right there next to you
There's certain things in life you cannot change
There's certain things”- Delta Spirit (Yamaha)
Auf der Rückfahrt herrscht ein seltsames Schweigen zwischen uns. Es fühlt sich an, als wäre eine Wand aus Eis um ihn herum. Sein Blick ist starr nach vorne gerichtet und ich fühle mich etwas unbehaglich, aber mir fällt nichts ein, was diese Stille beenden könnte. Charlie wirkt aufgewühlt, verwirrt und traurig, doch ich kann mir keinen Reim darauf machen. Was kann da nur vorgefallen sein? Ich sortiere konzentriert die Einkaufstüten von H&M, Jack and Jones und diversen anderen Läden und spüre seinen Blick auf mir. Ich sehe auf und versuche irgendetwas in seinem Gesicht zu lesen, aber da ist nur eine emotionslose Maske, die ihm überhaupt nicht ähnlich sieht. Es sieht nicht aus, wie Charlie, sondern komplett anders. Seine Augen wirken auf einmal wirklich bedrohlich, so, wie vorhin.
„Du willst nicht darüber reden, oder?“, fange ich an und er schüttelt seinen Kopf. Ich drehe mich weg, lehne mich zurück und schließe die Augen. Der Tag heute war anstrengend. Ich dämmere kurz weg, so scheint es mir, denn als Charlie mich anstupst und ich die Augen aufschlage, sind wir wieder Zuhause, in meinem kleinen Dorf. Erschöpft stehe ich auf und stakse hinter ihm aus dem Bus. Mittlerweile ist es halb sechs abends. Wir haben lange gebraucht. Wir haben es nicht besonders weit zu meinem Zuhause. Ich spüre ein wenig Angst in mir aufsteigen. Was soll ich nur meiner Mutter sagen?
Hi, Mom das ist Charlie. Ich kenne ihn zwar nicht und weiß nicht wirklich etwas von ihm und oh ja seine Kleidung war voller Blut, aber er wohnt ab jetzt hier. Das kann ich ja wohl schlecht sagen! Ich brauche etwas Glaubhaftes.
Ich krame in meinen Gedanken nach passenden Worten. Also Mom, das ist Charlie er ist ein Freund von Gabbe…-Nein das klingt komisch, dann muss Gabbe sie ja auch belügen. Okay, nochmal von vorne, das ist Charlie er ist vor seinem Vater geflüchtet, der ihn fast umgebracht hat und wohnt ab jetzt hier, keine Angst das Blut stammt von toten Tieren, und das Loch in seinem Hoddie von keiner Pistole obwohl es so aussieht…-Das ist auch blöd. Was gäbe es denn für realistische Ideen?
Ich mustere ihn genau. Er ist sehr blass, woher könnte er kommen? Vom Nordpol, Russland? Okay, das zweite klingt definitiv besser. Also, er kommt aus Russland, aber dann klingt Charlie komisch. Welchen Ort gäbe es noch? Schweden? Charlie aus Schweden, sein Nachname ist …Campbell, klingt das gut? Aber welchen Grund gäbe es, dass er hier ist? Er ist mein…Austauschpartner! Triumphierend grinse ich. Aber wieso sollte ich ihr nichts davon erzählen? Ich kann sagen, ich hätte es ihr gesagt, aber nach der Arbeit wäre sie so müde gewesen, dass sie es nicht mitgekriegt hat! Das ist gut.
Nervös stehen wir vor der Haustür und ich zögere, die Tür aufzuschließen. Was ist, wenn sie mir nicht glaubt? Ich schiele kurz zu Charlie, auch er sieht verunsichert aus. Natürlich zeigt das nicht seine Mimik, aber es steht in seinen Augen geschrieben. Ich atme ein, atme aus und drehe den Schlüssel um, dann treten wir ein. „Mom?“, rufe ich und mir schallt ein: „ Was tust du denn schon hier?“, entgegen. Sie poltert die Treppe herunter und ich stelle mich vor Charlie. Obwohl er ein ganzes Stück größer ist, spüre ich seinen Atem an meinem Hals.“ Was machst du denn schon hier und was-…“, sie bricht ab und mustert Charlie überrascht. Misstrauisch und ein wenig schelmisch sieht sie mich an.
„ Cassidy, wer ist das? Ist das dein Freund?“ Ich reiße die Augen auf und spüre, wie ich rot werde. Empört verenge ich die Augen! „ Nein! Das ist…Charlie Campbell aus …Schweden und er ist mein Autauschpartner“, stottere ich, immer noch überrumpelt von ihrer These. Sie grinst und nickt. „ Wieso weiß ich nichts davon?“ ich stöhne gespielt auf. „Mom, ich hab es dir erzählt, aber du hast mal wieder nicht zugehört, weil du müde von der Arbeit warst. Ich habe es von meinem Geld bezahlt und wir waren vorhin shoppen. Ich war nicht in der Schule, weil ich ihn…abholen musste“, lüge ich und sehe ihr fest in die Augen. Ein wenig unwohl fühle ich mich schon, ich lüge meine Mutter nie an.
„Wo schläft Charlie? Und spricht er überhaupt gutes Englisch?“ „In meinem Zimmer bis das Gäste Zimmer wieder in Ordnung ist“, spreche ich schnell und sie zwinkert mir zu. „Charlie, wie ist dein Englisch?“, will sie von ihm wissen und er wirft mir hilfesuchend einen Blick zu. „Es ist…passabel“, bemüht er sich zu sagen. „Das höre ich. Wird er in deine Klasse gehen Cassidy?“ Ich zucke mit den Schultern. „Ja, das…das werde ich“, murmelt Charlie leise.
Meine Mutter stellt noch einige Fragen, wie, ob er Schulsachen hat, und noch viel mehr, sodass sowohl ich als auch Charlie erleichtert sind, als wir in meinem Zimmer sind. Ich lehne mich erschöpft an die geschlossene Tür und er setzt sich neben mich. „ Oh Gott bin ich müde“, seufze ich leise und lege meinen Kopf auf seine Schulter. Sie ist wirklich bequem, mal davon abgesehen, dass seine kalte Haut anscheinend auch die Kleidung kühlt. Das ist mir vorhin auch schon aufgefallen, aber da war es nicht so extrem, wie jetzt. Aber irgendwie tut es meinem aufgeheiztem Kopf gut. Da fällt mir ein, ich sollte das Asthma- Spray wieder nehmen, sicher ist sicher, denn ich habe keine Lust fast zu ersticken.
Schwerfällig erhebe ich mich und gehe zum Schreibtisch. Der Blick des Jugendlichen folgt mir und weitet sich, während ich großzügig viel von dem helfendem Notfallspray nehme. „Keine Sorge, ist nur zur Sicherheit“, meine ich, wobei ich mich wieder neben ihn fallen lasse und meinen Kopf an die alte Position lege. Ich hoffe es stört ihn nicht, aber es macht auch nicht den Anschein, als ob. „Willst du duschen?“, frage ich und deute in Richtung des Badezimmers. Er nickt leicht. Ich bin leicht enttäuscht, meinen Kopf jetzt schon wieder entfernen zu müssen.
Während er mit Kleidung auf dem Arm im Bad verschwindet, schreibe ich kurz mit Gabbe. Sie schreibt, dass sie heute einen Mathetest geschrieben haben. Da hatte ich wirklich Glück. Ich erzähle von Charlie. Ich sage ihr das, was ich auch meiner Mutter gesagt habe. Ein schwedischer Austauschschüler. Neugierig will meine beste Freundin alles von ihm wissen und ich lüge ein wenig. Gott sei Dank merkt sie es nicht.
Nach etwa einer Viertelstunde kommt Charlie wieder aus dem Bad gelaufen und er hat nur ein Handtuch um die Hüften gewickelt. Seine braun-schwarzen Haare hängen ihm nass in die Stirn und sein Oberkörper ist wirklich gut durchtrainiert, aber da sind auch zahlreiche Narben, die die verschiedensten Formen haben. Einige sind rund, andere eher schmal. Was ist ihm nur zugestoßen? Als er meinen Blick fängt, werde ich rot und sehe beschämt weg. Oh Gott…Was muss er jetzt nur von mir denken? Er schmunzelt leicht, ist das jetzt gut oder schlecht?
„Also.. ich gehe jetzt auch mal duschen…ähm du kannst ja ein bisschen fernsehen!“, im Gehen werfe ich ihm die Fernbedienung zu und er sieht mich fragend aber auch amüsiert an, soweit das eben möglich ist. Im Bad angekommen schließe ich die Augen. Ach du große Güte! Dass so etwas immer nur mir passiert! Ich entspanne mich, sobald das warme Wasser über meinen Körper läuft und mich einhüllt. Dabei fühlt man sich immer so schön geborgen, am liebsten würde ich gar nicht mehr rausgehen. Vor allem nicht nachdem ich so rot geworden bin. Ich schwöre, mein Gesicht glüht immer noch. Endlich fertig! Nachdem ich meine triefenden Haare ausgewrungen habe, mich angezogen und Zähne geputzt habe, trete ich wieder aus.
Charlie sieht fern, keine Ahnung was das ist, ich glaube Jackass. Ein Grinsen fährt über meine Lippen, wie hochkonzentriert er das Geschehen verfolgt. „Hey, es sieht so aus, als müssten wir uns das Bett teilen, ich hoffe das macht dir nichts aus?“, falle ich mit der Tür ins Haus, beziehungsweise mit dem, was mich während meiner Dusche beschäftigt hat. Dass ich aber auch nie richtig nachdenken kann! „Das ist..okay“, nickte er und mustert mich. Ich erröte schon wieder und blicke zu Boden. Ich trage zwar eine kurze Hose und ein Top, aber deswegen muss sein Blick doch nicht so an mir kleben, oder?
Schnell lege ich mich ins Bett neben ihn und decke mich zu. Gott sei Dank habe ich zwei Decken! Charlie schaltet den Fernseher aus und ich lösche das Licht. Jetzt ist es still. Los sag irgendwas. „ Charlie,?“ „Mmh“, kommt es rechts von mir „ Wie alt bist du eigentlich?“ „Ich…weiß es …nicht mehr“, seufzt er traurig.
„I want a dream lover so I don't have to dream alone
Please don't make me dream alone
Baby don't make me dream alone
No, I don't wanna dream alone”- Dion (Dream Lover)
"Take a break now, turn it around
Put my mind in a jamoree
Never felt that feeling that I can fell
When you´re near to me"- Lena Meyer-Landrut (Touch a new Day)
Am nächsten Morgen werde ich unsanft durch Charlie geweckt. Ich seufze leise und grummle. Ich will noch nicht aufstehen, aber Charlie sieht das anders und zieht meine Decke weg. Entrüstet schlage ich die Augen auf und rolle mich zu einer Kugel zusammen. Hat er das Fenster geöffnet? Ziemlich kalt hier! „Wie spät ist es?“, frage ich ihn schläfrig und gähne ausgiebig. „Etwa hal..b…sechs“, nuschelt er und ich sehe ihn verwundert an. Er hat mich ja genau um die Uhrzeit aufgeweckt, an der ich eigentlich aufstehen sollte! Ein Genie. Meine Sympathie für ihn wächst. „Danke“, lächle ich und springe aus dem Bett auf. Vor mir sitzt Charlie auf dem Schreibtischstuhl, komplett angezogen und gestylt. Er trägt eine einfache Jeans, einen grünen Hoddie und seine Haare sind ziemlich schön verwuschelt. Seine Augen sind zwar immer noch auffallend, aber nicht mehr so extrem. Er sieht wirklich gut aus, obwohl seine Blässe irritiert und seine Haltung nach wie vor so schlecht ist, dass ich innerlich mit dem Kopf schütteln muss. Junge, so kriegst du keine ab! Naja, er sieht schon gut aus. Okay das hat er gestern auch, aber jetzt noch besser. Nur warum ist er bereits angezogen?
„Wie lange bist du schon wach?“, ich strecke mich, dabei schlafe ich fast wieder ein. Er blinzelt verwirrt und es sieht aus, als würde er nachdenken. „ Seit…seit…halb…vier“, murmelt er. „Was? Oh je und ich hab‘ hier gepennt, habe ich eigentlich geschnarcht?“, plappere ich los und merke erst nach zehn Sekunden, was ich da gesagt habe. Ich kann ihn doch nicht fragen, ob ich geschnarcht habe! Oh Gott, was stimmt mit mir nicht? Pikiert blicke ich zu ihm, was denkt er jetzt von mir? Und was, wenn ich wirklich geschnarcht habe? Nicht auszudenken… Dumme Chass, ja ganz ,ganz dumm. Oh Gott, oh Gott. Seinem Blick zu urteilen, der nicht besonders aussagekräftig ist, scheint ihn die Frage nicht zu stören. Er schüttelt den Kopf. „Ich …wollte dich nicht…aufweck…en. Du hast…nicht…geschnarcht, keine Angst“ Erleichterung breitet sich in mir aus. Glück gehabt! So, jetzt sollte ich mich aber mal fertigmachen!
Unruhig durchwühle ich meinen Schrank, finde jedoch nichts zum anziehen. Ich habe einfach zu wenig, obwohl er fast überquillt. Letzten Endes entscheide ich mich für ein Karohemd, eine Röhrenjeans und Chucks. Natürlich ziehe ich mich im Bad um, sowie mich zu schminken. Ich verwende eigentlich kaum Make-up, außer an den Augen. Meistens trage ich sie dunkel geschminkt. Ich bin nicht depressiv, aber ich mag es, und so wirken meine Augen nicht so klein. Zuletzt noch die Wimpern getuscht und fertig!
Beim Frühstück isst Charlie nichts, er sagt, er hätte keinen Hunger. Ich blicke ihn nur erstaunt an, aber zwinge ihn nicht. Es ist seine Sache. Ich weise lediglich darauf hin, dass wenn er später Hunger bekommen sollte, ruhig etwas von mir haben könnte. Daraufhin meint er, wir hätten nicht denselben Geschmack und ich runzle verwirrt die Augenbrauen. Ich esse noch schnell zu Ende und ziehe dann meine Jacke an. Charlie stolpert hinter mir her, aber sein Gang wirkt etwas flüssiger. Es ist angenehm mal nicht zu spät dran zu sein. Ich bin ihm wirklich dankbar. Meine Mom scheint noch zu schlafen, ich glaube, sie hat sich heute mal freigenommen, war aber auch echt mal Zeit!
Im Bus wird Charlie einerseits böse und andererseits auch anhimmelnd den Mitfahrenden angestarrt. Wobei die Schülerinnen wohl eher in der Überzahl mit ihrem Schabber-Blick sind. Ich verdrehe genervt die Augen und lasse mich auf einen der Sitzplätze fallen. Der Dunkelhaarige setzt sich neben mich und wirft mir einen verwirrten Blick zu, wie in etwa, °Warum starren die denn so? °. „Du siehst nicht hässlich aus“, schmunzle ich und zucke mit den Schultern, wobei ich wieder etwas rot um die Nase werde. Verdammt! Seit wann ist das bei mir so extrem? Hoffentlich hat er es nicht gemerkt. Den Rest des Weges vermeide ich es ihn direkt anzusehen.
„Also du bist Charlie?“, fragt Gabbe ihn neugierig und inspiziert ihn gründlich. Ihm scheint das sichtlich unangenehm zu sein und er nickt leicht. „Woher kommst du?“ „Aus…Schweden“, murmelt er in seinem typisch abgehaktem Englisch. Anerkennend zieht sie die Augenbrauen nach oben und grinst mich unverschämt an. Verwirrt lege ich den Kopf schief, was ist denn jetzt los? Dann wird es mir klar und meine Laune sinkt. Ich schüttle den Kopf unauffällig, aber irgendwie kriegt Charlie es doch mit. Abrupt höre ich auf und sage nur „Nein, Gabbe ich mag kein Hühnchen“, woraufhin mich beide mustern, als wäre ich nicht ganz dicht, egal ich bin glücklich. Genial aus der Scheiße gerettet!
Im Klassenzimmer schieben wir einen Tisch an den Doppelplatz von Gabbe und mir und jetzt sitzt er also neben mir. Yeah!! Hoffentlich blamiere ich mich hier nicht allzu grausam. Meine beste Freundin die rechts neben mir hockt und gerade ihren Lidstrich nachzieht, übersieht leider vollkommen Mr. Walter , unseren Mathelehrer, der mit seinem Aktenkoffer in der einen und der Cola-Flasche in der anderen Hand hineingestapft kommt. Manchmal erinnert er mich an Peter aus Family Guy, also vom Aussehen her. Sein Verhalten ist nicht gerade erwachsen.
„Gabrielle Marshall, im Unterricht bitte keinerlei kosmetische Eingriffe vornehmen!“, ruft er mit seiner lauten, dröhnenden Stimme und just verrutscht ihr Finger. Jetzt zieht sich über ihr halbes Lid ein schwarzer Strich. Grummelnd streicht sie sich die hellbraunen Locken zur Seite und versucht mit ihrem Finger die Farbe zu verwischen, was es noch schlimmer macht. Seufzend legt sie eine Haarsträhne über ihr schwarzes Auge.
Nach der Begrüßung, wiederholt er den Stoff der letzten Stunde, wobei er noch einmal die Bewertungseinheiten erklärt. Mittlerweile weiß das fast jeder. Plus für richtig, minus für falsch und Kringel für halb gewusst. Unterschleif bedeutet zwei Minuse. Als er mich aufrufen will, bleibt sein Blick auf Charlie hängen. „Ein neues Gesicht? Wie heißt du? Woher ?“, verlangt der verrückte Mathelehrer. Eigentlich müsste schon nach dem Wort Mathelehrer klar sein, dass er verrückt ist. Habt ihr schon mal einen nicht verrückten und psychisch total stabilen Mathelehrer gesehen? Nein? ich auch nicht!
„Charlie…Campbell. Ich bin aus…aus Schweden“, ich höre ihm an, wie sehr er sich bemüht, klar und vor allem nicht ganz so angehakt zu sprechen. „Austauschschüler? Von Cassidy?“ Er nickt. In diesem Moment dreht sich jeder zu mir her. Ich schwöre, könnten Blicke töten, wäre ich tot. Also natürlich nur die der Mädchen. Ich meine Charlie ist schon etwas exotisch. Hier im Süden ist es im Sommer schön warm und fast jeder ist braun oder zumindest leicht gebräunt, selbst im Winter noch etwas. Mein neuer Freund aber ist kalkweiß, hat eine schräge Augenfarbe und seine Haltung sieht nicht gerade aus, als hätte er einen Besenstiel im Rücken. Trotzdem ist er mit einem unverschämt hübschen Gesicht gesegnet, was ihm viele neidvolle Blicke der Jungs und mir viele der Mädchen einbringt. Zufrieden beginne ich vor mich hin zu grinsen.
„Na, was freust du dich denn so?“ Ich zucke zusammen. „Nichts, es ist schönes Wetter?“ Mr. Walter wirft einen Blick nach draußen. „ Ja, allerdings aber etwas kalt, nicht?“ Ich nicke zustimmend und er macht sich weiter an die Abfrage. „Und was denkst du so bis jetzt?“, wende ich mich an Charlie. Er überlegt kurz. „ Eine schö…ne Schule.“, meint er und er verzieht den Mund zu einem schmunzeln. Ich mag es, wie er lächelt. Es ist kein Zahnpastalächeln, es ist wie ein kleiner Sonnenstrahl, der dich glücklich macht. Verrückt, oder? Aber so ist es.
Der Schultag ist eine einzige Qual. Nach Mathe haben wir Sozialkunde,danach Spanisch.,wovon Charlie keinen Brocken versteht und danach Sport.Ich hasse Dienstage.Gott sei Dank haben wir danach erst einmal Mittagspause bis ein Uhr.
„Und alle noch einmal zehn Situps.“,ruft unsere Sportlehrerin so zuckersüß, dass ich das Gesicht verziehe. Sie liebt es uns zu foltern.Ich frage mich, ob das eine heilbare Krankheit unter Sportlehrern ist, denn mittlerweile tut mein Bauch richtig weh. Meine Muskeln sind einfach nicht dafür geschaffen, dreißig Situps zu vollführen.Hilfesuchend schiele ich zu Gabbe, aber die ist in ihrem Element und nimmt um sich herum nichts mehr wahr. Mein Austauschpartner sitzt auf der Bank und scheint hochkonzentriert auf irgendeinen Punkt zu starren.Also auch keine große Hilfe.
Ich frage mich, wie das die Sportstreber (das sind die deren Leben scheinbar nur auf Sport gerichtet ist) nur schaffen,ohne dass ihnen schlecht wird.
Kennt ihr das, wenn ihr gefühlte zehntausend Situps gemacht habt und eure Bauchmuskeln so erschöpft sind , dass euch schlecht wird?Genauso fühle ich mich im Moment.Zu meinem Pech erklärt sie danach auch noch , dass wir fünf große Hallenrunden joggen sollen. Natürlich jauchzen die Sportstreber auf,zu denen zähle ich auch die oberflächlichdn Cheerleader, und beginnen postwendent damit, während ich mich mit Ach und Krach und größter Anstrengung erhebe.Die Jungs haben die Aufgabe schon beendet und ich glaube ich bin eine der Letzten. Peinlich, peinlich. Gut ich habe ein wenig Asthma, aber trotzdem bin ich schwach.
„Chass hast du ihr immer noch nicht gesagt,dass du Asthma hast?“, fragt mich Gabbe nach den zwei Stunden und ich schüttle mit dem Kopf. „Ich will nicht bevorzugt werden!“, antworte ich ihr empört.Meine beste Freundin,und leider auch einzige, verengt die Augen zu Schlitzen.Aufgebracht fuchtelt sie mit ihrem Zeigefinger so heftig vor meinen Augen herum, dass ich befürchte , sie könnte mir eines ausstechen. „Bevorzugen!?Ich glaub' es hakt! Du hast Asthma,was ist daran bevorzugen, wenn du einfach umfallen könntest!Sag es mir! Das ist gefährlich und dumm Chass!“ Ich winke ab. „Ganz ruhig. Bin ich etwa schon mal umgefallen?Nein, also mach da jetzt bitte kein Theater.Dann weiß die Lehrerin das eben nicht und?“ Gabbe öffnet den Mund und hält inne, dann schnaubt sie wütend und rauscht ab.
Habt jetzt bitte keine schlechte Meinung von mir ,dass ich sie so behandle, aber sie überdramatisiert immer.Ja ich habe Asthma , dennoch ist nie mehr passiert, als dass ich einen Hustenanfall bekomme.Das regt mich an ihr manchmal wirklich auf, dass sie meint Glucke spielen zu müssen, obwohl sie sich selbst durch ihre Raucherei die Lungen versaut. Deswegen laufe ich ihr auch nicht hinterher. Ich lasse ihr Zeit sich abzuregen, danach ist sie wie vorher, so ist das immer.
Charlie sieht mich fragend an, als ich mit erschöpftem Gesichtsausdruck aus der Umkleidekabine trete.Ich zucke nur mit den Schultern und murmle , dass sie wahrscheinlich eine rauchen ist und er nickt. Das ist das tolle an ihm.Er hakt nicht tausendmal nach ,sondern versteht , wenn man nichg darüber reden möchte. „Ohh mein Bauch tut weh“,stöhne ich leise, während wir gehen.Jetzt spüre ich richtig ,was unsere Lehrerin da angerichtet hat.Ich fühle mich,als läge ich in den Wehen.
Nach diesem Tag scheint sogar Charlie richtig erschöpft zu sein und ich behalte Recht ,denn Gabbe beruhigt sich wieder.Die restlichen Unterrichtsstunden vergehen wie im Flug. Es stört mich nur, wie mein braunhaariger Freund angestarrt wird. Dass die sich nicht schämen.Die Schülerinnen haben alle diesen °Wie er wohl unter seinem Hoddie aussieht° Blick drauf und mir wird schlecht davon. Wäh , diese zuckersüßen Blicke ,die versucht unschuldig und beschämt zugeworfen werden.Sowas von billig! Ja ich gebe offen zi ,dass es mich etwas stört,aber hey, er sieht gut aus!Und ich kann ihn doch nicht an diese Möchtegern-Bitches mit ihren billigen blonden Haaren ausliefern,oder?
"Oh ,oh I don't know why.
Oh,oh I lost my pride.
Oh, oh I don't know why.
Oh, oh you blow my mind"-Infernal(Ten miles from you)
Die letzten zwei Wochen sind wie im Flug vergangen. Mittlerweile hat Charlie sich hier gut eingelebt. Das Gästezimmer ist noch nicht fertig ,also schläft er nach wie vor bei mir im Zimmer, allerdings haben wir ihm eine Matratze besorgt. Bis jetzt kauft ihm jeder die Austausch-Nummer ab und ich bin froh, dass er nicht so flüssig spricht, da es sonst sehr auffällig wäre.Jeden Morgen weckt er mich auf und während ich in Shorts und Top etwas zum Anziehen Suche, ist er bereits angekleidet .Ich frage mich wirklich,warum er immer so früh wach ist ...Schläfrig falte ich die Zeitung auseinander und verschlucke mich an meinem Kaba. Hustend und ungläubig starre ich auf den Artikel, der mich blass werden lässt. Nein, nicht blass,kalkweiß.Ich reiße die Augen auf und lese die Überschrift noch einmal, doch die Buchstaben bleiben gleich.
„Bauernhof in [...] bis auf die Grundmauern niedergebrannt.Alle Familienmitglieder tot.“
Ich schlucke noch einmal und wage mich an den Artikeln. Wie es aussaussieht, hat sie das Feuer im Schlaf überrascht, denn sie sind komplett verbrannt. Die Brandursachen wurde noch nicht gefunden und erst in den Morgenstunden gelang es der Feuerwehr , den Brand zu löschen.Mein Blick fliegt über die Namen. Peter, Maggie,Luinda und Chase Marktes. Ich kannte sie und jetzt sind sie tot. Weg. Verbrannt.Zu Asche geworden.Mein Blick wandert zu Charlie, er sieht beunruhigt aus. „Alles Ok?“,frage ich ihn und er nickt abwesend.Ich hoffe, er hat nicht bemerkt, dass meine Stimme gezittert hat. Immer wieder sehe ich das ,dem Artikel beiliegende , Foto , welches das abgebrannte Haus zeigt. Luinda und Chase sind in meiner Jahrgangsstufe gewesen. Oh Gott fang jetzt bloß nicht an zu heulen! Früher , als wir kleiner waren, haben wir immer draußen zusammen gespielt.Als ich zwölf war , habe ich ein wenig für Luindas Zwillingsbruder geschwärmt. Ich versuche energisch die traurigen Gedanken zu verdrängen, aber eine Träne springt aus meinem Auge und tropft kläglich auf meine Hand.Urplötzlich legen sich kalte, beschützende Arme um mich und ich schrecke zusammen.Eine weiche Schulter.Ich vergrabe meinen Kopf an ihr und kann nicht verhindern,dass weitere der glitzernden , ersten Perle folgen.Ich weine um sie, dass sie so früh sterben mussten,dass sie Qualen litten und dass sie so vieles nicht mehr erleben würden. Luinda und Chase waren die Art von Mensch, die jeder mit offenen Armen empfängt.Sie haben es nicht verdient zu sterben.Auch ihre Eltern waren so herzensgute Menschen gewesen...
So sitze ich da und weine.Charlie ist ganz still.Ich kann ihn nicht einmal armen hören.Nur seine Hände, die zu Fäusten geballt sind, spüre ich auf meinem Rücken.Was ist nur los mit ihm?Er war heute schon als er mich aufgeweckt hat so merkwürdig.In seinen Augen ging eine Traurigkeit wie von tonnenschweren Regenwolken.Jetzt scheint er wütend.Wütend auf mich?Allmählich löse ich mich von ihm und wische über meine Augen. Zum Glück bin ich heute mal ungeschminkt.„Alles..gut?“,erkundigt er sich wohlwollend mit einem sorgenvollen Glitzern in den blauen Saphiraugen. „Es ist nur ich kannte sie. Das ist alles...“,murmle ich betreten über meinen Ausbruch.Charlie sieht erschrocken aus und wischt vorsichtig eine Träne von meiner Wange. „Nicht weinen“ Ich Zucke mit den Schultern und starre ihm geradewegs in die Augen, was er wohl gerade denkt?
Charlie: Ich sitze auf dem Bett und sehe fern.Ich habe keine Ahnung , was für eine Sendung es ist, es ist auch egal.Alles ist besser, als mich inständig zu fragen, wie sie aussieht.Ich bin selbst von mir überrascht, von solchen Gedanken.Aber sie bringt mein beschränktes Hirn einfach dazu. Es ist neu für mich. Mein Blick wandert zur Tür und ich versuche einen normalen.Ausdruck aufzusetzen , der wirkt, als wäre ich nicht beschränkt.Ein überraschtes Schmunzeln huscht über mein Gesicht.
Sie ist engelsgleich.Ihre , wie flüssiges Gold schimmernden , leicht gewellten Haare, die sanft ihr Gesicht umschmeicheln,ihre blauen Augen,die von einem rauchigen Schwarz umrahmt sind und ihre vollen Lippen, die in ein Erdbeerrot getaucht sind, machen sie vollkommen. Chass trägt ein schwarzes Kleid und etwas höhere Schuhe , dennoch ist sie kleiner als ich. Ich starre sie immer noch an,wie eine Kuriosität und sie sieht verunsichert aus.„Sehe ich komisch aus?“,will sie von mir wissen und mir entfährt ein ungläubiges
„Was?“.Ich schüttle heftig den Kopf.„Nein nur sehr ...schön“,rutscht es über meine Lippen und ich bin froh, dass ich nicht rot werden kann.Ich möchte mich wie ein unfähiger ,dummer Trottel wirken, obwohl ich das bin. Es ist unsinnig sich zu wünschen, etwas anderes zu sein , das man nicht ist. Zum ersten Mal in meinem Leben erwische ich mich, wie ich mein Leben verfluche .Ich fühle mich wie dieser eine Grieche , der immer einen Stein einen Berg hinaufrollen musste, welcher jedoch ,wenn er fast am Ziel war, wieder nach unten rollte. Jedes Mal, wenn ich beginne etwas zu fühlen,macht mir mein Körper einen Strich durch die Rechnung.
Ich schüttle die grausigen Erinnerungen, die sich wie Asche auf meine Zunge legen , ab und erhebe mich. Ein Fuß vor den anderen.Rechts ,Links,rechts ,links, dabei den Kopf gerade halten und den Schritt leicht federn lassen.Den Rücken gerade halten.So torkle ich hinter Chass her und steige nach ihr in Gabbe's Auto .Heute findet irgendwo eine Party statt, die von Lena Parillo organisiert ist, sagt Chass.Dahin gehen wir.Ich hoffe , dass ich normal aussehe, nachdem Chass mich in einen hellblauen Hoddie, ich schätze sie hat eine große Schwäche für diese Pullover, und eine einfache Jeans gesteckt hat.Meine Haare hat sie mit Gel etwas verwuschelt. Mir ist klar, dass ich von Leuten angestarrt werde , das wurde ich schon immer, aber die Blicke, die mir von den Schülerinnen zugeworfen werden, sind neu.
Neben mir lacht ein blonder Engel erfreut auf und der Fahrtwind zerzaust ihre blonden Wellen und streichelt ihr Gesicht .Ich lächle leicht.Ich kann mich nicht genau an Menschenfloskeln, wie wütend dreinblicken, Stirn runzeln oder grinsen erinnern, nur an das, was davon übrig ist. So verzieht sich mein erstarrtes Fleisch zu einer Grimasse, die entfernt an ein Lächeln erinnert. Cassidy packt meine Arme und reißt sie nach oben, dann jauchzt sie fröhlich.
Sie packt meine Arme und reißt sie nach oben, stößt ein „Juhu!“ aus und sieht mich fragend an. Ich lege den Kopf schief, was soll ich jetzt tun? Manchmal fühle ich mich wirklich wie ein kompletter Idiot, wenn ich nicht weiß was ich tun soll. Ich hoffe sie hält mich nicht für so beschränkt, wie ich es doch bin. Sie boxt auf spielerisch auf meine Schulter. „Ein Penny für deine Gedanken , Charlie!“ Ich seufze und zucke mit den Schultern. „So wir sind da!“, erklärt Gabbe und streicht sich die braunen Haare zurück.Ich versuche unauffällig hinter meinem Engel und Gabbe zu laufen, aber stolpere nur vor mir her.
An der Haustür von dieser Lena-irgendetwas, ich habe es wieder vergessen, steht ein muskulöser, grimmig dreinblickender Glatzkopf. Warum ist hier Security, wenn doch die ganze Schule eingeladen ist? Als hätte Chass meine Gedanken gelesen, meint sie: „ Keine Sorge, das ist nur falls ein Partycrasher ‚reinwill“ Ich frage nicht nach, was ein Partycrasher ist, aber ich schätze ist ein ungebetener Gast. Erleichtert trete ich an dem Mann vorbei in das glamouröse Innere des Hauses.Chass und Gabbe bleiben bei einer kleinen Brünetten kurz stehen. „Wer ist das?“, fragt sie neugierig und deutet auf mich. Ich bin froh, dass Cassidy für mich antwortet. „Charlie Campbell, er ist aus Schweden“ Das Mädchen nickt nur und sieht mich interessiert an.
Das muss Lena sein. Zu sagen, sie wäre hübsch, ist untertrieben. Ihr Gesicht ist herzförmig, sie hat helle, blaue Augen und volle Lippen. Ihre Statur ist klein und sie ist dünn. Für Menschen gilt sie wohl als wunderhübsch, aber Chass ist schöner und reiner.
“Put your head on my shoulder Hold me in your arms, baby Squeeze me oh so tight Show me that you love me too”
Ich blicke wieder zu dem blonden Engel, aber sie ist verschwunden. Ich spüre Enttäuschung in mir aufkommen, oder ist es doch Wut? Ich weiß es nicht, kann es nicht genau benennen. Alles, was ich weiß ist ,dass in mir große Verwirrung herrscht und das alles wegen ihr. Lena stupst mich an und fragt, ob wir tanzen wollen, ich möchte ausweichen, doch sie hat mich bereits auf die Tanzfläche gezogen und ich kann von Glück reden, dass ein ruhiges Lied gespielt wird. Lena hat ihren Kopf auf meinen Kopf gelegt und wir wiegen uns im Takt der Musik hin und her, vor und zurück.
“Put your lips next to mine, dear, Won't you kiss me once, baby? Just a kiss goodnight, Maybe you and I could fall in love.”
Ich lege meine Hände auf ihre Hüften und lasse die Musik durch mich fließen. Das Lied scheint alt zu sein, aber es gefällt mir. Irgendwie kommt es mir sogar bekannt vor.
“Put your head on my shoulder Whisper in my ear, baby Words I want to hear Tell me, tell me that you love me too.”
Ich versuche den Tanz zu genießen, doch Chass schwirrt in meinem Kopf herum und ich mache mir Sorgen, wo sie hin ist. Allerdings entdecke ich sie dann ein Stückchen von mir entfernt. Sie hat ihren Kopf an die Schulter eines blonden Typen gelegt, die Augen geschlossen, die Lippen zu einem Lächeln verzogen.
“People say that love's a game, A game you just can't win, If there's a way, I'll find it someday And then this fool will rush in.”
Ich kann nicht anders, als sie anzustarren. Ich schätze mein Blick ist ziemlich dümmlich, denn sie öffnet die Augen und grinst mir frech zu. Dann sagt sie etwas zu dem Blondhaarigen, den ich aus irgendeinem Grund nicht leiden kann und geht kurz weg. Ich blicke ihr ratlos nach.
“Put your head on my shoulder, Whisper in my ear, baby, Words I want to hear,Tell me, tell me that you love me, too.”
Nach etwa einer halben Stunde löst sich Lena aus der Umarmung und meint, sie würde mich jetzt freistellen. Also mache ich mich auf die Suche nach Chass, die ich vor dem Gebäude auf dem Boden kauernd finde. „Chass…alles in Ordnung?“, stoße ich besorgt hervor, doch sie reagiert kaum. Allein ihr Kopf hebt sich ein wenig. Sie sieht erschöpft aus und ziemlich blass. „ Weißt du Charlie, es ist eine scheiß Idee, Alkohol zu trinken, wenn du Asthma hast“, lächelt sie ironisch und ihr Kopf sackt leicht zurück. Ich befürchte, sie fällt gleich um, so setze ich mich neben sie und versuche sie aufrecht zu halten. Wann hat sie sich denn so betrunken?
„Du fragst dich bestimmt, wie ich so schnell betrunken werde, tja ich war an der Bar...und da gab’s Freigetränke“, nuschelt sie und ich habe Mühe ihrer leisen Stimme, die von Hustern unterbrochen wird, zu folgen.„Hast du…deinen…Inhalator…dabei?“, frage ich ernst und schlucke den nicht vorhandenen Kloss im Hals herunter. Mein Engel verneint und lehnt sich sichtlich entkräftet an mich. Erfolglos versucht sie die Huster zu vertuschen, aber mir kann sie nichts vormachen. „Dann müssen…wir ihn…holen gehen“ Chass, völlig in ihrem Delirium, verneint lachend. „Nein, passt schon Charls…du siehst ich bin topfit!“
Ich verdrehe die Augen und versuche zu denken. Was tut man in einer solchen Situation? Ich fühle mich hilflos. Wenn ihr etwas zustoßen sollte…“Do you remember, baby?Do you remember the times of your life?”, flüstert sie leicht singend, leicht lallend zu mir und seufzt. Ich erinnere mich schwach an etwas, das ich nicht mehr wissen sollte, an schreckliche Dinge, die mit einem Mal wieder an die Oberfläche drängen, an Erinnerungen von gestern, die ich so gerne vergessen würde. Sich zu erinnern, ist wie ein Messer in die Brust und eigentlich sollten sie nicht wehtun, aber genau das tun sie.
Ich spüre Schmerz, ich spüre Trauer und keuche erschrocken auf. „Charlie, hast du dich schon mal gefragt, was wäre, wenn wir nicht sterben könnten? Einfach für immer leben. Niemanden verlieren, wir hätten alle die Ewigkeit zusammen“, beginnt sie leicht hustend zu philosophieren, Weißt du Charls mein Dad, er ist vor zwei Jahren an Krebs gestorben und ich..ich vermisse ihn so sehr. Manchmal frage ich mich, ob ich nicht doch etwas hätte tun können. Ich will nicht, dass die Menschen fortgehen, aber das tun sie immer. Tun immer…“ Ihr Kopf schwenkt zur Seite und ihre Augen sind geschlossen. Ich blinzle nervös. „Chass“, ich schüttle sie etwas, jedoch reagiert sie nicht. In mir bricht Panik aus, was soll ich tun?
„Chass...das...ist kein...Spaß“,flüstere ich leicht verzweifelt und schüttle ihren Körper an den Schultern.„Sag...doch etwas“,meine Stimme klingt brüchig.Was macht sie nur mit mir? Ich sehe meinen Engel an, aber ihre Augen bleiben geschlossen.In meinem Kopf herrscht so viel Aufruhr,dass ich vollkommen ratlos bin. So viel kann sie doch gar nicht getrunken haben,oder?„Charls...“,höre ich auf einmal eine kratzige Stimme und spüre Erleichterung in mir aufkommen.„Charlie, mir ist schlecht“, stöhnt sie ,immer noch mit geschlossenen Augen und hängenden Kopf. Ich helfe ihr vorsichtig ,wie man ein wertvolles Porzellan behandelt, auf und stütze sie , obwohl ich selbst kaum so etwas, wie Balance besitze. Langsam,langsamer,als meine Laufgeschwindigkeit beträgt, gehen wir zurück zum Haus.
Lena sieht mich entsetzt an, als ihr Blick auf meine fast leblose Begleiterin fällt. Seufzend erkläre ich ihr sie Lage und sie sagt, ich soll Cassidy nach oben bringen. Dort angekommen, lege ich sie im Zimmer, das Lena mir beschrieben hat, auf ein Bett. Wie sie so daliegt, kommt mir der Gedanke ,Cassidy wäre ein Engel ,gar nicht so abwegig vor. Ein Engel und ein Freak. Ich schüttle den Kopf über meine unrealistische Denkweise. Was wollte sie denn mit mir? Und wenn sie erst wüsste, was ich getan habe,so wäre es mit ihrer Sympathie für mich gleich ganz vorbei.Wie lange ich es überhaupt noch vor ihr geheim halten könnte,ist mir ein Rätsel.Ich streiche eine Haarsträhne , die ihr frech im Gesicht hängt zur Seite und meine Hand ruht an ihrer Wange.Nie habe ich etwas schöneres gesehen.„Ach Chass“,seufze ich traurig und fühle mich seltsam leer. Nicht diese Leere, die ich eigentlich schon mein ganzes, so genanntes ,Leben fühle, sondern ausgebrannt und wie ein Feuer , das mich innerlich auffrisst.
„Charlie, du denkst schon wieder oder?“,lallt Chass lachend und ihre blauen Augen blinzeln mir glasig entgegen. „Und du...bist ...betrunken“, meine ich nüchtern und packe sie an den Schultern, als sie versucht aufzuspringen. „Bleib...hier“, befehle ich ihr ernst und begebe mich aus dem Raum.Ich muss Lena nach einer Flasche Wasser fragen. Das ist das einzige, was Chass in ihrem Zustand zu sich nehmen sollte.Es kommt,wie es kommen musste.Ich komme in einen leeren Raum zurück.Warum kann sie nicht tun, was man ihr sagt?-Oh richtig, sie ist vollgepumpt mit Alkohol. Ich gehe die Treppe hinunter und suche sie angestrengt. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass sie in ihrem Zustand die Treppe herunter gekommen ist. Verschwunden bleibt sie. Ich fühle mich hilflos.Ich möchte sie doch nur beschützen, aber sie macht es mir so schwer.
„Lena“,ich tippe die Braunhaarige an, die gerade mit einem Jungen tanzt.„Hast du ...Chass...gesehen?“Lena sieht mich kurz mit einem undefinierbaren Ausdruck in ihren Augen an und ich bemerke, dass das ,was sie sagen wird, mir nicht gefallen wird. „Sie ist total dicht mit so einem Typen im Keller verschwunden.Ich glaube da bekommt das Wort Komasaufen eine Ganz neue Bedeutung.Besser du siehst mal nach ihr“, schlägt sie mir vor und ich nicke und wende mich um. Will ich überhaupt wissen, was sie da unten mit diesem Typen macht?Aber Lena klang besorgt und letztendlich hatte sie Recht.„Chass“,rufe ich, vor der Tür stehend, und etwas nervös. „Hau ab , du Freak“,schallt es mir entgegen und ich verziehe das Gesicht. Das weiß ich selbst das muss...Moment, das war nicht Chass!Es sei denn sie hätte urplötzlich Stimmbruch bekommen.Unruhe bricht in mir aus und ich öffne die Tür.
Stocksteif bleibe ich stehen.Das Bild das sich mir bietet ist schrecklich.Chass liegt in Unterwäsche reglos da und der Blondie von vorhin hockt in Boxershorts auf ihr. „Was machst du da, du Homo.Hab ich doch etwa eingeladen?“,Schnauzt er mich an. Allmählich schmoren mir sie Sicherungen durch„Ich..glaube...kaum, dass sie darum...gebeten hat!Ich...wette du hast...ihr etwas untergejubelt“,knurre ich gereizt.Ja ,das Scheine ich zu sein.Der Blonde erhebt sich von Cassidy , tritt vor mich und sieht mich herausfordernd an. „Was willst du jetzt tun, Freak?“Ich wusste schon ,als ich ihn das erste Mal gesehen habe, dass ich ihn nicht leiden kann.Jetzt weiß ich warum. Er baut sich vor mir auf und versucht bedrohlich zu wirken,aber das einzige was passiert, ist dass er sich lächerlich macht.Mein rechter Mundwinkel zieht sich nach oben und ich verenge doch Augen.Soll er ruhig zuschlagen.
Ich spüre nichts,Als seine Faust in meinen Bauch rast, ich wanke nur etwas hin und her. „Alter,was stimmt nicht mit dir?“,ängstlich huscht sein Blick von mir zu seiner Faust.Ja,er hat ins Schwarze getroffen, normalerweise,aber bei mir nicht. „So...einiges nicht“,antworte ich grimmig und lasse meine Faust als Antwort, auf seine, auf sein Gesicht niedersausen.Er stolpert zurück und hält sich die Nase, aus der bereits Blut entweicht.Er schnappt sich seine Sachen und rauscht ab.
Ich blicke ihm wütend hinterher, ehe ich mich Chass zuwende.Was hat er getan?Ich war viel zu gütig.Er hätte eine härtere Strafe, als eine gebrochene Nase verdient.Meine Wut steigert sich zu immensem Hass, als mir ein paar Blutergüsse an ihrem Handgelenk,sowie mehrere Knutschflecken an ihrem Hals auffallen.„Chass...bitte wach...auf“,bringe ich verzweifelt hervor.Atmet sie noch?Just in diesem Moment hebt sich ihr Brustkorb und sie atmet röchelnd ein.Ich muss Hilfe holen!Ich decke meinen Engel vorsichtig zu und wische die Dunkeln Tränenspuren von ihrer Wange.Dann sehe ich mich nach einem Telefon um. Wo ist eigentlich Gabbe?Sie weiß bestimmt, was zu tun ist.
In meinem Kopf herrscht ein Durcheinander. Erinnerungsfetzen, die ich nicht wirklich zuordnen kann. Alkohol, blaue Augen, Rufe, braune Haare. Ein blonder Junge, der mit mir tanzt. Ein altes Lied. Wut, Trauer, Verwirrung und Angst, Todesangst. Mein ganzer Körper schmerzt. Meine Lungen scheinen zu brennen, mein Magen fühlt sich an, als würde er jeden Moment rebellieren und Schwindel beherrscht meinen Kopf. Wie in einem Karussell. Wo bin ich? Ich kann es nicht genau sagen. Was ist geschehen?
Ich versuche die Augen zu öffnen, bereue es jedoch gleich wieder. Grelles Licht blitzt mir entgegen und verursacht ein heftiges Stechen in meinem Kopf. Die Übelkeit nimmt zu. Ich hebe meine Hand, aber etwas Schweres liegt darauf. Ich versuche sie darunter hervorzuziehen, was am Handgelenk ziemlich schmerzt. Das Etwas scheint ein Mensch zu sein. Ich öffne die Augen erneut einen Spalt breit. Nachdem das Licht nicht mehr ganz so sehr blendet, erkenne ich leichte Konturen. Ein Bett, ein Zimmer , ein Fenster, eine Gestalt mit braunen Haaren ,die zur Hälfte auf dem Bett liegt , regungslos.
Mein Kopf schnellt in die Höhe und ich verziehe das Gesicht. Ich mustere die Gestalt näher. Ist das- ist das Charlie? Mit einem Mal bin ich hellwach. Was tut er denn hier? Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, tanzte er mit Lena. Meine Miene wird steinern. Ich sollte mich für ihn freuen, aber es hat mich gewaltig gestört.
„Charlie“, krächze ich leise und muss husten. Er reagiert kein bisschen. So tief kann er doch nicht schlafen, oder? Ich stupse ihn noch einmal an. Was ist mit ihm los? Allmählich werde ich wütend. „Charlie!“, rufe ich gereizt und rüttle ihn. Ich richte ihn im Stuhl auf und sein Kopf fällt nach hinten. Ich lege meine Hand an seine Wange, sie ist eiskalt, und ich ziehe sie wieder zurück. Hat er noch Puls? Ich lege einen Finger an sein Handgelenk und fühle danach, aber da ist kein Puls. Kalter Schweiß bricht aus und ich versuche ruhig zu bleiben. Zuletzt lausche ich nach seinem Herzschlag. Aber auch hier Nicht. Nada.
.Okay, Zeit panisch zu werden. „Charlie!!!!!!!!“, klingt meine Stimme schon immer so schrill? Verdammt, ist er tot? Irgendwie setzt diese Ungewissheit mir schrecklich zu. Aber sein Herz schlägt nicht. Ein Schluchzer fährt über meine Lippen und Tränen sammeln sich in meinen Augen. Warum tut es gerade so weh? „ Na komm schon Charls, mach die Augen auf“, wimmere ich und packe ihn an den Schultern. Erschöpft lasse ich den Kopf sinken und wische mir über die Augen.
„Chass….was brüllst…du…denn…so?“, ertönt eine mir sehr bekannte Stimme und mein Kopf fährt herum. Erleichtert seufze ich auf. „Findest du das etwa witzig?“, schnauze ich ihn an, du hattest keinen Puls, verdammt noch mal!“ Charlie sieht mich erstaunt an, naja erstaunt heißt, dass sich nur seine Augen weiten. „ Du…machst…dir…Sorgen?“ „Ja natürlich, du Trottel. Warum denn auch nicht?“ „Weil…ich…ein Freak…bin“, seufzt er. Ich runzle die Stirn und nehme seine Hand. „Das stimmt doch nicht. Du bist kein Freak, höchstens ein liebenswerter Trottel“ Ich blicke zu Boden, um zu verdecken, wie rot ich geworden bin. Ja er ist liebenswert und die Person, die ihn als Freak bezeichnet, die kriegt es mit mir zu tun. „Wer war das?“
„Dein…Tanzfreund“, knurrt er fast und ich zucke zusammen. „Alles in Ordnung?“ Er schüttelt den Kopf. Seine Augenbrauen sind zusammengezogen und er blickt finster an mir vorbei. Mein Blick fällt auf seinen hellblauen Hoddie. Überall rote Flecken, auch in seinem Gesicht, an seinem Mundwinkel. „Was ist passiert? Woher kommt das Blut? Und jetzt erzähl‘ mir nicht, dass es von mir stammt!“, will ich misstrauisch von ihm wissen. Ich möchte Antworten, aber Charlie schüttelt den Kopf, erhebt sich und schlurft aus dem Zimmer.
"Well maybe you think your lie is safeBut I read you like a letter, yeah like a letterYour charm do not evens the painit feeds me with rage, and you do it again"-Still Counting( Volbeat)
Ich starre ihm noch lange hinterher, dann erst realisiere ich, dass ich nicht zuhause bin, sondern in einem fremden Zimmer. Er hat mich einfach stehen gelassen. Was ist nur los mit ihm? Woher kommt das Blut? Warum ist weggegangen? Ich fühle mich gerade so alleine. So alleine, dass mir vor Verzweiflung die Tränen kommen und ich leise in mich hinein weine. Irgendetwas ist gestern passiert, weswegen ich so labil bin, das ist mir klar. Und etwas ist gestern mit ihm passiert. Nur was? Warum zum Teufel, habe ich keinen Herzschlag gehört und keinen Puls gefühlt? Er müsste tot sein! Charlie, du Mistkerl, ich weiß dass du mir etwas verheimlichst, das möchte ich ihm am liebsten entgegen brüllen.
Mittlerweile laufen mir die Tränen in Strömen über das Gesicht und es fühlt sich an, als würde dadurch alles noch schlimmer. Mein Kopfweh, mein Schwindel und das Gefühl des Alleinseins. Ich bin schwach. Wo ist er, wenn ich ihn brauche? Warum ist er nicht für mich da? Wenn doch gestern etwas passiert ist!
Ich erhebe mich und tapse durch das Zimmer. Immer versucht, die Übelkeit im Zaum zu halten. Wo bin ich eigentlich? Bin ich bei Lena? Ich glaube schon. Leise gehe ich die Treppe hinunter und starre das Durcheinander der letzten Nacht an. Überall liegen Pappbecher. An den Tischchen stehen Alkoholflaschen, Wodka, Rum, Razz. Ein Durcheinander. Auf einer Couch schläft jemand und an einem Fenster steht ein braunhaariger Junge in einem hellblauen Hoddie. Ich schleiche mich an ihm vorbei, werfe ihm aber einen finsteren Blick zu. Kann er nicht ehrlich sein und mir einfach sagen, was passiert ist?
In der Küche bemerke ich Lena, die am Tisch sitzt und einen Kaffee trinkt. „Hey“, murmle ich und sie lächelt mich aufmunternd an. „Wie fühlst du dich?“ „Erschlagen. Tot", grinse ich und setze mich neben sie. „Warum habe ich eigentlich hier geschlafen?“ Lena sieht mich verwirrt an."Hat er es nicht erzählt? Oh man. Also hör zu. Du weißt also nichts mehr?“ Ich schüttle mit dem Kopf. „Okay, also du warst ziemlich voll und Charlie hat dich zurück ins Haus gebracht. Ich habe ihm gesagt er soll dich nach oben ins Gästezimmer tragen. Er hat sich wirklich Sorgen gemacht, aber unter uns, er ist schon merkwürdig, obwohl er so ein Gott ist.“ Ich starre sie ungläubig an. Charlie hat mich ins Haus gebracht? Dann sickert der letzte Satz in mein Gehirn und meine ohnehin schon auf dem Tiefpunkt liegende Laune sackt ins Untergeschoss. Mir gefällt der Gedanke nicht, Lena würde etwas von ihm wollen. Sie ist nett klar, hat aber jede Woche einen Neuen.
„Aalso, er hat dich nach oben gebracht, du bist dann aber irgendwie abgehauen, keine Ahnung, wie du das geschafft hast. Du warst rüpeldicht. Und irgendwann warst du bei so einem Blondie, ziemlich hot“, sie zwinkert mir zu und mein Mund fällt auf „ Naja er hat dich auch mehr gezogen, als dass du gelaufen bist. Soo und wieder kam Charlie her und fragte, wo du wärst. Dann ist er nach unten und hat deinem süßen Freund die Nase gebrochen.“ Lena lächelt zuckersüß.
„Er hat was getan? „ „Die Nase gebrochen. Keine Ahnung, was der komische Typ mit dir da unten angestellt hat auf jeden Fall ist Charlie ihm dann noch hinterhergerannt und dann kam er wieder zurück und sein Oberteil war voller Blut. Also wenn du ihn mal nicht brauchst, kann ich ihn bitte als Bodyguard haben?“, scherzt sie locker, während ich da sitze und auf den Boden starre. Charlie hat ihm die Nase gebrochen. Charlie rennt ihm hinterher und danach hat er Blut auf dem Oberteil.
Verquerte Welt. Bin ich hier im falschen Film? Würde Charlie jemandem wirklich die Nase brechen? Ich beginne zu zittern, irgendwie ist das ein Schock für mich. Dieser liebe und manchmal etwas unbeholfene, hübsche Kerl und so etwas? Ich verstecke mein Gesicht in meinen Händen. Niemand soll sehen, dass mich das weitaus mehr mitnimmt, als es sollte. Ich kenne ihn nicht wirklich. Weiß kaum etwas, aber ich – ich bin verzweifelt.
Ehe Lena etwas Beruhigendes sagen kann, bin ich aufgestanden und aus der Küche heraus gestürmt. Ich renne zu Charlie und packe ihn grob an der Schulter. Ich möchte ihn anschreien, fragen was das soll, wie er sich so etwas erlauben kann, aber aus meinem Mund kommt nur ein leises „Warum?“ Der Blauäugige dreht sich zu mir um. Seine Miene wirkt verschlossen, sein Mund ist zu einem Strich verzogen und seine Augen strahlen Kälte aus. „Das…geht dich…nichts an“, zischt er leise und mustert mich. Mein wahrscheinlich rotes und tränennasses Gesicht und meine Augen die pure Verzweiflung ausdrücken. Er verzieht keine Miene, sondern starrt mich nur an.
„Was ist los mit dir? Warum verprügelst du einfach irgendwelche Typen?“ Endlich finde ich meine Stimme wieder. Die Person auf der Couch schlägt die Augen auf und blickt mich panisch an. Ich beachte sie nicht weiter. „Du…hast doch…keine Ahnung. Weißt du…was er …vorhatte…mit dir? Er hätte…dich fast…vergewaltigt!“Zum ersten Mal höre ich ihn schreien. Ich zucke zusammen. Mein armer ,von Alkohol geschädigter, Kopf. „Na und, vielleicht wollte ich es ja“, meine ich schnippisch und starre ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Halt Stopp! Er wollte mich vergewaltigen? Ich sollte mir unbedingt ein Hörgerät kaufen!Charlie sieht mich verletzt und irgendwie enttäuscht an. „Dann…nimmst du…also immer…K.O. Tropfen?“
Mein Gesichtsausdruck entgleitet mir und ich reiße die Augen auf. „Was?“, hauche ich und spüre, wie meine Knie weich werden. Um mich herum tanzen schwarze und weiße Lichter und der Schwindel nimmt wieder zu. „Chass…hör auf!“ Hör auf umzufallen? Hätte ich ihm gerne entgegen gezischt. Ich bin immer noch auf hundertachtzig. Man kann nicht einfach die Kontrolle verlieren. Auch wenn er mich fast vergewaltigt hätte. Der Schwindel legt sich wieder und ich stehe, seine Hand ignorierend, auf.
„Selbst wenn er mich fast vergewaltigt hätte, ist das kein Grund, gewalttätig zu werden, verstanden?“, meine ich patzig und drehe mich wieder um.
Hätte ich mich nicht umgedreht und wäre geblieben, so hätte ich den Blick von Charlie gesehen. Der Blick, der auf seine Hände gerichtet wäre und seine Augen die sich entsetzt geweitet hätten. Seine leise Stimme, die in purer Verzweiflung die Worte „Was habe ich getan?“, flüsterte.
Eisiges Schweigen herrscht zwischen uns während wir im Auto von Gabbe sitzen, die sich dazu bereit erklärt hat, uns mitzunehmen.Immer wieder sehe ich ihren Blick im Rückspiegel verwundert zwischen Charlie und mir her huschen.Es stört mich sehr, wie der Streit ausgartet ist und ich habe Angst, dass er weggeht. Ja, ich habe Angst vor dem, was passieren könnte, dass er mich alleine lässt.
„Chass“, reißt mich Gabbes betrübte Stimme aus meinen Gedanken und ich horche auf. „Chass, heute morgen hat die Polizei im Wald eine Leiche gefunden. Es war so ein blonder Typ. Er muss grässlich verunstaltet sein. Der Schädel fast vollkommen weggebrochen.“ Ich starre sie entsetzt an. Im Wald? „In welchem Wald?“, hauche ich tonlos. „Der, der nur ein, zwei Kilometer von Lenas Haus entfernt ist.“Ich bekomme Angst. Auf der Party war ein Mörder? Oder zumindest in der Nähe?Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel. Charlie sieht erschrocken aus, aber nicht verängstigt und zudem etwas grimmig. Als ich bemerke, dass er mir in die Augen sieht, blicke ich zu Boden und kann nicht verhindern, dass ich rot werde.
„Gabbe, was für ein blonder Typ eigentlich?“, frage ich alamiert, in dem Moment , in dem mir einfällt, dass Charlie ja mit einem Blonden verschwundenen ist. Aber er wäre zu so etwas nicht fähig,oder? „Keine Ahnung muss ziemlich dicht gewesen sein und ich glaube , warte wie war der Name? Drake Fozler oder so. Du fragst Sachen, Süße!“, murmelt sie und streicht geistesabwesend durch ihr Haar. Auch an ihr ist die letzte Nacht nicht spurlos vorbeigegangen. Sie hat dunkle Augenringe, ein blasses Gesicht und drei auffällige Male am Hals.Darauf müsste ich sie unbedingt noch ansprechen!
„Sooo, da wären wir. Alles aussteigen!“, grinst sie und ich winke ihr noch kurz hinterher. Dann blicke ich zu Charlie , bereue es aber, da er dreinblickt, als hätte er erfahren,dass er nur noch drei Monate zu leben hätte.In meinem Zimmer lasse ich mich auf mein Bett fallen und vergrabe den Kopf in meinem Kissen. Charlie steht unschlüssig herum und seufzend erhebe ich mich und klopfe neben mich. Seine Nähe ist tröstlich und der Streit kommt mir auf einmal ziemlich albern vor, bis auf die Tatsache, dass er Blondie verprügelt hat.
Kraftlos sinke ich auf seinen Schoß und klammere mich um seinen Hals.Ein wenig vorsichtig umschließen seine starken Arme mich und ich drücke mich an ihn. Mein Herz klopft noch immer wie wild gegen meine Brust, als wolle es sich dadurch befreien und mir ist klar,dass ich immer noch eine Menge Alkohol im Blut habe. Ich löse mich apprupt von ihm und lege mich ins Bett. „Willst du kuscheln?“ , grinse ich schief und sein gequälter Gesichtsausdruck wird weicher. Drr Braunhaarige lässt sich neben mich fallen und liegt mir jetzt genau gegenüber. Ich starre zu ihm und er zu mir. Ich werde rot, er bleibt weiß. Seine Augen scheinen meine nach einer Antwort zu durchforsten und ich runzle die Stirn. „Was ist los?, Charls?“ „Nichts“, antwortet er so monoton, dass es mir beinahe das Herz zerreißt.
„Jetzt sag schon“, quengle ich und kuschle mich ein wenig näher an ihn, sodass ich an seine Brust gekuschelt, seinen Atem lauschen kamn. Ich schließe die Augen und seufze leicht. Ist jetzt alles wieder gut? Ich will nicht weinen, aber ich habe Angst. Vielleicht wegen gestern, vielleicht wegen Charlie. Mein.Körper wird binnen Sekunden von Schluchzern geschüttelt und ich zittere leicht. Mein Herz beginnt zu schmerzen, als wollte man es herausreißen, wenn ich daran denke, dass Charlie weg sein könnte. Er ist wie Balsam für meine Seele, wie mein Ritter in strahlender Rüstung. Er soll nicht gehen. „Bitte geh nicht“, flüstere ich leise. „Habe...ich nicht...vor“ ,murmelt er grimmig und schließt seine Arme fester um mich. Wieder entweicht meiner Kehle ein schluchzen. Er ist so ein guter Mensch. So gut für mich....
„When it was just a dream
Just a moment ago
I was up so high
Looking down in the sky.“- Don't let me fall (B.o.b.)
Wo ist Charlie? Suchend und etwas gehetzt blicke ich mich nach allen Seiten in meinem dunklen Zimmer um. Alles scheint merkwürdig verschwommen. Aber Charlie ist weg. Ich erhebe mich zügig und wie in Trance, währen meine Umgebung mehr verschwimmt , je mehr ich versuche mich darauf zu konzentrieren. „Charlie “, wispere ich automatisch. Ich fühle mich wie eine Marionette, da ich mein Handeln kaum kontrollieren kann. Meine Beine bewegen sich von selbst. Wo ist er nur? Die Matratze auf der er sonst schläft ist verwaist und immer noch ist die Bettwäsche darauf ordentlich gefaltet.
Ich stürme durchs ganze Haus und sehe in jedem noch so kleinen Eck nach, doch er bleibt verschwunden. Wut , Verzweiflung und Sorge vermischen sich zu einem unangenehmen Gefühl und ich stehe kurz davor zu weinen. Ist er vielleicht draußen? Leise öffne ich die Haustür imme noch von einem unangenehmen Gefühl begleitet und tapse die Treppen hinunter. Trotz der Schwärze um mich herum kann ich alles erkennen. Ich finde es in diesem Moment ganz normal und gehe weiter, wobei ich den kühlen Boden unter meinen Füßsen und die kalte Nachtluft kaum spüre.
Ich suche überall im Dorf, wo ich denke ,dass er dort sein könnte. Ich stehe kurz davor loszuheulen und schlucke den dicken Kloß im Hals runter. Ich war schon fast überall, doch jetzt fällt mir ein, wo ich nochnicht war. Beim abgebrannten HHaus der Familie, die vor ein paar Tagen umgekommen sind. Schnell mache ich mich auf den Weg. Ich bin keinesfalls überrascht, dass ich trotz meiner Unsportlichkeit, nicht auser Atem komme. Es scheint mir normal.
Verunsichert blicke ich zum ehemaligen Dachstuhl des Fachwerkhauses hinauf und habe das Gefühl nicht mehr allein zu sein. Ist Charlie hier? „Charlie!“, rufe ich laut un zucke zusammen , als das alte Haus beginnt zu ächzen. Ein paar Steine bröckeln die Fassade hinunter und ich bleibe kurz vor dem Eingang stehen. War das eine Warnung? Ich zucke mit den Schultern, was soll schon passieren, und trete ein. „Charlie, bist du hier?“, flüstere ich nun doch und bekomme das beklemmende Gefühl, dass es hier nicht besonders sicher ist. Die Ruinen des einst so prächtigen Hauses sind kohlrabenschwarz und Möbel sind auch kaum vorhanden. Ich fühle mich hier wie ein Eindringling. An diesem Ort wurde eine ganze Familie ausradiert. Vielleicht breche ich die Totenruhe.
Ich beschließe weg zu gehen -so weit , wie möglich. Hier ist er nicht, oder? Ich schleppe mich weiter über die dunkle Straße , an der plötzlich alle Häuser und Straßenlaternen verschwunden sind und suche nach dem Braunhaarigen, doch nach etlichen Stunden habe ich keine Kraft mehr und blieb einfach stehen....
„Chass?“, höre ich eine rause Stimme. „Chass!...Gott du...bist...eiskalt!“ Tatsächlich fühle ich mich warm und behütet.Was also hat dieser Mensch für Einbildungen!? „Wach...auf, bitte...Chass“, er klingt richtig verzweifelt und ich kam seinem Wunsch nach.
Grelles Licht blendet mich und ich kneife die Augen zuerst zusammen, ehe ich etwas erkennen kann. Langsam zeichnen sich erste Konturen ab. Ein Gesicht, das über meinem Kopf schwebt und mich fast sorgevoll ansieht, sähe man von seiner so gut wie nicht vorhandenen Gesichtsmuskulatur ab, mit blauen Augen, so blau, dass ich zuerst denke er trägt Kontaktlinsen. Ich mustere ihn kurz, ehe es mir wie Schuppen von den Augen fällt. „Charlie?Was ist dwnn los? Warum kann ich nicht noch schlafen?“, murmle ich , während ich bemerke, dass das hier definitiv nicht mein Zimmer ist. „Wo bin ich?“ , stoße ich verwirrt hervor. „Du...bist...vor dem...Wald.“Ich reiße die Augen auf, wie komme ich denn hierher? Ich bin doch nicht etwa schlafgewandelt?!
„Bin ich schlafgewandelt?“, frage ich und er nickt mit einem sorgevollen Glitzern in den Augen. Ich blicke kurz an mir herunter und stelle fest, dass ich ein T-Shirt und dieselbe Hose von gestern, die mir Lena gegeben hat, trage. „Wie hast du mich gefunden?“ Er zuckt mit den Schultern und mir fallen einige fingerbreite Löcher in seiner Kleidung auf. Außerdem klebt überall an ihm rotes Zeug, das aussieht, wie Blut. Ich kneife die Augenbrauen zusammen. „Charlie, was ist das?“ Misstrauisch begegne ich seinem kalten Blick und schnaube auf. „Schon klar,mir willst du mal wieder nichts erzählen. Gut. Aber weißt du, langsam macht mir das Angst. Woher kommt das Blut!?“ Charlie sieht an mir vorbei zu dem Beginn des Waldes, es scheint, als flimmerte in seinen Augen Angst auf, dann sind sie wieder kalt und er steht auf und geht.
Aufgehetzt springe ich auf und hole ihn.ein. „Was soll das!Du kannst nicht immer vor allem und jedem davonlaufen!“, spreche ich gereizt. „Das...muss...ich aber“,erklingt die Antwort und ich bleibe bedöppelt stehen und sehe ihm nach.
Irritiert sehe ich ihm nach, ehe auch ich mich in Bewegung setze. Ich versuche nicht, ihn einzuholen, sondern laufe ein wenig hinter ihm.Ich versuche nicht, ihn anzusehen, zu sehr werden meine Gedanken von dem Blut und den Löchern in seiner Kleidung beherrscht.Ich komme mir vor, wie vor den Kopf gestoßen.
Ich kneife die Augen zusammen und trete erst ins Haus ein, als ich mir sicher bin, dass er schon oben ist. Im Bad angekommen suche ich ungeduldig nach etwas. Einer Haarfarbe-Packung, die ich mir vor langer Zeit gekauft habe, um ja um was eigentlich? Um mich besser zu fühlen, anders zu sein. Ich werfe einen kurzen Blick auf mich und zucke zusammen. Meine Wimperntusche ist verlaufen und über mein halbes Gesicht verteilt und meine Augen so rot, wie die eines Albino-Kaninchen.
Ich zögere nicht lange und verteile die Mischung hastig, aber dennoch gründlich in meinem Haar, während ich hemmungslos weine. Ich weiß noch nicht einmal wieso. Die Tränen kullern über meine Wangen und tropfen auf meine Arme, meinen Hals und auf das Waschbecken.Oh Gott , ich komme mir so albern vor. Ich hasse es zu weinen und vor allem vor Charlie zu weinen ist für mich schrecklich. Ich will keine Schwäche zeigen. Eilig wische ich über meine Augen,blinzle zwei-drei Mal und beginne die Mischung auszuwaschen. Schon jetzt sehen sie viel dunkler aus.
Ich schlage die Augen auf und blicke mein Spiegelbild an. Ihre Augensind dunkel geschminkt , was ihre Augenfarbe noch mehr hehervorhebt, ihre Lippen ziemlich rot und ihre mittelbraunen Haare ein wenig zerzaust gestylt. Sie sieht alles andere, als weich aus. Knallhart und undurchschaubar. Bin ich das noch? Ich zupfe an meinem knappen Rock herum und richte das helle Trägertop.
Ich atme tief durch und klopfe an meiner Tür. „Charlie?“, ertönt meine monotone Stimme und ich höre , wie sie jemand öffnet. Dann steht er vor mir und beugt sich zu mir. Mein.Herz macht einen seltsamen Hüpfer, der schnell einem schmerzhaften Ziehen weicht, doch ich lasse mir.nichts anmerken. „Heute Abend bin ich weg. Auf einer Feier.Willst du mitkommen?“ Er zuckt mit den Schultern und sieht mich etwas verwirrt an. Ich zucke ebenfalls mit den Schultern. „Ja“, murmelt er leise und sieht mich dabei unverwandt an. „Gewöhn dich dran“, meine ich etwas gelangweilt und er zieht die Augenbrauen finster zusammen.
Ich hebe den Blick und begegne Charlies finsteren Augen. Er sieht erschöpft aus, doch ich traue mich nicht ihn zu fragen, was los ist.Er.möchte es mir nicht sagen? Gut! Dann werde ich ihm auch nichts mehr zu sagen haben. Schnell drehe ich mich weg und gehe die Treppe hinunter.
Am Abend holt uns Gabbe erneut ab. Meine neue Haarfarbe kommentiert sie mit einem Nicken und Daumen nach oben.Meine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. Charlie nimmt hinten Platz und ich kann durch den Rückspiegel seine stechenden , blauen Augen sehen, dennoch verziehe ich keine Miene. Charlie sieht heute gut aus. Er trägt eine Jeans, einen dunklen Hoddie und hat seine Haare mit Gel etwas verwuschelt. Verdammt, er sieht zu gut aus! Ich wende den Blick schnell.von.ihm.ab.und sehe zu Gabbe, die mich verständnislos ansieht. „Was ist los?“, formt sie mit den Lippen. „Später“, hauche ich und blicke wieder stur nach vorne. Diese Fahrt ist schrecklich.Ich weiß genau, dass Charlies Blick auf mir liegt, aber ich habe keine Ahnung, was er von mir erwartet. Er ist derjenige mit blutigen Geheimnissen, nicht ich. Ich erzähle ihm fast alles, doch er nichts.
Angekommen an dem Ort, steige ich schnell aus und lehne mich mit dem Rücken an eine Laterne. Charlie sieht mich an und schüttelt mit dem Kopf, wobei er den Kopf nur langsam von links nach rechts dreht, dann geht er weg. Ich atme aus. „Also was ist los?“, presst Gabbe aus ihren Lippen hervor und sieht mich gespannt an. Ich versteife mich und hole tief Luft.
„Also von Anfang an.Charlie ist weder ein schwedischer Austauschüler, noch heißt er Campbell. Er weiß es nicht mehr. Ich habe ihn versehentlich über den Haufen gerannt, als ich auf dem Weg zum Bus war und dann haben wir uns unterhalten. Ich habe ihn mit nach Hause genommen und dann waren wir shoppen in der Stadt-“ „-Du hast was? Du hast einen wildfremden Jungen-Oh Gott Chass , spinnst du?!“ ,unterbricht sie mich hastig nach Luft schnappend. „Jetzt warte doch mal!“,knurre ich wütend und fahre fort. „Also wir waren shoppen und danach habe ich ihn meiner Mutter vorgestellt.Ich habe das zu ihr gesagt, was ich auch dir erzählt habe.An die Party kann ich mich nicht mehr erinnern aber Charlie hat gesagt er hätte mich vor jemandem beschützt, der mich vergewaltigen wollte und mir K.O. Tropfen gegeben hat.
Er-Er ist ihm nachgerannt und dann kam er mit blutigem Hoddie zurück.Naja und dann haben wir uns gestritten ,später Zuhause aber wieder vertragen und anscheinend war er nicht mehr da und ich bin schlafgewandelt.Er hat mich irgendwo gefunden und wir sind nach Hause gegeangen.Er-sein Hoddie war wieder voller Blut.“, schloss ich leise und seufzte traurig auf.
Gabbe blickt mich aus großen Augen an und packt mich an den Schultern. „Bist du verrückt?Lebensmüde? Der Kerl könnte irgend so ein psychopathischer Mörder sein!“ Ich schüttle den.Kopf. „Das glaube ich aber nicht“,meine ich mit ,zu einem Strich verkniffenen ,Lippen.Ich glaube mir zwar nicht ganz, aber meine beste Freundin glaubt mir. „Chass , mir gefällt das ganze nicht so wirklich.Pass auf dich auf.“ Ich nicke und visiere den Boden an.Es tut weh, schrecklich weh, dass er mir nichts erzählt. „Hey, Chass, was ist los?“ Ich schüttle den Kopf. „Nichts“, murmle ich tonlos.„Da ist nicht nichts. Jetzt sag schon!“, bohrt sie weiter,mir platzt der Kragen. „Ich mag ihn okay!?“, bricht es aus mir heraus und mein herz zieht sich zusammen.Jetzt habe ich es gesagt, ich schlucke. „Oh Gott Chass, das-das wusste ich nicht.Entschuldige.“ Ich nicke und wir treten durch das Gartentor.
Die Party ist gut besucht und ich sehe viele bekannte Gesichter. Charlie kann ich nicht sehen , was auch besser ist. Ich quetsche mich vor bis zur Bar vor und bestelle mir einen Wodka-Ice Tea. Heute möchte ich vergessen, Wodka eignet sich dazu besser, als Jacky. „Na, auch allein hier?“, ertönt eine schelmische Stimme zu meiner Rechten. „Naja, mit einer Freundin, aber keine Ahnung, wo die abgeblieben ist“, grinse ich und wende mich ihm zu.Er sieht ziemlich gut aus.Dunkelbraune Haare, die ihm in die Stirn hängen ,blaue Augen und sehr harmonische Gesichtszüge. Ich nehme einen weiteren Schluck und als der Becher leer ist, bestelle ich einen Neuen.
„Wodka-Ice Tea? Willst du dich totsaufen?“, fragt er erstaunt und ich.zucke mit den Schultern. „Vielleicht.“ „Die haben hier Jacky und du trinkst Wodka“Er lacht leise und sieht mich auffordernd an. „Ich mag kein Jack Daniels“, erkläre ich und wende mich meinem Drink zu. „Wie heißt du?“Ich hab dich noch nie auf einer von meinen Parties gesehen?“ Ich zucke zusammen, es ist seine Party? „Chass und du bist?“ „Tony“ Ich nicke leicht und nachdem der Becher erneut leer ist, will ich einen neuen bestellen, doch
Tony packt meine Hand und zieht mich aus der Menschenmenge heraus, auf eine Tür zu. „Willst du gescheiten Stoff“, raunt er in mein Ohr und ich zucke mit den Schultern. Natürlich ist mir klar, was er meint.
In einem Nebenraum angekommen drückt er mir drei Joints in die Hand und gibt mir ein Feuerzeug. „Aber nur für eine Gegenleistung.“, meint er augenzwinkernd und ich zucke mit den Schultern. Nachdemich den erste angzündet habe, sehe ich, wie Tony sich ebenfalls einen anzündet und mir spaßeshalber zu prostet. Ich bin froh ,dass die Wirkung ziemlich schnell einsetzt und meine tristen Gedanken schnell weggewischt sind. „Mal ganz ehrlich, du hast noch nie gekifft , oder?“ Ich schüttle den Kopf und lache los, ohne Grund, aber es fühlt sich gut an. Tony kommt ein wenig näher.Er wirkt noch gar nicht so zugedröhnt, wie ich. „Was ist los?“, fragt er mich und sieht mich besorgt an. „Du kennst mich nicht!“, keife ich, muss jedoch schon bald loslachen. „Na und?“ „Ich erzähle meine Probleme doch keinem Typen, den ich gerade mal eine Stunde kenne.“
Tony kommt näher auf mich zu. „Chass, wir sind in derselben Jahrgangsstufe“, grinst er und rückt näher. „Noch nie gesehen“ Er lacht los und irgendwie sieht er plötzlich ein wenig aus, wie Charlie.Ich blinzle kurz, aber das Bild bleibt gleich. „Also“, beginnt der Braunhaarige und legt seine Arme über meine Schultern .„Du musst die Dinger irgendwie bezahlen, also...“
Er sieht mich bedeutungsschwanger an, ehe er seine Lippen auf meine legt und plötzlich die Tür geöffnet wird.„Tony du mieses Schwein, das war deine letzte Chance , bin ich dir nichts wert?“, erklingt eine gereizte Stimme. „Michelle, warte! Ich...sie...“ „Vergiss es!“ Die Tür knallt zu.„Geh ihr nach“, flüstere ich und er erhebt sich. Ich zünde mir de .nächsten Joint an und bleibe ruhig sitzen....
s ich alle drei Joints verbraucht habe, stehe ich etwas schwankend auf und gehe aus dem Raum. Prompt stoße ich mit Charlie zusammen, den ich mit auf den Boden reiße. Kurz muss ich lachen, doch dann fällt mir wieder ein, was zwischen uns vorgefallen ist. Ich schlucke und starre ihm in die unergründlichen blauen Augen. „Hey“, bringe ich mit einer etwas zittrigen Stimmer hervor und warte seine Reaktion ab. Er verzieht seine Lippen etwas, ehe er mich ungläubig ansieht. „Chass…was…hast du…genommen?“ Ich gluckse ein wenig. „Nichts“ Er schüttelt den Kopf und blickt mich finster an. „Musst du…jetzt schon…dich selbst kaputt ...machen, wenn ich…es… nicht tue?“ Mein Herz zieht sich zusammen, was stellt er nur mit mir an? Ich erhebe mich schwerfällig und helfe ihm dann auf die Füße. „Du erzählst mir nichts, also bin ich dir auch nichts schuldig, meinst du nicht auch?“, frage ich ihn schnippisch und begebe mich zur großen Tür, doch er hält mich fest. „Chass“, erblickt mich flehend an „Bleib…hier!“ Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. Warum will er nicht, dass ich hinaus gehe? „Warum?“ Er sieht aus, als hätte ich ihm mit der bloßen Faust ins Gesicht geschlagen. „Ähh…“, meint er unsicher und mit seiner stockenden Art. „Es…es ist…nicht sicher, bitte…Chass“, sammelt er sich und ich schüttle den Kopf. Dann stürme ich zur Tür hinaus. Vielleicht ist noch die Wirkung der Joints da, oder vom Wodka, das ist mir in diesem Moment vollkommen egal. In meinem Augenwinkel sehe ich Tony und Michelle streiten und bleibe kurz stehen. Die Brünette rauft sich gerade durch ihre Locken und man kann anhand ihrer brüchigen Stimme ihre Verzweiflung heraushören. Ich fühle mich schlecht, schließlich bin ich schuld. Ich trete ein wenig näher, sodass ich verstehen kann, was sie sagen. „Michelle, es- es tut mir doch leid!“, fleht Tony und man kann hören, dass er kurz davor ist loszuheulen. „Nein Ton‘, du verstehst es nicht. Wie viele Chancen habe ich dir gegeben und jedes Mal hintergehst du mich!? Ich kann nicht mehr!“, schluchzt sie und dann fällt ihr Blick auf mich. „Du! Was fällt dir ein, du blöde Schlampe!“ Ich stehe wie erstarrt da und reiße die Augen auf, als sie auf mich zugestapft kommt und an meinen Haaren zieht. Ich schreie kurz auf ehe ich mich aus ihrem Klammergriff befreie. „Du sagst du liebst mich Ton‘ und dann tust du so etwas!“ „Sie hatte kein Geld dabei und irgendwie muss sie ja den Spliff bezahlen!“, rechtfertigt sich Tony verzweifelt. Die Brünette lacht sarkastisch auf und gibt mir eine schallende Ohrfeige, woraufhin ich zusammen zucke. „Sie hat gar nichts damit zu tun, lass sie in Ruhe Chel!“ „Ohh und jetzt nimmst du die kleine Schlampe auch noch in Schutz, wie?“ Was ist mit dieser Michelle nur los? Sie sieht mich wütend an und schlägt mir ihre Faust ins Gesicht. Ich höre etwas knacken und taumle leicht zurück, ehe ich einen stechenden Schmerz, der sich vom Nasenknochen bis hin in meine Augen ziehen zu scheint,spüre und meine Augen beginnen, wie wild zu tränen. Ich wimmere leicht und weiche zurück, während Tony, der Charlie vorhin so ähnlich sah, versucht sie zu beruhigen. Doch sie reißt sich aus seinen Armen und stürmt wieder auf mich zu. Verdammt! Ehe, sie das tun kann, was sie vorhatte, spüre ich, wie sich zwei starke Arme um meinen Bauch legen und mich nach oben ziehen. Kalte Arme, die mich festhalten, als hätten sie Angst, ich würde dadurch verschwinden. Ich drehe mich um und blicke in sein fahles Gesicht. „Du blut…est“, stößt er hervor und drückt mich an sich. „Charlie“, seufze ich nur. Danke Charlie. Ich lächle leicht. Unsicher sieht er mich an und legt besorgt eine Hand an meine Wange. „Mir geht es gut“, flüstere ich und seine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. „Lüg..nicht“, ermahnt er mich sanft und ich lasse die Schultern sinken. „Charls, können wir bitte von hier verschwinden?“, frage ich, nachdem ich erneut einen Blick auf Tony und seine, wütend um sich schlagende, Michelle geworfen habe. Er nickt leicht und wir laufen im Schneckentempo los zu einer Bushaldestelle. Erschöpft lasse ich mich auf einen der Sitzplätze unter der Überdachung fallen und schließe die Augen. Meine Nase blutet immer noch und die Schmerzen lassen meine Augen tränen Charlie grummelt leise und lässt sich neben mich fallen. Besorgnis spiegelt sich in seinen Augen wieder. „Charls, mir geht es gut!“bekräftige ich erneut und er sieht mich fast amüsiert an. „Du weinst“, meint er trocken und wischt die Tränen von meinen Augen. Sogar jetzt, wo wir uns indirekt versöhnt haben, spüre ich noch immer ein schmerzhaftes Ziehen in der Herzgegend, welches ich versuche , zu ignorieren. Wir sitzen lange hier. Nach etwa einer halben Stunde ist der Bus immer noch nicht angekommen und allmählich werde ich sauer. Charlie hingegen erscheint mir fast ein wenig schreckhaft, denn er zuckt jedes Mal zusammen, wenn er ein Geräusch hört. Allgemein wirkt er, als wären seine Nerven bald am Ende. Besorgt mustere ich ihn. „Was ist los?Warum bist du so schreckhaft?“, schmunzle ich , doch Charlie sitzt weiter stocksteif da. Es ist , als würde er mich gar nicht wahrnehmen. Wild fuchtle ich vor seinem.Gesicht mit der Hand herum und endlich löst er sich aus der, sogar für ihn untypischen, Starre. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sieht er zu mir her. Was ist nur los mit ihm? Ich höre in der Ferne etwas knallen,woraufhin der Braunhaarige aufspringt, in einer nicht ganz normalen-für ihn-Geschwindigkeit. Ich lege den Kopf schief, denn es gefällt mir nicht, dass er eine Art Kampfstellung eingenommen hat. Ein weiteres Knallen ertönt und Charlie stellt sich vor mich. Ich verstehe nichts mehr, was ist los?
„Charlie?“, ertönt meine Stimme, die ein wenig unsicher klingt, aber er reagiert nicht, sondern dreht sich zu mich um. „Hör...zu! Du versteckst...dich...jetzt...sofort“, flüstert er und blickt mich bittend an.Unzählige Gedanken rasen durch meinen Kopf und doch kann ich nicht an einem festhalten. Verwirrt sehe ich den Braunhaarigen an, während er meine Hand ergreift.„Bitte“ ,das sind die einzigen Worte, die er zu mir sagt und ich gehorche ihm. Was auch immer ihmsolche Angst einjagt, ich werde tun, was er verlangt. Ohne mich erneut umzudrehen, renne ich weg. „Charlie, komm einfach wieder her,ja?“ ,rufe ich und lächle leicht. Ich schrecke zusammen, als ich den Ausdruck in seinen Augen sehe. Er sieht unglaublich traurig aus.
Nachdem ich entschieden habe, genug gerannt zu sein,bleibe ich keuchend an einem Auto stehen. Mein Hals brennt wie Feuer und wenn ich einatme, habe ich das Gefühl einfach keine Luft in die Lungen zu bekommen. Mein Atem wird schneller, was ist nur los? Ich habe das Gefühl zu ersticken und um meinen Hals scheint sich eine imaginäre Schlinge zu ziehen. Tränen entweichen meinen Augen und verschwimmen meine Sicht. Ich möchte nicht weinen, auf keinen Fall. Ich hasse dieses Gefühl schwach zu sein und mit Samthandschuhen angefasst zu werden. Kraftlos lasse ich mich auf den Boden fallen und lehne mich an das Auto. Mein Atem hört sich an, als hätte ich rasende Angst. Habe ich denn Angst?
In der Ferne ertönt ein weiteres Knallen, diesmal jedoch näher, als zuvor und ich werde aus diesem seltsamen Zustand geweckt. Klang das gerade nicht, wie ein Schuss? Alamiert springe ich auf , meine brennende Lunge ignorierend , und versuche wieder loszusprinten, zurück zu Charlie. Ich weiß nicht, was mit ihm los ist, aber ich lasse ihn nicht allein. Allein, wenn ich mir seinen Blick vorhin wieder in Erinnerung rufe, wird mir ganz schlecht. Er sah so hoffnungslos aus.Wie jenand, der weiß, dass bald alles vorbei ist und genau das bringt mich dazu, umzukehren.
Atemlos komme ich am Anfang der Straße zum Stehen und muss kurz nach Luft schnappen. Dann jogge ich zügig weiter, direkt auf das Bushäuschen zu. Von meinem Standort aus, kann ich fünf Personen ausmachen. Vier von ihnen haben eine umzingelt. Ich beschleunige mein Tempo, doch mein Atem droht erneut zu rasen. Ich schüttle wütend den Kopf, wütend über mich selbst, ich kann ihn nicht allein lassen.Ein wenig entfernt von ihnen bleibe ich stehen und beobachte still. Zumindest so still, wie man mit klopfendem Herzen und keuchendem Atem sein kann.
Charlie steht , wie immer in seiner unglaublich schlechten Haltung da und dennoch wachsam, während die Männer gerade und auf irgendeine Weise stolz stehen. Ich verenge die Augen, tragen sie wirklich Gewehre? Ich erstarre und mein Herz legt an Tempo zu. Ich kann meinen Atmen hören ,der zischend wimmert. Was haben sie vor? Warum tragen sie Waffen? Was hat Charlie getan?
„Kommst du freiwillig mit?“, ertönt eine harrsche Stimme, die mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. Ich wende den Blick Charlie zu und muss kurz lachen, da er wie wild den Kopf schüttelt. Der Mann, der eben gesprochen hat, tritt vor und legt sein Gewehr an Charls' Brust. Ich reiße die Augen auf und beiße auf meine Lippe, um keinen Laut von mir zu geben. Gott Charlie, was hast du getan? Ich kann es nicht mehr leugnen, ich habe schreckliche Angst um ihn. Allein schon bei dem Gedanken daran, was wäre wenn..., zieht sich jede einzelne Faser in meinem Körper schmerzhaft zusammen.
„Uund anlegen!“, ruft der stämmige Mann, der den Lauf seines Gewehres auf Charlies Brust gerichtet hat, woraufhin die übrigen diese auf dasselbe Ziel lenken.IHN. „Und Feuer“ Ein Lautes Krachen ertönt, so laut , dass ich mir die Ohren zuhalten muss und nur schemenhaft erkennen kann, wie mein verrückter Freund, wie eine Marionette , bei der man die Fäden zieht, in sich zusammen fällt. Automatisch fahren meine Hände zu meinem Mund, aus dem jedoch kein Schrei dringt.Sofort renne ich los , dränge mich an den.Männern, wie in Trance, vorbei und werfe mich vor Charlie auf den Boden.
Durcheinander wusle ich meine Haare aus dem Gesicht und als nächstes über Charls'. „Charlie“, dringt es aus meinem Mund, doch ich nehme es kaum wahr. Es ist, als wäre mein ganzer Körper unter Opium oder so. Er antwortet nicht, natürlich tut er das nicht. Tränen rinnen wie Wasserfälle aus meinen Augen und tropfen auf sein Gesicht. „Oh Gott Charlie.Oh Gott-oh Gott. Nein, hör auf. Charlie steh auf.“, murmle ich mit brüchiger Stimme. Ich habe die Männer hinter mir schon ganz vergessen und so erschrecke ich sehr, als mich jemand von ihm wegzieht. Besitzergreifend klammere ich mich an ihm fest und schüttle den Kopf so heftig ,dass mir schwindelig wird.
„Miss, ich muss sie wirklich bitten“, beginnt der stämmige Mann, doch er wird unterbrochen. „Jetzt lass' sie doch“ Ich drehe mich um und spüre , wie ich wütend werde. „Wissen-wissen s-sie ei-eigentlich w-was sie d-d-da getan ha-ha-haben?“ Einer von ihnen lacht leise auf und ich blitze ihn durch den Tränenschleier wütend an.
Dann wende ich mich wieder Charlie zu. Ich kann genau sehen, wo die Kugeln eingedrungen sind und als ich die Stelle berühre, beginnt etwas den Stoff zu durchnässen. Es wird immer mehr und bald schon beginnt die Flüssigkeit auch meine Strumpfhose zu durchnässen. Ich streiche ihm über seine Haare , sein Gesicht.Sein schönes Gesicht. Ich zittre und jemand legt seine Hand auf meine Schulter, doch ich drücke sie wütend weg.
„Charlie, es tut mir so Leid.“, stoße ich stockend hervor und lege eine Hand an seine Wange. „Sollten wir ihr es nicht mal sagen?“, höre ich einen der Schützen lachen. „Meinst du nicht, sie weiß es ?“ Sauer drehe ich mich um. „Was weiß ich?“ fauche ich wütend. „Naja, dein kleiner Freund hier-“, er möchte weitersprechen, doch sein Nebenmann stößt ihm den Ellbogen in die Seite. „Geheim“, zischt er ihm zu und ich stehe verständnislos da und wische über meine Augen. „Was ist h-hier los?“, ich blicke die Männer so auffordernt, wie es in meinem Zustand möglich ist an. „Warten wir etwas“, meint er mit einem Blick auf Charls.
„Wieso warten?“, frage ich die Schützen direkt und mit jämmerlich erstickter Stimme. Der stämmige Mann von vorhin tritt nach vorne und lacht leise auf.Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen zusammen. Warum lacht er? Er hat gerade einen Menschen getötet. Er hat Charlie getötet. Ich spüre den Schmerz in meiner Brust und Tränen auf meinem Gesicht. Warum tut es so weh?Ich liebe ihn doch nicht, oder? Ich seufze leise, als ich daran denke, wie er mich heute beziehungsweise gestern früh heimgebrachg hat. Und dann denke ich wieder an die Blutflecken. Was hatte es damit nur auf sich? Jetzt ist es sowieso zu spät ihn das zu fragen. Könnte ich diese Männer bei der Polizei melden?Denn ich kann seinen, seinen Tod doch nicht ungerächt lassen.
„Schätzchen, also jetzt siehst du gleich, was wir gemeint haben.“, meint der Vordermann zu mir und ich verziehe das Gesicht. „Das wird sie umhauen“, grinst einer, doch verstummt, als ihn der strenge Blickdes Hauptmannes trifft. Ich komme mir allmählich vor, wie in einer schlechten Komödie. Warum scheinen sie alle mehr zu wissen, als ich? Hat mir Charlie wirklich so wenig vertraut? Dachte ich nicht immer, zwischen uns wäre Freundschaft , oder sogar mehr? Ich lache bitter auf. Als ob Charlie jemals etwas mehr als Freundschaft für mich empfunden hätte! Denn dann hätte er mir mehr anvertraut. Ich weiß noch nicht einmal, warum sie ihn niedergeschossen haben.Ich weiß gar nichts.
„Ich glaube jetzt...“, holt mich die harrsche Stimme aus meinen Gedanken und ich schrecke auf. Der Mann blickt mich auffordernd an und ich recke trotzig das Kinn.Was soll ich tun? Ich folge seinem Blick zu meinem Freund, dessen Kleidung sich allmählich dunkelrot färbt.Allein dieser Anblick und ich vergesse alles. Sie haben ihn getötet. Ich verliere den Halt und sacke auf den Boden. „Charlie“, ist das einzige, was ich herausbekomme. Ich wende mich seinem fahlen Gesicht zu, er ist wirklich hübsch.
„Gleich wird es lustig“, kicherte einer der Männer und ich blitze ihn wütend an. Wie kann er nur Witze machen, wenn er zum Mörder geworden ist? Oh Gott Charlie das tut mir so Leid, alles....
Erschöpft schließe ich für einen kurzen Moment die Augen.Es tut so weh, ihn so zu sehen. „Chass“, ertönt eine stockende Stimme und ich reiße die Augen panisch auf.Geschockt versteife ich mich und blicke verständnislos nach vorne. Ich kann mich nicht mehr bewegen, sogar mein Herz scheint kurz stehen zu bleiben, so überrascht bin ich. Ich blicke in diese unglaublich blauen Augen, in denen ich einen ganzen Tag versinken könnte und sie starren panisch zurück. „Charlie“, murmle ich wie in Trance. Das hier kann nicht real sein.Es muss an den Joints liegen, das weiß ich. Charlie ist tot. Genau.
Die kalten, nassen Arme, die sich schon bald um mich legen, nehme ich kaum wahr. Ich bin felsenfest überzeugt, dass das hier nur eine Halluzination ist, eine andere Erklärung gibt es nicht. „So Sunny-Boy. Erklär' es dem hübschen Mädel mal.“ Ich atme ein und rieche neben Blut Charls' Geruch und muss schlucken. „Chass...hörst...mich?“ Ich werde geschüttelt und aus der Trance geweckt. Es ist wie ein Schlag-auf gut deutsch- in die Fresse. Ich sehe Charlies Gesicht, die Muskeln bewegen sich leicht und seine Augen scheinen mich zu durchlöchern. „Du bist...echt?“, dringt es aus meinem Mund und ich fasse es nicht.Er sitzt vor mir. Er lebt. Aber Moment mal, er ist tot, also wie soll ich das verstehen?
„Ja“, meint er nur leise und ignoriert die Sprüche der Männer. „Was ist hier los, Charlie?“, stottere ich und betrachte ihn wieder.Ich werde nicht locker lassen, bis er mir sagt, was los ist!
Ich hole kurz Luft. Eigentlich etwas seltsam, aber egal. Ich habe nur noch Augen für sie.
Auf ihren Wangen glänzen noch Tränen und sie blickt mich verwirrt an. Selbst mit verschmierten Make-Up ist sie engelsgleich. „Charlie, bitte!“, sie fleht mich förmlich an. Soll ich? Ich möchte nicht, dass sie zuviel weiß.Denn das könnte sie in Gefahr bringen. Ich möchte sie mit aller Kraft beschützen.
Ich schweife kurz ab und erinnere mich, wie sie auf mir gelandet ist. Sie war ganz durch den Wind und ich befürchte, sie hat sich zugedröhnt.Ich habe es in ihrem Gesicht gesehen. Ihre Wangen waren gerötet und ihre Pupillen extrem erweitert. Ich erinnere mich, wie wütend mich das gemacht hat. Ich will nicht, dass sie sich kaputt macht, was auch immer der Grund sein mag. Ich jedenfalls war nicht der Grund. Wie konnte ich auch denken, dass sie mehr als Freundschaft für mich empfinden könnte. Das wird sie nie. Das ist absurd, so absurd dass ich den Kopf schüttle.
„Charlie!“, empört raunzt mich Chass an und holt mich so aus meinen Gedanken. Ich blicke auf hnd räuspere mich, ehe ich beginne. Ich kann eis nicht glauben, dass ich es ihr wirklich erzähle. Sie wird mich hassen. Und ich sie nie wieder sehen.Kurz spüre ich etwas, dass ich anfühlt, als würde jemand mit einem Messer durch mein Herz stechen und zucke zusammen. „Also...ich bin nicht...aus Ohio...sondern aus...Arizona. Mein...Vater...er...ist kein Metzger, sondern...er ist...er ist verrückt. Er war besessen, davon...ein Heilmittel...gegen Aids zu finden. Er ist...Biochemiker. Er infizierte mich ...und meinen...Bruder“, ich muss kurz schlucken, als die Erinnerung an ihn wieder in meinem Kopf auftauchen. Wie er uns erzähltte, diese Spritzen wären nur Impfungen. Purer Hass auf dieses Monster durchströmt mich.
„Dann spritzte...er uns...irgendwelche selbstgemischten...Präparate und...mein Bruder...er starb...kurz darauf...als er...er spritze mich...mal wieder, da bekam ich einen...allergischen Schock...und...und ich...starb.Er begann...in dieser...Eile unzählige... Mischungen zu...injizieren und irgendwie...machte mich das...lebendig, aber auf abstruse ...Weise...weißt du...so einfach ist es...nicht mehr...ich brauche etwas, das...die elektrischen...Ströme in meinem...Gehirn aufrecht...erhält...“ Ich höre jetzt besser auf zu sprechen. Ich möchte ihr das nicht sagen müssen. Dann würde sie mich erst recht abstoßend finden.
Chass sieht mich mit zusammengezogenen Augenbrauen verwirrt an.Sie mustert mich,die Löcher in meinem Oberteil, die Flüssigkeit, die fast schwarz ist und noch immer meine Kleidung durchtränkt. Dann sieht sie die zahlreichen Narben auf meinem Hals und meinen Händen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr auch die auf meinem Oberkörper aufgefallen sind. Mir sind sie peinlich. Sie findet mich bestimmt schon jetzt abstoßend.Ich bin ein Trottel, ein Idiot.Warum erzähle ich ihr das? Sie wird mich hassen, oh Gott. Ich visiere den Boden an. Wenn ich normal wäre, was ich ja nicht bin- nein, ich bin ein ekliger,dummer Kerl- dann wäre ich jetzt so rot, wie die Ziegeln oben auf dem Dach des Bushäuschens. „Charlie, erzähl weiter, wie du musst die ganzenStröme in deinem Gehirn aufrecht erhalten. Womit?“ Ich zucke zusammen, als hätte sie mich geschlagen, obwohl ich sowieso.nichts spüre. Warum fragt sie mich das? Gequält blicke ich drein, versuche es zumindest.
„Ich...mein Gehirn...es arbeitet...noch...wenn ich etwas...zu mir nehme...Die anderen Organe...sind nur noch so drin, aber mein...mein...Kopf, der geht noch...schließlich muss ...ich, mich bewegen...und so.“ ,erkläre ich. „Aber ich habe dich nie etwas essen sehen“, widerspricht sie mir und ich beiße die Zähne zusammen. So Charlie, jetzt wirst du alles versauen, also los.
„Chass, ich...esse kein Gemüse...kein Brot...nicht einmal Fleisch.“, beginne ich düster und sie legt den Kopf leicht schief. Gleich wird sie entsetzt aufspringen und wegrennen.Ich weiß es genau.Aber ich will sie nicht verlieren. „Es...ich...ich...esse...ich esse...Gehirne, Chass!“, bricht es aus mir heraus und sie beginnt zu lachen. Es ist kein freundliches oder nettes Lachen, sondern irgendwie hysterisch. Die Männer hinter mir beginnen auch zu lachen. „Chass?“ „Charls sag die Wahrheit!“, meint sie, nachdem ihr Lachen genauso schnell erstorben ist, wie es gekommen ist. „Das...ist die...Wahrheit“ Ich wünsche mir in diesem Moment so sehr, dass sie das überhören würde. Denn ja, so absurd es klingt, so wahr ist es, so grausam. Ängstlich blicke ich sie an und ihre Augen weiten sich.
„Charlie“, ihre weiche Stimme klingt brüchig und ich kann den Vorwurf heraus hören. „Charlie, nein...nein du-du hast doch -doch ni-nicht....“ Ich weiß, was sie meint. Mein Gesicht verzieht sich zu einer gequält dreinblickenden Fratze. Ich habe schreckliche Dinge getan. Ich habe keine Ausrede. Für einen Mord gibt es keine.
„Ich...habe sie...alle getötet“
Ein Geräusch entfährt meinem Mund, das wie ein Wimmern klingt. Ich kann es nicht begreifen, nein ich möchte es gar nicht. Er hat sie getötet. Das hat er gesagt. Er hat sie getötet. Er hat ihre-ihre Gehirne gegessen. Er hat Blondie umgebracht.Ihm den Schädel zerschlagen. Alles ergibt Sinn, aber ich verstehe es nicht.Meine ganze Welt liegt mit diesem einen Satz in Trümmern und diese Trümmerteile haben klaffende Löcher in mein Herz gerissen. Wie kann er nur? Er sagt, er braucht das zum Leben, aber er nimmt anderen dabei das Leben. Da war er also immer, wenn er sich nachts herausgeschlichen hat. Es ergibt alles auf einmal Sinn. Die Blutflecken, sein Gesichtsausdruck, als ich ihn auf den Tod der Familie angesprochen habe und die Kugellöcher in seiner alten Kleidung.
Ich blicke nicht auf, ich kann ihm jetzt einfach nicht in die Augen sehen. Er hat Leute umgebracht. Er ist rin Mörder. Er ist gefährlich. Was, wenn er dich auch schon umbringen wollte? Die Stimmen in meinem Kopf überschlagen sich fast. Ich spüre, wie meine Hose von einer Flüssigkeit durchweicht wird, die im Licht der Laternen schwarz glitzert und hebe doch wieder meinen Blick. Es interessiert mich, ob es ihm Leid tut, was ich in seinen Augen sehen kann. Sehe ich Wut oder Genugtuung?
Nein, ich sehe Trauer, Schmerz und auch...Verständnis. „Chass“ Allein die Art, wie er meinen Namen sagt, lässt mein Herz sich schmerzhaft zusammenkrampfen. „Chass...es...tut..mir...Leid“ Es tut ihm Leid? Überrascht starre ich ihn an. Von allem, was er hätte sagen können, habe ich das am wenigsten erwartet.„Es tut dir Leid?“, stottere ich immer noch perplex. „Ja“ Charlie sieht gerade mutlos aus.Dennoch, er hat diese ganzen Leute getötet. „Wie....wie hast du die Familie getötet?“, frage ich Charlie starrt einfach nur auf den Boden. Ich erschrecke , als ich das ganze Blut sehe. „Ich...getötet...angezündet...leid...“ Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, warum fällt es ihm so schwer zu sprechen? Sein Blick wird trüber, als er ohnehin schon ist. „Charlie?“, besorgt mustere ich sein immer-fahles Gesicht.
Ich drehe mich zu den Schützen um. „Was ist mit ihm?“, fahre ich sie wütend an. Ich mache mir tatsächlich um einen Mörder Sorgen, ich kann es kaum glauben. „Ach, das ist normal. Bald fällt er um, dann können wir ihn mitnehmen.“, erklärt der Anführer grinsend. Ich möchte es ihm am liebsten aus dem Gesicht prügeln. „Warum?“ „Warum wir ihn mitnehmen? Wir arbeiten für seinen verrückten Vater. Wir sollen den verlorenen Sohn nach Hause bringen.“ Sie wollen ihn zu seinem kranken Vater zurückbringen? „Aber...bitte nicht!“, ist das einzige, was ich hervorbringen kann. Ich will nicht, dass er geht, auch wenn er diese Leute-ich schlucke- getötet hat , so mag ich ihn zu sehr um ihn gehen zu lassen. Ich zucke zusammen, als ich ihr hämisches Lachen höre und versteife mich.„Mädchen, wir haben einen Befehl und eine gute Bezahlung und sein Vater wird wissen, wenn wir ihn ziehen lassen. Er hat ihm einen GPS Sender implantiert. Das ist schon das dritte Mal, dass wir ihn wieder einfangen müssen und langsam haben wir die Schnauze voll! Er ist verdammt gefährlich und eine Bedrohung.“
Was?Sein Vater hat ihm einen GPS-Sender implantiert? Ich spüre Mitgefühl für den trüb dreinblickenden Blauäugigen aufkeimen. Sein Leben ist wirklich verpfuscht. Es muss schrecklich sein ,die ganzen Tests, die sein Vater mit ihm gemacht hat! „Wenn ich den Sender finde?“, frage ich mit erstickter Stimme. „Mädchen, den findet man nicht einfach so.Der ist so gut wie unsichtbar! Ich versteh' ja dass du ihn magst, was ich nicht richtig verstehe,aber sein Vater wird uns umbringen, wennwir ihn nicht zurückbringen oder ihn selbst suchen.“, spricht er gereizt. Mir gefällt es nicht, wie er mich Mädchen nennt. „Charlie“, bringe ich stockend hervor. Allein, seinen Namen auszusprechen in dem Wissen, dass die ihn wegbringen, ist die größte Herausforderung.
Der Braunhaarige hebt den Kopf. Seine Augen blicken fast durch mich hindurch. „Charlie“, sage ich nochmal ,dieses mal mit festerer Stimme. „Cha...“ Sein Mund verzieht sich,ich glaube, zu einem Lächeln. „Mir...Leid.“ Ich schlucke, als die Männer ihn an den Schultern hochziehen und er fast wieder umfällt. Ihm scheint alles ungeheuer schwer zu fallen. Sehe ich ihn wieder? Bitte, bitte! , bettle ich leise.
Ich lächle traurig und er erwiedert es, mehr oder weniger. „So schnell weg, wie wir uns kennengelernt haben“, meine ich matt und er zuckt mit den Schultern. „Leid...leid...Chass...nicht....hass“beginnt er, doch kann nicht mehr weitersprechen, denn er fällt, wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Die Männer heben ich wieder hoch und ein Wagen kommt angefahren, in den sie ihn im hinteren, vergittertwn Teil platzieren.
Ich stehe noch lange da und starre dem Wagen mit nassen Wangen hinterher. Ich wollte ihm nie Tschüss sagen müssen.
Ich habe keine Ahnung , wie lange ich schon neben dem Bushäuschen stehe und auf den Punkt starre, an dem ich das Auto in der Ferne verschwinden gesehen habe. Ich zittere am ganzen Körper wie Espenlaub, aber es interessiert mich nicht. Der einzige Gedanke ist. dass Charlie weg ist. Ich spüre immer noch, die Nässe an meiner Hose und sehe dunkelrote Flecken auf dem Asphalt, die in dem Dämmerlicht der Straßenlaternen fast schwarz scheinen. Es ist so, als wäre er nie da gewesen. Schnell verwische ich das Blut mit meinen Schuhen, sodass es aussieht,als wäre ein Tier überfahren worden.
„Chass?“, höre ich eine Stimme besorgt rufen, aber ich habe einfach keine Kraft zu antworten. „Chass!“, ruft sie, diesmal näher. Ich erkenne Gabbe und Tony, die mich betroffen anstarren. Vermutlich sehe ich auch ziemlich übel aus und es ist eiskalt, aber ich spüre nichts dergleichen. „Oh Gott , was ist mit deiner Nase passiert? Und deine Hose! Wo kommt denn das viele Blut her? Oh Gott oh Gott, Chass! Du siehst fürchterlich aus!“, stößt Gabbe entsetzt hervor. Tony lacht leise auf, jedoch verdüstert sich sein Blick bald wieder. „Was ist passiert?“, fragt meine beste Freundin, als ich nicht antworte. „Und wo ist Charlie?“ Schon allein der Erwähnung seines Namens beginnt mein Körper zu schlottern und ich spüre Tränen mein Gesicht hinabrinnen.
Ich drehe ihnen den Rücken zu, denn ich fühle mich seltsam nackt, wenn sie meine Tränen sehen. „Chass -“, beginnt die Brünette doch Tony unterbricht sie. „Wir sollten sie in ein Krankenhaus stecken, sie steht unter Schock. Ich fahre sie schon“ Als sich zwei Hände um meine Schultern legen sträube ich mich zunächst dagegen, doch mein Körper scheint kraftlos und leer. Gabbe sieht mich traurig an, aber in ihren Augen flackert Wut auf. Ich nehme es kaum wahr. Alles ist wie in einen dunklen Schleier getaucht. Ich fühle mich, als würde ich immer tiefer in diesen hinein gleiten und kann nichts dagegen tun. „Warte Tony, kannst du überhaupt noch fahren?“
Tony räuspert sich und winkt ab, kann aber nicht verhindern, leicht zu schwanken. „Ich bin fast wieder normal. Das klappt schon.“ „Okay , wenn du meinst. Aber dann muss ich ja hier bleiben!“, mault Gabbe beleidigt. Der Braunhaarige zuckt nur mit den Schultern. Ich schließe einfach die Augen. Alles ist anstrengend und so ermüdend. Alles ist verdammt beschissen , ohne ihn. Ich gestehe mir kurz zu, an ihn zu denken, ehe ich erneut in Tränen ausbreche und Tony mich vorsichtig hochhebt. An seine Brust gedrückt spüre ich, wie die heißen Tränen den Stoff seines Pullovers langsam durchweichen.
„So, da wären wir. Kannst du stehen?“, höre ich seine Stimme leise zu mir durchdringen und drehe den Kopf nach oben und nicke leicht. Ich fühle mich leicht schwindelig, dennoch tapse ich die wenigen Schritte in sein Auto. Sein Auto scheint ziemlich teuer zu sein und jetzt weiß ich auch wieso Gabbe nicht mitfahren kann. Denn es ist ein Zweisitzer.Ich lehne meinen Kopf an und versuche normaler zu wirken. Die Leute im Krankenhaus werden mich bestimmt total doof anglotzen.
Ich kann die weiche, besorgte Stimme meiner besten Freundin hören, die Tony streng ermahnt vorsichtig zu fahren und Tonys selbstgefällige Antwort darauf, ehe wir losfahren. Er fährt schnell, sogar sehr schnell und ich klammere mich an meinem Gurt fest. Tonys Blick streift mich inmer wieder interessiert und er setzt immer wieder an, etwas zu sagen. „Chass, äh, was war denn los? “, beginnt er schließlich und da ist keine Spur mehr von dem Sprücheklopfer. Ich muss schlucken, denn ich weiß nicht, wie ich das jemandem erklären soll, ohne dass er mich für verrückt hält. „Nichts“, versuche ich zu flüstern, aber meine Stimme gerät stark ins Wanken.
Tony lacht auf, es ist klar, dass er mir kein einziges Wort glaubt. „Chass, sag es, wenn er dich vergewaltigt hat!“ Meine Augen.werden groß. Er kennt mich seit ein paar läppischen Stunden und glaubt ein Urteil über Charls fällen zu dürfen? „Er hat mich nicht vergewaltigt!“, presse ich wütend zwischen meinen zusammengepressten Lippen hervor. „Okay, was dann? Hey nicht weinen. Entschuldige, ich-es war nicht so gemeint, nur du wirkst so verstört und deine Nase!“ Ich zucke mit den Schultern, wie es Charlie getan hat, wenn er etwas nicht sagen wollte. Immer wieder habe ich das Bild vor Augen, wie sie ihn „erschossen“ haben. Es war so viel...Blut.
„Soo wir sind da. Meinst du du kannst alleine laufen?“ Ich zucke mit den Schultern und höre ihn resigniert seufzen, ehe er mich auf seine Arme hievt und ins Gebäude trägt.
Ich halte die Augen geschlossen, als sich eine kalte Substanz in mein Fleisch bohrt und mich mit ihrem Inhalt vergiftet. Noch weiß ich es noch nicht und so warte ich , bis der Schmerz abgeklungen ist, so klein er auch ist, so groß ist er für mich. Unbeschwert öffne ich meine Augen probeweise und erblicke ein etwas älteres Gesicht. Die Augen scheinen einem Eismeer gleich und der Mund ist zu einem dünnen Strich verzogen. Das ganze Gesicht wirkt angegriffen, so, als fräse ihn etwas von innen auf. Die Haare hängen zottelig und verfettet herunter und winden sich, wie Medusas Schlangen auf seinem Kopf.
Der Mann seufzt und seine angespannte Miene lockert sich und verwandelt sich in ein väterliches Lächeln. Er klopft mir auf meinen Arm und ich springe auf.
Ich beobachte, wie er dem etwas älteren Jungen dieselbe Tortur bereitet. Der Junge, der mir zum Verwechseln ähnlich sieht und jetzt mit seinen zwölf Jahren immer noch Angst zeigt, und von dem mich nichts außer der Zusammensetzung meiner DNS unterscheidet. Er trägt seine Haare ebenfalls kurz und seine Augen funkeln unter den geschlossenen Lidern in demselben Azurblau, wie meine. Ich blicke auf meinen rechten Arm , an dem sich in der Einspritzstelle ein kleiner Bluttropfen gebildet hat und der jetzt an meiner Haut hinab rinnt. Dann sehe ich wieder nach oben und lächle ihm zu.
„Was ist los, du siehst ganz verängstigt aus. Macht dir eine so kleine Spritze Angst?“, keife ich und grinse. Er grinst mich mit einem sonnigen Lächeln an und verdreht die blitzenden Augen. „Du nicht?“, kontert er geschickt und nun strecke ich ihm die Zunge heraus.Wir würden den ganzen Tag so weitermachen, wenn da nicht diese strenge Stimme wäre, die uns spitz ermahnt uns auszuruhen und still zu sein. Es ist eine Art stille Abmachung. Sag - und wir tun es. Wir gehorchen blind. Es gibt keine Infragestellung. Dice- et facimus.
Mit stoischem Gehorsam traben wir in unsere Zimmer und löschen das Licht.Die Dunkelheit umfängt uns tröstend und wir schließen unsere Augen, unsere vergifteten Augen und schlafen ein, während sich das Gift in unseren Körpern vermehrt. Es verbreitet sich, Zelle für Zelle und dann schläft es.
...
Ich höre ihn husten. Ein trockenes, krächzendes Geräusch, das durch die dünne Wand dringt. Fünf Wochen sind es nun und es scheint schlimmer zu werden. Begonnen hat es mit einem Niesen und nun liegt er mit hoher Temperatur, fleckiger Haut, dünn wie Pergament im Bett und leidet. Es ist verboten ,das Zimmer zu betreten, woran ich mich halte. Es ist richtig, sonst wäre es nicht verboten. Ich habe genau noch die Worre im Kopf.Du gehst da rein und ich schmeiß' dich raus. Kalt und bedrohlich. Bedrohung genug. Ich kann hören, was er jetzt sagt. Ganz genau. Es sind zärtlich dahingeflüsterte, traurige Worte, die nur um den Körper fürchten, nicht aber um die Seele, um den Kern.Es ist die Furcht, die den Mann schluchzen lässt, nicht aber die Trauer.Nein, für Gefühle ist in seinem Kopf kein Platz. Alles ist eingenommen von Formeln, Chemikalien und einer bizarren Idee, deren Ausführung bereits gefährdet ist.
Ich erhebe mich von meinem Bett. Ich bin gewachsen und stoße mit meinem Kopf beinahe an die niedrige Decke. Meine Beine und Arme sind kräftiger geworden und mein Gesicht erwachsener. Zwei azurblaue Augen blicken mir aus einem blassen, eingefallenen Gesicht entgegen, das ich schon fast vergessen hätte. Die Gestalt, die neben ihm kniet fährt herum und kneift die Augenbrauen auf eine wütende Art zusammen, sodass ich unwillkürlich zurückweiche.Es ist ein Impuls. Weiche vor dem Meister. Gehorche. Tu, was dir gesagt wird. Die gleichen Worte, wie vor sechs Jahren, immer noch im Gedächtnis eingebrannt.
„Was tust du hier?“ Es ist nicht er, der da spricht. Der Wahnsinn hat von ihm Besitz ergriffen und ihn abgetötet. Er lässt seine Augen blutunterlaufen werden und seine Haare verfilzt.Er lässt seine Statur einknicken und zittern. Es wäre ein leichtes sich jetzt gegen ihn zu wenden, aber ich darf das nicht. Es ist verboten. Ich kann jetzt noch die Narben an meinem Rücken spüren, die sich fast ganz darüber ziehen und wie Dornen ein Mahnmal darstellen. Stelle dich nicht gegen ihn und dein Rücken bleibt heil, scheinen sie zusagen und sich auf meinem Rücken noch enger zu ziehen.
„Bleib hier!Schick ihn nicht weg!“, bittet die trockene, krächzende Stimme und die Muskeln des eingefallenen Gesichts, das kaum mehr farbig , sondern ein seltsames Grau eingenommen hat, verziehen sich zu einem Lächeln. Er hustet und der Wahnsinnige macht Platz. Ich knie mich neben dem alten, viel zu kaputten Bett hin. Ein Blick in seine Augen und ich weiß, dass ihm bewusst ist, was passiert. Das Gift hat seinen Körper durchtränkt, das Gute verlöscht und das Schlechte verstärkt. Sein Zustand ist eine Zeitbombe, die leise tickt. Und dann geht sie hoch...
...
Ich spüre den Schmerz, als sich Kabel wie Löwenmäuler an mir festbeißen und Brennendes in mich hinein pumpen.Alles scheint sich zu drehen und zu kreisen. Mein Mund gibt ein gurgelndes Geräusch von sich während der Mann, zwei Jahre älter, doch kein Stück normaler, weiter injiziert. Ich wende den Blick zur Decke und sehe das gleißende Licht durch das Dachfenster scheinen. Werde ich auch bald erlöst, so wie er es wurde? Das eingefallene, lächelnde Gesicht vor Augen, bei dem sich die Haut wie Pergament über den Schädel spannt, versuche ich durchzuhalten, was ein Akt der Unmöglichkeit ist, ich schaffe es seltsamerweise und schnaufe ruhig vor mich hin. Die Flüssigkeit, die sich den Weg durch meine Adern sucht und versucht Zelle für Zelle zu befreien, ist wie Eis und mein Körper scheint kalt zu werden. Ich beginne etwas zu Zittern und in meinem Kopf zieht sich schlagartig etwas zusammen.
Kalt wie Eis, wie das All, wie der Mann vor meinen fiebrigen Augen liege ich da und starre nach oben. Mein ganzer Körper scheint zu bersten und ein seltsames Gefühl ergreift von mir Besitz. Es breitet sich aus den Tiefen meiner Knochen bis zur Haut aus und erfasst jedes Atom. Nichts bleibt davon verschont.Ich spüre warme, fast schon heiße Finger die meine Haut abtasten und immer wieder neues hineinspritzen. Jedes Mal beginnt mein Körper mehr zu bersten.Erst ist es ein Summen, bis es ein Ton wird. Die Tinkturen greifen mich an und mein Körper beginnt einen Kampf, den er nicht gewinnen wird. Ich höre , wie weit entfernt, die wahnsinnige Stimme, hektisch Befehle flüstert und kann förmlich die weit aufgerissenen Augen vor mir sehen. Aber im Grunde sehe ich nichts. Es ist wie ein Gemälde, von dem alle Farben entfernt werden. Zuerst hell, dann dunkel, bis nur noch weiß bleibt. Eine unbeschriebene Leinwand.
...
Ich öffne die Augen, als Tony mich anstupst. Ich habe es kaum gemerkt, dass ich sie geschlossen habe.Wenn ich die Augen lange genug geschlossen halte, ist vielleicht alles wieder wie vorher.Natürlich ist das albern. So etwas ist in Märchen oder Barbiefilmen möglich, aber nicht hier, in der Realität, in der jeder Lichtstrahl in den Augen brennt, wie Feuer. Die Realität holt mich schnell ein, als ich einen Schmerz in meinem Gesicht spüre, dessen Intensität stetig zunimmt.Wage meine ich mich zu erinnern, dass das irgendjemand von Tony war, diese Furie, ihr Name ist mir wohl entfallen. Endlich nimmt meine Umgebung Konturen an und ich blinzle ein wenig , da alles weiß und grell ist. Es blendet. Ich erkenne Tony und einen etwas älteren Mann mit leicht ergrautem Haar und ordentlich gestutztem Bart. Er mustert mich kritisch und ich frage mich, ob ich geschlafen habe.
„Wie ist das mit ihrer Nase passiert? Sie ist gebrochen.“, eröffnet mir der Arzt unverblümt und leuchtet mir mit einer Art Taschenlampe in meine Augen und ich muss sie zusammenkneifen Gott ich fühle mich, als würde mein Schädel platzen. „Äh ich...ich weiß es nicht“, gestehe ich, denn ich weiß es gerade tatsächlich nicht mehr. Was ist los mit mir? Ich hebe den Arm und stelle fest, dass ich in einem weichen Bett liege.Der Mann sieht mich kritisch an und notiert sich dann etwas auf einem Klemmbrett.Jedoch kann ich nicht sehen was. Ich setze mich vorsichtig auf und zucke zusammen, mein ganzer Körper schmerzt. Jede einzelne Faser, jeder Muskel und jeder Knochen. Ich kann nur schwer Luft holen und beim Atmen fühlt es sich an, als würde meine Lunge in Flammen stehen. Ich huste kurz und mein Hals schnürt sich kaum merklich zu. Entsetzt keuche ich auf. Wo ist mein Inhalator? Suchend werde ich Tony einen Blick zu, doch er scheint nichts zu blicken.
„Mein Inhalator! Wo ist er?“, krächze ich und er kneift die Augenbrauen verwirrt zusammen. Meine Geduld ist erschöpft . „Ich habe Asthma!“, keife ich und huste laut.Der Arzt notiert sich das scheinbar und begibt sich aus dem Zimmer. Immer noch grüble ich, weshalb ich hier bin, denn alles , was ich weiß ist, dass ich auf einer Party war. Nur warum bin ich hier? Hat es wirklich etwas mit einer Furie von Tony zu tun, oder entspringt das meiner blühenden Fantasie? Ich versuche nicht mehr daran zu denken und starre aus dem Fenster. Draußen kann ich eine Parkanlage erkennen.Ich versuche alles, um Tony nicht anschauen zu müssen, denn es tut weh,seltsamerweise. Dabei kenne ich ihn gar nicht.Warum also?
Wenig später betritt der Arzt den Raum , mit einem Inhalator für mich und wieder diesem Klemmbrett in der Hand. Er lächelt, aber für mich gibt es keinen Grund zu lächeln.Ich verstehe nicht, weshalb Ärzte das ständig tun. Versuchen sie Patienten ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln? Ich fühle mich eher geängstigt. „So, Cassidy, woran können sie sich vom gestrigen Abend noch erinnern?“, fragt er mich hnd sieht mich interessiert an. Aber in meinem Kopf herrscht wieder diese gähnende Leere, der Gedanke, den ich verzweifelt versuchezu fassen, er entgleitet mir und huscht davon. Ich zucke mit den Schultern.
„Wirklich nichts? Wir haben ihr Blut untersuchen lassen und festgestellt, dass man ihnen LSD untergejubelt hat. Zudem fanden wir auch einen Nachweis von Marihuana-Konsums.“, schließt er und ich reiße die Augen auf. Automatisch fliegt mein Blick zu Tony der unauffällig den Kopf schüttelt. „Miss, sie haben zudem einen Schock erlitten, können sie sich vielleicht erklären woher?“ Ich mag seine Stimme nicht, aber ich weiß auch nicht woher ich das wissen sollte.
Ich weiß vielleicht ein Prozent vom ganzen Abend. Ich schüttle mit dem Kopf. „Wissen sie woher das Blut an ihrer Hose stammt?“ Was? Welches Blut? Vorsicht ziehe ich die Decke zurück und schrecke zusammen. Fast die ganze Hose ist voll mit Blut. Wo einst der Stoff jeansblau war, so ist er jetzt dunkelrot. Ist das mein Blut? Von wem ist es denn sonst?
Ich ertrage es nicht länger die Hose anzusehen und werfe schnell die Decke darüber. Tony, der schon die ganze Zeit so ernst dreinblickt, meldet sich zu Wort. „Dr. Webber, sie weiß nichts mehr. Keine Ahnung, was da passiert ist, aber sie war vollkommen aufgelöst und hat gezittert. Ich glaube, sie weiß nichts mehr, weil ihr Kopf es automatisch verdrängt, ist da möglich?“ Der Mann nickt und richtet seinen stechenden Blick auf mich. „Ja, das ist möglich. Aber dann müsste etwas sie sehr traumatisiert haben und was sollte das sein, wenn sie sagen, es war nur eine Party“
Ja genau, was hat mich so traumatisiert, dass ich es vergessen wollte?
Ich seufze leise, als Tony und ich zurück in sein teures Auto steigen.
Ich bin schon ewig am grübeln, weswegen ich mich so seltsam zerbrochen fühle, aber mir fällt es einfach nicht ein. Dennoch ist es ein mieses Gefühl und ich stehe kurz davor ohne jeden Grund loszuheulen. Mein Herz krampft sich schmerzhaft zusammen, und mit meiner Fassung ist es vorbei.
„Was ist denn los?“, fragt Tony mich etwas besorgt ,aber auch unbeholfen. Ich zucke nur mit den Schultern und verstecke mein Gesicht. Ich mag es nicht, Schwäche vor anderen zu zeigen. „Ist es wegen diesem Kerl? Charlie?“ Apprupt erstarre ich und hebe den Kopf. Genau, jetzt weiß ich, warum ich so seltsam bin, warum mein Herz sich zerschmettert anfühlt. „Wo ist er?“, rutscht es über meine Lippen und der Brünette sieht nachdenklich aus. „Ich weiß nicht, ob das so gut ist, wenn ich dir das erzähle“Verwirrt kneife ich die Augenbrauen zusammen, was mir ein heftiges Stechen in meiner Nase beschert. „Wie ?Sag schon! Er war doch auch da , oder?“Jetzt bin ich tatsächlich neugierig, denn ich weiß nichts mehr vom Abend. Ich fühle mich schlecht, dass ich gar nicht mehr an ihn gedacht habe.
„Er und du, ihr seid weggegangen, das war so um eins ,vielleicht auch halb zwei.Nach einer Zeit ist Chass hergekommen und hat sich Sorgen gemacht, also haben wir dich gesucht. Naja und als wir dich endlich gefunden hatten, da warst du total kaputt und wenn man dich auf ihn angesprochen hat, bist du fast zusammengebrochen. Ich weiß nicht, was er dir angetan hat, aber es muss grausam sein.“, beender er seine Rede und blickt mich auffordernd an. Ich weiß nicht, was er von mir erwartet, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass Charlie mir weh tun könnte. Er ist so ein guter Mensch und ich vertraue ihm. Trotzdem, warum war ich so fertig? Hat er mir mein Herz gebrochen? Denn so fühlt es sich an, und das, obwohl nie zwischen uns mehr war, als Freundschaft. Auch wenn ich deutlich mehr für ihn empfinde.
Ich kann nicht glauben, dass Charlie einfach so weggehen würde. Das passt nicht zu ihm. Er sorgt sich und ist ein guter Mensch. Ich spüre, wie mein Herz kläglich klopft, wenn ich mir seine Erscheinung in Erinnerung rufe. Seine absurd blauen Augen, die helle, fahle Haut, die dunklen Augenringe, seine schlechte Haltung und seine Vorliebe für Hoddies. Ich liebe all das an ihm. Moment, kann ich ihn denn lieben, wenn nur Freundschaft zwischen uns ist? Wenn er nicht mehr da ist? Warum ist er weg? Dicke, heiße Tränen quillen aus meinen Augen und ich schluchze wie ein Baby. „Fahr' mich bitte heim, Tony. Erzähl niemandem was und danke für alles.“, stoße ich zwischen den peinlichen Schluchzern hervor.
Ich verabschiede mich eilig von ihm und stürme zur Haustür. Ich bin ihm wirklich sehr dankbar. Er hat mich ins Krankenhaus gebracht, die Behandlung bezahlt und meine Launen ertragen. Ich hole meinen Schlüssel aus meiner Jackentasche und sperre die dunkel lackierte Holztür auf. Ich trete langsam ein und stoße versehentlich gegen den Türrahmen, was mir noch mehr Schmerzen von meiner Nase ausgehend beschert. Ich fluche leise und hüpfe im Flur herum, in der Hoffnung, dass es etwas bringen würde, was natürlich nicht der Fall ist. Meine Mutter scheint nicht da zu sein, allerdings ist das Licht im Treppenhaus an. Meine Mutter würde es nie anlassen. Sie ist sehr penibel in solchen Dingen. Ich erschrecke beim Gedanken an einen Einbrecher, wäre das möglich?
Ich spüre das Adrenalin in meinen Ohren rauschen, als ich die Treppe hinauftapse und versuche ja kein Geräusch zu machen. Ich halte kurz inne , da ich sehe, dass meine Zimmertür geöffnet ist. Doch ich bin mir sicher, sie geschlossen zu haben. Wer zum Teufel ist hier? Ich gehe weiter ,immer bedacht leise zu sein, obwohl ich ja unten nicht gerade geräuschlos geflucht habe. Jetzt kann ich in mein Zimmer blicken und erkenne eine Gestalt in einem Hoddie. Ist das der Einbrecher? Schnell greife ich neben mich auf die Kommode und packe den Kerzenständer aus Eisen. Das sollre genügen.
„Hey!“, rufe ich und der Hoddie-Mensch wendet sich zu mir. Meine Augen weiten sich und mit einem lauten Scheppern fällt der Kerzenständer zu Boden. Ich bin zu Eis erstarrt und kann kaum atmen. Nervös blinzle ich mehrmals und dennoch, auf dem Bett sitzt Charlie. Ich kann hören, wie mein Herz unregelmäßig schlägt und ein paar Saltos schlägt. Es scheint mir unrealistisch, dass er jetzt auf meinem Bett sitzt , die Kleidung voller Blut....
Ich bekomme einen Schrecken, was ist mit seiner Kleidung passiert? Charlie blickt mich immer noch an und erst jetzt schaffe ich es , seinen Blick zu deuten. Er , er blickt mich... fasziniert an. Ich spüre, wie Blut in meine Wangen schießt und prompt räuspere ich mich. Ich wurde noch nie vor ihm rot, was ist los mit mir? Bin ich tatsächlich in ihn verliebt? „Ähm hi“, stottere ich und werde noch röter, Charlie sieht mich verwirrt an.Ich setze mich neben ihn, kann den Blick von seiner blutdurchtränkten Kleidung jedoch nicht abwenden. „Was ist passiert, Charlie? Was war gestern? Warum warst du weg?Warum fühle ich mich so zerschmettert? Warum bist du voller Blut- und ich auch?“, überfalle ich ihn mit Fragen und spüre schon wieder etwas nasses über meine Backen rinnen. Verdammt!
Charlie sieht mich noch genauso an, wie vorhin und ich muss schlucken, während die Farbe meines Gesichts nun mindestens tomatenrot beträgt. „Nicht...weinen“, seine Stimme hat mir gefehlt,sogar sehr, obwohl es nur die Nacht war. Ich muss lachen und falle ihm um den Hals. Ich kann spüren , wie er zunächst erst zögerlich, dann etwas fester seine Arme um mich schließt. Er hat mir immer noch nicht meine Fragen beantwortet, aber dafür ist auch noch später Zeit. Mein Herz beginnt zu stottern ,zumindest kommt es mir so vor und ich kuschle mich an ihn. Er scheint immer noch etwas perplex zu sein, aber er drückt mich fest an sich.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Jeder Gedanke scheint meinen Kopf verlassen zu haben und wende ich den Blick dem Boden zu, als wir uns voneinander lösen. „Charlie?“, beginne ich, doch als ich bemerke, was ich gerade im Stande bin zu tun, höre ich auf.Er fühlt sowieso nicht, wie ich, denke ich traurig und spüre mein Herz schwer werden. „Was ist?“, ich bekomme allein beim Klang seiner Stimme eine Gänsehaut und ich möchte jetzt wirklich nicht weiterreden. „Äh...“, druckse ich wenig intelligent herum und er schmunzelt ein bisschen. „Sag schon!“, drängt er und ich bin überrascht, dass ich mehr stocke, als er. „Naja....ähm...ich...wir kennen uns ja jetzt schon ein wenig und ich mag dich sehr...“ Über sein Gesicht huscht ein verletzter Ausdruck , welcher mich zusammenzucken lässt. „Alles in Ordnung?“
„Ja“, meint er ,doch ich kann Schmerz aus seiner Stimme heraushören. „Also...wie schon gesagt ich mag dich sehr und...ich- bin fast gestorben, als ich nicht wusste wo du warst“, rette ich mich und werde rot. Warum werde ich rot? Charlie lächelt schief und mein Herz beginnt so laut zu klopfen, dass ich befürchte, er könnte es hören. Was mache ich hier eigentlich? Gott ich blamiere mich hier völlig. Wir werden keine Freunde mehr sein können. „Danke“, flüstert der Blauäugige in mein Ohr und ich spüre seinen Atem am Hals kitzeln.Nochmals Gänsehaut. War das jemals so extrem, wie heute? Denn ich kann mich nicht daran erinnern. „Das war's noch nicht....Naja...oh Gott ich- äh...äh...naja...du...und ich...Nein. Also äh“, verzweifelt breche ich ab. Das ist ja mega peinlich. Wie sagt man so etwas bitte? Ich stottere tatsächlich mehr, als Charlie, aber ich habe Angst. Angst, dass es ihm nicht so geht wie mir. Verdammte Angst.
Ich hebe den Blick und sehe direkt in seine unergründlichen blauen Augen. „Charlie?“ Immer noch sehe ich in seine Augen. Mein Herzschlag hat sich vervierfacht. Ich bin in so etwas nicht gut. „Ich...ich liebe dich“, stottere ich und seine Augen weiten sich. Ich hab es ja gewusst. Ich zerstöre unsere Freundschaft. Mein Herz sticht schmerzhaft und ich muss schlucken. Wieso sollte er mich auch lieben? Mich, die seltsame, verpeilte, emotionale, sich ständig in Krisen manövrierende, dumme, hässliche Chass verlieben.Ich bin so dumm! Er hat nie einen Hinweis in dieser Richtung gemacht! Den Tränen nahe stehe ich auf,doch er packt mich am Arm und zieht mich zu sich.
Bevor ich irgendwie etwas peinliches tun kann, liegen seine Lippen auf meinen. Mein Herz hat sich beruhigt und gallopiert nun wieder los. Ich spüre seinen warmen Atem und sein atemberaubender Duft, der mir nie aufgefallen war, vernebelt mir die Sinne. Seine weichen Lippen schmecken wie Honig und ich schlinge genüsslich die Arme um seinen Hals. Ich bemerke erst jetzt, wie sehnlichst ich mir das gewünscht habe. Leise seufze ich, als er den Kuss vertieft und vorsichtig mit seiner Zunge meine Lippe entlang zeichnet. Er schließt seine Arme erneut um mich und streicht mir durchs Haar.Er berührt mich so vorsichtig, als befürchtete er, mich kaputt zu machen. Ich spüre, wie zehn Tonnen Gewicht von meinem Herzen abfallen und kann nicht anders als zu lächeln. Wir lösen uns atemlos und er starrt mich, mein immer noch hochrotes Gesicht lächelnd an.Mit seinem schiefen Lächeln, das mir den Atem raubt.
„Ich liebe dich...auch Chass“ Ich grinse über beide Ohren und erneut küssen wir uns.Dieser Kuss ist fast noch besser, als der erste. In ihm liegt Verzweiflung und er ist wilder. Er drückt mich nach unten, sodass er über mir ist und raubt mir die Sinne. Seine Küsse sind wundervoll und ich kann kaum glauben, dass das alles real ist. Mein Herz pocht laut gegen seine Brust, ich bin mir sicher er kann es spüren, denn er nimmt mein Gesicht vorsichtig in die Hand und sieht mich beinahe zärtlich an. „Bitte geh nicht mehr weg“, flüstere ich leise und er schüttelt den Kopf, ehe er grinst. „Ich liebe dich, Chass“, wiederholt er noch einmal und blickt mir tief in die Augen. „Schon vom ersten...Moment an“, fügt er kess hinzu und ich erröte.
---Ich weiß genau, wie mich die ganzen Leute anstarren. Tony trägt mich in seinen Armen, meine Hose ist blutdurchtränkt, meine Nase blutet noch immer, oder sollte ich sagen wieder und ich bin total verheult. Ich sehe also aus, wie Frankensteins Braut. Zu alledem scheine ich eine Art Schock zu haben, denn das erzählt Tony den Ärzten. Ich hoffe er wirkt normal, denn er hat vorhin mehrere Joints verbraucht und wer weiß was alles noch. Die Art, wie er Auto fährt ist jedenfalls ziemlich angsteinflößend.
„Madam, wie fühlen sie sich?“, dringt die Stimme einer Frau zu mir durch und ich richte meine Aufmerksamkeit auf sie. Wie ich mich fühle? Tot, allein, verständnislos, verarscht, blutend...Ich blicke sie direkt an. „Schlecht“, krächze ich und beschließe erst mal nichts mehr zu sagen. Meine Stimme klingt wie rostiges Eisen, wie abgeschmirgelt. Sie führt Tony und mich weiter zu einem weißen Raum. Ich bin froh, dass ich nicht laufen muss, denn meine Beine sind so stabil, wie ein Boot bei einem Hurrikan. Ich habe die Augen leicht geschlossen, kann aber dennoch hören, wie ein Mann ins Zimmer tritt. „So ich möchte Sie bitten, die Dame auf die Liege zu legen.“, beginnt er mit einer recht tiefen Stimme. ---
Ich fahre zusammen, als ich etwas Kaltes auf meiner Wange spüre. Charlie? Meine Lider flattern. Ich habe geschlafen? Meine Augen nehmen die Konturen von Charlies Gesicht wahr. Es hebt sich deutlich von der Dunkelheit ab, durch seine fast weiße Farbe. Ich kneife die Augenbrauen zusammen. Irgendwie habe ich gerade ein seltsames Gefühl im Bauch, als ob etwas passieren würde.
„Alles…ok?“, fragt er besorgt, aber ich schüttle den Kopf. Ich weiß nicht, was gerade los ist. Ich habe mit einem mal ein schlechtes Gefühl. Ich drehe mich von ihm weg. Entschuldige Charlie , murmle ich matt und stehe auf. Ich lasse ihn im Zimmer zurück. Ich muss meinen Kopf freikriegen.
Die kühle Morgenluft tut gut. Ich spüre, wie ich mich allmählich wieder beruhigen kann und meine wirren Gedanken ordnen sich allmählich. Was ist nur los heute?
„Chass?“, ertönt eine Stimme hinter mir. Ich wirble herum und erblicke meine Mutter, die mit einer Tasse Tee im Türrahmen steht. „Was ist los? Warum schläfst du nicht?“, ihre müden Augen blicken mich auffordernd an. Ich zucke mit den Achseln. „Ist Charlie oben?“ Ich nicke leicht. „Er ist nicht dein Austauschpartner“, meint sie und ich erstarre. Meine Augen werden groß. Woher?
„Du bist eine miserable Lügnerin“, erklärt sie und ich nicke stumm. „Wer ist er?“ Ich zucke wieder mit den Achseln. Mums Gesichtsausdruck verfinstert sich. Ich ich weiß es nicht, Mum. Ich starre einfach nur den Boden an. „Sag mal ,Cassidy! Du lässt einen Wildfremden in unser Haus? Und hast du dir mal die Treppe angeschaut?“, ihre Stimme wird lauter. Verwirrt sehe ich sie an. „Da sind überall Blutspuren!“ Ich schweige, ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll.
„Chass, warum sind da lauter Blutspuren?“ Ich zucke mit den Achseln. Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen? „Chass! Ich gebe dir eine halbe Stunde, um mir zusagen, wer das ist, oder ich rufe die Polizei!“, brüllt sie mir so laut ins Gesicht, dass es in meinem Kopf doppelt so lange nachhallt.
Ihr Gesicht ist rot vor Wut. Ich denke es ist Wut. Ich gehe wieder hinein und hoch in mein Zimmer. Dabei fallen mir rot glänzende Spritzer auf, die im Licht schwarz glitzern. Charlie sitzt da und sieht mich mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an. Wer bist du? höre ich meine Stimme.
Eigentlich klingt es gar nicht, wie ich, denn die Stimme ist dünn und zittrig. Er schweigt. Wer bist du?, wiederhole ich. Wieder Schweigen. Ich seufze auf und will mich wieder ins Bett legen.
„Charlie..Rust…egh“ Ich blicke überrascht auf und erhebe mich, ehe ich die Treppe hinunter stolpere.
Charlie Rustegh. Er heißt Charlie Rustegh. Meine Mutter sieht mich verwundert an, dann öffnet sie ihren Laptop und gibt etwas ein. Ich stelle mich neben sie, nehme mir ein Glas Wasser und blicke darauf.
„Wie hast du nochmal gesagt? Charlie Rustegh?“ Mich beschleicht ein komisches Gefühl. Ja, wieso?
„Charlie Rustegh ist seit 2009 gestorben“ Das Glas fällt aus meiner Hand und schlägt mit einem lauten Klirren auf dem Boden auf.
Stunden stehen wir beide da und starren auf den Bildschirm. Meine Füße werden leicht durchnässt, aber mich kümmert das.in diesem Moment wenig. „Cassidy...ich...ich rufe die Polizei“ , erklärt sie mit stockender Stimme. Ich kann ihr nicht widersprechen. Irgendwie wusste ich es sogar. Eine seltsame Ahnung, die tief in meinem Kopf vergraben ist. Ich bin gerade toral durch den Wind und meine Gefühle spielen verrückt. Vorhin war ich mir sicher, dass ich Charlie liebe, aber jetzt weiß ich gerade gar nichts mehr. Mein Kopf ist wie leergefegt.
Ich beobachte meine Mutter stumm, wie sie mit einem Polizisten telefoniert und dabei hektische und zittrige Handbewegungen macht.
„Sie sind auf dem Weg, Chass. Sag' ihm nichts hiervon, ja? Sag' nichts. Geh' aus dem Haus, wer weiß, was er schon alles getan hat.“, befiehlt sie mir , während sie zittert , wie Espenlaub. Ich nicke leicht und begebe mich aus dem Haus. Von weitem kann ich schon die Sirenen hören und ich bekomme Angst. Davor, dass Charlie so ist,wie meine Mutter spekuliert hat.
'Ist es nicht so, dass du die Antwort schon weißt? ', höre ich eine kleine Stimme in meinem Inneren beklemmend fragen und zucke zusammen. Weiß ich sie denn? Ich habe keine Ahnung.
„Miss, wo ist der Typ?“, ich fahre zusammen, als sich eine Hand auf meine Schulter legt. „Was?“, piepst meine Stimme. Der Officer wiederholt seine Frage und letzten Endes antworte ich ihm. „Er...er ist oben“ In diesem Moment stirbt etwas in mir, ich kann es genau fühlen. Ich habe Charlie verraten.
Mein Kopf fährt nach oben, als ich sehe, wie Charlie ein elektronisches Armband angelegt wird und er von fünf Polizisten begleitet wird. Er wirft mir einen Blick zu. Darin liegen Kummer, Trauer aber auch...Verständnis?
„Chass“, stößt er hervor ,ehe die Polizisten ihn ruppig ermahnen weiterzugehen.Ich blicke hilflos zurück, bis mir das gesamte Ausmaß bewusst wird.
Die Party.Drogen.Männer.Pistolen.Blut.Tod.Verlust.
Charlie ist ein Mörder.
"When I see your smile,
Tears run down my face.
I can't replace.
And now that I'm stronger, I have figured out,
How this world turns cold and it breaks through my soul.
And I know I'll find deep inside me,
I can be the one."- Your Guardian Angel (The Red Jumpsuit Apparatus)
Ich sitze an meinem Platz und starre, wie eine Verrückte aus dem Fenster. Draußen sehe ich nur eine weiße Schneedecke. Dennoch scheinen meine Augen etwas zu suchen. Bilde ich mir den Schatten nur ein? Ich blinzle kurz, dann ist er verschwunden. Ich versuche meine Aufmerksamkeit auf den Unterricht zu lenken, doch dann stupst mich Gabbe an.
„Alles in Ordnung?“, wispert sie. Ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Ich kann ihr das doch nicht erzählen, auch wenn sie meine beste Freundin ist. Sie würde das nicht verstehen. Ich lächle gezwungen. „Klar, warum fragst du?“ Sie verdreht ihre Augen und packt mich am Arm. „Sir, Cassidy fühlt sich nicht gut, ich werde sie zur Schulkrankenschwester bringen“ Was? Ich versuche den Kopf zu schütteln, doch da hat sie mich bereits vor die Tür gezogen. Verzweifelt versuche ich mich ihrem Griff zu entwinden, denn ich weiß genau, dass ich ihr alles erzählen werde und sie mich für verrückt halten wird.
„Also Chass, was ist los? Sag‘ jetzt nicht, dass alles in Ordnung ist! Ich habe dich noch nie so verstört erlebt! Und wo ist überhaupt Charlie?“ Ich starre auf den Boden. Seit Wochen habe ich nicht mehr an seinen Namen gedacht und jetzt prasseln die letzten Ereignisse wie Platzregen auf mich ein. Ich werde von ihm weggeschwemmt. „Gabbe…nicht“, bringe ich erstickt hervor. Regen rinnt über meine Wangen und tropft auf den Boden. „Chass, jetzt sag‘ schon!“ Ich schüttle den Kopf, wie ein kleines Mädchen, das ihrer Mutter nichts von dem Jungen sagen will, in den sie unglücklich verliebt ist.
Verliebt. Charlie und ich haben uns geküsst. Seine Lippen waren so weich und mein Herzschlag hat sich verzehnfacht. Er hat, Ich liebe dich, gesagt Dann habe ich ihn verraten. Er hat mein Leben gerettet, mehr oder weniger. Und wie vergelte ich ihm das? Ich bin schrecklich. Ich habe es nicht verdient zu leben. Man verrät doch niemanden, den man liebt, oder? Aber hat nicht Anakin Padmé auch verraten? Obwohl er sie liebte? Bin ich genauso schlecht? Sollte ich nicht auch unter unerträglichen Schmerzen leiden?
Ein Schlag auf die Wange holt mich zurück in die Realität und ich starre Gabbe aus leeren Augen an. „Was ist nur los mit dir? Chass, die Wahrheit, einmal bitte!“ Ich schüttle den Kopf. Das ist mehr, als sie vertragen kann. Doch sie gibt nicht nach. Aber ich bleibe standhaft. „Bitte Chass, was bringt es dir denn, wenn du das ewig mit dir herumschleppst?“, sie lächelt leicht und weiß, dass ich auspacken werde. Ich gebe nach. Ich kann nie besonders standhaft bleiben.
„Gut“, meine ich mit tränenerstickter, stockender Stimme. „Also die Rohfassung kennst du ja, ich habe ihn umgerannt, ihn zu mir nach Haus‘ genommen und dann waren wir auf der Party. Aber die Wahrheit ist, dass Charlie er…er ha…ha…hat d-d-die Famill-ll-ie um-ge-ge-br-ra-cht. Du, du weißt schon die Marktes.“ Gabbe unterbricht mich mit einem „Wie bitte? Und du lässt ihn in dein Haus?“ Ich blicke sie boshaft an. Sie wollte alles wissen, dann soll sie mich auch ausreden lassen. „Also ja, er ist ein Mörder, aber das nicht ohne Grund.“ Oh Gott, wie lächerlich sich das anhört. Sie wird mir kein Wort glauben.
„Weißt du, du kennst doch Zombie Filme, oder?“ Gabbe sieht mich verwirrt an. Ihre Augenbrauen zusammengezogen und ihr Mund leicht geöffnet. Sie denkt, ich veräpple sie. „Also naja Charlie, er ist so ähnlich.“ Oh Gott, das läuft aus dem Ruder. „Nein, also Charlie, er muss das tun, sonst stirbt er quasi…“ Gabbe blickt zweifelnd drein. Ich wette sie zweifelt an meiner Psyche, aber die ist sowieso schon versaut. „Chass, bist du dir ganz sicher, dass du noch bei Verstand bist?“ Ich blitze sie wütend an.
„Ja bin ich!“, fauche ich laut und drehe ihr den Rücken zu. „Chass, es tut mir leid, aber weißt du, wie lächerlich das klingt?“ Ich beginne zu laufen, dann zu rennen. Ich wusste es. Ich hätte nichts sagen dürfen. Nur weg hier. Mein Atem zischt in meinen Ohren, als ich die vielen Treppen hinunter rase. Ich achte auf nichts um mich herum. Mein Weg wird gebremst und ich rase in jemanden hinein. Ich reibe mir die Stirn. Das tat weh! „Chass? Wie geht’s?“ Oh nein, nicht auch noch du!
Tony blickt mich amüsiert an, ehe er die Tränenspuren auf meinem Gesicht registriert. „Was ist los?“, fragt er leicht besorgt, doch ich schüttle den Kopf. „ Alles ok“, wimmere ich, während sich erneut Tränen den Weg auf meinem Gesicht bahnen. „Nichts ist okay. Was ist passiert?“ „Nichts. Nur ach egal. Es ist nichts“ „Das glaub‘ ich dir nicht Chass“ „Fang‘ jetzt du nicht auch noch an“, stöhne ich.
„Chaaaaasss“, ertönt eine weiche Stimme von oben. Gabbe ist hier. Na toll. Sie wird alles Tony erzählen und die stecken mich ins Irrenhaus. „Es tut mir Leid, Chassie“, seufzt sie und fällt mir um den Hals. „Weißt du wir setzen und jetzt zusammen und dann versuch es meinem dummen Kopf noch einmal beizubringen, ja?“, lächelt sie leicht und Tony sieht uns fragend an.
„Was?“, stößt er hervor. Ich winke ab. „Was ist hier los?“, fragt er leicht grinsend. „Jetzt sagt schon! Ich will auch wissen, was da los ist. Immerhin habe ich Chass ins Krankenhaus gebracht.“ Was? Wieso sollte er das wissen wollen. „Vergiss‘ es Tony“, meint Gabbe frech und streckt ihm die Zunge raus.
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Tag der Veröffentlichung: 04.03.2013
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